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{"created":"2022-01-31T14:01:34.910170+00:00","id":"lit1353","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Dogiel, Johann","role":"author"},{"name":"Carl Ludwig","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 78-85","fulltext":[{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dfiii neuer Versuch \u00fcber den ersten Herzton.\nVon\nJ. Dogiel und C. Ludwig.\nDie Annahme, dass der erste Herzton im Wesentlichen als ein Muskelger\u00e4usch anzusehen sei, findet, wie uns scheint, nur darum noch h\u00e4ufigen Widerspruch, weil zu ihrem Beweise ein tadelfreier Versuch fehlt. Zu einem solchen w\u00fcrde geh\u00f6ren, dass der erste Ton noch deutlich h\u00f6rbar sei an einem Herzen, das I. eine weit geringere Blulmenge enth\u00e4lt als n\u00f6thig, um die ven\u00f6sen Klappen desselben zu entwickeln oder zu spannen, das 2. bei seinen Bewegungen keine Luft aufnehmen kann, weil die s\u00e4mmllichen aus den Vorh\u00f6fen und Kammern hervorgehenden Gef\u00e4sse zugebunden sind, und das 3. in dem Apparat, welcher den Schall zuin Ohr leitet, so aufgeh\u00e4ngt ist, dass durch die Kninmerconlraclion kein ger\u00e4uscherzeugender Stoss bedingt wird.\nDiese Bedingungen haben wir auf folgende Weise herbei-gef\u00fclirl : Rin starker Hund, der mit Curare vergiftet war, wurde durch k\u00fcnstliche Athmung am Leben erhalten und ihm auf bekannte Weise die Brusth\u00f6hle er\u00f6ffnet: dann wurden s\u00fcmmtliche aus dem Herzen hervorkommende Venen- und Arterienst\u00fcmme freigelegt und unmittelbar an ihrem Austritt um jeden derselben ein starker Faden geschlungen. Nachdem die Vorbereitung so weit gediehen, wurden die angelegten F\u00e4den bis zur vollst\u00e4ndigen Versehliessung des betreffenden Gef\u00e4sscs zugeschn\u00fcrl. Die Unterbindung geschah in der nachstehenden Reihenfolge. Zuerst an der obern llohlvcne, wobei nat\u00fcrlich die vena azygos,\n... Herzen aus gerechnet, jenseits der Ligatur lag, dann die\nliniere llohlvene, darauf die Lungcnarlerie, dann \u00ablie beiden Lungenvenen an den Lungenwurzeln, und endlich, nachdem durch einen sanften Druck das linke Herz m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"901 Ein neuer Versvcii \u00fcber den ersten Herzton.\n79\nentleert war, die Aorta. Darauf wurden jenseits der Ligaturen die Gefiisse durcligeschnitten und das Herz zuweilen noch in Verbindung mit den Lungen rasch heraus genommen und augenblicklich in den schnlllcilcnden Apparat gehilngt.\nDieser letztere bestand, wie der beistehende Holzschnitt zeigt, aus einem abgesprenglen und ahgesehlillcnen Glas-\nkolben von entsprechender Grlisse. Die breite offene Basis desselben aa war nach oben gerichtet, die M\u00fcndung des kurzen Halses war mit einer d\u00fcnnen Kautschukplalte b verschlossen ; an diesen Hals schloss sich mittelst der Kaulschuk-r\u00f6hre c ein Glasrohr d an, Uber dessen unteren ausgezogenen Tlieil das Kautschukrohr eines Stethoscopes von K\u00f6nig gesteckt wurde. Bevor das Herz in den Raum an hineingebrachl wurd.e, war dieser schon mit defibrinirtem Blut, welches einem andern Thier entzogen war, angefullt, und bei dem Eintauchen ward daf\u00fcr gesorgt, dass keine Luftblasen im Blut und an der llerzwand zur\u00fcckblicben, und ferner daf\u00fcr, dass das Herz die Wand des Glasgefiisses nirgends ber\u00fchrte. Sowie der Versuch bis zu diesem Punkt gediehen war, konnte ein Beobachter mit H\u00fclfe des Riihrchens e die T\u00f6ne, welche sich jetzt noch h\u00f6ren Messen, wahrnehmen.\nBevor wir das, was zu h\u00f6ren war, beschreiben, m\u00fcssen wir erwiilmen, dass es uns trotz gr\u00f6sster Sorgfalt niemals gelungen ist, ein vollkommen blutfreies Herz f\u00fcr den Versuch zu gewinnen. Der rechte sowohl wie der linke Ventrikel zeigten sich jedesmal bei der Obduction noch mit einem merklichen","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nJ. Dogifi. und C. Ludwig,\n[91\nHIiilrcst behaftet, sellisl wenn sie w\u00fchrend des Versuchs den Anschein vollkoniniener Bliilleere dnrboten. Da diearleria pul-monalis und die arteria aorla noch mehrere krUftigc Conlractio-nen ausgef\u00fchrt halten, nachdem ihre blutzuf\u00fchrenden Venen unterbunden waren, so gewinnt es darnach den Anschein, als ob sich die Kainmerh\u00f6hlen nicht mehr vollst\u00e4ndig in die Arterie zu entleeren vermischten, wenn sich diu Venenklappen aus Mangel an spannendem Blut nicht mehr zu stellen verm\u00f6gen. So w\u00fcnschenswert!) eine weitere Verfolgung dieser Erscheinung ist, so wenig kann dieselbe als eine f\u00fcr unsern Zweck st\u00f6rende angesehen werden. In einigen F\u00fcllen haben wir die im Herzen restirende Blulmcnge gemessen und mit denjenigen verglichen, welche nolhwendig waren, um eine Entfaltung der Venenklappen an der linken Kammer herbeizuf\u00fchren. Hierbei stellte sich heraus, dass die restirende Menge um das Vier- bis Zwanzigfache geringer war als diejenige, welche der Ventrikel zur Stellung der Zipfelklappen n\u00f6lhig halle. Demnach konnte die Rlulnienge, welche das ausgeschnittene Herz noch fasste, in keiner Weise zur Klappenspannung gen\u00fcgen; dass dieses auch bei den Herzen, in denen wir keine \u00fchnlichen Bestimmungen ausgef\u00fchrt haben, unm\u00f6glich war, ging ohne Weiteres aus dem zusammengefallenen Ansehen derselben hervor, welches sie in der Diastole darboten.\nDie Contraction der Kammern, welche das ausgeschnittene Herz selten liissl, erstrecken sich entweder gleichzeitig auf alle St\u00fccke derselben und sind dann normal und kr\u00fcftig, oder sie erfolgen nicht gleichzeitig in allen Muskelpartien, sondern laufen peristallisch ab. Die erste Art der Zusammenziehung wollen wir als Schlag, die zweite als Gew\u00fchl bezeichnen.\nNat\u00fcrlich gl\u00fccken nicht alle Versuche; verf\u00fchrt man jedoch mit den Unterbindungen rasch und nimmt man sie erst vor, nachdem die Brusth\u00f6hle 20\u201430 Minuten bei bestehendem Lufteinblasen er\u00f6ffnet war. so gelingen weitaus die meisten derBe-obachl ungen.\nDa das ausgeschnittene Herz sehr unrcgelmUssig schl\u00fcgt, so kann man diesen Umstand benutzen, um sich vor weitern Tiluschiingen sicher zu stellen. Man l\u00fcssl den Beobachter, in dessen Ohr das Kautschukrohr austn\u00fcndel, mit abgewendetem Gesicht die Schl\u00fcge zilhlen, welche er h\u00f6rt, w\u00fchrend dess ein andrer Beobachter sich durch die Betrachtung des Herzens","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"92] Ein neuer Versuch Crer den ersten Herzton. 81\n\u00dcberzeugt, ob die gesehenen mit den geh\u00f6rten Schl\u00fcgen \u00fcber-einslimmen.\nAuf diese Weise h\u00fcben wir Heide uns davon vergewissert, dass das ausgeschnittene nahezu blutleere Herz w\u00e4hrend der Zusairuncnziehung seiner Kammern einen Ton hervorbringt, welcher, soweit unser Unterscheidungsverm\u00f6gen reichte, nicht wesentlich von dem verschieden ist, den die Kammer-Systole des lebenden Hundeherzens erzeugt. Dieses trifft jedoch nur dann ein, wenn die Bewegung des ausgeschnittenen Herzens eine schlagende ist. Tritt statt ihrer das Kammerfleisch in die w\u00fchlende Bewegung, so verwandelt sich das, was man h\u00f6rt, in ein summendes Ger\u00e4usch.\nDie Herren Professoren 0. Funke und Schweigger-Seidel haben die G\u00fcte gehabt, die von uns gewonnenen Resultate zu pr\u00fcfen und dabei unsern Befund best\u00e4tigt. Trotzdem hielten wir es f\u00fcr gerathen, eine Best\u00e4tigung durch ein sehr ge\u00fcbtes Ohr zu erhalten. Wir ersuchten deshalb Herrn Dr. L. Thomas, sich an unsern Versuchen zu beiheiligen und sich schriftlich \u00fcber das, was er geh\u00f6rt h\u00e4tte, auszusprechen. Herr Dr. Thomas hatte die G\u00fcte, unserm Wunsche zu entsprechen und uns namentlich die Erlaubniss zu ortheilen, die folgenden von ihm niedergeschriebenen Zeilen ver\u00f6ffentlichen zu d\u00fcrfen. Wir legen selbstverst\u00e4ndlich auf das Urtheil dieses ausgezeichneten Fachmannes einen grossen Werth. \u2014 Zu den drei Beobachtungen, welche Herr Dr. Thomas erw\u00e4hnt, m\u00fcssen wir bemerken, dass in der ersten derselben das Herz nicht mehr schlug, nachdem dieses in das Blut des Glaskolbens eingelauchl war, sondern dass seine Muskeln nur noch die w\u00fchlende Bewegung darboten ; in den beiden andern Versuchen schlug das Herz innerhalb des Blutgef\u00e4sses anfangs noch kr\u00e4ftig,-dann aber ging es, wie immer, in das Muskelgew\u00fchl Uber.\n\u00bbBeim ersten Versuch h\u00f6rte ich ausser einem undeutlichen Summen, welches in unregolm\u00e4ssiger Weise wiederkehrte, nichts Auffallendes.\n\u00bbBeim zweiten Versuch (27. M\u00e4rz) h\u00f6rte ich beim Eintauchen des Herzens sofort und sehr deutlich eine Reihe von ungef\u00e4hr dreissig verhUltnissm\u00e4ssig lauten einfachen \u00bbT\u00f6nen\u00ab. Die Schallerscheinung war kurz und scharf abgeschlossen, eine Spaltung durchaus nicht wahrzunehmen. Ihre Lautheit sch\u00e4tze ich auf die H\u00e4lfte eines normalen ersten Herzions ; ihre Frequenz\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\n.1. Dogif.i. und C. Ludwig,\n[93\nauf SO\u201490. Ziemlich pl\u00f6tzlich wurden die T\u00f6ne viel schw\u00fccher und langsamer ; sie erschienen der geringeren St\u00e4rke wegen nicht so wie fr\u00fcher von dem im Gummischlauch entstehenden Nebenger\u00e4usch begleitet, also reiner, und h\u00f6rten bald auf, um dem im ersten Versuch erwUhnten undeutlichen Summen zu weichen.\n\u00bbBeim gestrigen dritten Versuch waren anf\u00e4nglich die T\u00f6ne zwar in etwas geringerer Intensit\u00e4t, doch in v\u00f6llig gleicher Qualit\u00e4t h\u00f6rbar. Ihre Frequenz war zuerst viel betr\u00e4chtlicher als fr\u00fcher; nachdem sie langsamer geworden waren, erschienen sie wie am Schl\u00fcsse des vorgestrigen Versuchs. Zuletzt kam wieder das uncharakteristische Summen.\n\u00bbIch habe stets nur einen Ton wahrgenommen synchronise!) mit der Systole.\n\u00bbDer geholte ,Ton\u2018 hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit einem Ger\u00e4usch, welches durch Anklopfen oder auf andere Weise in dem bei der Untersuchung benutzten Glasgef\u00e4ss entstanden sein k\u00f6nnte. Insbesondere bringt Anschl\u00e4gen der Herzspitze an die Wandungen desselben eine irgend \u00e4hnliche Schall\u2014 erscheinitng nicht hervor.\n\u00bbDer Ton unterscheidet sich vom normalen ersten Herzton nur durch seine L\u00e4nge und etwas geringere Intensit\u00e4t; es erscheint der erste Herzion, zumal bei kr\u00e4ftiger Aktion \u00f6fters gespalten oder vielmehr so zu sagen leicht einfach oder doppellge-kerbl, was bei diesen Versuchen entschieden nicht der Fall war.\u00ab\nNachdem es durch die vorstehenden Versuche sicher gestellt war, dass das ausgeschnittene Herz unabh\u00e4ngig von der Klappenspannung zu einem Ton Veranlassung geben kann, entschlossen wir uns, das blutleere Herz noch zu einem andern, leichter zu handhabenden und sicherer gelingenden Versuch zu benutzen.\nDieser letztere bestand einfach darin, dass wir auf die oben beschriebene Weise das Herz des curarisirten Hundes blos-legten und die F\u00e4den, deren wir oben Erw\u00e4hnung gethan, um die Gefiisse schlangen, dann durch einen Geh\u00fclfcn die F\u00e4den in der oben bezoiclmelen Reihenfolge so lange empor heben Hessen, bis das Herz, blutleer geworden war; sowie diess geschehen, nahm ein Beobachter mittelst eines Slelhoscops, das unmittelbar auf tien Ventrikel gesetzt wurde, die Auscultation vor. Um den Ton, welcher vom Herzen selbst ausging, unabh\u00e4ngig erschei-","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"94] Ein neuer -Versuch \u00f6brr den ersten Herzton. 83\nnen zu lassen von demjenigen, welcher durch das Anscldagen der Herzmasse an das Material des Stethoscops erzeugt wurde, fertigten wir uns vier verschiedene Sorten von Stethoscopen an. Alle vier derselben hesassen ein Kautscbukrohr, das in einen kleinen Trichter auslief. Dieser letztere war an jedem von einem andern Material hergeslellt. Der eine von ihnen war das bekannte Stethoscop von Klinig, also Messing mit Kautschuk gedeckt; bei dem zweiten bestand der Trichter aus d\u00fcnnem Messing, ohne Deckung an seiner Basis; bei dem dritten aus Glas ohne Deckung, am vierten endlich, welcher aus Messing hergestellt war, war die Basis mit einer d\u00fcnnen Zinkplatte gedeckt, die an den Messingrand gel\u00f6thel war. \u2014 Beim Anschl\u00e4gen mit dem Finger gab jeder dieser Trichter einen eigenth\u00fcmlichen wohl zu unterscheidenden Klang.\nAls wir der Reihe nach die aufgezahlten Stethoscope auf das Herz anwendeten, h\u00f6rten wir zwei tonartige Ger\u00e4usche; das eine von diesen wechselte mit dem Material des angewendeten Trichters, das andere war dagegen in nlhen F\u00e4llen dasselbe. Herr Dr. Thomas, welcher auch bei einigen von diesen Versuchen uns zu unterst\u00fctzen die G\u00fcte hatte, schilderte das, was er geh\u00f6rt, durch folgende tabellarische Mittheilung.\nMaterial, welches das Herz ber\u00fchrt.\t1 in Ilcginn ; lin Verlauf |\tZu Ende der Kammercontraction.\t\t\nKautschuk\tunbestimmtes Ger\u00e4usch, ganz kurz, relativ laut\tsehr reiner Herz ton\tscharrendes gedehntes Gor\u00e4usch, vom Hcrzlon deutlich zu unterscheiden.\nMetall. Luft\tSchwaches unbestimmtes Ger\u00e4usch\tHerztondumpf, wenig stark\tschwaches dumpfes Streifen.\nGlas. Luft\tdasselbe\tllerzton deutlich hell, nicht laut\tein Hauchen neben einem hellen hohen Pfeifen.\nMetall\tnichts\tHerz ton schwach und dumpf\tunbestimmtes schwaches Streifen.\nMit dieser Bezeichnung der Empfindungen konnten wir uns ebenfalls einverstanden erkl\u00e4ren, wenn wir auch, wie es bei der unvollkommenen Bezeichnungsweise der Ger\u00e4usche nat\u00fcrlich ist, uns etwas andrer Ausdr\u00fccke bedient haben w\u00fcr.den. Dar-\n\u00f6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nJ. Dogiri. uni\u00bb C. Ludwig,\n[9\u00d6\nfilier, und (Jiess scheint uns dits Entscheidende, war jodoclt bei allen Bclhcilitten kein Zweifel, dass die in der ersten und letzten Heilte aufgefUhrlcn Nebent\u00f6ne auch durch die Ber\u00fchrung der in der ersten Heilte aufgezahlten Materialien zu Stande kanten und dass neben diesen Ger\u00e4uschen noch ein Ton von den bekannten Eigenschaften des ersten Ilerztons geh\u00f6rt wurde. Dieser letztere musste also schon innerhalb des Kammerfleisches entstanden sein, da er durch den Anstoss einer weichen Flache gegen die verschiedenen Materialien des H\u00f6rtrichters nicht hervorzubringen war.\nMit einigen leicht zu erf\u00fcllenden Vorsichlsmassregeln l\u00e4sst sich der letzterw\u00e4hnte Versuch ausserordentlich oft wiederholen und variiren. Denn wenn in Folge der einige Minuten dauernden Blutleere das Herz unregelm\u00e4ssig und schwach zu schlagen beginn^, so braucht man nur die emporgehobenen Ligaturen zu senken, damit das Blut von Neuem einige Minuten das Merz durchsetzt und dieses wieder herslellt. alsbald kann man die Ligaturen wieder anziehen und die Beobachtung am blutleeren Herzen wiederholen.\nDieses Verfahren wird auch geeignet sein, um den Unterschied des Ger\u00e4usches zu ermitteln, welchen das blutleere im Gegensatz zu dem Herzen ausgiebt, dessen H\u00f6hlen mit Blut ge-fttllt und dessen Zipfelklappen darum gespannt sind.\nW\u00e4hrend wir am ausgeschnittenen Herzen niemals etwas von dem zweiten llerzton wahrnehmen konnten, haben wir ihn mehrmals, wenn auch schwach, an dem Herzen beobachtet, das in seiner normalen Lage blutleer gemacht worden war. Auch Herr Dr. Thomas hat sich in einem Fall von derAnwesen-heit dieses zweiten Tons \u00fcberzeugen k\u00f6nnen. Sein Erscheinen verliert das Auff\u00e4llige, wenn man erw\u00e4gt, dass, wie schon fr\u00fcher bemerkt, trotz der Fadenschlingen um die Gef\u00e4sse die Herzh\u00f6hlen noch etwas Blut enthalten. Dieses d\u00fcrfte, wenn es in eine Aorta geworfen wird, die in der N\u00e4he des Herzens abgc-hunden ist, hinreichen, um die Halbmondklappen zu entfalten. Diese letztem konnten aber w\u00e4hrend der vorhergehenden Pause etwas zusammenfalleu, weil dem Inhalt des Aortenstumpfes durch diu Kranzarterien ein Ausweg gestattet war. Bei einer Wiederholung der vorstehenden Versuche wird hierauf R\u00fccksicht zu nehmen sein; l\u00e4sst man die Aorta ollen, w\u00e4hrend alle \u00fcbrigen grossen Gef\u00e4sse geschlossen sind, so wird, wie zu er-","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"061\nRin nkiikr Vkhsccii i'Bitn iikn krstkn IIerztox.\n85\nwarten, lier /.weile Ton iinmer ausbleibou, eine Annahme, von deren Richtigkeit wir uns schon (lberzougl zu haben glauben.\nEine weitere Fortsetzung der vorstehenden Versuche haben wir unterlassen, da wir der Ueberzeugung sind, dass sie erfolgreicher von Andern weiter gef\u00fchrt worden kennen, welche besser als wir im Auffassen der Herzt\u00f6ne ge\u00fcbt sind. Uns hat es gen\u00fcgt, eine neue St\u00fctze gew\u00e4hren zu k\u00f6nnen der zuerst von Charles Williams ausgesprochenen Behauptung, welche, wenn wir sie recht verstehen, dahin lautet: \u00bbdass dasMuskelger\u00e4usch einen wesentlichen Antlieil an der Erzeugung des ersten Herz-Ions nehme.\u00ab So gefasst, bleibt durch die vorliegenden Beobachtungen nicht ausgeschlossen, dass auch noch andere Umst\u00e4nde wie z. B. die Erzitterung der Klappen einen Beitrag zum ersten Herzton liefern. Durch Versuche an Hunden, die mit Curare beruhigt sind, wird sich dieses von einem ge\u00fcbteren Ohr leicht ermitteln lassen.\nIn obigen Zeilen wurde wiederholt der Ton, welchen das ausgeschnittene blutleere Herz erzeugte, als ein Muskelton bezeichnet. In der That scheint die Berechtigung zu diesem Ausdruck auf dem Wege der Exclusion gef\u00fchrt zu sein. Welch andrer Umstand k\u00f6nnte noch lorierzeugend wirken? Gesetzt, man anerkenne aber in dem ersten Herzlon einen Muskelton, so w\u00fcrde es immor fraglich bleiben, ob dieser seiner Entstehung nach mit den Ger\u00e4uschen oder T\u00f6nen in Parallele gesetzt werden d\u00fcrfe, welche in tetanisch erregten Muskeln entstehen. Bekanntlich beg\u00fcnstigen die in. der neuern Zeit bekannt gewordenen Thatsachen die Unterstellung, dass die Systole der Kammern eine einfache Zuckung sei ; bei einer solchen w\u00e4re also von einer Reihe rasch aufeinander folgender St\u00f6sse nicht die Rede, die, wie Helmholtz zeigte, die H\u00f6he des Tons bestimmen, der vom tetanisirten Muskel ausgeht. Kaum wird es der Erw\u00e4hnung bed\u00fcrfen, dass auch ohne eine Reihe rasch ablaufender Erregungssl\u00f6sse ein System von Fasern, wie das des Herzens, das sich so pl\u00f6tzlich spannt und so vielfach verschlungen ist, T\u00f6ne oder Ger\u00e4usche voranlasson kann.","page":85}],"identifier":"lit1353","issued":"1868","language":"de","pages":"78-85","startpages":"78","title":"Ein neuer Versuch \u00fcber den ersten Herzton","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:01:34.910176+00:00"}