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{"created":"2022-01-31T13:06:48.804336+00:00","id":"lit1377","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"M\u00fcller, Johann J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 11-20","fulltext":[{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den Einfluss der Baddrehung der Augen auf die Wahrnehmung der Tiefendimension.\nVon\nDr. J. J. M\u00fcller.\nDenkt man sich um die Augen mit einem gegebenen Radius ein kugelf\u00f6rmiges Blickfeld geschlagen, so ist f\u00fcr alle Puncle dieser Kugelflache die Raddrehung 1) eine einwerthige Function des Erhebungs- und Seitenwendungswinkels. In grosser N\u00e4herung wird diese Function durch das Listing\u2019sche Gesetz ausgedr\u00fcckt, wenn euch bekanntlich sowohl vorangegangene Anstrengung oder Gew\u00f6hnung als eine zu periphere Lage des Blickes Abweichungen von diesem Gesetze mit sich f\u00fchren. Im Folgenden soll die strenge G\u00fcltigkeit des Listing\u2019schen Gesetzes vorausgesetzt sein.2)\nGeht man von einer solchen Kugelfl\u00e4che zu einer zweiten \u00fcber, so \u00e4ndert sich, wie aus den Versuchen der Hrn. Meissner, Recklinghausen, Volkmann, Helmholtz und Hering in Ueberein-stimmung hervorgeht3), die genannte Function etwas. Sie enth\u00e4lt also den Radius des Blickfeldes als Parameter und die Raddrehung des Auges ist allgemein nicht nur eine Function des Erhebungs- und Seilenwendungswinkels der Blicklinie, sondern auch der Entfernung des Blickpunctes. Unter Voraussetzung des Listing\u2019schen Gesetzes dr\u00fcckt sich diese zweite Abh\u00e4ngigkeit darin aus, dass die Prim\u00e4rlage der Blicklinie eine Function der Convergenz der Augen ist; bei abnehmendem Radius des Blickfeldes r\u00fcckt die Prim\u00e4rlage, bei verschiedenen Augen \u00fcbrigens in verschiedenem Maasse, nach unten.\nAus jedem dieser beiden Gesetze entspringen gewisse von\n1)\tUnter \u00bbRaddrehung\u00ab schlechthin ist hier der Raddrehungswinkel (Helmholtz) verstanden.\n2)\tDiese Voraussetzung ist nur der Einfachheit wegen gemacht und keineswegs gefordert. Nothwendig ist nur, dass die Function die Zeit nicht als Variable enth\u00e4lt.\n3)\tVergl. Helmholtz, Optik 469. 524. \u2014 Hering, binoc. Sehen 92. 99,","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nDr. J. J. M\u00fcller,\n[120\nder Entfernung des Blickpunctes abh\u00e4ngige Raddrehungen. Die Aendcrung der Prim\u00e4rlage f\u00fchrt unmittelbar und nothwendig zu einem solchen Zusammenhang zwischen Raddrehung und Distanz des Blickpunctes ; jedem Radius der Blickfelder entspricht eine bestimmte Raddrehung, deren Gr\u00f6sse von der Gr\u00f6sse und Lage des Radius abh\u00e4ngt. Das Listing\u2019sche Gesetz f\u00fchrt zu Raddrehungen des Auges, so oft der Blickpunct einen Radius durchl\u00e4uft, welcher nicht in einer Prim\u00e4rlage der Blickebene gelegen ist. Die ersten Raddrehungen treten demnach gesondert auf f\u00fcr alle Tiefen\u00e4nderungen in den Prim\u00e4rlagen der Blickebene; in allen \u00fcbrigen F\u00e4llen sind beide Arten von Raddrehung vereint.\nDie Erscheinungen, welche diese letzteren zusammengesetzten Raddrehungen hervorrufen, sind durch die Versuche der Hrn. Recklinghausen, Hering und Helmholtz Uber die Fehler, welche bei der Beurtheilung von Linienrichtungen beim zwei\u00e4ugigen Sehen eintreten ') , bekannt. Im Folgenden sollen die Gonsequenzen des aus der Aenderung\" der Prim\u00e4rlage hervorgehenden Zusammenhanges zwischen Raddrehung und Tiefe entwickelt werden.\nDie mit der Raddrehung verbundenen Aenderungen der Localzeichen der Empfindungen k\u00f6nnten auch durch eine Aenderung des Reliefs des Objectes erzeugt sein. Das Bewusstsein, das nur die Empfindungs\u00e4nderungen kennt, hat also erst zu ermitteln, ob sie in Folge der Willensimpulse, welche die Augen von der einen Convergenz und Accommodation in die anderen \u00fcberf\u00fch'rten, oder ob sie in Folge von Aenderungen am Objecte eingetreten sind.\nIst mit derselben Innervation immer dieselbe Empfindungs\u00e4nderung verbunden, so muss die letztere auf die Willensimpulse bezogen, d. h. Constanz des Objectes angenommen werden, und umgekehrt. Bei den zu untersuchenden Raddrehungen, die bei Tiefen\u00e4nderungen in einer Prim\u00e4rlage der Blickebene auftreten, ist das erstere nun immer der Fall, wenn nur unter Innervation nicht blos Gr\u00f6sse und Richtung eines Willensimpulses sondern auch seine jedesmalige Combination mit andern Impulsen verstanden wird. Wir folgern daraus, dass die aus diesen Raddrehungen hervorgehenden verschiedenen Empfindungen doch auf dasselbe \u00e4ussere Object bezogen werden.\n1) Vergl. Helmholtz, Optik 661. 678.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"127] Ueber den Einfluss der Raddrehung der Augen etc. 13\nIn der That sind auch keine Aenderungen des Reliefs bei solchen Distanz\u00e4nderungen des Objectes in den Prim\u00e4rlagen bekannt, obwohl die Gr\u00f6sse der eintretenden Raddrehungen zu ihrer Hervorbringung wohl hinreichte. Hr. Hering gibt beispielsweise f\u00fcr die Tiefen\u00e4nderungen in dem Horizontalschnitte die folgenden Werthe der Raddrehung :\nConvergenz der Augen 20\u00b0\t40\u00b0\t60\u00b0\nRaddrehung\t25'\t2\u00b0 15' 3\u00b0 47'.\nSetzt man ein Netzhautbild von 1mm Radius voraus, so entspricht an seinem Ende eine Drehung von 15,5' der kleinsten wahrnehmbaren Distanz zweier Linien. Wenn nun auch Aenderungen des Reliefs erst bei Drehungen zu erwarten sind, welche f\u00fcr eine gr\u00f6ssere Anzahl von Empfindungselementen die Localzeichen \u00e4ndern, so kann doch der Werth der kleinsten eben eine Relief\u00e4nderung bedingenden Raddrehung h\u00f6chstens das 3\u20144-fache von dem angegebenen, also etwa 10 erreichen ; denn dann haben f\u00fcr mehr als die H\u00e4lfte des Radius die Empfindungen die Localzeichen ge\u00e4ndert, wie es wohl f\u00fcr den fraglichen Schluss gefordert ist. Die vorkommenden Drehungen m\u00fcssten also immer noch zu starken Relief\u00e4nderungen f\u00fchren, was nicht der Fall ist.\nRei der angef\u00fchrten Schlussreihe des Rewusstseins wird jeder der Innervationen eine bestimmte Aenderung der Empfindung, die durch Raddrehung entsteht, associirt. Was darum f\u00fcr die Wahrnehmungen aus den ersteren resultirt, muss auch aus den letzteren geschlossen werden k\u00f6nnen.\nNun f\u00fchren die Innervationen das bei der Tiefen\u00e4nderung eingetretene undeutliche Sehen zur\u00fcck auf das fr\u00fchere deutliche und einfache Sehen. Die Innervation wird daher ein Zeichen f\u00fcr die Gr\u00f6sse der Tiefen\u00e4nderung und das Rewusstsein schliesst, wie bekannt, aus ihr auf die Entfernung. Somit m\u00fcssen auch die auf die Innervationen zu r\u00fcck gef\u00fchrten Empfindungs\u00e4nderungen durch Raddrehung ein Zeichen werden f\u00fcr solche Tiefen\u00e4nderungen. Die aus der Aenderung der Prim\u00e4rlage entspringende Raddrehung wird also eines jener Momente, welche zur Wahrnehmung der absoluten Tiefe dienen.\nEntsprechend der oft recht unvollkommenen Verwerlhung von Accommodation und Convergenz wird freilich auch die Feinheit, mit der die Raddrehung f\u00fcr die Wahrnehmung der Tiefe benutzt wird, eine geringe sein. Darauf weist schon die blos successi v m\u00f6gliche Vergleichung der beiden Empfindungssysteme,","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nDr. J. J. M\u00fcller\n[128\nwelche die ausserordentliche Genauigkeit der Beurtheilung beider Netzhautbilder nie erreicht. Ein Blick auf die bereits angef\u00fchrten wirklich vorkommenden Drehungswerthe f\u00fchrt zu demselben Schl\u00fcsse. Die von Urn. Wundt zur Ermittlung des Einflusses derConvergenz angestellten Versuche ergaben bekanntlich eine betr\u00e4chtliche Unvollkommenheit in der Sch\u00e4tzung der absoluten Entfernung, und doch konnte in ihnen ausser der Conver-genz noch die Accommodation und Baddrehung von Einfluss sein. Das Interesse dieser Verwerthung der Baddrehung wird aber durch ihre geringe Feinheit nicht aufgehoben.\nBeschr\u00e4nken wir uns auf die der Tiefenwahrnehmung dienenden Momente, welchen bestimmte sinnliche Empfindungen zu Grunde liegen, so ergeben nach dem Gesagten die gleichzeitigen Werthe der Gonvergenz, Accommodation und Baddrehung >) die Tiefendimension. Eine solche Construction des Bewusstseins setzt selber wieder eine constante Beziehung zwischen diesen Gr\u00f6ssen voraus ; zu einem gegebenen Werthe der einen muss immer derselbe Werth der andern hinzukommen. Wird dagegen bei einer gegebenen Gonvergenz und Accommodation die Baddrehung eine andere, so kann der Widerspruch verschiedener Tiefen nur beseitigt werden durch die Annahme einer Aenderung des Reliefs bei gleicher Tiefe. EJs muss also bei solchen abnormen Raddrehungen eine Aenderung der stereoskopischen Wahrnehmung eintreten.\nDie F\u00e4higkeit, das Auge willk\u00fchrlich um die Blicklinie zu drehen, l\u00e4sst sich leicht durch die bekannte Combination zweier Reflexionsprismen, deren Hypotenusenfl\u00e4chen der Blicklinie parallel und von einander abgewendet sind, ersetzen. Ich habe zwei solche Prismen nach Art der Nicols in einen kleinen Tubus eingefasst, so dass das eine um die mit der Blicklinie zusammenfallende Axe derselben drehbar ist; die Drehung kann an einer Kreislheilung mit H\u00fclfe eines Nonius abgelesen werden. Der Tubus wird in einem Stativ so befestigt, dass seine Axe den gew\u00e4hlten Blickpunct trifft ; dieser erf\u00e4hrt dann bei der Drehung des Prisma keine Rotation, w\u00e4hrend alle \u00fcbrigen Puncte Bogen beschreiben, deren Projectionen auf eine senkrecht zur Blicklinie\n1) Die Projeclions\u00e4nderungen, welche in Folge ver\u00e4nderter Neigung der Blicklinien gegen die Fl\u00e4chen des Objectes entstehen, sind w-ohl nicht hinzuzufiigen. Wenigstens tritt bei gr\u00f6sster Ann\u00e4herung eines Kreises an das Auge eine starke Verk\u00fcrzung des horizontalen Durchmessers ein.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"129] Ueber den Einfluss der Raddrehung der Augen etc. 15\nund durch den Blickpunct gelegte Ebene concentrischen um den Blickpunct geschlagenen Kreisen angeh\u00f6ren.\nMit H\u00fclfe dieses kleinen Apparates kann nun die Erzeugung, Vernichtung oder Umkehrung eines Reliefs durch Raddrehung recht auffallend nachgewiesen werden, wenn derselbe beim binocularen Sehen vor das eine Auge gesetzt ist. *) Als Object eignet sich vorzugsweise ein System zweier ineinander liegender, aber excentrischer Kreise, deren Mittelpuncte in einer zur Basallinie der Augen senkrechten Geraden liegen; Fixalionspunct soll der Mittelpunct des gr\u00f6sseren Kreises sein. Sind Anfangs die Hypotenusenflachen einander parallel, so erscheinen die Kreise wie bei gew\u00f6hnlicher Betrachtung in einer Ebene. Dreht man aber jetzt das Prisma um die Blicklinie, so tritt, je nach der Richtung der Drehung, der kleine Kreis \u00fcber oder unter die Ebene des gr\u00f6sseren. Hat man eine kleine kreisf\u00f6rmige Scheibe mit H\u00fclfe einer Nadel \u00fcber dem gr\u00f6sseren Kreise befestigt, so kann sie umgekehrt durch eine solche Drehung leicht in die Ebene des gr\u00f6sseren zur\u00fcck gef\u00fchrt oder scheinbar unter dieselbe gebracht werden. W\u00e4hlt man mehrere kleine Kreise, deren Centren alle auf demselben Radius des gr\u00f6sseren liegen, so zeigt sich sehr sch\u00f6n die Abh\u00e4ngigkeit des Tiefenunterschiedes von der Distanz der Centren; liegt ein Theil der Kreiscentren auf dem entgegengesetzten Radius des gr\u00f6sseren Kreises, so entsprechen ihnen nat\u00fcrlich auch die umgekehrten Tiefendifferenzen. Man kann auf diese Weise leicht aus einem passend gew\u00e4hlten System excentrischer Kreise das k\u00f6rperliche Bild eines Kreiskegels erzeugen und das Relief eines wirklichen Kegels in das seines Spiegelbildes umkehren. 1 2)\nBei einer gegebenen Entfernung des Objectes h\u00e4ngt die Gr\u00f6sse der Relief\u00e4nderung von der Gr\u00f6sse der Drehung ab : beide wachsen mit einander. Um von der Genauigkeit, mit der die\n1)\tDie hiebei auftretenden Erscheinungen der Verschmelzung von Bildern auf nicht identischen Netzhaulstellen werden nicht weiter ber\u00fccksichtigt.\n2)\tDer Versuch, der sich \u00fcbrigens durch Benutzung von Geraden und Puncten vielfach variiren l\u00e4sst, entspricht der von Hrn. Listing neulich beschriebenen Tiefenwahrnehmung bei Ablenkung der einen Blicklinie aus der Blickebene (Poggend. Ann. 141, 225). Die Analogie mit der letzteren f\u00fchrte mich auch in Wirklichkeit zu demselben ; sp\u00e4ter sah ich, dass bereits Hr. Hering einige Bemerkungen \u00fcber solche Aenderungen des Reliefs bei Beobachtung durch das Prismensystem macht (Binoc. Sehen 61).","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nDr. J. J. M\u00fcller\n[130\nAuffassung dieser Relief\u00e4nderungen geschieht, eine Vorstellung zu bekommen, suchte ich den Werth der Drehung, bei welchem der kleine Kreis einen eben merklichen H\u00f6henunterschied zeigte. Die folgende kleine Tabelle gibt diesen von der Distanz der beiden Kreiscentren abh\u00e4ngigen Werth. Die Winkel beziehen sich auf das Prisma, die Drehung des Bildes ist daher die doppelte. Der kleine Kreis hatte einen Halbmesser von 3mm; die des gr\u00f6sseren variirle etwas mit der Distanz der Mittelpuncte.\nEntfernung der Figur vom Auge : 20 cm.\nDistanz der Gentren\t1mm\t2\t3,5\t5\t10\nMinimale Drehung\t8\u00b0\t4\t2,5\t1\t0,5\nF\u00fcr eine Entfernung der Figur von 20 cm und eine Distanz der Kreiscentren von 10 mm hat das Bild dieser letzteren Linie der Netzhaut nahezu eine Gr\u00f6sse von 1mm. Die Drehung, die in diesem Falle noting ist f\u00fcr die eben merkliche Aenderung des Beliefs (1\u00b0), stimmt recht gut mit dem fr\u00fcher abgeleiteten wahrscheinlichen Werthe dieser Gr\u00f6sse.\nWenn die beobachtete Tiefendiiferenz von der Discordanz zwischen Accommodation und Convergenz einerseits und der Raddrehung andererseits herr\u00fchrt, so muss sie sich auch mit den ersteren Gr\u00f6ssen \u00e4ndern : bei einer gegebenen Drehung wird die Relief\u00e4nderung von der Accommodation und Convergenz, d. h. der Entfernung des Objectes abh\u00e4ngen. An einem entfernteren Objecte sind die Tiefenunterschiede, welche dieselben Differenzen im Netzhautbilde erzeugen sollen, gr\u00f6sser als an einem n\u00e4heren Objecte. Dem entsprechend ruft dieselbe Raddrehung f\u00fcr die entfernteren Objecte die gr\u00f6sseren Relief\u00e4nderungen hervor. Hat man bei einer geringen Distanz des Kreissystems durch Drehung des Prisma ein bestimmtes Relief erzeugt, so sieht man es um so gr\u00f6sser werden, je mehr man das Object vom Auge entfernt.\nDie Theorie dieser Erscheinungen ergibt sich am einfachsten aus der Bemerkung, dass die Erscheinungen selber identisch sind mit den Aenderungen, welche die stereoskopische Wahrnehmung bei einer Drehung der beiden Bilder in ihrer gemeinsamen Ebene erf\u00e4hrt, vorausgesetzt, dass die Blicklinien senkrecht zur Bildebene stehen und dass die Drehungen um die Schnittpuncte beider geschehen.","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"131] Ueber den Einfluss der Raddrehung der Augen etc. 17\nEs sei1) ein Object stereoskopisch abgebildet in einer zur Visir- und Medianebene senkrechten Ebene, welche von der Basallinie 2 a um die Entfernung b absteht. Wir w\u00e4hlen ein rechtwinkliges Coordinatensystem, dessen Ursprung der Gesichts-punct dieser Bildebene, dessen eine Ebene die Bildebene selber und dessen eine Axe der Basallinie parallel seien. Bezogen auf dieses System seien die Coordinaten der Bildpuncte | und'jy, wobei die Axe der \u00a3 parallel der Basallinie, die positive Richtung der \u00a3 nach rechts und diejenige der rj nach oben gew\u00e4hlt seien. Die Bildpuncte desselben Objectpunctes seien \u00a7j, und \u00a3r, rjf-, solche entsprechende Puncte gen\u00fcgen derBedingung, dass\nVl = Vr ~ V (\u00ab)\u2022\nBezogen auf dasselbe System seien die Coordinaten der Object-puncte xyz, wobei die Axen der x und y denen der \u00a3und rj entsprechen und die positive Richtung der z die Richtung vom Antlitz weg ist. Diese Objectpuncte bestimmen sich dann aus den entsprechenden Bildpuncten durch die Gleichungen\n\u201e ___ a Ift + Sr)\n\u00e6 ~ 2a + S, - Sr j 2a w\nb (Sr - (,)\t}\n2a + il - Sr\n(<\u25a0)\nWir drehen die beiden Bilder in der Ebene der Zeichnung nach entgegengesetzten Richtungen um die Puncte\n= \u2014 a und \u00a3r = a\nm= o\tVr = \u00b0\nDie Gr\u00f6sse der Drehung sei qp, das wir positiv rechnen, wenn die negative Richtung der \u00ab die Rotationsaxe ist. Eine solche Drehung, welche f\u00fcr das rechte Bild positiv f\u00fcr das linke negativ ist, f\u00fchrt die Puncte rft und yr \u00fcber in die neuen Lagen = (& + a) cos qp \u2014\tsin qp - a\nV'l = Vl cos 9 + (& + a) sin 9\nund\ni;'r = (|r \u2014 a) cos (p + tjr sin qp rfr ss yr cos qp \u2014 (\u00a3r \u2014 a) sin qp\n(2-\n1) Vergl. Helmholtz, Optik 664.\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\tDr. J. J. M\u00fcller,\t[132\nSollen in diesen neuen Lagen irgend zwei Puncte r/; und r[r (die keineswegs aus zwei entsprechenden Puncten rji und t]r hervorgegangen zu sein brauchen,) die Bilder desselben Objectpunctes sein, so muss\nn'i = n'r = i i\u00df-)\nEs seien nun die Bilder zwei vollkommen gleiche excentrische Kreispaare, die Mittelpuncte\nder gr\u00f6sseren Kreise\tder kleineren Kreise\n= \u2014 a und \u00c7r = a\t= \u2014 a und fr = a\nm = 0\trlr = \u00b0\tVl = \u00a3\tVr = \u00ab\u2022\nBei der vorgeschriebenen Drehung bewegen sich die beiden gr\u00f6sseren Kreise in sich selbst, sie erleiden also keine Verschiebung. Durch die Centren der kleineren Kreise ist der Gl. (\u00df) Gen\u00fcge geleistet, ihre neuen Lagen werden also wieder entsprechende Puncte sein. Um dieselben liegen nun zwei identische Kreise, folglich gibt es f\u00fcr jeden Punct des einen Bildes einen Punct im andern, f\u00fcr welchen (\u00df) ebenfalls erf\u00fcllt ist. Die beiden kleinen Kreise werden also auch in ihren neuen Lagen Bilder eines Objectes sein.\nVor der Drehung fiel der Mittelpunct des kleinen Objectkreises in die Ebene z == oo des gr\u00f6sseren. Setzt man die aus den Gleichungen (2) sich ergebenden neuen Goordinaten der Centren der kleinen Kreise in die Gleichungen (1), so ergibt sich die Lage des ihnen entsprechenden punctuellen Objectes, nach der Drehung\nx' = o w '= \u2014 a cotg a> z' == \u2014 b-----------?\u2014.\nDa die Differenz der \u00a7 Coordinaten\nt, t, _ \u00e4 o 2'\nSr $1 \u2014 b + g'\nf\u00fcr alle entsprechenden Punctpaare der kleinen Kreise auch nach der Drehung dieselbe ist, so muss z' f\u00fcr alle ihre Objectpuncte dasselbe sein, d. h. diese Objectpuncte liegen wieder in einer zur Visir- und Medianebene senkrechten Ebene. Die Gleichung dieser Ebene ist der Ausdruck f\u00fcr z.\nF\u00e4llt, wie in den obigen Versuchen, das Object mit dem Bild zusammen, so ist f\u00fcr das Centrum des kleinen Kreises\n= Ir = o","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"133] Ueber den Einfluss der Raddrehung der Augen etc. 19\nund daher die Gl. (\u00df) wieder erf\u00fcllt. Es werden also auch jetzt die neuen Lagen der kleinen Kreise Bilder eines Objectes sein, und die Ebene dieses Objectes ist wieder durch z Coordinate des neuen den Centren entsprechenden Objeclpunctes gegeben. Das Centrum des wirklichen kleinen Kreises ist\nx = o y = e z = o; die scheinbare Lage nach der Drehung x ' = o\n a \u00a3 cos (f a \u2014 e sin (p (3 )\ny\n, be sin </>\nZ = ------------\u2014\n\u00fc \u2014 e sin q>\n(3)\nDer letzte Ausdruck, welcher die Tiefendifferenz der beiden Kreise gibt, l\u00e4sst die Abh\u00e4ngigkeit der Relief\u00e4nderung von der Gr\u00f6sse der Drehung und der Distanz der Centren erkennen. Bemerkenswerth ist ferner, dass dieser Werth direct proportional der Entfernung des Objectes ist. Der Winkel cp in den letzteren Ausdr\u00fccken (3) und (3') ist aber nicht ganz identisch mit dem doppelten Drehungswinkel des Prisma, da im Allgemeinen die Blicklinie schief zur Ebene der Kreise steht; die in der Bildebene gelegene Componente der Drehungsaxe ist hier unber\u00fccksichtigt geblieben.\nDas hier Entwickelte bezieht sich auf die Baddrehungen, welche aus der Aenderung der Prim\u00e4rlage durch Convergenz hervorgehen. Obwohl die zweite Gruppe, die sich aus diesen und den aus dem Listing\u2019schen Gesetze entspringenden Raddrehungen zusammensetzt, die fr\u00fchere Bedingung, dass zu jeder Innervation eine bestimmte Empfindungs\u00e4nderung geh\u00f6rt, ebenfalls erf\u00fcllt, so werden doch diese Empfindungs-Aenderungen auf Aenderungen des Reliefs bezogen. Dies scheint sich mir nun folgendermaassen zu erkl\u00e4ren.\nDie Tiefen\u00e4nderungen erfolgen jedenfalls \u00fcberwiegend h\u00e4ufig in den Prim\u00e4rlagen der Blickebene. Es wird sich also zuerst ein bestimmter Zusammenhang f\u00fcr die Aenderungen der Accommodation und Convergenz einerseits und die aus den Aenderungen der Prim\u00e4rlage allein entspringenden Baddrehungen anderseits ausbilden : zu einem Werthe jener wird ein bestimmter Werth dieser associirt. \u2014 Wenn nun die Blickebene eine andere wird, so wird durch das Auftreten der aus dem Listing\u2019schen Satz her-\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20 Dr. J. J. M\u00fcller, Ueber d. Einfluss d. Raddrehung etc. [134\nvorgehenden Raddrehungen bei der n\u00e4mlichen Aenderung der Accommodation und Convergenz die Raddrehung doch eine andere. Es tritt also jetzt ein, was oben k\u00fcnstlich herbeigef\u00fchrt wurde. Dem entsprechend wird auch diesmal der Widerspruch verschiedener Tiefe beseitigt durch die Annahme einer Aenderung des Reliefs.\nAngenommen, es w\u00fcrden bei der Tiefen\u00e4nderung gar keine Aenderungen des deutlichen und einfachen Sehens einlreten, so k\u00f6nnte eine Raddrehung, die f\u00fcr jede Tiefen\u00e4nderung einen bestimmten Werth basasse, das hinreichende Moment f\u00fcr die Wahrnehmung der Entfernung werden. Dies w\u00fcrde dann umgekehrt das Vorhandensein der Raddrehung erkl\u00e4ren. Man d\u00fcrfte somit aus den neuen Daten, welche die Raddrehung auch bei bestehender Convergenz und Accommodation f\u00fcr die Tiefenwahrnehmung liefert, die Aenderung der Prim\u00e4rlage begr\u00fcnden. Dass diese Aenderung dann gerade nach unten geschieht, w\u00fcrde sich aus der dadurch erzielten Verminderung der T\u00e4uschungen ergeben, welche die Raddrehungen nach dem Listing\u2019schen Gesetze f\u00fcr die binoculare Tiefenwahrnehmung mit sich fuhren. Entfernte Tiefen\u00e4nderungen werden in einer dem Roden nahe parallelen Richtung vorzugsweise eintrelen, n\u00e4here werden eine geneigte mittlere Lage ihrer st\u00e4rksten Frequenz haben, und diese Neigung wird mit der N\u00e4he wachsen. F\u00e4llt nun jede dieser Neigungen in eine Prim\u00e4rlage der Rlickebene, so sind die genannten T\u00e4uschungen vermieden.\nLeipzig, im April 1871.","page":20}],"identifier":"lit1377","issued":"1871","language":"de","pages":"11-20","startpages":"11","title":"\u00dcber den Einflu\u00df der Raddrehung der Augen auf die Wahrnehmung der Tiefendimension","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:06:48.804342+00:00"}