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Untersuchungen über einige Giftwirkungen am Froschherzen

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{"created":"2022-01-31T12:56:51.646565+00:00","id":"lit1368","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Schmiedeberg, Oswald","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 41-52","fulltext":[{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber einige Giftwirkungen am Froschherzen.\nVon\nDr. O. Schiniedcboig.\nDie von mir und Koppe angeslellten Vergiftungsversuche mit dem Muscarin ') haben unter anderem ergeben, dass die kleinsten Mengen dieses Giftes einen diastolischen Herzstillstand bei Fr\u00f6schen herbeifuhren, ohne die Erregbarkeit des Herzens zu vernichten, dass dieser Stillstand ohne anderweitige Eingriffe auf das Herz ein dauernder ist, aber durch geringe Bruchtheile eines Milligr. Atropin, die man dem Thiere subculan injicirt, vollst\u00e4ndig wieder aufgehoben werden kann, worauf weitere Quantit\u00e4ten von Muscarin wirkungslos bleiben. Letzteres findet von vornherein statt, wenn die Injection des Atropins der des Muscarins vorausgegangen ist. Da die Wirkung kleiner Mengen von Atropin auf das Herz sich darin \u00e4ussert, dass weder durch elektrische Heizung des Vagusstammes noch des Venensinus ein diastolischer Stillstand des Herzens oder auch nur eine Verlangsamung seiner Schl\u00e4ge erzeugt werden kann, dass demnach die Theile, deren elektrische Erregung jeno Ilemmungswirkung hervorruft, durch dieses Gift gel\u00e4hmt werden, so schlossen wir, dass die Wirkung des Muscarins eine entgegengesetzte sei, d. h. dass es sich um eine Erregung derselben Theile handle, die\n4) Das Muscarin, das giftige Alkaloid des Fliegenpilzes. Leipzig 4 8(10.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\tDu. 0. SciiMiiinuMiiiG,\t[till\n\u2022 lurch dns Atropin gel\u00e4hmt wordtn und deren elektrische Erregung den diastolischen Herzstillstand hervorruft.\nIm Anschluss an diese Thatsachen war es von Interesse, andere auf das Herz wirkende Gifte in \u00e4hnlicher Richtung zu untersuchen. Vor allen verdiente das Nicotin in dieser Beziehung eiue besondere Aufmerksamkeit. Nach den Untersuchungen von Traube *) und Rosenthal1 2) erzeugt dieses Gift eine vor\u00fcbergehende Erregung der Vagusendigungen, die zum Stillstand des Herzens fuhren kann, bald aber einer L\u00e4hmung jener Theile Platz macht, so dass die st\u00e4rkste galvanische Reizung des Vagus nicht mehr im Stande ist, die Ilerzbcwegungen zu sistiren oder auch nur zu verlangsamen. Es galt zun\u00e4chst zu untersuchen, ob das Atropin zu der anf\u00e4nglichen erregenden Wirkung des Nicotins auf die Vagusendigungen in einem \u00e4hnlichen Antagonismus stehe, wie zu der des Muscarins, und ob die spllter folgende l\u00e4hmende Wirkung des Nicotins die erregende des Muscarins aufzuheben im Stande sei, d. h. ob das Nicotin im ersten Stadium seiner Wirkung sich wie das Muscarin, im zweiten wie das Atropin verhalte. Es fragte sich ferner, warum auf die anf\u00e4ngliche, durch das Nicotin bedingte Erregung der Vagusendi-gungen so rasch eine L\u00e4hmung derselben folgt, w\u00e4hrend das Muscarin einen dauernden Zustand der Erregung unterh\u00e4lt.\nDie zur Entscheidung dieser Fragen dienenden Versuche sind von mir und Dr. II. Truhart gemeinschaftlich angestellt und von letzterem mit anderen Untersuchungen \u00fcber die Nicotinwirkung in seiner Inauguraldissertation3) milgelheilt. Die sp\u00e4teren Erg\u00e4nzungen und Erweiterungen sind von mir zum Tlieil im physiologischen Laboratorium des Herrn Prof. Ludwig aus-gef\u00fchrt.\nWas die erregende Wirkung des Nicotins auf die Vagus-emligmigen belrill't, so kommt dieselbe nur nach Anwendung sehr kleiner Mengen des Giftes zur Wahrnehmung. Unmittelbar nach der Injection von '/s\u2014Milligr. Nicotin beginnt die Zahl der llerzronlraelionoii abzunehmen, und in kurzer Zeit tritt diastolischer Stillstand des Herzens ein, der indess h\u00f6chstens 1 \u2014 I '/2 Min. anh\u00fcll, worauf von neuem Pulsationen sich einslellen,\n1)\tMod. Centralzlg. 1863.\n2)\tMod Centrntbl. 1863.\n3)\tEin Beitrag zur Nicolinwirkung. Oiss. Dorpat, 1869.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"l.'lSj UnTRIISIICII. \u00dcB. KINKilS GlFTWIRKlINGKN AM FrOSCIIIIKUZKN. 43\nwelche bald die vor der Injection des Giftes gefundene Zahl erreichen1). Hat man vor der Application des Nicotins dem Thiere Spuren von Atropin beigebracht, so kommt in keinem Falle dieser Stillstand zu Stande; das Herz schl\u00fcgt bei kleinen Gaben unver\u00e4ndert fort, bei gr\u00f6sseren tritt allm\u00fclig eine Abnahme der Zahl der Pulsationen ein, wie das auch ohne Anwendung von Atropin der Fall zu sein pflegt, aber erst lange nachdem auf die urspr\u00fcngliche Erregung die L\u00e4hmung des Vagus gefolgt ist. Es ist daher diese Verminderung der Pulsfrequenz, die zuerst von Traube beobachtet ist, nicht mit jener durch die Vaguserregung bedingten zu verwechseln.\nEs verhalt sich daher das Nicotin in kleinen Gaben und im ersten Stadium seiner Wirkung wie das Muscarin; es bringt einen diastolischen Herzstillstand hervor, der nach der L\u00e4hmung der Hcmmungsvorrichlungen durch das Atropin ausbleibt. Auch nach der L\u00e4hmung des Vagus durch Curare konnte Rosenthal durch das Nicotin keinen Stillstand hervorrufen. Ua der durch das Nicotin erzeugte Herzstillstand von so kurzer Dauer ist, so lasst sich die Pr\u00fcfung der antagonistischen Wirkung des Atropins nicht umgekehrt in der Weise vornehmen , dass man wie beim Muscarin das slillslehende llerz durch Atropin wieder zum Schlagen bringt. Das llerz beginnt in Folge der nach der Erregung bald eintrelenden L\u00e4hmung des Vagus von selbst wieder zu pulsircn. Nach gr\u00f6sseren Mengen von Nicotin tritt diese L\u00fch\u2014 lining so rasch ein, dass das Herz durch die vorausgehendc Erregung nicht zum Stillstand kommt, h\u00f6chstens eine Verlangsamung der Pulszahlen sich bemerkbar macht. In einzelnen F\u00fcllen bringen selbst jene kleinen Quantit\u00e4ten sofort eine L\u00e4hmung, keinen Stillstand, zuweilen auch keine Verlangsamung hervor.\nWenn man nun, nachdem auf Anwendung von Nicotin durch die st\u00e4rkste elektrische Reizung vom Vagus .aus keine hemmende Wirkung auf das Herz mehr hervorgebracht werden kann, dem Thiere etwas Muscarin beibringt, so kommt das llerz dennoch zum Stillstand, der ein dauernder ist und durch Atropin wieder aufgehoben werden kann ; kurz das Herz, an dem durch Nicotin die Vagusendigungen gel\u00fchmt sind, verh\u00fcll sich dem Muscarin gegen\u00fcber wie ein normales. Dies f\u00fchrt unmittelbar\n1) Vorgl. Truharl a. \u00bb. 0.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nDll. O. ScillWIKnKIlKKG,\n[133\nzu lier Schlussfolgerung, \u00ablass (lurch das Nicotin andern Tlicilc des Vatins gel\u00e4hmt werden, als durch das Atropin, und dass \u00ablies\u00ab dem Stamme des Vagus naher liegen als jene, auf welche das Atropin wirkt, da durch das Muscarin, nicht aber durch elektrische Heizung des Nervenslninmes ein diastolischer Herzstillstand erzeugt werden kann, ln gleicher Weise wie durch das Muscarin lasst sich durch elektrische Heizung des Venensinus am nicolinisirlen Herzen ein Stillstand hervorrufen, wie es zuerst von A. li. Meyer ') beobachtet ist. Die eigentlichen llemmungsvorrichlungen im Herzen werden also durch das Nicotin nicht gelahmt, nur die Zuleitung der Erregung vom Stamme her wird unterbrochen , indem die vor jenen Vorrichtungen liegenden Theilo unerregbar werden. Hierbei kann es sich entweder um eine L\u00e4hmung der im Stamme des Vagus verlaufenden llemmungsfasern selbst oder solcher Thoile dieses Nerven handeln, die sowohl von jenen Vorrichtungen, auf welche das Atropin wirkt, als auch von den eigentlichen Fasern verschieden sind. F.s lasst sich erweisen, dass in der Thal letzteres der Fall ist, dass dagegen die Nervenfasern selbst nicht afficirl werden. Wie weiter unten gezeigt werden wird, verlaufen im Stamm des Froschvagus neben den llemmungsfasern noch solche, deren Heizung eine Zunahme der Pulsfrequenz bedingt und die selbst durch grosse Gaben von Nicotin nicht gelahmt werden. Da nun speeilisch verschiedene Arten von Nervenfasern nicht angenom-men werden k\u00f6nnen, so l\u00e4sst sich scldiessen, dass auch die hemmendem Fasern im Vagus durch das Nicotin nicht gel\u00e4hmt werden, dass sich vielmehr die Wirkung dieses Giftes auf Theilo erstreckt, die von den Nervenfasern verschieden sind und vorl\u00e4ufig als Zwischenapparate betrachtet werden k\u00f6nnen, die den Zusammenhang des Endapparalcs mit den Vagusfasern vermitteln. Dass letztere nicht gel\u00e4hmt worden, l\u00e4sst sich auch direct dadurch erweisen, dass bei den unten erw\u00e4hnten Versuchen am CdiiIh'sehen Ilerz-Vaguspr\u00e4pnrnl das Gift gar nicht mit den Fasern in HcrUhrung kommt, und dass die directe Application nicolinhalligen Serums auf den freipr\u00e4parirlen Vagus, ohne dass das Herz damit in Hertlhrung kommt, die hemmende Wirkung dieses Nerven bei Heizung nicht beeintr\u00e4chtigt.\nDen lindapparat des Vagus, den man daher nicht, wie\n\u00ab) D\u00abs Hounmingsnervcnsystein des Herzens. Berlin (869.","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"134] Untersuch, \u00fcb. einige Giptwirkungen am Froschherzkn. 45\n.1 II. lUe.t/cr ') us thut, mil dor Hndaushroilung diosos Nerven idenliliciren darf, kann man als llcmmungsappurnl bezeichnen, weil seine Erregung einen Stillstand des Herzens bedingt, und nach seiner L\u00fclimung durch Atropin kein Mittel die sogenannte llcmmungswirkung liervorzubringen im Stande ist. Wie das Zustandekommen des llerzsi distendes durch Erregung gewisser in der llcrzsubstanz liegender Theile zu erkl\u00e4ren sei, ist selbstverst\u00e4ndlich ciuc Frage f\u00fcr sich.\nHinsichtlich der Natur der Hemmungsapparale lassen sich aus den milgclheillen Thalsachcn nur Wahrscheinlichkeils-schl\u00fcsse ziehen. Am meisten sprechen dieselben f\u00fcr die Annahme gangli\u00f6scr Elemente. Schon Dezold2) schloss aus dem Umstande, dass die rhythmische Heizung des Vagus das Froscli-herz zum Stillstand bringt, indem der einfache Reiz in den Endorganen dos Vagus eine Nachwirkung (unterl\u00e4sst, die sich sum-mirt, bis Stillstand eintritt, dass der Vagus nicht unmittelbar auf die llerzmusculalur, sondern vermittelst gangli\u00f6sor Elemente seine hemmende Wirkung austlbe. Auch bei dem Zustandekommen des Herzstillstandes durch das Muscarin kommt vielleicht eine solche Nachwirkung in Betracht. Wenn dieses Gift als ein schwacher, aber continuirlicher Reiz auf die Hemmungsapparale wirkt, so kann die Nachwirkung sich stetig summiren, bis der Erregungszustand jener Apparate den Grad erreicht hat, der zur llervorbringung des Herzstillstandes erforderlich ist. So erkl\u00e4rt sieh vielleicht auch die Thalsachc, dass nach kleinen Gaben von Muscarin bis zum Eintritt des definitiven Herzstillstandes eino Stunde und mehr vergehen kann, w\u00e4hrend kaum anzunehmen isl, dass die Resorption der minimalen Quantit\u00e4ten des Giftes, mit denen man es dabei zu lliun hat (z. B. '/,10 Mil\u2014 ligr.:t), so lange Zeit in Anspruch nimmt. Der dauernde Stillstand , den das Muscarin im Gegensatz zum Nicotin hervorruft, l\u00e4sst sich leichter mit einer Wirkung desselben auf gangli\u00f6se Elemente in Einklang bringen, als auf snlelm, die in ihren Eigenschaften den Nervenfasern nahe stellen. Bei jenem Zwischen-apparalc. dagegen ist wahrscheinlich das letztere der Fall, wie sieh daraus sohliessen l\u00e4sst, dass auf die anf\u00e4ngliche, durch das\nt) \u00bb. \u00bb. 0. [i. 36.\n2)\tVirch. A roll. ltd. 14. |>. 282.\n3)\tVergl. dus Muscarin etc. p. 26.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"4\u00df\nDr. 0. ScilMIKDIiBKRG,\t[135\nNicolin bedingte Erregung bald eine L\u00e4hmung folgt, \u00e4hnlich wie auf die elektrische Erregung des Stammes die Erm\u00fcdung. Bei der Anwendung des Nicotins macht sich statt der letzteren eine L\u00e4hmung geltend, weil die Ursache eine fortwirkende ist, so lange das Gift mit den Theilen in Ber\u00fchrung bleibt. Erst nach erfolgter Ausscheidung jenes kann das gel\u00e4hmte Organ wieder functionsf\u00e4hig werden.\nBei der elektrischen Beizung des Vagus, an dem die Z wische nappa ra tc durch Nicotin gel\u00e4hmt sind, erh\u00e4lt man nicht nur keine Verminderung der Zahl der Herzschl\u00e4ge, sondern cs wird in allen F\u00e4llen eine Steigerung derselben wahrgenommen, die namentlich sehr betr\u00e4chtlich ist, wenn nach der Anwendung des Nicotins jene oben erw\u00e4hnte, bei gel\u00e4hmtem Vagus ein-tretende Verlangsamung der Herzschl\u00e4ge sich eingestellt hat. Diese Thalsache l\u00e4sst keine andere Deutung zu, als die Annahme besonderer, im Stamm des Vagus verlaufender Nervenfasern, deren Heizung in \u00e4hnlicher Weise eine Beschleunigung der Con-tractionen des Froschherzens hervorbringt, wie die der Beschleunigungsnerven eine solche des S\u00e4ugethierherzens. Beim normalen Vagus kann durch Reizung am Froschheczen keine Beschleunigung hervorgebracht werden, weil gleichzeitig die in demselben Stamme verlaufenden Hemmungsfasern erregt werden, und ihre Wirkung offenbar die \u00fcberwiegende ist. Erst bei der durch das Nicotin erzeugten L\u00e4hmung der Endigungen der Hemmungsfasern kann die Erregung der durch das Gift intact gebliebenen Beschleunigungsfasern zur Geltung kommen. Dass es sich dabei nicht um unipolare Wirkungen oder Slromschleifen auf das Herz handelt, kann, abgesehen von allen Vorsichts-massrcgeln bei der Reizung selbst, mit aller Sicherheit dadurch nachgewicsen werden, dass, w\u00e4hrend die Vagusreizung beschleunigend auf die llerzconlraclioncn wirkt, die directe Reizung des Sinus venosus, wie oben erw\u00e4hnt, diastolischen Stillsland hervorbringt, und dass nach sorgf\u00e4ltiger Umschn\u00fcrung des Nerven mittelst eines feuchten, sehr d\u00fcnnen Fadens die Reizung der oberhalb der Umschn\u00fcrungsslelle gelegenen Parlhien auf die Zahl der llerzcontractionen gar keinen Einfluss mehr aus\u00fcbt1).\nAuch nach der L\u00e4hmung der llemmungsapparale durch das Atropin tritt bei Vagusreizung diese Beschleunigung ein, wie\n1) Vorgl. auch Truhart a. a. 0.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"136] Untersuch. \u00fcb. einige Giptwirkungkn am Frosciiiikrzen. 47\ndas schon von Keucliel1) beobachtet ist. Doch ist sic nicht in allen F\u00e4llen deutlich und niemals so ausgesprochen, wie beim Nicotin, was zum Theil wenigstens seinen Grund darin hat, dass die Pulsfrequenz durch geringe Mengen von Atropin keine solche Herabsetzung erf\u00e4hrt, wie durch das Nicotin; denn je gr\u00f6sser die Pulsfrequenz vor der Reizung ist, desto geringer f\u00e4llt die Beschleunigung bei der Vagusreizung aus. Selten gelingt cs am unversehrten Frosch die Pulsationen \u00fcber das Maximum der normalen Anzahl zu steigern. Das Dalurin verh\u00e4lt sich dem Hemmungsnervensyslem dos Herzens gegen\u00fcber in jeder Beziehung wie das Atropin, und cs sind daher beide Stoffe auch aus diesem Grunde als identisch anzusehen.\nSehr eigent\u00fcmlich ist der zeitliche Verlauf der Reizung der Beschleunigungsfasern, indem einerseits eine Periode der latenten Reizung von betr\u00e4chtlicher Dauer vorausgeht, und andererseits eine lange anhaltende Nachwirkung folgt. Das N\u00e4here \u00fcber diese sowie andere bei der Reizung des Vagus am nicotini-sirten Herzen obwaltenden Verh\u00e4ltnisse veranschaulichen die beistehenden Curven, die nach der von Coats'1) beschriebenen Methode gewonnen sind. Nachdem das Herz-Vaguspr\u00e4parat hergestellt und mit -dem Kymographion in Verbindung gesetzt war, wurde zun\u00e4chst der Vagus auf seine Reizbarkeit gepr\u00fcft und hierauf durch das Herz nicotinhaltiges Serum geleitet. Schon nach wenigen Minuten stellt sich bei Vagusreizung statt der urspr\u00fcnglichen Abnahme der Zahl der Herzschl\u00e4ge eine Beschleunigung derselben ein. Die Reizung geschah mit inler-miltirenden Str\u00f6men von ungef\u00e4hr der St\u00e4rke, wie sie zur Hervorbringung des Herzstillstandes bei Reizung des normalen Vagus erforderlich sind. Die Zeit der Reizung ist in den Curven durch die beiden vorlicalen Striche bezeichnet. Die in der Ab\u2014 scisscnrichtung liegende Scala giobl die Zeit in Sccundcn an; letztere wurden durch eine besondere Vorrichtung mittelst eines Metronoms direct auf der Trommel des Kymographions verzeichnet.\n<) Das Atropin und die Hcminungsucrvon. Diss. Dorput tSGS.\n2) Arboiton aus der physioiog. Anstalt zu Leipzig. IV. 1869. p. <76.","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"it\nlin. O. Si.iii>m;ni iit'iii.\nIS\nI $7\nDie erste Curve ist in 4. die zweite in 3 Abschnitte getheilt : aus den Secundenzahlen ergiebt sieh\ndie fortlaufende Richtung derselben.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"IM] Untkhsucii. iln. kinick (iiktwihkunckn am Fiiosciiiikkzkn. 4!)\nIn Fig. I betr\u00e4gt die Zahl der Pulse vor der Heizung 7 in '20 Sec., die Dauer eines jeden Schlages demnach 2,85 Sec. Der erste Schlag nach dem Beginne der Reizung zeigt keine Abweichung von den fr\u00fcheren; die beiden zun\u00e4chst folgenden dauern nur wenig k\u00fcrzere Zeit als jene. Erst der vierte Schlag, der 8 Sec. nach dem Beginn der Reizung eintritt, verl\u00e4uft in 1,7 \u2014 1,8 Sec. ; der Zuwachs betr\u00e4gt demnach mehr als 60%- Damit scheint zugleich das Maximum der Beschleunigung erreicht zu sein, denn in den n\u00e4chsten 20\u201425 Sec. bleiben die Pulszahlen bis auf geringe Schwankungen, die auf Unregelm\u00e4ssigkeiten im Gange des zeitregislrirenden Apparats zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, ziemlich constant, indem je f\u00fcnf auf einander folgende Schl\u00e4ge 8a/4\u20149\u00bb/4 Sec. dauern, also jeder Schlag 1,75\u20141,85 Sec. beansprucht. Dann macht sich eine geringe Verlangsamung bemerkbar; aber erst mehr als 1'/2 Min. nach dem Aufh\u00f6ren der Reizung kommen die Pulse auf die fr\u00fchere Frequenz zur\u00fcck. In der Curve Fig. 2, die von demselben Pr\u00e4parat stammt, ist w\u00e4hrend der Dauer der Reizung, die kaum 4 Sec. b\u00e9tr\u00e2gt, gar kein Einfluss auf die Pulsfrequenz wahrzunehmen. Erst nach dem Aufh\u00f6ren derselben tritt die Beschleunigung ein (im Maximum 5 Schl\u00e4ge in 8>/4 Sec. gegen 5 in 14,3 Sec. vor der Reizung) und hat 1 Min. nach dem Aufh\u00f6ren der Reizung noch nicht der fr\u00fcheren Frequenz Platz gemacht. Diese lang dauernde Nachwirkung und latente Reizung sind bisher im Gebiete der Ner-venphysiologie ohne Analogie. Vielleicht w\u00fcrden die Ilemmungs-fasern des Frosches \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse bieten, wenn es m\u00f6glich w\u00e4re, dieselben zu reizen, ohne dass gleichzeitig die beschleunigenden Fasern erregt w\u00fcrden. Ein auf die letzteren in \u00e4hnlicher Weise wie das Nicotin und Atropin auf die Hemmungs-fasern wirkendes Gift liess sich bisher nicht finden.\nBemerkenswerth sind ferner die Ver\u00e4nderungen, welche die Form der Curve w\u00e4hrend der Reizung der Beschleunigungsfasern erleidet. Sie sind gewissermnsson das Gegcnlhoi! von denen, die bei der Reizung der llcmmungsfasern zur Beobachtung kommen. Denn w\u00e4hrend im letzteren Falle die Spannung des in der Diastole befindlichen Herzens bis zum Eintritt des Herzstillstandes im Allgemeinen conlinuirlich geringer wird, w\u00e4chst dieselbe hier, so dass die Excursionen erheblich kleiner ausfal-len; hierbei ist nur eine m\u00f6ssige Abnahme der systolischen Erhebungen betheiligt. Die Curve nimmt eine ausgesprochene le-","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nDu. 0. Scmmikdkiikik;.\nfi 39\ntanische Form an, ilia sich schon zu einer Zeit bemerkbar macht, wo die Pulsfrequenz noch nicht deutlich zugenommen hat, wie aus den beiden Curven ersichtlich ist. Einen systolischen Stillstand des Herzens durch Reizung der beschleunigenden Fasern hervorzurufen, ist indess bisher nicht gelungen.\nWas die Endigungsweise der beschleunigenden Fasern betrifft, so macht die lange Dauer der Nachwirkung es wahrscheinlich, dass sie wie die hemmenden mit Ganglienzellen in Verbindung stehen, die jedoch mit den llemmungsganglien nicht identisch sein k\u00f6nnen, weil letztere durch das Atropin gel\u00e4hmt werden, und weil die Vagusreizung am nicotinisirten Herzen auf sie ohne Einfluss bleibt, obgleich sie von dem Gifte nicht allerirt sind. Es ist, auch nicht anzunehmen, dass die Bcschleunigungs-fasern mit solchen Ganglien in directe Verbindung treten, von welchen die rhythmischen Bewegungen des Herzens vielleicht abh\u00e4ngig sind, weil bei director Reizung des nlropinisirlen Herzens keine l\u00e4ngere Periode der latenten Reizung der Beschleunigung der Herzcontractionen vorausgeht.\nDa das Atropin schon in sehr kleinen Mengen (das Minimum betr\u00e4gt Y200 Milligr.) die llemmungsapparale im Herzen vollst\u00e4ndig funclionsunf\u00e4hig macht, ohne andere nachweisbare St\u00f6rungen der llerzlh\u00e4tigkeil hervorzubringen, so kann es als Mittel dienen, um die Wirkung dieser Apparate \u00fcberall da auszu-schliessen, wo es sich darum handelt, ihre Betheiligung an dem Zustandekommen bestimmter Erscheinungen, die das Herz unter normalen oder anderen Verh\u00e4ltnissen bietet, kennen zu lernen. Zu solchen Erscheinungen geh\u00f6rt unter anderen der durch die bekannten .Staimms\u2019sehen Ligaturen oder den sie ersetzenden Schnitt verursachte Herzstillstand, der von lleidenhain ausschliesslich von fh\u2019zold zum Theil von der durch die Operation bedingten Erregung der llemmungsapparale abh\u00e4ngig gemacht wird, w\u00e4hrend namentlich Nidder, lickhurd und (lultz die Anschauung vertreten, dass er ohne Mitwirkung der Hominungs-apparale in Folge der Abtrennung gewisser llerztheile durch die Ligatur oder den Schnitt zu Stande komme. Die Bedeutung solcher Versuche am alropinisirten Herzen ergiebl sich hiernach von selbst. Die Resultate derselben sprechen in unzweideutiger Weise daf\u00fcr, dass dieser Herzstillstand nicht durch eine Erregung der Hemmungsvorrichtungen bedingt werde. Denn auch nach der L\u00e4hmung der letzteren durch das Atropin l\u00e4sst sich derselbe","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"I iO] UmTKHSI'CII. tilt. KIN Hi It (ilh'TWIHKt'NIiHN AM FltOSCIIIIKRZKN. 51\nwie am normalen Herzen durch eine zwischen dem Venensinus und der Herzfurche angelegte Ligatur oder einen entsprechenden Schnitt hervorrufen und zeigt hier wie dort dieselben Unregelm\u00e4ssigkeiten in Bezug auf sein Eintreten, seine Dauer und andere dabei in Frage kommenden Verh\u00e4ltnisse, w\u00e4hrend er im Grossen und Wesentlichen in beiden F\u00e4llen in gleicher Weise sich darstelll, bis auf den geringen Unterschied, dass am atropi-nisirlen Herzen nach dem Anlegen der Ligatur, wenn nicht unmittelbar Herzstillstand folgt, letzterem zuweilen eine Beschleunigung der Herzconlractionen vorausgeht, die am normalen Herzen zu fehlen scheint. Dieses Ausbleiben der Beschleunigung im letzteren Falle k\u00f6nnte vielleicht die Folge der Erregung der Hemmungsapparate durch die Ligatur sein. Zuweilen folgt auch am atropinisirten Herzen nach dem Anlegen der Ligatur sofort eine Verlangsamung der Pulsationen, die bald in Stillstand \u00fcbergeht; meist tritt letzterer ein, nachdem nur 1\u20142 Contractionen vorausgegangen sind. Dieses verschiedene Verhalten in den einzelnen Versuchen scheint, wie auch f\u00fcr das normale Herz von verschiedenen Seilen hervorgehoben worden ist, von dem Orte des Schnittes oder der Ligatur abh\u00e4ngig zu sein. Der unmittelbare Stillstand tritt am h\u00e4ufigsten ein, wenn die Ligatur ganz nahe der Sinusgrenze angelegt wird, ohne den Sinus selbst zu erreichen. Falls letzteres geschieht, so tritt \u00fcberhaupt kein Stillstand ein. Die Ligatur in der N\u00e4he der Atriovenlricularfurche bringt niemals sofortigen Stillstand hervor, es gehen ihm eine Reihe beschleunigter oder verlangsamter Herzconlractionen voraus. Die oberhalb der Ligatur liegenden Theile: Hohlvenen, Sinus und Parthien der Vorh\u00f6fe pulsiren wie nach dem Anlegen der Ligatur am normalen Herzen ununterbrochen fort.\nAus diesen Ligalurversuchcn am atropinisirten Herzen l\u00e4sst sich schliessen, dass das von dem Venensinus getrennte Herz nicht im Stande ist, dauernde rhythmische Pulsationen auszuf\u00fchren.\nWenn man um die Vorh\u00f6fe eines mit Muscarin zum Stillstand gebrachten Herzens eine Ligatur anlegt, so dauert der Stillstand fort; nach der Application von Atropin beginnen nur die oberhalb der Ligatur liegenden Theile zu pulsiren, w\u00e4hrend der Ventrikel und die zwischen ihm und der Ligatur befindlichen Parthien der Vorh\u00f6fe in der Ruhe verharren. Trifft die Ligatur die Querfurche des Herzens, so f\u00e4ngt der Ventrikel auch","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52 Dr. 0. SaiMiKDKRKRfi, Untfrsiicii. \u00fcb. \u00fciftwirkungkn elc. [141\nohne Atropin zu pulsiren an ; doch h\u00f6ren die Pulsationen bald wieder auf, was sofort geschieht, wenn die Ligatur entfernt wird. Dasselbe hat Goltz *) am normalen Herzen beobachtet und schliessl hieraus, dass die Ligatur an dieser Stelle trennend und (pietschend (reizend) wirkt. Nach Entfernung der Ligatur h\u00f6rt die Quetschung der Ventrikelganglien auf und mit ihr die Ven-trikelpulsalionen, w\u00e4hrend die Trennung bleibt, also dauernder Stillstand einlritt. Mit dieser Anschauung stehen die eben angef\u00fchrten Versuche v\u00f6llig in Einklang.\n1 ) Virrluno'n Arcli. Bd. 5)1. p. 801.","page":52}],"identifier":"lit1368","issued":"1870","language":"de","pages":"41-52","startpages":"41","title":"Untersuchungen \u00fcber einige Giftwirkungen am Froschherzen","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:56:51.646571+00:00"}

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