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{"created":"2022-01-31T16:09:34.880071+00:00","id":"lit13991","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Nasse, Otto","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 2: 1-25","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"Deutfches Archiv\nf\u00fcr die\nPHYSIOLOGIE.\nZweiter Band, Erftes Heft,\nL\nVom Athmungsbed\u00fcrfnifs des K\u00f6rpers zum Behuf der Geiftesth\u00e4tigkeit. Von Nasse.\nAufregende Gemiithsbewegungen fetzen und fordern vermehrtes A thrnen. Die Bruft hebt fielt bei einer freudigen Nachricht; im Zorn fteigt fie ungeftiiin auf und ab. Wenn Furcht, Angft, Betr\u00fcbnifs den P\u00fcJs zwar befchlennigen, aber nebenbei feine Kraft vermindern , fo Machen ihn dagegen Gemiithsbewegungen jener Art zugleich h\u00e4ufiger Und voller ,)4\nBekanntlich fchwellen bei mehreren Thiereri, wenn fie gereizt werden, mit ihren Athmungswegen in Verbindung hebende H\u00f6hlen an, fo bei verfchiede-nen Amphibien, bei V\u00f6geln, bei Affen; Was Camper1 2 3) beim Orangutang iiberfehen hatte, bemerkte F. Cuvier3); wenn das Thier zornig wird, fchwillt fein Hals merklich an ; die S\u00e4cke an beiden Seiten des Kehlkopfs nehmen mehr Luft auf. Es ift vielleicht keine ungegriindete Vermmltung, dais dieles Anfchvvel-\n1)\tFalconers Beobachtungen \u00fcber den Puls; S. 37\u00bb\n2)\tNaturgefchichte des Orangutangs; S. 161.\n3)\tAnnales du Mufeusn. Toms iS ; p. 51.\nM ei. Archiv. II. X,\tA","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"Jen mit einer hei den gereizten Tliieren eintretenden Zunahme des Athmungsbed\u00fcrfniffes Zusammenh\u00e4nge.\nDie volle Gewalt des Zorns kann wohl nur bei dem Manne mit kr\u00e4ftig entwickelten Athmungstverk-zeugen ericheinen, der fchwacher Athrnende, das Weib unterliegt ihr. Sollten die durch Freude Get\u00fcdteteu nicht Menfchen mit belchr\u00e4nktem Athmen gewelen feyn ?\nDas gefteigerte Athmungsbed\u00fcrfnifs in Gemiiths-bewegungen il't \u00fcnftreitig der Hauptgrund, weshalb Zuft\u00e4nde diefer Art fiir Herzkranke fo nachtheilig find, dafs fie ihnen pl\u00f6tzlichen Tod bringen k\u00f6nnen. Die aufgeregte Th\u00e4tigkeit verzehrt das vorhandene Schlagaderblut fchneller, als die Kranken frifehes in den Lungen zu bereiten, oder wenigltens in den Kreislaufzu bringen im Stande find, und es tritt deshalb unter dielen Unift\u00e4mlea bei ihnen leicht Erftickungsgefahr , und felbft Erftickung ein. So bekam, um hier nur ein Beifpiel anzuf\u00fchren, der an Verkn\u00f6cherung der Kranz-fchlagadern und Herzklappen leidende J. Hunter feine Anf\u00e4lle von Beklemmung, Ausfetzen des Herzfchlages, Schmerz in der Herzgegend u. f. w,, bereits dann, wenn ihm auf der Jagd die Flinte nicht gleich bei der Hand, und er beforgt war, das vorbeieilende Thier m\u00f6ge ihm entwichen, oder wenn fich ein Bienenfehwarm nicht einfangen liefs, oder wenn er den Ausgang einer Ge-fchiebte, die ihn \u00fcbrigens nicht befonders anging, mit Ungeduld erwartete. Als ihm einft etwas begegnete, was feinen Unwillen erregte, und wo er dennoch der Umft\u00e4nde wegen an fich Italien mnlste, that er nur noch einige Schritte, holte einmal tief A them, und fiel todt zur Erde nieder 1 ).\nl) J. Hunters Leben von E. Home in des erfteran Verfuche\u00bb \u00fcber das Blut, Bd. I. 3. 42 und 4S.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"5\nAnders verh\u00e4lt fich das Athmen und Athmungs-bed\u00fcrfnifs bei der Geiftesth\u00e4tigkeit, beim Denken, beim ruhigen Lefen, beim Rechnen. Uebsrrafcht man lieh hei dielen Befch\u00e4ftigungen, oder beobachtet man Andere w\u00e4hrend derfelben , fo findet man das Athmen, wenn der Beobachtete anders gei'und ii't, und bei ihm die willk\u00fchrliche Muskelbewegung ruht, im Vergleich gegen das Athmen in anderen, im Wachen vorkommenden Zuft\u00e4nden, auffallend fchwach. Die Bruft hebt hell nur wenig, der Mund ift meii\u2019t gefchlolTen, es wird nur eine geringe Menge Luft aufgenommen, die Athemziige vergieichungsweife feiten. Nur von Zeit zu Zeit erfcheint ein etwas tieferer Athemzug. W\u00e4hrend eines befonders angeftrengten Nach\u00dfnnens wird das Athemholen fogar wie abfichtlich und als l'ey es f\u00fcr das volle Wirken des Geiftes k\u00f6rend, eine Zeitlang zur\u00fcckgehalten, bis dann, oft nach mehreren Se-cunden, und wie es fcheint (denn entfeheidender J\u00e4fst hch hier wohl auch aus aufmerkfamer Selbftbeobach-tung nicht fprechen), grade in den Augenblicken , wo die Anftrengung der Denkkraft etwas nachl\u00e4fst, ein frifcher, meift ziemlich ftarker Athemzug das Bed\u00fcrf-nifs des K\u00f6rpers befriedigt und deffen Leben vor dem, fait m\u00f6chte man lagen, auf Unterdr\u00fcck ung des Athmens gehenden Streben der Geiftesth\u00e4tigkeit rettet.\nUnftreitig ift dies Verhalten des Gefch\u00e4fts der Lungen w\u00e4hrend des Denkens, worauf \u00fcbrigens der Hauptfache nach fchon Andere aufmerkfam gemacht haben *), wenigftens eine Andeutung, dafs zum Behuf dieier Verrichtung das Athmungsbed\u00fcrfnifs des K\u00f6rpers\nA 2\ni) So bereits Da vid diff. fur la refp\u00eeration, Paris 1766; p. 126. Dann auch Su nt sen Beitrag zu einer k\u00fcnftigen PJiyfiologie, S,, \u00ffe; und neulich Bartels die Refpiration, S. 30.","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\noder des Hirns (welches letztere doch vorzugsweii'e zu der Geiftesth\u00e4tigkeit in Beziehung zu ftehen fcheint), nur gering feyn m\u00f6ge. Sieht man nun noch, wie die hier angef\u00fchrte Erfcheinung fich zu anderen ihr verwandten verhalte, fo bieten fich mehrere dar, die das, Was jene andeutet, zu einem ziemlich hohen Grade von Gewifsheit zu erheben fcbeinen. Diejenigen davon, die am ineilten entfcheiden, m\u00f6gen hier angef\u00fchrt werden.\nl) Sowohl aus P. Meckels *) als aus meinen l) 2 ) Bemerkungen \u00fcber die blaue Krankheit ift es bekannt, dafs unter die Zuf\u00e4lle diefer Krankheit zwar Schw\u00e4che der willk\u00fchrlichenMuskelkraft, ein ftetesGef\u00fchl von K\u00e4lte, Leiden der Verdauung u. f. w. nicht aber nothwendig Schw\u00e4che der Geifteskraft geh\u00f6re. Das N\u00e4mliche geht aus einer Beobachtung Farre's 3) hervor. Und eben fo bemerkt Klinge4) von einem blauf\u00fcchtigen einj\u00e4hrigen M\u00e4dchen, dafs daflelbe \u201eviel geiftige Anlage zeige.\u201c Wo neben der blauen Krankheit eine Befchr\u00e4nktheit oder Tr\u00e4gheit des Geiftes vorkommt, wie diefs allerdings zuweilen beobachtet worden ift, da kann demnach der Grund hievon ichwerlich in der durch den Herzfehler bewirkten Unvollkommenheit des Schlagaderblutes, fondern er mufs in etwas Anderem liegen und meiftens hat hier denn wohl beides, die geh\u00f6rte Einwirkung des Geiftes und die des K\u00f6rpers, eine ge-meinfchaftliche Urfache in dem geiftigen und k\u00f6rperlichen Einllufs der Zeugenden auf das Gezeugte.\nl) Handbuch der patliol. Anatomie; Bd. i. S. 442.\na) Reils nn.l Autenriiths Archiv; Bd. 10. S. 288, und Anfang zu Jiurns von den Herzkrankheiten.\nU Vorliegendes Archiv, Bd. I. Heft 2. S. 266.\n4\") fragmente aus dem Tagahuche eines Arztes ; S. 35-","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"2\") Der Unierfehied, der zwifehen Gcmiithsbewe* g\u00fctigen und Th\u00e4tigkeit der Denkkraft in Hinficht des Schlagaderblutbediirfniffes Statt findet, zeigt fich fehr auffallend in /, Hunters bereits angef\u00fchrter Krankhcits-gef\u00e7hichte. Home 1 ) erw\u00e4hnt ausdr\u00fccklich von feinem ber\u00fchmten Kranken , dafs jene auch bei geringen Ge-nViithsbewegurigen fo leicht eintretenden Anf\u00e4lle nie durch ruhiges Nachdenken veranlafst worden feyen, Und eben fo zeigen uns denn auch andere F\u00e4lle von Herzkrankheiten, und befonders von f\u00f6geuanr.ter Bruft-br\u00e4une, dafs Anftrengung der Geiftesth\u00e4tigkeit den Znftancf der Kranken, obgleich hei cliefcn der Umtrieh des Schlagaderblutes mehr oder weniger geh\u00f6rt ift, nicht merklich verfchlimmern.\n3) In Krankheiten der Lungen oder der Luftr\u00f6hre kommt nicht feiten die Erfcheinung vor, dafs bei faft gehemmtem Athmen die Geiftesth\u00e4tigkeit noch unge-ft\u00f6rt befteht, ja felbft eine Zeitlang mit erh\u00f6heter Kraft wirkt. Es ift bekannt, wie h\u00e4ufig bei Lungenf\u00fcchti-gen die Lungen dem Eintritt der Luft faft ganz verfehloffen gefunden werden, 10 dafs fie fich nur wenig aufblafen laffen2), und dennoch feilen wir die an die-fem Uebel Leidenden meiftens noch nahe vor ihrem Tode in voller Geiftesth\u00e4tigkeit3 * 5). In der h\u00e4utigen Luftr\u00f6hrenentzflndung finden wir bei den kleinen Kranken, wenn ihr Athmen durch die Anh\u00e4ufung von aus-\n1)\tA. a. O. S. 58.\n2)\tVergl. unter andern AbemclJiys Verlache; Th. x. $. 150. Abildgaard; im nord. Archiv von \"Pfaff und Scheel; Bd. 1.\nS. 2\u00eeO. \u2014 Au\u00e7h die nngefchw \u00e4chte Geifteskralt bei g rofsem\nBlutmangel in der Wafferflicht, in der Schwindfucht u. f. w. geh\u00f6rt hieher, M. \u00a3 Autcnrieths Piiyhologic - Bd. 1, S* 3 3p.\n5) Damit hangt denn auch vielleicht die Erich ein un g z.ufammen-dal\u2019s Lungenfiielitige fo leiten Kopffchmerzcn f\u00fchlen. Vergl* JS\u00e7uburg Eemerjungen \u00fcber einige chrenifche Krankheiten:\n\u00d6. 80.","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\ngefchwitzten Stoffen in den Luftwegen oder durcir da-felbffc vorhandenen Krampf h\u00f6chft befchr\u00e4nkt il't, die Geiiteskraft fehr h\u00e4ufig unvermindert, und nicht feiten eine Erh\u00f6hung derfelben, ein fch\u00e4rferes Wahrnehmungsverm\u00f6gen, ein regeres Ged\u00e4chtnifs, ein richtigeres Ur-theil, als mit dem gefunden Zuftande verbunden war 1 2 ). Aehnlicbe Erfclieinungen kommen zuweilen im Bruit-krampf Er wach lener vor.\n4) Sehr merkw\u00fcrdig find die F\u00e4lle, wo bei ganz unterdr\u00fccktem Lungeuathmen noch Fortdauer der Gei-ftesth\u00e4tigkeit, des Bewiifstfeyns Statt fand. W\u00e4hrend eine von Wienhold3) beobachtete Kranke, \u201efteif anr ganzen K\u00f6rper\u201c, ohne alle Aeufserung von Bewufst-l\u2019eyn oder Empfindung da lag, war doch derGeift noch in ihr; fie h\u00f6rte (wie\u00f6efich erfi: nachher im rnagnetifchen Schlaf wachen erinnerte), Alles, was die Anwefenden fprachen, und Wulste, was um fie her vorging. Einen \u00e4hnlichen Fall kenne ich aus eigener Erfahrung an einer von mir behandelten Kranken 3). Und eben fo thun auch andere F\u00e4lle dar, wie bei unterdr\u00fccktem Athmen die Geiftesth\u00e4tigkeit noch eine Zeitlang fortdaure. So lag Vaurfindhi, nach einem Athmungsverfuche mit oxy-dirtein Stickgas (welches bekanntlich kein Schlagaderblut bildet) bewegungslos und ohne Atbem zu holen da, w\u00e4hrend er fich dennoch feiner bewufst war, und\n1)\tCaillou Memoire fur le croup; p. 124. Auch Albers in der Srtizb. med. Zeit. 1813 ; Bd. 4. S. 164.\n2)\tHeilkraft de* thier. Magnetismus; Bd. 3. Abtli. 2. S. 9.\n3)\tReils und Hoff baiters Beitr\u00e4ge; Bd. 2. S. 3 31. Erfahrungen differ Art muQen noth wendig zu der Frage veranlagen, ob wir \u00fcber den Mangel de\u00ab Be^ nfstfeyns in Ohnm\u00e4chten zu einem fo entfeheidenden Urtheil berechtigt find, wie Bartels a. a. O. S. 39 und y'h es f\u00e4llt. \u2014 Heber die mit Beiinnung verbundenen Ohnm\u00e4chten bei Herzkrankheiten fehe man Krcyjig : die Krankheiten des Herzens; Bd. I. S. 328.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Jelbft das Gefpr\u00e4ch der Umftehenden vernahm 1 ). Bei Sterbenden ift es nicht feiten, dals man, wenn ihr AthemhoJen bereits aufgeh\u00f6rt hat\", in ihrem Auge, in dem Ausdruck ihrer Gefichtsz ige deutlich erkennt, wie das Geiftesleben in ihnen noch fortdauertJ). F\u00fcr das geringe Schlagaderblutbed\u00fcrfnifs der Geiftesth\u00e4tigkeit zeugen ferner noch die F\u00e4lle, wo Menfchen lieh will-k\u00fchrlich eine Zeitlang in Scheintod verfetzten 5), bei denen alfo w\u00e4hrend der Hemmung des Athmens das Bewufstfeyn fortdauern mufste, weil ionft fowohl ihr gegen den Naturtrieb anftrebendes fortgefetztes Wollen, das Athemhohlen anzuhalten, als auch der Entlchlufs, wieder damit anzufangen, nicht m\u00f6glich gewefen w\u00e4re.\n5) Tr\u00fcge das zum Hirn gehende Blut bedeutend zu den Geiftesverrichtungen bei, wie k\u00f6nnten denn bei geiftarmen und geifttr\u00e4gen Menfchen die Hirnfchlag-adern von gleichem Umfang l'eyn, wie bei geii'lesktriftigen und geiftesth\u00e4tigen? Der mehr gebrauchte Arni zeigt uns gr\u00f6fsere Schlagadern ; warum nicht auch das mehr gebrauchte Hirn? Aber noch hat kein Zergliederer eine Verfchiedenheit jenes Umfangs bei fo ungleich begabten Menfchen bemerkt. Man hat zwar behauptet,\n1) Davys Unterfuchungen \u00fcberdas Athraen ; S. 313.\n3) Man fehe Reils Aeufserungen hier\u00fcber in feiner Abhandlung vom Gemeingefiihl in Dclaroches Zergliederung der Verrichtungen des Nervenfyftems ; Th. 2. S. 237. \u2014 Merkw\u00fcrdig ift das klare, gl\u00e4nzende Auge bei manchen Erftickten i kranks med. Polizei, Bd. 3. S. 147.), fo wie bei den durch gewiffe Gifte Vergifteten. Sollte ein Auge, \u201egl\u00e4nzend wie bei dem feurigften J\u00fcnglinge im heftigften Affect,\u201c wie nach Hufe-lauds Bericht ;deffen Journal liir 1813, Jan, S. 86.) da:- eines durch Blauf\u00e4ure vergifteten Mannes mehrere Stunden nach dem Aufh\u00f6ren des Athemhoblens war, bei erlofchner Geiitesth\u00e4tig-keit m\u00f6glich feyn?\n3\") Reils und Autenrieths Archiv; Bd. 7, S. 140. Auch im Diet, de m\u00e9dec. T. \u00bb. p. 193 wird erz\u00e4hlt, Dr. Cheyne habe einen Menfchen gekannt, der nach Willkiihr todt fcheine\u00ae konnte.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\ndie Kopffcldagadern f\u00fchrten w\u00e4hrend eines angestrengten Denkens mehr Blut nach dem Hirne l * 3 *); allein diele Behauptung ift nicht aus Beobachtung, fondern aus Vermuthting gefch\u00f6pft, und fteht mit allen im Vorigen angef\u00fchrten Thatfachen jm Widerfpruch. Im Fieber, in der Hirnentz\u00fcndung feilen wir die Kopffcldagadern Barker klopfen, aber oft grade, wenn Stumpfheit des Creiftes zugegen ift. Warum find endlich die Hirn-fchlagadern von Thieren nicht auffallend enger, als die des Menfchen? \u201eDie Gef\u00e4fse im Innern des Sch\u00e4dels der S\u00e4ugthiere, lagt, Q. Cuvier?), \u201c unterlcheiden hell von denen des Menfchen nur durch ihre Lage. \u201eDas Wundernetz, wovon man etwa annehmen konnte, es breche da, wo es vorhanden ift, den Andrang des Blutes nach dem Hirn, findet fich ja nicht bei allen S\u00e4ug-thieren j es fehlt allerdings nach Cuvier grade beim Ele-phantcn und Biber, ift aber dagegen beim Hunde, bei Affen ii. f. w. vorhanden. Und mufs denn nicht beim Menfchen die aufrechte Stellung den Andrang des Blutes nach dem Hirn noch gewiffer m\u00e4fsigen , als es jene Gc-f\u00e4fseinrichtung bei einigen S\u00e4ugthieren thun durfte?\nEs fcheint, clafs die hier k\u00fcrzlich angef\u00fchrten Thatfachen ziemlich beftimmt clarthun, was das lang-fame und fchwache Athemholen eines in Nachdenken Vertieften bereits vermuthen liefs. Die geiftige Th\u00e4-tigkeit bedarf am wenigften von allen Lebens\u00e4ufseruri-gen k\u00f6rperlicher Bedingungen ; das gilt von der Aufnahme von Nahrungsftoff, wie vom Athmen 5), Die\nl) So befonders von Humboldt, fowohl in leinen Verfuchen \u00fcber die gereizte Muskel - und Nervenfafer, tid. i. S. 298, als in\nfeinen Beobachtungen aus der vergleichenden Anatomie und Zoologie, S. 78.\n3) Vorlefungen; Bd. 2. S. 189.\n3) Verhungernde bleiben lange bei nngefchw\u00e4chter GeifteskraFt.\nMan fehe unter andern den von Currie ( \u00fcber die Wirkungen","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Q\nwillk\u00fcrliche Bewegung ift ohne ftetcn Zuflufs von Schlagaderblut nach den Muskeln gel\u00e4hmt; die Verdauung bedarf eines gefteigerten Atl.imeps; zur W\u00e4rmeerzeugung ift hellr\u00f6thes Blut erforderlich; aber den Geift feflelt eine folche Bedingung weit minder. Und fo verh\u00e4lt fich denn auch die Zeugung der Gedanken bedeutend verfchieden von der fonft wohl mit ihr verglichenen, \u00bbnd auch einigermafsen vergleichbaren Zeugung zur Fortpflanzung der Gattung. Statt daf.s jene pur ein geringes Ailimungsbed\u00fcrfnifs hat, befitzt cliefe nach dem, was fo viele Thatfachen ergeben, ein be-fonders grofses, M\u00e4dchen mit blauer Krankheit bekommen ihre monatliche Reinigung fp\u00e4t, fparfam oder g\u00e4r picht; ob Kranke dicier Art, m\u00e4nnliche fowohl als weibliche, zur Fortp\u00eelanzmig der Gattung f\u00e4hig ieyen, lit zu bezweifeln* 2 3 * 5). Wie gef\u00e4hrlich bei einem durch Herzfehler \u00e7rfchwerfen Umtriebe des Blutes der Bei-fchlaf und die Schw\u00e4ngerung fey; zeigen mehrere theils bei Tefta *), theils im. Anhang zu Earns angef\u00fchrte F\u00e4lle 5). Und fo erfelieint denn die Fortpflanzung des jrdifchen Lebens auch abh\u00e4ngiger von infifchen. Bedingungen,\ndes kalten und warmen Waffe*.\u00ab, B\u00e4. I. S. 267) erz\u00e4hlten Fall, wo befonrlers auch die heiteren n\u00e4chtlichen Traume des wegen Verfchliefsung des Schlundes Verhungernden in mehrerer Hinlicht merkw\u00fcrdig find.\nj) Anhang zu Earn::. \u2014 Eine Man Richtige drei\u00dfigj\u00e4hrige Frau, von der Kortunt. {Hufcfauds Journal, Bd. 34. Fielt 4, S. 122} erz\u00e4hlt, war feit mehreren Jahren verheirathet pewefen, hatte aber keine Kinder und unvollkommenen Monatsflufs.\n2)\tUeber die Krankheiten des Herzens, Auszug von Sprengel, TU. 1, S. 91 und 92.\n3)\tEin von Earns beobachteter \u00e4hnlicher Fall, wo eine Ge,\nfehw\u00e4ngerte ft irb, ift erz\u00e4hlt in den Abhandlungen der med.\n\u00e7hir. Gefellfclialt zu Loudon; Bd, I. Nr. 13,","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nAllerdings find einzelne von den vorher aufge-ftellten Beweifen noch einem und dem anderen, wenig-ftens fcheinbarem Einwurfe ausgefetzt, indefs d\u00fcrfte doch die aus f\u00e4mmtlichen Thatfachen gezogne Folgerung nicht unrichtig feyn. Nicht Alles, was diefer Folgerung heim erften Anblick zu widerfprechen fcheint, widerfpricht ihr wirklich bei n\u00e4herer Unterfuchung. Aus dem von Bartels1') behaupteten Erfahrungslatze, nach Kopfarbeiten fey das Becl\u00fcrfnifs zum Schlafen gr\u00f6-fser, als nach Muskelanftrengung, l\u00e4fst fich gegen den aus den angef\u00fchrten Thatfachen hervorgehenden Satz ich wer lieh ein Einwurf entlehnen; denn erftlich ift jener Erfahrungsfatz noch ftreitig, da nicht alle Gelehrte Langfchl\u00e4fer find; und dann k\u00f6nnte ja, falls dies auch \u25a0w\u00e4re, nicht die Geiftesth\u00e4tigkeit, die ohnehin im Scnlafe wie im Wachen, wenn gleich dort unter etwas andern Formen, fortwirkt, fondern die Ern\u00e4hrung und Zerfetzung des K\u00f6rpers, f\u00fcr welche w\u00e4hrenddes Denkens nicht genug geathmet wird, die l\u00e4ngere Erholung durch Schlaf nothwendig machen. Dafs k\u00f6rperliche Anftrengung, wie ftarke Muskelbewegung, Anh\u00e4ufung von Speifen im Magen, fchl\u00e4frig macht, kann ebenfalls keinen gr\u00fcndlichen Einwurf bilden; was hier den Schlafzuftand fordert, ift der K\u00f6rper, da hingegen der Geift grade nach einer ftarken Wanderung, oder bei vollem Magen in die unruhiglten Tr\u00e4ume verfemt wird. Der etwanigen Annahme, die Geiftesth\u00e4-tiakeit k\u00f6nne deshalb bei geringem Athmen fortdauern, weil das Hirn zum Behuf derfelben anderen Theilen die Kraft entziehe, fteht die Frage entgegen, woher denn diefe Kraft entnommen werden folle, wenn bei Hemmung des Athmens und dennoch daurendem Be-\nll A. a. O. S. 32.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"11\nwufstfevn alle anderen Theile des K\u00f6rpers felbft keine haben. Dafs, wie v. Humboldt1') meint, die Unterleibseingeweide deshalb leiden, weil w\u00e4hrend des Denkens, auf Koften derfelben, Stoffe im Hirn verbraucht werden, ift eine Erkl\u00e4rung blofs nach Einer Anficht, indem jenes Leiden offenbar auch davon herr\u00fchren kann, dafs w\u00e4hrend der Geiftesanftrengung der K\u00f6rper weniger athmet, als zum Verdauungsgefch\u00e4fte n\u00f6thig ift, oder weil die zum gefunden Zuftande der Unterleibseingeweide erforderliche Hinundherbewegung derfelben bei dem w\u00e4hrend des Denkens gefchw\u00e4chten Athemholen nicht grofs genug ift. So fagt bereits David a. a. O. : bei denen, die mit dem Kopf arbeiten, fehlt die geh\u00f6rige Bewegung des Zwerchfells, und die dadurch hcwirkte Bewegung der Leber, wovon dann eine geh\u00f6rte Ausf\u00fchrung der Galle, fchlechte Verdauung, Tr \u00fcb fin n und Neigung zur Geibfucht entfteht.\nEs f\u00e4llt auf, wie viel nachtheiliger f\u00fcr die freie Aeufserung der Geiftesth\u00e4tigkeit eine regelwidrige Vermehrung der zum Hirn gehenden Blutmenge wirkt, als eine folche Verminderung. Ungew\u00f6hnlichem Andrange des Blutes nach dem Hirne folgt, je nachdem derfelbe minder oder mehr ftark ift, fehr bald Schwindel, Irrereden, Raferei, und darauf eintretende Bet\u00e4ubung; dahingegen der Blutflufs durch die innern Kopf-fchlagadern lange geft\u00f6rt l\u2019eyn kann, ohne dafs die Geiftesth\u00e4tigkeit leidet2). Bekanntlich hemmte\nt) A. a. o. Bd. 2. S. $!.\n2) Ein Fall, wo durch den verdickten Schlundkopf die innere rechte Droffe\u2019ader g\u00e4nzlich , und die innere Kopffchlagader bis anfeine geringe Oeffnnng verfchloffen war und dennoch, obgleich dies mehrere Monate dauerte, die Geiftesth\u00e4tigkeit unge/t\u00f6rt blieb, wird erz\u00e4hlt von Lardner im Kdinb. med. and furg. Journal, n. 28. Home ( Phil of. Transact, for 1814\u00bb P* 478) fall bei Verfchliefsung der rechten inneren Kopffchlagader blofs","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"Parry* 1') in mehreren F\u00e4llen, wo zu grofser Trieb des Blutes nach dem Hirne zugegen war, das vorhandene Irrereden augenblicklich durch einen Druck auf eine oder beide Kopffchlagadern. Dasjenige , was uns der englifche Arzt \u00fcber lein Verfahren mittheilt, l\u00e4fst ver-muthen, er habe die Gef\u00e4fse in der Regel bedeutend unter ihren gew\u00f6hnlichen Umfang zufammengedrfickt; dennoch ftelite gerade eine folche Verminderung die regeln!cifsige Aeufserung der Geiftesth\u00e4tigkeit wieder her; eine Erfcheinung, die an jenes Anhalten desAthem-holens erinnert, was dann bei uns Statt findet, wenn unfere Denkkraft in ihre vollfte Th\u00e4tigkeit treten foil. Merkw\u00fcrdig ift, dafs Parry auf jenen von ihm in mehreren F\u00e4llen angewandten Druck nur einmal Schlaf erfolgen fah, was dem Anfchein nach dahin deutet, dafs Verminderung des Blutzufluffes zum Hirne felbft in der Form der Geiftesth\u00e4tigkeit fo leicht keine Ver\u00e4nderung yeranlaffe.\nBedarf nun aber djefe Th\u00e4tigkeit nur eines fchwa-chen k\u00f6rperlichen Athmens, fo d\u00fcrfte Manches, was \u00fcber diefen Gegenftand bisher gefagt worden , nicht als v\u00f6llig richtig erfcheinen. So m\u00f6chte man zweifeln, ob\nSchwache Bet\u00e4nbungszoF\u00e4lle. (Da eien Verfuchen von A. Cooper, Bichat und Scarpa zufolge, felbft beide gemeinfehaft-iiche Kopffchlagadern unterbunden werden k\u00f6nnen , ohne dafs fofort der Tod eintritt, indem die verbindenden Gef\u00e4lszweige 1 die volle Wirkung einer folchen Unterbindung verhindern, \u00ceO mufs allerdings auch der naehtheilige Einflufs einer Ver-fchliefsung der inneren Kopffchlagadern auf dielern Wege verringert werden.)\ni) Merkw\u00fcrdige Abhandlungen der zu London errichteten Ge-feilfehaft; Bd. 4- S. S3, und Philofoph. Transact, for I.8II;; \u2022p.\t\u2014 Warum hat denn (wenigftens nach dem, was \u00f6fft-nt-\nlich bekannt geworden) noch kein einziger deutfeher Arzt von dem durch Parry auf den Grund von Thatfachen \u2022 mpfohlenen wichtigen Mittel in Kr\u00e4mpfen, Schmerzen, Irrereden u. f. w. Gebrauch gemacht?","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"in\ndas, was Brandis 1 * ) von der Beltimmung des Athrnens lehrt, dafs n\u00e4mlich dal'felbe \u201elediglich wegen der vermehrten Apperception der Aufcemvelt, wegen des ves-mehrten Genleiiigefohls, des vermehrten Bewufstfeyns und der vermehrten Muskelbeweg\u00fcng\u201c bei dem Kinde nach der Geburt nothwendig werde, auch in allen St\u00fccken der Wahrheit geni\u00e4l's fey. Steigerung der Muskel th\u00e4tigkeit fordert, wie \u00fcberhaupt alle Steigerung der K\u00f6rperkraft, Zunahme des Athrnens ; aber fcnwerlich gilt dafi'elbe von der Erh\u00f6hung des Bewufstfeyns. Die Bedingungen der Geifte.sth\u00e4tigkeit fcheinen andere zu feyn, als folclle, die in den Lungen liegen. Und darum ift denn auch der von Brandis gew\u00e4hlte Ausdruck: das Athmen beziehe lieh auf das \u201efenfo-rielle\u201c Leben, wohl nicht ganz paffend; wogegen man vielleicht richtiger fagen w\u00fcrde, das Athmen beziehe fich auf das Nervenleben.\nEs feheint nach den irn Vorigen angef\u00fchrten That-fachen ebenfalls zu bezweifeln, ob, wie Schallgruber 3 ) meint, \u201edas Erfticken ein fchmerzlofer Augenblick zwilchen Seyn und Nichtfeyn, Worin die aufseren und inneren Sinne fchwinden, und das H\u00e4ngen deshalb unter allen Todesftrafen die menfehlichfte fev.\u201c Wenn in anderen F\u00e4llen bei Hemmung des Athrnens das Bewuftfeyn noch eine Zeitlang fortdauert, warum f\u00fcllte denn nicht da, Wo jene Hemmung durch ein Zn* fchniiren der Luftr\u00f6hre bewirkt wird, und keine andere bedeutende Verletzung des K\u00f6rpers Statt findet, das N\u00e4mliche gelblichen ? Erz\u00e4hlt doch Schallgru-her felbft, wie ein Geh\u00e4ngter am Schnellgalgen fich \u201efrei von einer Seite zur andern wandte.\u201c Dafs vorn\ni) Pathologie, S. 3i\u00f6.\ns) Sateb. raeth Zeit, f\u00fcr 1814; \u00c8d. 2, S, 219 u. ff.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nHansen Wiedererwachte lieh nichts weiter zu erinnern willen, als dafs fie beim Zufclmiiren des Strickes einen Blitz vor den Augen gefehen, und dann nichts mehr ernpfunden, ift kein Beweis daf\u00fcr, dafs fie w\u00e4hrend ihres Scheintodes bewuistlos waren , da auch aus manchen Tr\u00e4umen, obgleich die Schlafenden laut darin redeten, wie nicht minder aus allem Schlafwandeln, keine Erinnerung in den wachenden Zuftand \u00fcbergeht 1 2 ). Wo durch die Todesfirafe das Hirn nicht unmittelbar verletzt wird, wie diefs bei dem Erh\u00e4ngen, zu dem fich bekanntlich in der Regel keine bedeutende Blutergiefsung in die Sch\u00e4delh\u00f6le gefeilt, der Fall ift, da d\u00fcrfte wohl am wenigften eine augenblicklich eintretende Vernichtung des perf\u00f6nlichen \u00dfewufstfeyns zu erwarten feyn, wie man eine folche den Todesftrafen hat zur Aufgabe machen wollen, ohne fich vorher zu befragen, inwiefern eine Aufgabe diefer Art durch irgend eine k\u00f6rperliche Verletzung l\u00f6sbar ley J).\n1)\tSo wie nun aber oft in Tr\u00e4umen, fo wie auch in Ohnm\u00e4chten mit Befinnung n. f. w., der kranke* Zuftand des K\u00f6rpers nicht empfunden wird, vielmehr nicht feiten ein hoher Grad von Wohlgeffihl Statt findet, fo k\u00f6nnte auch im Erftickungsfchein-tode zwar Bewufstfeyn, aber keineswegs Angft und Schmerz vorhanden feyn.\n2)\tWer vermag es zu entfeheiden, oh nach der Zerft\u00f6rung des Kopf hirns das Bewufstfeyn nicht noch durch das R\u00fccken him, durch das Bauchhirn, das Sonnengeflecht, eine Zeitlang fort-daure? Vergl. Cruithuijens f hr ber\u00fcckfichtigungswerthe Schrift \u00fcber die Exift-nz der Empfindung in Gek\u00f6pften. \u2014 Alle bisher verf\u00f6chten n\u00e4heren Beftimmungen ehr k\u00f6rperlichen Beding-niffe des Bewufstfeyns find nichts anders als Vermuthungen. Es fclieint, der Ge.it fey etwas zu geiftig, um fich die r\u00e4umlichen Formen und Schranken gefallen zu la\u00dfen, worin ihn die Aerzte und befonders die Anatomen von jeher haben gern bannen wollen. Dafs, wie neulich behauptet worden, das Bewufstfeyn durch eine Anordnung des JNervenftoffes bedingt fey* wo diefer Stoff nach ge willen Mittel puncten hin gelagert feyn foil, dafs die Seele und ein fo geordneter Nervenftofi wefent-lich Eins und Dal\u00efeibe, und beide nur der Erfcheinungsform mich verfchieden feyen, daf\u00fcr hat man zwar als Hauptbeweis","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Ganz \u00fcbemnftimmend mit demjenigen, \\vas die oben angef\u00fchrten I hatfachen zu ergeben feheinen, fagt flagegen bereits Kudolphi in feinen Beitr\u00e4gen zur Anthropologie, S. 90.: \u201ediefer oder jener Theil im meufchlichen K\u00f6rper mag leiden, fein Athmungsge-fch\u00e4ft mag nur kaum noch den Namen verdienen; dennoch ftrebt der Gedanke empor, und der Kreis des Willens wird dem Menfchen nie zu weit.\u201c\nBeobachten wir nun , was aus dem Erfahrurigsfatze, dafs Geiltesth\u00e4tigkeit weit weniger \u00c4thrnen fordere, als Gem\u00fcthsbewegung, als Muskeith\u00e4tigkeit u. f. w.,\n\u25a0<lie Entwicklungsgefchichtc des NervenfyItems in der Tliier-reihe angef\u00fchrt ; es fragt /ich jedoch ob diefer Beweis viel Kraft habe, da nach der Anordnung des Nerven ftoffs zu urthei-len fchwerlich einzufehen ift, warum ein geiftiger Unterfchied fey zwilchen einem Affen und einem Menfchen, Daraus, dafs Stoff und Th\u00e4tigkeit, Leib und Lebenskraft ni- ht wefentlich verfchieden find, folgt noch nicht, dafs Nervenftoff und Empfinden und Denken eins feyen. Uebrigens ergiebt lieh das Unbefriedigende jener Lehre fchon aus den Widerfpr\u00fcclien, worin lie in ficli felbft befangen ift, und (wollte fie, um folgerecht zu feyn, das \u201eheilige und unverletzliche Erbtheil der Menfchheit, \u201c io wie ausg machte Erfahrungstbatfaqhen nicht l\u00e4ugnen') befangen werden mnfste So foil ihr z&folge die Seele die zeitliche Erfcheinungsform des Nervenfyftems feyn, auf der anderen Seite aber das Bewufstfeyn auch nach dem Tode von dem Nervenftoffe getrennt fortdauern k\u00f6nnen; fo dafs alfo die r\u00e4umliche Form doch auch wieder nicht zu dem-felhen erforderlich ift. Die Entwicklungsgeschichte des Nervenfyftems in der Thierreihe foil den vorher erw\u00e4hnten Beweis f\u00fchren, und dennoch wird einger\u00e4umt, es gebe auch ein Bewufstfeyn bei faft g\u00e4nzlicher Zerft\u00d6rung der Hirnhalbkugeln ; im Nervenfyfteme foil ein r\u00e4umlicher Mittelpunct nachgewie-fen werden, der doch unftrei ig ein realer w\u00e4re, w\u00e4hrend zugleich die Behauptung nothwendig wird, diefer Mittelpunct fey biofs ein idealer 11.L w. \u2014 Warum mufs denn Seele und Hirn grade fo verbunden feyn, dafs eins ein Abbild des anderen fey; begreifen wir die Entftehung des Gedankens hienach etwa bef-fer, als nach dem das k\u00fcnftige Leben mit dem jetzigen enger zufammenkn\u00fcpfenden Glauben unterer Vor\u00e4Uern? ift denn mit der benachbarten Fl\u00e4che auch der Sonnenftrahl gegeben, der den auf ihr ausgebreiteten Farbeftoffea Licht und Leben Verleiht., fo lange er darauf fpielt ?","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nfetwa ate F'\u00f6lgefutz hervorgehen m\u00f6telite, fo fcheint Daher die Bemerkung zu geh\u00f6ren, dafs dasjenige, was 5m Zorn, in der Freude ein gefteigertes At Innen noth* wendig macht, nicht die in diefen Zuit\u00e4nden etwa zugleich aufgeregte Geiftcsth\u00e4tigkeit, fondera etwas An*\n< ! eres feyn unifie. Schon das verft\u00e4rkte Athemholen ielbftj die Vermehrte Th\u00e4tigkeit des Herzens und der Gef\u00e4ise mufs eine Steigerung des Athmens zur Folge haben; hauptf\u00e4chhcli d\u00fcrfte lieh jedoch dief\u00f6 Steigerung auf Ver\u00e4nderungen beziehen , die in der Lebens* Spannung der in der Bruft- und Bauchh\u00f6hle gelegenen Eingeweide vorgehen, welche bekanntlich in neuerer Zeit von Bichat und Reil auf \u00e4hnliche Weife, wie nach d\u00eb\u00ef Pythagor\u00e4ifch- Anftote\u00e0fc.lren Lehre der Sitz der Empfindung im Herzen gefueht ward, als der Entitehungs* ort der Gem\u00fcthsbewegungen und Leidenfchaften ange* l'ehen worden find.\nEin anderer Folgefatz aus dem Ergebnifs der oben angef\u00fchrten Thatfachen fcheint der zu feyn, dals anhal-tende Belch\u00e4ftigung mit Denken, Lefen u. f. w. die Ausbildung der AthmungSwerkze\u00fcg\u00e9 in der Entwicklungszeit des K\u00f6rpers zur\u00fcck halten, oder bei l\u2019chon reifem K\u00f6rper, infofern jeder wenig gebrauchte Theil an Kraft und Umfang verliert, Abnahme der Ger\u00e4umigkeit der Brufth\u00f6hle, Schw\u00e4clie der Lungen, kurz Engbr\u00fcftig-keifc veranlaffen minie, welches letztere Uebel denn bekanntlich bei vielfitzenden Gelehrten ein fehr gew\u00f6hnliches ift. Diele erworbene Befchr\u00e4nkung der Ath-mungsWerkze\u00fcge mufs dann Wieder auf die Neigung und Stimmung des Gem\u00fcthes zur\u00fcck wirken, und wie eine weite Brult, ein kr\u00e4ftiges Athmen gew\u00f6hnlich mit Muth gepaart ift, fo k\u00f6nnen umgekehrt gelehrte Stubenfitzer ichon wegen der wenigen Luft, die ihr Leben n\u00e4hrt, keine befonderen Kriegshelden feyn. Bei denen\nvon","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"tori ihnen, die durch ihre Befch\u00e0'ftigung nicht grade engbr\u00fcftig geworden, wird fich wenigftens durch Gewohnheit die Neigung feftfetzen, nicht tief einzuath-men. Und jtfwohl diefe Neigung, als auch jene wirkliche Verengerung der Brufth\u00f6hle hilft uns denn vielleicht die auffallende Erfcheinung erkl\u00e4ren , dafs bei den bisher an verfchiedenen Perfonen angeitellt\u00ean Mef-fungen der bei jedem Athemzuge in die Lungen tretenden Luft fo fehr abweichende Erfolge beobachtet worden find. Es wird begreiflicher, wie Menzies *) in feinen Umerziehungen das Maafs diefer Luft beinahe fiebert und vierzig Cubikzoll grofs, Abildgaard. *) es dagegen nur drei bis fechs, Wurzer \u00ce) fechs bis acht* De\u00efametherie4) acht bis zehn, Keutfch fechs bis zw\u00f6lf Cubikzoll grofs finden k\u00f6nnte ; denn alle diefe letzteren ftellten die Meffungen an fich an und waren Gelehrte, da hingegen Me/izies zu feinen Meffungen im Bade, die ein Maafs von heben und vierzig Cubik-zollen ergaben, einen Anderen brauchte, der alfo auch \u00abln an ftarke M\u00fcskelth\u00e4tigkeit Gew\u00f6hnter feyn konnte6). Ift nun aber Kopfarbeit dem Schwinden der Athmungswerkzeuge, der Engbr\u00fcftigkeit giinftig, fo erhellt, wie wichtig es auch in diefer Hinficht f\u00fcr dert\nl) Grens Journal der Phylik ; Bd. 6. S. 113.\n4)\tA. a. O. S. 2C\u00d6.\n3) G\u00fcnther Darftellurtg der Refait a t\u00e9, S. 2\u00cf<\nG Leber die reine Luft j Th. 2. S. s,6.\n5)\tDifsert. de actione gas oxygenii; p. 4.\n6)\tAuch V\u00f6ti allen anderen Meffungen, welche verfchiedetie Na\u00ab turforfcher \u00fcber das Maafs der ein- und ausgeathmeten Luft an lieh angeftellt haben ( man fehe das Verzeichnis diefer Meffungen i\u201e bavys Untetl. S. 140), kommt keine der von Menzies gleich. Der letztere fand hun zwar das Maafs der von ihm felbft geathmeten Luft zu 42+ K, Z.y er lagt aber nicht, ob er wie gew\u00f6hnlich, oder tief und angeftrengt Athem geholt habe.\nM. ch Archiv. II. I.\tB","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"Gelehrten fey, der Geiftesbefch\u00e4ftigung h\u00e4ufiger will-k\u00fchrliche Muskelbewegung, welche umgekehrt die Erweiterung der Athmungswege f\u00f6rdern mufs, an die Seite zu ftelleo. Denjenigen, welche auf Spatzierg\u00e4nge, auf Reiten u. f. w. nicht viel Zeit zu verwenden haben, d\u00fcrften zuin Erfatze folche k\u00fcnftliche tiefe Athem-z\u00fcge, wie fie von Autenrieth 1 ) neulich zur Verh\u00fctung des Engbr\u00fcftigwerdens empfohlen find von Nutzen feyn.\nEinen Nachtheil entgegengefetzter Art, wie fortgefetzte Geiftesbfefch\u00e4ftigungen, m\u00fcfi\u2019en h\u00e4ufige aufregende Gem\u00fcthsbewegungen f\u00fcr den K\u00f6rper haben ; es kann nicht fehlen, dafs das Athmen durch diefe nicht auf eine gefundheitswidrige Art gefteigert und dadurch eine zu rafche Verzehrung des Stoffes herbeigef\u00fchrt werde, welcher den zum \u00dfeftehen des k\u00f6rperlichen Lebens erforderlichen Werkzeugen fowohl zu ihrer Ern\u00e4hrung als zu ihren Verrichtungen unentbehrlich ift. So erzeugt fich dann bei leidenfchaftlichen, mit dem BegehrungsVefm\u00f6gen ausfchweifenden Menfchen allm\u00e4hlich der zum Tode f\u00fchrende Zuftand, der von den Aerzten, zugleich mit anderen noch der n\u00e4heren TJnterfuchung bed\u00fcrftigen Zuft\u00e4nden, unter dem un-beftimmten Namen der Nervenfchwindfucht, der Nervenzehr ung befal\u2019st worden ift *).\nDa Kopfarbeiten nur wenig Athmen fordern, Athmen aber, auf den h\u00f6heren Stufen der Thierreihe und beim Menfchen wenigftens, mit der Stoffaufnahme durch die Verdauungswege im Gegenfatz fteht, fo mufs es auffallen, dafs Gelehrte, auch bei geringer will-k\u00fchrlicher Muskelth\u00e4tigkeit, fo h\u00e4ufig Itarke Effer\nG T\u00fcbinger Bl\u00e4tter; Bd. I. S. 12g.\n3) Man vergleiche, was hier\u00fcber Brandis in feiner Schrift von der Lebenskraft , S. 65 und 66 lehr fch\u00f6n gef\u00fcgt hat.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"19\nfiricL Der Aufgeregte, finnlidh.Ausfchw\u00e9ifende bedarf allerdings des h\u00e4ufigen Speil'egemiffes, weil fein ftarkes \u00c2thm\u00e8n denf\u00e9lbert fordert, wie \u00e4ft'er der ruhige Denker? Es giebt inde'fs viele Gelehrte, denen bei einer ftiit angeftrengter Geiftesth\u00e4tigkeit verbundenen fitzen-deti Lebensweife wenig Nahrung hinreicht, und es wird daher fehr wahrscheinlich, dafs das Vielehen bei Anderen , die mit ruhigem Gern\u00fcthe daffelbe Gefch\u00e4ft treiben, nur ein kiinftliches Bed\u00fcrfnis fey. Ein reichlicher Speifegenufs mufs nun aber eine angeftrengtere Verdauung, und wenn diefe zu Stande kommt, eine Anh\u00e4ufung von Nahrungsftoff und Kohlenf\u00e4ure im Blute zur Folge haben, beides dann aber ein vermehrtes Athmen, alfo grade das Gegentheil fordern von dem, was dem Denken Bed\u00fcrfnifs ift. Ein folcher Zwiefpalt zwilchen dem, was die Verdauung, und dem, was die Geiftesth\u00e4tigkeit fordert, kann dann aber der Gefundheit fchwerlich f\u00f6rderlich feyn, und mufs felbft, bei \u00abft wiederholter Widerkehr, das Leben in Gefahr fetzen *),\nEin nicht unrichtiger Folgefatz aus dem obigen Ergebnifs d\u00fcrfte noch der feyn, dafs das zum Hirn gehende Schlagaderblut, da der in den Lungen ihm mit-getheilte Athmungseinflufs h\u00f6chftens nur zu einem geringen Theile f\u00fcr die Geiftesth\u00e4tigkeit verbraucht wird, eine andere Beftimmung haben muffe, als die zum Dienft f\u00fcr diefe Th\u00e4tigkeit. Mag auch die Menge von hell-rothem Blut, die zum Hirn geht, nicht fo grofs feyn, als man fr\u00fcherhin wohl angenommen hat, mag fie immerhin, wie S\u00f6mmerring lehrt, in R\u00fcckficht der Maffe\nB a\nI) Es bedarf liier keiner weiteren Ausf\u00fchrung, dafs Nachden-ken und Gehen ebenfalls einen dem K\u00f6rper nachtheiligen Wiederftreit zwilchen dem Atbmungsbad\u00fcrfuiXs beider Verrichtungen zur Folge haben muffe.","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nund des Umfangs des Hirns weniger betragen, als dis Nieren erhalten, fo bleibt fie doch immer fehr bedeutend , infofern ja das Hirn kein Stoffabfonderungsge-fch\u00e4ft hat, wie es von den Nieren, von der Leber u. f. w. ausge\u00fcbt wird. Nun verbraucht das Hirn allerdings einen Theil des ihm im Schlagaderblute \u00fcherbrachten Athmungseinfluffes zur Unterhaltung feines k\u00f6rperlichen Lebens, feiner Ern\u00e4hrung, feines Stoffwechfels, feiner W\u00e4rme. Aber der Abfatz von neuem Stoff und die Aufnahme des vorhandenen d\u00fcrfte in dem Hirne vor-zugsweife fparfam gefchehen, wie denn bekanntlich auch Blumenbach1 *') das Gehirn za den Theilen rechnet\u00bb diefich, einmal ausgebildet, nur wenig mehr ver\u00e4ndern; und in dem W\u00e4rmegrade wird daffelbe, nach J. Dcivys 1 ) Meffungen, von jedem anderen inneren Theile \u00fcbertroffen, fo dafs es felbft dem Maftdarm darin nachfteht. Die Annahme, das Hirn empfange aus deru Schlagaderblute gebundene W\u00e4rme,, w\u00fcrde im Vfider-fpruch feyn mit demjenigen, was jetzt \u00fcber das Ver-h\u00e4ltnifs der VV\u00e4rmefaffimgskr\u00e4fte beider Blutarten genau ausgemittelt ift 3). Wozu dient nun aber das im Hirn, jedoch nicht f\u00fcr das Hirn verbrauchte hellrothe Blut? Es ift ein Erfahrnngsfatz der Lebensnaturlehre, der einen nicht geringen Grad von Gevvifsheit hat, dafs auf belebungsf\u00e4higen thierifchen Stoff (aufNervenftoff) einwirkender AthmungSeinflufs, deffen Uebertiagung an die inneren Theile ja beim Menfehen und bei den h\u00f6heren Thieren durch das Schlagaderblut gefchieht, in jenem Stoffe thierifcheLebenskraft, Lebensfpannung, oder wie man die innere Bedingung der thierifchen\nO Inst, phyfiol. Ed. 5. p. 3*4.\na) Philof. Transact, for 1814; p. 60O\u00bb\n3) Pieils und Auttnrieihs Archiv; \u00fcd. 13. \u00bb, 425.","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"I\u00dfe\u00dcenserfclieln\u00fcngen fonft nennen will, erzeuge; wird nun die auf folche Weife im Hirn ftervorgebrachle Le-bensfpannung dafelbft nicht verbraucht, fo mufs fie in ?fl\u00e8 '-'\u00abUt^'demfelbeii zufamnienh\u00e4ngenden Theile das Rfifc\u00eetlSriiark und die Nerven, \u00fcbergehen, wodurch 8\u00eahrirclfe Spannung, welche diefe Theile bereits aus eigener Erzeugung befitzen, nach dem Maafse der ihnen auf f\u00f6lche Weife noch mitgetheilten, mehr oder weniger erh\u00f6ht wird. \u2014 Und fo f\u00fchrt uns denn auch diefe Unterfuchung zu der Anficht, fiir welche jede Nerven-diir'chfchnciclung fpricht, das Hirn fey aufser dem, Was es der Geiflesth\u00e4tigkeit ift, ein Leberisq\u00fcell f\u00fcr den M>ri gen K\u00f6rper; und es wird auch von diefer Seite eiiil\u00e8uchtend, dafs wir wohl wieder werden zuriick-k\u00e8'hren muffen zu jener in neuerer Zeit mit Unrecht ver-Tpotteten Lehre von den thierilchen Lebensgeiftern, w\u00e8lchen unfere Vorfahren eine fo grofse Bedeutung zur Erkl\u00e4rung des gefunden und kranken Zuftandes b\u00ebileg-t\u00e9in, und worunter lieh wahrlich nicht Alle einen in R\u00f6hren vom Hirn herabrinnenden Saft dachten, wie denn auch die' fr\u00fcheren Begr\u00fcnder jener Lehre die Anficht \u00fcber die Art und Weife, wie das vom Gebirn Kommend\u00ab den Nerven mitgetheilt werde, frei gelaffen haben1). Man wird dem, was die Alten fo nannten,\ni) Man feile unter anderen die Fragen, die Geilen im liebente\u00bb Buche de plac. Hipp, et Platonis \u00fcber die Art aufftellt, wie die Lebensgeifter in den Nerven enthalten feyen. Vefalius Tagt lib. 7, cap. I. der vollendeten Ausgabe feines grofsen, noch jetzt fo lefenswerthen Werkes , wie von der Lehre von Nervenr\u00f6hren u. f. w. fich frei machend: spiritum animalem qualitatem fere potius effe quam corpus. Willis vergleich in einer fch\u00f6nen Stelle feiner Anat. cerebri (cap. 19.) das Gehirn in Hiuficht der von demfelben ausgehenden Lebensgeifter mit dem leuchtenden K\u00f6rper der Sonne oder eines anderen Geftirns. \u2014 Uebrigens ift, wie man nicht \u00dcberlehen darf, der Ausdruck : Spiritus animales, nocli etwas Anderes, als der deutfehe : thierifche Lebensgeifter,","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"jetzt vielleicht einen anderen Namen geben, wobei jedoch die Sache, die damit bezeichnet werden foil, die n\u00e4mliche bleibt.\nDa im Schlafe und in verwandten Zuft\u00e4nden die Schnelligkeit des Blutumtriebs, fo wie die W\u00e4rmeerzeugung abnimmt, die willk\u00fchrliche Muskelbewegung und die Th\u00e4tigkeit der \u00e4ufseren Sinne ruht, fo bedarf der K\u00f6rper alsdann einer geringeren Lebensmittheilung vom Hirn aus. Damit h\u00e4ngt denn wohl die Erfchei-nung zufaromen, dafs hei S\u00e4ugthieren, die dem Win-terfchlafe unterworfen find, im Vergleich mit anderen von gleicher Gr\u00f6fse,. die keinen folchen Schlaf halten, nach. SaiJJy 1 2 ) die gemeinfchaftlichen und inneren Kopffchlagadern kleiner find, und alfo, hiernach zu urtheilen, bei denfelben weniger Blut nach dem Hirne geht ; wie denn Mangili3 ), einer von ihm an einem Murmelthier veranftalteten Einfpr\u00fctzung der Hirngef\u00e4fse zufolge, fogar die Behauptung aufftellt, das Hirn, aller Thiere diefer Art werde blofs durch die basilaris verforgt, und diefe Einrichtung enthalte den Grund der Schlaffucht jener Thiere, welche Behauptung indefs, wie auch bereits in den Annah du Muf\u00e9mn bemerkt worden ift, noch weiterer beft\u00e4tigender Unter-fuchungen bedarf. Es ift merkw\u00fcrdig, dafs, wenn anders Suifjys Meffungen genau find , die Gewohnheit einiger Thiere, j\u00e4hrlich eine geraume Zeitlang bei ge-fchw\u00e4chtem K\u00f6rperleben zuzubringen, mit einem (vergleichungsweife gegen andere Thiere von beinah gleicher Gr\u00f6fse) geringen Umfange der Hirnichlagadern, der ja wenigftens zum Theil eben fo, gut Folge, als\nT) Reils und Autenrietks Archiv; Ed. 12, S. 340.\n2) Annal, du Mufcum, T. 10. p. 464,, fo wie auch F. Meckels\nAnmerkung zu Cuvier, Bd. 2. S. 190,","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"fUrfoche des Winterfchlafs feyrykann, verbunden ift, dahingegen bei fchyy\u00e4fherer Qeiffcfsth\u00e4tigkeit im Men-fchen npch\teiner folchen Erfcheinung an\nden Hirngef\u00e4fsen etwas beobachtet hat. , Wie dasAthem-holen iflV gew\u00f6hnlichen Schlafe theils langfamer, theijs fqh,w\u00e4cher werde, zeigt uns die Beobachtung des erften fceftea Gefunden ruhig Schlafenden, deffen Verdauung nickt, zu fehr in Anfpruch genommen ift, befonders leinige Zeit nach dem Einfchlafen deffelben, wo das Rachen weniger in den Schlaf hin\u00fcber wirkt., Ueber\u00bb ekiftimrneod hieniit ift es, dafs fchon blois.e Schl\u00e4frig-keit.kie Luftzerietzung durch das Athrnen befchr\u00e4nkt. Sphmdpn Alten und Pepys *), dafs in ein Gemenge von a\u00e7ht nnd fiebenzig Theilen Wafferftoffgas u;id zwei und ^j\u00e7rapzig Theilen Sauerftoffgas eingefperrte Meerfchweiu\u00bb cjipp zu Anfang diefer Einfperrung, wo fie noch mun-tftif.waren, mehr Kohlenf\u00e4ure ausfchieden, als nachher, yrie fiefchl\u00e4frig wurden, fo dafsalfo, wie Abnahme ^ys Sauerftoffs in der geathmeten Luft Schl\u00e4frigkeit zur Folge hat, hinwiederum Schl\u00e4frigkeit Abnahme des Sauerftpffverbrauchs nach fich zieht. Eben fo beobachtete Prout5 ) an fich felbft, als er die Menge der Kohlenf\u00e4ure, maafs, die er zu verfchiedenen Stunden des; Nachts wachend ausathmete, dafs diefe Kohlenf\u00e4ure nie fo wenig betrug, als wenn er fchl\u00e4frig wurde. Und endlich fchliefst fich hieran Nyftens I) * 3) Beobachtung, dafs i w\u00e4hrend ein einmaliges Athmen eines Gefunden\nI) Philof. Transact, for 1809 ; p. 4*4.\na) Thomfons Annals, Novbr. 1814. p. 351 ; Table I. Nach welchen beiden Erfahrungen alfo wohl die Behauptung von Brandis (Pathologie, S. 547): die ausgeathmete Luft von Einfchla-fenden fey zerfetzter und minder athembar, als die von Wachenden , zu berichtigen feyn d\u00fcrfte.\n3) Recherches de phyfiologie; p. 194 und I\u00ffo.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nder Luft 0,05 Sauerftoffgas raubte, und ihr eben fo viel kohlenfaures Gas ihilth eilte, von zwei Nervenfieber-k ranken, welche an Schlaftrunkenheit, Irrereden und einer bei beiden drei Tage darauf in den Tod \u00fcbergehenden allgemeinen Schw\u00e4che der Lebenskraft litten, der eine der einmal geathmeten Luft nur 0,025 Sauerftoffgas entzog, mit eben fo vielem kohlenfauren Gas fie verunreinigend, der andere bei einem Sauer-ftoffgasverbraucK von 0,0275 gar nur 0,02 kohlenfaures Gas aus\u00e0thmete, w\u00e4hrend zugleich jeder von beiden Kranke\u00ab auch weniger Luft durch die Lungen f\u00fchrte, als ein Gefunder in einem gleichen Zeitr\u00e4ume. Den Grund diefes verminderten Athmens in Prouts itnd Nyftens Beobachtungen m\u00fci\u2019fen wir nun aber un* ftreltig blofs in der verminderten K\u00f6rperth\u00e4tigkeit der Perfonen fucheri, an welchen diefelben angeftellt wurden, da die Verfuche von Allen und Pepys die n\u00e4mliche Erfcheinung zeigten; oder verbraucht etwa die Geiftesth\u00e4tigkeit wachender Meerfchweinchen mehr Athmiingseinflufs, als die von fchl\u00e4frigen?\nZum Schlufs bemerke ich hier noch, dafs wenn Bartels 1 ) fagt, im magnetifchen Schlafe werde das Ath\u00e9mholen \u201e der verft\u00e4rkten Hirnaction entfprechend,\u00a3( tiefer und fehr vernehmlich, aber zugleich leichter und freier, meine Beobachtung mir fo etwas in dem durch Magnetifiren erzeugten Schlafwachen, welches jener Schriftfteller doch unter dem magnetifchen Schlafe zu verfteben fcheint, nicht gezeigt hat. Woher wiffen wir denn, dafs in jenem Zuftande gracie ver* ft\u00e4rkte Hirnth\u00e4tigkeit vorhanden fey? Wie der Schlufs, der vermehrten Geiftesth\u00e4tigkeit m\u00fcffe ein gefteigertes Athmen entfprechen, falfch feyri.w\u00fcrde, fcheinen die im Vorigen angef\u00fchrten Thatfachen fehr wahrfcheinlich\n0 A. \u00bb, O. S. 45*","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"2u machen. Um \u00fcbrigens an die Stelle der Vennu-thungen \u00fcber diefen Gegenftand G\u00e8wifsheit zu fetzen\u00bb denke ich bei-erfter Gelegenheit IMaafs und Gehalt \u00ab1er von einer, magnetifirten Schlafwachenden ausgeath-meten lauft zu unterfuchen j was vielleicht noch in anderer Beziehung \u00fcber .das eigenth\u00fcmliche Lebensver-h\u00e4ltnifs der durch Mesmerfche Behandlung hervorgebrachten Zuft\u00e4nde Auffchlufs giebt.\n\u00cfI.\nAnatomie des Gehirns der V\u00f6gel. Von\nA. Meckel.\n\u2022Obgleich man die ganze Reihe der Thiere nach\nihren in die Augen fpringenden Eigenfehaften in eine 'gbwiffe Anzahl voh Klaffen eintheilt, und als Richt-fchnur bei diefer Eintheilung ihre auffallendften Ver-f\u00f6hiedenheiten unter einander annimmt ; fo ift doch nicht zu l\u00e4ugnen, dafs es gewiffe Ueberg\u00e4nge giebt, welche hei den meiften diefer Klaffen oder Haufen eine ganz beftimmte Begr\u00e4nzung durch allgemeine Kennzeichen\u2019 unm\u00f6glich machen. Nur die Klaffe der V\u00f6gel und z\u00fcrn Theil auch die gefl\u00fcgelten Infekten in ihrem vollkorhmr\u00eeen Zuft\u00e4nde find auf eine anziehende Art -flhVch ihr freies Luftleben aus der \u00fcbrigen fchweren Kette de* t\u00fci\u00e8tlfch\u00ebh Gebilde hervorgehoben, und die V\u00f6gel \"zeigen fich von1 allen \u00dcbrigen Thieren fch\u00e4rfer gefchie-dep, tinter einander aber mehr nberemftimmend, als di\u00ea Glieder irgend einer andern Thierklaffe unter fich.\nDie Kraft des Darmkanals und der Mangel lymphatischer Driifen b\u00e9fchleUnigen die Fortfchaffung der S\u00e4fte z\u00fcrn Herzen, die grofse Refpirationsfl\u00e4che bildet diefe S\u00e4fte fchnell zu einem vollkommnen Blute um, und dies Blut geht bei ihnen wieder faft ohne alle Mittel-","page":25}],"identifier":"lit13991","issued":"1816","language":"de","pages":"1-25","startpages":"1","title":"Vom Athmungsbed\u00fcrfni\u00df des K\u00f6rpers zum Behuf der Geistesth\u00e4tigkeit","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:09:34.880076+00:00"}