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Über die Eigenthümlichkeiten der Reizbarkeit, welche die Muskelfasern des Herzens zeigen

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{"created":"2022-01-31T13:59:33.164675+00:00","id":"lit1387","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Bowditch, Henry P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 139-176","fulltext":[{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Eigeiith\u00fcmlichkeiten der Reizbarkeit, welche die Muskelfasern des Herzens zeigen.\nVon\nDr. II. P. \u00dfowditch.\n{Mit 22 Holzschnitten.)\nDas ausgeschnittene Froschherz, welches mit Fl\u00fcssigkeiten verschiedener Zusammensetzung zu f\u00fcllen und mittelst des Manometers auf die Zahl und den Umfang seiner Schl\u00e4ge zu pr\u00fcfen war, erschien mir sehr geeignet zum Studium der Bedingungen, unter welchen sich die reizbaren und reizenden St\u00fccke des Herzens erm\u00fcden und wieder erholen. W\u00e4hrend der Ausf\u00fchrung dieses Vorhabens zeigte es sich jedoch bald, dass wenn f\u00fcr die Erf\u00fcllung meiner urspr\u00fcnglichen Absicht eine Hoffnung vorhanden sei, diese sich erst dann verwirklichen k\u00f6nne, wenn die Eigenth\u00fcmlichkeiten des erm\u00fcdenden und sich erholenden Herzmuskels genauer erkannt seien. Auf die L\u00f6sung dieser beschr\u00e4nkten Aufgabe, bei welcher mir die g\u00fctige Unterst\u00fctzung des Herrn Prof. C. Ludwig zu Theil geworden, war demnach zun\u00e4chst meine Aufmerksamkeit gerichtet.\nDas zu meinen Versuchen n\u00f6thige Praeparat verschaffte ich mir dadurch, dass ich von dem Vorhof des ausgeschnittenen Froschherzens aus eine Glascan\u00fcle in die H\u00f6hle des Ventrikels schob und etwa an der Grenze seines obern Drittels die Wand desselben auf dem R\u00f6hrchen festband. Auf diese Weise waren die Muskeln der untern zwei Drittel der Kammer, die ich kurzweg die Herzspitze nennen will , aus ihrem lebendigen Zusammenhang mit dem Vorhof und mit dem an die Atrioventricular-furche grenzenden Ring des Ventrikels gel\u00f6st, und darum, wie bekannt, der Herrschaft der innern Herz-Reize entzogen. Weil aber der Hohlraum des re^tirenden Ventrikelst\u00fcckes von der Gan\u00fcle aus mit Fl\u00fcssigkeit zu erf\u00fcllen und mit dem Manometer","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"HO\nDu. II. P. Bownneii.\n(io 3\nin Verbindung zu setzen war, so konnte der Umfang seiner Contraction auf dieselbe Weise, wie am unversehrten Herzen durch die Fl\u00fcssigkeitsmenge gemessen werden, welche dieselbe in das Manometer \u00fcberf\u00fchrle. Indem man von den grossen Vorz\u00fcgen Gebrauch macht, die diese empfindliche Bestimmungsweise der Zuckung gew\u00e4hrt, darf man nicht vergessen, dass sie auch an M\u00e4ngeln leidet und nicht frei von hesondern Schwierigkeiten ist. Ihr erster Mangel liegt darin, dass uns Uber das Verh\u00e4ltniss, in welchem die lineare Verk\u00fcrzung der Muskeln zudem Volum der ausgeworfenen Fl\u00fcssigkeit steht nichts anderes bekannt ist, als dass den Regeln der Cuhizirung gem\u00e4ss, die Curve der ausgetriebenen Volumina aufgetragen auf die Abscisse der zunehmenden Verk\u00fcrzung der Muskelfasern ihre Concavit\u00e4t gegen die Abscisse wendet.\nBei diesem Stand unserer Einsicht sind wir gezwungen, alle Zuckungen der Herzspitze , welche wir bez\u00fcglich ihres Umfanges vergleichen wollen, von genau derselben F\u00fcllung ihrer H\u00f6hle ausgehn zu lassen, weil nur unter dieser Voraussetzung der h\u00f6here Manometerstand das Uebergewicht der ihn erzeugenden Zuckung bew'eist\nEinen anderen Uebelstand f\u00fchrt das Manometer dadurch ein, dass sich mit der fortschreitenden Zuckung und dem hiervon abh\u00e4ngigen Ansteigen der Fl\u00fcssigkeit im Manometerschenkel das vom Herzen zu hebende Gewicht \u00e4ndert; somit ist die Ausf\u00fchrung aller Versuchsreihen ausgeschlossen, f\u00fcr w elche die Unver\u00e4nderlichkeit des Gewichtes eine Nothwendigkeil ist. Wie gross der Einfluss des letztem auf den Umfang der Herzzuckung ist,\ngeht daraus hervor, dass dasselbe rin. i.\tPraeparat, trotzdem dass es auf den-\nselben F\u00fcllungsgradgebracht und auf vollkommen gleiche Weise gereizt ward, doch ganz ungleiche Volumina auswarf, wenn sich das specifischc 11111 llllll illlll Gewicht der Fl\u00fcssigkeit \u00e4nderte mit\nWasser- Quecks.-Was.er.-Man. welcher das Manometer gef\u00fcllt war.\nln der nebenstehenden Copie der vom Praeparate gelieferten Zeichnungen ist die Excursion im Wassermanometer ( = 17 M. M.) mehr als doppelt so gross, wie die in dem Quecksilbermanometer (= 7 M. M.) und dieses offenbar nur desshalb, weil der Druckzuwachs, den im letz-","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"6oVj Dber i). lieizkakkeit n. Muskelfasern d. Herzens. 141\ntern Falle die \u00fcber die Gleichgewichtslage emporgehobene Quecksilbers\u00e4ule hervorbringt, mehr als zehnfach so gross ist, (=2x7x13,6) wie der im Wassermanometer vorhandene. Da der vorstehende Versuch zeigt, dass die Schwierigkeiten nicht un\u00fcberwindlich sind, welche der Anwendung des registrirenden Wassermanometers von etwa 2 M. M. lichten Durchmessers entgegenstehn. und da die Dr\u00fccke, welche er mit sich bringt, gegen die Hei zkr\u00e4fte schwerlich in Betracht kommen, so w\u00fcrden allerdings durch seinen Gebrauch die M\u00e4ngel beseitigt sein, welche deip Quecksilbermanometer anhaften. Wenn ich trotzdem dem letztem den Vorzug gab, so geschah es, weil er leichter zu handhaben ist, und weil es in den folgenden Versuchsreihen nicht darauf ankam die Abh\u00e4ngigkeit der Hubh\u00f6he von dem getragenen Gewichte zu ermitteln.\nDa meine Versuche die Aenderungen in der Reizbarkeit der Herzmuskeln darlegen sollten, welche in Folge der ausgef\u00fchrten Zuckungen selbst herbeigef\u00fchrt waren, so war es geboten der Herzspitze leicht abstufbare Reize in beliebigen aber regelm\u00e4ssigen Zeitabst\u00e4nden zuzuf\u00fchren. Hiezu diente mir ein Apparat, der nach dem Muster desjenigen gebaut war, welchen II. Kronecher zusammengestellt und so erfolgreich verwendet hat, Nach allem diesen musste also meine Instrumentalhilfe aus folgenden St\u00fccken bestehen :\n1.\tAus einem registrirenden Manometer, der mit leichtfl\u00fcssiger Dinte (L\u00f6sung von Anilinblau) seine ver\u00e4nderlichen St\u00e4nde auf\n2.\tdas Papier einer r\u00f6hrenden Trommel schrieb. Zur leichtern Uebersicht der Beobachtungen und zur Ersparniss des Papiers hielt den Windfl\u00fcgel des Uhrwerks nach jeder halben Umdrehung ein Electromagnet fest, so dass die Trommel w\u00e4hrend der Zuckung selbst feststand, aber nach Vollendung derselben um etwa 2 M. M. weiter r\u00fcckte.\n3.\tEine kleine Mariot.te sehe Flasche, welche dieF\u00fcllungderllerz-spitze w\u00e4hrend der Dauer des Versuchs unver\u00e4nderlich erhielt. ln das Rohr, welches den Hohlraum der Flasche mit dem der Herzspitze verband, war\nk. ein Glashahn eingeschaltet der mit Hilfe eines Eleclromagne-ten w\u00e4hrend der Zuckung geschlossen und dann wieder ge\u00f6ffnet wurde.\n\u00f6. Unpolarisirbare Eleetroden, die aus einem","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"Dr. H. P. Bowditch,\n142\n[655\n6.\tSchlittenapparate nur die Oeflfnungsschl\u00e4geJ) zum Ventrikel f\u00fchrten.\n7.\tEin Zahnrad auf einem Uhrwerk, das den eleclrischen Strom, der durch die prim\u00e4re Spirale des Inductors ging in regelmassigen aber beliebig zu \u00e4ndernden Intervallen unterbrach.\n8.\tEin Relais, um den Hauptstrom vom Contacte des Uhrwerks unabh\u00e4ngig zu machen.\nDa die unter den ersten sechs Nummern aufgez\u00e4hlten St\u00fccke, den eleclromagnetischen Hahn ausgenommen, schon in diesen Berichten beschrieben sind, so kann ich mich darauf beschr\u00e4nken die Anordnung, die ich demselben f\u00fcr meine Zwecke gegeben durch die Holzschnitte (II. Ill, IV) und eine kurze Erkl\u00e4rung zu verdeutlichen.\nDas bekannte Froschmanometer (Fig. II) trug an seinem freien Ende a eine durchbohrte Glaskappe zur F\u00fchrung des leichten, aus feinem Stroh hergestellten Schwimmers ; auf das obere Ende des letztem war die sehr feine Giasfeder b aufgelackt, die mit. Anilinl\u00f6sung gef\u00fcllt auf das glatte Papier der Trommel den Manometerstand registrirte. Fig. III giebt die Feder in nat\u00fcrlicher Gr\u00f6sse.\u2014 Der zweite Schenkel des Manometers \u00f6ffnete sich bei c und bei d. DieOeffnung c f\u00fchrte in das rechtwinklig gebogene Rohre, an dessen absteigenden Schenkel mittelst eines Gummirohres die Can\u00fcle gesteckt wurde die in den Ventrikel eingebunden war.\u2014 Die Electroden, welche den Inductionsschlag zum Herzen f\u00fchrten m\u00fcndeten bei f u. g in den Apparat; diese bestanden der Vorschrift von du Bois gem\u00e4ss aus Glasr\u00f6hren, in welchen von einer L\u00f6sung aus schwefelsaurem Zinkoxyd umgeben ein amal-gamirter Zinkstab steckte. An ihren zum Herzen gewendeten Enden w'aren die R\u00f6hrchen durch einen in halbprozentige NaCl-l\u00f6sung getauchten Pfropf von Baumwolle verschlossen, an ihrem andern Ende dagegen durch eine auf den Zinkstab gebundene\n1) Anf\u00e4nglich wendete ich die bequeme Einrichtung von Pfl\u00fcger zum Abblenden der Schliessungsschl\u00e4ge an. Im Verlauf der Versuche aber fand sich, dass dieses Verfahren bei meinem mittelgrossen Inductor von 10500\\Vindungen auf der secund\u00e4ren Rolle nicht mehr anwendbar war, wenn die secund\u00e4re nahezu \u00fcber die prim\u00e4re Rolle geschoben ist. Bei dieser Stellung der letztem inducirt der Anker, wenn er an die Magnete herangezogen wird durch Verst\u00e4rkung ihres Magnetismus einen Strom, der selbst eine Zuckung auszul\u00f6sen vermag. Bei starken Str\u00f6men musste mir desshalb das Uhrwerk, welches die Trommel trieb die Nebenschliessung besorgen.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"656] \u00dcber b. Reizbarkeit b. Muskelfasern b, Herzens. 143\nKautschukr\u00f6hre. Die Electrode /'stand mit dem fl\u00fcssigen Inhalt der Herzspitze durch das R\u00f6hrchen h in Verbindung das an den absteigenden Schenkel des rechtwinkligen Rohres angeblasen\nFift. II. III. IV.\nwar. Die Electrode g lief in das Glasgl\u00f6ckchen i aus; dieses letztere war w\u00e4hrend des Versuchs soweit mit Serum gef\u00fcllt, dass dasselbe bis zu dem kleinen Schnabel am obern Rande des","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\n])k. H. P. Bowditch,\n16\u00f67\nGl\u00f6ckchens reichte. Hierdurch war es m\u00f6glich, den Spiegel des Serums immer auf gleicher H\u00f6he zu halten, da jeder durch die Herzwand filtrirte Tropfen durch den Schnabel ablief. Die Electrode f wurde in ihrer Lage durch den Draht /,: erhalten ; das Gl\u00f6ckchen i ruhte auf dem durchbohrten Korkprisma I, welches in einer zweiten Durchbohrung auf dem Stabe rn verschiebbar war. Die Abtheilung des Apparates , welche den Ventrikel vor dem Beginn seiner Zusammenziehung auf einen immer gleichen F\u00fcllungsgrad bringen sollte, bestand zun\u00e4chst aus der kleinen Mariott\u00e9sehen Flasche 1, welche mit Hilfe eines in der Zeichnung nicht wieder gegebenen Halters auf die gew\u00fcnschte H\u00f6he gebracht werden konnte ; das untere Ende der Flasche stand durch ein Kautschukrohr mit dem Glashahne 2 in Verbindung, der mit Hilfe einer kleinen Spiralfeder und eines Electromagneten ge\u00f6ffnet und geschlossen werden konnte. Die Zeit, in der das eine und das andere geschah war so gew\u00fchlt, dass die Druckflasche von dem Ventrikel abgeschlossen war, wenn sich der letztere zusammenzog, dass dagegen zwischen beiden die freie Communication bestand wenn der Ventrikel schlaff geworden. Die hiezu n\u00f6thige F\u00fchrung des Hahnkegels ward durch den Anker 3 bewirkt der in Fig. II in der Seitenansicht, in Fig. IV in der Fl\u00e4chenansicht gezeichnet ist. Dieser stabf\u00f6rmige Anker 3 drehte sich in einer horizontalen Ebene um die senkrechte Achse h. War der Magnetismus in den Eisenkernen 5. \u00f6. entw ickelt, so legte er sich parallel der Linie, welche die Mittelpunkte der Basen beider Eisenkerne mit einander verband. War dagegen der Magnetismus in den letztem verschwunden, so wurde der Stab 3 durch die Spiralfeder 6 (Fig. IV) in die Lage gezogen die er in dieser Figur einnimmt. Die Excursion, welche der Stab durch den Zug der Feder erreichen konnte, war begrenzt durch die Schraube 7, die in einem kleinen Querbalken einer Messings\u00e4ulo lief, an welcher auch die Schraube 8 sass (Fig. IV), die zur Spannung der Spiralfeder diente. Die Bewegung, welche der Anker 3 ausf\u00fchrte \u00fcbertrug er mittelst eines kurzen Zapfens 9 auf die Klammer x, welche den Conus des Glashahns 2 umgriff. Der Zapfen 9 hatte in der Klammer x selbstverst\u00e4ndlich einen Spielraum f\u00fcr seine Bewegungen, den man in Fig. II erkennt. Jenseits des Hahnes setzte sich ein R\u00f6hrchen y fort, welches nach rechtwinkliger Biegung in die M\u00fcndung d des zweiten Manometerrohres auslief.\nZum Markiren der Gleichgewichtslage des Quecksilbers im","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"145\n658] \u00dcbkr I). Reizbarkkit n. Muskelfasern d. Herzens.\nManometer diente die Glasfeder z, welche mit einem Korke an den Tr\u00e4ger des Manometers befestigt war. Da sie vor dem Anstecken des Ventrikels auf die H\u00f6he gebracht wurde, welche die auf dem Quecksilber schwimmende Feder bei der Gleichgewichtslage desselben eingenommen hatte und da sie w\u00e4hrend des ganzen Trommelumgangs diese Lage behauptete, so konnte man an jeder beliebigen Stelle der Herzcurve die H\u00f6he finden, um welche sich diese \u00fcber die Gleichgewichtslage des Quecksilbers erhoben hatte.\nDas unter 7 meines Instrumentalverzeichnisses aufgez\u00e4hlte Unterbrechungsrad war durch ein gew\u00f6hnliches, mit einem Cen-trifugalpendel versehenes Uhrwerk getrieben. Der Unterbrecher sollte in regelm\u00e4ssig wiederkehrenden Intervallen einen electri-schen Strom \u00f6ffnen und schliessen und zwar sollte man nach Belieben unter den Zeitr\u00e4umen von 1. 2. 3. 4. 5. 10. 15. 20. 30. 60 Seed, w\u00e4hlen k\u00f6nnen. Ausserdem aber w\u00fcnschte man den Strom nach seiner Schliessung entweder alsbald wieder ge\u00f6ffnet zu sehn, oder ihn w\u00e4hrend eines l\u00e4ngern Zeitabschnittes geschlossen zu halten. Der Unterbrecher, der dieses leistete war von dem Herrn Uhrmacher B. Zachariae in Leipzig construirt undausgef\u00fchrt; er bestand aus einem von dem Uhrwerk gef\u00fchrten Rad, an dessen Rand mehrfache Reihen von Z\u00e4hnen ausgeschnitten waren, und aus einem verstellbaren Winkelhebel, von dessen Armen der eine am Zahnrad ging, w\u00e4hrend der andere gegen einen Platinknopf den Contact bewirken konnte. Siehe die Fig. V u. VI. \u2014Die genauere Beschreibung des Apparates mag mit der des Winkelhebels beginnen; seine beiden unter einem spitzen Winkel geneigten Arme a u. b (Fig. VI in d. Aufsicht) sind um eine senkrechte Achse drehbar. Der Arm a war nach dem Zahnrade A hingekehrt, auf dessen Rand er schleifen konnte, der Arm b war mit einer Spiralfeder verkn\u00fcpft, die ihn an das Kn\u00f6pfchen c dr\u00fcckte, vorausgesetzt dass der Arm b nicht durch eine gr\u00f6ssere Gewalt feslgehalten wurde. Da der eine Pol der Batterie in dem Kn\u00f6pfchen c der andere in dem Hebelarm b endete, so warder Schluss des Stromes von der Ber\u00fchrung beider abh\u00e4ngig. So lange also ein Zahn des Rades A den Arm a vor sich her trieb, und in Folge dessen auch den Arm b nachzog war der Strom unterbrochen ; wenn aber vor dem fortschreitenden Zahn der Arm a abglitt, so trieb die Spiralfeder den Arm b in entgegengesetzter Richtung bis zum Anschl\u00e4gen an das Kn\u00f6pf-\n10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nDr. H. P. Bowditch\n[659\nFig. V. VI.","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"660] \u00dcber D. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 147\nchen c zur\u00fcck. \u2014 Um den Zeitraum zwischen zwei aufeinander folgenden Stromschl\u00fcssen ver\u00e4ndern zu k\u00f6nnen, sind auf dem Umfang des Rades A das in einer Minute einmal uml\u00e4uft, 4 Reihen von Z\u00e4hnen (zu 60, 30, 20 und 15 St\u00fcck) \u00fcbereinander eingeschnitten und ausserdem auf die obere Fl\u00e4che des Rades A zw\u00f6lf Stiftchen eingesteckt. Je nachdem der Arm a einer der genannten Stift- oder Zahnreihen gegen\u00fcberstand, kehrte die Oeffnung des Stromes nach 1, 2, 3, 4 oder 5 Secunden wieder ; wenn man das Intervall noch \u00fcber diese Zeit hinaus verl\u00e4ngern wollte, so wurden aus der Reihe der Stifte 6, 8, 9, 10 oder 11 derselben entfernt, wodurch die Intervalle von 12, 15, 20, 30, 60 Secunden m\u00f6glich wurden. Um nun aber den Arma nach Relieben einer der genannten Reihen gegen\u00fcberstellen zu k\u00f6nnen sassen alle St\u00fccke, die den Contact besorgten auf dem Schlitten B, der durch die Schraube e und die F\u00fchrung d emporzuheben war. \u2014 Die Erf\u00fcllung der zweiten Forderung, eine beliebige Yertheilung der gesammten Zeit eines Intervalls zwischen die Dauer der Oeffnung und der Schliessung des Stromes zu bewirken, wurde an dem vorliegenden Apparate dadurch m\u00f6glich, dass der Arm a von dem Zahn der ihn ergriffen verschieden lange festgehalten wurde. Geschah dieses so lange bis der Arm, wenn er abgeglitten, augenblicklich wieder von einem neuen Zahn aufgenommen wTard, so sank die Dauer des Schlusses zu einem Minimum herab, w\u00e4hrend im andern Fall, wo der ergriffene Zahn auch wieder augenblicklich losgelassen ward die Oeff-nungsdauer zu einem Minimum ward. Dieser Gedanke ist nun dadurch verwirklicht worden, dass die Vorrichtung zum Contact innerhalb des Schlittens B auf die Scheibe y gesetzt ist, die mit ihrem gez\u00e4hnelten Rande in die Schraube g eingreift. Durch die Benutzung der letztem \u00e4ndert sich also die Richtung, welche der Arm a zum Umfang des Rades A einnimmt, und diess bewirkt, dass der erstere auf k\u00fcrzeren oder l\u00e4ngeren Strecken von dem Zahn mitgenommen wird. Weil aber nur von der Stellung der Scheibe /'der Antheil des Intervalls abhing, w\u00e4hrend deren die Schliessung oder Oeffnung des Stromes bestand, so war es bequem durch einen Zeiger h auf dem Zifferblatt i i den Stand des Armes a zu markiren, der einer bestimmten Oeffnungsdauer entsprach. So konnte sie jederzeit leicht und sicher hergestellt werden.\nDer electrische Strom, f\u00fcr welchen dieser Unterbrecher bestimmt war, sollte den reizenden Inductionsstrom erzeugen und\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nDr. H. P. Bowditch\n[661\nausserdem noch zwei Paar Eisenkerne, am Glashahn und am Windfl\u00fcgel des Trommelwerkes, magnetisiren. Da hiezu ein starker Strom aus mehreren Groves n\u00f6thig war, den man nicht durch den Contact des Unterbrechers leiten mochte, so stellte sich das Bed\u00fcrfniss eines Relais heraus. Durch dieses war der Hauptstrom geschlossen, w\u00e4hrend der Strom des Relais durch den Unterbrecher ge\u00f6ffnet wurde ; den letztem aber stellte ich in der Regel so, dass die Oeffhungsdauer 0.5 Sec. betrug. \u2014\nDer Aufstellung meines Apparates gem\u00e4ss wurde, wenn der Hauptstrom geschlossen war, der Windfl\u00fcgel des Trommelwerkes losgelassen, der electromagnetische Hahn ge\u00f6ffnet und ein durch seine Abblendung unwirksam gemachter Schliessungsinductions-schlag erzeugt. Da, wie erw\u00e4hnt, dieser Zeitraum etwa 0.5 Sec. dauerte, so gen\u00fcgte die Zeit, um den Herzinhalt auf den Druck der F\u00fcllungsflasche zu bringen und die Trommel eine Bewegung vollf\u00fchren zu lassen, die zu einer Verschiebung des Papiers von etwa 1 bis 2 M. M. f\u00fchrte. Wenn dann der Hauptstrom sich \u00f6ffnete, so ward der Windfl\u00fcgel festgehalten, der Hahn geschlossen, und ein Oeffnungsinductionsschlag durch das Herz geschickt, der wegen der langen latenten Reizung desselben eine Zuckung erst ausl\u00f6ste, nachdem schon der Hahn geschlossen war.\nZum Verst\u00e4ndniss der Versuche und zur vollen Beurtheilung des Apparats d\u00fcrften noch einige Bemerkungen dienen. Die Anwendung der Dinte erleichtert den Versuch ungemein und ihr Gebrauch f\u00fchrt zu der vollen Genauigkeit des Russes, wenn eine leicht fliessende L\u00f6sung auf glattes, englisches Papier schreibt.\u2014Der Schlittenapparat, der im Gebrauche stand, war nach den Vorschriften von A. Fick i) graduirt. Die Angaben, \u00fcber Reizst\u00e4rken in der folgenden Abhandlung bezeichnen demnach nicht die Rollenabst\u00e4nde, sondern die Gr\u00f6sse der Inductionsintensit\u00e4t, wobei das Maximum der vom Apparate erreichbaren St\u00e4rke zu 1000 angenommen ist.\nDie Schl\u00e4ge welche zur Herzspitze geleitet wurden fanden auf ihrem Wege die Wand des Ventrikels ; sonach m\u00fcssen die Reize jedenfalls auch die Muskeln und nicht bloss die Nerven getroffen haben. \u2014 Da die Electrode, welche in die Serumglocke\n1) Unters, aus dem phys. Laborator, der Z\u00fcricher Hochschule. Wien 1869. p. 38.","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"149\n\u00f6tS2j \u00dcber d. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens.\ni\u2019eichte senkrecht steht, so bedarf es besonderer Vorsicht, um die Ansammlung kleiner Luftbl\u00e4schen unter dem Baumwollenpfropf zu vermeiden ; ich halte es nicht f\u00fcr unn\u00fctz darauf hinzuweisen, dass ich auf diese Fehlerquelle aufmerksam war. Die Beschreibung meiner Versuche beginne ich mit dem Abschnitt\n1, der \u00fcber das Zahlenverh\u00e4llniss zwischen den Reizen und den Herzcontractionen handelt. \u2014\nWenn die Herzspitze in regelm\u00e4ssigen Intervallen von immer gleich starken Inductionsschl\u00e4gen getroffen wird, so zieht sie sich entweder nach jedem derselben zusammen, oder die Zahl der Zuckungen ist kleiner oder gr\u00f6sser als die der Reize. Diese drei verschiedenen Arten des Vorkommens sollen bezeichnet werden mit den Namen der regelm\u00e4ssigen, der \u00fcberz\u00e4hligen und der aussetzenden Puls- oder Schlagfolge.\nDie \u00fcberz\u00e4hlige Pulsfolge trat in meinen Versuchen nur selten ein und meist nur dann, wenn der Ventrikel nicht tief genug abgebunden war. Da demnach dieser Fall f\u00fcr meine Versuchsreihe eigentlich nur als ein Fehler erscheint, so werde ich auf seine Betrachtung nicht weiter eingehen, womit selbstverst\u00e4ndlich nicht gesagt sein soll, dass die \u00fcberz\u00e4hlige Pulsfolge einer besondern Beachtung unwerth sei ; ich glaube sogar, dass die Beziehungen zwischen ihr und den in dieser Abhandlung besprochenen Thatsachen sehr enge sind. \u2014 Wenn der Ventrikel tief genug abgebunden ist, so k\u00f6nnen die aussetzende und die regelm\u00e4ssige Pulsfolge nach Belieben erzeugt werden durch blosse Aenderungen in der St\u00e4rke oder Reihenfolge der Induc-tionsschl\u00e4ge.\nZuerst werde ich \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Pulsfolge von der St\u00e4rke des Inductionsschlages sprechen. \u2014 Wenn man von niederen Wertben aus die St\u00e4rke der Inductionsschl\u00e4ge allm\u00e4lig wachsen l\u00e4sst, so erreicht man alsbald einen Punkt, bei welchem der Reiz eine Zuckung ausl\u00f6st. Bleibt man bei dieser St\u00e4rke stehen und l\u00e4sst nun in regelm\u00e4ssigen Intervallen die Inductions-st\u00f6sse aufeinanderfolgen, so tritt nicht mit jedem derselben eine Zuckung ein, wodurch es geschieht dass die Zahl der Reize diejenige der Pulse um ein bedeutendes \u00fcbertrifft. L\u00e4sst man dann aber die St\u00e4rke der Inductionsschl\u00e4ge weiter und weiter steigen, so mehrt sich die Zahl der Contractionen ohne dass sie zun\u00e4chst demjenigen der Reize gleich k\u00e4me ; allm\u00e4lig aber gelangt man zu einem Werth derselben, bei welchem die Pulsfolge eine regel-","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nDr. II. P. Bowditch\n[60 3\nmassige d. h. also eine solche wird, in welcher auf jeden Reiz eine Zusammenziehung folgt. Zuweilen ereignete es sich auch, dass trotz einer grossen Intensit\u00e4t der Inductionsstr\u00f6me keine regelm\u00e4ssige Pulsfolge erzielt werden konnte, aber auch da, wo dieses eintrat n\u00e4herte sich die Verh\u00e4ltnisszahl zwischen den Contraclionen und den Reizen mit der wachsenden St\u00e4rke der letzteren mehr und mehr der Einheit. \u2014 Zum Beleg f\u00fcr die gemachten Mittheilungen gebe ich einige Beispiele.\nIntervalle zwischen zwei Reizen = 6 Secunden.\nSt\u00e4rke der Reize Zahl der Zuckungen Zahl der Reize\n100. 105. 110. 120. 130. 140. = 0,0. 0,07. 0,10. 0,20. 0,66. 1,00.\nIntervalle zwischen zwei Reizen = 4 Secunden.\nSt\u00e4rke der Reize 100.110.\t90.\t80.\t90. 1 10. 130.150.\nZahl der Zuckungen , .\t\u201e _\nZahl der Beize \u00b0\u201994'\t0,30.0,88.0,77. 0,88. 1,0-\nIntervall zwischen zwei Reizen = 6 Secunden.\nSt\u00e4rke der Reize Zahl der Zuckungen Zahl der Reize\n200. 207. 215. 222. 230. 237. 0,0. 0,07. 0,14. 0,24. 0,59. 0,87.\nDie aussetzende Pulsfolge wird aber nicht allein durch die wachsende Intensit\u00e4t des Inductionsstromes, sie kann auch dadurch in eine regelm\u00e4ssige umgewandelt werden, dass bei unver\u00e4nderter St\u00e4rke des Reizes das Intervall zwischen zweien derselben vergr\u00f6ssert wird. Als Beispiele f\u00fcr dieses nicht seltene Vorkommen m\u00f6gen die beiden folgenden Versuche dienen, in welchen mit dem Intervall in auf- und absteigender Ordnung gewechselt ward.\nSt\u00e4rke des Reizes = 140.\nIntervall in Secunden Zahl der Contract. Zahl der Reize\n4.\t6.\t4.\n0,58. 1,00. 0,57.\nSt\u00e4rke des Reizes = 150.\nIntervall in Secunden 5.\t10.\t5.\t4.\t3.\nZahl der Contr.\ni. 5. 10. 0,74. 0,97. 0,87. 0,71.0,73. 0,80. 0,95.1,0.\nZahl der Reize","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"664] \u00dcBER ]). Reizbarkeit n. Muskelfasern n. Herzens. 151\nAnstatt f\u00fcr eine gegebene Intensit\u00e4t des Inductionsstromes die L\u00e4nge des Intervalls zu suchen, welche die regelm\u00e4ssige Pulsfolge hervorbringt, kann man auch umgekehrt vorgehn, das heisst man kann f\u00fcr verschieden lange Intervalle die Grenzen der Stromst\u00e4rke ermitteln, bei welcher sich die Pulse eben noch regelm\u00e4ssig einstellen. Bei der Ausf\u00fchrung dieser Versuche sollte man nun erwarten, dass mit der wachsenden L\u00e4nge des Intervalls die Intensit\u00e4t des Reizes merklich abnehmen k\u00f6nnte, bevor die regelm\u00e4ssige in eine aussetzende Pulsfolge umschl\u00fcge. Nun bemerkt man allerdings \u00f6fter, dass sich die Reize ihrer St\u00e4rke nach in dem bezeichneten Sinne \u00e4ndern d\u00fcrfen, aber selbst da, wo es erlaubt ist, darf es doch nur in sehr beschr\u00e4nkter Weise geschehen. Man wird demgem\u00e4ss schliessen, dass grosse Unterschiede des Intervalls durch kleine der Reizst\u00e4rken com-pensirt werden. \u2014 Einige Beispiele m\u00f6gen zur Veranschaulichung des Gesagten dienen. F\u00fcr das Verst\u00e4ndniss derselben hat man zu beachten, dass bei den hinter der Rubrik \u00bbReizst\u00e4rke\u00ab aufgef\u00fchrten Intensit\u00e4ten des Inductionsstromes die Pulsfolge zur regelm\u00e4ssigen ward, vorausgesetzt dass die Inductions-schl\u00e4ge in den \u00fcber ihnen stehenden Intervallen aufeinander folgten.\nIntervall 10\tSec.\t3\tSec.\t4\tSec.\t4\tSec.\t3 Sec.\nReizst\u00e4rke 42\t43\t41\t45\t46\nund an einer.andern Herzspitze\nIntervall 3\tSec.\t4\tSec.\t3\tSec.\t5\tSec.\nReizst\u00e4rke 80\t74\t74\t68\nSollte man sich auch durch diese und \u00e4hnliche Versuchsreihen nicht veranlasst finden, die oben ausgesprochene Ver-muthung als eine begr\u00fcndete Thatsache zu betrachten, so w\u00fcrde man sich doch davor zu h\u00fcten haben, in der unvollkommenen Best\u00e4tigung eine Widerlegung zu sehn. In den Eigenschaften des Herzens selbst liegen n\u00e4mlich Gr\u00fcnde, welche das Erbringen des Beweises sehr erschweren, ja oft unm\u00f6glich machen.\nDem Herzmuskel kommt n\u00e4mlich die beachtenswerthe Eigenth\u00fcmlichkeit zu, seine Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr die Reize durch die Zuckungen, die er ausgef\u00fchrt hat zu \u00e4ndern und dieses sehr h\u00e4ufig dahin, dass nach einer l\u00e4ngern Zuckungsreihe ein schw\u00e4cherer Reiz, als vor derselben zur Ausl\u00f6sung einer regelm\u00e4ssigen Pulsfolge gen\u00fcgt.","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nDk. H. P. Bowditch\n[665\nAuf diesen Einfluss, den die vorhergehenden Zuckungen \u00fcben, wird man zun\u00e4chst hingewiesen, wenn man denselben Reiz in demselben Intervall vielmals hintereinander anwendet. Geschieht dieses, so ereignet es sich oft, dass der Quotient aus der Zahl der Reize in die der Zuckungen allm\u00e4lig an Gr\u00f6sse zunimmt, oder gar der Einheit gleich wird, so dass ein Reiz, dessen St\u00e4rke urspr\u00fcnglich nicht gen\u00fcgte, um eine regelm\u00e4ssige Pulsfolge hervorzurufen, allm\u00e4lig zur Erzeugung dieser letzteren ausreicht. Beispielsweise f\u00fchre ich folgende Beobachtungen an : Als eine Herzspitze durch eine Intensit\u00e4t des lnductionsschlages von 52, in Intervallen von 6 Secunden 100 mal hintereinander gereizt wurde, zuckte dieselbe in Folge des 1. bis 10. Reizes 2mal, des 11. bis 20. R. 2mal, des 21. bis 30. R. 2mal, des 31. bis 40. R. 6mal, des 41. bis 50. R. 7mal, des 51. bis 60. R. 6mal, des 61. bis 70. R. 5mal, des 71. bis 80. R. 9mal, des 81. bis 90. R. 10mal, des 91. bis 100R. lOmal. Somit war die Ver-h\u00e4ltnisszahl der Zuckungen durch den Reiz mit mancherlei Schwankungen von 0,2 auf 1,0 gestiegen.\nIn einem andern Falle, in welchem die Reizst\u00e4rke ebenfalls 52 und das Intervall 6 Secunden betragen hatte, wuchs w\u00e4hrend einer Zahl von 40 Reizen f\u00fcr je 10 derselben die Verh\u00e4ltniss-zahl von 0,2 auf 0,4, auf 0,8 und gelangte dann auf 1,0. Nicht minder deutlich pr\u00e4gt sich die wachsende Empf\u00e4nglichkeit, welche die Herzspitze in Folge vieler unmittelbar hintereinander ausgef\u00fchrter Zuckungen gewinnt dadurch aus, dass die zur Erzeugung einer, regelm\u00e4ssigen Pulsfolge n\u00f6thige Intensit\u00e4t des Inductionsstromes abnehmen darf, wenn die Spitze im Verlaufe einer l\u00e4ngeren Versuchsreihe schon zahlreiche Contractionen ausgef\u00fchrt hat. Als Beispiele f\u00fcr dieses Verhalten m\u00f6gen die folgenden Angaben dienen.\nIntervall 5 Secunden.\nReizst\u00e4rken Zahl der Zuckungen Zahl der Reize\n200. 300. 200. 150. 100. 110. 115. 0,0. 1,0. 1,0. 1,0. 0,27. 0,8. 0,9.\nAls darauf dieselbe Herzspitze in Intervallen von je 10 Sec. gereizt wurde, entsprachen sich die Reizst\u00e4rken und das Ver-h\u00e4ltniss zwischen Reiz- und Zuckungszahlen in der Art, wie es die folgenden Zahlenreihen darlegen. In der obersten Reihe","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"606] \u00dcber d. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 153\nstehen die Reizst\u00e4rken und in der zweiten die entsprechenden Yerh\u00e4ltnisszahlen. \u2014\n115. 90. 110. 115.110. 105. 100. 90. 80. 70. 65.. 70. 68. 66. 60. 55. 50. 46. 42. 38. 42. 40. 42.\n1.0 0.0 0.6 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 0.7 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 0.0 0.9 0.2 0.7.\nBeobachtungen wie die vorliegende sprechen ganz besonders daf\u00fcr, dass die Empf\u00e4nglichkeit der Herzspitze durch die ausgef\u00fchrten Zuckungen gesteigert wird, da dieselbe Reizst\u00e4rke wechselnd bald zu einer aussetzenden und bald zu einer regelm\u00e4ssigen Pulsfolge f\u00fchrt, je nachdem sie auf einen andern Reiz folgte, der entweder den ersten oder den zweiten der genannten Effecte hervorrief.\nObwohl der Leser aus den bis dahin gemachten Mittheilungen schon ersehen kann, dass in den aussetzenden Pujsreihen die Zuckungen, ohne einer bestimmten Regel zu folgen, erscheinen und ausbleiben, so halte ich es doch f\u00fcr n\u00f6thig, dieses Verhallen besonders zu betonen und es durch die Wiedergabe einiger autographirten Reihen zu veranschaulichen. \u2014\nFig. VII.\nFig. VIII.\nJeder Punkt markirt einen Induetionsschlag.\nNach der Betrachtung dieser Figuren wird man erkennen wie schwierig es ist, ihren Inhalt durch das Wort streng richtig und doch \u00fcbersichtlich darzustellen und dass der von mir hiezu gew\u00e4hlte Ausweg eines Quotienten nur ein Nothbehelf ist, dessen Anwendung nur desshalb Entschuldigung findet, weil es durch ihn allein m\u00f6glich war, eine Reihe sehr eigenth\u00fcmlicher That-Sachen dem Verst\u00e4ndniss n\u00e4her zu bringen.\nWenn man die H\u00f6hen ins Auge fasst, zu welchen die zuckende Herzspitze das Quecksilber zu treiben vermag, so f\u00e4llt sogleich auf, dass der hierdurch ausgesprochene Umfang der","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nDu. H. P. Bowditcii\n[667\nZuckung in gar keiner Abh\u00e4ngigkeit zu dem Modus ihrer Wiederkehr steht. Denn es kann in beiden Reihen, der aussetzenden und der regelm\u00e4ssigen die Zuckung ebensowohl gleich als ungleich gross sein, und wenn das letztere eintritt, so kann die Zuckung in der aussetzenden Reihe ebensowohl gr\u00f6sser oder kleiner als in der regelm\u00e4ssigen sein. Aus diesem Verhalten darf man schliessen, dass der Reiz, welcher eine aussetzende Reihe veranlasst an und f\u00fcr sich ausreichend sei um das Maximum der Zuckungen hervorzulocken, dessen der Herzmuskel \u00fcberhaupt f\u00e4hig ist. Da er dieses aber nicht jedesmal bewirken kann, so sind wir gezwungen, ihn im Gegensatz zu demjenigen, welcher das Letztere vermag mit einem besondern Namen zu belegen,. Ich werde denjenigen Reiz, welcher jedesmal eine Zuckung veranlasst, so oft er eintrifft, den unfehlbaren nennen, W\u00e4hrend der andere, welcher die maximale Zuckung nur zeitweilig hervorruft der hinreichende Reiz heissen mag.\nWenn man nach dem Grunde sucht, wesshalb der hinreichende Reiz kein unfehlbarer ist, so tritt uns sogleich die negative Bestimmung entgegen, dass derselbe keinenfalls in einer Erm\u00fcdung der Muskelmasse gelegen sei. W\u00e4re eine solche Erm\u00fcdung vorhanden, so w\u00fcrde es unerkl\u00e4rlich sein, warum die Zuckung, wenn sie in einer aussetzenden Reihe eintritt nicht kleiner als in der regelm\u00e4ssigen ist, und noch weniger w\u00fcrde es mit dieser Unterstellung vereinbar sein, dass die h\u00e4ufige Wiederholung desselben Reizes in denselben zeitlichen Abst\u00e4nden den anf\u00e4nglich nur zureichenden in einen unfehlbaren Reiz verwandeln kann.\nSollte sich der Herzmuskel gegen die nat\u00fcrlichen Reize \u00e4hnlich verhalten wie gegen die Inductionssl\u00f6sse, so w\u00fcrden wir damit einen neuen Grund f\u00fcr den aussetzenden Puls namentlich solcher Herzen gefunden haben, deren Hemmungsnerven ausser Wirksamkeit gesetzt sind. Wenn ich gegenw\u00e4rtig noch Anstand, nehme, die Erscheinungen welche die Herzspitze zeigt auf das unversehrte Herz zu \u00fcbertragen, so liegt der Grund meines Bedenkens in der Anwesenheit der Ligatur die um das Muskelfleisch zur Befestigung der Can\u00fcle gelegt werden musste. Warum sollte diese Unterbindung des Ventrikels nicht \u00e4hnlich wie die des Vorhofs wirken? und w\u00e4re dieses der Fall, so w\u00fcrde mit ihr ein Hemmungs-Reiz gegeben sein, der dem unversehrten Herzen fehlte. Diese Hypothese empf\u00e4ngt gewissermassen eine Best\u00e4tigung durch eine Beobachtung, die ich beil\u00e4ufig gemacht","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"608] \u00dcber D. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 155\naber leider nicht weiter verfolgt habe ; sie besteht darin, dass die St\u00e4rke des Reizes, welche eine regelm\u00e4ssige Pulsfolge ausl\u00f6sen soll betr\u00e4chtlich anwachsen muss, wenn man zu der schon vorhandenen Ligatur eine neue hinzuf\u00fcgt, wie dieses zuweilen geschehen muss, wenn die erste Unterbindung nicht dicht um die Can\u00fcle geschlossen hat.\nIm entgegengesetzten Sinne wie die Ligatur wirkt zuweilen die Einf\u00fchrung frischen Serums in die H\u00f6hle der Herzspitze; \u00f6fter konnte man nach diesem Wechsel die St\u00e4rke des Reizes bedeutend herabmindern, ohne dass derselbe seine Unfehlbarkeit einb\u00fcsste.\n2. Vom Umfang der Herzzuckung. F\u00fcr die Gr\u00f6sse, welche die Zuckung der Herzspitze erreichen kann, ist die Zeit, die zwischen ihr und einer vorhergehenden Contraction verstrich von einer solchen Bedeutung, dass es nothwendig ist ihre Wirkung vor allem zu betrachten. Hiebei wird immer vorausgesetzt, dass die H\u00f6hle der Herzspitze mit frischem r\u00f6th-lichen Serum des Kaninchenblutes gef\u00fcllt sei, und dass der in regelm\u00e4ssigen Intervallen wirksame Reiz nicht nur ein maximaler sei, sondern dass er auch die St\u00e4rke des unfehlbaren besitze.\nFig. IX.\nQuecksilbermanoraeter. Fig. X.\nWassermanometer.\nWar vor dem Beginn einer in etwa 4 bis 6 Secunden Intervall aufeinander folgenden Reihe von immer gleich intensiven Reizen die Herzspitze mehrere Minuten hindurch in vollkommener Ruhe gewesen, so l\u00f6st diese eine Folge von Zuckungen aus, wie sie in den Holzschnitten IX u. X wiedergegeben ist. Die Autographen sind von zwei verschiedenen Herzen geschrieben ; IX arbeitete in ein Quecksilber- X in ein Wassermanometer.","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nDk. H. P. Bowditch,\n[669\nDie erste Zuckung, welche nach einer Pause von Minuten langer Dauer hervorgerufen wird ist also die kleinste, und jede folgende nimmt an Umfang zu, jedoch in der Weise, dass mit der steigenden Zahl der Zuckungen der Zuwachs kleiner und kleiner wird bis er endlich ganz verschwindet; von nun an besitzen die hintereinander auftretenden Zuckungen denselben Umfang. Wir wollen eine so beschaffene Reihe von Zuckungen unter dem Namen ein er T reppe zusammenfassen. Da die Stufen verschiedener Treppen, die von demselben Herzen gewannen wurden r\u00fccksichtlich ihrer minimalen und maximalen Gr\u00f6ssen sowohl wie auch ihrer Zwischenglieder mancherlei Abweichungen von einander bieten, so wird es die n\u00e4chste Aufgabe sein, die Bedingungen dieser Variation aufzusuchen, und insbesondere zu ermitteln, in wie weit dieselbe von der St\u00e4rke, der Richtung und dem Intervall des reizenden Inductionsstromes abh\u00e4ngig sei.\nBei der Ausf\u00fchrung der Versuchsreihen, welche durch diese Fragestellung vorgezeichnet sind ergiebt sich zun\u00e4chst, dass die Gestalt, welche die Treppe annimmt von der Richtung und der St\u00e4rke des Inductionsstromes durchaus unabh\u00e4ngig ist. Obwohl dieses von vornherein erwartet werden konnte, da die angewendeten Reize s\u00e4mmtlich maximale waren, so habe ich mich dennoch durch die sorgf\u00e4ltigsten Versuche davon \u00fcberzeugt, dass der Umfang der ersten, der Zuwachs von einer zur andern und die Gr\u00f6sse der maximalen Zuckung von den genannten Eigenschaften des Reizes nicht beeinflusst werden.\nL\u00e4sst man zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Reihen mindestens f\u00fcnf Minuten vergehn, so sind alle Zuckungen klein und an Gr\u00f6sse entweder vollkommen gleich oder nur in den Fehlergrenzen der Messung voneinander abweichend, trotzdem, dass die Richtung der Str\u00f6me bald auf- und bald absteigend und die Intensit\u00e4ten derselben sehr verschieden gew\u00e4hlt werden.\nAuf gleiche Weise verh\u00e4lt es sich mit dem Zuwachs, der zwei rascher aufeinanderfolgende Zuckungen unterscheidet. Um eine Zahl von vergleichbaren Beobachtungen zu erhalten, liess ich die Herzspitze 5 Minuten ruhen und erregte sie dann durch zwei Reize von denen der zweite auf den ersten in einem Intervall von einigen Secunden folgte; alsdann ruhte die Herzspitze von Neuem 5 Minuten und abermals folgten sich in dem fr\u00fchem Intervall ein Paar von Reizen u. s. f. W\u00e4hrend so die Pausen und die Intervalle zwischen den Reizen sich gleich blieben, ward","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"670! \u00dcber i). Reizbarkeit n. Muskelfasern n. Herzens. 157\ndie Intensit\u00e4t des Stroms mannigfach ge\u00e4ndert. \u2014 Nach den vorstehenden Angaben sind die zw\u00f6lf Paare von Zuckungen gewonnen, welche in der nachstehenden Tabelle stehn.\nPause zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Treppen = \u00f6 Minuten. Intervall zwischen zwei Stufen = 6 Secunden.\nNummer d. Treppe.\tNummer der Zuckung\tH\u00f6he des Hubes in m.m. Hg.\tSt\u00e4rke d. Induct.- Schlages am gra-duirten Schlitten.\tUnterschied d. Hubh\u00f6hen.\tRichtg. d. Indcts.\nI.\t1.\t11.0\t90\t1.4\tAufsteigend\n\t2.\t12.4\t90\t\t-\nII.\t1.\t11.0\t90\t1.4\t_\n\t2.\t12.4\t100\t\t-\nIII.\t1.\t11.0\t90\t1.4\t-\n\t2.\t12.4\t90\t\t-\nIV.\tI.\t11.0\t90\t1.4\t-\n\t2.\t12.4\t120\t\t-\nV.\t1.\t10.4\t90\t1.8\t_\n\t2.\t12.2\t120\t\t-\nVI.\t1.\t10.2\t90\t1.2\t\n\t2.\t\t\t\t\n\t\t11.4\t130\t\t\nVII.\t1.\t11.0\t90\t1.4\t-\n\t2.\t12.4\t90\t\t-\nVIII.\t1.\t11.0\t78\t1.6\t-\n\t2.\t12.6\t78\t\u2022\t\"\nIX.\t1.\t11.0\t90\t1.8\t\n\t\t\t\t\t\n\t2.\t12.8\t90\t\u2022\t\nX.\t1.\t11.0\t90\t1.8\t-\n\t2.\t12.8\t150\t\t\nXI.\t1.\t11.0\t90\t1.8\t-\n\t2.\t12.8\t90\t\t\nXII.\t1.\t11.0\t90\t1.8\t-\n\t2.\t12.8\t90\t\tAbsteigend","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nDr. H. P. Bowditch,\t[671\nUm die Genauigkeit zu w\u00fcrdigen, mit welcher die vorstehenden Zahlen die Unabh\u00e4ngigkeit des Zuwachses der Zuckungen von den Eigenschaften des Reizes darthun, ist zu erw\u00e4gen, dass die Hubh\u00f6hen wegen bekannter Eigenschaften des Manometers nur halb so gross aufgezeichnet werden als sie in Wirklichkeit ausgef\u00fchrt werden. Da in der vorstehenden Tabelle die Zahlen selbstverst\u00e4ndlich den vollen Werth der Hubh\u00f6he wiedergeben, so ist auch der Fehler der Messung um das Doppelte ver-gr\u00f6ssert. Weil nun aber bei der Ausmessung von Strichen, die mit Dinte auf Papier gezeichnet werden, Qr\u00f6ssen von 0,1 M. M. unzweifelhaft in das Bereich der Fehler fallen, so k\u00f6nnen bei der Combination zweier solcher Messungen Unterschiede von \u00b10,2 M.M. nicht als ein Ausdruck f\u00fcr Abweichungen gelten die thats\u00e4chlich begr\u00fcndet sind. Betrachtet man von diesem Gesichtspunkte aus die Zahlen der Tabelle, so wird man zu der Ueberzeugung kommen dass die Uebereinstimmung der Unterschiede welche die aufeinander folgenden Zuckungspaare aufweisen eine sehr grosse ist. Wollte man aber daran einen An-stoss nehmen dass die 4 obern Paare zwar unter sich gleich aber einen um 0,4 M. M. geringem Unterschied darbieten als die 4 letzten ebenfalls unter sich gleichen Differenzen, so w\u00e4re zu erw\u00e4gen dass in einer stundenlangen Beobachtungsreihe, wie die vorliegende die Muskelmasse der Herzspitze merkliche Aende-rungen ihrer Eigenschaften erfahren konnte. Dieses vorausgesetzt w\u00fcrden al^o nur die Beobachtungen unter einander vergleichbar sein welche in Zeiten gewonnen sind, die nicht allzuweit von einander abstehen. F\u00fchrt man aber diese wohl begr\u00fcndete Annahme in die Beurtheilung der vorstehenden Zahlen ein, so l\u00e4sst ihre Beweiskraft f\u00fcr den ausgesprochenen Grundsatz nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig. Alle Versuche die ich nach demselben Plane anstellte, haben dasselbe Resultat ergeben.\nNachdem wir gesehen haben, dass die Minima der Hubh\u00f6hen und der Zuwachs, um den sich zwei in gleichen Intervallen aufeinanderfolgende unterscheiden, von der St\u00e4rke und Richtung der Reize unabh\u00e4ngig sind, w\u00fcrde uns derselbe Nachweis nur noch f\u00fcr das Maximum der Zuckung \u00fcbrig bleiben. F\u00fcr dieses ist er aber schon gef\u00fchrt in der ausgedehnten Reihe von Beobachtungen, die \u00fcber den zureichenden und unfehlbaren Reiz angestellt wurden, wie dieses auch auf p. 667 erw\u00e4hnt ist.","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"672] \u00dcber n. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 159\nDie Erfolge gestalten sich jedoch ganz anders, wenn man statt der Intensit\u00e4t des Inductionsschlages den Zeitraum variirt, welcher zwei aufeinanderfolgende von einander trennt. Dieses Intervall gewinnt den bedeutendsten Einfluss, vorausgesetzt jedoch, dass die Reize auch wirklich Zuckungen ausl\u00f6sen. Da sie ohne dieses als vollkommen ungeschehen anzusehen sind, so w\u00fcrde es richtiger sein von einem Intervall der Zuckungen statt von einem solchen der Reize zu sprechen. Eine Vertauschung des Ausdrucks l\u00e4sst sich desshalb nur so lange rechtfertigen, als man unter Reizen unfehlbare versteht. Um die Abh\u00e4ngigkeit des Umfangs der Zuckung vom Intervall der Reize darzulegen kann man auf verschiedene Weise verfahren.\na. Man lasse nachdem eine Pause von zwei bis f\u00fcnf Minuten vorausgegangen zwei Zuckungen auf einander folgen. Das Intervall welches die Zuckungen eines Paares von einander trennt w\u00e4hle man nach einer bestimmten Regel ver\u00e4nderlich also z. B. so, dass dasselbe zwischen dem ersten Paar 4 Secunden, zwischen dem zweiten Paar 6 Secunden und so fort bis zu einer Min. und mehr betrage, alsdann lasse man absteigend das Intervall wieder bis zu 4 Secunden sinken. Ein Versuch, der auf diese Weise durchgef\u00fchrt ist, zeigt, dass die ersten Zuckungen aller Paare nahezu, wenn nicht vollkommen, gleich gross sind. Die zweiten Zuckungen der Paare sind dagegen ungleich gross ; und im Allgemeinen gr\u00f6sser als die ersten Zuckungen. Der Werth, um welchen sie die erste Zuckungsh\u00f6he \u00fcbertreffen, wird jedoch um so kleiner, je l\u00e4nger das Intervall dauerte welches die beiden zu einem Paare geh\u00f6rigen Zuckungen von einander trennte. Das Bild zu welchem eine derartige Beobachtungsreihe f\u00fchrt ist in dem nachstehenden Holzschnitt wiedergegeben.\nFig. XI.\nIl\tH\tH\tH\til\til\til\tH\tH\th\tH\tli\tli\n6\"\t12\"\t18\"\t24\"\t36\"\t48\"\t1<\t48\"\t36\"\t24\"\t18\"\t12\"\t6\".\nb. Wie hiernach der Zuwachs zweier aufeinanderfolgender Schl\u00e4ge, so wird auch die h\u00f6chste Stufe, welche die Treppe erlangen kann durch das Intervall der Reize bestimmt. Dieser Satz l\u00e4sst sich leicht folgendermassen beweisen ; man schicke unfehlbare Reize in einem gegebenen Intervall so vielmal hinter-","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nI)k. II. P. Bowditch,\n[673\neinander durch die Herzspitze, bis die Hubh\u00f6he nicht mehr weiter steigt. Von nun an \u00e4ndere man das Intervall und fahre dann abermals mit den Reizen so lange fort bis wiederum die einander folgenden Zuckungen gleich gross sind u. s. w. Auch hier empfiehlt es sich nach einer bestimmten Regel die Dauer der Intervalle zu \u00e4ndern und sie in auf- und absteigender Reihe anzuwenden. Als Beispiele f\u00fcr diese Art der Beobachtung hebe ich aus meinen Versuchen folgende beide hervor, die an zwei verschiedenen Herzspitzen gewonnen sind. In den obern Zahlenreihen stehen die Intervalle in Secunden, in der untern die Maxima der Hubh\u00f6hen ; sie sind so geordnet dass unter jedem Intervall die gr\u00f6sste Hubh\u00f6he verzeichnet ist welche bei seiner Anwendung zu erlangen war. \u2014\nI.\n60. 30. 15. 10. 5. 4. 3. 2. 4. 5. 15. 60 Sec. 12.\u00b0 14.u 16.6 17.\u00b0 18.\u00b0 18.\u00b0 16.4 14.4 15.2 15.2 1 4.4 10\u00abm.m.\nII.\n5.\t60.\t30.\t20.\t5 Sec.\n24.4 IO.6\t15.4\t17.\u00ab\t23.\u00ab m.m.\nAus diesen Reihen ist zu ersehen, dass der h\u00f6chste Hub, welchen die mit reinem Serum erf\u00fcllte Herzspitze vollf\u00fchren kann bei einem Intervall zwischen 4 und 5 Secunden zum Vorschein kommt ; verl\u00e4ngert sich dasselbe, so nimmt die Hubh\u00f6he fortw\u00e4hrend ab, bis sie, je nach der Individualit\u00e4t des Herzens, bei einer Pause bis f\u00fcnf Minuten auf einem Minimum anlangt, unter das sie auch l\u00e4ngere Ruhe nicht herabdr\u00fcckt. Und nicht minder sinkt d\u00e8r Umfang der Zuckungen, wenn man das Intervall von vier Secunden bis auf zwei verk\u00fcrzt. Unter eine geringere Dauer desselben bin ich selten herabgegangen, weil sich von nun an entweder die Zuckungen zum Tetanus summiren, oder nicht h\u00e4ufiger werden, als bei einem Zeitintervall von zwei Secunden. Das Verhalten der Herzmuskeln gegen rasch aufeinanderfolgende Reize bedarf einer besondern Untersuchung, die namentlich unter Ber\u00fccksichtigung der mit der Jahreszeit wechselnden Reizbarkeit zu f\u00fchren ist.\nMit dem Schl\u00fcssel, welchen die entwickelten Gesetzm\u00e4ssigkeiten an die Hand geben f\u00e4llt es nicht mehr schwer, anzugeben ob eine Zuckung der Herzspitze gr\u00f6sser oder kleiner als eine vorhergehende oder eine sp\u00e4tere sein wird, wenn Uber die Auf-","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"674] \u00dcberd. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 16l\neinanderfolge der Reize disponirt ist. Dabei ist jedorh vorausgesetzt, dass die beiden zu vergleichenden Zuckungen nicht durch eine gr\u00f6ssere Zahl in der Mitte liegender getrennt sind, weil unter dieser Redingung neue Einfl\u00fcsse zur Geltung kommen.\nDenn die Abh\u00e4ngigkeit, in welcher der Umfang von der Zahl der ausgef\u00fchrten Zuckungen und ihrer zeitlichen Folge steht, ersch\u00f6pft sich nicht mit dem Ausdruck, den sie in der Treppe empf\u00e4ngt; dieses ist selbstverst\u00e4ndlich, da die Herzspitze, wie jeder andere Muskel, in Folge der Arbeit an Leistungsf\u00e4higkeit verliert; schickt man also durch die Herzspitze eine grosse Zahl von unfehlbaren Reizen, so nehmen die Hubh\u00f6hen gradatim bis zum endlichen Verschwinden ab. Ueber den Gang nach welchem diese Erm\u00fcdung geschieht kann ich das Folgende aus-sagen Wenn man nach den Vorschriften von H. Kronecker die obern Enden der in gleichen Abst\u00e4nden \u00fcber dieselbe Abscisse geschriebenen Hubh\u00f6hen durch eine Linie, \u00bbdie Erm\u00fcdungs-curve \u00ab miteinander verbindet, so sieht man, dass dieselbe entweder geradlinig oder mit einer gegen die Abscisse gerichteten Convexit\u00e4t zu dieser herabsteigt. Ver\u00e4nderte sich mit der wachsenden Zahl der Contractionen der Umfang der Verk\u00fcrzung, den die einzelne Muskelfaser erleidet, am Herzen in derselben Weise wie an den Schenkelmuskeln, so w\u00fcrde die Curve der Erm\u00fcdung ihre Concavit\u00e4t nach der Abscisse gerichtet haben, so dass der Abfall der Zuckungen w\u00e4hrend der Erm\u00fcdung das Gegenbild ihres Aufsteigens in derTreppe gewesen w\u00e4re. Ueber den .Grund der Erscheinung, die dem Herzmuskel den Anschein giebt, als ob die Gr\u00f6sse seiner Erm\u00fcdung mit der wachsenden Zahl der Zuckungen abn\u00e4hme, wage ich aus Mangel an Versuchen keine Aeusserung. Auf die Steilheit, in welcher die Er-m\u00fcdungscurve abf\u00e4llt \u00fcbt einen sichtbaren Einfluss das Intervall der Reize. Auch \u00fcber diesen Punkt muss ich vorerst das Ausf\u00fchrlichere schuldig bleiben und mich nur auf die Vorlage zweier (Fig.XII u. XIII) aus meinen hier einschlagenden Reobachtungen beschr\u00e4nken.\nFig. XII.\n< \u20ac<\nIntervall von 2 Seounden.","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nDr. H. P. Bowditch,\t[675\nFig. XIII.\nIntervall von 4 Secunden.\nWenn die Zuckungen der Herzspitze in Folge der Erm\u00fcdung endlich zu schwach geworden sind, um das Quecksilber noch sichtlich zu heben, so kann man dieselben, \u00e4hnlich wie die des erm\u00fcdeten Sceletmuskels, wieder dadurch anfachen, dass man das Serum mit welchem der Ventrikel bisher gearbeitet durch neues ersetzt. \u2014 Die Arbeitsf\u00e4higkeit, die das Herz durch diesen Wechsel gewinnt ist in der Regel nicht unbedeutend, aber sie ist bei weitem nicht so gross als die, welche urspr\u00fcnglich vorhanden war. Ist die Herzspitze zum zweitenmal durch die ausgef\u00fchrten Zuckungen erm\u00fcdet, so kann sie sich durch eine erneute Ver\u00e4nderung des Serums noch einmal erholen, aber die Leistungsf\u00e4higkeit, welche jetzt erzielt wird ist noch geringer als die durch den ersten Serumwechsel hervorgerufene. F\u00e4hrt man in dieser Weise mit der Erm\u00fcdung und dem Wechsel des Serums fort, so gelangt man allm\u00e4hlig an einen Punkt in welchem der Zusatz neuen Serums unwirksam wird. Als ein Beispiel f\u00fcr dieses in verschiedener Richtung beachtenswerthe Verhalten mag der folgende Holzschnitt dienen. Um ihn zu verstehn ist zu\nFig. XIV.\n100 200 530\nbeachten, dass statt der autographirten Zuckungen nur der Abfall der Erm\u00fcdungslinie gezogen ist, und die Abscisse, \u00fcber die sie l\u00e4uft verk\u00fcrzt ist. Ihre L\u00e4nge ist der Zahl der Zuckungen proportional genommen, welche vom Maximum bis zum Verschwinden derselben ausgef\u00fchrt werden.\nDie oberste der drei Linien stellt den Abfall der Erm\u00fcdung","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"676] \u00dcber d. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 163\nder frischen Herzspitze dar ; die L\u00e4nge der Abscisse entspricht einer Zahl von 530 Zuckungen; die zweite Linie giebt die Erm\u00fcdung nach dem ersten Serumwechsel ; die L\u00e4nge der Abscisse entspricht einer Zahl von 200 Zuckungen; die dritte Linie endlich giebt die Erm\u00fcdung nach dem zweiten Serumwechsel ; die L\u00e4nge der Abscisse entspricht einer Zahl von 100 Zuckungen. \u2014 Durch die Vergleichung der Erm\u00fcdungslinien ergiebt sich also, dass bei jeder neuen Erholung nicht allein das Maximum der Zuckung kleiner wird, sondern dass auch die Steilheit ihres Absinkens zunimmt.\nAusser den an einem Sceletmuskel zu gewinnenden Aufschl\u00fcssen gew\u00e4hrt die Herzspitze noch einen neuen, der sich auf die Stellung bezieht, welche der in verschiedenen Graden erm\u00fcdete Muskel zu den Qualit\u00e4ten des Serums einnimmt. Dieselbe Menge des urspr\u00fcnglich immer gleich beschaffenen Serums machte zuerst 500, dann nur 200 und endlich nur 100 Zuckungen m\u00f6glich. Also w\u00fcrde die weniger als halbe Zahl der Zuckungen, welche der Muskel nach der ersten Wiederherstellung gab entweder- das Serum ebenso stark ver\u00e4ndert haben, als die welche die frische Herzspitze vollf\u00fchrte, oder es muss, wenn dieses nicht der Fall, das Serum reicher an erholendem Stoffe sein, wenn es statt eines frischen den schon einmal erm\u00fcdeten Muskel wieder hersteilen soll. Auch \u00fcber diese wichtige Alternative m\u00fcssen weitere Versuche entscheiden.\nAbgesehen von der Ausdauer und der Gr\u00f6sse des Hubes unterscheidet sich der erm\u00fcdete Muskel nicht von dem frischen ; namentlich ist ihm das treppenartige Anwachsen der Zuckungsh\u00f6hen und die Abh\u00e4ngigkeit der letztem vom Reizintervall ebenfalls eigen.\nDie Reizbarkeit des Herzens wird eine wesentlich andere wenn man seine H\u00f6hle statt mit reinem Serum, mit andern Fl\u00fcssigkeiten f\u00fcllt, beziehungsweise dem Serum Gifte zusetzt. Da die neuen Erscheinungen die bisher vorgetragenen wesentlich aufkl\u00e4ren, so soll ihre Reschreibung sogleich folgen.\nA. Eine L\u00f6sung von 0,5 gr. Na CI. u. 4,0 gr. Gummi arab. in 100 Th. Wasser. Diese Fl\u00fcssigkeit wendete ich urspr\u00fcnglich in der Absicht an, um das nicht immer bereite Serum zu ersparen; bei ihrer Anwendung stellte sich aber","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nDr. H. P. Bowditch,\n[677\nheraus, dass dieselbe dem Herzen mannigfach andere Eigenschaften ertheilt, so dass meine Erwartungen zwar nicht erf\u00fcllt, wohl aber \u00fcbertroffen wurden. \u2014 Die auffallendste Abweichung zeigte das mit Gummil\u00f6sung erf\u00fcllte Herz durch sein Verhalten nach einer langem Ruhezeit. Wenn nach ihrem Ablauf die regelm\u00e4ssige Folge der Reize wieder eingeleitet wurde, so fehlte das treppenf\u00f6rmige Ansteigen der aufeinanderfolgenden Zuckungen. Um mich davon zu \u00fcberzeugen, dass dieser Ausfall nicht auf die Individualit\u00e4t des Herzens sondern auf die chemischen Eigenschaften der Fl\u00fcssigkeit zu beziehen sei wurde dieselbe Herzspitze wechselnd erst mit Serum dann mit Gummil\u00f6sung und schliesslich wieder mit Serum gef\u00fcllt, und jedesmal eine l\u00e4ngere Zeit gewartet ehe die gleichstarken und in gleichem Intervall eintreffenden Inductionsschl\u00e4ge durch den Herzmuskel geleitet wurden. \u2014 Der Holzschnitt XV giebt das Resultat eines Versuches wieder.\nPig. XV.\nSerum\tGummil\u00f6sung\tSerum\nDer Ausfall des treppenf\u00f6rmigen Ansteigens der Zuckungen war \u00fcbrigens nicht in allen Beobachtungsreihen so scharf ausgepr\u00e4gt, wie in dem vorgelegten Autograph, aber auch da, wo es erschien, trug dasselbe insofern einen abortiven Charakter, als schon nach einer oder nach zwei Zuckungen das Maximum erreicht war. Im Allgemeinen schienen die Beobachtungen daf\u00fcr zu sprechen, dass nach sehr langen Pausen von 10 Minuten und mehr diese abortiven Treppen h\u00e4ufiger als nach kurzen auf-treten. \u2014 An die Stelle der Erscheinung, dass innerhalb gewisser Grenzen mit dem Wachsen der Ruhezeit die erste der auszul\u00f6senden Zuckungen abnahm, trat nun die entgegengesetzte Wirkung der Ruhe ; es wuchs die erste der nach ihr ausgel\u00f6sten Zuckungen mit der Dauer derselben, und zwar in einem nicht unbedeutenden Grade, wenn man die genannte Zeit 10 Minuten lang w\u00e4hren liess. Somit verhielt sich jetzt die Herzspitze wie jeder andere quergestreifte Muskel, aber, wie mir scheint, doch nur qualitativ, denn die Erholung war am Herzen eine viel m\u00e4chtigere als an den Muskeln, welche ich in den Versuchen","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"678] \u00dcber d. Reizbarkeit d. Muskelfasernd. Herzens. 165\nmeines Freundes Kronecker arbeiten sab. Ihr Anspruch auf eine gr\u00f6ssere Erholung st\u00fctzte sich nicht allein auf die viel gr\u00f6ssere Hubh\u00f6he, welche die Herzspitze unmittelbar nach jeder langem Ruhe ausf\u00fchren konnte, sondern namentlich darauf, dass die in der Erholungszeit gewonnene Leistungsf\u00e4higkeit durchaus nicht so rasch wieder abfiel, wie dieses am gew\u00f6hnlichen Sceletmuskel zu geschehen pflegt. Als ein Beispiel daf\u00fcr, was die Ruhe f\u00fcr das mit Gummil\u00f6sung gef\u00fcllte Herz leisten kann, gebe ich statt schwierig zu \u00fcbersehender Zahlen in dem folgenden Holzschnitt das Bild eines Versuches wieder. Auf y sind die Hubh\u00f6hen in der vom Schwimmer gezeichneten Gr\u00f6sse getragen, auf x dagegen sind die L\u00e4ngen den Zahlen der ausgef\u00fchrten Schl\u00e4ge proportional. Jede der 6 Linien entspricht einer Reihe von Schl\u00e4gen, die je 7 bis 10 Minuten nach Abschluss der vorhergehenden begann. Der ausgezogene Theil dieser Linie ist nach der Zahl der wirklich ausgef\u00fchrlen Schl\u00e4ge construirt, der getupfte unter der Voraussetzung weitergezogen, dass der Abfall der Hubh\u00f6hen in den nicht beobachteten Schl\u00e4gen gerade so wie in den beobachteten stattgefunden. Die Zahlen unter der Abscisse bedeuten, wie viel Schl\u00e4ge bis zu dem Punkte, wo sie stehn von der Herzspitze ausgef\u00fchrt sind.\nFig. XVI.\t1\t\u2014 y\n115\t70\t40\nNach diesen und \u00e4hnlichen Versuchen d\u00fcrfte nicht allein der vorhin gelhane Ausspruch Uber die Erholung durch Ruhe, sondern auch der Wunsch berechtigt sein, durch eine besondere Versuchsreihe den Gang der Erscheinungen weiter zu verfolgen, wobei nach meinen Beobachtungen namentlich auch die alterni-rende F\u00fcllung mit Serum nicht vernachl\u00e4ssigt werden d\u00fcrfte.\nVerh\u00e4lt sich bis dahin die mit Gummi gef\u00fcllte Herzspitze anders als die serumhaltige, so gleicht sie in allen \u00fcbrigen St\u00fccken dem letztem, indem Alles, was dort \u00fcber den zureichenden und unfehlbaren Reiz gefunden ward, auch hier in voller Geltung steht.\nB. L\u00f6sung von Muscarin in Kaninchenserum. Dieses durch die Untersuchungen von Schmiedeberg ber\u00fchmt","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nDr. H P. BowDiTcn\n[679\nu\u00e8wordene Gift wurde dem Serum aus Kaninchenblute zugesetzt, das in die H\u00f6hle der Herzspitze gef\u00fcllt wrar, und um die Wirkung des Giftes unabh\u00e4ngig von den Eigent\u00fcmlichkeiten des dem Versuche ausgesetzten Herzens zu erkennen, ward dasselbe vor der Vergiftung einer Reihe von Reizen ausgesetzt. Hiebei zeigte sich nun (sieheden folgenden Holzschnitt), dass das treppen-\nFig. XV\u00cfI.\nl\u00dciiiilliiMlijMliiljlil________li^iiLLLumui\u00fciujim\nNormal\tMuscarin\nartige Ansteigen der Zuckungen, welches durch eine Reihe unfehlbarer Reize nach einer langem Ruhe erzeugt wird, sich dahin ver\u00e4ndert, dass die minimale und maximale Zuckung und ebenso der Zuwachs von einem zum andern Hube w\u00e4hrend der Vergiftung auffallend kleiner als vorher wurden. Hieraus folgt denn schon, dass bei Reizen von gleichen Intervallen das Zuckungsmaximum am unvergifteten Herzen sich immer gr\u00f6sser als am muscarinirten stellt. Diese Regel erleidet jedoch eine beachtenswerthe Abweichung bei Intervallen die k\u00fcrzer als vier Sec. sind. Man w7ird sich erinnern, dass wenn das Intervall der Reize, die am unvergifteten Herzen wirkten bis zu einer Dauer von vier Secunden abgenommen hatte, die gr\u00f6sste Zuckung erhalten wurde, die \u00fcberhaupt zu gewinnen war, dass aber, wenn sich die Reize noch schneller folgten z. B. nach je drei oder zwei Secunden die Zuckungsh\u00f6he absank. An der mit Muscarin vergifteten Herzspitze w\u00e4chst dagegen die Zuckungsh\u00f6he fort und fort mit dem abnehmenden Intervall, so dass hier die gr\u00f6sste Hubh\u00f6he erschien, als sich die Reize in je zwei Secunden folgten, und da bei diesem kurzen zeitlichen Abstand die Zuckungen der Herzspitze sehr bedeutend emporsteigen, so ist die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, dass das Zuckungsmaximum, das ein vergiftetes Herz bei 1 Secunde Intervall erVeicht gr\u00f6sser ist, als das unter denselben Umst\u00e4nden vom unvergifteten Herzen gewonnene.\nDie Wirkungen, welche soeben beschrieben sind treten nach der MuscarinVergiftung nicht momentan, sondern erst dann deutlich hervor, wenn seit dem Beginn derselben mindestens 10 Minuten verstrichen sind. Wird das vergiftete Herz zu zahlreichen Zuckungen veranlasst, so verschwindet die Wirkung des Mus-","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"167\n680] \u00dcber d. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens.\ncarins etwa iin Verlauf von 1\u20142 Stunden allm\u00e4hlig; ist dieses geschehn, so kann die Herzspitze abermals durch eine neue Gabe des Muscarins vergiftet werden.\nDa die M\u00f6glichkeit denkbar war dass das Muscarin den Elasticit\u00e4tscoefficienten der Herzwand herabsetzte, und da, w\u00e4re dieses geschehn, der geringe Zuckungsumfang der Herzspitze aus einer verminderten elastischen Spannung der Vand abzuleiten gewesen w\u00e4re, so steigerte ich die letztere dadurch dass ich das ruhende Herz unter einem hohem Druck als gew\u00f6hnlich f\u00fcllte. Diese Druckerh\u00f6hung zeigte sich jedoch f\u00fcr den Zuckungsumfang als durchaus unwirksam ; der letztere blieb unver\u00e4ndert, gleichm\u00fctig ob das ruhende Herz unter einer 30 oder einer 100 M. M. hohen Wassers\u00e4ule stand.\nMit Ausnahme der erw\u00e4hnten verhielt sich die mit Muscarin vergiftete Herzspitze in allen \u00fcbrigen Punkten wie die un vergiftete.\nG. L\u00f6sung von Atropin in Ka ninch e n s e ru m. Nach den gl\u00fccklichen Versuchen mit Muscarin lag es nahe auch die Wirkung seines Gegengiftes, des Atropins zu pr\u00fcfen. Zun\u00e4chst ward so verfahren, dass der Reihe nach dieselbe Herzspitze zuerst un vergiftet, dann mit Muscarin und endlich mit Atropin vergiftet nach vorausgegangener Ruhezeit einer Reihe unfehlbarer Reize ausgesetzt ward. In der That zeigte sich auch hier das Atropin als ein Antidotum des Muscarins. In den drei verschiedenen Zust\u00e4nden wurden Zuckungsreihen erhalten, wie sie der folgende Holzschnitt wiedergiebt. \u2014 Vom unvergifteten Herzen ist a, vom muscarinirten b, vom atropinirten c geliefert.\nFig. XVIII.\nNormal\nMuscarin\tAtropin\nDurch das Atropin wurde also das 'stufenartige Ansteigen der Zuckungen zum Verschwinden gebracht, w\u00e4hrend es durch das Muscarin in st\u00e4rkerem Grade ausgepr\u00e4gt worden war.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"Ifi8\nDr. H. P. Bowditch,\n[681\nAn diese Thatsache reihten sich die folgenden andern. \u2014 Bei voller Vergiftung war die erste Zuckung nach einer langem Ruhe die gr\u00f6sste. Wurden hinter ihr her die Schlage wiederholt, so trat ein Ahsinken derselben ein, das um so steiler ward je k\u00fcrzer die Zwischenzeiten der Reize gew\u00e4hlt wurden. Aendert sich also in einer l\u00e4ngern Reihe aufein inderfolgender lnductions-sehl\u00e4ge das Intervall, so wird der Umfang der Zuckung mit der wachsenden Zwischenzeit zunehmen, so dass die h\u00f6chste der erreichbaren Zuckungen nicht wie w\u00e4hrend der Muscarinvergiftung bei 2 Sec. oder bei dem mit Serum gef\u00fcllten unvergif-teten Herzen bei 4 Secunden langem Intervalle, sondern weit ab gegen die langen Intervalle hin liegt. \u2014\nDie absoluten Gr\u00f6ssen des Zuckungsumfanges, welche die Herzspitze erreichen kann sind im atropinirten Zustande bedeutender als im unvergifteten ; wie gross der Unterschied zu werden vermag zeigt der nachstehende Abdruck zweier Autographien von denen a vor u. b nach der Atropinvergiftung gewonnen ist.\nDie Dosen des Atropins; \u201d\u2014\u25ba\tFig. xix.\twelche nothwendig sind , um\ndie bis dahin beschriebenen Wirkungen deutlich hervortreten zu lassen, sind im Verh\u00e4lt-'IHIHIIII\t1.1 II niss zu denjenigen, welche man\n1\t\u00f6\tnach Schmiedeberg am unver-\nAtropin\tNormal\tsehrten Herzen behufs der Ver-\ngiftung anwenden muss, grosse zu nennen. W\u00e4hrend dort unw\u00e4gbare Spuren gen\u00fcgen, reichten hier erst 0,6 Milligrammen des Giftes die in die H\u00f6hle der Herzspitze gebracht wurden, aus. In allen andern als den erw\u00e4hnten Beziehungen verhielt sich das atropinirte Herz wie das unver-giftete.\nD. L\u00f6sung von Delphinin in Kaninchenserum. \u2014 Gr\u00f6ssere Gaben dieses Giftes z. B. ein Milligramm zerst\u00f6ren die Reizbarkeit rasch; werden dagegen kleinere von z. B. 0,1 Milligramm dem Inhalt der Herzspitze zugesetzt, so erh\u00e4lt sich die Reizbarkeit derselben lange Zeit unter dem Auftreten sehr be-merkenswerther Erscheinungen. \u2014 Ein Inductionsstrom, welcher vor der Vergiftung stark genug war, um als unfehlbarer Reiz zu wirken, reicht nach der Vergiftung zu dem genannten Zwecke nicht mehr aus, so dass, um eine regelm\u00e4ssige Pulsfolge zu","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"682] \u00dcber d. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 169\nerzielen die St\u00e4rke des Inductionsstroms nicht unbedeutend an-wachsen muss. Oft genug hilft aber auch die m\u00e4chtigste Verst\u00e4rkung des Stromes zu dem beabsichtigten Zwecke nicht. Wenn aber nur die st\u00e4rksten Reize Zuckungen ausl\u00f6scn und auch diese, trotzdem dass sie in regelm\u00e4ssigen Intervallen auf-treten, nur dann und wann eine Zuckung hervorrufen, so wird der Annahme nichts entgegenstehn, dass die delphinirte Herzspitze nicht bloss weniger reizbar geworden, sondern dass sie ihre F\u00e4higkeit, von den Inductionsschl\u00e4gen erregt zu werden, zeitweilig ganz verloren habe.\nBei der Vergiftung mit Delphinin verschwindet ebenso wie bei der mit Atropin die Treppe.\nW\u00e4hrend der Vergiftung mit Delphinin treten aber auch ohne Zuthun \u00e4usserer Reize Zuckungen der Herzspitze auf, welche also von inneren Reizen ausgel\u00f6st sein m\u00fcssen. Diese selbstst\u00e4ndigen Zuckungen sind zwar an Umfang und an Arbeitskraft sehr verschieden, aber viele von ihnen stehen an St\u00e4rke den kr\u00e4ftigsten Contractionen der unvergifteten Herzspitze nicht nach und einzelne \u00fcbertreffen dieselben sogar. Da der folgende Holzschnitt eine Anzahl von autographirten Eigenzuckungen der delphinirten Herzspitze in der Reihenfolge wiedergiebt in wel-\nFig. XX.\neher sie auftraten, so wird eine weitere Schilderung ihrer ver\u00e4nderlichen Gr\u00f6sse nicht n\u00f6thig sein. \u2014 Aus dem regelm\u00e4ssigen Abstand in welchem die Spitzenschl\u00e4ge in der vorstehenden Zeichnung aufeinander folgen, darf man nicht schliessen dass sie in zeitlicher Regelm\u00e4ssigkeit erschienen seien. Der Anschein entsteht in diesem Falle nur dadurch, dass die Trommel nach jeder Zuckung mit der Hand um eine halbe Windfl\u00fcgeldrehung weiter bewegt wurde. In der That waren die Zeitr\u00e4ume, welche zwischen zwei Schl\u00e4gen verflossen an dieser wie an andern delphinirten Herzspitzen sehr ungleichm\u00e4ssig ; bald betrugen sie 5 Secunden und bald auch mehr als zwei Minuten. Der ge-sammte Zeitraum, in welchem die delphinirte Herzspitze selbst-","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nDr. II. P. Bowditch\n[683\nst\u00e4ndig schl\u00e4gt ist dabei kein nur kurz vor\u00fcbergehender; ich sah ihn l\u00e4nger als 30 Minuten andauern. \u2014 Wenn man den Verlauf solcher Eigenzuckungen auf einer rasch rotirenden Trommel aufzeichnen l\u00e4sst, so stellt sich derselbe als ein durchaus regelm\u00e4ssiger dar; vielleicht nur, dass der Gipfel der Curve etwas breiter als gew\u00f6hnlich ist. Zugleich aber finden sich nicht selten Doppelschl\u00e4ge, deren Gipfel jedoch deutlich von einander abgesetzt sind.\nWenn man in der Periode, in welcher die delphinirte Herzspitze Eigenzuckungen ausf\u00fchrt, eine Reihenfolge von Induc-tionsschl\u00e4gen durch sie sendet, so treten zuweilen die Zuckungen in dem Intervall der Reize auf, zuweilen aber trifft es sich auch, dass die Spitze in derzeit, die zwischen zwei Reizen liegt selbstst\u00e4ndig zuckt. Geschieht dieses, so wird auch den Inductions-schl\u00e4gen die F\u00e4higkeit geraubt, gleich umf\u00e4ngliche Contractionen hervorzurufen ; in diesem Fall gewinnt dann die Zuckungsreihe das unregelm\u00e4ssige Ansehn, welches der Holzschnitt XXI wie-\nFig. XXI.\ndergiebt. Zuweilen kommt es sogar vor, dass die Eigenzuckungen noch fortdauern, wenn die Induclionsschl\u00e4ge der kr\u00e4ftigsten Art durchaus ohne Wirkung bleiben. Dass es sich dann um einen Zustand handelt, in welchem, wie es ja \u00f6fter in Muskeln vorkommt, nur der Inductionsschlag seine reizende Wirkung eingeb\u00fcsst hat, geht daraus hervor, dass durch die Ber\u00fchrung der Ventrikeloberfl\u00e4che noch Zuckungen auszul\u00f6sen sind.\nE. Aenderung der Temperatur. Durch fr\u00fchere Versuche, insbesondere aber durch die von Cyon 1) ist bekannt, dass mit der steigenden Temperatur Umfang und Arbeitskraft der Systole des Ventrikels eines unversehrten Herzens abnehmen. Ob dieses geschieht, weil sich die nat\u00fcrlichen Herzreize, oder die Reizbarkeit der Muskelsubstanz ge\u00e4ndert haben, blieb nat\u00fcrlich unbekannt. Die Entscheidung hier\u00fcber konnte ich jetzt dadurch herbeifuhren, dass ich pr\u00fcfte, ob sich die Herzspitze beiAnwen-\n1) Diese Berichte, 1866.","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcberd. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 171\n681]\nd\u00fcng eines constanten und maximalen Reizes, unter \u00e4hnlichen Umst\u00e4nden \u00e4hnlich wie das unversehrte Herz verhielte. Hiemit war denn auch Gelegenheit gegeben, zu versuchen, ob die etwa eintrelendc Verminderung der Zuckung durch Atropin gehoben werden k\u00f6nnte.\nDie erste dieser beiden Fragen wurde durch den Versuch dahin beantwortet, dass mit der steigenden W\u00e4rme trotz der maximalen Reize die Zuckung an Umfang verlor. Das Gesetz, nach welchem dieses letztere erfolgt gleicht demjenigen, nach welchem die Zunahme des Zuckungsumfangs bei der Treppe geschieht. Eine Linie, welche die obern Enden der aufeinanderfolgenden Zuckungen verbindet, stellt eine leicht gebogene Curve dar, welche ihre Concavit\u00e4t nach der Abscisse wendet.\nFig. XXII.\nDie zweite der vorhin aufgestellten Fragen ward verneint. W\u00e4hrend der Steigerung der Temperatur verh\u00e4lt sich das Herz, welches mit Atropin vergiftet war gerade so wie das unvergiftete. Ein Umstand, der die Messungen am erw\u00e4rmten Herzen sehr erschwert ist dadurch gegeben, dass das Serum sehr bald seine erholende Eigenschaft einb\u00fcsst, so dass bei einer Versuchsreihe, die mit niederer Temperatur beginnt und durch eine h\u00f6here hindurch zu der letzteren zur\u00fcckgeht nicht etwa zu dem Resultate f\u00fchrt, dass die Zuckung bei der Wiederabk\u00fchlung der Herzspitze zu demselben Umfang zur\u00fcckkehrte, von dem sie vor Erw\u00e4rmung ausgegangen war. Die Zuckung kommt erst dann auf ihre fr\u00fchere H\u00f6he wenn das alte Serum durch Irisches ersetzt ward.\nF. Ligatur des Vorhofes. Aus den Versuchen von Coats t) geht schon hervor, dass die electrische Reizung des Ventrikels w\u00e4hrend der bestehenden Erregung des n. vagus zu kleinern Zuckungen, als ohne dieselbe f\u00fchrte. Mit meinen verbesserten Hilfsmitteln erschien es mir von Interesse, zu pr\u00fcfen, ob sich mittelst des regelm\u00e4ssig wiederkehrenden electrischen Reizes an einem Herzen, dessen Hemmungsnerven in Erregung\n1) Diese Berichte, Jahrgang 1869.","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nDr. H. P. Bowditch,\t[685\nstanden die Erscheinung, welche wir die Treppe nannten her-vorrufen lasse. Die selbstst\u00e4ndigen Zuckungen des Herzens unterdr\u00fcckte ich durch eine Ligatur um den Vorhof und reizte in regelm\u00e4ssigen Intervallen die Ventrikel. In der That konnte die Treppe in einer Vollkommenheit hervorgerufen werden, wie sie sonst nur an dem mit Muscarin vergifteten Herzen zum Vorschein kommt. So bedurfte es z. B. in einem Falle 54 Schl\u00e4ge, welche in 2 Secunden Intervall aufeinander folgten, um von einer Anfangszuckung von 2 M. M. auf die maximale von 17 M. M. zu steigen. Diesen hoffnungsvollen Versuch konnte ich aus Mangel an Zeit nicht weiter verfolgen.\nInwiefern sind nun die vorgetragenen Thatsachen geeignet unsere Vorstellungen \u00fcber die Vorg\u00e4nge im Innern der Muskelr\u00f6hren und insbesondere in denen des Herzens zu f\u00f6rdern?\n1. Die Abh\u00e4ngigkeit, in welcher sich die Gr\u00f6sse einer Herzzuckung von der Zahl aller schon vorausgegangenen und dem Zeitraum befindet, der zwischen ihr und ihrer n\u00e4chsten Vorg\u00e4ngerin verflossen, mit einem Worte die Erscheinung der Erm\u00fcdung durch Arbeit und der Erholung durch die Ruhezeit lassen sich auf die von andern Muskeln her bekannten Regeln zur\u00fcckf\u00fchren, wenn das Herz entweder mit kochsalzhalliger Gummil\u00f6sung gef\u00fcllt oder mit Atropin vergiftet ist. Demgem\u00e4ss sind alsdann alle Erscheinungen zu erkl\u00e4ren durch die Annahme, dass in dem \u00fcberlebenden Muskel ein bestimmter Vorrath eines Stoffes vorhanden sei, von welchem in der Zeit zwischen je zwei Zuckungen ein begrenzter Antheil in einen solchen Zustand Ubergef\u00fchrt werde, dass er durch den Reiz veranlasst eine Zuckung einzuleiten und ihre Arbeitskraft zu bestreiten verm\u00f6ge. Sowohl die Geschwindigkeit mit welcher diese Aenderung der Masse als auch die Gewichtsgrenze bis zu welcher sie vor sich geht ist abh\u00e4ngig von dem Vorrath jenes verwandelbaren Stoffes, so dass mit der Zahl der schon ausgef\u00fchrten Zuckungen nicht allein f\u00fcr gleiche Reizintervalle der Umfang der Zuckung abnimmt, sondern auch durch gr\u00f6ssere Intervalle der urspr\u00fcngliche Zuckungsumfang nicht mehr zu erreichen ist.\nMit diesen Annahmen ist aber nicht mehr auszukommen, wenn es sich darum handelt die Thatsachen zu erkl\u00e4ren, welche der mit Serum gef\u00fcllte oder der mitMuscarin vergiftete, oder der vom gereizten Vagus innervirte Ventrikel darbietet. Denn nun stellt sich die mit der eben versuchten Erkl\u00e4rung unvereinbare","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"686] \u00dcber d. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 173\nErscheinung ein, dass bis zu einer gewissen Grenze der Umfang der Zuckung mit der Dauer des Intervalls abnimmt. Da nun den zuerst erw\u00e4hnten Thatsachen gem\u00e4ss (Atropinvergiftungetc.) auch der Herzmuskel w\u00e4hrend der Ruhezeit an Zuckungsf\u00e4higkeit gewinnt, so muss man f\u00fcr die zuletzt erw\u00e4hnten Zust\u00e4nde (Vagusreizung, Muscarinvergiftung u. s. w.) annehmen, dass w\u00e4hrend der Zuckungspause im Gegensatz zu den Bedingungen, welche den Umfang der Contraction vergr\u00f6ssern, auch noch andere entstehen, welche den Umfang derselben zu verkleinern trachten. Diese letztem d\u00fcrften am besten mit der Reibung desshalb verglichen werden, weil durch ihr Auftreten der Eintritt der Zuckung nicht erschwert, sondern nur ihre Excursion herabgesetzt wird. Jede Zuckung w\u00fcrde demnach aus der Zusammensetzung zweier im entgegengesetzten Sinne gerichteli'r Antriebe resultiren, wir wollen sagen eines beschleunigenden und eines d\u00e4mpfenden.\nUeber die Eigenschaften des Antriebes, welcher die Excursion der Zuckung herabsetzt empfangen wir durch die regelm\u00e4ssig wiederkehrendenReizungen noch weitere Aufkl\u00e4rungen. \u2014 Durch eine vollf\u00fchrte Zuckung werden die d\u00e4mpfend wirkenden Bedingungen theilweise zerst\u00f6rt, und in der Ruhezeit wieder hergestellt, so dass die Erm\u00fcdung und Erholung ebensogut f\u00fcr den d\u00e4mpfenden als f\u00fcr den beschleunigenden Antrieb gilt, doch mit dem Unterschied, dass die Erholung des ersteren langsamer fortschreitet als die des letzteren, in Folge dessen der Zuckungsumfang mit dem abnehmenden Reizintervalle zunimmt. Die St\u00e4rke, mit der sich die D\u00e4mpfung geltend macht, w\u00e4chst bedeutend unter Umst\u00e4nden, welche die Beihilfe einer Nervenreizung wahrscheinlich wenn nicht gewiss machen; sollte also auch sie, \u00e4hnlich wie die, welche zur Vergr\u00f6sserung der Excursion f\u00fchrt, eine ausgel\u00f6ste Bewegung sein? \u2014 Wenn die Bedingungen, welche eine D\u00e4mpfung erzeugen, w\u00e4hrend einer l\u00e4ngern Ruhe stark entwickelt sind, so k\u00f6nnen sie erst durch eine Reihe von Zuckungen auf das Maass zur\u00fcckgef\u00fchrt werden, mit weichem sie sonst in dem gegebenen Intervall wirksam sind. Auch hierin liegt eine vollkommene Analogie mit der Zeiterholung des gew\u00f6hnlichen Muskels. \u2014 Wenn der Herzmuskel durch die fortw\u00e4hrend wachsende Zahl seiner Zuckungen dem Tode entgegengeht, so schwinden die beschleunigenden und die d\u00e4mpfenden Bedingungen in gleichem Maasse, so dass auf jeder Stufe der Erm\u00fcdung durch die gleiche Aenderung der Intervalle auch","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\tDr. H. P. Bowditch,\t[687\ndie Gr\u00f6sse der Zuckungen in demselben Sinne beeinflusst werden kann.\nDa an den Muskeln des \u00fcberlebenden Herzens die Entstehung d\u00e4mpfender Bedingungen nur unter ganz bestimmten Umst\u00e4nden beobachtet wird, so bleibt es zweifelhaft, einerseits, ob auch das normale Herz dieselben entwickelt, und andererseits, ob nicht alle quergestreiften Muskeln sie unter \u00e4hnlichen Umst\u00e4nden zeigen. Andeutungen f\u00fcr ihre Anwesenheit liegen in der That vor, so z. B. in den Erscheinungen, welche Wundt1) als secun-d\u00e4re Modification beschrieben hat.\n2.\tDer Inductionsstrom geringster St\u00e4rke, welcher eine Herzzuckung ausl\u00f6st, ruft nicht die schw\u00e4chste der m\u00f6glichen Zuckungen hervor und es steigt auch nicht der Umfang der letztem bis zu einem un\u00fcberschreitbaren Maximum, wenn die Intensit\u00e4t des erregenden Stromes anw\u00e4chst. An unserem Object bewirkt der Inductionsstrom entweder eine Zuckung oder er vermag dieses nicht; und vermag er das erstere, so ruft er auch gleich die umfangreichste Zuckung hervor welche der Inductionsstrom zur gegebenen Zeit \u00fcberhaupt ausl\u00f6sen kann. Daraus folgt unmittelbar, dass der Grund wesshalb die Herzspitze in verschiedenem Umfang zuckt in den ver\u00e4nderlichen Eigenschaften ihrer Muskelfaser selbst zu suchen ist. Es wird kaum n\u00f6thig sein, auf die grosse praktische Bedeutung dieses Satzes hinzuweisen.\n3.\tWenn ein Inductionsstrom die sog. maximale Grenze \u00fcberschritten hat, so erzeugt er in dem gew\u00f6hnlichen quergestreiften Muskel, so oft er denselben trifft auch eine Zuckung ; am Herzen aber gelingt ihm dieses nur dann, wenn er \u00fcber die untere Grenze des sog. maximalen Werthes noch bedeutend gewachsen ist. Man k\u00f6nnte sagen, es sei durch den Abstand der Intensit\u00e4ten vom hinreichenden zum unfehlbaren Reize dem Herzen gleichsam ein Ersatz geboten f\u00fcr eine andere ihm fehlende Eigenschaft, f\u00fcr die n\u00e4mlich, innerhalb gewisser Grenzen der Stromesst\u00e4rke seine Zuckung von dem minimalen zum maximalen Umfange anschwellen zu lassen. Bei der Aufstellung einer solchen Analogie w\u00e4re aber zu beachten, dass das Gesetz, welches die Sicherheit der Wirkung eines Inductionsstromes bestimmt der unter der Grenze der unfehlbaren Intensit\u00e4t liegt\n1) Reichert und du Bois-Reymond\u2019s Archiv. 1859. 537 u. 1861. 781.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"088] \u00dcber d. Reizbarkeit d. Muskelfasern d. Herzens. 175\nkein so einfaches ist, wie das, welches den Umfang der Zuckung bei untermaximalen Reizen regelt. Denn die Beobachtung lehrte, dass ein Reiz von nur hinreichender St\u00e4rke in Zeitabst\u00e4nden die sich nach Secunden bemessen, bald wirksam und bald unwirksam war, ohne dass man eine \u00e4ussere Veranlassung f\u00fcr das eine oder das andere anzugeben wusste. Somit blieb uns nur die Annahme \u00fcbrig, dass die Reizbarkeit des Herzens kein Gleichgewichtszustand, sondern ein rasch ver\u00e4nderlicher Vorgang sei, insofern als die Grade derselben, welche den schwachem Reizen zug\u00e4nglich sind auftreten oder verschwinden, wie Wellen, die in unregelm\u00e4ssiger Folge \u00fcber das constante Niveau des unfehlbaren Reizes ernporsleigen. \u2014 Mit dieser Ver\u00e4nderlichkeit der h\u00f6hern Empf\u00e4nglichkeitsgrade contrastirt die Best\u00e4ndigkeit der Grenzen, welche durch den unfehlbaren Reiz gemessen werden ; um eine sichere Wirkung zu erzielen, brauchte, wie wir sahen, die Intensit\u00e4t des Inductionsstromes nicht zu wachsen, wenn auch der Umfang der Zuckung durch Muscarinvergiftung, oder die Gr\u00f6sse der Ladung durch Erm\u00fcdung abgenommen hatte. Die einzige, fast regelm\u00e4ssig wiederkehrende Verschiebung, welche die Grenzen des unfehlbaren Reizes und zwar in der Richtung nach den niedern Stromst\u00e4rken hin erfuhren, trat ein, wenn die Herzspitze eine gr\u00f6ssere Zahl von Schl\u00e4gen in gleichen Intervallen ausgef\u00fchrt hatte. Durch eine l\u00e4ngere Ruhe nahm also die Empf\u00e4nglichkeit ab, w\u00e4hrend sie durch eine Reihe von Zuckungen erh\u00f6ht wurde. Durch diesen Umstand wird denn noch die folgende Betrachtung angeregt.\nDie Reizung des n. vagus, die Umbindung des Vorhofs und die Vergiftung durch Muscarin rufen am unversehrten Herzen zwei Reihen von Erscheinungen hervor: den Ausfall von Con-tractionen und die Erniedrigung des Umfangs der erschienenen. Sind die beiden Ver\u00e4nderungen welche sie erzeugen auf dieselbe Ursache zur\u00fcckzuf\u00fchren ? Der Ausfall der Zuckungen l\u00e4sst sich auf zwei verschiedene Weisen erkl\u00e4ren; entweder dadurch, dass die Empf\u00e4nglichkeit der Muskelfaser f\u00fcr den Reiz geringer wird, so dass ein solcher, der bisher unfehlbar wirkte, auch ohne eine Abschw\u00e4chung zu erleiden, nun in das Bereich der nur hinreichenden tritt, oder dadurch dass der Reiz selbst an seiner St\u00e4rke einb\u00fcsste. Da w\u00e4hrend der Muscarinvergiftung der Inductionsstrom, um als Reiz unfehlbar zu bleiben, nicht verst\u00e4rkt werden musste, so gewinnt es den Anschein, als ob damit","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176 Dr. H. P. Bowditch, Reizbarkeit d. Muskelfasern etc. [689\nf\u00fcr die zweite der genannten M\u00f6glichkeiten entschieden ware. Ohne damit die Bedeutung dieser Erfahrung beeintr\u00e4chtigen zu wollen, geben wir doch zu bedenken, dass der Inductions-strom als Reiz mancherlei Eigenth\u00fcmiichkeiten bietet, die es unstatthaft erscheinen lassen, ihn in dieser Eigenschaft ohne Weiteres dem nat\u00fcrlichen Herzreize an die Seite zu stellen, und ferner, dass in meinen Versuchen die Abstufung der Reize noch lange nicht auf das erreichbare Maass gebracht wurde.\n4. Da die normale Herzspitze aus innerem Antriebe nie zuckt, so ist man berechtigt die Einrichtungen, von denen die innern Herzreize ausgehn in den Vorhof und die n\u00e4chste Umgebung der Atrioventricuiarfurche zu verlegen. \u2014 Am delphi-nirten Herzen dagegen zeigt die Spitze Eigenzuckungen, die nicht bloss nach Energie und zeitlichem Ablauf, sondern auch dadurch den normalen Herzschl\u00e4gen vollkommen gleichen, dass sie lange Zeit hindurch in mehr oder weniger regelm\u00e4ssiger Folge auftreten. Somit gewinnt es den Anschein, als ob die Herzspitze durch die Einverleibung einer spurweisen Menge von Delphinin in ein volles Herz umgewandelt sei. \u2014 Ob nun in der That die innern Reize, welche die delphinirte Herzspitze bewegen und die normalen, vom Vorhof ausgehenden identisch oder nicht identisch sind l\u00e4sst sich nicht entscheiden. Wohl aber zeigt sich von Neuem, dass der Herzmuskel von dem gew\u00f6hnlichen quergestreiften wesentlich abweicht, da dieser w\u00e4hrend der Delphinin Vergiftung !) auf momentane Reize in einen lang dauernden Tetanus verf\u00e4llt, aber von Eigenzuckungen Nichts sehen l\u00e4sst.\n1) Weyland. In Eckhards Beitr\u00e4gen. V. Bd. 1870. p. 51 u. 68.","page":176}],"identifier":"lit1387","issued":"1871","language":"de","pages":"139-176","startpages":"139","title":"\u00dcber die Eigenth\u00fcmlichkeiten der Reizbarkeit, welche die Muskelfasern des Herzens zeigen","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:59:33.164680+00:00"}

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