Open Access
{"created":"2022-01-31T14:34:10.144996+00:00","id":"lit14014","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Nasse, Otto","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 2: 200-240","fulltext":[{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a3200\nf\u00e4hig, die \u00fcber die Hauptpunkte deffelben keine weitere Ungewifs-heit und keinen fernem Streit der Meinungen verftattet ; und diefe Anff\u00e4tze find jene Lehre auf folehe Weife darzuftellen beftimmt. Mit welchem Erfolge, dar\u00fcber m\u00f6gen ftrenge, aber unbefangene Richter entfcheiden ! Der Weg zu dem hier bezeicbneten Ziele f\u00fchrt freilich durch manche dem Anfchein nach kleinliche Er\u00f6rterungen, f\u00fcr die der freundliche Lefer g\u00fctige Nachficht bereit zu halten gebeten wird; es ift mancher Kampf mit Meinungen und ungniigen-den Erkl\u00e4rungsverfuchen auf demfelben zu beftehen; man erz\u00e4hlt felblt, dafs es gar unheimlich fey auf dieferr. Wege, und wohl mag hier und da wenigftens ein Irrwifch auf ihm umherfehw\u00e4rmen. Indefs wir nehmen von der Erfahrung ficheres Geleit, und fehen, wie diefes und eigene Wachfamkeit uns durehhilft.\nI. Ueber die Urfachen der Luftver\u00e4nderung in den Lungen des Menfchen und der, hohem Thiere.\nWodurch verliert die Luft in den Lungen einen Theil ihres freien Sauerftoffes, und woher erh\u00e4lt fie die Kohlenf\u00e4ure, womit bereichert fie aus denfelben zur\u00fcckkehrt? \u2014\u2022 Diefe Frage fehlen durch dasjenige, was die Nachforfchungen Humphry Daws und Spallanzanis tbeils \u00fcber die in geathmeten Luftarten vorgehenden Ver\u00e4nderungen, theils \u00fcber die Mifchungsverfchie-denheit des hellrothen Blutes vom dunkelrothen ergeben hatten, faft entfeheidend der Lehre Lagranges ge-m\u00e4fs, der unter uns in der Hauptfache auch Ackermann, Nitzjch und Mehes *) gefolgt waren, dahin beantvvor-\n\u00ee) Zu denen jetzt auch noch G. /\u00ce. Treviranus zufolge feiner fch\u00f6nen Abhandlung \u00fcber das Athmen im vierten Theil feiner Biologie hinzuzurechnen ift. Ich darf hier nicht unterlaffen","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"201\ntet, dafs der verfch windende Sauerftoff in das Blut \u00fcbergehe, die Itohlenf\u00e4ure hingegen als folche aus dem-felben heraustrete, und die fortgefetzten Erfahrungs-unterfuchungen englifcher uncl franz\u00f6fifcher Naturfor-fcher fchienen nichts diefer Beantwortung Widerfpre-chendes zu ergeben, als in der letzten Zeit unter uns wieder andere Anfichten , und unter diefen auch bereits fr\u00fcher dagewefene, als die einzig richtigen aufgeftellt ivurden, ganz dem in der Phyfiologie gewohnten Spiele der Meinungen gem\u00e4fs, mit denen jedoch gl\u00fccklicher-weife die Thatfachen nicht gleich wandelbar find. Die Wahrheit in diefem Kampfe der Meinungen aufzufinden, giebt es nur einen Weg. Man hat fich in den neueren, der Lehre Lagranges nicht beipflichtenden Schriften \u00fcber das Athmen zwar ebenfalls auf Thatfachen berufen ; man fuchte aus den von Allen und Pepys angeftell-ten Verfuchen die ausgeathmete Kohlenf\u00e4ure aus einer in den Lungen vorgehenden Verbindung von Kohlen-ftoff und Sauerftoff herzuleiten ; das unfichere Merk-\nzu bemerken, dafs mir diefer vierte Band der Biologie erfc nach Abfaffung meines hier abgedruckten erften Auffatzes \u00fcber das Athmen zugekommen fey. Treviranus ift in der Hauptfaclie f\u00fcr das Athmen der Luftbewohner zu demfelben Ergebnifs gelangt, zu welchem auch mich die hier mitgetheilte Unterfuchung gef\u00fchrt hat. Irre ich mich indeffen nicht, fo d\u00fcrfte meine Arbeit auch nach der feinigen nicht \u00fcberfl\u00fcffio-feyn, denn theils ift die Beweisf\u00fchrung in beiden Arbeiten verfchiedener Art, theils konnte TrCviraiuis in feiner Schrift, wo es mehr darauf ankam , eine allgemeine Ueberficht zu geben, nicht fo in das Befondere eingehen, wie eine Abhandlung, die einem Gegenftande allein gewidmet ift, es kann und foil. Ueberdies konnte einer Durftellung der Lehre vom Athmen, die nur einigermafsen befriedigend feyn follte, der mit den folgenden Lnterfuchungen aufs innigfte zufammenhan-gende und diefelben begr\u00fcndende Anfang am wenigften genommen werden.","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nmal der Mifchung eines K\u00f6rpers, die Farbe, wurde als ein Beweis f\u00fcr die Mifchung des dunkelrothen Blutes angef\u00fchrt; der Nicht\u00fcbertritt von Sauerftoff ins Blut follte aus der Luftdichtigkeit der Lungenzellen darge-than werden; indefs leihen alle diefe Beweife, deren Pr\u00fcfung uns weiter unten n\u00e4her befch\u00e4ftigen wird, keineswegs, was fie nach der Meinung derer, von denen fie aufgeftellt wurden, leihen feilten. Wir muffen unfere Unterfuchung auf anderen Grund bauen; wir muffen fehen, ob die Entfcheidung, welche eine einzelne Thatfache nicht zu geben vermag, nicht vielleicht in der Summe mehrerer oder aller zu finden fey.\nDie verfchiedenen Meinungen, welche in den phyfiologifchen Schriften des letzten Jahrzehends \u00fcber den Urfprung des beim Athmen aus den Lungen entweichenden kohlenfauren Gafes aufgeftellt worden, laf-fen fich k\u00fcrzlich in vier Pattheien fondera. Man lehrte, das zu den Lungen gekommene Blut gebe zu jenem Gafe entweder die fertige Kohlenf\u00e4ure, oder ein Koh-lenftoffoxyd, oder blofs den noch ganz fauerftofffreien Kohlenftoff, oder endlich gar nichts W\u00e4gbares her. Betrachten wir , wie fich f\u00fcr eine jede von diefen vier Meinungen, falls fie die naturgem\u00e4fse w\u00e4re, Athmen und Blut verhalten m\u00fcfsten, fo w\u00fcrde f\u00fcr die erfte, welcher zufolge die fertige Kohlenf\u00e4ure aus dem Blute kommt, und dagegen der aus der geathmeten Luft ver-fchwindende freie Sauerftoff ins Blut eintritt (wobei denn jene die Luftform annimmt, diefer lie verliert), die Forderung entheben, dafs fowohl Kohlenf\u00e4ure als Sauerftoff im Blute aufl\u00f6slich feyen, dafs dunkelrothes Blut, wie es zu den Lungen geht, bereits fertige Kohlenf\u00e4ure enthalte, dafs diefe aus ihm leicht ausfeheidbar fey, dafs fich hingegen in dem von den Lungen zur\u00fcckkehrenden freier Sauerhoff nachweifen laife, und dafs anderweitige Thatfachen vorhanden i'eyen, welche die","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"203\nM\u00f6glichkeit eines Uebertritts von Luftgrundlagen aus den Lungenzellen ins Blut aufser Zweifel fetzen. Dabei w\u00e4re es ein nicht ung\u00fcnftiger Umftand f\u00fcr jene Anficht des Athmens, wenn fich nachweifen liefse, dafs die Farbe des Blutes mit feinem Gehalt an Kohlenl\u00e4ure oder Sauerftoff in Beziehung ftehe. Falls dagegen die entgegengefetzte Lehre, n\u00e4mlich die zuerft von Laplace, und hierauf auch von Girtanner, G reu nach feiner fp\u00e4-tern Meinung, Fourcroy, und in der letzten Zeit auch von Creve und Bartels aufgeftellte, dafs das Blut mit Kohlenftoff beladen nach den Lungen komme, wo fich denn diefer Kohlenftoff mit dem aus der geathmeten Luft verfchwindenden freien Sauerftoff zu Kohlenf\u00e4ure verbinde, mit der Natur in Uebereinftimmung feyn f\u00fcllte, fo m\u00fcfsten in den Lungen fowohl die Bedingungen als die Zeichen einer Verbrennung vorhanden feyn, infofern unter allen chemifchen Erfcheinungen wenig-ftens bis jetzt noch keine bekannt ift, wo eine fo reichliche an der Luft gefchehende Kohlenf\u00e4ureerzeugung, wie fie, Laplace's und feiner Nachfolger Annahme zufolge, in den Lungen Statt finden miifstefolcher Bedingungen und Zeichen ermangelt h\u00e4tte; es miifste ferner wahrfcheinlich feyn, dafs ein mit anderen brenn-\nl) Da nach Allen und Tepys (Schweiggcrs Journal, Ed. I. S. an.) von einem gefunden Manne in vier und zwanzig Stunden nahe vierzig taufend Cubikzoll kohlenfaures Gas ausgeathmec werden , fo m\u00fcfsten, entft\u00e4nde diefes Gas in den Lungen aus verbrennendem Kohlenftoff, in folcher Zeit eilf Unzen, und entft\u00e4nde es aus CruikJ'hanks Kohlenftoffoxyd, heben Unzen jenes Stoffes in den Lungen verzehrt werden. Gefetzt aber auch, die Annahme der englifchen Phyhker fey um ein Viertel zu hoch, fo w\u00e4ren acht bis f\u00fcnf Unzen Kohlenftoff doch immer noch eine hinreichend grofse Menge, um f\u00fcr he, falls he in den Lungen verbrennte, die obige Forderung geltend zu machen.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nbaren Stoffen verbundener Kohlenftoff, wie wir uns den im Blute vorhandenen nicht anders denken k\u00f6nnen, fich ganz f\u00fcr fich mit dem atmofph\u00e4rifchen Sauerftoffe zu verbinden im Stande fey, ohne dafs zugleich jene andern Brennftoffe des Bluts in den Verbrenn u ngsvor-gang mit eingingen, da, gefch\u00e4he dies letztere, das aus der geathmeten Luft verfchwindende Sauerftoffgas nicht durch ein v\u00f6llig oder beinah gleich grofses Maafs kohlenfaures Gas erfetzt werden k\u00f6nnte, wie dies doch im nat\u00fcrlichen Athmen bekanntlich der Fall ift; es m\u00fcfste endlich (anderer Forderungen nicht zu gedenken) im Athmen oder durch das aufser dem K\u00f6rper befindliche Blut nur dann Kohlenf\u00e4ure gebildet werden, wenn \u00e4ufserer freier Sauerftoff zugegen w\u00e4re. F\u00e4nde nach der Annahme einiger englifchen und deutfehen Phyfiologen, Aliens, Autenriechs, Bofeocks u. a. m. im Athmen das Mittel von den beiden eben angef\u00fchrten F\u00e4llen Statt; d. h. br\u00e4chte das Blut ein Kohlenftoffoxyd zu den Lungen, welches fich dafelbft mit einem Theil des aus der geathmeten Luft verfchwindenden Sauer-ftoffs verb\u00e4nde, w\u00e4hrend der andere Theil diefes Sauer-ftoffs ins Blut \u00fcberginge, fo m\u00fcfste fich einer Seits in Betreff eines Sauerftoffiibertritts ins Blut daffelbe wie f\u00fcr Lagrcinges Annahme, andrer Seits in Betreff des Dafeyns von Verbrennungsbedingungen in den Lungen und der M\u00f6glichkeit, dafs ein verbrennbarer Stoff ohne die anderen neben ihm vorhandenen aus einer Fliiffig-keit verbrennen k\u00f6nne, fo wie, dafs das Blut ohne \u00e4ufseren Sauerftoff keine Kohlenf\u00e4ure zu bilden verm\u00f6ge, Gleiches wie f\u00fcr Laplaces Lehre nachweifen laffen. Empfienge endlich, der von ein paar neueren deutfehen Schriftftellern aufgeftelllen Behauptung ge-m\u00e4fs, die geathmete Luft gar nichts W\u00e4gbares aus dem Blute, fondern ver\u00e4nderte fie fich durch den blofsen Einflufs des Blutes, durch blofsen electrifchen Polari-","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"305\nt\u00e4tswechfel in eine kohlenf\u00e4urehaltigere und an freiem Sauerftoff \u00e4rmere, fo m\u00fcfste nachgewiefen feyn, dafs da, wo dunkelrothes Blut lieh in hellrothes verwandelt, ein zu folchem Polarit\u00e4tswechfel beftimmender Grund vorhanden fey; es m\u00fcfste dargethan werden, dafs atmofph\u00e4rifche Luft, ohne Aufnahme von Kohlenftoff durch eine blofse Ver\u00e4nderung ihres electrifchen Span-nungsverh\u00e4ltniffes in ein gleiches Maafs kohlenfaures Gas \u00fcbergehen, oder, was mit diefer Behauptung \u00fcber-einftimmend ift, ohne Aufnahme von W\u00e4gbarem an Gewicht zunehmen k\u00f6nne. Sehen wir nun, wie das, was die Erfahrung \u00fcber cliefe in Anfrage ftehenden Punkte ergiebt, den verfchiedenen hier aufgeftellten Forderungen zufage oder widerfpreche.\nErfahrung en.\nEs ift durch genaue Unterfuchungen dargethan, dafs in den Lungen hellroth gewordenes Schlagaderblut das Verm\u00f6gen befitzt, bei geh\u00f6riger Behandlung freien Sauerftoff auszufcheiden, der dann bei feiner Entwickelung aus demfelben die Luftgeftalt annimmt. Vor allem entfeheidet hier H. Davys Verfuch , wo Blut aus der Kopffchlagader eines Kalbes, einer W\u00e4rme zwifchen Io8\u00b0 und 20o\u00b0 Fahr, ausgefetzt, Sauerftoffgas entwickelte. Wir haben keinen Grund anzunehmen, dafs diefes Gas auf irgend eine andere Weife, als aus dem im Blute aufgel\u00f6ft und lofe in ihm gebunden gewefenen Sauerftoffe entftanden fey.\nAnmerkung. Andere Beobachtungen End mit dem hier aufgeftellten Erfahrungsfatze in Uebereinftimmung. So wie Trieft-leyl) 2) an Salpetergas und Wafferftoff - und Stickgas, die mit\nl) Beddoes Contributions; p. 132; fo wie Gilberts Annalen, Bd. 12. S. 593.\na) Philofophical Transactions for 1776 ; p. 343.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"einem fehr hellrothen Schlagaderblut eine Zeitlang in Beruh* mng gewefen, die Ver\u00e4nderung bemerkte, dafs das erfter\u00bb feine Eigenfchaft, atmofph\u00e4rifche Luft zu vermindern, grofsentheils eingeb\u00fcfst hatte, und die beiden letzteren, beim Zufatz von Salpetergas zu ihnen , eine Verminderung erlitten, fo beobachtete auch F. Fontana *) Erfcheinungen gleicher Art; auch er fah Wafferftoffgas und Stickgas, nachdem fie einige Minuten lang mit Blut aus der Kopffchlagader eine\u00bb Hammels in Ber\u00fchrung gewefsn, oder damit gefch\u00fcttelt \u2022worden waren, eine Verminderung mit Salpetergas erleiden, wovon vor ihrem Zufammenfeyn mit dem Blute nichts bei ihnen Statt fand. Roja 2) bemerkte, dafs WafTerftoffgas, welches mit Blut aus der Kopffchlagader eines Kalbes in einer JBlafe in Ber\u00fchrung gewefen, bei Ann\u00e4herung eines Lichtes gelind verpuffte. Gegen die Verhielte Fontanas lafst fich allerdings der Einwurf machen, es fey in denfelben das mit dem Blute in Ber\u00fchrung gewefene Wafferftoff- und Stickgas, bevor das Salpetergas zu ihm hiuzugefetzt wurde, mit Waf-fer gefch\u00fcttelt worden, aus dem es alfo einen Antheil freien Sauerftoff aufgenommen haben konnte ; ein folcher Einwurf trifft aber nicht Vrieftle\u00ff\u00bb und Rofa\u2019s Verfuche, da in dielen kein folches Dazwifchenkommen des Waffers Statt fand. Uebrigens Tagt Trieftley felbft, es feyen ihm jene Verfuche nur mit einem fehr hellrothen Schlagaderblutegelungen; wenn alfo Keutfvh ,) Stickgas und Wafferftoffgas, die einen Tag lang mit dem n\u00e4mlichen Schlagaderblut oder an der Luft hellrotl\u00bb gewordenem Ader (Venen) - Blut in Ber\u00fchrung gewefen, bei der nachherigen Pr\u00fcfung derfelben im Phosphoreudiometer nicht fauerftoffgashaltig fand, fo kann der Grund hievon (abgefehen von der Abweichung in der Anftellungsweife der Verfuche, wobei befouders in Betracht kommt, dafs Prieftley das Blut in derfelben Gasmenge f\u00fcnf bis fechsmal erneute, bevor er fie unterfuchte), recht gut darin liegen, dafs die\n1)\tMemorie della fociet\u00e0 italiana; T. I. p. 667. Verona 17S\u00ce. Und Crell\u2019s ehern. Annalen \u00a3 1785; Bd. s. S. 15z.\n2)\tLettere fifiologiche. Ediz. terza; T. 1. p. 370 und 373.\nNapoli 1788.\n3)\tDiff. de actione gas oxygenii per pulmones refpimi; Hafn,\niSoqj p. 16.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"\u00a3207\nMenge des Sauerftoffs und infofern dann wohl auch die Leichtigkeit der Entbindung deffelben nicht f\u00fcr jedes Schlagaderblut gleich grofs ifc. \u2014 Nach jenem vorher erw\u00e4hnter\u00bb Verfuche Davys wird es nun auch fehr wahrfcheinlich, dafs die Luft, welche bereits Mayow i ), Beccaria 2), RoJ'a 3), Moscati4) und Andere aus einem der Wirkung der Luftpumpe ausgefetzten Schlagaderblute erhielten, wenigftens zum Theil SauerftofFgas war. Senebier 5) Tagt zwar bereit\u00bb beftimmt, Blut entwickele unter der Luftpumpe Sauerftoffgas. kohlenfaures und Stickgas; man vermifst indefs bei ihm die Naohweifung der Thatfachen, worauf diefe Behauptung fich ft\u00fctzt.\nDurch Nyfiens 6) Verfuche mit Gaseinfpritzungen in die Adern von Hunden ift dargethan, dafs Sauerftoffgas, auf diefe Weife mit dunkelrothem Blute in Ber\u00fchrung gebracht, von demfelben bald verfchluckt wird, und dafs das Blut fich dabei hellroth f\u00e4rbt. Andrerieits fahen Bert aria und Rofa in den eben erw\u00e4hnten Verfuchen das er Einwirkung der Luftpumpe ausgefeizte hellrothe Blut dunkelroth werden.\nAnmerkung. Nel vuoto ogni langue arteriofo perde il fuo hei colore e imbrunifce ; \u2014 langue delle carotide ricevo un color vivo di fegato tirante a quel del langue venofo, lagt Rofa 1. c.\nMehrmals wiederholte Verfuche haben gezeigt, dafs von geathinetem oder mit dunkelrothem Blut in Ber\u00fchrung gebrachtem Sauerftoffgas gew\u00f6hnlich ein Antheil dergeftalt verfchwindet, dafs er durch kein gleiches Maafs kohlenfaures Gas erfetzet wird.\n1)\tOpera; edit. Hagae - Comitum ; p. 132.\n2)\tNach Cigna in Mifc. Taurin, vol, I. p. 6g.\n3)\tL. c. p. 32.\n4)\tOffervazioni ed efperienze fui langue Euido e rapprello ; Milano, 178? ; p- 3.\n5)\tRapports de l\u2019air ; T. 2. p. 300.\n6)\tRecherches de pliyfiologiej p. 35.","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"Anmerk. Man fehe die Verfuche von Pf aff und Dircks (N\u00f6rdliches Archiv; Bd. 4. St. 2. S. 135; und des letzteren Diff. de refpiratione, Kiliae, I8c$, p. 26), fo wie von Allen und Pepys \u00fcber das Athmen von Sauerftoffgas. Wie dielen Ver-fuchen zufolge beim Athmen, fo verfchwand in denen von Goodwyn (erfahrungsm\u00e4'fsige Unterfuchung der Wirkung des Ertrinkens , S. 52.), H. Davy (Beddoes contributions p. 131,~) und Spallanzani (Rapports de l\u2019air, vol. 2. p. Io.) ein Antheil Sauerftoffgas bei der Ber\u00fchrung von frifch gelaffe-nem dunkelrothen Blut mit diefer Luftart, ohne durch koh-lenfaures Gas erfetzt zu werden.\nEben fo ift erwiefen, dafs von wiederholt geath-meter atmofph\u00e4rifcher Luft ein Antheil Sauerftoffgas nicht als kohlenfaures Gas wieder ausgeathmet wird, rufo in den Lungen zur\u00fcckbleibt. Die Verfuche von H. Davy (Unterf. \u00fcber das Athmen, S. 104.) Df aff und Dircks, Allen und Pepys find hinreichende Beweife liief\u00fcr.\nMehrmals wiederholte Verfuche haben dargethan, dafs Kohlenf\u00e4ure im Blute leicht aufl\u00f6slich fey, und dafs das Blut, hellrothes fowohl als dunkelrothes, durch Aufnahme derJ'elben dunkler werde.\nAnmerk. Die leichte Aufl\u00f6slichkeit der Kohlenf\u00e4ure im Blute erweifen die Verfuche von H.Davy (Unterfuchungen, S. 52.) Keutfch (1. c. p. 11.) und Nyfien (1. c. p. 83 und 98.). Dafs die Kohlenf\u00e4ure durch ihren Eintritt in das Blut daffelbe dunkler f\u00e4rbe, beobachteten fowohl Pricfiley (1. c. p. 240.) als J!oft (1. c. p. 364.). Davy (am eben a. O.) und Nyfien (1. c. p. 82 und 84-) Blofs Goodwyn (a. a. O. S. 51.) will keine Earben\u00e4nderung an Schlagaderblut bemerkt haben , da\u00bb er mit kohlenfaurem Gas unter einer Glocke zufammen-brachte. <v. Humboldt (Verfuche \u00fcber die gereizte Muskel-und Nervenfafer., Bd. 2. S. 322.) fah auch hellrothes Mus-kelfleifch in kohlenfaurem Gas fchmutzig braun werden. \u2014 Noch mehr wie kohlenfaures, f\u00e4rbte Kohlenftoffoxyd - Gas, Nyfiens Verhielten zufolge (1. c. p. 97.), das Blut dunkel ; jedoch bei geringer Aufl\u00f6slichkeit in demfelben (ib. p, 84 und 96.). Chauffier {Voigts Magazin, Bd. 4. S. 467.) will\ndage-","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"dagegen beobachtet haben, dafs das Kohlenftoffoxydgas gleich dem Kohlenwafferftoffgas das Blut hochroth f\u00e4rbe.\nAuch andere Gasarten verfchwinden, wenn fie mit Blut in Ber\u00fchrung gebracht werden ; vornehmlich das oxydirte Stickgas\u00ab Und eben diefes Gas erleidet denn auch eingeathmet in den Lungen eine betr\u00e4chtliche Verminderung, w\u00e4hrend doch die bisherigen Verfuohe \u00fcber das Athmen deffelben nicht vermuthen lallen, dafs es dort zerfetzt werde. Dem oxydirten Stickgas in die-fem St\u00fccke \u00e4hnlich verh\u00e4lt fich kohlen fan res Gas, das f\u00fcr fich allein oder mit atmofph\u00e4rifcher Luft vermengt in die Lungen gebracht worden ift.\nAn merk. Wenn ein Recenfent von Nyftens Schrift in der falzb\u00ab med. Zeit. f. i8I4- Bd. 5. S. 396 daran zweifelt, dafs oxy-dirtes Stickgas fich mit dem Blute verbinde, To fcheinen demfelben die eine folche Verbindung entfeheidend darthuen-den Verfluche H. Davys in delfen Unterfuchungen \u00fcber das Athmen S. 4b u, f. unbekannt geblieben zu feyn. Es verfchwand von dem mit dunkelrothem Blute in Eeriihrung gebrachten Gas jedesmal eine betr\u00e4chtliche Menge ; zugleich bekam das Blut eine hellere Purpurfarbe. Und eben fo fa-h denn auch Nyften (.1. c. p. 74-) 111 die Adern gefpritztes oxy* dirtes Stickgas w\u00e4hrend des Kreislaufs verfchwinden. Den Thatfachen muffen aber Thatfachen entgegengefetzt werden, foil ein Zweifel geh\u00f6rig begr\u00fcndet feyn. F\u00fcr das reichliche Verfchwinden von geathmetem oxydirten Sickgas in den Athmungswegen fprechen fowohl die von H. Davy als von ffaff mit diefer Gasart angeftellten Athmungsverfuche ; der letztere fair von dem in einem AthemZnge eingeathraeten Gas oft nur die H\u00e4lfte aus den Lungen Zur\u00fcckkehren. (M. f. Davys Unterf. S. 64. u. f ; und Pf aff im. nord. Archiv a. a, O. S. 145.). Dafs aber das Stickftoffoxyd hiebei fchwerlich eine Zerfetzung erleide , glaube ich in den Anmerkungen zu Davys eben angef\u00fchrter Schrift S. 134 dargethan zu haben.\u2014 Welchen betr\u00e4chtlichen Verluft in die Lungen getriebenes kohlenfaures Gas dafelbft erleide, zeigt Nyftens Verfuch (1. c. p. 224.) Schon fr\u00fcher fand Muhry (Comment, de aeris Exi infpir. ufu, p. 57.), dafs die Luft, die ein Schwindf\u00fcch-tiger nach dem Einathmen eines Gemenges von atmofph\u00e4xi-\nM. d. Arthia, 11\u2022 3.\tO","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nfcher Luft mid kohlenfaurem Gas ausathmete, wenige* von diefem letzteren enthielt, als nach der Menge des eingeath-meten zu erwarten war. Vergl. auch Beddoes Betrachtungen, S. HO.\nWo irgend ein K\u00f6rper, in dem Ivohlenftoff, Waf-l'erftoff und Phosphor neben einander oder unter fielt in Verbindung vorhanden find, durch den Zutritt von Sauerftoff eine Oxydation, eine Verbrennung erlitt, da fah man noch immer nicht vorzugsweife den Kohlen-ftoff, fondent alle vorhandenen Brennftoffe, dem Grade ihrer Verwandtfchaft zum Sauerftoffe gern\u00e4fs, fielt mit demfelben verbinden. Die neueren Verfuche \u00fcber die Verbrennung der Kohle find unter andern ein Beleg hief\u00fcr.\nAnmerk. Als Allen und Pepys {Gehlens Journal f\u00fcr Chemie, Phylik und Mineral. Bd. 5. S. 678) vorher ftark durchge-gliihete thierifche Kohle in Sauerftoffgas, verbrannten, verbrannte der in der Kohle noch befindliche Wafferftoff zu-gleich mit dem Kohlenftoffe. Eben fo zeigen H. Davy2 neuefte Verfuche \u00fcber die Kohle (Schweiggers Journal, Bd. 12. S. 3X1.), dals beim Verbrennen von Pflanzenkohle jedesmal der Antheil Wafferftoff, den diefelbe enth\u00e4lt, in die Verbrennung mit eingehe.\nH. Davy1 2) fand, dafs aus der Ader einer gefunden Frau frifch abgelaffenes und dann bis 1120 Fahr, erw\u00e4rmtes dunkelrothes Blut auch ohne Dazwifchen-kunft von \u00e4ufserem freien Sauerftoff Kohlenf\u00e4ure entwickele; eben fo erhielt A. Vogel1) aus frifchem Och-fenblut unter der Glocke der Luftpumpe fehr viel kolt-lenfaures Gas. Noch hat aber Niemand aus einem fo behandelten Blute Kohlenftoffoxydgas oder verfl\u00fcchtigte Kohle erhalten.\n1)\tBeddoes contributions, p. 154. und Gilberts Annalen, Bd. 12, S. 554.\n2)\tSchueiggers Journal, Bd, 11. S. 401,","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Anmerk. Die El\u00fcffigkeit, die Parmentier und Dey eux (Reils Archiv,-Bd. I. Heft a. S. IOI.) beider Defoliation von fri-fchem Blute aus einem Marienbade erhielten, war durch-lichtig und farblos, und liefs, gelinde abgedampft, keinen B\u00fcckftand. \u2014 Wenn Berzelius (Scluveiggers Journal, fid, 9. S. 385.) beim Erhitzen des in Waller aufgel\u00f6feten \u00dflutfarbe-ftoffs keine Gasentwickelang bemerkte, fo darf man nicht Unbeachtet laffen, dafs diefer E\u00e4rbeftoff vor der Aufltifung getrocknet worden war, und alfo bereits Luit ansgefchieden haben konnte. \u2014 Dafs das Blut, delfen lieh A. Vogel zu feinem Verbuche bediente, wenigftens zum Theil dunkelro* dies war, fagt er zwar nicht, indem er lieh \u00fcber die Art deffelben gar nicht erkl\u00e4rt; indefs ift fehr wahrfcheinlich, dafs es theils Schlagader- theils Aderblut war, wie es von gefchldchtetcn Thieren abzufliefsen pflegt. Uebrigens hat man bereits auch aus hellrothem, aus Schlagaderblut, Kohlen-Diure erhalten. Das Wafferftoffgas und Stickgas, womit F. Fontana, wie oben erw\u00e4hnt, Schlagaderblut in Ber\u00fchrung gebracht, und was durch diefe Ber\u00fchrung an Umfang zugenommen hatte, erlitt mit Waffer gefch\u00fcttelt eine Verminderung. Als Projet (1. c. p. 363.) frifches und warmes Schlagaderblut mit Kalkwaffer unter eine luftleer gemachte Glocke ftelite, fall er auf dem Kalkwaffer ein H\u00e4utchen er-fcheinen, wie es dann der Fall ift, wenn man durch Kalkwaffer ausathmet. Endlich erhielt Fl. Davy in dem bereits vorher erw\u00e4hnten Verbuche, wo er Schlagaderblut einer W\u00e4rme von 120\u00b0 bis 200\u00b0 ausfetzte, aufser dem Sauerftoffgas auch einen Antireil kohlenfaures Gas.\nDie Verbuche \u00fcber das Athmen von Wafferftoffgas, welche H. Davy1) an fieli felbft anftelltes nahen es fehr wahrfcheinlich gemacht, dafs das Blut des menfchlichen K\u00f6rpers auch beim Athmen einer nicht fauerftoffgashaltigen Luft Kohlenf\u00e4ure ausfeheide, und Nyfeens s) an Hunden angeftellter Verbuch, wo in die zuvor luftleer gemachten Lungen fauerftoffgasleeres\nO \u00bb\n1) Unterfuchungen, S. 93, 3) L. c. p. S2f.","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"Stickgas eingelaffen wurde, thut f\u00fcr diefe Thiere das Gleiche noch beftimmter dar. Dagegen ift weder in dielen noch in andern F\u00e4llen ein Ausathmen von Koh-ienftoffoxydgas oder verfl\u00fcchtigter Kohle jemals beobachtet worden.\nAnmerkung. Allen und Pepys (Schweiggcrs Journal, Ed. i. y, 596.) fanden unter Umft\u00fcnden, die dem Austritt von Koh-lenftoffoxydgas aus dem Blute (wenn anders diefes letztere zur Ausfeheidung eines folclien Oxyds geeigenfchaftet w\u00e4re) lehr giinftig waren, wo n\u00e4mlich diefelben dreihundert Cubikzoll atmofph. Luft mit der gr\u00f6fsten Anftrengung 'zu wiederholtenmalen und bis Erftickungsgefahr eintrat, geath-rnet wurden, in der fo geathmeten Luft zwar zehn im Hundert kohlenfaures, aber bei fehr genauer Unterfuchung keine Spur von Kohlenftoffoxydgas.\nDamit der Kohlenftoff durch feine Verbindung mit Juftf\u00f6rmigem Sauerftoff in Gasgehalt \u00fcbergehe, ift zwar nicht gerade eine folche W\u00e4rme erforderlich, wie lie bei der Verbrennung vonKohle gew\u00f6hnlich Statt findet; alle bisherigen Erfahrungen fprechen jedoch daf\u00fcr, dais die Kohlenf\u00e4ureerzeugung bei niedrigen W\u00e4rmegraden smmer nur fchwach und langfam gefchehe.\nAn merk. Die W\u00e4rme, bei weleher Graf Rumforil (Gilberts Annalen, Bd. 45. S. 148.) die allm\u00e4hliche Verzehrung von kUanzenkohie beobachtete (ob unter Bildung von k\u00f6hlenfau-iern Gas oder luftf\u00f6rmigem Kohlenftoffoxyd, oder auf irgend eine andere Weife, hat er ungewifs gelaffen), war die einer niiifstg geheitzten Darre, alfo eine betr\u00e4chtlich h\u00f6here, als felbft in den Lungen der Thiere mit dem w\u00e4rmften Blute Statt findet. Dennoch erz\u00e4hlt er keinen einzigen Verfuch, worin die in folcher W\u00e4rme w\u00e4hrend mehrerer Stunden verzehrte Kohle mehr betragen h\u00e4tte, als aus den Lungen eines erwachfenen Mannes binnen einer Viertel- ho\u2019chfteiis einer halben Stunde in der ausgeathmeten Kohlenf\u00e4ure ent-, weicht. \u2014 In V? Humboldts Verfuchen (a. a, O. Bd. 1. S. H.6.J, wo weifses Tannenholz in Sauerftoffgas lieh fchwarz f\u00e4rbte, w\u00e4hrend in dem Cafe deutliche Spuren von Kohlen-","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"213\n[Hare bcmerklich wurden, war die W\u00e4rme zwar felbft unter der thierifchen ; jene Spuren von Kohlenf\u00e4ure entwickelten Jich aber, obgleich der Vorgang in Sauerftoffgas gefchah, in einem Zeitraum von zwei Tagen, wobei obendrein noch ungewifs ift, ob diele Kohlenf\u00e4ure ihren Urfprung einer Kohlenftoffverbrennung w\u00e4hrend des Verfuchs oder einer blofsen Ausfcheidung aus dem Holze verdankte. Senebiers Verbuche \u00fcber die Luftverderbnifs durch Kohle, die bei den Streitigkeiten \u00fcber das Athmen von ein paar Schriftftellern angef\u00fchrt worden, k\u00f6nnen bei denfelben gar nicht in Betracht kommen, wie auch bereits Gren anmerkte, indem bei die-fer Luftverderbnifs blofs eine Sauerftoffgasverzehrung, nicht aber eine Kolilenf\u00f6ureentwicklung Statt fand. Vergl. auch F. C. Vogel \u00fcber die Kohle in Sckweiggcrs Journal, Bd. 4. S. 42. Und eben fo wenig Beweiskraft hat bei der Unter -fuchung \u00fcber das Athmen die von Einigen angef\u00fchrte G\u00e4h-rung, da der' Urfprung der bei diefer zum V\u00f6rfchein kommenden Kohlenf\u00e4ure noch eben fowohl ein Gtgenftand de\u00bb Streites ift, wie die Koblenf\u00e4ureentftehung beim Athmen.\nWeder in den Lungen , noch bei dem aufser dem K\u00f6rper gefehehenden Uebergange von dunkelrothem Blut in hellrothes wird eine von den Erfcheinungen wahrgenommen, welche mit der in freier Luft gelche-henden Verbrennung von Kohle oder Kohienitoffoxyd fonft verbunden find; es ift weder W\u00e4rme- noch Licht-Entwicklung bei jenen Vorg\u00e4ngen bemerkbar.\nAnmerk. Dafs der thierifche K\u00f6rper im Athmen, ftatt nach Crawfords Annahme W\u00e4rme von Aufserv zu gewinnen , vielmehr welche an das Aeufsere verliere, zeigen die neueren Un* terfnehungen \u00fcber das Verh\u00e4ltnifs des Athmens zur thierifchen W\u00e4rme (Heils und Aurenrieths Archiv, Bd. 12. S. 197, 199 und 404.); und dafs bei dem Uebergange des dunkel* rothen Blutes in hellrothes keine Lichtentwickelung Statt finde, ift durch einen von H. Davy angeftellten Verfueh dargethan, wo, w\u00e4hrend Blut aus der Medianader eines gefunden Mannes in einem dunkeln Zimmer in ein Gef\u00e4fs voll Sauerftoffgas gelaffen wurde, des Uebergangs des dunkelrothen Bluts in ein ftark hellrothes fbright vermilion) ungeachtet, keine Spur von Lichterfcheinung zu bemerken war (\u00dfeddoes Contributions, p. 134, und Gilberts Annalen, Bd, 12.)","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"Folhcrgills Beobachtung fpricht daf\u00fcr, dafs das electrilchc Verh\u00e4ltaifs der Luft in den Lungen eine Ver\u00e4nderung erleide. Aber keine Erfahrung thut dar, dafs die Electricitat fich zu dem Vorg\u00e4nge, durch welchen dunkelrothes B!ut in oder aufser den Lungen in hell-rothes verwandelt wird, a\u00efs Urfache verhalte ; mehrere deuten vielmehr das Gegentheil an.\nInmerli.\tl: other gill (Worbs ; London, 1783 ; vol. I. p, 267.)\nfand, dafs geatlimete Luft fich negativ electrifch verhielt, \u2022wenn auch die Luft in der Umgebung des K\u00f6rpers pofitiv electrifch war. Dagegen tbun die Verfuche von Bichat, Dumas., Blainviltc, Etnmcrt, Le Gallois und Brodle, in denen nach Durchfchneidung des abfehweifeoden Nerven-paars und felbft nach Wegnahme des Kirns die Verwandlung des dmikelrothen Blutes in hellroches fortdauerte tmwiderfpreclilich dar, dafs diefe Verwandlung vom Einflufs der Nerven, den einige Phyiiolngen bekanntlich f\u00fcr einen electrifchen halten, unabh\u00e4ngig fey. Atmofph\u00e4rifche Luft erf\u00e4hrt, wie Sa.ierftoffgas und jpde andere Gasart, aufser dem K\u00f6rper durch dunkelrothes Blut diefelbe Ver\u00e4nderung, wie im K\u00f6rper beim Athmen; und eben fo verh\u00e4lt fich das Blut in Hinfieht feiner Farbe hier wie dort gleich. Wie beim gew\u00f6hnlichen Athmen an die Stelle der verzehrten Sauerftoff -Luft ein eben fo grofses Maafs kohlenfaure tritt, io fehen wir das N\u00e4mliche in der Regel auch dann erfolgen, wenn dunkelrothes Blut au\u00dferhalb dem K\u00f6rper mit atmofph. Luft in Ber\u00fchrung gebracht wird. Man vergl. die \u00fcber das Verhalten der Luft gegen dunkelrothes Blut angeftellten Verfuche von H. Davy (Unterfueh. S. 52.), Spallanzani (Rapports de l\u2019air, V\u00f6l. 2. p. 10.) und C. L, Bcrthollet (Schwetggars Journal, Bd. 1. S. l-gi,}. Dafs die uns umgebende Luft keineswegs* immer pnlitiv electrifch fey, ift eine bekannte Sache, Ferner fand Schiibler (Diff. fift. exp\u00e9rimenta qnaedam influx, electr. ia fanguinem et jrc-fpir. fpectan-tia, p. 11 et 36. und Gilberts Annalen, Bd. 39. S. 315 u. 34.0.), dafs das Blut, der Einwirkung der pofitiven Eleotricit.it ausgefetzt, an Gerinnbarkeit und an Feftigkeit des Blutkuchens verliere, fo wi\u00e8 dafs der Aufenthalt von Thieren in pofitiv-electrifirter Luft den Tod derfelben befchleunige. Endlich leigen B, Davys Athmangsverfnche mit Wafferftoffgas und","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Ssuerftaffgas (Unter! S. 70 und log.), \u00e4afs die letztere Luft* art nicht beffer in die Luftr\u00f6hre und deren Vereitelungen eindringe, als die erftere.\nDie Eigenfchwere des Sauerftoffgas verh\u00e4lt fich zu der des kohlenfauren Gas wie 1 zu 1,375 1 ).; und beim nat\u00fcrlichen Athmen tritt bekanntlich an die Stelle des verfchwindenden erfteren Gas ein gleich grofses Maafs des letzteren. Nun ift cs aber ein noch durch keine Erfahrung wankend gemachtes Naturgefetz, 'dai's ein K\u00f6rper ohne Aufnahme von w\u00e4gbarem Stoff nicht fchwerer werden k\u00f6nne.\nAn merk. Die T\u00e4ufchung, welcher zufolge man in den im Kreife der voltafchen Stile vorkommenden Erfcheinungen Ausnahmen gegen diefes Gefetz zu erblicken glaubte, kann jetzt nach H. Da.ys Entdeckung der in jenem Kreife durch die electrifche Th tigkeit bewirkten Stoffverfetznngen (Gliens Journal f\u00fcr die Chemie u. f. w. Bd. 5. S. 1.) nicht mehr Statt finden.\nDies find die bisher beobachteten Thatfachen, welche uns Auffchlufs zu geben verm\u00f6gen, inwiefern die oben aufceftellten Forderungen im Athmen erf\u00fcllt oder nicht erf\u00fcllt lind. Welche unter den dort angef\u00fchrten Anfichten des Athnuingsvorganges hat nun von diefen Thatfachen auch nicht eine einzige gegen fich, wohl aber faft alle irn \u00fcbereinftimmenden Vereine f\u00fcr fich? Es fcheint, die Antwort auf diefe Frage ergebe fich von felbft; und darum wird es hier hinreichen, blofs auf einige Hauptbeziehungen jener Thatfachen zu den ver-fchieclenen Erkl\u00e4rungen, des Athmungsvorganges k\u00fcrzlich hinzudeuten.\nWenn, wie genaue Beobachtungen lehren, auch bei Abwefenheit von \u00e4ufserem Sauerftoff m\u00e4fsig erw\u00e4rmtes oder unter die Luftpumpe gebrachtes AderbJut Kohlenf\u00e4ure ausfeheidet; wenn in den Lungen fowohl\nt) ThomJ'on in Schwciggcrs Journal; Bd. II, S. 57.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"die Bedingungen als die Zeichen einer dort Statt finden\u00bb den Verbrennung fehlen; wenn Kohle fich nicht mit Sauerftoff zu verbinden vermag, ohne dafs andere mit ihr in denselben K\u00f6rper vorhandene brennbare Stoffe cs ebenfalls thun; wenn nicht feiten mehr Sauerftoff, oder in anderen F\u00e4llen wieder weniger (frei oder gebunden) aus den Lungen zur\u00fcckkehrt, als beim Ein-athrnen in lie hineintrat ; wenn auch beim Athmen von fauerftoffgasieeren Gasarten aus den vorher luftleer gemachten Athmungswegen Kohlenf\u00e4ure kommt; wie ]\u00e4fst lieh dies Alles mit der Lehre vereinigen, die aus-geathmete Luft entftehe in den Lungen aus der Verbindung von Blutkohle mit dem aus der eingeathmeten Luft verfchwindenden Sauerftoff gas? Wie ftimmen ferner diefe Thatfachen mit der Lehre derer, welche das Athmen f\u00fcr eine Verbrennung von Koldenftoffoxyd in den Lungen erkl\u00e4ren? Wie entfpricht jener Anficht die Entwickelung von Sauerftoffgas aus Schlagaderblut, wie diefer die Erfcheinung, dafs dunkelrothes Blut bei Erw\u00e4rmung ohne Dazwifchenkunft von \u00e4ufserem Sauerftoff, oder unter der Luftpumpe, oder beim Athmen einer fauerftoffarmen Luft kein Kohlenftoffoxydgas aus-fcheidet? Wie anders als durch eine Schaar unerwiefe-ner und wenig wahrfcheinlicher Vermuthungen will man diefe Erkl\u00e4rungsweifen mit jenen Thatfachen auch nur in eine fcheinbare Uebereinftimmuna: bringen? Giebt es etwa eine abk\u00fchlende Verbrennung? Verbindet fich im dunkelrothen Blut auch dann noch Kohlen-ftoff oder Kohlenftoffoxyd mit dem Sauerftoff der umgebenden Luft zu Kohlenf\u00e4ure, wenn fich dafielbe aufser dem K\u00f6rper in einer K\u00e4lte, die dem Gefrierpunkte nahe ift, an der Luft hellroth f\u00e4rbt?\nIn welchem Wkterfpruch mit mehreren das Athmen betreffenden Beobachtungen, ja felbft mit einem ausgemachten Naturgefetze fteht ferner die Anficht, die","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"217\nKohlenf\u00e4ure erzeuge fich in den Lungen durch einen blofsen fogenanntenPolarit\u00e4tswechfel der eingeaihmeten Luft, ohne dafs irgend etwas W\u00e4gbares aus dem Blute in diefe Luft \u00fcbergehe! Wir haben durchaus keinen Beweis, dafs die Eiectricit\u00e4t oder der Galvanismus (gier dermalige Deus ex machina der deutfchen Phyfiologen) an dem Mifchungs-Vorg\u00e4nge, der in den Lungen zwi-fchen Luft und Blut Statt findet, einen urfachlichen An-theil habe; die von Pother gill beobachtete Umwandlung der geathmeten Luft aus pofitiv- electrifcher in negativ-electrifche erkl\u00e4rt fich gntigend aus der mit dem Ath-men verbundenen Verdampfung. Wenn, wie man behauptet hat, zwifchen Aderblut und Sauerftoffgas ein electrifches Anziehen, fo wie zwifchen diefem Blute und nichtathembaren Luftarten ein electrifches Abfto-fsen Statt f\u00e4nde, warum dringt denn, Daws Verfuchen entgegen, Sauerftoffgas nicht beffer in die Lungen ein, als WalTerftoffgas? Warum wird, w\u00e4re jene Meinung gegr\u00fcndet, iSyftens Verfuchen zufolge, Kohlenf\u00e4ure auch von dunkelrothem Blut verfchluckt, und nicht , blofs von hellrothem? Sind Sch\u00fcblers oben angef\u00fchrten Verfuche nicht im graden Widerfpruch mit der Lehre, dafs die eingeathmete Luft durch ihren pofitiv -electri-fchen Zuftand das Aderblut in Schlagaderblut verwandle, da im Athmen grade das Gegentheil gefchieht von dem, was die pofitive Eiectricit\u00e4t in diefen Verfuchen bewirkte ? Und wie will man fich denn mit jenem feft begr\u00fcndeten Naturgefetze abfinden, dafs kein K\u00f6rper ohne Stoffznfatz an abfolutem Gewicht zunehmen k\u00f6nne ? Wo erzeugte die Eiectricit\u00e4t je aus Sauerftoffgas ein bei gleicher W\u00e4rme gleich grofses Maafs kohlenfaures Gas, das um den dritten Theil fchwerer ift als jenes? Grade die Erfcheinungen in der R\u00f6hre zwifchen den Dr\u00e4then der voltafchen S\u00e4ule, worauf man fich bei Behauptung eines folchen angeblich in den","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nLungen gefchehenclen Wunders berufen hat, fprechen gegen diefe Behauptung ; eben hier find Stoffwanderungen von einem Pol der S\u00e4ule zum andern vorhanden. Wo foil endlich der Sauerftoff bleiben, welcher beim Athmen diefer Gasart, fo wie beim wiederholten Ath-inen der n\u00e4mlichen atmofph\u00e4rifchen Luft, in der ausge-fchiedenen Kohlenfaure nicht aus den Lungen zur\u00fcckkehrt; wo der verfchwindende Antheil des geathmeten oxydirten Stickgas, der in die Lungen getriebenen Kohlenfaure? In diefen F\u00e4llen rn\u00fcfste der Polarit\u00e4ts-wechfel alfo aus Etwas Nichts machen, wie beim gew\u00f6hnlichen Athmen umgekehrt aus Nichts Etwas.\nDas Vorhandenfeyn von lofe gebundenem Sauerftoff im Schlagaderblut, die Ausfcheidbarkeit von Kohlenfaure aus Aderblut, das unter ge wi\u00dfen Umftnncfen vorkommende \\ e i ich winden von Sauerftoff, oxydirteni Stickftoff und Kohlenfaure in den Lungen , die Aufl\u00f6slichkeit der Kohlenfaure fo wie der Grundlage des Sanerftoffgas im Blute, das Dunkelwerden des hellro-then Blutes unter der Luftpumpe und durch Aufnahme von Kohlenfaure, der Mangel an Verbrennungs- Bedingungen und Erfcheinungen in den Athmimgswegen, die grofse Unwahrfcheinlichkeit, dafs Kohlenftoff oder Kohlenftoffoxyd f\u00fcr fleh allein in den Lungen mit Sauerftoff zufammentreten k\u00f6nne, alles Dies vereinigt lieh daf\u00fcr, dafs die Anficht, welcher zufolge die auszu-athmende Kohlenfaure bereits im Blute aufgel-\u00f6fet zu den Lungen kommt, und dagegen der aus clei geathme-ten Luft verfchwindende freie Sauerftoff unter Ablegung feiner Luftgeftalt in das Blut eintritt, die natur-gem\u00e4fse fey. Die von Prie\u00dfeey , Ao/h, Davy und Anderen gemachten Beobachtungen zeigen uns das Aderblut als ein vorzugsweife kohlenf\u00e4urehaltiges, das Schlagaderblut als ein mit freiem Sauerftoff gefchw\u00e4n-","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"219\ngertes, als ein oxygenirtes *). Wir werden, man darf wohl lagen, zu der Anerkennung gedrungen, dafs der Vorgang in den Lungen r\u00fcckfichtlich desSauerftoffs und der Kohlenfaure ein blofser zwifchen dem lebenden K\u00f6rper und feiner Umgebung Statt findender Um-taufch diefer beiden Gasgrundlagen fey, wobei die Luft Sauerftoff abgiebt und Kohlenf\u00e4ure aufnimmt, das Blut hingegen diefe abgiebt und jenen aufnimmt. Das Aderblut ftellt fich uns in Beziehung auf das Athmen als ein Mittel dar, in welchem ein dem K\u00f6rper nicht mehr brauchbarer Stoff, die Kohlenf\u00e4ure, den Lungen zur Ausfcheidung zugef\u00fchrt wird ; eben fo erfcheint uns das\nI) Da Davys Verhielte zufolge fchon eine W\u00e4rme, die niche \u00fcber 200\u00b0 Fahrenh. fteigt, den Sauerftoff aus dem Schlagaderblute austreibt, fo mnfs derfelbe nur lofe darin feftgehalten feyn. Wir haben alfo Grund zu vermuthen, dafs hier ein \u00e4hnliches Bindungs - Verh\u00e4ltnifs vorhanden fey, wie zwifchen Waffer und der Kohlenf\u00e4ure, dem Sauerftoff, \u2022womit es gefehw\u00e4ngert ift.. (Selbft die Reihe, in der die verfchiedenen Luftarten in Hinficht ihrer Aufl\u00f6slichkeit im Waffer und im Blute, diefem thierifchen Waffer, auf einander folgen, ift f\u00fcr beide diefelbe), Wie man nun aber ein mit Sauerftoff gefchw\u00e4ngertes Waffer mit Redit kein oxydir-tes nennt, fo verdient auch das Schlagaderblut nicht einen Kamen diefer Art, fondern eher den eines oxygenirten, wie B\u00eeumenhach ( 1:1 ft. phyliol. p. I p') es auch bereits genannt hat. Soll aber einmal eine von beiden Blutarten vergleichungsweife gegen die andere eine oxydirte heifsen, fo eignete fielt dazu wohl noch am erften die zu den Lungen gehende, wegen ihres gr\u00f6fsern Kohlenf\u00e4uregelralts (Vergl. auch Anten-riech Handbuch der Phyfiologie \u00a7. sip) \u2014 Wie Bartels (a. a. O. S. 3I\u00d6.), nach Priejtleys und Davys, in Crells und G il-lerts bekannten Zeitschriften l\u00e4ngft erz\u00e4hlten Verfuchen noch die Beweife f\u00fcr das Vorhandenfeyn von lofe gebundenem freien Sauerftoff im Schlagaderblute vermi\u00dfen konnte, ift in einer Schrift, dis fielt die pr\u00fcfende Durchficht der Lehre vom Athmen zur Aufgabe machte, ein wenig auf-fallend.\tD","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nvon c!er Athmungsfi\u00e4che kommende Blut in jener Beziehung als der blofseUeberbringer deffen, was ihm aus der geathmeten Luft \u00fcbergeben W\u00f6rden; und io wie die Schlagadern fich f\u00fcr das Gefeh\u00e4ftder Ern\u00e4hrung als Fortfetzungen der Miicligef\u00e4fse des Darmkanals betrachten Jaffen, fo ftellen fie lieh uns f\u00fcr das des Athmens, einer Anfic.ht fr\u00fcherer Zeit entfprechend, als Fortfetzungen der Luftr\u00f6hren\u00e4fte dar, nur mit dem Unterfchiede, dafs Luftr\u00f6hren\u00e4fte und Schlagadern den aufgenommenen Athmungsftoff in verfchiedener Geftalt, jene ihn luftf\u00f6rmig, diefe ihn an eine tropfbare Fl\u00fcffigkeit gebunden, enthalten.\nIndefs, wie entfcheiclend jener Verein von That-fachen auch f\u00fcr diefe letzte An ficht des Athmungs Vorgangs fpricht, es mufs diefe Anficht ohne Zweifel noch fefter und umfaffender begr\u00fcndet werden, bevor f\u00fcr diefelbe, als f\u00fcr die allein richtige, ein allgemein-g\u00fcnftiges Urtheil gewonnen werden kann. Bekanntlich hat man gegen die Lehre vom Eintritt des Sauerftoffs ins Blut verfchiedene Einw\u00fcrfe erhoben; man hat die Luftdichtheit der fogenannten Lungenzellen , die Unm\u00f6glichkeit, dafs durch die Gef\u00e4fswiinde Stoffe zugleich ein- und austreten, und mehreres Andere der-felben entgegengeftellt. Betrachten wir denn zun\u00e4chft diefe und andere Ein w\u00fcrfe etwas n\u00e4her, oh fie uns vielleicht gegen die Richtigkeit der aus den oben angef\u00fchrten Thatfachen hervorgehenden Folgerung irgend erhebliche Zweifel erregen k\u00f6nnen.\nI \") Brandis*'), Walther * 2 3) und Sprengel5), haben behauptet, es k\u00f6nne aus der Luft kein Stoff ins Blut\n\u00ef) A. a. O. S. 319.\ns) Phyfiologie des Menfchen; Bd. S, 139 uni 143.\n3) L, c, p. S9.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcbergehen, weil die Ver\u00e4ftelungen und Endigungen der Luftr\u00f6hre, Mufchenbroecks fo wie auch S\u00f6mmerrings und Reifeifens Erfahrungen zufolge, nach dem Blute hin luftdicht feyen, und darum fey denn auch die Lehre vom Sauerftoffiibertritt ins Blut zu verwerfen. Aber es ift zu zweifeln, ob cliefer Einwurf die Lehre, f\u00fcr welche die oben angef\u00fchrten Thatfachen ein fo entfchie-denes Zeugnifs geben, merklich anzufechten verm\u00f6ge. Er trifft allenfalls die auch aus andern Gr\u00fcnden un-wahrfcheinliche Meinung derer, welche den Uebertritt von luftf\u00f6rmigem, oder (wie Ackermann und Mehes) von halbluftf\u00f6rmigem Sauerftoff behaupten, nicht aber die urfpr\u00fcngliche Lehre La granges, dafs durch das Athmen Sauerftoff (nicht gerade luftf\u00f6rmiger) in das Blut eingef\u00fchrt werde. Wo find denn die Erfahrungen, welche darthun, dafs in die Luftr\u00f6hre getriebene Luft in den Lungen durchaus keinen Verluft erleide? Selbft dafs keine luftf\u00f6rmigen Stoffe \u00fcbergehen, ift noch nicht einmal ftrenge erwiefen 1). Und wodurch ift denn der Schlufs gerechtfertigt, dafs, weil kein luftf\u00f6rmiger Sauerftoff \u00fcbergehe, auch keiner in irgend einer andern Form \u00fcbergehen k\u00f6nne 2 3); wodurch das Zeugnifs meh-\nI) Selbft Reif ei fett (Ueber den Eau der Lungen, S. 32.) nimmt an, dafs aus den Luftr\u00f6hrlften Luft ins Blut \u00fcbergehen k\u00f6nne. Le Gallon- (Experiences, p. 23-.) fa\u201ed nach dem Einblafen von Luft in die Luftr\u00f6hre fcheintodter Thiere h\u00e4ufig Luftbld'schen in den Gef\u00fcfsen der Lungen. \u2014 Inwiefern die von Morgagni, Tefta, Nyfeen und Anderen in kranken Zuft\u00e4nden des menfchlichen K\u00f6rpers, fo wie von Lancifi und Rofa beim Igel, und von Caldefi, Morgagni und Redi bei mehreren Amphibien im Blute bemerkten Luftbl,Ischen auch hieher geh\u00f6ren, davon wird in der Folest\ndie Pvede feyn,\n3) Worauf fchon fr\u00fcher Eofcock in feiner Streitfchrift gegen miis> welch\u00ab ebenfalls den Uebertritt des Sauerftoffs in*","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nrerer (in der Folge anzuf\u00fchrender) Thatfachen, dafs Luft auf chemifche Weife durch feuchte H\u00e4ute treten k\u00f6nne, als nichtig erwiefen? Es ift hier hinreichend, blofs an diegrofse Menge von Sauerftoff-, von kohlen-faurem, fo wie von oxydirtem Stickgas zu erinnern, welche Allen und Pepys, Davy und TSiyfien bei den oben angef\u00fchrten Athmungsverfuchen in den Lungen verfch winden fahen ; hievon mufsten doch wohl wenigftens die Grundlagen ins Blut \u00fcbergegangen feyn. Dafs fich aber auch das Wie diefes Uebergangs nachweifen laffe, wird uns im Verlauf der hier angefangenen Unterfuchung die n\u00e4here Betrachtung diefes Gegenftandes darthun.\n2) Einen andern Einwurf gegen die Lehre vom Uebergang von Sauerftoff ins Blut entlehnte man aus -jener bereits angef\u00fchrten, von C.L. Bertliollet fo wie von Allen und Pepys genau ausgemittelten Thatfache, dafs fowohl frifches Aderblut, welches mit atmofph\u00e4-rifcher Luft in Ber\u00fchrung ift, als auch ein dem nat\u00fcrlichen m\u00f6glichft nahe gebrachtes Athmen Von atmofph\u00e4-rifcher Luft durch eine gefunde Perfon, das alsdann in der Luft verfchwindende Sauerftoffgas durch ein gleich grofses Maafs kohlenfaures Gas erfetze, welche Thatfache dann, verbunden mit der, dafs gleiche Maafstheile kohlenfaure und Lebensluft ein gleiches Gewicht Sauerftoff enthalten, als ein entlcheidender Beweis angefehen wurde f\u00fcr den Satz, dafs der f\u00e4mmtliche in der geath-meten Luft verfchwindende Sauerftoff zur Kohlenlaure-erzeugung in den Lungen verwandt werde, und das Blut hier demnach keinen Sauerftoff aufnehmen k\u00f6nne,\nBlut wegen der angeblichen Luftdichtheie der Lungenzellen liiugnete (Edinburgh medical and surgical Journal; Vol. 4. m. 14. p. 161.), fo wie auch Bartels (a. a. O. S, 347.) aut-inerkfam gemacht haben.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Man hat diefen Einwurf f\u00fcr fehr bedeutend gehalten z) ; aber, wie es fcheint, nur zufolge einer T\u00e4ufchung. Es ift bereits oben angef\u00fchrt worden, dafs das Blut aufserhalb des K\u00f6rpers keineswegs immer an die Stelle des von ihm in atmofph\u00e4rifcher Luft verzehrten Sauer-ftoffgas ein gleich grofses Maafs kohlenfaures Gas fetze, und eben fo zeigt eine Menge von Athmungsverfuchen, dafs beim Athmen nicht jedesmal eben fo viel kohlenfaures Gas aus den Lungen zum Vorfchein komme, als Sauer-ftoffgas in denfelben verloren ging. Durch diefe F\u00e4lle wird alfo der Erfahrungsfatz, worauf man fich beruft, zuv\u00f6rcleift betr\u00e4chtlich befchr\u00e4nkt, obgleich Creve hierauf gar keine R\u00fcckficht genommen hat. Aber auch zugegeben, das \u00fcber Blut oder im Athmen verfchwindende Sauerftoffgas ftehe mit dem zum Vorfchein kommenden kohleniauren Gas immer im Gleichmaafs, wie geht denn aus diefer Erfahrung die Folgerung hervor, die man unter uns daraus gezogen hat? Die Gewichtsmenge des in der Luft vorhandenen Sauerftoffs wird durch dunkelrothes Blut und durch ein Athmen, wie es beim gefunden Menfchen lind bei den h\u00f6hern\n0 Vergl. Crev\u00e9 a. a. O. S. 24. \u201eAus den Verbuchen von Allen und Pepys \", Tagt diefer Schriftfteller, \u201egellt wefentlich hervor, dafs w\u00e4hrend der Refpiration kein Sauerftoff abforbirt, fondern das verfchwindende Sauerftoffgas der atmofph\u00e4rifchen Luft blofs zur Erzeugung des in der ausgeathmeten Luft vorhandenen kohlenfauren Gas verbraucht werde.\u201c Und S. 25: \u201eDa, wie nunmfehr erwiefen ift, das Blut w\u00e4hrend der Refpiration keinen Sauerftoff abforbirt u. f. w. \u201c \u2014-Ferner Bartels a. a. O. S. 303. Ein lieh Wdftt unterzeichnender Recenfent in der falzb. raed.Zeit. (.1813. Bd. 3. S. 12?.) ftimmt Creves Folgerung und deffelben \u201eneuer\u201c Lehre vom Athmen (welcher zufolge in den Lungen eine Kohlenftoff-\\ erbrennung Statt hndet, wie Laplace fchon vor dreiftig Jahren, und nach ihm viele Andere eine fotehe behaupteten), \u201eunbedingt\u201c bei. \u2014","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"Thieren Statt findet, wenig oder gar nicht ver\u00e4ndert: das ift Ailes, was ein Unbefangener aus jener Erfahrung zu fchliefsen geneigt feyn d\u00fcrfte. Ob aber die zum Vorfchein gekommene Kohlenf\u00e4ure den n\u00e4mlichen Sauerftoff gebunden enthalte, der in dem verfchwun-denen Antheile der in den Verfuch genommenen Luft frei vorhanden war, oder ob nicht vielmehr cliefer freie Sauerftoff auf andere Weife verwendet und dagegen aus dem Blute die Kohlenf\u00e4ure zu einem gleich grofsen Maafs fixer Luft, als in jener Luft Sauerftoff* gas verloren ging, entwickelt worden fey, dar\u00fcber lagt jene Erfahrung nichts aus; auch haben weder \u00dferthollet, noch Allen und Pepys, noch Dalton , wo er in feiner Abhandlung \u00fcber das Athmen und die thie-rifche W\u00e4rme 1 ) der Verfuche der letzteren Phyfiker erw\u00e4hnt, eine fo rafche Folgerung, wie die zuvor genannten deutfchen Schriftfteller, aus derfelben gezogen. Entfcheidet doch die blofse Wahrnehmung, dai's ein gleich grofses Maafs kohlenfaures Gas aus den Lungen kommt, als Sauerftoffgas darin verfchwindet, \u00fcber den zwifchen Luft und Blut Statt findenden Vorgang fo wenig, dafs fie fich nicht blofs mit den Anfichten, es verbrenne Kohlenftoff oder Kohienftoffoxyd, oder auch es verbrenne gar nichts in den Lungen, fondern ielbft mit der aus andern Gr\u00fcnden verwerflichen vertr\u00e4gt, es verbrenne dort aus dem Blute kommender Wafferftoff, w\u00e4hrend die ausgeathmeie Kohlenf\u00e4ure ihren Urfprung im Darmkanal oder vielleicht auch in den Haargef\u00e4fsen des grofsen Kreislaufs habe J). Das\ni) Memoirs of the literary and pliilofophical Society of Man-cheftre; Second feries 1813. Vol. 2. p. 43.\nS_) Auch haben deutfche Recenfenten die Verfuche von Allen und Pepys als Beweife f\u00fcr die verfchiedenften Meinungen angef\u00fchrt. W\u00e4hrend der bereits erw\u00e4hnte WdJ'tt diefelben in der\niiUbt","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Gleichfeyn der im freien Athmen des Menfchen und der h\u00f6heren Thiere Statt findenden Sauerftoff - Einnahme Und Ausgabe (welches Nyfeen ') fo wenig mit Lagranges Lehre vertr\u00e4glich fand, dafs- er aus Riick-ficht auf daffelbe, alles Zeugniffes ohng\u00e9achtet, was feine fch\u00f6nen Verfuche gegen das Vorhandenfeyn einer Kohlenftoffverbrennung in den Lungen ahlegen , dennoch eine folche Verbrennung annehmen zu muffen\nialzb. Zeitung als ein entfcheidendes Zeugnifs f\u00fcr das Da-feyn einer Kohlenftoffverbrennung in den Lungen betrachtete, \u00e4ufserte ein anderer Recenfent in der jen. Litt. Zeit., jene Verfnche th\u00e4ten dar, dafs uns die Chemie \u00fcber das Wefent-liche def Refpiration Nichts lehren k\u00f6nne, fo dafs jeder Phyfiologe, der fielt keinen andern Weg als den chemifchen zu bahnen verftehe, an der Lehre vom Athmen g\u00e4nzlich verzweifeln miiffe. Einer in der leipz. Litt. Zeit. f. 18:5, N. a* S. 10. f\u00fchrt f\u00fcr feine Behauptung, der Sauerftoff erzeuge lieh im Blut, die Luftdichtheit der Lungenzellen und die Verfuche von Allen und Pepys an. Gleicher Meinung ift ein Anderer, oder auch der N\u00e4mliche in derfelben Zeitung, Juny, S 1150; er h\u00e4lt daf\u00fcr, dafs, wenn anders die Verfuche von Berthoi-let, Allen und Pepys richtig feyen, \u201edie h\u00f6here cleetnfche Erregung, welche die thierifche Warme erzeuge, das Blut in den Lungen oxydiren und azotifiren muffe.\u201c Ein Recen-fent in der hall. Litt. Zeitung (\u00cf815, Juli, S. +00.) meint, nach der Erfahrung Vogels , dafs Blut unter der Luftpumpe Kohlenfaure ausfeheidet, ley vielleicht den Beobachtungen von Allen und Pepys (weiche \u00fcbrigens Thomfon, Dalton und Nyfeen einftimmig beft\u00e4tigt haben) nicht recht mehr zu trauen. Auf \u00e4hnliche Weife \u00e4ufsert ein Anderer in der lalzb. jned. Zeit (1815. Bd. I- 6. 4f--) \u00bb.er getraue lieh nicht, lieh an die Refultate, die A, und P. aus ihren Verhieben gezogen, anzufchliefsen. \u201c \u2014 Es bedarf keiner weitern Nach-weifung, wie alle diefe Ungewi\u00dfheit. und Mi\u00dfdeutung durch die Anlicht, es trete im Athmen Sauerftoff ins Blut und Kohlenf.ure aus demfelben, befeitigt wird.\n1) L. c. p. 228.\nM, d. Archiv. II. 2.","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nglaubte), cfiefes Gleichmaafs ift blofs ein neuer Beleg f\u00fcr den bereits durch andere Erfcheinungen begr\u00fcndeten Erfahrungsfatz, es befitze der lebende K\u00f6rper und befcnders der vollkommner gebildete das Verm\u00f6gen, lieh w\u00e4hrend des uugel't\u00f6rten Beftehens feiner Kraft das Gleichgewicht feiner Mifchung zu erhalten. I,n gefunden Zuftande bewahren die Abfonderungen dem Blute fortdauernd das Gleichmaafs der in ihm enthaltenen Salze oder Salzbeftandtheile ; gerade foviel, als es davon zugef\u00fchrt bekommt, wird ihm auch wieder entzogen 1 ). Auf \u00e4hnliche Weife ftehen aller VVahrfchein-lichkeit nach auch Wafferaufnahme und Wafferausfchei-dung in unferem K\u00f6rper zu einander im Gleichgewicht. Warum konnte nun in Hinficht der Sauerftoff Aufnahme und Ausfcheiclung durch die Lungen nicht das N\u00e4mliche Statt finden? Zwar wird h:er ein freier Stoff aufgenommen, und ein gebundener ausgefclneden; aber auch ein Fall diefer Art ift im K\u00f6rper nicht ohne \u00dfei-f\u2019piel. Nach dem Einnehmen von Schwefel lind die Auswurfsftoffe fchwefelwafferftoffhaltig; dem Trinken von reinem Waller ftehen Abfonderungen von Fl\u00fclfigkei-ten gegen\u00fcber, worin das Waffer mit anderen Stoffen verbunden,ift; die dem K\u00f6rper von Aufsen zuftr\u00f6meude Hitze entweicht von ihm, nachdem he an verdampfenden Schweifs gebunden worden. \u2014 Umgekehrt fehen wir, dafs, wie das Gleichgewicht der Aufnahme undAusfchei-clung von allem Andern, was in den K\u00f6rper eingeht, geh\u00f6rt wird, fobaid der regejm\u00e4fsige Zuftand des Lebens eine Befchr\u00e4nkurig erleidet, eben foauch bei nur geringer St\u00f6rung desAthmungsgefch\u00e4ftes fogleich die Sauerftoff-\nVergl. Berzclais in Scnuteiggers Journal, Ed. io, S. 148; fo wie Reils und Autenrieths Archiv, Ed. 1 S. 134.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Aufnahme in den K\u00f6rper vor der Sauerftoff- Ausfchei-dung aus demfeiben zu \u00fcberwiegen .anf\u00e4ngt 1 j,\nl) Ein Gleichmaafs der verfchwindenden Sauerftoff- und der zum Vorfchein kommenden kohlenfauren Luft zeigt fick uns auch aufser dem lebenden thierilchen K\u00f6rper n 1 .dien , wo wir zur Annahme einer Kohlenftoffverbrennung nicht berechtigt find ln atmofph. Luft keimende Saarn en erfetzeu nach Th. v. SaufJ'ure (Unterf. \u00fcber die Vegetation, S. 9.) das verzehrte Sauerftoffgas durch ein g eiches Maafs kohlenfaures ; daftelbe thun i ebenfalls nach SaufJ'ure, S. 1 I u. fg.) auch g\u00e4hnende Pflanzenftoffe, und Spallanzani f Rapports vol. 1 und 2.) beobachtete die n\u00e4mliche' Erfcheinung mehrmals in Verhielten mit thierifchen Stollen, die in anf\u00e4nglicher P'i.ulnifs begriffen waren. SauJJurc (a. a. O, S\u201e to und tti.) erkl rt Reh nun zwar gegen die Annahme, dafs die von keimenden Saamen und gahrenden Stoffen hervorgebrachte Kolitenf\u00e4nre als folche aus .denfelben herausgetreten und dagegen der ver-fchwundene freie Sauerftoff von denfelben verfchluckt worden fey; dennoch zeugt fowohl Rollos Verhieb, (bei Saufjurr S. 10.), dem zufolge angefeuchtete Saamen auch in einem ganz fauerftoffgasleeren Mittel Kohlenf\u00e4ure lieferten . als auch die von SaufJ'ure fa. a. O. S. 14.3.) felbft gemachte Bcobochtung, dafs g hrende Stoffe Reh auf gleiche Weife verhalten, Lift ent-fcheidend f\u00fcr die von ihm mit Unrecht verworfene Anfleht. Wie keimende und g\u00e4hrende Pflanzenhoffe, fo f.-beiden denn auch nach Spallanzani in F\u00fculnifs begriffene thierifehe 'fheile in Stiekgas oder Wafferftoffgas Kohlenf\u00e4ure aus. Auf folche Weife fehen wir demnach Athmen der Thiere und Pflanzenkeime, G\u00e4hrung und anfangende F ulnifs in ihrer Beziehung zur umgebenden Luft fleh wefentlich gleich ver-halten- hier wie dort zeigen fleh uns Erlcheinungen welche der Annahme einer zwilchen dem Kohlenftoff des g\u00e4h-reoden oder athmenden K\u00f6rpers und dem atinofph rifehen Sauerftoffgas Statt Endenden Verbrennung entgegen lind. Hiermit \u00fcbereinftimmend Tagt SaufJ'ure a. a. O. S. 19: \u201eDie unmittelbare Einwirkung der Sauerftoffluft auf das todte, noch nicht in volle F\u00fculnifs \u00fcbergegangene Saamenkorn und auf das keimende lft im Wefentlichen die n\u00e4mliche. \u201c Und fo ftellen Reh uns denn G\u00e4hrung und anfangende F\u00e4ulnifs als \u2014 -\tp 3","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"3) Reifeifen (a. a. O. S. 34.) macht gegen'die Annahme, dafs durch die W\u00e4nde der Lungengef\u00e4fse etwas aus den Luftr\u00f6brver\u00e4ftelungen ins Blut .eindringen k\u00f6nne, den Einwurf: \u201eda im lebenden Zuftande aus dem Adernetze tier Lungen ein immerw\u00e4hrender Strom von Muffigkeiten ausdampfe , io k\u00f6nne nicht auch zu gleicher Zeit ein entgegengefetzter Strom in fie aufgenommen werden.\u201c Eben diefs k\u00f6nnte mau nun auch der Lehre, dafs beim Athmen Sauerftoff ins Biut einmal Ivohlenf\u00e4ure aus ihm austrete, entgegenzuletzen geneigt feyn. Es ift indefs von Reijeijen nicht nachge-\u2022wiefen, aus welchem Grunde die Lungenget\u00e4fswdnde nicht zugleich Muffigkeiten ein- und auszulaiien im Stande feyn f\u00fcllen; k\u00f6nnen doch, wie die bekannten Verfuche \u00fcber die angebliche Stickgaserzeugmig ans Waller entfeheidend darthun, durch die W\u00e4nde ghihen-der irrdener R\u00f6hren Gasarten eindringen, w\u00e4hrend Wafferd\u00e4mpfe aus denfelhen heraustreten 1 ). Wdi man aber einen Vorgang diefer Art in den Lungen 4,cut zugeben, fo braucht man ja nur anzunehmen, die Stcff-aufnahme und die Stoffausfcheiclung durch die Lurtgen-gef\u00e4fswaude gefchehe nicht zu gleicher Zeit, Ion lern die eine w\u00e4hrend des Eiiiathmens, die andere w\u00e4hrend des Ausathmens, wie dies auch bereits fr\u00fcher der altere\nein A tarnen \u00abLy, und umgekehrt erfcheint diefes als eine anMugende \u00ef\u00fc\u00efulnifs des lebenden thierifehen Stoffes. Der Fortfetzung der hier angefangenen Unterfuohungen \u00fcber das Athmen bleibt es nun Vorbehalten, nachzuweifen, wie diefe \u00abfangende Fiiulnifs des tliierifehen Stoffes, indem fia \u25a0das Mittel feiner ftets wiedererzeugtenBetebuiig ift, durch den Einflufs des verniitielft diefer anfallenden Zerfetznng outer* huU\u00e7nen Lebens ftets wieder aufgehoben wird, um immer wieder zu beginnen, und immer von Neuem das Leben zu bedingen.\n1) Vergl. Geklen in deffen Neuem allgem, Journal der Chemie Bd. 2. S. 424.\t'","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"029\nDuvernoy1 *') und Brouffonet*), und in neuerer Zeit Nolde 3 4 5) und Bartels 4) wahrfcheinlichgefunden haben, und womit auch, wie wir in der Folge fehen werden, verfchiedene \u00fcber das Athmen beobachtete Thatiachen in Uebereinftimmung find.\n4) Wie kann beim Athmen Sauerftoff ins Blut \u00fcbergehen, da der K\u00f6rper das \u201ereale Princip,\u201c den Stoff, bereits durch den Speilekanal empf\u00e4ngt, wie das Wefen des Athmens in einer Stoffaufnahme beftehen, da die dem Athmen relativ entgegengefetzte Ern\u00e4hrung eine folche ift ; wie foil mit dem Athmen eine Sauer-ftoffaufnahme verbunden feyn, da die Pflanzen, welche doch ebenfalls der atmofph\u00e4rifchen Luft bed\u00fcrfen, ftatt Sauerftoff aufzunehmdfi, vielmehr welchen ausfcheiden ; wie ift es wahrfcheinlich, dafs die Luft ihre belebende Eigenfchaft einer Abfetzung von Sauerftoff an das Blut verdanke, da fie ja den h\u00f6heren Thieren daffelbe ift, was Licht und W\u00e4rme den niederen find, ihre Natur aber, felbft nach der Anlicht der Chemiker, der von Licht und W\u00e4rme entgegengefetzt ift; wie k\u00f6nnte endlich das Athmen, wenn es eine Oxydation w\u00e4re, das Leben f\u00f6rdern, da ja die Oxydation den K\u00f6rper, der fie erleidet, ftets in einen negativeren Zuftand verfetzt? \u2014 diele Ein w\u00fcrfe hat Wilbrand der Lehre, dafs\nl) M\u00e9moires de l\u2019acad. de Paris, 1701; p. 337.\n3) Ib. ann\u00e9e 178s ; p. 186.\n3)\tAnmerk, zu Boftocks Verfuch \u00fcber das Athemliolen, S. 135.\n4)\tA, a. O. S. 374.\n5)\tUeber das Verhaken der Luft zur Organifation, S 80. u. fg.\nIn diefer Schrift\that Wilbrand\tdie\toben angef\u00fchrten Ein-\nwiirfe zwar\tnur\tder Annahme,\tdafs\tdas Athmen eine Oxy-\ndation des Blutes fey, entgegengeftellt ; in feiner fp teren Schrift \u00fcber\tdas\tHautfyftem S.\tice\thalt er indefs auch die\nLehre, dafs\tim\tAthmen Sauerftoff\tins Blut trete, durch\ndiefelben f\u00fcr widerlegt.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nbeim Athmen Sauerftoff ins Blut trete, entgegengefetzt und alsdann, nachdem er diefe Lehre verworfen, das Athmen als einen blols dynamifchen Vorgang zwischen Luft und Blut darzuftellen gefucht. Es ift indefs zu zweifeln, dafs jene Einw\u00fcrfe, fo fcharffinnig fie zum Theil auch find, zu folcher Verwerfung berechtigen. Ob grade das Wefen des Athmens in dem Zutritt von Sauerftoff zu dem Blute beftehe, dar\u00fcber zu Streiten ift hier der Ort noch nicht; es gilt hier blofs die Frage, ob ein folcher Zutritt im Athmen Statt finde. Betrachten wir die gegen diefen Punkt erhobenen Einw\u00fcrfe etwas n\u00e4her. Zugegeben, dafs Ern\u00e4hrung und Athmen einander relativ em gegengeletzt ley en, wie folgt daraus, dafs nun im Athmen kein Stoff in den K\u00f6rper treten k\u00f6nne? Eben weil der Gegenlatz beider nur ein relativer ift, unifs auf \u00e4hnliche Weife, wie andere lieh relativ entgegen gefetzte Verrichtungen des thierifchen K\u00f6rpers, z. B. Nerventh\u00e4tigkeit und Gef\u00e4fswirkung, einander nicht v\u00f6llig au sich\u2019iefi.cn, im Athmen noch etwas vom Gefch\u00e4ft der Ern\u00e4hrung, und umgekehrt in der Ern\u00e4hrung noch etwas von der Verrichtung des Athmens feyn. Und fo ift es denn in der That. Dafs der Darmkanal auch athme, daf\u00fcr brauchen wir den Beweis nicht erft beim Wetterfifch zu fuchen I); diefs Athmen ift jedoch kein Hindernifs, dafs in ihm nicht die Stoffaufnahme vorwalte, dafs der K\u00f6rper durch ihn nicht an Gewicht Zunahme, Umgekehrt find denn auch die Lungen nicht blofs ausfeheidend, Sondern auch aufnehmend; dennoch wird beim Mailichen und auf denjenigen Thierftufen, wo das Athmen fich am vollkommensten von dem Ern\u00e4hrungsgefch\u00e4ft gefchieden hat, der K\u00f6rper durch die erftere Verrichtung nicht Schwerer, Sondern leichter, weil die Ausfcheidung dabei\ni) Vergl. Blumcnbac\u00efi 1. c. \u00a7. 171.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"231\n\u00fcberwiegt. \u2014 Der von den Pflanzen entlehnte Einwurf fetzt, der fonft allgemeinen Annahme entgegen, voraus, dafs Thiere und entwickelte Pflanzen im Ath-men einander gleich zu fch\u00e4tzen feyen, fo dafs man von jenen gradezu auf diele fchliefsen d\u00fcrfe, fiir welche Vorausfetzung jedoch der Beweis fehlt. Indefs auch diefe Vorausfetzung zugegeben, wie l\u00e4fst fleh von dem Athmungsvorgange, der bei den Pflanzen nur in gewif-fen Theilen derfelben, und unter befondern \u00dcmft\u00e4nden, blofs vor\u00fcbergehend vor kommt, (indem ja ihre gr\u00fcnen Theile des Nachts den bei Tage ausgeathmeten Sauer-ftoff wieder aufnehmen), auf dasjenige fchliefsen, was bei Thieren ftets Statt findet, was bei ihnen wenigltens die Regel ift1 ) ? \u2014 Bei der Behauptung , es bewirke die Luft auf den h\u00f6heren Thieri'tufen diefelbe Erfchei-nung, wie Licht und W\u00e4rme auf den niederen, ver-miflst man (abgefehen von der Einfchr\u00e4nkung, deren diefe Behauptung zu bed\u00fcrfen fpheint) den Beweis, dafs die n\u00e4mliche Erlcheinung immer auf gleiche Weife hervorgebracht werden muffe, z. B. rler Tod von Mohn-faft und Arfenik durch gleiche vermittelnde Ver\u00e4nderungen im K\u00f6rper. Wie wenn der aus der Luft in das Blut eintretende Sauerftoff die \u00e4ufsere Bedingung w\u00e4re, vermittelft welcher der K\u00f6rper felbft zu erzeugen bef\u00e4higt w\u00fcrde, was er durch Licht und W\u00e4rme fofort mitgetheilt erh\u00e4lt? \u2014 Was endlich den Einwurf IVHbrands betrifft, das Athmen w\u00fcrde, wenn es eine Oxydation des Blutes w\u00e4re, das Leben nicht f\u00f6rdern k\u00f6nnen, fo fcheint bei demfelben aufser Acht\nl) Dafs \u00fcbrigens auch im thier. K\u00f6rper Sauerftoffgas ausgefclne-den werden k\u00f6nne, zeige ja die L.uftblafe der Fifche, die felbft in der Wiederaufnahme des zuvor in ihr ausgefchiedenen Sauerftoffs fich v\u00f6llig wie ein gr\u00fcner Pflanzentheil verhalt.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"reiaffeti zu feyn, dafs das Athmen nicht blofs eine (angebliche) Oxydation, fondern zugleich ein Vorgang fey, wobei Sauerftoffgas in kohlenfaures Gas umgewandelt wird, dafs aber eine Verrichtung, bei der eine folche Umwandlung Statt findet, (d. h. nach jenes Schriftftellers Aulicht, wo eine Gasart, in welcher der ideale Pol mehr her vor getreten ift, in eine befchriink-tcre \u00fcbergeht), unm\u00f6glich f\u00fcr den K\u00f6rper befchr\u00e4nkend, das Lciien t\u00f6dtend feyn k\u00f6nne. Indefs w\u00e4re auch das Athmen eine blofse Oxydation, fetzte es auch das Blut in einen \u201enegativeren\u201c Zuftand, fo ift nicht abzufe-hen, warum es defslialb , nach Wilbrcinds Ausdruck, die F\u00f6rderung des Lebens fortdauernd zur\u00fcckwerfen follte; ift doch das hellrothe Blut h\u00f6chit wahrfcheinlich blol's eine Bedingung der Lebenserzeugung, nicht ein Ueherbringer eines ihm von Aufsen mitgetheilten Lebens, und deshalb kein Grund vorhanden, warum es hiezu minder negativ, minder befchr\u00e4nkt feyn mtifste, als das dunkelrothe. Auch die Nahrungsmittel f\u00f6rdern das Leben, obgleich bei den meiften derfelben der Beweis von ihrer Lebendigkeit und dem Vorwalten des idealen Pols in ihnen etwas fchwer fallen d\u00fcrfte I).\ni) Es iff Freilich ein einmal eiugef\u00fchrter Gebrauch, das hell-rothe vom Athmen kommende Blut f\u00fcr lebendiger zu halten, als das dahingehende dunkelrothe, und das letztere ift oft gegen das elftere fehr herabgefetzt worden (wie es denn z. B. von Fourcroy in feinem Syfteme des conn. chim. T. io. p. W7 Kir \u00bbgewiffermafsen abgeftorben \u201c und von van Mans in Gehlens Journal der Chemie, Ed. 9. S. 753- gar f\u00fcr eine Traber\u201c erkl\u00e4rt wird; aber l'fst Geh diefer Gebrauch auch rechtfertigen? \u2014 Das Sohlagaderblut kommt von einem Orte, Wo es dem Nerveniinfluffe entzog 11, dagegen dem ehemifehen Einfluffe der Aufsenwelt ausgefetzt war; das Aderblut kehrt hingegen von daher zur\u00fcck , wo die Nerven* th\u00e4tigkeit, die das Leben mittheilt, befomlers kr'ftig ift. Stirbt A\u00fcerbiut aufser dem K\u00f6rper an der Luft ab, fo wird es","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"233\n5) Der Pr\u00fcfung der im Vorigen angef\u00fchrten Einw\u00fcrfe m\u00f6gen hier nun noch einige Worte \u00fcber ein paar andere Einw\u00fcrfe hinzugef\u00fcgt werden, die der Lehre, dafs im Athmen Sauerftoff ins Blut ein- und Kohlen-f\u00e4ure aus demfelben austrete, zwar bisher noch nicht gemacht worden, die man ihr aber zu machen geneigt feyn k\u00f6nnte. Wie kann, liefse fich vielleicht fragen, das dunkelrothe Blut ausfeheidbare Kohlenf\u00e4ure enthalten, da in demfelben nach Boftocks 1 ) Verfuchen ein \u00e4tzendes Alkali vorhanden ift ; mufs diefes Alkali nicht den angeblich in den Lungen gefchehenden Austritt jener S\u00e4ure verhindern? Hierauf ift zu erwiedern, dafs, da das nach Boftock im Blute vorhandene \u00e4tzende Alkali in Davys oben angef\u00fchrtem Verfuche kein Hindernifs war, dafs die Kohlenf\u00e4ure aus einem biofs bis zu 1120 Fahr, erw\u00e4rmten Aderblute austrat, auch ohne Zweifel in den Lungen, des Alkalis unbefchadet, eine gleiche Ausfcheidung m\u00f6glich feyn werde. Aber ift es auch wohl wahrfcheinlich, dafs rlas Alkali wirklich im ganz freien Zuftande im Blute enthalten fey? Da, wie Verfuche gezeigt haben, ein geringer Zufatz von freiem Alkali dunkelrothes Blut hellroth f\u00e4rbt, wie k\u00f6nnte es da noch ein dunkelrothes Blut geben, wenn Boftocks Angabe ftrenge wahr w\u00e4re? H\u00f6chft wahrfcheinlich ift das im Blute befindliche Natron mit defl'em Eiweifs-\nan den Stellen, wo die Luft Zu ihm Zutritt fiat, erft zu liellrothem , zu Srhlagaderblut; das letztere mufs alfo hienach dem Tode naher feyn. Und hiermit \u00fcbereinftimmei'd nahm denn auch Schlagarierblut, das ich in einem verfchloffenen Gef'fse aufbewahrte, eher einen faulichten Geruch an, als von demfelben Thiere genommenes und eben fo behandeltes Aderblut.\nj) Medico - chirurgical Transactions} Vol. S. No, 16; mir nur\naus Ausz\u00fcgen bekannt,","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nund Faferftoff verbunden, wie Berzelius f) diefs auch wirklich fo angiebt, und in diefem Falle dann der Austritt der Kohlenf\u00e4ure aus dem an die Luft oder zu der Athmungsfl\u00e4che der Lungen gebrachten Blute von Seiten diefes letztem frei.\nWie kann, fo liefse lieh ferner zufolge der Anlicht Cuviers und der mit ihm \u00fcbereinstimmenden Phy-fiologen \u00fcber den Einflufs des Athmens auf die Blutbereitung fragen, wie kann der Milchfaft zum Blute werden, wenn er nicht in den Lungen Kohlenftoff verliert, wenn feine Gallerte lieh nicht durch Ausfcheidung diefes Stoffes in Eiweifs verwandelt? \u2014 Diefer Grund gegen die im Vorigen bew\u00e4hrt gefundene Lehre fetzt etwas voraus, was erft noch des Beweifes bedarf: dafs der Milchfaft fich im Athmen gerade durch eine Ausfcheidung von Kohlenftoff, und nicht vielmehr durch eine von Kohlenf\u00e4ure und durch gleichzeitige Sauer-ftoffaufnahme, dem Blute ver\u00e4hnliche. Es ift nun aber wenigftens fehr ungewifs, dafs in jenem Safte Gallerte vorhanden fey, da die von Emmert hief\u00fcr angef\u00fchrten Beweife2) nicht befriedigend find, und weder Vauque-\ni) Schweiggcrs Journal; Ed. io. S. I$2.\ns) N\u00e4mlich (Reils und Autenrieths Archiv, Ed. 8. S.\ni) Nichtgerinnen des mil dem Kiickftand von abgedampftem Chylusferum gekochten Waffers beim Abdampfen deffelben, und hiebei erfolgendes Uebrigbleiben eines wie Gallerte aus-fehenden Rtickftandes; welches beides, wie die Erfcheinun-gen. am Blute lehren, von den Salzen herr\u00fchren konnte, die in jenes Waffer mit \u00fcbergegangen waren; und aj der flockige Niederfchlag, den jenes Waffer mit Gallapfeltinctur gab, der aber (_vergl. Berzelius in Schivciggers Journal, Bd. 9- S. 177*) eben fo gut Eiweifs als Gallerte feyn konnte. \u2014 Bekanntlich behauptet der letztere grofse .Chemiker (a. a. O. Bd. 10. S. 149.) dafs Leim \u00fcberhaupt nicht zu den Beftandtheilen des lebeftden thier. K\u00f6rpers geh\u00f6re.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"235\nUns *) noch Brandes *) Verfuche f\u00fcr einen Gallertegehalt des Milchfaftes zeugen. Dafs dem Blute aus dem Darmkanal Kohlenftoff unter irgend einer noch zu be-ftimmenden Form zugef\u00fchrt werde, ift allerdings wahrfcheinlich ; dafs aber von diefem Kohlenftoff, nachdem er eben ins Blut eingetreten, fogleich wieder ein Theil ausgefchieden werde, daf\u00fcr fehlt der Beweis. Will man einmal, vernluthungsweife, annehmen, der Milchfaft muffe, um fich dem Blute zu ver\u00e4hnlichen, in den Lungen etwas ausftofsen, follte dann (abgefehen von anderen Gr\u00fcnden) die Annahme, dafs diefer Aus-wurfsftoff aus der zur Unterhaltung des Lebens untauglicheren , bereits mit Sauerftoff gef\u00e4tigten Kohlenfaure beftehe, nicht um Vieles wahrfcheinlicher feyn, als jene von einigen neueren Phyfiologen beg\u00fcnftigte, es fey jenes Auszuftofsencle der noch fai\u2019t oder ganz fauer-ftofffreie, zum Eingehen in die Mifchungsvorg\u00e4nge des lebenden K\u00f6rpers gefchicktere Kohlenftoff? Welchen feltfamen Widerfpruch b\u00fcrdet man der Natur auf, wenn man Laplaces An\u00dfcht vom Athmen und zugleich die nicht unbegr\u00fcndete Meinung annimmt, der Kohlenftoff fey ein Hauptbeftandtheil des durch die Verdauungswege aufgenommenen Nahrungsftoffs, wonach alfo ein Theil deffen, was durch mannichfaltige und zufammengefetzte Vorrichtungen f\u00fcr die Ern\u00e4hrung vorbereitet und eben ins Blut geleitet worden, unmittelbar nach diefer Aufnahme und felbft vor dem Eintritt in den grofsen Kreislauf, aus dem K\u00f6rper wieder ausgef\u00fchrt w\u00fcrde ! Wir find freilich nicht befugt, dem Handeln der Natur die von uns erdachten Zwecke beizumeffen ; aber d\u00fcrfen wir umgekehrt, die innere Uebereinftimmung diefes\n1)\tAnnales du Mufeum A\u2019hirt. nat. T. 18. p. 240.\n2)\tPliilofoplneal Transact, for 1812. p. \u00ffl.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"$36\nHandelns l\u00e4ugnend, der grofsen Meifterin die Wider-fpr\u00f6che andichten, worin unfere Erkl\u00e4rungen und Vermuthungen befangen find?\nZum Schluffe m\u00f6ge hier noch die Frage er\u00f6rtert werden, ob denn jene auf die oben angef\u00fchrten That-fachen fich ft\u00fctzende Anficht, dafs die Wechselwirkung zwifchen Blut und Lungen ihrer Natur nach eine blofs chemifche fey, keinen weitern bedeutenden Einw\u00fcrfen unterliege. Es gilt hier befonders die Gr\u00fcnde zu pr\u00fcfen, die Walther in feiner Phyfiologie \u2019), wo er fich fehr entfcheidend gegen diele Anficht erkl\u00e4rt, wider \u25a0diefelbe angef\u00fchrt hat. D:efe Gr\u00fcnde find hergenommen erfiens von dem Mangel einer unmittelbaren Ber\u00fchrung zwifchen Luft und Blut, und zweitens von der Erscheinung, dafs die Schlagaderblutbereitung fich nicht blofs nach der Ausdehnung, welche den Luftge-f\u00e4fsen in den Lungen eigen ift, und nach dem Sauer-ftoffgasgehalt der geathmeten Luft richte, indem ein Thier in Lebensluft nicht mehr Sauerftoff verzehre, als eines in atmofph\u00e4rifcher ; fondera dafs fie auch von der Gr\u00f6fse der Lebensth\u00e4tigkeit des Athmendenabhange.\u2014-\nl) Bd 2. S. 14.3 und l$I. In der erften Stelle heifst es : \u201e Die Oxydation und die Dephlogiftifirung des Blutes an der Luft ift nicht als eine wirkliche Aufnahme des Sauerftoffs in das Blut etwa vermittelft chemifcher Verwandtfchaft, zu erkl\u00e4ren , \u201c und in der zweiten : \u201e die Ver\u00e4nderungen , welche Blut und Luft -wechfelsweife in drn Lungen erleiden, find nicht eine Folge der chemifehen Zerfetzung des Einen durch das Andere; das Gefetz derfelben ift nicht das Gefetz chemi-fclier Affinit\u00e4ten, fond er 11 die Lunge wirkt hiebei als th\u00e4ti-ges Organ.\u201c Walther nennt die von ihm verworfene Anficht tadelnd einekrafs - empirilche ; aber ift es denn etwas l'adelns-werthes und nicht vielmehr gerade recht., bei einem empi-rifchen Gegenftande recht krafs - empirifch zuzufehauen, wie e* fich mit ihm verh\u00e4lt ?","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"237\nEs ift zu zweifeln, dafs diefe Gr\u00fcnde darthun, was fie nach Walthers Meinung darthun f\u00fcllen. Denn was den erften betrifft, fo fehlt der Beweis, dafs zwei von einander getrennte K\u00f6rper nicht durch Vermittelung eines dritten zwifchen ihnen befindlichen chemifch auf einander wirken k\u00f6nnen. Der erfte kann ja den zweiten zwifchenliegenden und dieler wieder den dritten von jenem gefonderten chemifch ver\u00e4ndern. So fahen Cigna, Priefiley und Wells den dunkelrothen Blutkuchen hell-roth werden, ob er gleich durch eine Schichte Blut-waffer, Milch oder Eiweifs von der Luft getrennt war ; fo wird Salpetergas auch in einer feuchten luftdichten Blafe vermittelft des Sauerftoffs der Luft in falpetrige S\u00e4ure verwandelt. Aber darum bleibt diefer Vorgang unftreitig immer ein chemifcher. Allerdings m\u00fcffen Athmungswerkzeuge, fo wie Herz und Gef\u00e4fse, die Stoffe herbeifuhren, die in den an der Athmungsfl\u00e4che der Lungen gefchehenden Mifchungsvorgang eingehen follen; man kann felbft zugeben, dafs diefer Vorgang durch die Bewegungen des Ein- und Ausathmens noch unmittelbarer unterft\u00fctzt werde (wovon in tier Folge die Rede feyn wird) ; dennoch bleibt, aller diefer Vorbereitungen und f\u00f6rdernden Einfl\u00fcffe ohngeachtet, die eigentliche Wechfelwirkung zwifchen Luft und Blut eine chemifche. An den Pforten des Lebens gebieten noch die M\u00e4chte der Aufsenwelt; und da gefchieht denn auch die Ver\u00e4nderung des Blutes aus dunkelrothem in hell-rothes. Die den chemifchen Vorgang durch Zufuhr voii Luft und Blut vorbereitende Bewegung erkl\u00e4rt nun fehr leicht, warum diefer Vorgang bei verfchiedenen Graden der Lebensth\u00e4tigkeit bald rafcher, bald lang-famer gefchieht, womit denn auch der zweite von Wal* ther aufgeftellte Grund feine Beweiskraft verliert. Ue-brigens fteht die Behauptung, dafs beim Athmen von Sauerftoffgas niciit mehr Sauerftoff verzehrt werde,","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"23a\nals beim Athmen von atmofph\u00e4rifcher Luft, in Wider* fpruch mit den bereits vor mehreren Jahren bekannt gemachten Verfuchen von Pf aff und Dircks, fo wie mit den fp\u00e4terhin von Allen und Pepys angeftellten. Und bemerkten auch nicht Alle, welche fich mit \u00e4hnlichen Verfuchen befch\u00e4ftigten, beim Athmen jener Gasart einen gr\u00f6fsera Sauerftoffverbrauch, als beim Athmen von atmoi'ph\u00e4ri-fcher Luft, fo folgt ja daraus noch keineswegs, dafs tliefe Erfcheinung dem Einfluffe der Lebensth\u00e4tigkeit zuzufchreiben fey, da Ab\u00e4nderungen im Athnmngsvor-sange auch von chemifchen Bedingungen, von der Mi-lchung, von dem Kohlenlau regehalt ries Bluts, von der gr\u00f6fseren oder geringeren Reinheit der geatbmeten Luft und von andern in cbemifcher H\u00e4nficht Einfiuls habenden Verh\u00e4ltniffen abh\u00e4ngen k\u00f6nnen1).\nDafs die W\u2019ec'nfelWirkung zwilchen Luft und Blut nicht durch Electricit\u00e4t geleitet werde, machen die oben angef\u00fchrten Thatfachen wenigftens fehr wahr-fcheinlich. Will man f\u00fcr die Phyfiologie des Athmens die Behauptung geltend machen , es fey in den Lungen ein \u00e4hnlicher Vorgang vorhanden, wie in dem bekannten Verluche Wollaftons, wo vermittelft der zwifchen einer Silberplatte und einem Zinkdrath Statt findenden electrifchen Erregung eine Kochfalzaufl\u00f6fung zerfetzt,\n\u00ef) So kann unter andern von Sauerftoffgas auch deshalb nur wenig verzehrt werden, weil man es zu trocken angewendet hat, indem eine zu trockene Luft, wie mehrere Thatfacheu \u25a0wahrfcheinlich machen, dem chemifchen Vorg\u00e4nge in den Lungen nicht g\u00fcnftig ift. Vielleicht lag in diefem Limftande die Schuld von dem geringen Sa uerf to if verbrauche in Davy* Verfuchen (Unterf. S. 107.). Dafs in Bichats Verfuche CUn-terf. \u00fcber Lehen und Tod, S. 106.) das Blut beim Athmen von .Sauerftoffgas lieh nicht heller roth f\u00e4rbte, als beim Athmen von atmofph. Luft, r\u00fchrte unftreitig daher, dafs hier daffelbe Gas mehrmals hinter einander ein- und ausgeathmet ward.","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"239\nund das Natron des Kochfalzes durch ein St\u00fcck Blafe oder durch eine d\u00fcnne Scheibe Kork hindurch, nach der Silberplatte hingef\u00fchrt wird, fo mufs man zuvor nachweifen, dafs in den Lungen durch die gegenfeitige Ber\u00fchrung der dort vorhandenen feuchten Leiter eine folche Electricit\u00e4t erzeugt werde, die im Stande fey, Stoffe aus den Gef\u00e4fsen in die Luftr\u00f6hrver\u00e4ftelungen oder aus diefen in jene \u00fcberzuleiten. Wo ift aber auch nur wahrfcheinlich gemacht, dafs fo eine Electricit\u00e4ts-erregung in den Lungen Statt finde? Es treten allerdings in und an der Athmungsflache verfchiedene K\u00f6rper, Luft, Schleim, thierifche H\u00e4ute, Blut u. f. w. unter einander in Ber\u00fchrung; aber zur Electricit\u00e4tser-regung geh\u00f6rt noch mehr als eine auf irgend eine Weife gefchehende Ber\u00fchrung; die K\u00f6rper, die fich gegenteilig electrifch fpanneu fo'llen, m\u00fchen fich gegen einander unter beh\u00e4nderen r\u00e4umlichen Verh\u00e4ltnilfen, in einer gewiffen Lage, und nicht von anderen umgeben befinden , welche dem Entheben ihrer Spannung entgegen wirken. Ein Haufen durch einander geworfener Zink-und Silberplatten giebt noch keine voltafche S\u00e4ule, und der thierifche K\u00f6rper ift darum noch keine Verfchlin-gung galvanifcher Ketten, weil Nerven, Gef\u00e4fse, Blut, H\u00e4ute u. f. w. in ihm neben einander liegen *). Und eben dies gilt denn auch von den Lungen. Man mufs\nl) Wie finnreich Ritters Beweis von einem beftiindigen Galvanismus im thierifchen K\u00f6rper auch gef\u00fchrt ift, fo d\u00fcrfen wir doch nicht vergeffen, da:s derfelbe f\u00fcr das zu Beweifende nichts mehr als einen gewiffen Grad von Wahrfcheinlichlteit giebt, wie fich denn flitter felbft in feinen fp\u00e4teren Schriften in Betreff der electrifchen Vorgi nge im lebenden K\u00f6rper etwas von feiner fr\u00fcheren Anficht abweichend erkl\u00e4rt, Aut keinen Fall berechtigt aber jene Beweisf\u00fchrung fund eine beffere haben wir nach Ritter nicht erhalten) zur Aufhellung des Satzes; der lebende K\u00f6rper, fey, eine Zufammenfetzung von","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nzur Begr\u00fcndiing der Annahme, dafs in den Lungen ein galvanifcher Vorgang Statt finde, auf irgend eine Art nicht blofs das Eine, dafs dort Eiectricit\u00e4t erzeugt werde, fondera auch 'das Zweite und Dritte nachweifen, dafs die erzeugte ftark genug und grade fo gelagert fey, um von der einen Seite der Gef\u00e4fswanriungen Stoffe nach der andern verletzen zu k\u00f6nnen. Das ift aber bisher noch von Niemand gefchehen. W\u00e4re es aber auch gefchehen, fo bliebe doch die neulich aufgeitellte Behauptung, es fey in den Lungen ein Vorgang wie in holla-fions Verfuche vorhanden, wobei aber nichts aus der Luft in das Blut \u00fcbergehe, in einen unl\u00f6sbaren Wider-fpruche mit lieh felbft. Denn wenn die Stoffverfetzung in Wolla\u00dfons Verfuche auch nur einfei\u00fcg feyn, wenn fie hier blofs nach dem negativen Pol hin gefchehen f\u00fcllte-, fo kann fie doch in den Lungen nicht anders als zugleich nach beiden Polen hin Statt finden, ln jenem Verfuche k\u00f6nnte allenfalls nur der Sauerft off aus einer durch die Eiectricit\u00e4t bewirkten Wafferzenetzung nach dem poiitiven Pole hin \u00fcbergehen; in den Lungen befinden fich hingegen an beiden Seiten der Athmungsfi\u00e4che fowohl durch den pofitiven als durch den negativen Pol anziehbare Stoffe.\nBetrachten wir nun in der n\u00e4chften Forifetzung dialer Unterfuchungen die Farbe des Bluts, als angeblichen Beweis der in dem letzteren in den Lungen vorgehenden Mifc hungsver\u00e4nderung, um alsdann auch die Kohlentaureerzeugung im Athmen der niederen Thiere in Erw\u00e4gung zu ziehen.\ngalvanifchen Kettsn, wie diefs in neueren Schriften unbedingt behauptet worden ift. Dem gl\u00e4ubigen Leier folcher Schriften mufs es wahrlich feltfam Vorkommen, dafs der menfchliche K\u00f6rper nicht jedesmal, wenn er ber\u00fchrt wird, \u00ablectrifche Schl\u00e4ge austlieilt, wie ein Zitterioche.\nIntel-","page":240}],"identifier":"lit14014","issued":"1816","language":"de","pages":"200-240","startpages":"200","title":"Ueber die Ursachen der Luftver\u00e4nderung in den Lungen des Menschen und der h\u00f6hern Tiere","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:34:10.145001+00:00"}