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{"created":"2022-01-31T14:30:02.982567+00:00","id":"lit13971","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Anonymous","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 1: 437-448","fulltext":[{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"Enthebung der harten, br\u00f4ck\u00eeichen 5ubftanz fcheint nicht \u00f9npaffend mit der Bildung des Schorfes verglichen werden zu k\u00f6nnen.\n-------- \\\nV. Ueher den Zuftand der Blutgef\u00e4fee bei der Entz\u00fcndung *).\nBei Unterfuchungen \u00fcber den Zuftand entz\u00fcndeter Gef\u00e4fse kam ich auf die Vermuthung, dafs die Erregung von Entz\u00fcndung in durchfiehtigen Theilen und die Beobachtung derfelben einiges Licht \u00fcber den Ge-genftand verbreiten k\u00f6nnte. Zwar war ich im Auffm-den des Urfprungs und des Fortgangs diefer Erfchei-nungen nicht ganz fo 'gl\u00fccklich als ich gew\u00fcnfeht h\u00e4tte\u00bb indeffen boten lieh mir doch' dabei Gegenft\u00e4nde dar\u00bb auf welche fr\u00fcher gar nicht oder wenigftens nur unvollkommen aufmerkfam gemacht worden war. Ein\u00a9 genaue Darftelhmg der Schwierigkeiten\u00bb welche ich fand, wird vielleicht andere in den Stand fetzen, he k\u00fcnftig zu vermeiden, oder wenigftens; abhalten, zu viel Vertrauen auf die Berechnungen und Schl\u00fcffe folcher Par thologen zu fetzen, die dar\u00fcber fpeeulirt, aber nicht die Schwierigkeiten des Gegenftandes durch, die Erfahrung kennen gelernt haben*.\nEhe ich Entz\u00fcndung zu veranla\u00dfen ' und zu beobachten fuchte, bem\u00fchte ich mich, die normalen Er-fchemungen des Kreislaufs in denf\u00e8\u00eeben Theilen genau auszmnitteln. Kaltbl\u00fctige Thiere eignen fich bekanntlich hierzu am heften. Haller w\u00e4hlte dazu die Gekros-\nAvis den vortrefflichen Lectures on inflammation exhibiting a view of the general doctrines pathological and practical \u00b0\u00a3 inedical furgery by J. Thonijmi. Edinh. ISIJ. 8,75\u2014 8^","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":".gef\u00e4fse des Frofches ; allein durch das Freilegen diefer Membran werden die Gef\u00e4\u00dfe gezerrt und in eine regelwidrige Lage gebracht und der Tod desThieres ift die Folge des Verfuches. Ich zog daher die Gef\u00e4fse der Schwimmhaut des Frofches vor, die zwar nicht, fa vollkommen als das Gekr\u00f6fe, aber doch hinl\u00e4nglich durchhehtig find, um bei hellem Lichte eine deutliche Beobachtung des Blutlaufes zuzulaffen, und ohne viele Schmerzen und dengeringften Blutverluft dargelegt werden k\u00f6nnen. Wird der Fufs aus-gefpannt und die Spitzen von zwei bis drei Zehen an die Oeffnungen der Vertiefung befeftigt, in welcher das Glied liegt, fo kann man zu jeder Zeit den Zuftand des Kreislaufs an den entgegengefetzten Seiten der mittlern Zehen beobachten, ein, bei folehen Verfuchen wichtiger Umftand, wo verfchieden artige Subftanzen an die Gef\u00e4fse gebracht werden, indem die Zehe die an die Gef\u00e4fse ihrer einen Seite gebrachten Subftanzen lieh auszubreiten und den Kreislauf auf der andern Seite umzu-andern hindert,\nMit blofsem Auge oder einem gew\u00f6hnlichen Ver-gr\u00f6fserungsglafe betrachtet zeigt die Schwimmhaut kleine Blutgef\u00e4\u00dfe, von welchen die gr\u00f6\u00dfern in der N\u00e4he und l\u00e4ngs der Zehen verlaufen und Zweige abfcjncken, die fich auf der Schwimmhaut verzweigen und frei zufam-menm\u00fcnden. Der unmittelbare Uebergang der Arterien und Venen ift. a\u00bb den Enden der Schwimmhaut am deuilicbften. Die Haargef\u00e4\u00dfe fcheinen hier befojiders lehr feine Venenzweige zu feyn und ein Ge weite zu bilden, welches an arten\u00f6\u00df und ven\u00f6fe Gef\u00e4\u00dfe geheftet ift und von ihnen aus gef\u00fcllt werden kann. In diefen drei Ordnungen von Gef\u00e4fsen, den Arterien, Venen und Haargef\u00e4\u00dfen geht der Kreislauf ununterbrochen fort. Man lieht deutlich die Blutk\u00fcgelchen in den Haargef\u00e4\u00dfen und Venen, allein, fo lange der Kreis-","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"439\nlauf tmgeft\u00f6rt ift, bemerkt man keine Spur von Antrieb oder zitternder Bewegung. Nur wenn das Thier lieh bewegt, nimmt man im Allgemeinen Unregelm\u00e4fsigkeit und St\u00f6rung wahr, wo denn das Blut fowohl in den Arterien als Venen auf kurze Zeit ftockt. Doch h\u00f6rt diefe Stockung augenblicklich auf, die Bewegungen des Thieres m\u00fcfsten denn lehr heftig ' oder lange dauernd feyn, und irgendwo einen Druck auf das Gef\u00e4fsfyftem veranla\u00dfen\u00ab\nDurch vielf\u00e4ltige Verbuche habe ich mich \u00fcber-zeugt, d\u00e4fs durch verschiedene Grade von Druck auf die Bf ult oder den Schenkel, die Blutbewegung in der Schwimmhaut ganz gehemmt, Schwankend gemacht, oder in eine ftofsweife verwandelt werden kann., Ein Barker Druck bringt g\u00e4nzliche St\u00f6rung, ein fchw\u00e4che-rer fchw\u00e4nkende, ein noch leiferer ftofsweife Bewegung hervor, wobei das Blut nicht, wie bei der fehwanken-deh, zur\u00fcckf\u00e4llt. Der fchw\u00e4chfte Druck hemmt die Blutbewegung itt allen den Haargef\u00e4fsen, die nicht unmittelbar von Arterien entfpringen. Selbft Ber\u00fchrung des Thieres mit der Fingerfpitze bringt eine augenblickliche St\u00f6rung hervor, die aber vorz\u00fcglich, wo nicht ganz, von dem Beitreben herr\u00fchrt, einer unbekannten, pl\u00f6tzlich eintretenden Gefahr zu entgehen, indem fie nach ein - oder mehrmaliger Wiederholung befonders einer fchwachen Ber\u00fchrung gew\u00f6hnlich nicht wieder eintrtit und nicht andauert, wenn die Ber\u00fchrung fortgefetzt wird, wenn fie gleich bisweilen auch in dem Augenblicke, wo der Finger weggenommen wird, eintritt. Hemmt man durch Druck auf ein Glied derf Blutlauf in den \u00c0rteri\u00e9n einige Secunden lang, fo lieht man das Blut von dem Augenblick an, wo der Druck aufh\u00f6rt, betr\u00e4chtlich zu-r\u00fcckweiehen. Kurz, immer Scheint jedem Beftreben zur","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"440\nBewegung eine Hemmung oder betr\u00e4chtliches Zur\u00fcckweichen des Blutes vorauszugehen.\nDa fich durch Druck die Schnelligkeit des Blutes To fehr vermindert, dafs die Blutk\u00fcgelchen in den Arterien und Venen lichtbar werden, To verf\u00f6chte ich die Schnelligkeit der Bewegung deffelben zu meffen, fand es aber durchaus unm\u00f6glich, indem ich bei gefun-dem und regelm\u00e4fsigem Kreislauf diefelben K\u00fcgelchen nie in einer hinreichenden Strecke im Gelichtsfelde verfolgen konnte. Hier\u00fcber wunderte ich mich defto mehr, da Haies bei feinen Verf\u00fcehen ; keine Schwierigkeit in Beftimmung der verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfigen Schnelligkeit der Blutbewegung in den Lungen und den Muskeln des Frofches gefunden zu haben fcheint, indem er lie in jenen drei und vierzigmal fchneller als in diefen angiebt. Aus feinen Angaben indeffen, dafs die Blutbewegung bei jeder Zufammenziehtmg des Herzens \u00fcberall lichtbar befchleunigt wurde ,' m\u00f6chte ich fchliefsen, dafs bei feinen Verfuchen die Blutbewegung durch die Lungen nicht v\u00f6llig fo frei gewefen fey, als er glaubte, indem fichtbare Befchleunigung derfelben in den Haargef\u00e4fsen bei keinem meiner Verfuche eintr^t, wo nicht betr\u00e4chtliche Schw\u00e4che oder zuf\u00e4lliger Druck vorhanden war* Die Befchleunigungen, welche Haies als Zeichen von Freiheit der Blutbewegung anfahe, traten nur bei geh\u00f6rtem, gehemmtem oder gehindertem Kreisl\u00e4ufe, ein. In den Venen lind lie im Allgemeinen deutlicher als in den Arterien, die fchwankenden Bewegungen dagegen liier fiehtbar merklicher als dort. Eben fo wenig kann ich mir,erkl\u00e4ren, wie Haller und Spallanzani die Blutbewegung in den Arterien dreimal fchneller als in den begleitenden Venen finden konnten, indem ich weder einfehe, wie. die Vergleichung angeftelit, noch das Verbal tnifs ausgemittelt werden kann, Auch geben.","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"441\nlie die angewandten Mittel nicht an, was immer da fehr zu wiinfchen w\u00e4re, wo Zahlen, Maafse und V.er-h\u00e4ltniffe beftimmt, oder hei phyfifchen Unterfuchungen zu Grundlagen von Speculationen und Schl\u00fcffen angenommen werden follen. In den gr\u00f6fsern \u00c7-efafsen fieht man die Blutk\u00fcgelcheh nie beim regelm\u00e4fsi-gen und gefunden Kreislauf, nur in den Haargef\u00e4fsen werden fie fichtb\u00e4r, und hier ift der Blutlauf fo im-regelm\u00e4fsig und die Anaftomofen lind fo zahlreich, dafs es \u00e4ufserft fchwierig ift, die Bewegung eines K\u00fcgelchens in einer merklichen Strecke zu verfolgen. Uebri gens ift wohl unbedenklich die Blutbewegung in den Arterien fclineller als in den Venen, weil diele weiter find. Auch ergiebt lieh dies fchon daraus f dafs man in dielen hei normaler Bewegung die K\u00fcgelchen erkennen kann, in jenen nicht.\nDie Irritabilit\u00e4t der kleinern oder Haargef\u00e4fse ift feit langer Zeit aus den Functionen derfelben erfchlof-fen worden, wenn man gleich bemerken mufs, dafs die directen Beweife f\u00fcr diefelbe weder fo zahlreich, noch fo b\u00fcndig find , als man es aus der h\u00e4ufigen Bezugnahme auf diefelbe bei medieinifchen Speculationen fchliefsen f\u00fcllte. Haller wurde bekanntlich durch feine , Vcrfuche zum g\u00e4nzlichen L\u00e4ugnen derfelben in den gr\u00f6fsern. Arteiienft\u00e4rnmen veranlafst ; allein Verfchuir s Beobachtungen fchliefsen jeden Zweifel an der Exiftenz derfelben aus. Meine fogleich anzuftgllenden Verfuche wer\u00bb den, hoffe ich, mit Befiimmtheit darthun, dafs fie in den kleinen Gef\u00e4fsen auch kaltbl\u00fctiger Thiere wenig-ftens eben fo, und vielleicht noch deutlicher, erweislich ift.\nBei meinen Verfuchen fand ich, dafs die kleinen Arterien bei Hemmung der Blutbewegung lieh betr\u00e4chtlich verengten, ja bisweilen fo fehr verfchloffen, dafs","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"lie ganz verfchwanden, Zuweilen, cl och fehl' leiten, ge-fchah. dies auch ohne eine folche Hemmung des Blutlaufes durch Bewegung des Thieres. Bald verengten fieh auf diefe Weife alle, bald nur einige Gef\u00e4fse der Schwimmhaut. Ein einziger Aft verfchwindet fogar bisweilen v\u00f6llig, w\u00e4hrend die benachbarten gar keine Ver. \u00e4'nderung erleiden oder lieh erweitern. Ver\u00e4nderungen, die man bisweilen fogar mit dem blofsen Auge bemerkt, und die, theils wegen des Widerfpruches zwifchen ihnen und den Angaben von Halier und Spallanzani, theils wegen der Beft\u00e4tigungwelche he der Meinung mehrerer Phvhologen, dafs die kleinern Arterien reizbarer als die gr\u00f6fseren feyen, gew\u00e4hren, meine Aufmerkfam-keit nat\u00fcrlich im hohen Grade reizten, und mich zur Anwendung fol\u00e7her Mittel auf -die kleinen Gef\u00e4fse v\u00e7r-pilafsten, welche die Zufatnmenziehungen gr\u00f6fserer am leichteften erzeugen.\nIch brachte daher nah der Spitze eines feinen Pinfels fchwachen und ftarken Weingeift an die kleinen Arterien der Schwimmhaut von acht bis neun verfchie-denen Fr\u00f6fchen an, bemerkte aber keine Ver\u00e4nderung in der Blutbewegung in ihnen, ungeachtet diefe in der Schwimmhaut \u00fcberhaupt dadurch befchleunigt zu werden fehlen. Opiumtinctur hatte denfelben Erfolg und durch lie fehienen die Fr\u00f6fche, he mochte an den Stamm oder das Glied gebracht werden, nach ihrer heftigen Bewegung zu fchliefsen, unangenehm affieirt zu werden.\nDurch die auf diefelbe Weife bewirkte Anbringung von fchwachem Ammonium entbanden jedesmal deutliche , bisweilen vollft\u00e4ndige Zufammenziehungen in den nicht unmittelbar ber\u00fchrten Arterien. In mehr als hundert Verfuchen trat die Zufammenziehung in weniger als ztyei Minuten ein. In dreizehn nach dreien, nur in drei bis vier Fr\u00f6fchen erfolgte lie nicht, ein \u00e4ufserft","page":442},{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"443\ngeringes Verh\u00e4ltnifs zwilchen Gelingen und Fehl.fchla-gen, wenn inan es mit.dem vergleicht, welches hei ahn liehen Verbuchen mit den gr\u00f6fsern Arterien warmbl\u00fctiger Thiere Statt findet. In einem der letztem vi,er Falle wurde das Ammonium viermal in Zwilchenr\u00e4omen von vier bis f\u00fcnf Minuten vergeblich angewandt; doch entbanden in demfelben Thiere lebhafte Zufamnienziehun-geu der Pulsadern, der, entgegengefetzten Seite derfel-ben Zehe. Die Zufammenziehung der Pulsadern durch Ammonium konnte in f\u00fcnfzehn Minuten drei bis viermal hervorgebracht werden. Einigemal entbanden fie in einer Stunde acht bis neunmal, und zuweilen fehlen lieh unmittelbar nach der Anwendung des Ammoniums der ganze Kreislauf mehr oder weniger merklich zu befehle unigen. Der erfte und deutlichit\u00eb Erfolg der Ber\u00fchrung mit Ammonium aber war immer eine Vermin derung der Schnelligkeit der Bewegung in den mit den ber\u00fchrten und iich zufammenziehenden Arterien zufammenh\u00e4ngenden Haargef\u00e4fsen, die; wenn die Zufammenziehung vollft\u00e4ndig ift, bis zur g\u00e4nzlichen Stockung in denfeiben. geht und oft den Anfang der Zufammenziehung andeutet, noch ehe diele felbfc achtbar wird, Aufserdera ift die Zufammenziehung der Arterien gew\u00f6hnlich mit deutlicher Verengung der begleitenden Venen verbunden. Am ft\u00e4rkften ift fie an den unmittelbar ber\u00fchrten Steifen, erftreckt fleh aber immer mehr oder weniger weit auf - und abw\u00e4rts von denfeiben. Ift Jie febwaeb , fo wird fie oft clureh die auf die ftr\u00e4ubende jaewegung des Thieres folgende Befchleunigung des. Kreislaufs \u00fcberwunden. Bei theil-weifer und eine kurze Strecke einnehmender Zufammenziehung ift die gr\u00f6fsere Schnelligkeit der \u2019Blutbewegung in dem zufammengezogenen als dem ausgedehnteren Tlxeile derfelben Pulsader oft fehr deutlich, eine hydrau--","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\n] \u00ee Cclie \u00cbrf\u00e8hemuri g, deren Wahrnehmung durch die An-wefenheit der Blutk\u00fcgelchen fehr erleichtert wird. Bei allen Verfuchen, wo blofs Ammonium angewandt wurde, trat eher Bl\u00e4ffe alsR\u00f6thung der Schwimmhaut ein, ver-Xchwand aber immer bald.\te\nBeizung der kleinen Arterien mit einer Nadel verurfachte immer fo heftige Schmerzen und Bewegungen, dafs die dadurch veranlafsten Ver\u00e4nderungen nicht wahrgenommen werden konnten ; doch brachte ich in drei F\u00e4llen durch fortgefetzte, aber fchwache Beizung diefer Arterien vollft\u00e4ndige Zufammenziehung hervor. Immer wurde hier der allgemeine Kreislauf in der Schwimmhaut durch diefes Mittel mehr oder weniger <> deutlich befchlennigt, doch war es fchwer zu beftimmen, ob diefe Erfcheinung eine Folge des \u00f6rtlichen Beizes .oder des Str\u00e4uberis war.\t\u00ab\nAus den angef\u00fchrten Verfuchen ergiebt lieh wohl ohne Zweifel die Irritabilit\u00e4t der kleinern Arterien kaltbl\u00fctiger Thiere, mithin die M\u00f6glichkeit einer vom Herzen unabh\u00e4ngigen unregelm\u00e4fsigen Vertheilung des Blutes in gewiffen Theilen des K\u00f6rpers durch die lebendige Kraft der kleinften Arterienzweige.\nAls ich mit der Spitze eines Pinfels eine gef\u00e4ttigte Aufl\u00f6fung von falzfaurem Natrum an die Arterien der Schwimmhaut eines Frofches brachte, bemerkte ich zu meinem gr\u00f6fsten Erftaunen, dafs fieh diefelben nicht nur nicht zufammenzogen, fondern deutlich und merklich erweiterten. Der ber\u00fchrte Theil der Schwimmhaut wurde deutlich rotlv, diefe, dem blofsen Auge fichtbare Rothe hielt f\u00fcnf Minuten und l\u00e4nger an, und erfchien durchaus als Entz\u00fcndung. Durch die Leichtigkeit, vermittelt des Salzes einen, die Entz\u00fcndurig fo vollkommen darfteilenden Zuftand darzuftellen, wurde ich zu der Hoffnung veranlafst, etwas mit Gewifsbeit \u00fcber die Ver-","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"445\nfcliiedenlieit in der Schnelligkeit der Blutbewegung in entz\u00fcndeten und gefunden Gef\u00e4fsen ausmitteln zu k\u00f6nnen ; indeffen fand ich auch dies nicht fo leicht, indem die, durch die Anwendung des Salzes dem Anfchehz nach veranlafsten Schmerzen heftige, ft\u00f6rende Bewegungen hervorbringen.\nEine ganz allgemeine Wirkung des Salzes ift ein. weifsliches Anfehen der Oberfl\u00e4che der Schwimmhaut, wodurch lie mehr oder weniger undurchfichtig, mithin die Blutbewegung weniger deutlich wird; das Haupt-hindernifs aber f\u00fcr die Ausmittelung der verfchiedenen und verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsigen Schnelligkeit derfelben in normalen und dem Anfchein nach entz\u00fcndeten Theilen ift die Ungleichf\u00f6rmigkeit der Wirkung des Salzes in. verfchiedenen 'filieren und in demfelben Thiere unter verfchiedenen Umft\u00e4nden. Alle, die Verfchiedenhei-ten in der Schnelligkeit der Blutbewegung nach Anbringung des Salzes betreffende Erfcheinungen, die ich bemerkte , k\u00f6nnen unter folgende drei flauptpuncte gebracht werden:\nI) Vermehrte Schnelligkeit der Bewegung in den erweiterten gr\u00f6fsern und kleinern Arterien und Haar-gef\u00e4fsen, an welche es unmittelbar angebracht wurde. Bei neun Verhielten, deren llefultate genau aufgezeichnet wurden, war die Anwendung des Salzes nicht bl\u00f6fs von einer dem blofsen Auge lichtbaren, gl\u00e4nzend rothen Farbe, und einer \u00dfchtbaren Erweiterung der arteri\u00f6fen und ven\u00f6fen Aefte, fondent deutlich von vermehrtet? Schnelligkeit der Blutbewegung in 4en Haargef\u00e4fsen begleitet. Die K\u00fcgelchen wurden, und dies offenbar durch die vermehrte Schnelligkeit, weniger deutlich unten fcheidbar als im unentz\u00fcndeten Tlteile der Schwimmhaut deffelben Thieres. Dagegen war die wiederholte Anwendung der Einwirkung des Salzes auf diefelben Go-","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"f\u00e4fse immer von EHangfamung oder felbft g\u00e4nzlicher Stockung des Haargef\u00e4fskreislaufes begleitet.\ni) In andern F\u00e4llen war eine fehr allgemeine Folge der Einwirkung, des Salzes Vermehrung der Schnelligkeit der Blutbewegung in Arterien und Venen mit Verminderung derfelben in den Haargefafsen. Die Verminderung der Schnelligkeit in den Haargefafsen fcheint immer von einer Abnahme der bewegenden Kr\u00e4fte her-zur\u00fchren, und ift meiftentheils das erfte fichtb\u00e4re Zeichen der verminderten Schnelligkeit in den gr\u00f6fsern Gefafsen, fchien aber doch in einigen F\u00e4llen mit vermehrter Schnelligkeit der Bewegung in diefen verge-fellfchaftet zu feyn, wo fich dann wahrfcheirdich das Arterienblut durch Nebcngef\u00e4fse bewegte. Nie konnte ich w\u00e4hrend des augenblicklichen Eintritts des Blutes in eine Arterie eine Erweiterung ihrer H\u00f6hle bemerken.\n. g) Das h\u00e4ufigfte Refultat war verminderte Schnelligkeit d\u00e8r Blutbewegung in Arterien, Venen und Haargefafsen. In \u00dfebzehn, gleichfalls genau bemerkten Ver-fuchen wurde unter Anwendung des Salzes die Bewegung fo langfam, dafs \u00fce in den Haargef\u00e4fsen ganz ftockte und diefe Stockung, die gew\u00f6hnlich nach einigen Minuten verfch windet, hielt in einigen F\u00e4llen mehrere Stunden an. Die Erweiterung und Ausdehnung aller Gef\u00e4fse ift fehr betr\u00e4chtlich, und die Il\u00f6the bei erlangfamter und hockender Bewegung etwas dunkler als die, welche eine Begleiterin des vermehrten Haar\u00ab gef\u00e4fsltreislaufes ift.\nBei allen Verfuchen mit Salz, die Schnelligkeit der Bewegung mochte fich vermehren, vermindern oder g\u00e4nzliche Stockung eintreten, waren die Gef\u00e4fse gleichf\u00f6rmig erweitert, und diefe Erweiterung hielt an, bis die R\u00f6the von felbft verfchwandt Diefe Erfcheinung","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"ift unftreitig die merkw\u00fcrdigfte und, wie man fieht, gerade der die Einwirkung des Ammoniums begleitenden entgegengefetzt.\nDer, durch die Einwirkung des Salzes hervorgebrachte Zuftand hatte den Anleihe in von Entz\u00fcndung, ungeachtet er in mehrern F\u00e4llen, wie das Err\u00f6then, fuhr fchnell verfchwand, doch variirte feine Dauer in ver-fchiedenen Fr\u00f6fchen und in denifelben unter verfchie-denen Umft\u00e4nden bedeutend. Im Allgemeinen hielt lie defto l\u00e4nger an, je fcliw\u00e4cher das Thier war und je \u00d6fter die Einwirkung des Salzes wiederholt wurde. In der Vorausf\u00eatzung, dafs der dadurch in den Gefafsen der Schwimmhaut gefetzte Zuftand der Entz\u00fcndung ent-fpricht, m\u00f6chte ich aus den angef\u00fchrten Verfuchen folgende Il\u00ebfultate ziehen:\n1)\tDie Schnelligkeit der Bmtbewegung in entz\u00fcndeten Gefafsen ift durchaus nicht vermindert, fondera vermehrt, vorz\u00fcglich im Anf\u00e4nge der Entz\u00fcndung und diefe Vermehrung der Schnelligkeit der Bewegung, kann in den Haargef\u00e4fsen vom Anf\u00e4nge bis zum Ende die-fes Zuftandes d\u00e0uern. H\u00f6chft wakrfcheinlich kommt, diefe vermehrte Schnelligkeit der Bewegung in einem hohem oder geringem Grade in dem Zuftande vor, den man active Entz\u00fcndung nennt,\n2)\tMinderung der Schnelligkeit der Blutbewegung in den entz\u00fcndeten Haargef\u00e4fsen tritt bisweilen kn Anfang der Entz\u00fcndung ein, und kanA lieh W\u00e4hrend, der Zunahme und \u00fcberhaupt der ganzen Dauer der* leiben erhalten,\n3)\tDiefe Minderung der Schnelligkeit der Bltuba-wegung in den Haargef\u00e4fsen tritt indeffen bei gefunden und ftarken Menfchen h\u00e4ufiger im Fortgange als im Anf\u00e4nge der Entz\u00fcndung ein, und ift h\u00f6chft wahrfchein-lieh das-WHen. fev .paffmen Entz\u00fcndung,^ Diefe Annahme","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"448\nfcheint mir durch den Umftand gerechtfertigt zu werden, dafs die Bewegung theils bei fehwachen Thieren, theils nach \u00f6fterer Wiederholung der Ber\u00fchrung mit Sah,\nerlangfamt.\ti\n#\nSind diefe Anfichten vom Zuftande der Blutbe-wegung in entz\u00fcndeten Gef\u00e4fsen richtig, fQ folgt, wo ich nicht irre, dafs Entz\u00fcndung bisweilen von vermehrter, bisweilen von verminderter Schnelligkeit der Blutbewegung durch die Haargef\u00e4fse d\u00e8s entz\u00fcndeten Theiles begleitet ift, mithin keiner von beiden Zuft\u00e4nden in die Definition der Entz\u00fcndung aufgenommen, werden follte.\nVI. Ueb\u00ebr den Zuftancl der Blutgefafse beim Brande *).\nDie Anf\u00fcllung der Blutgef\u00e4\u00dfe abgeftorbener Glie-der init geronnenem Blute ift eine fo h\u00e4ufige Erfchei-nung, dafs man lie f\u00fcr eine allgemeine, nothwendige und beft\u00e4ndige Begleiterin diefes Zuftahdes, und die Urfache des Mangels von Blutung bei dem, felbft durch den lebenden Theil gef\u00fchrten Schnitt anfehen zu k\u00f6nnen geglaubt hat. Befonders hat hierauf Petit (M\u00e9m. de l\u2019ac. des fc. 1732.) aufmerkfam gemacht. Ich felbft Iahe die Schenkelpulsader beim Brande des Unterfchen-kels \u00fcber vier Zoll hoch \u00fcber dem Brande durch ae. smnnenes Blut angef\u00fcllt, und in einem Falle, wo der Brand ir\u00fc Qberfchenkel anfing, erftreckte \u00dfcH die Gerinnung des Blutes von der \u00e4ufsern H\u00fcftpulsader bis zu ihrem Urfprunge aus der Aorte. Dennoch ift jene Meinung nicht ganz richtig, indem ich jetzt mehrere F\u00e4lle gefehen habe, wo brandige Glieder ohne Blutflufs\nt) Aus dem oben aisgef\u00fchrten Werke von Tltmfin S, 55s ff.\naus","page":448}],"identifier":"lit13971","issued":"1815","language":"de","pages":"437-448","startpages":"437","title":"Ueber den Zustand der Blutgef\u00e4\u00dfe bei der Entz\u00fcndung. Aus den vortrefflichen Lectures on inflammation exhibiting a view of the general doctrines pathological and practical of medical surgery by J. Thomson. Edinb. 1813. S. 75-89","type":"Journal Article","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:30:02.982572+00:00"}