Open Access
{"created":"2022-01-31T14:09:57.140939+00:00","id":"lit1350","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Schmidt, Alexander","role":"author"},{"name":"Franz Schweigger-Seidel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 186-195","fulltext":[{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Bemerkungen \u00fcber die rotken Blutk\u00f6rperchen.\nVon\nAlexander Schmidt und F. Scliweigger-Seidel.\nDie interessanten Angaben, welche Arlhu\u00bb\u2022 B\u00f6ttcher neuerdings Uber rothe Blutk\u00f6rperchen ver\u00f6flenllicht hat, waren f\u00fcr uns die Veranlassung zu einer Reihe von Beobachtungen, deren Ergebnisse wir hier in K\u00fcrze millheilen wollen. Um uns aber wirklich kurz fassen zu k\u00f6nnen, m\u00fcssen wir sowohl die Arbeiten B\u00f6ttcher's, als auch die gegen seine Auffassung bereits erhobenen Einw\u00e4nde als bekannt voraussetzen. *)\nVon den Angaben des genannten Forschers Uber die Blutk\u00f6rperchen der S\u00e4ugethiere besch\u00e4ftigten uns vor allen diejenigen, durch welche bewiesen werden soll, dass die bei Anwendung verschiedener L\u00f6sungsmittel f\u00fcr Blutk\u00f6rperchen zu-r\u00fcckbleibenden kleinen blass conlurirten K\u00f6rperchen Kern-gebilde seien. Als haupts\u00e4chliches L\u00f6sungsmittel wurde Chloroform verwendet, wesshalb auch wir die Besprechung der durch dasselbe eingeleilelen Ver\u00e4nderungen in den Vordergrund stellen wollen.\nDas Erste, was sich an den mit Chloroformdunst in Ber\u00fchrung gebrachten Blutk\u00f6rperchen zeigt, ist eine Verkleinerung derselben. Es k\u00f6nnte fraglich erscheinen, ob es sich hierbei um eine Contraction handelt (Klebs), oder ob die Verkleinerung zun\u00e4chst nur eine Folge des gleichzeitig einlrclenden Kuglig-werdens ist; indessen m\u00fcssen wir uns doch f\u00fcr erstere Annahme entscheiden, weil man die conlrahirende Wirkung des\n*) Arth B\u00f6ttcher, Virchow\u2019s Arch. Bnd. 36 und 39. \u2014 Klebs, ebenda. Bad. 38.","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"191] Einige Bemerkungen \u00fcber pie iiotiien Blutk\u00f6rperchen. 187\nChloroforms an bereits kuglig gewordenen, haemoglobinfreien Blutk\u00f6rperchen constaliren kann. \u2014 Versetzt man Blut mit Wasser bis zum Verschwinden der Blutk\u00f6rperchen und leitet alsdann einen Kohlens\u00e4urestrom hindurch, so werden die K\u00f6rperchen wieder deutlich sichtbar als scharf conturirte, klare und verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig grosse Bl\u00e4schen. Diese, mit Chloroform behandelt schrumpfen schnell, aus den grossen Bliischen werden viel kleinere, ganz denen gleich, welche man aus dem unver\u00e4nderten Blute durch Chloroform erh\u00e4lt. Auch aus dem einfach mit Wasser stark verd\u00fcnnten Blute, welches nach B\u00f6ttcher als ungel\u00f6ste Beslaniltheile nur Kerne enthalten soll, k\u00f6nnen dieselben K\u00f6rperchen durch Chloroform sichtbar gemacht werden, offenbar durch eine Verdichtung der Substanz. Hat man mit gr\u00f6sseren Blutquanlit\u00e4ten operirl, so senken sich die K\u00f6rperchen leicht vollst\u00e4ndig zu Boden.\nAls durchaus nolhwendig d\u00fcrfte es ferner erscheinen, wirklich kernhaltige Blutk\u00f6rperchen mit denen der S\u00e4ugethiere in ihrem Verhalten gegen Chloroform zu vergleichen. Froschblut-k\u00f6rpcrchen verkleinern sich beim Hinzutritt von Chloroform in der Gaskammer unter den Augen des Beobachters pl\u00f6tzlich oder es geht der Verkleinerung eine Kr\u00e4uselung der Oberfl\u00e4che vorher. Die anfangs ges\u00e4ttigte Farbe der Zellen erblasst allni\u00e4hlig und es bleiben alsdann kleine kernhaltige K\u00f6rperchen \u00fcbrig, deren zarte \u00e4ussere Conluren bei Wasserzusalz etwas deutlicher werden. Jedenfalls wird also hier nicht Alles bis auf den Kern gel\u00f6st. *) Hatte man vor dem Einbringen des Chloroforms in die Glaskammer dem Blute etwas Wasser zugeselzt, sodass die K\u00f6rperchen gequollen waren, so konnte man in g\u00fcnstigen F\u00e4llen sehen, wie bei der Verkleinerung Kerne ausgepresst wurden. Wie in anderen F\u00e4llen so sind \u00fcbrigens auch hier die eintretenden Ver\u00e4nderungen sich nicht immer vollst\u00e4ndig gleich, wof\u00fcr die Veranlassung in den von vornherein verschiedenen Zust\u00e4nden der K\u00f6rperchen zu suchen.\nDer Hauptsache nach ganz dieselben Erscheinungen wie beim Frosche erhielten wir bei der Taube. Eigenth\u00fcmliche Bilder gew\u00e4hrte dieselbe uns nur insofern, als sich nach Chloro-\n\u2022) Auf dasselbe Verhallen der Kroschblutk\u00f6rperchen gegen Inductions-slr\u00f6rne im Vergleich mil denen der S\u00e4ugethiere macht Neumann aufmerksam. Archiv f. Anal. u. physiol. t\u00ab67. S. 35.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188 Alexander Scbmidt und F. SciiwEiGunn-SEiDEL, [192\nformbehandlung an die den Polen zugekehrlet\u00bb Seiten der Kerne hollgl\u00e4nzende kegelf\u00f6rmige Massen angesetzt fanden, sodass der Kern mit diesen Anh\u00e4ngen etwa die Gestalt einer Cilrone hesass.\nAls einen wohl entscheidenden Versuch f\u00fchren wir schliesslich noch folgenden an. Blutk\u00f6rperchen vom Frosch oder von S\u00e4ugethieren, mit Harnstoff zusammengebracht, zerfallen in der bekannten Weise in eine gr\u00f6ssere Anzahl gef\u00e4rbter Kugeln, welche man als Haemoglobinlropfen bezeichnet. Jeder dieser Tropfen verh\u00e4lt sich dem Chloroform gegen\u00fcber gerade ebenso, wie ein ganzes Blutk\u00f6rperchen : es hinterl\u00e4sst ein zartes Bl\u00e4schen, an dem allerdings eine Verkleinerung meist nicht wahrgenommen werden kann, lis ist selbstverst\u00e4ndlich, dass diese Beobachtungen am Froschblute leichter anzustellen, al^ bei S\u00e4ugethieren, bei denen die abgel\u00f6stcn K\u00fcgelchen durchgehends sehr klein sind. Hat sich das Haemoglobin unter dem Einfl\u00fcsse des Chloroform in dem Serum verbreitet, so erscheinen die Reste als kleine Hohlr\u00e4ume in der das Licht st\u00e4rker brechenden Schicht; vermischt man jedoch das Blut mit Wasser oder noch besser mit schwacher Jodl\u00f6sung, so werden die zarten aber scharf begrenzten Bl\u00e4schen deutlich sichtbar.\nDie Wirkungsweise des Chloroforms ist jedenfalls keine einfache. Schon B\u00f6ttcher hat in dieser Beziehung auf die That-sache aufmerksam gemacht, dass die Blutk\u00f6rperchen Uber Chloroform mitunter kuglig werden, ohne ibr|Haemoglobin abzugeben, w\u00e4hrend eine Trennung beider ganz pl\u00f6tzlich erfolgt, sobald man das Pr\u00e4parat von der Gaskammer abgehoben und mit der Luft in Ber\u00fchrung gebracht hat. Diese auff\u00e4llige Erscheinung sahon wir am besten bei Kaninchenblut, in welchem wir selbst durch gr\u00f6ssere Portionen Chloroforms die Blutk\u00f6rperchen h\u00e4utig nur zu stark verkleinerten, gl\u00e4nzenden und intensiv gef\u00e4rbten K\u00fcgelchen umwandeln konnten, ehe wir auf die erw\u00e4hnten Verh\u00e4ltnisse aufmerksam wurden. Beachlcnswerlh ist hierbei unter andern\u00bb der Umstand, dass nach unseren Erfahrungen gerade die Blutk\u00f6rperchen der Kaninchen die bekannte Maulbeer- und Stechapfelform ungemein leicht annehmen, sodass es fast nie gelang, die Blulscheiben unversehrt zur Beobachtung zu bringen, wenn man auch mit allen Caulelen zu Werke ging. Wir bemerken dies ausdr\u00fccklich gegen\u00fcber Klebs, der diese Forinvei\u00e4nderung erst nach Erwarmung eintreten sah","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"193] Einige Bemerkungen \u00fcber die rothen Ruitk\u00f6rberchen. 189\nund dieselbe als Zeichen einer lebendigen Contraclilil\u00e4l betrachtet. Es gen\u00fcgt aber das einfache Aufbringen auf das Ob-jectghischen ; die Ver\u00e4nderungen der Umgebung sind ausreichend, um den Zustand der K\u00f6rperchen so umzuwandeln, dass sie die eigent\u00fcmliche Form annahmen, von weichereine R\u00fcckkehr zur normalen Gestalt nicht wahrgenominen wurde. Ein jedenfalls analoges Verhalten der Blutk\u00f6rperchen, wie hier beim Kaninchen, fand Max Schultze*) bei fieberkranken Menschen, wesshalb wir zu unseren Angaben die Bemerkung hinzuf\u00fcgen wollen, dass wir sehr h\u00e4ufig Blut von Kaninchen verwandten, welche bereits zu anderen Versuchen gedient hallen. Man kann die Blutk\u00f6rperchen in diesen F\u00fcllen als besonders empfindlich ansehen und wird darauf hin zur Annahme gef\u00fchrt werden, \u00ablass durch das Chloroform eine zu kr\u00e4ftige Contraction bedingt und in Folge dessen der Austritt des Haemoglobin verhindert worden, um so mehr, als es uns deutlich erschien, dass die stark verkleinerten K\u00f6rperchen sich wieder etwas ausdehnen, ehe sie erblassen. DieMaulbeerformen als erste Stadien der Chloroformwirkung direct hervor zu rufen ist uns nicht gelungen, wir erhielten wohl leicht eckige Formen, aber immer trat alsbald eine Quellung der Randparlie hinzu, welche schliesslich zur Kugelgestalt f\u00fchrte. Zur contrahirenden Wirkung des Chloroform kommt noch eine Erweichung, f\u00fcr welche inan wohl mit B\u00f6ttcher die Wirkung des Sauerstoffs in Anspruch nehmen darf, da das schnelle Austreten des Haemoglobins bei Ber\u00fchrung mit der Luft schwer auf einen anderen Grund zur\u00fcckgef\u00fchrt werden kann. Wir \u00fcberzeugten uns, dass Kohlens\u00e4ure die Wirkung des Chloroform verhindert, w\u00e4hrend bei Anwesenheit von Was-sersloffgas die Ver\u00e4nderung eine langsame aber stetig fortschreitende ist.\nTrotz \u00abiieser Er\u00f6rterungen wollen wir nicht unterlassen an-zuf\u00fchren, dass B\u00f6ttcher sich auch auf andere Weise von der Existenz der Kerne \u00fcberzeugt zu haben glaubt. Einmal erhielt er die centralen Partien derS\u00e4ugelhierblulk\u00f6rperchen gef\u00e4rbt, allerdings nur nach Anwendung des Salpeters. Rosalins und zweitens nahm er auch die Kerne unmittelbar wahr in K\u00f6rperchen, die durch Chloroform erblasst waren. Unsere F\u00e4rbungsversuche fielen negativ aus und auch beim zweiten Punkte vermuthen wir\n*) Arch. f. mikrosk. Anat. I. Bad. S. 35.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190 Alexander Scrmidt und F. Schwriggek- Seidel, [194\neine optische T\u00e4uschung. Freilich sagt B\u00f6ttcher Uber die blass werdenden K\u00f6rperchen: \u00bbDann trill ein Zeitpunkt ein, wo tnan bei guter Beleuchtung in den erblassten K\u00f6rperchen einen Kern wnhrnirninl. Es ist derselbe nicht durch Lichtbrechung vorge-talischt, denn erstens ist das mit Chloroform behandelte Blutk\u00f6rperchen nicht biconcav sondern kuglig, wie sich beim Umw\u00e4lzen desselben erkennen liisst, dann aber unterscheidet sich der in demselben sichtbare Kern sehr wesentlich von der an biconcaven Blutk\u00f6rperchen bekannten centralen Schallirung. Man findet nicht bloss ein verschiedenes Verhalten des Centrums und des Randes hinsichtlich ihrer Lichtst\u00e4rke, sondern man sieht in den verkleinerten K\u00f6rperchen einen scharf kreisf\u00f6rmig begrenzten, durch eine feine Linie i^arkirlen Conlur, welcher sich erh\u00e4lt, wenn das K\u00f6rperchen weiter zerst\u00f6rt wird.\u00ab Wir glauben die Erscheinung zu kennen, auf welche sich B\u00f6ttcher beruft, aber wir konnten sie auch an anderen kuglig gewordenen K\u00f6rperchen, welche nach demselben Beobachter eigentlich nur Kerne sein k\u00f6nnen, mehr oder weniger deutlich wahrnehmen. Blutk\u00f6rperchen aus stark und anhaltend gew\u00e4ssertem Blute durch Kohlens\u00e4ure oder schwache Jodtinctur sichtbar gemacht, lassen bei starker Vergr\u00f6sserung eine mattere, centrale Partie erkennen, welche durch eine zarte Conlur von der \u00e4usseren Wand scharf abgegrenzt erscheint. Man kann unter Umst\u00e4nden sehr t\u00e4uschende Bilder erhalten, muss aber doch die Erscheinung als ein rein optisches Ph\u00e4nomen, etwa durch Fl\u00e4chenspiegelung bedingt, ansehen. Die Deutlichkeit derselben h\u00e4ngt ab von dem Grade der Verdichtung der peripherischen Schichten, je markirler die \u00e4ussere doppelt \u00e7onturirte Wand, um so sch\u00e4rfer die innere Abgrenzung. Ferner bleibt die innere Conlur der \u00e4usseren immer parallel, auch bei Einknickungen iler Wand oder bei Vergr\u00f6sserung der K\u00f6rperchen, wie mau sie unter Umst\u00e4nden durch Essigs\u00e4ure erzeugen kann und endlich findet man dieselbe Erscheinung, sogar recht deutlich, an den kleinen Vacuolen, welche mitunter in so ausgezeichnetem Grade in den Froschblutk\u00f6rperchen sich finden.\nAllen diesen gegen die Kerne der S\u00e4ugelhierblutk\u00fcrper-chen vorgebrachten Bedenken scheinen die Beobachtungen gegen\u00fcber gestellt werden zu k\u00f6nnen, welche B\u00f6ttcher in seinen nachtr\u00e4glichen Bemerkungen (Arch. Bnd.39) ver\u00f6ffentlicht bat. Blutk\u00f6rperchen der Katze in Humor aqueus vertheill, verloren","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"195] Einige Bemerkungen urer die rothen Bi.iitk\u00fcrpkrchkn. 191\nunter dein verkitteten Deckgl\u00e4sehen nach einiger Zeit nicht nur ihre F\u00e4rbung, sondern es trennte sich auch die farblose Substanz in ein scharf conturirtes Bl\u00e4schen und dos zu einem Kl\u00fcmpchen zusammengeballte Protoplasma. Ist das Bl\u00e4schen aber nothwendigerweise der Kern? Uns scheint diese Annahme nicht bewiesen, vielmehr kann man mit demselben Bechle behaupten : Aus dem Stroma ist die farblose Substanz ausgetreten, hat sich aber nicht in der Fl\u00fcssigkeit vertheilt, sondern ist als zusammenh\u00e4ngende Masse an dem nach der Entleerung kuglig zusammengezogenen Stroma haften geblieben. Mit gutem Grunde ist schon von anderer Seile darauf hingewiesen worden, dass man wohl berechtigt ist, an die etwaigen Kerne der S\u00e4ugethierblulktirperchen analoge Forderungen zu stellen, wie an die \u00fcbrigen Kerngebilde des K\u00f6rpers.*) Der einzige Weg, welcher zu einer Entscheidung noch \u00fcbrig bliebe, w\u00e4re der, durch Verfolgen der EntwicklungsVorg\u00e4nge nachzuweisen, dass aus den urspr\u00fcnglich vorhandenen Kernen durch allm\u00e4hlige Umwandlung Gebilde hervorgegungen sind, welche durch ihr Verhallen gegen die gebr\u00e4uchlichen Reagen-tien ihren fr\u00fcheren Zustand nicht mehr verrathen. Die hierher geh\u00f6rigen Beobachtungen von Klebs \u00fcber die Umwandlung der Kerne der rothen Blutk\u00f6rperchen bei Leukaemischen sprechen aber, wie ersichtlich, auch nicht f\u00fcr die Annahme von Kernen in der Hauptmasse der Blutk\u00f6rperchen gesunder Menschen. \u2014 li\u00f6ttcher nennt seine Kerne \u00bbscheibenf\u00f6rmig\u00ab, wir fanden die Blulk\u00f6rperchenresle stets kuglig. H\u00e4tten sie wirklich er-slere Form, so m\u00fcsste man dieselben trotz aller Zartheit in kug-ligen K\u00f6rperchen wahrzunehmen im Stande sein, sobald sie sich auf der hohen Kante stehend pr\u00e4sentirten. Hierzu kommt noch, dass die Annahme einer Scheibenform fast geboten'erscheint, wenn man das Kugligwerden der Blutk\u00f6rperchen genauer verfolgt. \u2014 F\u00fcr gew\u00f6hnlich denkt man sich diesen Vorgang so, dass sich dio centrale Depression aufbl\u00fchl. Kneutlinger z. B. l\u00e4sst an der Stelle der Depression die obere und untere Wand durch Proloplasmaf\u00e4den vereinigt sein; zerreissen dieselben, so geht die Biscuitform in die Kugel \u00fcber.**) Die Verh\u00e4ltnisse sind jedoch sicher andere und in ihrer Eigenlh\u00fcm-\n*) Vergl. aucli Heule, Jahrasber. f. 1866. S. \u00ce5.\n**) Zur Hislologie des Blules W\u00fcrzburg 1865. S \u00ce\u00cf.","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192 Alexander Schmidt und P. Schweigger-Seidel, [196\nlichkcil wohl zumeist desshalb Obersehen worden, weil bei den gew\u00f6hnlichen Verfahrnngsweisen die Veriinderungen viel zu schnell verlaufen. [Jm diesem Fehler abzuhclfen hat inan nur n\u00f6thig die Blutk\u00f6rperchen entweder resistenter zu machen, oder die Einwirkung der verschiedenen Agentien geh\u00f6rig zu modernen. Was zun\u00e4chst das Chloroform anbelnngt, so ist schwer immer die gerade n\u00f6lhige Menge des Zusatzes zu treffen. Nimmt man jedoch Blut, dem Kochsalz in L\u00f6sung von 1\u20142 Procent zugesetzl worden und l\u00f6ssl alsdann Chloroformdampf in massigen Quantit\u00e4ten auf die K\u00f6rperchen wirken, so sieht man zuerst die Randpartien quellen. Die Scheiben werden zu breiten Ringen mit centraler heller Partie, deren Mitte wiederum mitunter deutlich als ein abgegrenzler sei allirter Fleck erscheint (Lichteffecl, s. fr\u00fcher). Alsdann verbreitet sich der Ring immer mehr auf Kosten des Centrums, die glanzenden K\u00f6rperchen erscheinen wie mit einer feinen Nadel durchstochen, das scheinbare Loch wird zu einem malten Punkte, bis auch dieser schwindet, und die etwas abgeplattete oder vollst\u00e4ndige Kugel durch Abgabe des Haemoglobins erblasst. Beim Beginne der Einwirkung nimmt die helle centrale Partie auch wohl eine eckige Form an. Ganz ebenso gestaltet sich der Vorgang, wenn man einem Blutpr\u00e4parale ein Gemisch von Kochsalz (2 Procent) und Essigs\u00e4ure (*/2 Procent) zufliessen l\u00e4sst. Bei Seitenlage der K\u00f6rperchen bemerkt man die Biscuilform in die Form einer bauchigen 8 \u00fcbergehen, die beiden in der Milte zusammenh\u00e4ngenden Kreise werden immer gr\u00f6sser und legen sich mehr und mehr aneinander, bis sie sich zu einem K\u00f6rperchen vereinigen. Ein etwas anderes Bild erhalt man nat\u00fcrlich, wenn die depri-mirte Stelle von vornherein mehr excenlrisch lag, es quillt alsdann haupts\u00e4chlich nur ein halbmondf\u00f6rmiges St\u00fcck und solche K\u00f6rperchen m\u00f6gen bei der Seitenansicht Veranlassung zur Aufstellung der Backscb\u00fcsselform gegeben haben, welche man sich dadurch entstanden dachte, dass die centrale Depression nur an der einen Seite losgelassen. \u2014 Je nachdem man das Ver-hallniss zwischen Kochsalz und Essigs\u00e4ure \u00e4ndert, wird man den Process schneller oder langsamer verlaufen sehen, aber auch mit Essigs\u00e4ure allein kann man die verschiedenen Ueber\u2014 gange aus der Scheibenform in die Kugelgestalt verfolgen, nur darf man die S\u00e4ure nicht mit Wasser vermischt dem Blute direct zusetzen, weil man sonst die Wasserwirkung mit der der Essig-","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"197] Einige Bemerkungen \u00fcurr die rotiien Blutk\u00f6rperchen. 193\ns\u00e4ure combinirt erh\u00e4lt. Bringt man dagegen 1 oder 2 Tropfen einer Essigs\u00e4ure von etwa 1 Procent in eine Glaskarnmer und h\u00e4ngt eine dtlnne Blutschicht dar\u00fcber, sodass die S\u00e4uro nur in Dampfform mit derselben in Ber\u00fchrung treten kann, so hat man Gelegenheit auch hier deutlich zu constatiren, dass sich die centrale Depression nicht aufbl\u00e4ht, sondern dass die quellenden R\u00e4nder der Scheiben sich Uber die Mitte her\u00fcber w\u00f6lben und schliesslich mit einander verschmelzen.\nAuffallen kann eine derartige Verschmelzung nicht, da das Vorkommen einer dazu nolhwendigen Erweichung der Blutk\u00f6rperchensubstanz schon durch anderweitige Beobachtungen bekannt ist. Wir unterlassen es (lesshalb auch allgemeine Er\u00f6rterungen an diese Erscheinung zu kn\u00fcpfen, sondern heben nur als beinerkenswerlh hervor, dass einzig die haeinoglobinhaltige Randschicht aufquillt, w\u00e4hrend anderseits die Erweichung sich auch auf das Centrum erstrecken muss, da man schliesslich ein einfaches K\u00f6rperchen, ohne innere Ditferenzirung der Substanz erh\u00e4lt. \u2014\nWir gehen jetzt noch auf einige anderweitige Beobachtungen ein. Bringt man Blut in d\u00fcnner Schicht Uber eine w\u00e4ssrige L\u00f6sung von Ueberosmiums\u00e4ure, sodass die fl\u00fcchtige Substanz zu den K\u00f6rperchen treten kann, so erh\u00e4rten dieselben, ohne ihre Form und Farbe wesentlich zu ver\u00e4ndern. Vor allen behalten die S\u00e4ugelhierblutk\u00f6rperehen ihre centrale Depression, werden aber so resistent, dass man sie lange Zeit in Wasser oder Glycerin unver\u00e4ndert zu erhalten vermag und dadurch in den Stand gesetzt ist, sich gute Conservirungspr\u00e4parate anzufertigen. Eine \u00e4hnliche Erh\u00e4rtung tritt ein bei vorsichtiger Anwendung von Jodd\u00e4mpfen, wenn man \u00dflulschichlen Uber Wasser bringt, dem etwas Jodlinctur zugesetzl worden. Nur macht sich hier neben einer gewissen Formver\u00e4nderung auch die Jodfarbe leicht bemerkbar, sowie ein k\u00f6rniger Niederschlag im Serum st\u00f6rend wirkt. Bei der Ueberosmiums\u00e4ure gerinnt das Serum gleichfalls, l\u00f6st sich jedoch mit br\u00e4unlicher Farbe im Wasser wieder auf. Wie fest auch die K\u00f6rperchen durch diese beiden Mittel geworden zu sein scheinen, so kann man sie durch Essigs\u00e4ure doch zur Quellung bringen und zwar in betr\u00e4chtlichem Grade. S\u00e4ugethierblutk\u00f6rperchen sahen wir einen Durchmesser von 0,02 Mm. erreichen und im Froschblute die Zellen bei einer Breite von 0,03 Mm. 0,05 Mm. lang werden.\n13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194- Alexander Schmidt und F. Schweigge:r-Sbidel, [198\nBei letzteren nehmen die Kerne keinen hervorragenden Antheil an der Quellung, bei ersleren aber sahen wir auch nicht die Spur einer besonders gearteten centralen Partie hervortreten. In Carminl\u00f6sung bleiben die mit Ueherosmiums\u00e4ure behandelten Blutk\u00f6rperchen unver\u00e4ndert; setzt man jedoch eine geringe Menge von Essigstiure zu einem Pritparale in Carmin, so tritt der Farbstoff sofort in die K\u00f6rperchen Uber. Die leicht quellenden Blutk\u00f6rperchen nehmen das Carmin auf und halten es fest.*) Beim Froschblut f\u00e4rbt sich bei vorsichtigem Verfahren besonders der Kern in ausgezeichneter Weise, die S\u00e4ugethierblutk\u00f6rper-chen dagegen werden im Ganzen gef\u00e4rbt, ja es bleibt die d\u00fcnnere Mitte bei weniger intensiver Wirkung ganz frei von Farbstoff.\nFassen wir die bisher besprochenen Erscheinungen zusammen, so lassen sie sich unserer Ansicht nach s\u00e4mmtlich mit der Annahme vereinigen, dass die Blutk\u00f6rperchen im Allgemeinen bestehen aus einem Stroma und den in dasselbe eingelagerlen Substanzen, Bestandtheile, welche Br\u00fccke in seiner neuesten Arbeit Uber die Amphibienblutk\u00f6rperchen als Oikoid und Zooid einander gegen\u00fcber gestellt hat. Die Verbindung beider ist unter gew\u00f6hnlichen Verh\u00e4ltnissen eine derartige, dass sie durch verschiedene Einwirkungen leicht von einander getrennt werden k\u00f6nnen. Hat jedoch eine Verdichtung dif.r Masse der Blutk\u00f6rperchen stallgefunden, etwa durch Ueberosmiums\u00e4ure, sind dadurch die Bedingungen einer Losl\u00f6sung erschwert oder aufgehoben, so wird die quellungsf\u00e4hige Substanz das Stroma ausdehnen und zur Bildung der erw\u00e4hnten sein grossen Scheiben Veranlassung geben k\u00f6nnen.\nEs wird w\u00fcnschenswert!) sein, bei weiteren Untersuchungen darauf zu achten, ob die angewcndelen Mittel auf einen I heil der Blutk\u00f6rperchensubstanz allein oder auf beide zugleich einwirken. Einiges ergiebt sich bereits aus dem Vorgebrach len. Wir wollen hier nur noch der Kohlens\u00e4ure gedenken, um den Unterschied hervorzuheben, den ihr gegen\u00fcber S\u00e4ugethier- und Amphibienblut zeigen. Leitet man durch gew\u00e4ssertes Blut Kohlens\u00e4ure, so entsteht bekanntlich ein feink\u00f6rniger Niederschlag, und dieser ist beim Froschblule viel betr\u00e4chtlicher, als bei dem\n*) Vielleicht gestattet diese Beobachtung einen Schluss auf das Wesen der Carrninwirkung \u00fcberhaupt.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"4 99] EliS\u2019IGK BEMERKUNGEN \u00dcBER DIE ROTHEN BLUTK\u00d6RPERCHEN. 195\neines S\u00e4ugethieres. L\u00e4sst man zu verd\u00fcnntem Froschblute unter dem Mikroskope Kohlens\u00e4ure treten, so sieht man den Niederschlag in den K\u00f6rperchen selbst entstehen und \u00fcberzeugt sich auch von einer Betheiligung des Kernes, welcher sich verkleinert, dunkeier wird und K\u00f6rnchen einschliesst. ln den Blutk\u00f6rperchen der S\u00e4ugethiere beobachtet man bei derselben Behandlung keine Tr\u00fcbung. Ganz ebenso verh\u00e4lt sich, wie gleichfalls bekannt, die Essigs\u00e4ure, indem ihre D\u00e4mpfe in Froschblutk\u00f6rperchen anfangs einen betr\u00e4chtlichen Niederschlag erzeugen, in denen der S\u00e4ugelhiere dagegen nicht, und kann man hieraus den Schluss ziehen, dass die S\u00e4ugethierblulk\u00f6rperchen eine Substanz gar nicht oder wenigstens in weil geringerem Maasse enthalten, als dies bei den Froschblutk\u00f6rperchen der Fall ist. Diese Substanz ist das Globulin resp. Paraglobulin. \u2014\nZum Schl\u00fcsse fuhren wir noch kurz unsere Erfahrungen an Uber das Verhallen der Blutk\u00f6rperchen im luftleeren Baume. Un) dasselbe einer direclen Beobachtung zug\u00e4ngig zu machen, Hessen wir uns einen breitwandigen, abgeschliffenen Metallring mit Zu- und Abflussrohr anfertigen, kitteten denselben auf eine Glasplatte und bedeckten ihn unter Zuh\u00fclfenahme von Talg mit einem die Blutschicht tragenden Deckgl\u00e4schen. Das eine Rohr wurde alsdann durch einen Gummischlauch mit der Ludwig\u2019-sehen Quecksilberpumpe in Verbindung gesetzt, das andere diente zum AnfUgen einer Barometerprobe. Wie diese uns zeigte schloss unser Apparat gut, wir konnten einen ann\u00e4hernd luftleeren Raum erzeugen. Unter dem Mikroskop wurde zun\u00e4chst der Zustand der Blutk\u00f6rperchen untersucht, dann pl\u00f6tzlich durch Oeffnen eines Quetschhahnes die Verbindung der Kammer mit der bereits vorher luftleer gemachten Glaskugel hergeslellt und nun wieder die Blutk\u00f6rperchen aufgesucht, welche durch eine Einbiegung des Deckgl\u00e4schens ausser Gesicht gekommen waren. Weder beim Frosche noch bei S\u00e4uge-tbieren konnten wir irgend welche Formver\u00e4nderung der Blutk\u00f6rperchen vvahrnehmen, nur nach einiger Zeit fingen sie an ihren Farbstoff abzugeben, vielleicht desshalb, weil wir, um die Austrocknung zu vermeiden, in die Kammer etwas Wasser ein-gebraoht hatten. Die Versuche mit diesem Apparate werden sich ersichtlich mannigfach variiren lassen, wir begn\u00fcgen uns f\u00fcr jetzt damit zu constaliren, dass die Blutk\u00f6rperchen im luftleeren R\u00e4ume zun\u00e4chst keine Ver\u00e4nderungen wahrnehmen lassen.\n---------- 43*","page":195}],"identifier":"lit1350","issued":"1867","language":"de","pages":"186-195","startpages":"186","title":"Einige Bemerkungen \u00fcber die rothen Blutk\u00f6rperchen","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:09:57.140945+00:00"}