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{"created":"2022-01-31T14:00:45.990742+00:00","id":"lit1337","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Lov\u00e9n, Christian","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 1-26","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Enveit\u00eeernng yon Arterien in Folge einer Nervenerregung.\nVon\nDr. Christ. Lovcii.\nMit einer Tafel.\n1. Ver\u00e4nderungen im Herzschlag und Blutdruck, welche eintreten w\u00e4hrend der Heizung eines sensiblen Nerven, der mit dem liirn und dem R\u00fcckenmark in Verbindung steht.\nJede schmerzhafte Reizung eines sensiblen Nerven ruft am gesunden Tliiere so zahlreiche Erscheinungen hervor, welche sllmmilich den Blulstrom zu ver\u00e4ndern verm\u00f6gen, dass es unm\u00f6glich sein wurde, auf diese Weise die n\u00e4chste Beziehung zwischen der Reizung und der Blutstroins\u00e4nderung zu erforschen. Die M\u00f6glichkeit, letzterem Ziele sich zu n\u00e4hern, ist erst er\u00f6ffnet, seit uns das Curaro zur Seile steht. Wesentlich mit seiner Hilfe habe ich die folgenden Versuche Uber das obengenannte Thema und zwar im physiologischen Laboratorium zu Leipzig angestellt.\nDie Erscheinungsreihe, die man nach Reizung sensibler Nerven an vergifteten 'li ieren beobachtete, besieht in \u00c4nderungen des Herzschlags, des Durchmessers der kleinen Arterien und des Blutdrucks. Da eine \u00c4nderung des Herzschlags und des Blut-\u2019 drucks schon an und fUr sich Bedingungen mit sich bringen, welche den Durchmesser der Arterien zu beeinflussen verm\u00f6gen, so muss offenbar zuerst untersucht werden, wie und unter welchen Umst\u00e4nden Herzschlag und Blutdruck sich \u00e4ndern, bevor man darauf eingehen kann, welche unmittelbare Beziehungen zwischen der sensiblen Heizung und der \u00c4nderung des Gef\u00e4ss-durchmessers bestehe.\nSoweit mir bekannt, hat bisher nur v. Besold Versuche dar\u00fcber angestellt, wie sich Herzschlag und Blutdruck nach einer\n1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nDn. Christ. Lov\u00e9n,\t[86\nsensiblen Reizung gestalten. So wichtig die Erfahrungen sind, die dieser ausgezeichnete Physiologe gesammelt hat, so sind sie doch, weil von andern Gesichtspuncten aus unternommen, ftlr meine Zwecke nicht ausreichend gewesen, so dass ich mich gc-n\u00f6lhigt sah, sie in einigenPuncten zu erg\u00e4nzen. Ich werde nun zuerst in kurzen Umrissen die Erfahrungen miltheilen, welche v. Dezold gewonnen hat. Seine Beobachtungslhiere waren mit wenigen Ausnahmen durch Curare vergiftet und die Stamme der Vagi und Sympathici am Halse durchschnitten. Ausserdem wurden noch in verschiedenen Versuchsreihen mehrfache Ver\u00e4nderungen am Hirn und R\u00fcckenmark angebracht, die im Wesentlichen darin bestanden, dass entweder ein Schnitt unterhalb der medulla oblongata oder ein solcher oberhalb dos genannten Hirniheils ausgeftlhrt wurde oder endlich, dass das Hirn und R\u00fcckenmark unber\u00fchrt blieben. Die Reizung ward entweder auf sensibleR\u00fcckeninarksnerven oder auf den centralen Vagusslumpf angewendet.\na)\tHirn und R\u00fcckenmark unversehrt; Reizung des plexus brachialis oder ischiadicus. Die Zahl der Herzschl\u00e4ge w'ird gr\u00f6sser, der Blutdruck beginnt unmittelbar nach der Reizung zu steigen.\nb)\tDas Mark unter- oder oberhalb der medulla oblongata durchschnitten; Reizung sensibler R\u00fcckenmarksnerven. Druck und Herzschlag bleiben unver\u00e4ndert.\nc)\tDie medulla oblongata durch einen Schnitt vom \u00fcbrigen Gehirn getrennt; Reizung des centralen Vagusstumpfes, ein-oder zweiseitig. Der Blutdruck sinkt unmittelbar nach Beginn der Reizung, die Zahl der Herzschl\u00e4ge mindert sich; nach Beendigung des Reizes erreicht der Druck die H\u00f6he nicht wieder, die er vor derselben besessen.\nd)\tHirn und R\u00fcckenmark unversehrt; Reizung der centralen Vagusst\u00fcmpfe. Bei dieser Art, den Versuch anzustellen, trat mit dem Beginn der Reizung entweder sogleich ein Sinken oder aber ein Steigen des Blutdrucks ein. ln einer Anzahl von F\u00e4llen verharrte w\u00e4hrend der ganzen Reizungsdauer der Blutdruck auf seinem erh\u00f6hten oder erniedrigten Werthe. In einer andern Anzahl wechselte dagegen das Sinken und Steigen des Drucks unter und \u00fcber den Normalwerth mit einander ab. War der Blutdruck gestiegen, so hatte sich auch die Zahl der Herzschl\u00e4ge vermehrt.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"?\n87] Erweiterung von Arterien durc\u00fc Nervenerregung. 3\nDiese Thatsachen lassen es ungewiss, ob das Ansteigen des Blutdrucks von einer Erh\u00f6hung der Herztb\u00e4tigkeit oder einer Vermehrung der Widerst\u00fcnde in der Strombahn bedingt sei. Um hier\u00fcber soweit wie thunlich Aufkl\u00e4rung zu erhalten, entschloss ich mich, die Versuche dahin abzu\u00e4ndern, dass ich im Gegensatz zu v. Besold den Vagus unverletzt liess. Ausserdem richtete ich auch noch meine Aufmerksamkeit auf das Verhalten einiger kleinen Arterienst\u00e4mmchen des Ohrs und des Hinterschenkels. An dem letztem Gliede pflegte ich die arteria saphena bloss zu legen, welche bekanntlich durch ihre Reizbarkeit ausgezeichnet ist. Beobachtete ich die Ohrgef\u00e4sse, so reizte ich auch den centralen Stumpf des nerv, auricularis posterior; hatte ich dagegen die art. saphena blossgelegt, so tetanisirte ich den centralen Stumpf des nerv, dorsalis pedis. Die Erfolge, welche ich an drei Thieren erhalten habe, sind in der nachstehenden Tabelle mitgetheilt. Dieser Tabelle ist eine Beobachlungsreihe von einem vierten Thiere beigef\u00fcgt, an welchem die nervi vagi nachtr\u00e4glich durchschnitten wurden.\nBeobachtungen sm Schenkel\tBeobachtungen am Ohr\n\t\t(*>\t1,\tCm\t\t\t\t\t\u00a3\u2022\u2019 -\nu S5\t\t2% \u00a3 sg\u201c\tS \u2018\u00e4> .ti \u00abNo \u2014 a> c\t\u2022 A \u00ab t s \u25a0\u201d!\t\tJL m o o 3\tja \u00ab N \u00ab\t\u2022 'O '\u00a3 CA ' *g U 3 1 r O) \u00ab eo\n\t\tS'a \u00bb a\tS'\u00ae \u00abs \u00bb c\tO u o \u00a3\t\t53\t3 Oi\t3 w J 3 C\t\u00fc \u25a0-\t\u00fc e \u00ab\nI.\t\tmm\t\t\t\tmm\t\t\n1\tVor d. Vergift.\t\t\t\t2. Vor d. Rei-\t\t\t\n\tmit Curare\t86\t\u2014\t\tzun g\t68\t100\t\n\tVcrgiftg ohne\t\t\t\tUnmittelbar\t\t\t\n\tReizung\t89\t100\t\tnach Beginn der Reizung\t107\t57.0\t\n\tReizung d. n.\t\t\t\tSp\u00e4ter whrd\t\t\t1 Vermin-/ derl\n\tdors. ped.\t126 u. 114\t49\tverringert\tReizung\t127\t31.5\t\n\tReizung d. n.\t\t\t\tSp\u00e4ter whrd\t\t\t\n\tdors. pcd.\t101\t52.5\tvergr\u00f6ssert\tReizung\t81\t52\t]\n\tDie Verlangsamung der Pulse und das Ansteigen des Drucks tritt auch nach\t\t\t\t\t\t\t\n\tmechanischer Reizung des n. auricul. ein.\t\t\t\tIn allen F\u00e4llen verlangsamfsieh der\t\t\t\nII. 1\tPuls erst nac\t\u00e4dern der Druck schon bedeutend gestiegen.\t\t\t\t\t\t\n\tVord. Vergift.\t84\t100\t\t3. Vor d. Rzg.\t101\t100\t\n\tVergftg (noch\t\t\t\tW\u00e4hrend der\t\t\tNicht beobachtet\n\tnicht vollkommen)\t95\t79\t\tReizung\t109\t45.5\t\n\tRzg. d.n.dors.\t\t\t\tNach d. Rei-\t\t\t\n\tpedis\t145\t46.5\tvermindert\tzun g\t99\t75.0\t\n\tSp\u00e4ter\t145\t51\tvermindert\t\t\t\t\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nDr. Christ. Lov\u00e8n,\t[88\nBeobachtungen am Schenkel\tBeobachtungen am Ohr\nb fc\t\tMittcl- druck\tPulszahl in der Zeit cinheit\tDurch- messer d. art. sa- phena\t\tMittel\u2014 druck\tPulszahl\tDurch- messer d. art. auri- cularis\n\t\tmin\t\t\t\tmm\t\t\n2\tVor der Rei-\t\t\t\t\t\t\t\n\tzung\t98\t100\t\t4. Vorder Rei-\t106\t\tWenig ver-\n\tReiz. i.Beginn\tH 9\t65\t\tzung\t\t\tmindert\n\t\t\t\tVermind.\tReizung\t134\t\u2014\tVergr\u00f6ss.\nIII.\tRoizg. sp\u00e4ter\ttto\t69\tVcrgr\u00f6ss.\tReizung\t106\t\u2014\t\n1\tVor Vergft.\t102\t100\t\t3. Vor Reizg.\t100\t\t\t\n\tVergift, w\u00e4h-\t\t\t\t\t\t\t\n\trend Reizg.\t137\t61\tUnver\u00e4nd.\tWahr. Reizg.\t181\t\tUnver\u00e4nd.\n2\tOhne Reizg.\t95\t100\t\t4. Vor Reizg.\t95\t\u2014\t\n\tBei Reizung\t135 (Max.)\t80\tUnverarid.\tWahr. Reizg.\t112\t\u2014\tUnver\u00e4nd.\n\t\t\t\tBetr. ver-\tSpater\t103\t\u2014\tVer-\n\t\t\t\tgr\u00fcssert\t\t\t\tgr\u00fcssert\n\tSp\u00e4ter\t97\t90\t\tSpater\t133\t\u2014\tNicht\n\t\t\t\t\t\t\t\tbeobachtet\nIV.\t\t\t\t\t\t\t\t\n4\tVor d. Vergft.\t118\t100\t\t\t\t\t\n\tNach Vergftg.\t145\t107\t\t\t\t\t\n\tReizung d. n.\t\t\t\t\t\t\t\n\tdors. ped.\t190\t76\t\t\t\t\t\n\tVagi durchschnitten\t\t\t\t\t\t\t\n2\tVor d. Reizg.\t122\t100\t\t\t\t\t\n\tWahrend der\t\t\t\t\t\t\t\n\tReizung\t147 U. 131\t80\t\t\t\t\t\n3\tVor d. Reizg.\t129\t100\t\t\t\t\t\n\tW\u00e4hrend der\t\t\t\t\t\t\t\n\tReizung\t152\t108\t\t\t\t\t\n4\tVor d. Reizg.\t173\t100\t\t\t\t\t\n\tIm Beginn\t1 31\t95\t\t\t\t\t\n\tSpater\t163\t60\tgeringe\t\t\t\t\n\tSpater\t175\t90\tVcrgr\u00fcsse-\t\t\t\t\n\tSp\u00e4ter\t175\t85\trung\t\t\t\t\nStellt man die tabellarische Mittheilung in Worten zusammen, so sagt sie aus :\n1) Der Blutdruck des un vergifteten Thieres ist in der Regel niedriger, als der des vergifteten; die Zahl derllcrzschlUgekann dabei am vergifteten Thiero kleiner oder gr\u00f6sser sein, als am un vergifteten. Ich erinnere hierbei an die bekannte Erfahrung dass in Folge der Vergiftung mit Curare die kleinen Arterien merklich enger werden.","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"89] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung. 5\n2) Nach Reizung des nerv, auricularis sowohl als des nerv, dorsalis pedis mindert sich ausnahmslos die Zahl der Herzschlage betr\u00e4chtlich und trotzdem steigt der Blutdruck sehr bedeutend empor. Die Curve des Drucks zeigte dabei die Eigent\u00fcmlichkeit, dass meist aus ihr die periodischen Hebungen und Senkungen verschwunden waren, welche vor und nach der Reizung durch die k\u00fcnstlichen Respirationsbewegungen veranlasst werden. Alle diese Eigenschaften beweisen, dass das Steigen des Drucks keineswegs einer vermehrten Herzt\u00e4tigkeit, sondern vielmehr einer Hemmung des Abflusses zugeschrieben werden muss. Mit dieser Aussage stimmen nun auch die Erfahrungen \u00fcberein, welche sich im f\u00fcnften Stabe der Tabelle niedergclegt finden. Wenn n\u00e4mlich trotz verlangsamten Herzschlags der Blutdruck betr\u00e4chtlich gestiegen war, so halten sich auch die sichtbaren Arterienst\u00e4mmchen bis zum Verschwinden ihrer Lichtung verengert. Wenn dagegen der Blutdruck w\u00e4hrend derRci-zung sank, so erweiterten sich die Arterien.\nAllerdings sank der Blutdruck in den sechs Beobachtungen, in denen sich nach der vorliegenden Tabelle die beobachteten Arterien erweiterten, nicht unter den Werth vor der Reizung, sondern er fiel g\u00fcnstigsten Falls nur auf diejenige H\u00f6he herab, welche er vor der Reizung eingenommen halte. Da eine Erweiterung der Arterien nothwendigervveise von einer Verminderung der Widerst\u00e4nde jbegleilel sein muss, so h\u00e4tte man erwarten sollen, dass der Blutdruck unter seinen Normalwerth herabge-sliegcn w\u00e4re. Um dieses Ausbleiben des erwarteten Erfolgs erkl\u00e4rlich zu finden., bleiben zwei Auswege offen. Entweder die Herzkraft ist gemehrt. Gegen diese Annahme sprechen ausnahmslos die Zahlen der Tabelle, denn sie zeigen, dass auch bei der eingetretenen Arlerienerweiterung die Zahl der Herzschl\u00e4ge geringer als vor der Reizung war. Man ist deshalb wie mir scheint auf den zweiten, noch Ubrigbleibenden Erkl\u00e4rungsgrund angewiesen. Dieser w\u00fcrde die Annahme, verlangen, dass die Erweiterung sich nicht auf s\u00e4mmllicbeArlerien sondern uurauf die wenigen erstreckt habe, welche gerade beobachtet wurden und vielleicht noch auf einige andere, w\u00e4hrend in allen \u00fcbrigen noch eine mehr oder weniger bedeutende Verengerung zur\u00fcckgeblieben sei. Ich bin um so mehr geneigt, dieser Hypothese Gchcir zu geben, weil, wie meine sp\u00e4ter milzulheilenden Beobachtungen lehren, die erweiternde Wirkung eines sensiblen","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nDr. Christ. Loy\u00e9n,\n[90\nNerven sich in der Regel nicht Uber den peripherischen Verbrei-lungsbezirk des betreffenden Nerven hinaus erstreckt und in der Thal hatte ich ja die Arterie beobachtet, deren zugeh\u00f6rigen Nerven ich reizte. \u00dcbrigens versteht es sich von selbst, dass zur Aufhellung des wahren Sachverhaltes noch weitere Versuche w\u00fcnschenswert!! sind.\n3) Die Minderung der Herzschlage, die nach Reizung eines sensiblen Nerven beobachtet wird, kommt vorzugsweise durch reflectorische Erregung des nervus vagus zu Stande, da nach Durchschneidung dieses Nerven die Zahl der Herzschlage wahrend der Reizung entweder gar nicht oder nur unbetr\u00e4chtlich sinkt. Sie kann sogar, wie v. Besold, gezeigt hat, unter diesen Umstanden betr\u00e4chtlich anvvachsen. Woher die nach entgegengesetzter Richtung gehende Ver\u00e4nderung des Herzschlages r\u00fchrt, muss bis auf Weiteres unentschieden bleiben.\nAus den Thatsachen, die ich bis dahin mittbeilte, geht nun jedenfalls hervor, dass die Erweiterung der Blutgef\u00e4sse, welche nach der Reizung eines sensiblen Nerven auftritt, nicht durch den erh\u00f6hten Blutdruck veranlasst sein kann, sondern dass umgekehrt die Verengerung der Arterien die vorz\u00fcglichste Ursache der Blutdrucksteigerung abgebe. Sollen sich, so m\u00fcssen wir darum weiter schlossen, die Arterien eines Gef\u00e4ssgebietes erweitern, dann muss vorg\u00f6ngig der Tonus ihrer Nerven herabge-slimmt sein. Dies wird unbestritten f\u00fcr alle die Falle gellen, in welchen sich eine Erweiterung einfindet, ohne dass zugleich eine Steigerung des Blutdrucks Uber seinen normalen Werth beobachtet wurde. Combiniren sich eine Verminderung des Tonus einzelner Gefassabschnilto und einer Erh\u00f6hung des Blutdrucks, so w\u2019ird begreiflicherweise eine sehr betr\u00e4chtliche Erweiterung oller Gcfasse des Bezirks zu Stande kommen, zu welchem die Arterien mit erschlaffter Wandung geh\u00f6ren. Diesem Umstande scheint es, wie ich schon jetzt bemerke, zuzuschreiben zu sein, dass die Reizung sensibler Nerven sehr h\u00e4ufig eine viel intensivere R\u00f6thung ihres Verbreitungsbezirks bewirkte, als sie verm\u00f6ge einer Durchschneidung der entsprechenden Fasern des Sympalhicus entsteht.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung.\n7\nII. Iber die Artcrlenerwelterung durch Erregung der nervi aurlcula-res posterior und anterior.\nDa es der Literatur an einer genauen Beschreibung der Nerven fehlt, welche sich am \u00e4ussern Ohr des Kaninchens vertheilen, so sei es mir erlaubt, zuerst einige anatomischeThatsachen einzuschalten.\nDas \u00e4usserd Ohr des Kaninchens empfangt \u00c4ste vom ersten Halsganglion des Sympathicus, von zwei R\u00fcckenmarksnerven (auricularis anterior und posterior) und von vier Gehirnnerven: facialis, trigeminus, vagus und glossopharyngeus.\nDie sympathischen Nerven entspringen bekanntlich vom inneren Rand des ersten Ilalsgnnglions und verlaufen in enger Verbindung mit den Arterien, die sich am Ohr verzweigen.\nDer vordere Ohrnerv, vom plexus cervicalis, haupts\u00e4chlich aber von den vorderen \u00c4sten der zweiten und dritten Cervicalnerven entspringend, tritt am hinteren Rande des Kopfnickers hervor und verl\u00e4uft nur von Haut und Hautmuskeln bedeckt nach vorn und aufw\u00e4rts gegen das \u00e4ussere Ohr. Er nimmt einige Fasern vom nervus cervicalis superficialis auf, sendet einige Zweiglein zur Haut der Parotisgegend und theiit sich zuletzt in zwei \u00c4ste, einer w\u2019endet sich nach vorn um sich an der vorderen Seile des hinteren dltnnen Randes des Ohrl\u00f6fiels zu verzweigen; der andere bleibt ziemlich in dcrMilte der hinteren Fl\u00e4che, wo er sich bis an die Spitze des L\u00f6ffels ausbreilel.\nDer hintere Ohrnerv entsteht vom hinteren Aste des zweiten Cervicalnerven, geht, nachdem er zwischen den tiefen Nackenmuskeln' einige Muskel\u00e4ste abgegeben nach aussen und vorw\u00e4rts von ein Paar d\u00fcnnen Muskelschichlcn bedeckt zu der oberen Seite der Ohrwurzel, und durch einen knorpeligen Fortsatz desselben an und entlang dem vorderen stumplen Rande des Ohrs.\nNervus.,facia lis giebt zu den Muskeln des \u00e4usseren Ohres eine sehr grosse Anzahl von \u00c4sten ab, zum Theil schon bevor der Hauptstamm der Nerven den Fallopischen Kanal verlassen hat, zurii Theil aber erst vor dem knorpeligen Geh\u00f6rgang.\nRamus auriculo - temporalis des Trigeminus tritt am hinteren Rande des aufsleigenden \u00fcnterkieferastes aus der Tiefe hervor und theiit sich sogleich in drei Hauptzweige,","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"Dr. CnrtiST. Lov\u00e9s,\n[92\n8\nvon welchen einer nach aussen und unten zieht um sich mit dem Facialis zu verbinden, einer in der Schl\u00e4fengegend sich verbreitet und der dritte in zwei oder drei lange, d\u00fcnne F\u00e4den sich aufl\u00fcsl, die bis zum Ausschnitt am unteren Rande der Ohr\u00f6flf-nung verfolgt werden k\u00f6nnen.\nDer Arnoldische Nerv (ramusauricularisvagi) ist beim Kaninchen verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig nicht unbedeutend. Er entsteht hoch oben im foramen lacerum aus zwei Wurzeln \u2014 deren eine aus einem Ganglion des Vagus, die andere vom Glossopharyn-geus sich abl\u00f6st; dann tritt er durch einen eigenen kn\u00f6chernen Gang in der oberen-hinteren Wand der Paukenh\u00f6hle zum Fallo-pischen Kanal, wo er sich theils mit dem nervus facialis verbindet, theils aber schriig Uber ihn forlgeht, um durch den Knochen an der oberen Fl\u00fcche des knorpeligen Geh\u00f6rganges her-auszutrelen ; hier legt er sich eine Strecke lang an den Knorpel an, durchbohrt schliesslich denselben und l\u00f6st sich auf der con-cavcn Fl\u00fcche der Ohrmuschel in seine Endzweige auf. Siehe Fig. I und 2.\nUm die Ver\u00fcnderungen, welche im Durchmesser der Auri-culargefasse eintrete'n, bequem beobachten zu k\u00f6nnen und um jede St\u00f6rung des Blutstroms zu vermeiden, welche durch Lagenver\u00e4nderungen des Ohrs bedingt werden k\u00f6nnten, gab ich dem Kopfe und Ohre eine fixirte Stellung, die w\u00e4hrend der ganzen Versuchsdauer unverrtlckl erhallen werden konnte. Hierzu bc-dienlo ich mich einer Schraubenzange, welche im Leipziger Laboratorium zu \u00e4hnlichen Zwecken verwendet wird. Ich halte es fur unn\u00f6lhig, dieses einfache Instrument zu beschreiben; dem Verst\u00e4ndniss ist gen\u00fcgt, wenn ich sage, dass der Kopf des aufgebundenen Thieres durch eine Kornzange, welche die Wangen umgreift, erhoben wird und dass eine Pincette die Spitze des Ohrl\u00f6fiels fasst und ausgebreitet emporh\u00fclt, ohne einen Druck auf die Wurzel und den K\u00f6rper des L\u00f6ffels auszu\u00fcben. Nachdem Kopf und Ohr auf diese Weise fixirt waren, wurden der Reihe nach beide nervi nuriculares aufgesucht und jeder doppelt und fest unterbunden und endlich zwischen den Ligaturen durchschnitten. Das peripherische und centrale Ende der durchschnittenen Nerven konnte nun durch Luft isolirt und mittelst des gew\u00f6hnlichen Schlittenapparats bequem gereizt werden. Ich muss auf das Dringendste zurathen, bei \u00e4hnlichen Versuchen","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"93] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung.\n9\njedes Mal beide Nerven auf ihre etwaigen Leistungen zu pr\u00fcfen, da ich gefunden habe, dass die im Folgenden aufgezahlten Erscheinungen nicht gleich deutlich durch jeden von beiden Nerven hervorgerufen werden k\u00f6nnen, sondern dass bald dieser, bald jener Nerv vorzugsweise wirksam ist.\nDurch dio Versuche von Snellen ward bekanntlich zuerst festgesetzt, dass eine schmerzhafte Reizung der centralen St\u00fcmpfe der genannten Nerven zun\u00e4chst eine Verengerung und dann eine Erweiterung der Arterien des L\u00f6ffels bedingt. Dieser Erscheinungsreihe begegnet man unzweifelhaft in den meisten Fallen, in welchen man ein gesundes, lebenskr\u00e4ftiges Thier zum Versuche verwendet. Die Bahn, durch welche die Verengerung sowohl, als die Erweiterung vermittelt wird, geht durch den ner-vus auricularis zum verl\u00e4ngerten Mark und von da durch den Halsstamm des Sympathicus zu den Ohrgefllssen. Der Beweis hierf\u00fcr liegt bekannlerinassen darin, dass nach Durchschneidung des sympathischen Halsstammes die Reizung des sensiblen Ner-venstumpfs das ohnediess schon rolhe Ohr nicht noch merklich h\u00f6her f\u00e4rbt.\nBevor ich auf die Data eingehe, die mir die Wiederholung der Versuche von Snellen ergaben, will ich noch bemerken, dass ich auch die Angaben von M. Schiff best\u00e4tigen kann, welcher behauptet,\u2019dass in den spinalen Auricular\u00e4sten Fasern enthalten seien, die in einer unmittelbaren Beziehung zu den Circulnrmus-kcln der Arterien stehen. In der Regel rief die Durchschneidung des einen oder andern Auricularastes eine dauernde Erweiterung eines Arlcrienst\u00fcckes auf dem Ohr der operirten Seite hervor. Sie erstreckte sich gew\u00f6hnlich nur auf den Thcil der Arterie, welcher in der N\u00e4he der Spitze verl\u00e4uft. Diese Erweiterung konnte durch eine Reizung des peripherischen Stumpfes in ihr Gegentheil umgesetzt werden und namentlich auch dann noch, wenn der Ilalsstamm des Sympathicus vorher durchschnitten war. Bei dieser letztem Modification des Versuchs blieb die Arterie w\u00e4hrend ihres Verlaufes durch den gr\u00f6ssten Theil des Ohres erweitert, w\u00e4hrend sich dieselbe an der Spitze und den Sei-tentheilen des Ohres verengerte. Meistens setzte sich der verengerte von dem erweiterten Theile ganz scharf ab.\nIch kehre nun zu den Erfahrungen zur\u00fcck, welche mir die Reizung des centralen Nervenstumpfs geliefert hat. Wenn ich ein kr\u00e4ftiges urjjergifteles Thier dem Versuche unterwarf, so","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"io\nDr. Christ. Loy\u00e9n,\n[94\nbemerkte ich in den meisten Fallen, dass nach Beginn der Reizung sich die arteria auricularis verengte. Dies geschah um so sicherer und rascher, je lebhafter das Thier durch Schreien und Gliederbewegungen seinen Schmerz \u00e4usserte. Die Verengerung der Arterie hielt zwar eine ungleiche, aber immer nur eine sehr kurze Zeit hindurch an und machte dann, und zwar noch wahrend des bestehenden Reizes, einer Erweiterung Platz. Diese letztere begann jedesmal zuerst am Stammchen der arteria auricularis und schritt von da in rascher Folge zu den immer kleinern Zweigen fort. Erst nachdem dies geschehen, f\u00fcllten sich die Venen, so dass nun der L\u00f6ffel eine tief rothe Farbe darbot.\nDas n\u00e4chste Interesse, welches sich an die vorliegenden Versuche kn\u00fcpft, scheint mir in der Entscheidung der Frage zu bestehen, ob die Erweiterung nur in Folge der voraufgcgangenenVer-engung eintrete, mit einem Worte, ob die Erweiterung eine Folge der Erm\u00fcdung sei, in welche der Sympathicus durch die zuerst vorhandene Anstrengung geralhen war. Verhielten sich die Abh\u00e4ngigkeitsverhallnisse in der Weise, so w\u00fcrde man erwarten m\u00fcssen, dass nach Zeit und St\u00e4rke eine Proportion zwischen der Verengerung und der Erweiterung best\u00fcnde. Dies ist nun aber, wenn man eine gr\u00f6ssere Zahl von Experimenten ausfuhrt, keineswegs der Fall. Zuweilen wird allerdings die nachfolgende Erweiterung um so betr\u00e4chtlicher, je ausgesprochener vorher die Verengung war. In zahlreichen andern F\u00e4llen folgt ober auf eine kaum merkliche Verengung eine sehr umf\u00e4ngliche Erweiterung. Einmal sogar traf es sich an einem unvergifteten Thiere, dass unmittelbar nach Beginn der Reizung ohne jede Spur einer vorausgegangenen Verengerung eine sehr m\u00e4chtige Erweiterung eintrat. Diese Erscheinung wiederholte sich an diesem Thiere so oft, als noch die Reizbarkeit des sensiblen Nerven den Versuch zuliess.\nWie diese Ergebnisse unvereinbar mit der Annahme sind, dass die Erweiterung derGef\u00e4sse von einer Erm\u00fcdung der sympathischen Fasern nach vorausgegangener Anstrengung bedingt sei, so scheint es mir auch mit einer andern Thatsache der Fall zu sein. Reizt man den blossgelegten Halsstamm des nerv, sympathies, so dass hierdurch ebenso lange und noch langer eine Verschliessung der Arterien erzeugt wird, wie sie auch die Erregung des sensiblen Stumpfs hervorruft, so. bemerkt man nach Entfernung des Reizes zwar zuweilen eine geringe Erweiterung","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"95] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung. 11\nder Ohrgef\u00e4sse : niemals aber sah ich diese auch nur ann\u00e4hernd so m\u00e4chtig weriden, wie nach der Reizung des nerv, auricularis. Daraus geht hervor, dass die sympathischen Fasern keineswegs so leicht zu erm\u00fcden sind.\nUm meinen Versuchen eine gr\u00f6ssere Reinheit zu geben, insbesondere um den Blutstrom von den heftigen Bewegungen der Glieder und des Brustkorbs unabh\u00e4ngig zu machen, verliess ich die Beobachtung des unvergifleten Thieres und wendete mich zum Gebrauche des Curare. Indem ich dies that, beg\u00fcnstigte mich im Beginn meiner Beobachtungen mit vergifteten Thieren das Gl\u00fcck insofern als ich auf eine gr\u00f6ssere Zahl von Thieren traf, bei denen eine Reizung der sensiblen Nerven an verschiedenen Stellen des K\u00f6rpers jedesmal sogleich eine Erweiterung der Gef\u00e4sse hervorrief, die oft weit betr\u00e4chtlicher war, als diejenige, welche einer Durchschneidung der betreffenden sympathischen St\u00e4mme nachfolgt. Diese Beobachtungen sprachen aus diesem, noch mehr aber aus einem andern Grunde gegen die Annahme, welche die Erweiterung in Folge derErm\u00fc-dung eintrelen l\u00e4sst. Meistentheils folgte jetzt auf die Erweiterung eine Verengerung und zwar entweder noch w\u00e4hrend der Reizung oder unmittelbar nach Beendigung derselben; diese Verengerung Mir in einigen F\u00e4llen betr\u00e4chtlicher, als sie vor der Reizung gewesen. Als Erl\u00e4uterung des Thatbestandes mag folgende mit Zeitbestimmungen versehene Beobachtung dienen.\nVcrsuchs- nutnmer.\tNerv.\tSt\u00e4rke und Dauer der Reizung.\tEintritt d. Erweiterung nach Beginn d. Reizung.\tEintritt d. Verengerung nach Beginn d. Reizung.\nt\tN. auricul. a nt.\tmassig stark, 15 Sec.\t5 Sec.\t35 Sec.\n2\t- - -\t22 -\t6 -\t40 -\n3\t_ _ _\t-\t17 -\t6 -\t28 -\n\u2022t\t_ _ \u00ab\t12 -\t\u00e4 -\t22 -\n5\t_ _ _\tsehr stark, 5 -\t5 -\t45 -\n6\t-\t-\tpost.\tschwach, 17 -\t4 -\t16 -\n7\t-\tst\u00e4rker,\t<5 -\t5 -\t30 -\nDie Erweiterung, welche nach Reizung der sensiblen Ohrnerven einer Seite auftrat, blieb in einigen durchaus nur auf das Ohr der operirten Seite beschr\u00e4nkt, ln mehreren andern F\u00e4llen dehnte sie sich auch auf das Ohr der nicht operirten Seite aus. Hier war jedoch die R\u00f6thung um ein sehr Merkliches schw\u00e4cher;\ni","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nDr. Christ. Loy\u00ean,\n[96\nauch fing sie um 2\u20144Secunden sp\u00e4ter an und schlug mit Ausnahme eines einzigen Falles fr\u00fcher in Verengerung um, als auf der operirlen.\nHatte ich meine Versuche nicht \u00fcber eine sehr grosse Reihe von Kaninchen ausgedehnt, so w\u00fcrde ich durch diesen gl\u00fccklichen Anfang bestimmt worden sein, es als eine Eigent\u00fcmlichkeit curarisirter Thiere zu betrachten, dass bei ihnen die Reizung sensibler St\u00fcmpfe sogleich eine Erweiterung der Ge-fasse bedingte. Die Fortsetzung meiner Beobachtungen belehrte mich jedoch vom Gegenteil, indem ich spater wiederholt auf Thiere traf, welche sich so verhielten, wie es in der Regel bei unvergificlen der Fall ist. Immerhin aber beg\u00fcnstigt dieCurnre-vergiflung den Eintritt der primitiven R\u00f6tung.\nIII. Erweiterung der arterln saphena durch Reizung des nerrus dorsalis pedis.\nVon der bekannten Erfahrung ausgehend, dass schmerzhafte Eingriffe auf die Haut des Menschen f\u00fcr gew\u00f6hnlich eine R\u00f6thung derselben hervorrufen, war vorauszusehen, dass die am Ohre beobachtete Erscheinung auch noch an andern Orlen des Kaninchenk\u00f6rpers aufzufinden sei. Bei der Wahl der zu pr\u00fcfenden Stellen war zu ber\u00fccksichtigen, dass keine Nervenstamme tetanisirt werden durften, in denen zugleich mit den sensiblen auch die sympathischen Fasern der Arterien verliefen, an welchen man die Erweiterung sehen wollte. Da die sympathischen Zweige mci\u00a7l schon den Arlerienstitmmchen h\u00f6herer Ordnung zugeordnet werden und sich mit diesen weiter ver\u00e4steln, so eignet sich am Kaninchen zu einem Versuche sehr gut diearteria saphena, welche ihren sympathischen Zweig aus dem plexus cruralis insbesondere aber mit dem nervus saphenus empfangt. Die Abh\u00e4ngigkeit der Arterienmuskeln von dem genannten Nerv liisst sich leicht darthun ; durchschneidet man den nerv, saphenus so erweitert sich die gleichnamige Arterie pl\u00f6tzlich, reizt man dagegen den peripherischen Stumpf des Nerven so verengt sich das Gef\u00f6ss. Nun verzweigt sich aber die art. saphena in der Regel bis zum Fusse herab, sodass zu den in ihrem Verbreilungsraum liegenden sensiblen Nerven u. A. auch der nerv. dors, pedis geh\u00f6rt.\nAber nicht allein durch dieses Verhalten sondern auch durch Ursprung und Verlauf ist sie f\u00fcr die Beobachtung g\u00fcnstig.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"97] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung. 13\nSie entspringt aas derSchenkelpuisader, bevor diese die Adduc-toren durclibohr,t, und verlauft als ein sehr feiner rother Faden an der inncrn Seite des Unterschenkels. Obwohl sie beim cu-rarisirlen Thierij meist sehr zusammengezogen ist, so lasst sie sich doch darum immer leicht auffinden, weil sie auf beiden Seiten von je einerVene einer vorderen gr\u00f6sseren einer hinteren kleineren begleitet wird. Ich verfehle nicht, darauf aufmerksam zu machen, dass mir zwei Falle vorgekommen sind, in denen die Arterie statt bis zum Fussgelenk herabzulaufen, in demjenigen ihrer Zweige endigte, welchen sie an der Innenseite des Kniegelenks in das rete patellare abgiebl. Beim Blosslegen der Arterie muss man begreiflich daf\u00fcr sorgen, den nervus sa-phenus nicht zu verletzen, welcher die Arlerio begleitet.\nMeine Versuchsreihe mit Re\u2019zung am centralen Ende des nervus dorsalis pedis begann ich zuf\u00e4llig mit denselben Thic-ren, welche die Reizung des Auricularis unmittelbar durch eine Erweiterung beantwortet hatten. Gerade so, wie die arteria auricularis verhielt sich nun auch die arteria saphena. Ganz wie vorher am Ohr trat nun 4\u20146 Secunden nach der Application des Reizes in dem nur eben sichtbaren Gef\u00e4ss pl\u00f6tzlich eine ganz ausserordentliche Erweiterung ein, die sich rasch zum Maximum steigerte und einige Secunden nach Entfernung der Electroden wieder vollst\u00e4ndig verschwand. Die Arterie erweiterte sich nicht, nur, sondern fing an kr\u00e4ftig zu pulsiren, was besonders sch\u00f6n hervortrat, wenn man das Bein etwas im Kniegelenke gcbogefi hielt, indem nun das Gef\u00e4ss durch jede herein-sl\u00fcrzende Blulwelle m\u00e4chtig gehoben und geschl\u00e4ngelt wurde; die Erscheinung konnte bei demselben Thicrc lange Zeit wiederholt erzeugt werden. Boi mehrern in derselben Weise sp\u00e4ter vorgenommenert Versuchen erhielt ich fast ausnahmslos dasselbe Resultat und kann noch hinzuf\u00fcgen, dass auch die Reizung des nervus tibialis unterhalb des inneren Fusskn\u00f6chels zum Ziele f\u00fchrt. \u2014 In ein Paar F\u00e4llen trat die Erweiterung zwar ein aber sie war nur von sehr kurzer Dauer und verschwand sogar wieder noch w\u00e4hrend der Reizung. Dasselbe habe ich auch bemerkt in solchen F\u00e4llen, wo die Erscheinung zwar im Anfang sich v\u00f6llig ausgebildet zeigte, wo aber entweder der gebrauchteReiz sehr kr\u00e4ftig gewesen oder der Versuch zu lange fortgesetzt worden war. Diese Unregelm\u00e4ssigkeiten sind also aller Wahrscheinlichkeit nach, so wie in diesen F\u00e4llen der Er-","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\tDr. Christ. Lov\u00e9n,\t[98\nSch\u00f6pfung so in jenen einer zuf\u00e4lligen Schwache der Erregbarkeit des Nervci} zuzuschreiben.\nEs entsteht hier ganz nat\u00fcrlich die Frage, bis wohin erstreckt sich diese Erweiterung? Ist sie auf die eine Arterie beschrankt oder nimmt vielleicht eine gr\u00f6ssere Zahl der arteriellen GefJsse des Gliedes daran Theil. Um diese Frage zu beantworten, beobachtete ich in drei Versuchen w\u00e4hrend der Reizung des nerv, dorsalis pedis, theils die in ihrem ganzen Verlaufe von der Schen-kelbeugc bis zum Durchtritt durch die Adductoren blossgelegle arteria femoralis, theils auch einige der von ihr abgegebenen Muskel\u00e4ste. Was die letzteren betrifft, so haben schon Ludwig und Thiry erw\u00e4hnt, dass die Muskelarterien im Allgemeinen sehr rasch ihre Erregbarkeit einb\u00fcssen ; auch hier konnten in der vorliegenden Beziehung keine deutlichen Resultate ermittelt werden. Es ist wohl auch m\u00f6glich, dass diese Gef\u00e4sse schon durch die f\u00fcr ihre Blosslegung nothwendige Pr\u00e4paralion in einen Zustand geschw\u00e4chter Reizbarkeit oder gar L\u00e4hmung versetzt werden, so dass man von ihnen keine Aufschl\u00fcsse \u00fcber die Wirkungen peripherischer Reize erwarten kann. Wenn ich mir also nicht zulraue, ganz entschieden zu behaupten, dass die Muskelarterien sich unter den fraglichen Umst\u00e4nden gar nicht erweitern, so ist doch wenigstens so viel gewiss, dass die etwa eingetretene Erweiterung bei der Entfernung des Reizes nicht nach-liess, sondern dass die Gef\u00e4sse unver\u00e4ndert in demselben Zustande w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Versuches verharrten. Ungef\u00e4hrdasselbe kann auch vom Hauptstamm der arter. femoralis gesagt worden. Sie schien zwar im Anfang des Versuches sich ein wenig zu erweitern, ver\u00e4nderte aber nachher ihren Durchmesser nicht. Es war dann ganz deutlich zu sehen, wie die oben geschilderten Ver\u00e4nderungen eigentlich nur dem genannten Haulast zukommen, indem sie stets von demjenigen Orte ihren Anfang nahmen, wo die Hautarterie von der cru-ralis sich abzweigt und, was noch merkw\u00fcrdiger scheint, w\u00e4hrend im Aste die Pulsationen so gewaltig auftraten, waren sie in der grossen Arterie sehr unbedeutend und wurden bei der Reizung gar nicht verst\u00e4rkt.\nDas scheinbare Paradoxon, dass ein so kleiner Zweig der arteria cruralis pulsirte, w\u00e4hrend der Ilauptstamm dieses kaum merklich that, erkl\u00e4rt sich leicht aus der ungleichen Steifigkeit der Wandung und gerade dieser Unterschied in der Pulsation","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"99] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung. 15\nbeweist, dass sich die Erschlaffung nur auf die Wandung der arteria saphena erstreckt halte.\nAls ich im weitern Verlauf meiner Beobachtungen auf cura-risirle Kaninchen, stiess, bei denen die Reizung am Ohrnerven eine prim\u00e4re Verengerung ergab, fand ich, dass die Erregung des nerv, dorsalis Jjedis bei demselben Kaninchen auch hier eine prim\u00e4re Verengung erzielte und dass bei den Thieren, bei welchen eine Reizung des n. auricularis das eine Mal Erweiterung, das andre Mal Verengerung der Ohrgefiisse hervorrief, sich die Reizung des n. dorsalis pedis mit R\u00fccksicht auf die arteria saphena gerade so verhielt. Doch auch diese \u00dcbereinstimmung besieht nicht ausnahmslos. Ich habe auch ein Thier beobachtet, dessen Ohrarterie sich primllr erweiterte, w\u00e4hrend die saphena abwechselnd weiter und enger wurde.\nAusser an den genannten Khrperlheilen habe ich noch eine Reihe von Versuchen an andern angestellt; Im Ganzen sind dieselben jedoch wenig zahlreich gewesen. Nirgends bekam ich dabei gleich auf den ersten Schlag so ausgepr\u00e4gte Erscheinungen, wie sie das Ohr und die Haut des Unterschenkels bieten.\nSo habe ich in zwei Versuchen die sensiblen Antlitznerven (infraorbitalis, supraorbitalis und mentalis) gereizt und dabei die blossgelegte arteria maxillaris externa beobachtet. Im Anfang des Versuches gelang es durch Reizung des infraorbitalis eine mit dem Reiz vortlbergehendo Erweiterung und vermehrte Pulsation des Gef\u00e4sses herbeizuftlhren, aber die Erscheinung konnte an demselben Thiero nur ein Paar Mal erzeugt werden. In derselben Wei ;o verhielt sich auch die Arterie des Vorderarmes bei Reizung der Ilautnerven desselben ; dagegen konnte keine Erweiterung der arteria mammaria externa durch Reizung des zu den Milchdr\u00fcsen neben der Arterie hinziehenden Nerven bewirkt Werden.\nEinige Male habe ich auch curarisirtc Hunde \u00e4hnlichen Versuchen unterworfen, aber diese Thiere f\u00fcr den vorliegenden Zweck nicht geeignet gefunden. Wenn ich den sensiblen Nerven reizte, sosafn ich alsbald eine Erweiterung der Arterien ein-treten; wenn a'lver die Reizung geschlossen wurde, so kehrte der verengte Zustand nicht wieder zur\u00fcck, selbst wenn man viele Minuten hindurch die Reizung aussetzte. Bei der geringen Zahl von Versuchen, die ich angestellt habe, kann ich nicht ver-","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\tDr. Christ. Lov\u00ean,\t[100\nb\u00fcrgen, ob dies eine allgemeine Eigenschaft des Hundes ist oder nur eine individuelle.\nIV. Bemerkungen zu den vorstehenden Versuchen.\nDie Reizung der sensiblen Nerven ruft also jedesmal Ver\u00e4nderungen im Herzschlag und zwar meist Verlangsamung dcrSchlag-folge und ausserdem Erweiterungen oderVerengerungen der Arterienlumina hervor. Nach den Erfahrungen aller Beobachter kann kein Zweifel dar\u00fcber sein, dass die genannten Erscheinungen, welche die Muskeln der Kreislaufsorgane darbieten, auf reflecto-rischem Wege zu Stande kommen. Nach meinen Beobachtungen ist cs ferner keinem Zweifel unterworfen, dass die ErschlalTung der arteriellen Musculatur unabh\u00e4ngig von einer vorausgegan\u2014 gencn starkem Verk\u00fcrzung derselben eintreten kann. Den gangbaren physiologischen Anschauungen nach wird man also sagen m\u00fcssen, der sensible Reiz sei verm\u00f6gend auf rcflectori-schem Wege eben sowohl den Tonus der Gefiissnerven zu erh\u00f6hen, als auch ihn herabzusetzen. Bis jetzt sind wir noch nicht dahin gelangt, vorauszusagen, wann der sensible Reiz contrac-tionsvermehrend und wann er hemmend einwirken werde. Aus meinen Versuchen scheint nur so viel hervorzugehen, dass die Erweiterung sich viel \u00f6rtlicher einstellt, als die Verengerung. Wo man auch reizen mochte, immer kam eine Erh\u00f6hung des Blutdrucks zu Stande, die, weil sie bei unverletztem Vagus mit einer Verlangsamung der Herzschl\u00e4ge einherging, nur von einer Erh\u00f6hung des Widerstandes im Strombett abh\u00e4ngig sein konnte. Die Erweiterung erstreckte sich dagegen ausnahmslos nur auf diejenigen Arterien, welche in dem Revier des gereizten Nerven oder mindestens in dessen Nachbarschaft verliefen. Auf diesen Punkt habe ich wiederholt meine Aufmerksamkeit gerichtet. Schon oben bemerkte ich, dass eine Reizung des n. auricuiaris der einen] Seite gew\u00f6hnlich nur die Arterien des gleichnamigen Ohrs erweiterte. Gar zu seilen waren jedoch die Falle nicht, in denen sich auch das Ohr der entgegengesetzten Seite r\u00f6thele. Unter mehreren Versuchen habe ich auch einmal gesehen, dass eine Reizung des nervus infraorbitalis das Ohr lebhaft r\u00f6lhete. Bei demselben Thiere brachte, wenn auch schwach, aber doch deutlich ausgesprochen, eine Reizung am centralen Stumpfe des plexus brachialis eine Erschlaffung der","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"101] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung. 17\nAuriculararterien hervor. Niemals habe ich dagegen gesehen, dass sich zum Ohr hin die erweiternde Wirkung des plexus lumbalis oder sacralis erstreckt h\u00e4tte.\nUnter dieser Voraussetzung l\u00e4sst sich nicht verkennen, dass die ganze Reihe der Erscheinungen, welche sich nach Reizung eines sensiblen Nerven abspinnt, den Charakter jener Art von Zweckm\u00e4ssigkeit tr\u00e4gt, der uns an allen reflectoriscbcn Vorg\u00e4ngen so \u00fcberraschend entgegentritl. In weitaus der Mehrzahl der F\u00e4lle wird es f\u00fcr einen gereizten Ort von g\u00fcnstigen Folgen sein, wenn durch ihn ein breiter und rascher Blutstrom dringt. Nur hierdurch k\u00f6nnen die Sch\u00e4den betr\u00e4chtlicher Temperaturunterschiede, der Compression u. s. w. ausgeglichen werden. Ein auf diese Weise \u00f6rtlich ver\u00e4nderter Illutstrom muss entstehen, wenn an dem gereizten Orte die kleinen Arterien erweitert sind, w\u00e4hrend sie an allen \u00fcbrigen verengert werden. Einem \u00fcberm\u00e4ssigen Anwachsen des Drucks wird vorgebeugt, wenn sich zu dieser Zeitdie Scklagfolge des Herzens verlangsamt.\nDer Ort der riArv\u00f6sen Centraltheile, an dem die \u00dcbertragung der Re\u00fcexe sjaltfindet, scheint nicht im R\u00fcckenmark, sondern in der medulla oblongata zu liegen. Hierf\u00fcr sprechen mindestens die Versuche v. Besolds, welcher nach Reizung sensibler Nerven keine Steigerung des Blutdrucks mehr wahrnahm, wenn er einen sensiblen R\u00fcckenmarksnerven nach Durchschneidung \u00eeles Ilalsmorks reizte. Mit dieser Lagerung des reflectorischen Heerdes der Gef\u00e4ssnerven stimmt vielleicht auch die Ausnahmsstellung \u00fcberein, welche die Gef\u00e4ssnerven in andrer Beziehung darbieten. Van Dem hat zuerst gezeigt, dass durch die Reizung cinos RUckenmarks(|uerschnitlcs die unterhalb desselben austretenden Nerven niemals erregt werden k\u00f6nnen. Hiervon machen nun bekanntlich die Gef\u00e4ssnerven in ausgesprochenster Weise eine Ausnahme, ein Umstand, der vielleicht mit einer be-sondern Lagerungsart der Gef\u00e4ssnerven innerhalb des Marks zusammenh\u00e4ngt.\nAus den Versuchen v. Bezolds k\u00f6nnte man nun weiter zu schliesscn geneigt sein, dass die Reflexe, welche eine Hemmung des Tonus erzielen, im verl\u00e4ngerten Mark ausgel\u00f6st werden; dass diejenigen aber, welche eine Erh\u00f6hung des Tonus bedingen, erst im grossen Gehirn auftreten : vorausgesetzt n\u00e4mlich, dass man die in seinen Versuchen beobachtete Steigerung des Blutdruckes von einer Gef\u00e4ssconlractur, das beobachtete Sinken\ni","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\n[102\nDr. Christ. Lov\u00e9n,\njenes Drucks aber von einer Erschlaffung der Gef\u00e4ssmuskeln ableiten wollte. \u00dcber diesen Punct m\u00fcssen jedoch erst weitere Versuche entscheiden, welche den jeweiligen Zustand der Gc-fiisse ins Auge fassen.\nSucht man in den innern Zusammenhang der Erscheinungen noch tiefer einzudringen, so findet man sich alsbald von einer gr\u00f6ssern Anzahl unentscheidbarer Alternativen umgeben. Der Umstand, dass durch die Reizung desselben Nervenstammes das eine Mal Erweiterung, das andre Mal Verengerung der Ge-f\u00e4sslichtung eintritt, k\u00f6nnte bedingt sein ebensowohl durch verschiedene Faserarten, die in den sensiblen oder motorischen St\u00e4mmen enthalten w\u00e4ren oder auch durch verschiedene Orte oder Bewegungsarlcn des rcflectorischen Apparats. Da ich doch nicht im Stande bin, zwischen diesen M\u00f6glichkeiten zu entscheiden, so unterlasse ich es, meine Vorstellungen weiter auszumalen. Vorerst muss es uns gen\u00fcgen, festgeslellt zu haben, dass Verengerung und Erweiterung der Arterien nicht in der Beziehung zu einander stehen, wie etwa Anstrengung und Erm\u00fcdung oder die Phasen einer Schwingung.\nBei der ausserordentlichen Bedeutung, welche unser Vorgang f\u00fcr die Praxis dor Physiologie und Pathologie besitzt, kann es nicht fehlen, dass die Untersuchung desselben bald emsig fortgesetzt wird.\nV. Erweiterung in den Zweigen der arterin dorsalis penis durch die nervi erlgentcs.\nDie Erweiterung der Arterien des Penis in Folge der Reizung eines peripherischen Nervenstamms verdient in doppelter Beziehung unsre Aufmerksamkeit; zun\u00e4chst wegen der Folgen, die in dem Bcgaltungsorgane vorgehen, durch welches der erweiterte Blutstrom fliesst, dann aber auch aus allgemeinen Gr\u00fcnden.\n1) Mit R\u00fccksicht auf die Theorie der Erweiterung \u00fcberhaupt wird es zun\u00e4chst w\u00fcnschenswerth sein, zu wissen, ob die bei der Erweiterung betheiligten Vorg\u00e4nge nach den Grunds\u00e4tzen derllemmungstheorie erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen oder nicht. Macht man sich die Mittel klar, die uns zu dieser Entscheidung zu Gebot stehen, so sind sie freilich sehr beschr\u00e4nkt, denn im Wesentlichen gibt es nur ein einziges, n\u00e4mlich die Nachweisung eines nerv\u00f6sen Apparates, der tonisirend wirkt und der in der Milte","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"103] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung. 19\nzwischen den Erweiterung erzeugenden Nerven und den Muskeln gelegen ist. Nach Analogie des Herzens glaubt man sich aber zu der Annahme eines tonisirenden Organs berechtigt, wenn kurz vor dem peripherischen Ende eines Nerven in seine Bahn Ganglienzellen eingestreut sind.\nIn den Speicheldr\u00fcsen, an denen bekanntlich Cl. Bernard die erweiternden Nerven entdeckte, liegen im Verlaufe des Nerven Ganglien. Alle Erscheinungen, die uns an diesen Organen bekannt sind, erkl\u00e4ren sich gen\u00fcgend durch dieAnnahme, dass einmal mittelst des Sympathicus das Hirn die Gef\u00e4sse tonisire und dass dieses letztere ausser dem noch geschehe durch die Ganglien, welche an den Dr\u00fcsennerven Vorkommen. Wird durch Beizung der erweiternden Nerven, des n. facialis etc. die toni-sirende Wirkung dieser Ganglien ausser Wirksamkeit gesetzt, so weichen die Gef\u00e4ssw\u00e4nde vordem andringenden Blutdruck.\nEinige Jahre spater zeigte Eckhard, dass aus dem plexus sa-cralis zwei Nerven hervorgehen, deren Beizung eine ungemeine Beschleunigung des Blutslroms durch den Penis bedingt; in der That d\u00fcrfte sich schwerlich noch ein Ort im thierischen K\u00f6rper finden, der die Beschleunigung des Blutstroms unter dem Einfluss der Nervenerregung in so ausgepr\u00e4gter Weise sehen l\u00e4sst. \u00dcber den Mechanismus, der dieser Erscheinung zu Grunde liegt, hat uns dagegen Eckhard in seiner ausgezeichneten Untersuchung vorerst noch im Ungewissen gelassen, da er weder die Erweiterung der Arterien nachweisen konnte, noch auch im Stande war, innerhalb des Penis selbst Ganglien aufzufinden.\nBei der anatomischen Untersuchung des Penis ist es mir nun gelungen, im Verlaufe der nervi erigentes zahlreiche Ganglienhaufen aufzufinden, deren Beschreibung ich hier folgen lasse.\nVon den Nerven, welche der portio membranacea entlang laufen, geh\u00f6ren nur die auf der lateralen und hintern (obern) Fl\u00e4che gelegenen den nerv, erigentes an ; die Reizung der vordem bringt weder Erection noch wird ihrEntstehen durch die Durchschneidung der vordem Nerven beeintr\u00e4chtigt. Beides geschieht dagegen durch das entsprechende Verfahren mit den Nerven, welche auf der obern und seitlichen Fl\u00e4che der p. membranacea verlaufen. Diese k\u00f6nnen nun auch und zwar zum gr\u00f6ssten Theil in die von Eckhard beschriebenen nerv, erigentes des Sacralplexus verfolgt werden, und zum Andern stehen sie mit den Fortsetzungen des plexus hypogastricus in Verbindung. Nach der Abbildung,","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nDr. Christ. Lov\u00e8n,\nfl 04\nwelche./. M\u00fcller*) von den Nerven der entsprechenden Stellen beim Menschen geliefert, ist hier das Schema der Verkeilung das n\u00fcmliche.\nDie lateralen B\u00fcndel laufen untereinander parallel und auch gr\u00f6sstenlheils gesondert, indem nur die Faden, welche am meisten gegen die vordere (untere) Flache der pars membrana-cea herandringen, sich mit den Fasern des nerv, pudendus verschlingen, welche von lelzterm Nerve gegen die prostata und zwar auf der vordem Fl\u00fcche der Harnr\u00f6hre verlaufen. \u2014 Die lateralen B\u00fcndel k\u00f6nnen bis zu dem Ort verfolgt werden, wo sich die arter. profunda penis an der Seite des bulbus urethrae in ihre Endaste aufl\u00f6st. An diesem Ort bilden die Zweige mehrerer Nervenb\u00fcndel in Gemeinschaft mit \u00c4sten des n. pudendus ein ausserst dichtes Netz. Aus diesem dringen Fasern mit den Gelassen in das corp. cavernosum urethrae ein, andere verbreiten sich in den Wandungen der arteria bulbi und ihrer gr\u00f6sseren \u00c4ste, wo sie bis in die Muskelschicht hinein verfolgt werden k\u00f6nnen. Die Fasern sind nach Art der Bindegewebsb\u00fcndel, jedoch noch ausgepr\u00e4gter wellenf\u00f6rmig gebogen und \u00e4usserst blass; aus diesem Grunde k\u00f6nnen sie nur durch Sauren oder durch Carminlinction sichtbar gemacht werden.\nDie hintern B\u00fcndel beider Seiten anastomosiren ausgiebig mit einander und bilden einen plexus der unmittelbar auf der Muskelhaul der Harnr\u00f6hre liegt; sio entziehen sich alsbald der Verfolgung, so wie sie in das ausserst dichte mit elastischen Fasern reichlich durchsetzte Bindegewebe eintreten, das sich im hintern Theil des bulbus unmittelbar innerhalb des musc, bul-bocavernosus findet.\nGanglien und ganglienartige Massen habe ich an folgenden bisher unbekannten Standorten aufgefunden. I) An der hintern Fl\u00e4che der portio membran. urethrae ; sie sind bis auf einige Linien vor der hintern Gr\u00e4nze des bulbus, besonders reichlich aber in der Vertiefung zwischen prostata und Harnr\u00f6hre nachweisbar. Die Ganglienk\u00f6rper liegen entweder einzeln oder gruppenweise; der Form nach sind sie entweder gew\u00f6hnliche Ganglienzellen mit viel gelblichem, k\u00f6rnigem Protoplasma, oder sie sind von eigenth\u00fcmlicher Gestaltung. Da sich unter den\n\u2019) \u00fcber die organischen Nerven der erectilen mdnnl. Geschlechtsorgane. Berl. IS36. Tab. III.","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"105] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung. 21\nvon Beale, Arnold; Courvoisier gezeichneten Formen keine ganz entsprechende findet, so habe ich in Fig. III eine solche wiedergegeben; sie ist aus dem plexus hypogastricus, und zwar aus einem Nerven genommen, der unmittelbar auf der pars mem-branacea auflag. -j\u20142) In dem dichten Bindegewebe am hinteren (ob\u00e9ra) Theile-des b\u00fclbus liegen Ganglienzellen mit wenigem und sehr blassem feink\u00f6rnigen Protoplasma zu gr\u00f6ssern oder kleinern Haufen oder einzeln zwischen den Nervenfasern. \u2014 3) In den Netzen, welche die lateralen B\u00fcndel der nerv, erigentes um die Gebisse an der Seite des bulbus bilden, liegen eigenth\u00fcm-liche Anschwellungen der blassen Nervenb\u00fcndel, die mit zahlreichen Kernen und einer sehr blassen feink\u00f6rnigen Masse gef\u00fcllt sind. Fig. IV stellt ein solches Bild dar.\nDie viviseclorische Untersuchung der Erection, Uber welche ich jetzt berichten will, verliert durch die Anwendung des Curare ihren abstossenden Charakter, den sie sonst in diesem Falle ganz besonders besitzt. Man muss es darum als ein Gl\u00fcck ansehen, dass trotz einer sehr intensiven Vergiftung alle Erscheinungen, die der Blutstrom im Penis des gesunden Thieres zeigt, sich unver\u00e4ndert erhallen.\nA. \u00dcber die Ver\u00e4nderungen im Penis, welche die Beschleunigung des Blutes nach Reizung dernervi erigentes begleiten. \u2014 Die Annahme, wonach die normale Contraction der Muskeln im Balkengowebe des Penis daran Schuld sein solle, dass die Geschwindigkeit des Blutstroms in dem genannten Glied nicht zur vollen Entfaltung kommen k\u00f6nne, hat schon Eckhard widerlegt. Dieses bewerkstelligte er einfach dadurch, dass er an verschiedenen Stellen das cavern\u00f6se Gewebe durchschnilt. Befanden sich, nachdem diefees geschehen, die nervi erigentes im ruhenden Zustand, so war die Blutung auf der Schnittfl\u00e4che \u00e4ussersl massig. Reizte er aber dann die genannten Nerven ein- oder zweiseitig, so st\u00fcrzte ein m\u00e4chtiger Blutstrom aus den durchschnittenen Cavernen hervor. Nun konnten aber offenbar die durchschnittenen W\u00e4nde der Cavernen dem Blutstrome keinen Widerstand geleistet haben. Also musste die vermehrte Blutung dem directcn Einfluss der nervi erigentes zugeschrieben werden.\nNach der Wegr\u00e4umung dieser M\u00f6glichkeit bleiben nur noch zwei andere zur Erkl\u00e4rung des vermehrten Blutstroms \u00fcbrig, entweder es erh\u00e4lt derselbe innerhalb des Penis einen neuen Zusatz von Triebkr\u00e4ften, die nicht schon vom Herzen aus gege-","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nDr. Christ. Lov\u00e9*,\n[106\nben sind; oder es bewegt sieb das Blut unter dem normalen Druck und es wird nur der Widerstand innerhalb der Bahn des Stroms gemindert, der sich beim Eindringen desselben in die Cavernen entgegensetzt, beziehungsweise, es erschlafft die Wandung der kleinen Arterien.\nDie Entscheidung zwischen beiden Annahmen wird in etwas dadurch erschwert, dass die Erweiterung an den Orten, an denen sie Vorkommen muss, wenn sie wirksam werden will, so ohne Weiteres, wie an allen \u00fcbrigen K\u00f6rperorten, nicht zu sehen ist. Eckhard bemerkt schon mit Hecht, dass sich bei der Nervenreizung die Stamme der arteria dorsalis penis nicht erweitern. Bliebe eine Erschlaffung auf die Wandung der genannten St\u00e4mme beschr\u00e4nkt, so w\u00fcrde dies f\u00fcr die Vermehrung des Blulslroms durch den Penis auch wenig fruchten, weil n\u00e4mlich die gr\u00f6sste Summe der Widerst\u00e4nde gerade in den kleinsten Arterien\u00e4slcben gesucht werden muss. Von der Richtigkeit dieser Behauptung werden wir uns sp\u00e4ter \u00fcberzeugen, wenn ich von der DurchschneiduDg des nerv, pudendus handle.\nDie'kleinen arteriellen Zufl\u00fcsse zu den Cavernen k\u00f6nnen aber nicht blossgelegt werden, ohue eine Blutung zu erzeugen, durch welche das ganze Gesichtsfeld getr\u00fcbt wird. Es bleibt f\u00fcr die Untersuchung hier kein andrer Weg \u00fcbrig, als der, welchen Cl. Bernard unter Andern am Ohr .angewendet hat, um die Folgen der Reizung und L\u00e4hmung des nerv, sympatbicus sichtbar zu machen, ln unserm Falle wird nun also vom corpus ca-vornosum'und insbesondere von dem der Urethra, wo sich der Strom am raschesten und m\u00e4chtigsten \u00e4ndert, vorsichtig Schicht um SchichtJ abzulragen sein, bis man auf einzelne, stossweise hervortjuellende, hellrolhe Str\u00f6mchen trifft. Hat man dies aus-gef\u00fchrt, und reizt man darauf die nervi erigenles, so gewahrt man, dass alsbald die hellrolhen Str\u00f6me hoch aufspritzend eine m\u00e4chtige Menge von Blut liefern, und zwar in demselben Masse, wie damals, als unter \u00e4hnlichen Umst\u00e4nden nur die corpora cavernosa angeschnitten waren. Diese'-Versuch, der ausnahmslos gelingt, beweist, dass auf keinen Fall das Blut durch anziehende Kr\u00e4fte irgend welcher Art in die Cavernen aus den Arterien hineinbef\u00f6rdert wird. Er belehrt uns dagegen nicht dar\u00fcber, ob etwa statt einer einfachen Erschlaffung der kleinen Arlerienw\u00e4nde neue Stromkr\u00e4fte dem Blute beigesellt werden. Um diesen letztem Puncl zu entscheiden, habe ich den Druck","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"107] Erweiterung von Arterien durch Nervenerregung. 23\nbestimmt, unter welchem das Blut im corpus cavernosum w\u00e4hrend des Maximums der Erection steht; selbstverst\u00e4ndlich habe ich dabei zugleich den Blutdruck in der Carotis gemessen.\nDas Manometer, welches den Blutdruck des Penis mass, habe ich entweder in eine vena dorsalis eingef\u00fchrt, mit der Canute gegen die Venenwurzel hin und dann die Vene der andern Seite durch einen umgelegten Faden geschlossen oder ich durch-schnitt hinter dem Penisknochen die Urethra, unterband die Harnblase, scarificirte in bedeutender Ausdehnung und bis zur Tiefe der Cavernen die Schleimhaut der Urethra und band die Can\u00fcle in die freie MUndung der letztem ein. Hierdurch erhielt ich folgende Zahlen :\nVersuchs- nummer.\tNerven- reizung.\tMittel\u2014 druck im Penis.\tMitteldruck in der Carotis.\tPenis- druck\tBemerkungen.\n\t\t\t\tCarotis- druck.\t\n\tI. Kleiner Hund.\t\t\t\t\nt\teinseitig\t46 mn>.\t95\t0,50\t|\n2\t\u201c\t50 -\tH2 -\t0,45\t1 Can\u00fcle in die scari-\n8\t-\t80 -\t91 -\t0,83\t( ficirte Urethra.\n4\t\u201c\t49 -\t51 -\t0,36\tJ\n\tII. Mitleigrosser Hund.\t\t\t\t\n1 2\teinseitig doppel-\t86 -47 -\t95 -93 -\t0,88 0,30\t| Can\u00fcle in eine vena\n\t\t\t\t\t> dorsalis, die andre\n8\t\t38 -\t74 -\t0,51\t1 geschlossen.\n\tIII. Grosser Hund\t\t\t\t\n1\tdoppel-\t67 -\tHO -\t0,60\tIn die vena dorsalis,\n\tseilig\t\t\t\tzweite geschlossen.\n2\t\t48 -\t116 -\t0,41\tln die vena dorsalis,\n\t\t\t\t\tzweite offen.\n8\t\u201c\t67 -\t116 -\t0,58\tIn die vena dorsalis,\n\t\t\t\t\tzweite geschlossen.\nAngesichts der mitgetheilten Thatsachen Uber den Erections-druck kann man sich w'ie ich glaube ungescheut zu der Annahme bekennen, welche ohnehin aus Gr\u00fcnden der Analogie die wahrscheinlichste ist. Nach ihr beschleunigt die Ner-venreizung den Blutslrom in den Cavernen des penis darum, weil sie die W\u00e4nde der kleinsten Arterien erschlafTlund weil sich in Folge hievon die Lichtungen derselben durch den Druck dos","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nDr. Christ. Lov\u00e9.v,\n[108\nBlutes bedeutend erweitern. Hierf\u00fcr spricht der Versuch, in welchem nach Abtragung eines grossen Theils der cavern\u00f6sen Wandungen, der Strom aus den kleinsten durchschnittenen Arterien durch Nervenreizung so sichtlich zu beschleunigen ist, und mit der eben ausgesprochenen Vorstellung harmonirt es, dass der Druck,, unter welchem das Blut im erigirten Penis steht, im \u00e4ussersten Fall 0,6 des Druckes betr\u00e4gt, mit welchem das Blut in der Carotis str\u00f6mt. Der erstere der angezogenen Versuche beweist, dass die sichtbare Erw eiterung der kleineren arteriellen Blutstr\u00f6me von irgend welcher Einwirkung des Gewebes der Cavernen unabh\u00e4ngig ist, und der zweite Theil thut dar, dass cs nicht n\u00f6thig ist, die Entstehung neuer Triebkr\u00e4fte zu Hilfe zu nehmen, weil der in der gr\u00f6sseren Arterie vorhandene Blutdruck vollst\u00e4ndig nusreicht, um die Kr\u00e4fte zu decken, welche bei der Erection th\u00e4tig sind.\nWollte man noch einen Schritt weiter gehen, so k\u00f6nnte man die nervi erigentes, als ein Analogon der Herz\u00e4ste des n. vagus betrachten, die Ganglien aber, welche in ihrer Bahn an der Wurzel des Penis liegen, k\u00f6nnte man als ein Seitenst\u00fcck der Ganglien, welche im Herzfleisch liegen, ansehen. Indem man diesen Zusatz ausspricht, darf man nicht vergessen, dass er wohl dazu geeignet ist, eine Beihe von Erscheinungen zu erkl\u00e4ren, dass sich aber f\u00fcr ihn bis dahin ein directer Beweis nicht erbringen l\u00e4sst.\nB. Einige Bemerkungen Uber die Erection des Hundepenis. Man ist allseitig darin Ubercingekommen, dass zur Erzeugung der Erection des Penis drei Dinge geh\u00f6ren : eine Beschleunigung des zu fliessenden, eine Hemmung des abfliessenden Blutstroms und eine Ausdehnbarkeit der Cavernemvandungen. Ich werde der Beihe nach auf die Bedeutung der drei Bedingungen ein-gehen.\nIn dem Balkcngewebe finden sich bekanntlich organische Muskelfasern. Diese letzteren sowohl wie die Bingfasern der art. dorsalis stehen unter dem Einfluss des nervus pudendus. Hierf\u00fcr tritt folgender Versuch ein. Beizt man die peripherischen St\u00fcmpfe der durchschnittenen nervi pudendi, w\u00e4hrend der Penis zusammengefallen und durchschnitten ist, so vermindert sich die Blutung, und die durchschnittenen B\u00e4nder des Schwellk\u00f6rpers ziehen sich zur\u00fcck. War der Penis unmittelbar vor der Beizung des nervus pudendus durch die Erregung der","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"109] Erweiterung vox Arteribn durch Nervenerregung. 25\nnervi erigenles geschwellt, so wird nun bei beginnender Teta-nisirung der ersteren Nerven der Blutfluss aus den durchschnittenen Schwellk\u00f6rpern erst vor\u00fcbergehend beschleunigt, alsbald aber stockt er vollkommen. \u2014 Beobachtet man den Durchmesser der art. dorsalis, wahrend man den nerv, pudendus zu durchschneiden im Begriff ist, so sieht man, dass er nach Vollendung der letzteren Operation merklich gewachsen ist, und dass die Pulsation lebhafter geworden ; trotzdem tritt jedoch weder Erection ein , noch mehrt sich der Blutstrom in erkennbarer Weise aus dem durchschnittenen corpus cavernosum. \u2014 Die Betheiligung des nerv, pudendus und der von ihm abh\u00e4ngigen Gebilde an der Erection liesse sich demgem\u00e4ss dahin angeben, dass sie durch ihre Zusammenziehung die Steifung des Glieds unm\u00f6glich machen k\u00f6nnen, insofern durch ihr Zuthun der wesentlichste Zufluss des Blutes abgeschnitten wird. Demnach ist nicht abzuleugnen, dass eine jede Verminderung im normalen Tonus des Schamnerven die Erection beg\u00fcnstigen wird, indem sich hierdurch ein Theil d\u00e9r Widerstande vermindert, der sich der Erweiterung der Cavernen und der Zuf\u00fchrung des Blutes entgegenstellt. Ob, wie Ktilliker will, bei der normalen Erection eine reflectorische Abspannung des n. pudendus eintritt, bleibt dahingestellt.\nDie Bedeutung der nervi erigentes hat Eckhard schon vollst\u00e4ndig er\u00f6rtert; bei der Erregung dieserNerven schwellen wohl corpora cavernosa penis et urethrae an, aber der Druck des Blutes in ihnen erreicht wie die oben mitgetheilten Messungen zeigen, keineswegs seinen h\u00f6chsten Werth, und der hulbus glandis ge-r\u00e4th gar nicht in Schwellung.\nDas Maximum des Drucks und die Schwellung der Eichel-zwiebel treten erst ein, wenn der Strom in den ruckf\u00fchrenden Venen und insbesondere in der vena dorsalis unterbrochen wird. Zu diesem Ende dient ein Muskel, welcher zuerst von Houston beschrieben und in seinem Verh\u00f6ltniss zu den Dorsalvenen von Eckhard abgebildet ist. Zur Vervollst\u00e4ndigung der Zeichnung, welche der letztgenannte Gelehrte gegeben, soll meine Figur 5 dienen. Sie stellt einen Durchschnitt durch den bulbus urethrae an der Stelle dar, an welcher die zu einer Vene vereinigten venaet dorsalis von der Sehne des Muskels umgriffen werden. Aus dern Anblicke der Figur geht ohne Weiteres hervor, dass bei einer Contraction des Houston'sehen Muskels das","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26 Dr. Cdr. Lov\u00dfrt, Erweiter. v. Ater.d.Nbrvbivbrregiing. [110\nLumen der Vene zugeklemmt werden muss. Ahmt man am lebenden Thier wahrend der Reizung der Ereclionsnerven diese Absperrung der Venen dadurch nach, dass man ein Band um dieselben schlingt und zuzieht, so schwillt slsbald der Eichelbulbus dermassen an, dass die Vorhaut nicht mehr hinter ihn zurtlckgestreift werden kann. Ich brauche nicht zu erw\u00e4hnen, dass trotz der Abschn\u00fcrung der dorsalen Blutadern der Blutstrom durch den Penis nicht vollst\u00e4ndig unterbrochen ist; denn bekanntlich bestehen noch andere schon von Eckhard beschriebene Venenabfl\u00fcsse. Diese letzteren sind aber jedenfalls von untergeordneter Bedeutung, wovon ein einfacher Versuch Zeug-niss ablegt. War durch Reizung der Ereclionsnerven und Verschluss der Dorsal venen die h\u00f6chste Schw ellung des Glieds her-beigef\u00fchrt, und ward darauf die Reizung der Nerven unterbrochen, das Unterband der Venen aber unber\u00fchrt gelassen, so schwillt das Glied nur sehr allm\u00e4hlig ab, \u00f6ffne ich nun, w\u00e4hrend dieses geschieht, die venae dorsales, so sinkt es pl\u00f6tzlich zusammen.\nErkl\u00e4rung iler Figuren.\nt. Ursprung des ram. auricularis Arnold! beim Kaninchen. Die in Betracht kommenden Nervenstamme sind aus deren nat\u00fcrlichen Verbindungen herausgel\u00f6st und ober- und unterhalb des ram. auricularis abgeschnitten ; mehrmals vergr\u00f6ssert; die Namen der Nerven sind den einzelnen Stammen beigoschrieben.\nj, Ursprung derselben Nerven in seiner nat\u00fcrlichen Gr\u00f6sse. Verlauf des ram. Arnold! durch das Felsenbein. Die Bezeichnung der Nerven ist in die Figur geschrieben.\n\u00ae-J Ganglien und gangli\u00f6se Gebilde im Verlauf der nervi erigentes.\n5. Durchschnitt durch die Sehnen des Houston\u2019schcn Muskels und die gemeinsame vena dorsalis penis wahrend ihres Durchtritts durch die genannte Sehne. \u2014 A. Houston's Muskel. B. Vena dorsalis com.","page":26},{"file":"z0001table.txt","language":"de","ocr_de":"jlall.","page":0}],"identifier":"lit1337","issued":"1866","language":"de","pages":"1-26","startpages":"1","title":"\u00dcber die Erweiterung von Arterien in Folge einer Nervenerregung","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:00:45.990748+00:00"}