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{"created":"2022-01-31T16:19:05.708001+00:00","id":"lit14025","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Philipps, Wilson","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 2: 320-353","fulltext":[{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"Thermometer za Bewegen, R\u00fccklicht nahm, ein limitant?, der, wenn er nicht geh\u00f6rig beriicklichtigt wird, alle Verfuche \u00fcber die Temperatur des aus den Gef\u00e4fsen gelaf-lenen Blutes unlicher machen mufs. Uebrigens mufs ich noch bemerken, dafs Herrn Davy\u2019s eigne Verfuche vielmehr zu meinen, als den von ihm daraus gezogenen Schl\u00fcffen zu leiten fcheinen.\nVIII. Wilfon Philipps Verfuche, um den Grund der Bewegung des Herzens und das Verh\u00e4ltnis zwilchen diefem und dem Nervenfyftem auszumittelii. (Aus den phil. transact. 1815. P. 1. S. 65 \u2014 97.\nP. 2. S. 224 ---- 246.\nI.\nDie folgenden Verfuche wurden angeftellt, um aus-\u25a0zumitteln, auf welche Weife gewiffe Gifte das Leben zer-It\u00f6ren. Ich fand bald, dafs, um in einer folchen Unter-fuchung Fortfehritte zu machen, durchaus der Grad der gegenfeitigen Abh\u00e4ngigkeit des Gef\u00e4fs- und Nervenfv-ftems heftimmt feyn muffe. Ueber die unmittelbare Abh\u00e4ngigkeit des Nervenfyftems vom Gef\u00e4fsfyftem fcheint man nie in Zweifel gewefen zu feyn. Vermehrung und Verminderung der Th\u00e4tigkeit des letzten bringt immer im erften eine entsprechende Ver\u00e4nderung hervor, und diefes kann nach Zerft\u00f6rung des Gef\u00e4fsfyftems feine Functionen nicht mehr vollziehen. Wenigftens gilt dies f\u00fcr warmbl\u00fctige Thierc. Kaltbl\u00fctige fterben fo langfam, dafs auch nach g\u00e4nzlichem Aufh\u00f6ren des Kreislaufs die Th\u00e4tigkeit des Nervenfyftems fehr allm\u00e4hlich erl\u00f6fcht. Die entgegengefetzte Beziehung wird nicht fo allgemein zuge-ftanden. Zwar bringen offenbar gewiffe Ver\u00e4nderungen des Nervenfyftems entfpreehende im Gef\u00e4fsfyftem hervor.5 indeffen w\u00e4hrend einige Phyliologen glauben, dafs die Th\u00e4 tigkeit des Herzens ebenso unmittelbar vom Gehirn als die Gehirnth\u00e4tigkeit vom Herzen abh\u00e4ngt, behaupten andere, dafs die Nerventh\u00e4tigkeit v\u00f6llig zerft\u00f6rt werden kann, ohne dafs die Kraft des Herzens vermindert w\u00fcrde.\nDielen","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"321\nDielen Punkt mufs man durchaus ins Reine bringen, ehe fich etwas genaues \u00fcber die Wirkungsweife der Gifte aus-mitteln l\u00e4fst. Die folgenden Unterfuchungen zerfallen daher in zwei Theile. Im erften werde ich mich bem\u00fchen, auszumitteln, wie weit der Zuftand des Nerver.fy-ftems auf die Kraft des Herzens einfliefst, im andern, auf welchem Wege gewiffe Gifte die Kr\u00e4fte von beiden zerft\u00f6ren.\nBis auf Haller nahm man wohl allgemein an, dafsdie Kraft der Muskeln vom Nervenfyftem flamme. Er lehrte dagegen, dafs die Kraft der Muskeln von ihrer Structur abh\u00e4ngt, der Nerveneinflufs nur ein Reiz ift, welcher lie in Th\u00e4tigkeit fetzt, und folglich die Muskeln, welche, wie z. B. das Herz, auf Anbringen eines befondern, nicht mit dem Nervenfyftem verbundnen Reizes wirken, v\u00f6llig unabh\u00e4ngig von diefem lind. Die Fortdauer der Bewegungen des vom K\u00f6rper getrennten Herzens , der Mangel des Einfluffes von Reizung des Gehirns, R\u00fcckenmarks und der Nerven deffelben auf feine Bewegungen , fchien diefe Meinung zu beft\u00e4tigen, und Hallet\u2022 und feine Nachfolger nehmen daher zwei verfchiedne Kr\u00e4fte, die des Nerven-fyftems und die des Gef\u00e4fsfyftems an. Indeffen ]affen, fich dagegen viele Einwendungen machen, namentlich der Einflufs von Gem\u00fcthsbewegungen auf das Herz und die Nerven, welche es erh\u00e4lt. Um diefe zu befeitigen, hat man mehrere Hypothefen aufgeftellt, durch deren einige die urfpr\u00fcngliche Meinung bedeutend abge\u00e4ndert wird. Nach einigen foil das Herz, wenn gleich von Gehirn und R\u00fcckenmark unabh\u00e4ngig, doch von einer eigen-th\u00fcmliehen Th\u00e4tigkeit feiner eignen Nerven abh\u00e4ngig feyn, andre fehreiben den Knoten, durch welche feine Nerven treten, eine von dem gemeinfchaftlichen Empfindungswerkzeuge unabh\u00e4ngige Kraft zu. Fontana und andere haben die Herznerven f\u00fcr v\u00f6llig unn\u00fctz erkl\u00e4rt, andere, z. B. S\u00f6mmerring, behaupten, dafs Jie gar nicht in die Subftanz, fondera nur in die Gef\u00e4Ue deffelben treten , wovon Scarpa das Gegentheil erwielen li\u00e2t.\nK\u00fcrzlich hat le Gallois unter andern wichtigen und fcharffinnigen Verfuchen mehrere hieher geh\u00f6rige ange-ftellt, wodurch er zuSchl\u00fcffen gelangt ift, welche den Pby-fiologen zwar \u00fcberrafchen, aber dem Anfchein nach fo gut M. d. Archiv. II. 2.\tX.","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"gegr\u00fcndet lind, dafs Ile fehr allgemeinen Beifall erhalten haben. Er behauptet, dafs durch Zerft\u00f6rung des ganzen, oder des Halstheiles des R\u00fcckenmarks, die Th\u00e4tigkeit des Herzens unmittelbar fo gefchw\u00e4cht wird, dafs es nicht l\u00e4nger den Kreislauf unterhalten kann, w\u00e4hrend Zerft\u00f6rung des Gehirns ohne Einflufs ift. Hieraus fehiiefst er, dafs die Quelle des Lebens und der Th\u00e4-iigkeit des Herzens im R\u00fcckenmark ift. Nach ihm find die nach Zerft\u00f6rung des R\u00fcckenmarkes oder anderweitige Unterbrechung des Neryeneinfluffes \u00fcbrig bleibenden Bewegungen des Herzens, wodurch Haller und feine Nachfolger irre geleitet wurden, kraftlofe, zur Unterhaltung des' Kreislaufes unf\u00e4hige Bewegungen, welche denen \u00e4hnlich find , die in andern irritabeln Theilen durch angebrachte Reize, in diefem Falle das arterielle Blut, entfielien.\nUngeachtet ein Ausfchufs des Nationalinftituts diefe in feiner Gegenwart wiederholten Verfuclie v\u00f6llig genau fand, fo veranlafsten mich doch mehrere Verfuche, in denen -ich vor einigen Jahren die Th\u00e4tigkeit des Gehirns und R\u00fcckenmarks durch Opium und Tabak zerft\u00f6rte, an der Richtigkeit von le Gallois's Schl\u00fcffen zu zweifeln. Ich ftellte daher folgende Verfuche an.\nVerfuch I. Ein Kaninchen wurde durch einen Schlag auf das Hinterhaupt der Empfindung und willk\u00fchr-lichen Bewegung beraubt. Bei diefer Art des Todes er-lifcht das Atlnnen augenblicklich, allein die Th\u00e4tigkeit des Herzens und der Blutlauf dauern fort, und k\u00f6nnen ziemlich lange, wie zuerft Fontana, dann Chirac, Brodle, le Gallois und andere verbuchten, erhalten werden. Diefe Zerft\u00f6rung der Empfindlichkeit \u00e4ndert nichts am Reful-tate des Verl'uchs, mindert das Leiden und die Bewegungen des Thieres, nur wenn der Schlag fehr heftig ;:ift, zerrcifsen bisweilen betr\u00e4chtliche Gef\u00e4fse, immer einige, wodurch nat\u00fcrlich die Kraft des Kreislaufs gemindert wird.\nIn dielem Verfuche wurde der Kreislauf durch kiinftliches Athmen unterhalten. Das R\u00fcckenmark wurde vom Hinterhauptsloche bis zum Anfang der R\u00fcckenwirbel biofsgelegt, die Brufth\u00f6hle ge\u00f6ffnet, und der Herzfchlag regehn\u00e4fsig und betr\u00e4chtlich ftark gefunden. Hierauf wurde das blofsgelegte R\u00fcckenmark weggenommen, allein.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"ohne dafs die Th\u00e4tigkeit des Herzens im Oer in gfteil ge-ft\u00f6rt worden w\u00e4re. Nachdem hierauf das k\u00fcnfdiche Athmen h\u00e4ufig ausgefetzt worden war, fahen wir wiederholt die Th\u00e4tigkeit des Herzens lieh dadurch vermindern, auf Erneuerung deffelben dagegen wieder zunehmen. Hierauf wurde der Sch\u00e4del ge\u00f6ffnet, und das Gehirn v\u00f6llig weggenommen, ohne dafs die Bewegung des Herzens im geringften vermindert worden w\u00e4re. Nachdem wir das k\u00fcnftliche Athmen eine anfehnliche Zeit hindurch ausgefetzt hatten, h\u00f6rten die Kammern eine halbe Stunde nach Wegnahme des Gehirns zu fchlagen auf. Erneuerung des Athmens ftellte indeffen ihre Th\u00e4tigkeit mehrmals wieder her.\nVerfueh 2. Ein Kaninchen wurde durch Wegnahme eines Theils des Sch\u00e4dels und Anbringung von Opium auf das Gehirn f\u00fchllos gemacht, hierauf das R\u00fcckgrat zwifichen den Hals- und R\u00fcckenwirbeln, dann die Bruft-h\u00f6hle ge\u00f6ffnet, und die Th\u00e4tigkeit des Herzens durch k\u00fcnftliches Athmen erhalten. Ein gl\u00fchendes Eifen, welches im R\u00fcckenmark auf- und abgezogen wurde, \u00e4nderte die Bewegungen des Herzens nicht im Geringften ab.\nVerfueh 3. Da die vorigen Verbuche die Fortdauer des Kreislaufs nach Zerft\u00f6rung oder Wegnahme des . R\u00fcckenmarks vielleicht nicht geradezu erwiefen, fo wurden die folgenden angeftellt. Ein, blofs durch Durch-fchneidung des Stirnmnerven erfch\u00f6pftes Kaninchen wurde durch einen Schlag auf das Hinterhaupt f\u00fchllos gemacht, der Kreislauf durch k\u00fcnftliches Athmen erhalten. Hierauf wurde durch einen heifsen Drath der Halstheil des R\u00fcckenmarks zerft\u00f6rt, und deutlich nachher der Puls in den Kopfpulsadern beobachtet.\nVerbuch 4. Derfelbe Verbuch, nur mit der Ab\u00e4nderung wiederholt, dafs das ganze R\u00fcckenmark zerft\u00f6rt wurde, hatte genau daffelbe Refuhat.\nVerbuch 5. Der f\u00fcnfte unterfchied fleh vom vorigen nur durch Weglaffen des k\u00fcnftlichen Athmens. In beiden wurde derDrath erft nach oben gegen das Gehirn, dann nach unten durch das \u00fcbrige R\u00fcckenmark geftofsen, in beiden, als eine H\u00e4lfte des Halbes blol'sgelegt wurde, deutlich die Kopfpulsader fchlagerid gefunden, nur war\nX 2","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"im f\u00fcnften das ftofsweife aus ihr ftr\u00f6mende Blut weit dunkler als im vierten.\nVerfuch 6. Ein. Kaninchen wurde durch einen Schlag auf das Hinterhaupt f\u00fchl Jos gemacht, und das Athleten k\u00fcnft.licn unterhalten. Das R\u00fcckenmark wurde von der Sch\u00e4delgrundfl\u00e4che bis zum Anf\u00e4nge des Brufttheils weggenommen, und durch, den untern Theil ein gl\u00fchender Drath geftofscn. Die Kopfpulsader fchlug, und rothes Blut Iprang ftofsweifse fehr kraftvoll aus derfelben.\nVerfuch 7. Hier wurde das ganze R\u00fcckenmark durch einen gl\u00fchenden Drath zerft\u00f6rt, vor dem Oeffnen der Kopfpulsader kein lc\u00fcnftiiches Athmen hergeftellt, fo dafs das ftofsweife ausfliefsende Blut dunkel war. Auf Einblafen von Luft in die Lunge erfchien das ausfliefsende Blut aus heil- und dunkelrothem gemifcht.\nVerfuch g. Ein Schlag auf das Hinterhaupt machte das Kaninchen emplindungslos, aber nicht bewegungslos , fo dafs das Athmen fortdauerte. Wie im vorigen Verfuche wurde durch einen fehr heifsen Drath nach Oeffnung der Wirbelf\u00e4ule das R\u00fcckenmark zerft\u00f6rt. Einbringen deffelben in das Gehirn von der Wirbelf\u00e4ule aus, hemmte das Athmen augenblicklich. Zwei bis drei Minuten nachher wurde die Schenkelpulsader blofsgelegt. Sie fchlug deutlich, und ergofs, ge\u00f6ffnet, eine reichliche Menge dunkeln Blutes. Das k\u00fcnftliche Athmen r\u00f6thete in j Minute das Blut. Hierauf wurde die andre Pulsader ge\u00f6ffnet: atichiie ergofs eine Menge hellrothes Blut. Nachdem aus beiden Gef\u00e4fsen ungef\u00e4hr eine Unze geftr\u00f6rnt war, wurde das Lufteinblafenausgefetzt, und das Blut flofs wieder dunkel. Erneuertes Einblafen von Luft r\u00f6thete binnen Minute das Blut wieder. Es flofs aus beiden Pulsadern im Ganzen heben Minuten lang. Nachdem es drei Minuten geftanden hatte, und das k\u00fcnftliche Athmen fortgeletzt worden war, wurde eine Kopfpulsader ge\u00f6ffnet, aus welcher Ij Drachmen heiles Blut floffen. Eil!' Minuten nach Oeffnung der Schenkelpulsader h\u00f6rte das Blut aus der Kopfpulsader zu fliehen auf. Das meifte Blut war mithin ausgeleert ,s und das linke Herz faft ganz leer, das in ihm noch vorhandna hell. Das rechte Herz ftrotzte von dunkelm Blute.","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Verfuch \u00e7. Mehrere Verfuche zeigen, dafs der Kreislauf eben fo fchnell ohne, als mit Zerft\u00f6rung des R\u00fcckenmarkes ftockt, und der Blutverluft die Haupt-urfache feiner Hemmung zu feyn fcheint. Wird das Thier nicht vorher f\u00fchllos gemacht, fo fcheint auch der Schmerz Anlheil zu haben. Oft fand ich nach \u00fceffnung des Sch\u00e4dels und des R\u00fcckgrates den Kreislauf Bockend, ehe noch Gehirn oder R\u00fcckenmark beunruhigt worden waren, fr\u00fcher hei j\u00fcngern als altern Thieren, von denen jene \u00fcberhaupt fchneller in Folge jeder Verletzung zu fterben fcheinen als diefe. Vorz\u00fcglich ftockt der Kreislauf leicht, wenn, nachdem das Thier zu athmen aufgeh\u00f6rt hat, das k\u00fcnft-liche Athmen nicht l'orgf\u00e4ltig unterhalten wird. Immer mufs man nach Oeffnung der Knochenh\u00f6hlen fich, vor der Verletzung des Nervenfyftems, von der Fortdauer des Kreislaufes \u00fcberzeugen. Da durch diefen Theil des Ver-fuchs wenig Blut verloren geht, fo fanden wir die Karotiden immer nachher fchlagend, wenn lie vorher gefchla-gen hatten. Der Erfolg diefes Verfuches ift bei kaltbl\u00fctigen Thieren noch weit auffallender, wo der Blutlauf lange nach g\u00e4nzlicher Zerft\u00f6rung des Nervenfyftems be-fteht.\nVerfuch IO. Das Gehirn und R\u00fcckenmark eines Frofches wurden bis zum Ende des Brufttheils blofsgelegt. Bei Oeffnung der Brufth\u00f6hle fchlug das Herz lebhaft, und deutlich fahe man das Blut fich durch daffelbe bewegen. Der blofsgelegte R\u00fcclcenmarkstheil, hierauf das Gehirn, wurden weggenommen, ohne dafs lieh die Erfcheinungen der Blutbewegungen im mindeften \u00e4nderten.\nVerfuch II. Nach g\u00e4nzlicher Wegnahme des Gehirns und R\u00fcckenmarks eines Frofches bewirkte das Herz den Kreislauf ungeft\u00f6rt.\nIch habe fchon bemerkt, dafs nach der allgemeinen Annahme die Herzth\u00e4tigkeit nicht durch das Nervenfy-ftem abge\u00e4ndert wird, und in der That fcheint dies unm\u00f6glich, da wir g\u00e4nzliche Zerft\u00f6rung diefes Syftems ohne allen Einflufs darauf faiden. Doch vernichte ich aus mehrern Gr\u00fcnden auszumitteln, wie Reize auf das Herz wirken, weiche fo an das Gehirn und R\u00fcckenmark gebracht werden, dafs die willk\u00fchrlichen Muskeln nicht in. Th\u00e4tigkeit gefetzt werden, welche durch Befchleunigung","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\ndes Blutantriebes gegen das Herz oder durch anderweitigen Einflufs auf feineTli\u00e4tigkeit dasUrtheil \u00fcber die Wirkung des Reizes ungewifs machten.\nVerfuch 12. Ein Kaninchen wurde, wie gew\u00f6hnlich, f\u00fchl- und bewegungslos gemacht, die Th\u00e4tigkeit des Herzens durch k\u00fcnftliches Athmen erhalten, Gehirn und Halstheil des R\u00fcckenmarkes entbl\u00f6fst. Das Herz fchlug in der ge\u00f6ffneten Brufth\u00f6hle ftark und regelm\u00e4fsig. Weingeift, erft auf das R\u00fcckenmark, dann das Gehirn angebracht, vermehrte fogleich die Bewegung des Herzens pl\u00f6tzlich und bedeutend, unter beiden Bedingungen in gleich hohem Grade.\nVerfuch 13. Derfelbe Verfuch, nur wurde das ganze R\u00fcckenmark entbl\u00f6fst. Reizung des Ritcken-theiles befchleunigte die Bewegungen des Herzens faft, wo nicht ganz fo fehr, als Reizung des Halstheiles: Reizung des Lendentheiles nur in fehr geringem Grade.\nVerfuch 14. Nur der vordere Theil des Gehirns wurde blofsgelegt, das Kaninchen \u00fcbrigens auf diefelbe Weife zubereitet. Weingeift auf die entbl\u00f6fste Stelle angebracht , befchleunigte eben fo entfehieden die Bewegung des Herzens. Er wurde abgewafchen, und eine w\u00e4fferige Aufl\u00f6fung erft von Opium, dann von Tabak, angebracht, wodurch die Bewegungen des Herzens gleichfalls, doch weit fchw\u00e4cher, als durch Weingeift, befchleunigt wurden. Opium wirkte ft\u00e4rlcer als Tabak. Auf die erfte Wirkung beider folgte fchnell betr\u00e4chtliche Erlangfamung der Herzbewegung, fchneller und ft\u00e4rlcer nach dem Tabak. Wurde er abgewafchen, fo erh\u00f6hte lieh fogleich die Herzth\u00e4tiglceit : daffelbe gefchah, doch im geringem Grade, nach Abwafchen des Opiums. Weingeift hatte diefen fchw\u00e4chenden Erfolg wenig oder gar nicht, indem nach dem Verfchwinden feiner elften Wirkung die Herzth\u00e4tiglceit ungef\u00e4hr auf dcnfelben Grad als vorher zur\u00fcckkam.\nVerfuch 15. Der vorige Verfuch wurde bei einem kaltbl\u00fctigen Thiere wiederholt. Herr llaftings, der mich bei allen diefen Verfuchen unterft\u00fctzte , hatte gefunden, dafs der Hinterfufs eines Frofches in weniger als einer Minute durch Eintauchen in Opiumtinctur v\u00f6llig f\u00fchllos wird. Opium allein thut dies durchaus nicht; dagegen","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"entfteht diefe Wirkung fogleich durch blofsen Weingeift, und ift in der Einwirkung deffelben auf die Nerven des Theils begr\u00fcndet, indem fie eben fo fchnel] eintritr, wenn alleGef\u00e4fsft\u00e4mme am Herzen unterbunden werden. Bei Anwendung des blofsen Weingeiftes giebt das Thier heftige Zeichen von Schmerz, gar keine bei Opiumtinctur.\nNachdem auf diefe Weife ein Frofch empfindungslos gemacht worden war, wurde Gehirn- und R\u00fcckenmark blofsgelegt, und die Brufth\u00f6hie ge\u00f6ffnet. Das Herz fchlug kraftvoll. Weingeift an das R\u00fcckenmark, dann an das Gehirn angebracht, vermehrte fogleich die Herz-th\u00e4tigkeit bedeutend. W\u00e4fferige Aufl\u00f6fung von Opium und Tabak hatten, auf beide angebracht, v\u00f6llig denfelben Erfolg als beim Kaninchen. Bemerkenswerth ift, dafs die Bewegungen des Herzens durch Reizung des Gehirns und R\u00fcckenmarkes noch lange erweckt werden konnten, nachdem die willk\u00fchrlichen Muskeln nicht mehr dadurch erregt wurden.\nVerfuch l6. Wie der vorige, nur wurde der Hals-theil des R\u00fcckenmarkes und der untere Theil des Gehirns weggenommen , und nur der zwifchen den Augen liegende Theil des Frofchgehirns gereizt. Weingeift, Opium und Tabak befchleunigten die Bewegungen des Herzens liier eben fo fehr, als wenn fie auf das ganze Gehirn und R\u00fcckenmark angebracht worden w\u00e4ren. Opium und Tabak an den untern Theil des R\u00fcckenmarkes gebracht, bewirkten keine merkliche Vermehrung, wohl aber Weingeift.\nIn den vorigen Verfuchen faben wir, dafs betr\u00e4chtlicher Druck auf Hirn oder R\u00fcckenmark die Herzth\u00e4tigkeit wenig oder gar nicht \u00e4nderte. Die Th\u00e4tigkeit diefes Organs aber wurde noch lange nach Aufh\u00f6ren des Kreislaufs durch Reizung des Gehirns und R\u00fcckenmarkes erh\u00f6ht.\nNach den folgenden Verfuchen verh\u00e4lt fich der Darmkanal gerade wie das Herz.\nVerfuch 17. Ein Kaninchen wurde durch einen Schlag auf das Hinterhaupt der Empfindung beraubt, darauf das ganze R\u00fcckenmark durch einen heifsen Drath. zerft\u00f6rt. Vergleichende Verfuche mit andern Kaninchen zeigten hier die periftaltifche Bewegung des Magens und Darmes fo grofs als bei Integrit\u00e4t des Nervenfyftems.","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nWegnahme des R\u00fcckenmarkes oder des Gehirns, allein oder beider zugleich, hatte gleichfalls nicht den geringften Erfolg. Die Bewegung dauert fort, fo lange der Darmkanal warm bleibt, erh\u00e4lt lieh in den bedeckten Theilen, w\u00e4hrend die freien fchon ruhen. Wir verflachten, auszurnitteln, wie weit cliefe Bewegung durch Reizung des Gehirns uncl R\u00fcckenmarkes abge\u00e4ndert wird, allein wegen ihrer Unregelm\u00e4fsigkeit an und f\u00fcr lieh liefsen lieh keine fiebern Refultate erhalten. Oft fehlen lie lieh durch auf das Gehirn und R\u00fcckenmark angebrachten Weingeift zu vermehren. Luft, welche in die Brufth\u00f6hle dringt, verletzt die D\u00e4rme in ftarke krampfhafte Bewegung, welche allein fchon die Beftimmung der Wirkung von Reizung des Gehirns unlieber macht. Deshalb wurde der Unterleib unter lauem Waffe\u00bb ge\u00f6ffnet, allein dadurch entftanden noch ft\u00e4rkere Bewegungen,\nDie erfte -Reihe der erz\u00e4hlten Verfuche beweift die Unabh\u00e4ngigkeit der Kraft des Herzens von Gehirn und R\u00fcckenmark5 die zweite, dafs die Th\u00e4tigkeit des Herzens durch Reize erh\u00f6het wird, welche an irgend einen betr\u00e4chtlichen Theil des Gehirns oder R\u00fcckenmarkes angebracht werden , gleichviel, oh es der vordere Theil des Gehirns oder der Halstheil des R\u00fcckenmarkes ift. Dies liefs fich aus dem Urfprunge feiner Nerven im Voraus erwarten. Sagt man, dafs die Refultate diefer Verfuche einen Widerfpruch enthalten, fo erwiedre ich, dafs fielt die Thatfachen fo verhalten, von deren Wahrheit lieh jedermann felbft \u00fcberzeugen kann. T\u00e4glich vorkommende Erfcheinungen ftimmen damit \u00fcberein. Selten fehen wir die Th\u00e4tigkeit des Herzens durch Verletzung des Gehirns und R\u00fcckenmarks geh\u00f6rt, wenn nicht zugleich das Athrnen dadurch unterbrochen wird, und doch werden feine Bewegungen beft\u00e4ndig durch Gem\u00fcthsbe-wegungen abge\u00e4ndert.\nBei n\u00e4herer Unterfuchung der Erfcheinungen des Nervenfyfteiris findet man andre \u00e4hnliche Schwierigkeiten. Die Le Gallois'fehen Verfuche beweifen feltr deutlich, dafs Erregung der willk\u00fchrliehen Muskeln, eine Haupt-funetiorl des R\u00fcckenmarkes ift, und dafs es diefe unabh\u00e4ngig vom Gehirn vollziehen kann, indem fie nach Wegnahme des letztem gleich kraftvoll vor fich gehen, und","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"doch fehen wir t\u00e4glich durch Hirnverletzungen die Functionen des R\u00fcckenmarkes gefchw\u00e4clit. Wegnahme des ganzen Gehirns mindert die Bewegung der Glieder nicht im G\u00e8ringften, und doch bringt Verletzung des Gehirns oft Hemiplegie hervor, ja lie endigt oft augenblicklich das Leben.\nWelche der beftrittnen Meinungen auch die richtige fey, fo bleibt immer ein Widerfpruoh , zu deffen Beleidigung wir Grundf\u00e4tze auffuchen m\u00fcffen, die von den bisherigen v\u00f6llig verfehieden find. Folgende Verbuche deuten noch ein andres Beifpiel diefes anfeheinendenWider-fpruches an, und fcheinen auf das Princip, wovon das Ganze abh\u00e4ngt, hinzuweifen.\nVerbuch l8- Heftige Reizung des R\u00fcckenmarks eines Frofches brachte ftarke und wiederholte Zufammen-ziehungen der Muskeln der hintern Glieder hervor, fo lange als die Reize wirkten. Bei Unterfuchung des Zu-Itandes diel'er Muskeln fand ich fie v\u00f6llig ohne Erregbarkeit. Bekanntlich aber k\u00f6nnen alle Nerven des Gliedes eines Frofches durch, und nahe an ihrem Eintritte in die Muskeln abgefchnitten werden, ohne dafs die Erregbarkeit der letztem im Geringften gemindert erfchiene. .Da man vermufhcn k\u00f6nnte, dafs die Nerveukraft, welche in diefem Verbuche durch Reizung des R\u00fcckenmarkes er-bch\u00f6pft wurde, in den Muskeln nach Durchbchneidun\u00ab der Nerven verweilt, und fo die Erregbarkeit derbeiben erhielt, wurde der folgende Verbuch gemacht.\nVerbuch 19. M\u00ce1 teilt Durclifchiieidung aller Nerven der hintern Extremit\u00e4t eines Frofches wurde diefe v\u00f6llig gel\u00e4hmt. Die Haut wurde vom Unterfchenkel abgezogen, und Salz aufgeftreut; dies von Zeit zu Zeit erneuert, und dadurch zw\u00f6lf Minuten lang Zuckungen hervorgebracht. Nach diefor Zeit waren lie nicht mehr erregbar. Hierauf wurden die Muskeln der andern Extremit\u00e4t ohne Durchfehneidung der Nerven, auf die-felbe Weife behandelt. In zehn Minuten waren fie v\u00f6llip bewegungslos. Hierauf wurden auch die Nerven diefes Gliedes durchfchnitten, allein die Muskeln, welche mit Salz beftreut gewoben waren, hatten alle Erregbarkeit verloren. Bisweilen hindert, wenn die Nerven unverletzt lind, die Willk-\u00fchv. die Bewegungen, welche das Salz","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\ngew\u00f6hnlich hervorbringt. Nach dein Verlache zogen lieh die JMuskehi beider \u00fcberfchenkel auf Anbringung von Salz gleich ftark zufammen.\nMerkw\u00fcrdig ift es, dal's in diefern Verfuche die Muskeln, deren Nerven unverletzt waren, ihre Erregbarkeit am fchnellften verloren. Bei Wiederholung def-felben war der Erfolg noch auffallender, denn hier verlor ixe das unverletzte Glied in der H\u00e4lfte der Zeit.\nHieraus ergiebt lieh klar, dafs der Nerveneinflufs, weit entfernt, die Muskelerregbarkeit zu erhalten, lie wie andre Heize, erfeh\u00f6pft. Die Reizbarkeit ift daher eine eigne Kraft des Muskels. Und doch kann fie, wie wir eben Iahen, durch Ver\u00e4nderungen des Nervenfyftems v\u00f6llig zerft\u00f6rt werden. Aus demfelben Princip erkl\u00e4ren wir den anfeheinenden Widerfpruch in Beziehung auf die Th\u00e4tigkeit des Herzens. Wir iahen feine Kraft fo unabh\u00e4ngig von Gehirn und R\u00fcckenmark als die Th\u00e4tigkeit der erften Muskeln, auf welche das Salz angebracht wurde, deren Nerven zerft\u00f6rt worden waren5 allein, fo lange die Verrichtungen des Gehirns und R\u00fcckenmarkes an-dauern, wird die Th\u00e4tigkeit des Herzens fowohl als der willk\u00fchrlichen Muskeln durch Reize, welche auf dasNer-venfyftem wirken, abge\u00e4ndert. Die gr\u00f6fsere Nerven-inenge in den willk\u00fchrlichen Muskeln, erkl\u00e4rt lieh leicht aus der Bemerkung, dafs alle Reize, welche auf fie wirken, durch ihre Nerven geleitet werden, w\u00e4hrend das Herz nur bisweilen durch feine Nerven in Th\u00e4tigkeit gefetzt wird, indem fein gew\u00f6hnlicher Reiz fo unmittelbar als das Salz auf die Muskeln, und eben fo unabh\u00e4ngig vom Nerven-fyftem auf daffelbe einwirkt. Gewifs findet in allen die-lem nicht die geringfte Verfchiedenheit zwifchen der Muskelkraft des Herzens und der willk\u00fchrlichen Muskeln Statt, die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr Reize verl'chiedener Art ausgenommen, eine Verfchiedenheit, welche indeffen zwilchen den beiden H\u00e4lften des Herzens felbft heftsht.\nMan kann hier einwenden, dafs beim Schlagflufs die willk\u00fchrlichen Muskeln gel\u00e4hmt find , w\u00e4hrend das Herz wenig oder gar nicht in feiner Wirkfamkeit geh\u00f6rt wird. W\u00e4re dies wahr, fo liefse lieh der Einwurf nicht befeitigen, allein ich habe mehrmals bei kalt- und warmbl\u00fctigen Thieren den Zuftand der willk\u00fchrlichen Muskeln","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"OJ\u00ce\nbeim Schlagflufs unterfucht, und immer ihre Erregbarkeit unverletzt gefunden. Nicht ihre Kraft, fondera der lia erweckende Heiz ift beim Schlagflufs verloren. Die Zu-fammenziehungen des Herzens dauern fort, weil der Heiz deffelben zu wirken fortf\u00e4hrt, die wiflk\u00fchrlichen Muskeln feiern, weil ihr Reiz entzogen ift.\nDie vorigen Verfuche f\u00fchren uns zu Haller's Schlufs, dafs das Herz und die \u00fcbrigen Muskeln eine vom Nerven-fyftem unabh\u00e4ngige Erregbarkeit belitzen, allein lie f\u00fchren einen Schritt weiter, fofern lie erweifen, dafs alle Muskeln durch diefes Syftem gereizt werden k\u00f6nnen, wodurch die grofsen Einw\u00fcrfe gegen 1'ein Syftem befeitigh werden. Ja, man kann wohl den Gegenftand noch, weiter verfolgen. La Gallois's Verfuche bewiefen, dafs das R\u00fcckenmark unabh\u00e4ngig vom Gehirn feine Functionen vollziehen kann, und doch wirkt, wie bemerkt, das Gehirn auf das R\u00fcckenmark ein. So fteht die Erregbarkeit des R\u00fcckenmarkes mit dem Gehirn in derfolben Beziehung, als die der Muskeln zum R\u00fcckenmark und feinen Nerven, und wohl die aller Muskelnerven, von welchen einige vom Gehirn entfpringen, lieh aber zum Senforium genau wie die R\u00fcckenmarksnerven zu verhalten feheinen. Selbftie Gallois bemerkt, ungeachtet feine Verfuche zu einem entgegengefetzten Schluffe f\u00fchren, dafs das Gehirn auf das R\u00fcckenmark wie diefes auf die von ihm belebtenTheile zu wirken fcheint. Wir kennen das eigenth\u00fcmliche Gefch\u00e4ft des Gehirns, indem wir wiffen, dafs die geiftigsn Functionen durch Wegnahme deffelben verloren gelten. Das Nervenfyftem ift alfo dem fenforiellen oder geiftigen Syftem auf diefelbe Weife als das Muskelfyftem dem Nervenfyftem unterworfen, allein, wie das Muskelfyftem unabh\u00e4ngig vom Nervenfyftem be-fteht, fo befteht diefes unabh\u00e4ngig vom fenforiellen.\nDas Gefaxte wird lehr feb\u00f6n durch einen Blick auf die verfchiednen Thierklaffen erl\u00e4utert. In den niedrig-ften linden wir nur das Muskelfyftem ohne Nerven und Senforium. In den n\u00e4chftfolgenden Muskeln und Nerven, aber ohne Senforium. In den h\u00f6chften endlich find die drei Lebenskr\u00e4fte verbunden, jede nicht unmittelbar von der andern abh\u00e4ngig, alle aber fo vereinigt, dafs keine lange ohne die \u00fcbrigen bettelten kann. Die Art diefar Verbin-","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"352\ndung liegt am Tage, wenn wir bemerken, dafs alle durch den Kreislauf unterk\u00fcizt werden, welcher unmittelbar durch das Muskeli'yItem erhalten wird und nicht ohne das Athmen beftehen kann, dafs diefes nicht vom Sen-forium, fondera, wie le Gallois gen\u00fcgend erwiefen hat, vom Nervenfyftem abh\u00e4ngt, welches unmittelbar unter dem Senforium fteht, und die verfch\u00eeedne\u00efi Bewegungen des Kreislaufs beherrfcht, aber nicht erzeugt. Der E in-'flu fs des Senforiums auf das Nervenfyftem felbft ift fo bedeutend, dafs feine Affectionen durch das Nervenfyftem auf einmal alle Lebensverrichtungen vernichten k\u00f6nnen. Freude und andere heftige Leidenfchaften t\u00f6dten fchnel-ler als es durch Erftickung m\u00f6glich ill, und alfo auf andre Weife als durch Hemmung des Athmens.\nVerluch 20. Folgende Verfuche erweifen das von der Lebenskraft des Herzens gefagte vollkommen. Wird der Kopf und die Wirbel faule eines Frofehes weggenommen, fo fchl\u00e4gt das Herz noch mehrere Stunden lang, und fcheint durchaus nicht unmittelbar durch ihre Entfernung angegriffen zu werden. Ganz verfchieden aber verh\u00e4lt es lieh, wenn man fehr fchnell und gewaltfam auf jene Theile einwirkt. Werden fie durch Zerfchneideu oder durch einen heifsen Drath zerft\u00f6rt, fo fchl\u00e4gt das Herz nach wie vor, werden iie aber pl\u00f6tzlich zerquetfeht, fo f\u00fchlt es die Erfch\u00fctterung augenblicklich. Die Bruft-h\u00f6hle eines grofsen Frofehes wurde ge\u00f6ffnet, undbeobach-tet, dafs das Herz den Kreislauf vollkommen und mit grofscr Kraft unterhielt. Hierauf wurde das Gehirn durch einen Hammerfchlag zerquetfeht. Sogleich erfolgten einige fehneile und fehwache Zufammenziehungen des Herzens. Darauf ruhte es \u00a7 Minute lang vollkommen. Hierauf kehrte der Herzfchlag zur\u00fcck, allein der Kreislauf fand nur fehr unvollkommen Statt. Nach IO Minuten war die Kraft deffelben fo weit hergeftellt, dafs der Kreislauf frei, aber doch weniger kraftvoll als vor der Zerft\u00f6rung des Gehirns Statt fand. Hierauf wurde ein Inftrument unter das Herz gebracht, und, nachdem ausgemittelt worden war, dafs dadurch feine Wirkung nicht geh\u00f6rt wurde, auch das R\u00fcckenmark durch einen Schlag zerquetfeht. Wieder fchlug das Herz einige Secunden lang fchwach und fchnell, und fchien nun feine Kraft ganz","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"333\nverloren zu haben; allein nach \u00a7 Minute fing es wieder zu fchlagen an, erlangte in einigen Minuten wieder bedeutende St\u00e4rke, und unterhielt den Kreislauf abermals, fchlug aber fchw\u00e4cher als vor Zerft\u00f6rung des R\u00fcckenmarkes. l| Stunde nach der Zerft\u00f6rung des Gehirns h\u00f6rte es v\u00f6llig zu fchlagen auf. Bei einem andern Frofche fchlug das Herz 9 Stunden nach g\u00e4nzlicher Wegnahme des Gehirns und R\u00fcckenmarkes, indem die Zufammenziehungen immer fchw\u00e4cher wurden.\nHiernach beh\u00e4lt alfo das Herz feine Erregbarkeit nicht nur lange nach Wegnahme des Gehirns und R\u00fcckenmarks, fondera kann diefelbe auch nach einer Zerft\u00f6rung derfel-ben, wodurch die Herzth\u00e4tigkeit gemindert, und faft ganz vernichtet wird, wieder fo weit erh\u00f6hen, dafs es die vorher erlofcbenen Verrichtungen wieder vollziehen kann, gerade wie der willk\u00fchrliche Muskel durch Ruhe feine Erregbarkeit wieder erh\u00e4lt, wenn gleich feine Nerven zerfchnitten find, wenn nur der Kreislauf fortdauert. Bichat hat fchon. gezeigt, dafs beim Frofche der Kreislauf in den Haarge-f\u00e4fsen noch nach erlofchener Herzth\u00e4tigkeit hefteht.\nVerfuch 21. Der vorige Verfuch kann nicht auf diefelbe Weife, doch eben fo befriedigend, an warmbl\u00fctigen Thieren angeftellt werden. Das Gehirn von zwei Kaninchen wurde durch einen Schlag zerft\u00f6rt. Sogleich fchlug das Herz fehr fchwach und zitternd. Bei einem andern wurde mit demfelben Erfolge der vordere Theil zerquetfcht. Um den Hals eines vierten wurde ein ftar-kes Band gelegt und der Kopf in dem Augenblick abge-fchnitten, wo es zugezogen ward. Das Blut wurde mit Ausnahme der durch Knochen gefch\u00fctzten Gef\u00e4fse durch das Band gef\u00fcllt. Eine bis zwei Minuten lang wurde der K\u00f6rper durch allgemeine Kr\u00e4mpfe ganz fteif, fo dafs kein Herzfehlag gef\u00fchlt werden konnte. Hierauf f\u00fchlten wir das Herz regelm\u00e4fsig und nicht fchneller als gew\u00f6hnlich, fchlagen. Alle diefe Kaninchen waren von gleichem Alter.\nVerfuch 22. Diefer Verfuch ift noch b\u00fcndiger. Der vordere Theil des Gehirns eines Kaninchens wurde durch einen Schlag zerquetfcht. Hierauf erftarrte diefelbe Seite Minute lang krampfhaft, w\u00e4hrend welcher Zeit ich eben fo wenig als nachher die geringfte Bewegung","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"durch Auflegen der Hand wahrnehmen konnte. | Minuten nach Zerq uetfchung des Gehirns wurde der Kopf ab-gefchnitten, kein Blut fpritzie hervor, und eine fehr geringe Menge Hofs aus den Gef\u00e4fsen. Um den Hals eines gleich alten Kaninchens wurde ein ftarkes Band gelegt, pl\u00f6tzlich zugezogen und der Kopf abgefchnitten. Hier erfolgte nur ein fchwacher Krampf und das Herz fchlug regelm\u00e4fsig ungef\u00e4hr | Minuten lang. Nach diefer Zeit wurde das Band gel\u00f6ft, worauf das Blut fo lange mit grofser Kraft, anfangs faft 3 Fufs weit, ausfpritzte, bis fait alles ausgefloffen war.\nVerfuch 23. Wegen der St\u00e4rke der Wirbelf\u00e4ule und der Lage der benachbarten Theile bei den Kaninchen, kann man lie nicht zerquetfchen, ohne auf den Zuftand des Herzens durch den Schlag unmittelbar einzuwirken. Die Wirbelf\u00e4ule wurde zwifchen den Hals- und Bruftwirbeln ge\u00f6ffnet, und pl\u00f6tzlich ein gl\u00fchender Drath durch den Halstheil geflohen. Sogleich wurde, wie in den/e Gal-loisfchen Verfuchen, die Kraft des Herzens aufserordent-lich vermindert\nMan fleht, dafs bei den vorigen Verfuchen mehrmals der Halstheil und andere Theile des R\u00fcckenmarkes ohne die geringite Wirkung auf die Bewegungen des Herzens langfam zerft\u00f6rt, oder ganz weggenommen wurden. Daraus ergiebt lieh leicht die Aufl\u00f6fung der von le Gallois (S. 119 ff.) erw\u00e4hnten Schwierigkeit. Wurde das ganze R\u00fcckenmark allm\u00e4hlich in kleinen St\u00fccken zerft\u00f6rt, fo erlitt das Herz nur eine verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig geringe Einwirkung ; wurde aber ein unheimlicher Theil davon pl\u00f6tzlich zerquetfeht, fo wurde feine Kraft fo vermindert, dafs der Kreislauf ftockte. So war auch der Erfolg in andern F\u00e4llen verfebieden, je nachdem die Verletzung allm\u00e4hlich \u00a9der pl\u00f6tzlich gefchah. So bemerkt er, dafs, wenn das R\u00fcckenmark nahe am Hinterhaupt durchfchnitteri, und ein Theil davon fogleich zerft\u00f6rt wird, der Kreislauf full fteht, wenn dagegen zwifchen der Durchfchneidung und Zerft\u00f6rung eenau deffelben Theiles einige Zeit veriiiefst, nicht unterbrochen wird.\nLe Gallois\u2019s Erlcl\u00e4rungsweife diefer Thatfachen ift wohl durchaus nicht ftatthaft und in der That mit feinen eignen S.\u00e4tzen.im Widerfpruch. Er fand, dafs Befchr\u00e4nkung","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"335\ndes Kreislaufes auf eine geringere Ausdehnung durch Unterbindung der grofsen Gef\u00e4fsft\u00e4mme in einiger Entfernung vom Herzen diefes Organ in den Stand fetzt, unter Umft\u00e4nden, den Kreislauf zu unterhalten, wo es aufser-dem unm\u00f6glich gewefen w\u00e4re. Aus dcmfelben Grunde haben Schriftfteller \u00fcber Entbindungskunde das Zufam-mendrncken, der Pulsadern anempfohlen, wenn das Herz durch Blutverluft zu fehr gefchw\u00e4cht ift. Aus diefem und andern Verfuchen fchliefst le Gallois, dafs, wenn das R\u00fcckenmark nach und nach in kleinen St\u00fccken zerft\u00f6rt wird, und hiedurch der Kreislauf in den dielen Abfchnit-ten entfprechendenTheilen gehindert wird, die Wirkung mit der durch Unterbindung hervorgebrachten \u00fcbereinkommt. Gefetzt nun aber auch, es w\u00e4re fo ficher erwiefen, dafs Zerft\u00f6rung des R\u00fcckenmarkes Hemmung des Kreislaufes in dem Theile , der von dem zerft\u00f6rten St\u00fccke aus mit Nerven verfehen wird, zurFolge hat, als \u00fcch, meiner Meinung nach, das Gegentheil erweitert l\u00e4fst, fo w\u00fcrde doch die-fe Erkl\u00e4rung mit le Gallois\u2019s erftem Satze im Widerfpruche feyn: \u201edafs der Anthcil von Kraft, welchen jeder Theil \u201e\u2019des R\u00fcckenmarkes dem Herzen giebt, wenigftens der \u201eKraft gleich kommt, deren er zu Unterhaltung des ,,Kreislaufes in den, diefem R\u00fcckenmarkstheile v\u00f6llig \u201e entfprechenden Theilen des K\u00f6rpers bed\u00fcrfte.\u201c Unterbindung der Gef\u00e4fsft\u00e4mme beraubt das Herz nicht im Geringften feiner angenommenen Nervenkraft. Werden, dagegen nach und nach Ahfchnitte fo weit zerft\u00f6rt, als matt annimmt, dafs dadurch der Kreislauf befchr\u00e4nkt werde, fo mufs dadurch auch, nach le Gallois, die Kraft des Herzens vermindert werden. Er bemerkt, dafs er, bis lieh ihm jene Erkl\u00e4rung darbot, entfchloffen gewefen fey, diefen Theil der Unterfuehung aufzugeben, und fagt, dafs er faft eben fo viel verfchiedne Refultate als Verhielte gehabt habe. Dies erkl\u00e4rt lieh leicht durch die Bemerkung, dafs man den Grad der Schnelligkeit, womit ein Theil des R\u00fcckenmarkes zerft\u00f6rt wird, und den welentlichen Einflufs diefes Umftandes auf das Reful-tat, nicht ber\u00fcckfichtigte. Man lieht auch, warum pl\u00f6tzliche Zerft\u00f6rung einer H\u00e4lfte des R\u00fcckenmarkes, nachdem es durchgefehnitten worden, nicht blofs den dazu geh\u00f6rigen Theil des Thieres, fondera auch die \u00fcbri-","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"556\ngen, todtetc, eine Thatfache, welche mit*le Gallois1 s Erkl\u00e4rung der eben betrachteten Erfcheinungen im geraden Widerfpruche lieht.\nIn le Gallois s Verfuchen wurde das R\u00fcckenmark immer mit einem Infiniment zerquetfcht, welches genau den Durchmeffer der Hohle der Wirbelf\u00e4ule hatte : in den vorerw\u00e4hnten Verfuchen wurde die 'Zerft\u00f6rung oder Entfernung dadurch bewirkt, dafs ein verbaltnifsm\u00e4fsig kleiner Drath fo lange darin bewegt wurde, bis alle Functionen aufh\u00f6rten, ein dem Anfchein nach kleiner Umftand, der aber das Refultat der Verbuche bedeutend ab\u00e4ndert, indem wir aus dem vorigen wiffen, dafs pl\u00f6tzliche Entfernung oder Zerft\u00f6rung des Gehirns oder R\u00fcckenmarkes ganz anders als allm\u00e4hliche wirkt.\nNach dem obigen find wir durchaus zu der Annahme berechtigt, dafs die periftaltifche Bewegung des Darmkanals denfelben Gefetzen folgt als die des Herzens, dafs lie v\u00f6llig vom Nervenfyftem unabh\u00e4ngig ift, indem fie, nach Wegnahme des Gehirns und R\u00fcckenmarks, bis zum Erkalten der Theile dauert. Aus gleichfalls (Verfuch 17.) angegebnen Gr\u00fcnden k\u00f6nnen wir nicht genau beftimmen, ob Heizung des Gehirns und R\u00fcckenmarks darauf Ein-flufs hat, allein wir wiffen, wie h\u00e4ufig fie durch Gem\u00fcths-bewegungen abge\u00e4ndert wird.\nFolgendes find die allgemeinften Refultate der angef\u00fchrten Verbuche:\n1)\tDie willk\u00fchrlichen Muskeln befolgen diefelben Gefetze als die unwillk\u00fchrlichen. Verfuch I \u2014 17. vergl. mit Verf. 18 und {9. S. auch die Bemerkung bei Verf. 19.\n2)\tDie anfeheinende Verfchiedenheit der Natur diefer Muskeln h\u00e4ngt von der Verfchiedenheit der auf lie einwirkenden Reize ab. Siehe Bemerkungen bei Verfuch 19,\n3)\tBeide k\u00f6nnen durch das Nervenfyftem gereizt werden. Verfuch 12 \u2014 16.\n4)\tDie Kraft von beiden ift vorn Nervenfyftem unabh\u00e4ngig. Verfuch I \u2014 8- 10, II, 17, 18, 19.\n5)\tDas Nervenfyftem befteht aus zweiTheilen, die nicht unmittelbar von einander abh\u00e4ngen. Der eine vollzieht die geiftigen Functionen, der andre leitet Eindr\u00fccke\nzu","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"33 7\nzu und vom Senforium, weg, und wirkt als Reiz auf das Muskelfyftem ohne ihm Kraft initzutheilen. Siehe Bemerkung zu Verfuch 19. Auch Verfuch I \u2014g, xo, ij\nlg, 19-\t.\n6)\tIn den vollkommenften Thieren findet lieh daher eine Verbindung von drei verfchiednen Lebenskr\u00e4ften, die nicht unmittelbar von einander abh\u00e4ngen , der Muskelkraft, der des eigentlich fogenannten Nervenfy-ftems, Nervenkraft, und der fenforiellen Kraft. Siehe Bemerkung zu Verfuch 19*\n7)\tDas Muskelfyftem ift zwar vom Nervenfyftem unabh\u00e4ngig, wird aber fo durch daffelbe beftimmt, dafs feine Kraft felbft vom Nervenfyftem aus zerft\u00f6rt werden kann. Verfuch I \u2014 8, IO. XI. Verfuch 18, 20, 23.\n8)\tMuskel- und Nervenfyftem ftehen, wenngleich unabh\u00e4ngig vom fenforiellen , doch fo fehr unter denselben, dafs lie von ihm aus zerft\u00f6rt werden k\u00f6nnen. Ver-fuch 8, io, II, 17. und die beiden letzten Abfchnitte von Verfuch 19, vergl. mit Verfuch 18, 20, 23.\n9)\tUngeachtet wir in den ttnvollkommenften Thieren nur das Muskelleben und Muskel - und Nervenleben, ohne fenforielles Lehen finden, fo lind lie in den voll-kommnern fo verbunden, dafs keines ohne die \u00fcbrigen be-ftehen kann. Siehe den letzten Abfehnitt bei Verfuch 19.\nio)\tErn\u00e4hrung, Kreislauf und Athmen lind die Verbindungsmittel derfelben.\nII.\nDie Richtigkeit von le Gallois\u2019s zuletzt erw\u00e4hnter Erkl\u00e4rung mehrerer 'Ph\u00e4nomene durch die Annahme dafs der Kreislauf in einem jeden Theile faft ganz aufh\u00f6rt, wenn der Tlieil des R\u00fcckenmarkes, von welchem er feine Nerven erh\u00e4lt, zerft\u00f6rt wird, ift leicht durch Verlache zu pr\u00fcfen.\nVerfuch I. Das R\u00fcckenmark eines Frofches wurde durch einen, von unten bis zum Gehirn gef\u00fchrten, und in der Wirbelf\u00e4ule hin und her bewegten Drath zerft\u00f6rt. Sogleich erfolgte F\u00fchl- und Bewegungsloligkeit und fcheinbarer Tod. Nach einigen Minuten wurde ein Theil der Schwimmhaut unter das Mikrofkop gebracht; der M, d, Ar\u00e7hiv. II. 2.\tIC","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"538\nKreislauf ging darin fo fchnell als bei einem gefunden Fro-fche von Statten. Hiebei mufs man nur bemerken, dafs das Anfarfen und Spannen der Schwimmhaut leicht die Blutbewegung in ihr ft\u00f6rt. Dafs diefer Verfuch an einem kaltbl\u00fctigen Thiere gemacht w\u00fcrde, ift gleichg\u00fcltig, da man fich nur an I. Verfuch 7. 8- zu erinnern braucht, wo nach v\u00f6lliger Zerft\u00f6rung des R\u00fcckenmarks die Karotiden pulfirten.\nLe Gallois\u2019s Arbeiten, wodurch einige Thatfachen von grofser Wichtigkeit feftgeftellt wurden, w\u00e4hrend andre, unmittelbar mit ihnen verkn\u00fcpfte, feiner Aufmerk-famkeit v\u00f6llig entgingen, haben den Gegenftand in fol-che Widerfpr\u00fcche verwickelt, dafs ich auf den erften Anblick einige feiner Verfuche f\u00fcr nicht genau hielt. Doch \u00fcberzeugte ich mich durch ihre Wiederholung vom Gegen-theil. In einigen vernichtete Zerft\u00f6rung des Halstheils des R\u00fcckenmarkes fogleich die Herzth\u00e4tigkeit, in andern hatte diefelbe, felbft betr\u00e4chtlichere auf andere Art unternommene Zerft\u00f6rung faft keinen Einflufs darauf. In einigen wurde der gr\u00f6fste Theil des R\u00fcckenmarks ohne Vernichtung der Herzth\u00e4tigkeit zerft\u00f6rt, in andern diefe vernichtet, als, nach Durchfchneidung des R\u00fcckenmarkes, die eine H\u00e4lfte deffelben zerft\u00f6rt ward.\nDie fcheinbaren Widerfpr\u00fcche in le Gallois\u2019s Verfu-chen k\u00f6nnen nur durch Feftftellung andrer, namentlich der am Schlufs des vorigen Auffatzes angef\u00fchrten Grund-f\u00e4tze ausgeglichen werden. Aus den dort angef\u00fchrten Verfuchen ergab fich deutlich, dafs Reize, welche auf das Gehirn und R\u00fcckenmark angebracht werden, die willk\u00fchrlichen Muskeln ganz anders als die unwillk\u00fcrlichen afficiren. Folgende Verfuche weifen die Art dieter Verfchiedenheit noch deutlicher nach.\nVerfuch 2. Der Sch\u00e4del eines Kaninchens wurde zum Theil weggenommen, und ein Drath in verfchied-nen Richtungen im Gehirn umhergedreht. Hiebei wurden die willk\u00fchrlichen Muskeln nur dann afficirt, wenn der Drath in die N\u00e4he des Urfprungs des R\u00fcckenmarkes und der Nerven gebracht wurde, wodurch heftige Kr\u00e4mpfe entftanden. Wegnahme des ganzen obern und untern Hiurtheiles hatte nicht den geringften Einflufs.","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"339\nNachdem ich ein Kaninchen durch einen Schlag auf das Hinterhaupt f\u00fchl- und bewegungslos gemacht hatte, um die Wirkungen eines, an das Gehirn angebrachten Reizes auf das Herz beurtheilen zu k\u00f6nnen, nahm ich einen Theil des Sch\u00e4dels weg, und \u00f6ffnete die Brufth\u00f6hle. Das Herz fchlug normal. Ein, nach allen Richtungen im Gehirn bewegter Drath befchleunigte und verft\u00e4rkte feine Bewegungen. In diefer Wirkung konnte ich keine Verfchiedenheit wahrnehmen, wenn der Drath gegen die Nervenurfpr\u00fcnge oder wenn er in irgend einer andern. Richtung bewegt wurde, wenn nur der getr offene Theil des Herzens gleich grofs war. Sanfter Druck auf die Oberfl\u00e4che des Gehirns hatte ungef\u00e4hr denfelben Erfolg. Einbringen einer Scheere oder irgend eines andern, gr\u00f6-fsern Inftruments in das Gehirn wirkte ft\u00e4rker als der Drath auf das Herz. Noch heftiger wirkte pl\u00f6tzliche Verwundung des Gehirns in mehrern Richtungen.\nVerfuch 3. Nach Wegnahme eines Theils des Sch\u00e4dels eines Kaninchens, und Einbringen eines Meffers in verfchiednen Richtungen gegen die Nervenurfpr\u00fcnge hin entftanden die heftigften Kr\u00e4mpfe. Das Blut wurde durch einen Schwamm entfernt, und ftarker Weingeift an die Oberfl\u00e4che und in die Schnitte gebracht, ohne dafs die willk\u00fchrlichen Muskeln im Geringften angegriffen wurden, Ohne Einflufs war auch die Wegnahme des obern Hirntheiles und das Eingiefsen von Weingeift in die Stelle deffelben.\nEin anderes Kaninchen wurde durch einen Schlag auf das Hinterhaupt f\u00fchl - und bewegungslos gemacht, der Sch\u00e4del zum Theil weggenommen, die Brufth\u00f6hle ge\u00f6ffnet. Das Herz fchlug regelm\u00e4fsig. Durch Anbringung von Weingeift an die Oberfl\u00e4che des Gehirns wurden feine Schl\u00e4ge fogleich befchleunigt und verft\u00e4rkt, noch mehr gefchahe dies durch Einfchnitte in daffelbe, und Eintr\u00f6pfeln von Weingeift in fie. Weingeift erh\u00f6hte die Th\u00e4tigkeit des Herzens weit mehr als mechanifche Verletzungen, die nie eine fo heftige Th\u00e4tigkeit in diefem Theile hervorbringen, als in den willk\u00fchrlichen Muskeln. Bei Wiederholung diefes Verfuches mit einer w\u00e4fferigen GpiumauUpfung war der Erfolg v\u00f6llig derfelbe, nur Ich wacher.\nY 2","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nAus mehreren Verfuchen an Kaninchen ergab lieh, dafs das Herz durch mechanifche oder chemifche Reizung des grofsen oder kleinen Gehirns in v\u00f6llig gleichem Grade angegriffen wurde, und dafs die willk\u00fchrlichen Muskeln durch Verwundung des kleinen nur dann in Th\u00e4tigkeit gefetzt werden, wenn man lieh dem Anf\u00e4nge des R\u00fcckenmarks und der Nerven n\u00e4hert. Bei einigen Verfuchen fchien die Bewegung des Herzens ft\u00e4rker durch Reizung des kleinen als des grofsen Gehirns befchieunigt zu werden , indeffen fand bei andern das Gegentbeil Statt,\nVerfuch 4. Mehrmals wurde der Kopf von Kaninchen in der N\u00e4he des Hinterhauptes weggenoimnen, wodurch Stamm und Extremit\u00e4ten einige Zeitlang in heftige Kr\u00e4mpfe geriethen. Das durchfchnittne Ende des R\u00fcckenmarkes war fo empfindlich, dafs die geringCte Ber\u00fchrung mit einem Drathe die erlofchenen Kr\u00e4mpfe wieder hervorrief. Dagegen brachte der ft\u00e4rkfte Weingeift und w\u00e4fferige Opiumaufl\u00f6fung diefe Wirkung nicht hervor, die indeffen durch Anbringen ft\u00e4rkerer chemifcher Reize, namentlich Schwefel- und Salpeterf\u00e4ure, erfolgte. In, einem andern , fchon angezeigten Verfuche , wo die Kaninchen f\u00fchl- und bewegungslos gemacht wurden, be-fchleunigte Opium und Weingeift, an das R\u00fcckenmark angebracht, die Th\u00e4tigkeit des Herzens.\nVerfuch 5. Ich fand bei Kaninchen und Fr\u00f6fchen, dafs, obgleich chemifche und mechanifche an das Gehirn oder R\u00fcckenmark angebrachte Reize keinen Einflufs mehr auf die willk\u00fchrlichen Muskeln hatten, dennoch die Herz th\u00e4tigkeit, durch die erftern mehr als durch die letztem, erh\u00f6het wurde.\nVerfuch 6. Ich verfuchte auf jede Weife, durch mechanifche Reize vor und nach Zerft\u00f6rung der Senil bil it \u00e4t, durch das Gehirn oder R\u00fcckenmark in Fr\u00f6fchen und Kaninchen unregelm\u00e4\u00dfige Bewegungen des Herzens zu erwecken, welche in den willk\u00fchrlichen Muskeln dadurch fo leicht entftehen, allein vergebens. Eben fo wenig gefchahe dies durch beruhigende Mittel. Seine Th\u00e4tigkeit wurde befchieunigt oder verlangfamt, vermehrt oder vermindert, erh\u00f6ht oder gefchw\u00e4cht, nie unregelm\u00e4fsig. Blols Zerquetfehung des Gehirns oder R\u00fcckenmarks hatte dielen Erfolg.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"'K '\u25a0 <1\n<*r' T l\nVerfluch 7* N\u00e4ch mehrern Verfluchen an Kaninchen und. Fr\u00f6fchen fand ich, dafs die willk\u00fchriichen Muskeln vorz\u00fcglich im Augenblick des Anbringens von Reizen an das Gehirn oder R\u00fcckenmark in Th\u00e4tigkeit geriethen. Im Allgemeinen mufste das Inftrument bewegt, und fo, um die Wirkung zu erneuern, an eine ueue Oberfl\u00e4che gebracht werden. Nur bisweilen dauern die Bewegungen der willk\u00fchriichen Muskeln unter der Form eines Krampfanfalls fo lange fort, als das Inftrument im Gehirn bleibt, wenn man es gleich fo ruhig h\u00e4lt, als die Bewegungen des Thiers es zulaffen. Dagegen h\u00e4lt die erh\u00f6hte Bewegung des Herzens fo lange an, als der chemifche oder mechanifche Reiz angewandt wird, ausgenommen, wenn er feiner Natur nach auf die reizende Wirkung eine beruhigende hervorbringt. Die beruhigende Wirkung ift fo durchaus nicht eine Folge der vorangegangenen Erh\u00f6hung der Th\u00e4tigkeit, dafs Weingeift und mechanifche Reize, welche jene Wirkung nicht haben, fondern das Her\u00ab, fo lange ihre Anwendung dauert, reizen, einen viel hohem Grad von Erregung hervorbringen als Tabak, auf deffen wenig reizende Wirkung fogleich die beruhigende in einem hohen Grade eintritt.\nAus diefen Verfuchen ergiebt fleh, dafs chemifche Reize, an das Nervenfyftem angebracht, auf das Herz ft\u00e4rker als mechanifche wirken, w\u00e4hrend die letzten ft\u00e4rker als die cbemifchen die Th\u00e4tigkeit der willk\u00fchriichen Muskeln erregen; dafs beide, an das Nervenfyftem angebracht, noch auf das Herz wirken, nachdem die willk\u00fchriichen Muskeln durchaus nicht mehr dadurch erregt werden; dafs Reizung irgend eines Theils des Gehirns und R\u00fcckenmarks das Herz gleichm\u00e4fsig erregt, willk\u00fchrliche Muskeln dagegen nur durch Anbringen von Reizen an den Urfprung des R\u00fcckenmarks und der Nerven in Th\u00e4tigkeit kommen; dafs an das Nervenfyftem angebrachte Reize nie unregeim\u00e4fsige Bewegungen des Herzens hervor bringen, w\u00e4hrend die dadurch in den Muskeln veranlafsten Bewegungen L\u00f6clift unregelm\u00e4fsig And 5 dafs lie auf die willk\u00fchriichen Muskeln vorz\u00fcglich in dem erften Augenblicke des Anbringens, auf das Herz w\u00e4hrend der ganzen Zeit deffelben wirken. Diefe Ver-fchiedenheiten in der Wirkung der auf das Nervenfyftem","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"angebrachten Reize m\u00fcffen erkl\u00e4rt werden, ehe wir das Verh\u00e4ltnifs zwifchen dem Nervenfyftem und dem Herzen einzufehen verm\u00f6gen.\nDie Urfache derfelben werde ich auf den folgenden Seiten auszumitteln und nachher ausfindig zu machen fuchen, ob die Kraft der Blutgef\u00e4fse, wie die des Herzens, vom Nervenfyftem unabh\u00e4ngig ift, und ob diefe unmittelbar von diefem Syftem, oder nur mittelbar durch das Herz beftimmt werden.\nAus mehrern Verfuchen wurde es mir walirfchein-lich, dafs chemifche Reize, an das Nervenfyftem angebracht, das Herz ft\u00e4rker als mechanifche reizen, weil fie ihrer Natur nach auf einen gr\u00f6fsern Umfang des Gehirns und R\u00fcckenmarkes wirken. Ift diefe Meinung richtig, fo w\u00fcrde das mechanifche Reizmittel das ft\u00e4rkere werden, wenn das chemifche auf einen geringem Umfang als jenes befchr\u00e4nkt w\u00fcrde.\nVerfuch \u00a7. Bei Kaninchen und Fr\u00f6fchen wurden an verfchiedne Tlieile des Gehirns und R\u00fcckenmarks, vorz\u00fcglich folchen, von welchen Nerven entfpringen, kleine Mengen von ftarkem Weingeift angebracht, ohne dafs dadurch die Bewegung des Herzens befchleunigt worden w\u00e4re. Dies gefchah dagegen, wenn viele Stellen durch kleine Weingeiftmengen ber\u00fchrt wurden , was alfo fo gut war, als w\u00fcrde der Weingeift auf einmal an eine grofse Stelle angebracht. Aus den vorigen Verfuchen ergab fielt, dafs mechanifche Reize, an irgend einen betr\u00e4chtlichen Tlieil des Nervenfyftems angebracht, die Th\u00e4-tigkeit des Herzens erh\u00f6hen, aus dem folgenden ergiebt lieh die Unm\u00f6glichkeit, dies durch mechanifche Reizung eines kleinen Theiles des Gehirns oder R\u00fcckenmarkes zu bewirken.\nVerfuch 9. Bei einem durch einen Schlag auf das Hinterhaupt gel\u00e4hmten Kaninchen wurden verfchiedene kleine Theile des Gehirns, vorz\u00fcglich folche, in deren N\u00e4he die Herznerven befonders zu entfpringen fcheinen, mit einem Drathe verwundet, ich konnte aber die Bewegungen deffelben dadurch nicht ab\u00e4ndern, ungeachtet Durchf\u00fchren des Drathes durch irgend einen betr\u00e4chtlichen Theil des Gehirns \u00fce befchleunigte.","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"343\nVerbuch I\u00d6. Ich \u00f6ffnete den Halstheil der Wirbelf\u00e4ule eines gel\u00e4hmten Kaninchens, und zog wiederholt .einen Drath in querer Richtung durch das R\u00fcckenmark, ohne dafs im Geringften die Bewegung des Herzens abge\u00e4ndert wurde. Dies gefchahe dagegen fogleich, als ich den Drath in der L\u00e4ngenrichtung durchzog, wodurch ein gr\u00f6fserer Theil des R\u00fcckenmarkes ber\u00fchrt wurde. Aus demfelben Grunde wurde durch fchnell hinter einander erfolgende Verwundung mehrerer kleiner Hirn- und R\u00fcckenmarkstheile die Th\u00e4tigkeit des Herzens fogleich erh\u00f6bet. Bei einem andern Kaninchen wurde das R\u00fcckenmark in der N\u00e4he des Hinterhauptes ohneEinflufs auf das Herz durchfchnitten.\nAls Herr Clift das R\u00fcckenmark eines Karpfen am Hinterhaupte durchfchnitt, fand er die Bewegungen des Herzens um einige Schl\u00e4ge bedeutend befchleunigt, allein als er dies that, war die Kraft der willk\u00fchrlichen Muskeln desThieres noch unverletzt, diefe aber treten immer durch Verwundung des R\u00fcckenmarkes in Th\u00e4tigkeit, und vermehren durch Verft\u00e4rltung des Blutumtriebes die Bewegungen des Herzens\nHienach alfo \u00e4ndert weder die Anbringung chemi-fcher noch mechanifcher Reize an das Nervenfyftem die Bewegungen des Herzens ab, wenn he nicht einen gro-fsen Theil deffelben ber\u00fchren. In den verfchiednen von mir erz\u00e4hlten Verbuchen wurde jeder Theil des Nerven-fyftems einzeln gereizt, ohne dafs das Herz dadurch in gr\u00f6fsere Th\u00e4tigkeit geralhen w\u00e4re, und, war der Reiz derfelbe, fo ftand der Grad feiner Wirkung auf diefes Organ immer im geraden Verh\u00e4ltnifs mit der Gr\u00f6fse der Oberfl\u00e4che, an welche er angebracht wurde.. Die Stelle des Gehirns, welche gereizt wurde, fchien v\u00f6llig gleichg\u00fcltig, und felbft oberfl\u00e4chliche chemifche oder mechani-fche Reizung befchleunigte die Herztli\u00e4tigkeit fogleich. Dagegen fahen wir die willk\u00fchrlichen Muskeln nur f\u00fcr Reizung der Theile des Nervenfyftems empf\u00e4nglich, welche hch in der N\u00e4he der Nervenurfpr\u00fcnge befinden. Merkw\u00fcrdig ift es, dafs, w\u00e4hrend ein Kaninchen feine\nl) Siehe diefes Archiv Bi. I. H. 4.","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"Empfindlichkeit vollkommen befitzt, und auf Verwundung der Muskeln lebhaften Schmerz bezeugt, es, wenn ein auch noch fo grofser Theil des Gehirns weggenommen wird, keine Spur davon ausdr\u00fcckt, bis das Meffer den Urfpi\u00fcngen der Nerven oder des R\u00fcckenmarkes gen\u00e4hert wird.\nEin andrer Umftand. der bei Auffuchung der Ur-fache der Vei fchiedenheit der Wirkungen von, an das Ner-Tcnfyftem gebrachten Reizen auf willkuhrliehe und unwill-k\u00fchr\u00eeiche Muskeln lehr beV\u00fcekfichtigt werden zu m\u00fcfCen Xcheint, ift, dafs das Herz f\u00fcr einen weit geringem Reiz empf\u00e4nglich ift als die willk\u00fchrlichen Muskeln. Diele werden nur durch die heftig! sen Reize angegriffen, w\u00e4hrend alle fogleich die Th\u00e4tigkeil des Herzens befehleuni-gon. Mechanifche Reli\u00e9, welche durch Zennahnmig und Zerfebneidung der Theile die gr\u00f6fstin\u00f6gliche Reizung hervorbringen, lind am niciften zur Erregung der wiil-k\u00fchrliehen Muskeln geeignet. Chemileiie follte man wegen ihres Einfluffes auf das Herz, zwar f\u00fcr die ft\u00e4rkften halten, allein ihre Wirkungen auf diefes Organ erkl\u00e4ren lieh leicht aus dem Verh\u00e4ltnifs zwifchen der Gr\u00f6fse ihrer Wirkung, und der ber\u00fchrten Oberfl\u00e4che, indem offenbar die fl\u00fcfiige Subftanz einen gr\u00f6fsern Umfang ber\u00fchrt als die fefte. Wird der mechanifche Reiz auf das ganze Ner-venfyftem angebracht, l'o bringt er weit gr\u00f6fsere Wirkungen hervor als der chemifche, wie lieh aus den Verhieben ergab, wo pl\u00f6tzliche Zerquetfehuug irgend eines Theiles des NeryenfyItems die Herr.th\u00e4tigkeit fogleich zerftorte.\nWir gelangen alfo zu dem Schluffe, dafs das Herz durch jeden Reiz erregt wird, der an irgend einen betr\u00e4chtlichen Tlieil des Nervenfyfreins angebracht wird, die w\u00fclk\u00f6lirlichen Muskeln nur durch harke, auf gewiffe kl eine Theile des Sylteins wirkende.\nHieraus erkl\u00e4ren lieh die \u00fcbrigen Verfchiedenheiten zwifchen den Wirkungen, welche auf das Nervenlyftem angebrachte Reize aul das Herz und die willk\u00fchrlichen Muskeln haben, leicht.\nUnregelm\u00e4fsige Bewegung eines Muskels entfteht, wenn Reize theilweife oder unterbrochen auf feine Nerven oder einen einzelnen Theil des Gehirns und R\u00fcckenmarkes wirken, von welchem die Nerven entfpringen.","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"345\nAllein theilweife Wirkung eines Reizes auf das Nerverify Item ift unf\u00e4hig, das Herz zu erregen, und, w\u00e4hrend er auf irgend einen Theil des Nervenfyftems angebracht wird, kann er, weil alle Theile deffelben auf das Herz zu wirken fcheinen, nicht ununterbrochen wirken, wie ein von einer Stelle des Gehirns zur andern bewegtes Infiniment auf die willk\u00fchrlichen Muskeln. Wird das in das Gehirn eingebrachte Inftrument ruhig gehalten , fo h\u00f6rt die Th\u00e4tigkeit der willk\u00fchrlichen Muskeln h\u00e4ufig auf, indem feine blofse Ber\u00fchrung mit dem Theile des [Nervenfyftems nicht hinreicht, ihre Th\u00e4tigkeit hervorzurufen. Hiezu wird Quetfchung oder Zerreifsung deffelben erfordert. Da die willk\u00fchrlichen Muskeln nur Eindr\u00fccke auf einen fehl* kleinen Theil des Gehirns empfinden, fo mufs der Eindruck im Verh\u00e4ltnifs zur Kleinheit diefes Theiles , grofs feyn ; das Herz dagegen , auf welches alle Theile des Nervenfyftems, wenn gleich keiner lehr kraftvoll, einwirken, f\u00fchlt alle auf daflelbe gemachte Eindr\u00fccke, wenn fie nur auf einen hinl\u00e4nglich grofsen Theil deffelben gefchehen, und deshalb dauert der reizende Eindruck fo lange fort, als das Werkzeug im Gehirn bleibt.\nZwar k\u00f6nnen wir, wenn gleich das Herz nur durch Dinge erregt wird, welche mit einer grofsen Oberfl\u00e4che deffelben in Ber\u00fchrung kommen, uns vorftellen, dafs fie auf eine Art angebracht werden , welche unregelm\u00e4fsige Th\u00e4tigkeit deffelben erzeugt, und finden in der That, dafs gewiffe Reizungen des Nervenfyftems diefe Wirkung haben; allein es ift deutlich, dafs, da das Herz keinen. Reizen unterworfen ift, deren Th\u00e4tigkeit lieh auf einen, kleinen Theil diefes Syftems befehr\u00e4nkt, und von allen. Theilen deffelben gleichm\u00e4fsig aflicirt wird, es weniger zu einer unregelm\u00e4fsigen Th\u00e4tigkeit geneigt ift. Unfirei-tig ift wohl diefes Organ, deffen regelm\u00e4fsige Th\u00e4tigkeit fo nothwendig ift, zum Theil aus diefem Grunde vom ganzen Nervenfyftem und nicht von irgend einem Theile deffelben abh\u00e4ngig.\nAus dem Gefagten ergiebt fielt wohl, warum die, welche durch Reizung der Herznerven oder der Hirn-theile, von welchen fie vorz\u00fcglich zu entfpringen fcheinen, Bewegungen deffelben hervorzubringen fuchten, fielt irrten. Ein Blick auf die Verbindung der Herzner-","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nven zeigt in der That, dafs das ganze Nervenfyltem auf das Herz einfliefst, nicht aber irgend ein befondrer Theil, ein Umftand, der mit dem Refultat der obigen Verfuche \u00fcbereinftimmt.\nAus denfelben Thatfachen erkl\u00e4ren wir, weshalb das Herz vom Nervenfyftem aus noch erregt wird , nachdem die Kraft des letztem fo gefunken ift, dafs die will-k\u00fchrlichen Muskeln nicht mehr auf Reize, die aufdaffelbe wirken, in Th\u00e4tigkeit gerathen. Da diele nur Reizen gehorchen, welche auf einzelne Theile wirken, fo kann die dadurch in einem folchen hervorgebrachte Ver\u00e4nderung, wenn fie felbft nicht ftark genug ift, keine Wirkung hervorbringen, weil lie durch keine andre unter-ft\u00fctzt wird. So weifs ich aus Verfuchen, dafs ein, das ganze Gehirn treffender, aber daffelbe nicht befonders verletzender Schlag eine verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig weit geringere Wirkung auf die Muskeln hervorbringt, weil kein einzelner Theil betr\u00e4chtlich leidet, wenn gleich das, die Summe aller Eindr\u00fccke empfindende Herz dadurch bedeutend angegriffen wird. Das Nervenfyftem kann alfo fo erfch\u00f6pft feyn, dafs es nicht mehr in die zur Bewegung der will-k\u00fchrlichen Muskeln erforderliche Th\u00e4tigkeit ger\u00e4th, und doch noch f\u00e4hig, in die zu treten, welche dasHerz erregt.\nAus den erz\u00e4hlten Verfuchen ergiebt lieh , dafs auf das Herz von einem jeden Theile des Nervenfyftems aus eingewirkt wird, und aus der erften Abhandlung, dafs der Darmkanal h\u00f6chftwahrfcheinlieh denfelben Gefetzen als das Herz folgt. Aus der Betrachtung der Lage der Nervenknoten und einer Zufammenftellung der Refultate aller obigen Verfuche find wir wohl zu dem Schluffe ge-n\u00f6thigt, dafs fie die Function haben, die Kraft der verfchiednen Theile des Nervenfyftems, von welchen fie Nerven erhalten, zu vereinigen und Nerven abzufenden, welche mit der vereinigten Th\u00e4tigkeit diefer Theile verfehen find. Ohne ein Mittel diefer Art w\u00e4re es unerkl\u00e4rlich, wie auf irgend ein Organ von allen Theilen des Nervenfyftems aus gewirkt werden k\u00f6nnte, indem wir wiffen, dafs keines von allen aus mit Nerven verfehen wird. Folgendes fcheint die Lage der Sache. Einige Theile werden von allen, andre nur","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"347\nvon gewiffen kleinen Punkten des Nervenfyftems aus afficirt. Unter letzterer Bedingung erhalten die Theila ihre Nerven unmittelbar von dielen kleinen Stellen, unter der erften dagegen, namentlich, wenn die Theile von allen Punkten des Nervenfy Items aus erregt werden, geht kein Nerv unmittelbar vom Nervenfyftem aus zu ihnen, fondern ihre Nerven entfpringen von Knoten , zu \u2022welchen Nerven von allen Theilen des Nervenfyftems gelangen. Directe Verfuche beweifen daher, dafs di\u00ae Gangliennerven die Kraft aller der Nerven, welche ficht in die Ganglien endigen, zu den durch fie verfehenen. Theilen leiten. Dies ift daher eine Function der Ganglien und in der That fcheinen lie keine andre zu haben. So fcheinen alfo die Ganglien und die fie verbindenden Nervenf\u00e4den, die man den grofsen fympathifchen Nerven genannt hat, ein Strom von Nervenkraft zu feyn, der von allen Theilen des Gehirns und R\u00fcckenmarks aus-fliefst, durch welchen die Organe verleiten werden, welche unter dem Einfluffe des ganzen Nervenfyftems ftehen. Diefe Anficht ftimmt mit den Bemerkungen der Anatomen, welche dem fympathifchen Nerven den Charakter eines Nerven abfprechen, und der Verfchieden-heit zwilchen den Ganglien - und den Hirn - und R\u00fcckenmarksnerven \u00fcberein. Man hat oft gefragt, warum einige Muskeln unwillk\u00fclirlich find: man hat geglaubt, dafs die Ganglien den Einflufs des Willens unterbrechen, allein die obigen Verfuche beweifen, dafs fie weder den Einflufs von reizenden noch deprimirenden Subftanzen hemmen, welche man an das Nervenfyftem anbringt. Der Mangel des Willenseinfluffes auf diefe Muskeln ift aber leicht erkl\u00e4rlich, wenn wir erw\u00e4gen, dafs fie bei ihrer gew\u00f6hnlichen Th\u00e4tigkeit Reizen gehorchen, auf welche wir keinen Einflufs haben, und dafs wir zu allen Zeiten ihre Bewegungen weder fehen, noch uns ihrer bewufst werden, mithin iie nicht leiten k\u00f6nnen.\nDie folgenden Verfuche wurden zu L\u00f6fung der Fragen \u00fcber die [Art der Abh\u00e4ngigkeit der Gef\u00e4fse vom Nervenfyftem angeftellt. Am heften fcheinen fich dazu die Haargef\u00e4fse der Schwimmhaut der Hinterf\u00fcfse von Fr\u00f6fclien zu eignen. Die Refultate meiner Verfuche ftim-menmit denen von Fontana, und Monro darin \u00fcberein, dafs","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nkalt- und warmbl\u00fctige Thiere denfelben Gefetzen gehorchen. Nur in gewiffen Uinft\u00e4nden weichen fie von einander ab, in allen \u00fcbrigen kommen fie v\u00f6llig \u00fcberein. Die folgenden Verfucbe f\u00fcllten nicht ohne Noth wiederholt werden, und w\u00fcrden bei warmbl\u00fctigen Thieren, weil fie nur am Gekr\u00f6fe angeftellt werden k\u00f6nnen, mit gr\u00f6fsern Schmerzen als bei kaltbl\u00fctigen Thieren verkn\u00fcpft feyn. Einige w\u00fcrden wegen der geringen Lebensz\u00e4higkeit der letztem gar nicht m\u00f6glich feyn.\nVerfuch II. Ein ftarkes Band wurde um den Hals eines Frofches gelegt, und der Kopf ohne den geringften Blutverluft abgefchnitten, weil Barker Blutverluft fo-gleich den Kreislauf in den Gliedern vernichtet, dann das R\u00fcckenmark mit einem Drathe zerft\u00f6rt. Unterm Mikrofkop fand fich der Kreislauf in einer der Schwimmh\u00e4ute mehrere Minuten lang ungeftorl andauernd. Diefer Verfuch hatte mehrmals denfelben Erfolg.\nHiernach behalten die Bhugef\u00e4fse nach g\u00e4nzlicher Zerft\u00f6rung des Nervenfyftems ihre Kraft. Um auszuinit-teln, wie weit fie mittelft des Nervenfyftems, unabh\u00e4ngig von irgend einer Einwirkung deffelben auf das Herz, gereizt werden k\u00f6nnen, ift zuerft noting zu beftimmen, oh die Gef\u00e4fse unabh\u00e4ngig vom Herzen die Blutbewegung unterhalten k\u00f6nnen.\nVerfuch 12. Um die grofsen Gef\u00e4fsft\u00e4mme eines Frofches wurde ein Band angelegt, und hierauf das Herz ausgefchnitten. Mehrere Minuten lang erhielt fich die Blutbewegung in der Schwimmhaut eines Hinterfufses kraftvoll, wurde aber dann allm\u00e4hlich fchw\u00e4cher. Bei fernerer Unterfuchung fand ich viele Schwierigkeiten, indem ich, um die Wirkung an das Nervenfyftem angebrachter Reize auf das Gef\u00e4fsfyftem auszumitteln, nicht nur das Herz entfernen und den Sch\u00e4del \u00f6ffnen, fondern auch die willk\u00fchrlichen Bewegungen des Thiers verhindern mufste, die beft\u00e4ndig vorlcamen, und beft\u00e4n-dig die Blutbewegung in den Gef\u00e4fsen befchleunigten.\nVerfuch 13. Ein Frofcl\u00bb wurde durch Eintauchen der obern K\u00f6rperh\u00e4lfte in Laudanum empfmdungs- und bewegungslos gemacht, dann, nachdem des Blutverluftes wegen ein Band um den Hals gelegt worden war, ein Theil des Sch\u00e4dels weggenommen. Nach Oeffnung der","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"349\nBrufth\u00f6lile wurden alle Gef\u00e4fsft\u00e4mme gemeinfchaftlich unterbunden. Allein, aller Sorgfalt ungeachtet, wurde durch diefe Vorbereitungsmittel der Kreislauf in der Schwimmhaut fo gefcliw\u00e4cht, das Blut bewegte lieh fo fchwach und unregelm\u00e4fsig, clafs ich nun zu keinem be-ftimmten Schlufs auf die Wirkung des an das Gehirn angebrachten Reizes kommen konnte, und deshalb nach mehrern fruchtlofen Bem\u00fchungen diefe Art des Ver-fuches unterliefs.\nUngeachtet fowohl das Herz als die willkuhrlichen. Muskeln den Einflufs von Reizen, die an das Gehirn angebracht werden, auch die Blutbewegung in den Schwimmh\u00e4uten fo ab\u00e4ndern, dafs, wenn die Wirkungen beider nicht verhindert werden, kein h\u00f6herer Schlufs gezogen werden kann, fo kann doch offenbar die Th\u00e4tig-keit des Herzens die Wirkung beruhigender Mittel niche erh\u00f6hen, und, da diefe Mittel die Kraft,des Herzens mindern, fo wird dadurch dasRefullat des mit der Schwimmhaut angel\u2019tellten Verfuches nicht abge\u00e4ndert werden. Eben fallen wir, dafs das g\u00e4nzliche Stocken der Herzth\u00e4-tigkeit eine betr\u00e4chtliche Zeitlang keinen Einflufs auf dia Blutbewegung hat. Folgender Verfuch fcheint \u00fcber dies Wirkung der niederfclilagenden und reizenden Mittel zu entfeheiden, fofern hier\u00fcber, fo lange die Th\u00e4tigkeit des Herzens bleibt, etwas entfehieden werden kann. Offenbar ift es f\u00fcr die Entfclieidung der Frage \u00fcber den Einflufs des Nervenfyftems auf die Blutgef\u00e4fse gleichg\u00fcltig, ob beruhigende oder reizende Mittel angewandt werden.\nVerfuch 14. Ein Theil des Sch\u00e4dels eines Frofches wurde weggenommen, die Schwimmhaut eines Hinter-fufses in das Feld des Mikrofkopes gebracht, und nun der Kreislauf in demfelben beobachtet. Hierauf wurde das Thier durch Eintauchen des andern Hmterfufses in Laudanum empfindungslos gemacht. Hierdurch wurde der Kreislauf in der Schwimmhaut nicht im Geringften abge\u00e4ndert. Weingeift hierauf an das Gehirn gebracht, befchleunigte ihn bedeutend. Denfelben Erfolg, nur im geringem Grade, hatten w\u00e4fferige Aufl\u00f6fungen von Tabak und Opium. Nachdem der Tabak ungef\u00e4hr \u25a0\u00a7Minute lang angebracht gewefen war, bewegte fich das Blut weit lang-","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nTamer als vor feiner Anwendung, Jfclineller, als er abge* wafchen wurde, wieder langfamer auf neue Anbringung deffelben. Mehrmals entftand derfelbe Erfolg.\nVerfuch 15. Diefer Verfuch ift eben fo entfchei-dend. Ein Frofch wurde durch Einfenkung feines Hin-tertheiles in Laudanum faft v\u00f6llig gel\u00e4hmt, hierauf ein Band um den Hals gelegt, ein Theil des Sch\u00e4dels weggenommen, und unterm Mikrofkop die Blutbewegung in der Schwimmhaut eines Hinterfufses fchnell gefunden. Ein ftarker Tabaksaufgufs, an das Gehirn angebracht, be-fchleunigte erft den Kreislauf, der aber in 5 Minute nachher langfamer wurde und bald ganz ftockte. Der Tabak wurde abgewafchen und nun erneute lieh die Blutbewegung mit betr\u00e4chtlicher Kraft. Diefer Wechfel wurde mehrmals mit demfelben Erfolge wiederholt, und endlich bemerkt, dafs , auch als nach Abwafchen des Tabaks der Kreislauf faft g\u00e4nzlich ftockte, die Schnelligkeit deffelben fogleich durch Anbringen von Weingeift an das Gehirn vermehrt wurde.\nVerfuch 16. Eben fo wenig als beim Herzen konnte ich die Bewegung der Blutgef\u00e4fse unregelm\u00e4fsig machen, fondern nur ihre Th\u00e4tigkeit erh\u00f6hen oder vermindern.\nDie von Thomfon in feinem Werke \u00fcber die Entz\u00fcndung bemerkten, und von ihm der Entz\u00fcndung zugefchrieb-nen Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten im Kreisl\u00e4ufe kann mayi \u00fcberall bemerken, wenn man die Gef\u00e4fse des unterm Mikrofkop liegenden Fufses etwas zufammendr\u00fcckt, ja he kommen auch ohnedies vor, wenn der Kreislauf zu ftocken anf\u00e4ngt. Dann erfolgt in demfelben Gef\u00e4fse ein Wechfel von Stillftand und Fortgang, Vor - und K\u00fcckw\u00e4rtsbewegung des Blutes. Oft beobachtete ich die Haargef\u00e4fse vom Anf\u00e4nge der Entz\u00fcndung bis zur li\u00f6chften H\u00f6he derfelben, wenn der Theil im Begriff ift, feine Lebenskraft zu verlieren, im Gekr\u00f6fe von Fifchen, der Schwimmhaut vonFr\u00f6fchen, denFloffen, von Fifchen, ohne die geringfte Unrege]m\u00e4fsigkeit wahrzunehmen, wenn die Gef\u00e4fse nicht gedr\u00fcckt wurden.\nDie Kraft der Blutgef\u00e4fse kann, wie die des Herzens, unmittelbar vom Nervenfyftem aus zerft\u00f6rt warden.","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"351\nVerbuch If* W\u00e4hrend lieh die Schwimmhaut des Hinterfufses eines Frofches unterm Mikrofkop befand, und, wie Herr Ha\u00dfings bemerkte, der Kreislauf kraftvoll vor lieh ging, wurde der Kopf mit einem Hammer zer-quetfcht. Sogleich ftand das Blut, fing lieh nachher zwar \u2022wieder zu bewegen an, aber langfam. Unvollft\u00e4ndig\u00ab Zerq\u00fcetfchung des Gehirns befchleunigt die Bewegung.\nVerfuch 18- Die Wirbelfaule eines Frofches wurde an ihrem untern Ende blofsgelegt, und, wie in le Gallois\u2019 s Verbuche, ein ungef\u00e4hr ihre H\u00f6hle f\u00fcllender Drath in diefelbe geftofsen, hierauf die Schwimmhaut eines Hinterfufses beobachtet und die Blutbewegung g\u00e4nzlich erlofchen gefunden. Bei einem andern Frofche (Verfuch I.) wurde das R\u00fcckenmark durch Einbringung und Hin- und Herbewegung eines weit kleinern Drathes zer-ft\u00f6rt. Der Frofch fchien bald v\u00f6llig todt, allein der Kreislauf fand kraftvoll Statt.\nFolgendes lind die Refuhate der erz\u00e4hlten Ver-fuche :\n1)\tReize, die an das Nervenfyftem gebracht werden , wirken auf willk\u00fchrliche und unwilllc\u00fchrliche Muskeln nach verfchiednen Gefetzen. Verfuch 2 \u2014 7.\n2)\tMechanifche und chemifche Reize, an einen betr\u00e4chtlichen Theil des Nervenfyftems angebracht, erh\u00f6hen die Herzth\u00e4tigkeit. Verfuch 2. 3.\n3)\tMechanifche und chemifche Reizung des Nervenfyftems erregt die willlc\u00fchrlichenMuskeln nur, wenn fie heh auf die Nerven- und R\u00fcckenmarkanf\u00e4nge erftreckt. Verfuch 2 \u2014 4.\n4)\tMechanifche Reizung des Nervenfyftems wirkt beffer auf die willk\u00fchrlichen Muskeln, chemifche beffer auf die unwillk\u00fchrlichen. Verfuch 2 \u2014 4.\n5)\tNachdem jede Reizung des Nervenfyftems die willk\u00fchrlichen Muskeln nicht mehr erregt, erh\u00f6ht lie noch die Herzth\u00e4tigkeit. Verfuch. 5.\n6)\tJede Reizung des Nervenfyftems bewirkt unre-gelm\u00e4fsige Tli\u00e4tigkeit der willk\u00fchrlichen Muskeln. Verfuch 2. 3. ff.\n7)\tWeder Reizung noch Anwendung beruhigender Mittel bewirkt dergleichen im Herzen, wenn man nicht","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nZerquetfehung des Gehirns als ein beruhigendes Mittel anfehen will. Verfuch 6.\n8)\tDie Erregung willkiihrlicher Muskeln findet vor-z\u00fcglich im Augenblick der Anbringung des Reizes Statt, die des Herzens dauert To lange fort, als der Reiz fortdauert. Verfuch 7.\n9)\tWillk\u00fchrliche Muskeln werden durch Reizung fehr kleiner Theile des Nervenfyftems erregt. Verfuch\n3 \u2014 4-\n10)\tKein Reiz auf einen kleinen Theil erregt das Herz. Verfuch 8 \u2014 IO.\n11)\tDas Herz wird durch einen weit fchw\u00e4chem Reiz erregt als die willk\u00fchrlichen Muskeln. Verfuch 3. 4. ff., und Bemerkungen nach Verfuch IO.\n12)\tDie Thatfachen von 9. 10. II. erkl\u00e4ren fich leicht aus den von I \u25a0\u2014 8 angef\u00fchrten. So auch die Bemerkungen hinter Verfuch 10.\n13)\tDie Kraft der Blutgef\u00e4fse ift, wie die des Herzens, vom Nervenfyftem unabh\u00e4ngig. Verfuch I. II.\n14)\tDie Blutbewegung wird durch die Gef\u00e4fse nach Wegnahme des Herzens unterhalten. Verfuch 12.\n15)\tDas Nervenfyftem hat auf die Blutgef\u00e4fse, wie auf das Herz, einen unmittelbaren Einflufs. Verf. 14. 15.\n16)\tWie beim Herzen bringen weder Reize noch niederfeb 1 agende Mittel, auf das Nervenfyftem angewandt, \u00abnregelm\u00e4fsige Th\u00e4tigkeit in den Blutgef\u00e4fsen hervor. Verfuch 16.\n17)\tDie Kraft der Blutgef\u00e4fse kann, wie die des Herzens, vom Nervenfyftem aus zerft\u00f6rt werden. Verlach 17. 18-\n18)\tDie Ganglien vereinigen die Kraft der ver-fchiednen Theile des Nervenfyftems , von welchen lie Nerven erhalten, und fenden Nerven ab, welche mit der vereinigten Kraft diefer Theile wirken.\n19)\tDer Wille hat keinen Einflufs auf unwilik\u00fchr-liche Muskeln, weil lie in den gew\u00f6hnlichen Verh\u00e4ltniffen auf Reize wirken, auf die wir keinen Einflufs haben, und wir zu keiner Zeit ihre Wirkungen fehen, noch uns ihrer bewufst werden, folglich he nicht leiten k\u00f6nnen.\n2\u00a9) Wahr-","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"355\n20)\tWahrfcheinlich bezieht lieh die Theilmig des Gehirns in grofses und kleines auf die geiftigen, nicht auf dieNervenfunctionen, da beide auf die willk\u00fchrlichen und unwillk\u00fchrlichen Muskeln gleiehm\u00e4fsig wirken.\n21)\tDie beruhigende Wirkung ift nicht Folge vorangegangener Reizung, fondern die Wirkung einer ge-wiffen Klaffe von Subftanzen.\nIX. Beitrag zur Gefchichte des Verfehens. Von\nKlein.\nIn Elias von Siebold\u2019s Journal f\u00fcr die Geburtsh\u00fclfa I. 2. lieferte ichfchon einige nicht unbedeutende Beobachtungen, welche f\u00fcr das Verfehen der Schw\u00e4ngern zu fpre-chen fcheinen ; die hier folgende reiht lieh an jene an, und ift, wenn ich nicht irre, keine der unbedeu-tendften.\nJohann M\u00fcller, ein Bauer von Hohnacker bei Waiblingen wird von einem Nachbar auf der Strafse derb gepr\u00fcgelt. Auf das entftandne Gefchrei fpringt die gerade im achten Monate fchwangere Frau des M\u00fcller heraus, und erfchrickt f\u00fcrchterlich, als fie ihren Mann mit feiner blau gefchwollenen zerfchlagenen linken Seite des Gerichts und Ohrs, mit feiner aufgequollenen herabh\u00e4ngenden Unterlippe und mit der gefchwollenen Nafe erblickt.\nIm neunten Monat gebahr fie ganz leicht ein M\u00e4dchen mit einer aufgequollenen Nafe und fehr aufgedunfe-nen herabh\u00e4ngenden blauen Unterlippe. Die ganze link\u00a9 H\u00e4lfte der Stirn bis in den behaarten Theil, \u00fcber di\u00a9 Augenlieder herab, und das obere Drittheil der Wang\u00a9 waren mit einem an einigen Orten \u00fcber einen halben Zoll dicken blaulichrothen fchwammigen, h\u00f6ckerigen Auswuchs bedeckt, fo dafs weder die Augenlieder, noch das Auge zu unterfcheiden waren. Aehnliche Ausw\u00fcchf\u00a9 waren auf der Gegend der linken Speicheldr\u00fcfe und.dem M. d, Archiv, II. 2.\t2","page":353}],"identifier":"lit14025","issued":"1816","language":"de","pages":"320-353","startpages":"320","title":"Versuche, um den Grund der Bewegung des Herzens und das Verh\u00e4ltnis zwischen diesem und dem Nervensystem auszumitteln: Aus den phil. Transact., 1815, P. 1, S. 65-97, P. 2, S. 224-246","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:19:05.708007+00:00"}