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{"created":"2022-01-31T16:18:57.275092+00:00","id":"lit14047","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Stiebel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 2: 557-568","fulltext":[{"file":"p0557.txt","language":"de","ocr_de":"Deutfehes Archiv\nf\u00fcr die\nPHYSIOLOGIE\nZweiter Band. Viertes Heft.\nI.\nlieber die Entwicklung der Teichhornfchnecke. Vom Dr. Stiebel in Frankfurt am Main.\nDie Grunclf\u00e4tze der Bildung organifcher Wefen und den Urtypus ihrer Form aufzufinden, iff wohl kein Weg lieberer, als die Beobachtung niederer Thierklaf-fen vom Punkte ihres Urfprunges bis zur \u00dfliithe, und die Betrachtung aus der allgemeinen Natur entftehender neuer Wefen, der Infuforien.\nDie Beobachtungen, welche ich \u00fcber die Entwickelung der Teichhornfchnecken anftellte, (vergleiche Meckels Archiv I. 3.) waren der Anfang zu einer Reihe von Verfuchen, die ich \u00fcber diefen Gegenftand vorhabe; allein, obgleich jene eilten Wahrnehmungen mit Beifall aufgenommen wurden , fo find fie doch unvollkommen. Die Refultate vielfach wiederholter Unter-fuchmigen will ich jetzt darlegen; und da ich nun auch parallele Verfuche \u00fcber die Entftehung der Infufions-thierchen und Pflanzen angefangen habe, fo wird die Vergleichung einige intereffante Punkte bieten.\nDie Teichhornfchnecken begatten lieh den ganzen Sommer hindurch, fo dafs man vom Monat Mai bis September Eier aus allen Entwickelungsperioden an Rohrbl\u00e4ttern und Steinen finden kann. Auch an die AI. d. Archiv. II. 4\u00bb\tD o","page":557},{"file":"p0558.txt","language":"de","ocr_de":"558\nGeh\u00e4ufe anderer Schnecken werden die Eier geklebt und fo herumgefchleppt.\nDie Rudimente der Schneckchen find, wenn man das 0\\ arium (vergl. Stiebe! Dill:, liftens Limnaei ftagnalis anatomen Tab. 1L. Fig. 5. h.) mit einem guten Mikios-kop unterlucht, fchon in diefem vorhanden; zwar nur als unregelm\u00e4fsige i\u2019ettartige Kl\u00fcmpchen, aber fchon vor der Begattung.\nEtwa fechs Stunden nach der Begattung findet man die Rudimente fchon im Oviduct (1. c. Fig. 5. g.), wo fie in Eih\u00e4ute eingefchloffen werden. Der Oviduct unbefruchteter Schnecken ift ein vielfach gewundener, leerer Schlauch, bei befruchteten findet man ihn mit jenen Keimen angef\u00fcllt. Zerreifst man den Oviduct unter dem Mikrofkop, fo fallen die Keime heraus und fchwitmnen dicht neben einander in einer Schleimmaffe; anfangs und zun\u00e4chft am Ovarium von keinem Ei bedeckt; fp\u00e4ter aber und zun\u00e4chft am Uterus von der Eihaut umh\u00fcllt, welche von einer losgehenden innern Schleimmembran des Oviductes ihren Urfprung erh\u00e4lt.\nHier tritt nun wieder eine Analogie zwilchen Ge-fchlechtsrheilen und Darmkanal ein (vergl. A. Meckel's bekannte Dilf.) *). Ich habe n\u00e4mlich beobachtet, dafs auch im Darmkanal der Schnecke best\u00e4ndig eine folche D ecidua gebildet wird, (1. c. p. 23.) welche die Excremente umgiebt, wie hier die Kihaut das Rudiment. Diefe Schleimhaut, aus welcher die Eier geformt werden, bildet anfangs, wie die des Darmkanals, eine zufammenh\u00e4ngende R\u00f6hre, die Form der Eier wird durch ft\u00fcckweife gleichm\u00e4fsige Zufammenziehung des Oviductes hervorgebracht, und die Art der Formation der Eier aus der Schleimr\u00f6hre ift \u00e4hnlich der Bildung kuglichter Faeces bei manchen Thieren. Die Schleim-\nl) De genit. et intefc. analogia. Hal, 1S10.","page":558},{"file":"p0559.txt","language":"de","ocr_de":"559\nr\u00f6hre des Oviductes verliert aber bei diefer Eierbildung ihren Zufammenhang nicht ganz, und dadurch erfchei-nen die Eier wie an einen Faden gereiht.\nAuch im Oviduct find die Rudimente einer weiteren Entwicklung f\u00e4hig als fie eigentlich darin erreichen loliten. Wenn ich n\u00e4mlich aus einer befruchteten Schnecke den mit Rudimenten angef.ijlten Oviduct herausnahm, fo erreichten die darin enthaltenen Keime das zweite und dritte Ent wiekei ungsftadium, und w\u00fcrden vielleicht noch weiter gekommen feyn, wenn nicht das Waffer den Oviduct aufgel\u00f6ft h\u00e4tte. Dies nmfs uns um fo weniger wundern, da einige in diefe Gattung geh\u00f6rige Oefch\u00f6pfe Viviparen find, und gerade bei dielen die Keime im Oviduct zur v\u00f6lligen Entwickelung kommen. Selbft bei h\u00f6heren Thieren finden wir ja Entwickelung in den Ovarien und den Trompeten,\nUeberhaupt fcheint nicht bei allen eierlegenden Thieren das Rudiment im frifchgelegten Ri auf gleicher Stufe zu ftehen, und es ift wahrfcheinlich, dafs auch hier ein allm\u00e4hlicher Uebergang in Bezug auf dieThier-ftufen Statt findet; dafs n\u00e4mlich das Gezeugte um fo vollendeter ausgebildet den Mutterfchoofs verl\u00e4fst, auf je h\u00f6herer Stufe die in Frage flehende Gattung in der Thierreihe ift. Je niederer das Thier, je einfacher, je weniger frei und felbftft\u00e4ndig, je mehr in Zusammenhang mit der allgemeinen Natur, defto fr\u00fcher fcheint es von dem Gleichartigen, Geb\u00e4hrenden unabh\u00e4ngig zu feyn, defto fr\u00fcher f\u00e4hig durch das allgemeine Naturleben weiter entwickelt zu werden, fo dafs das Unorganifche, das Infufionsbl\u00e4schen, feibft reines Product des Anorgifchen ift, wie weiter unten wahrfcheinlich wird. So ift z. B. das Rudiment im neugelegten Ei des H\u00fchnchens offenbar fchon weiter als in unferer Schnecke, und es w\u00e4re in .liefer R\u00fccklicht intereffant, das Verh\u00e4ltnifs der Rudimente in den\nOo 2","page":559},{"file":"p0560.txt","language":"de","ocr_de":"56'j\nfri fehgelegten Eiern verfchiedener Thiere zu vergleichen.\nSobald die Rudimente mit den Eih\u00e4uten bedeckt lind, wandern fie vom Oviduct durch einen eigenen Kanal (1. c. Tab. II. Fig. 5. d.) in den Uterus (Fig. c et b.) r und hier erhalten fie eine neue fie hisgefamrnt umh\u00fcllende und vereinigende Schleimbedeckung, die (lurch ein eigends dazu beitimmtes Secretionsorgan (Fig. c et e.) geliefert wird.\nSo erfcheinen nun die Eier, oft mehr als hundert an der Zahl in einer wurftf\u00f6rmigen Maffe, (T. 6. Fjg. 1 die vorn abgerundet ift, hinten aber, wo fie zuletzt die Vagina verliefs, fpitz zul\u00e4uft. Die Eier liegen hier in einer regelm\u00e4fsigen Ordnung, fie beftaheri aus einer feiten Schleimmembran, In weicher eine anfangs klare, fp.\u00e4ter immer tr\u00fcbere Fl\u00fcffigkeit, und an dem einen Ende der gelbe Punkt, das Rudiment enthalten ift. Oeffnet man das Ei mittelft einer iveratony .dsuadel, io iliefst lammt der Feuchtigkeit der gerbe Punkt heraus.\nIn der Fl\u00fcffigkeit des Eies habe ich (aber nur in den fp\u00e4teren Perioden, den 1 4ten bis i6ten Tag nachdem es gelegt war) manchmal Infuforien eigner Art (nie \u00fcber drei) gefeiten, die hier gewifs entftanden waren. Sie waren kugelrund, bewegten firh frei umher, zugleich aber immer um ihre Axe, fie waren etwa rien f\u00fcnfzehnten Theil fo grof.s als das zugleich tm Ei vorhandene Rudiment, diefes war immer f\u00fcr fein Aber ungew\u00f6hnlich klein, und das Infufionsthierchen fcliien fielt auf leine Unkoften zu ern\u00e4hren.\nDer gelbe Punkt, weicher dem unbewaffneten Auge kaum fichtbar ift, befteht unter ftarker Vergr\u00f6fserttng aus einer Menge kleiner K\u00fcgelchen ; wenn rnan ihn eine Zeitlang im VV after rnaceriren Fifst, fondern fich die einzelnen K\u00fcgelchen von einander, und fie fehen dann","page":560},{"file":"p0561.txt","language":"de","ocr_de":"561\ngerade aus wie die Bl\u00e4schen , welche zuerft im Waffer erfcheinen, wo fich Infufionsthierchen bilden.\nWenn man n\u00e4mlich frifchgefallenes Regenwaffer, von dem einzelne Tropfen unter dem Mikrofkope durchaus nur eine homogene WafferrnalTe zeigen, in einem bedeckten Glafe liehen l\u00e4fst, fo bemerkt man am zweiten und dritten Tage unter dem Mikrofkope ganz kleine Bl\u00e4schen, die anfangs wie Schaumbl\u00e4schen erfcheinen. Sie fammeln fich bald in kleinere und grofsere Mafien. Bringt man nun Sonnenlicht auf den Tr\u00e4ger, fo fleht man einzelne diefer Bl\u00e4schen fich lostrennen, und erft eine ganz langfame, dann immer fchnellere Rotationsbewegung \u2014 alfo auch hier wieder die erfte organifehe Bewegungsart \u2014> beginnen. Obgleich diefe Rotationsbewegung auch aufserhalb dein Sonnenlichte fortdauert, fo habe ich fie doch nie ohne diefes enlftehen fehen. Aehnlich nun diefen Bl\u00e4schen, \u2014. denn dafs es Bl\u00e4schen find, fcheint die Folge zu zeigen \u2014 find die, welche das Rudiment des Schneckchens zufummen-fetzen, und wie die Urbewegung des Organifchen die Rotation zu feyn fcheint, fo die Urform das Bl\u00e4schen.\nDiefer Bl\u00e4schenkliunpen (das Rudiment) ift zuerft eine uniforme Kugel und ohne Bewegung. Gegen den dritten oder vierten Tag aber entfteht an der Seite der Kugel ein dunkeier Punkt, um den fich nun die ganze Maffe bewegt. (Fig. 3.) Die Rotationsbewegung, <;ie anfangs fehr langfam ift, wird immer fchueller, befoti-ders im Sonnenlichte, fie ift anfangs gleichartig, je fchneller fie aber wird, dafto ungleichartiger wird auch der Umfchwung. Dadurch n\u00e4mlich , dafs der Punkt, \u2022 tun den fich das Ganze w\u00e4jzt, nicht in der M.fte der Kugel liegt, mufs derjenige Theil, der von oiefn Punkte entfernter ift, Uebrrgewicht bekommen. \u00a3. entfteht daher ein fchnellerer \u00dcinfehwung, w-.-u-i .,-j ^","page":561},{"file":"p0562.txt","language":"de","ocr_de":"562\nTheil vom h\u00f6chften Punkte abw\u00e4rts eilt, ein langfa-merer, wenn er von unten auffteigt. Durch diefen formelleren Umfchwung eines Punktes, und durch def-fen Uebergewicht wird Congeftion der K\u00fcgelchen nach diefemTheiie hervortreten, und rafchere Entwickelung , deffeJben bewirkt, und diefer Theil ift das Kopjende.\nAm fechften bis fiebenten Tage n\u00e4mlich (Fig. 4.) lieht man einen Theil der vorher gleichm\u00e4fsig runden Kugel hervorragen, kann diefen deutlich als Kopfende unterfcheiden, und das Ganze hat nun fchon mehr die kahnf\u00f6rmige Geftalt, unter der uns die Embryonen h\u00f6herer Thiere zuerft erfcheinen. Verm\u00f6ge diefer Her-vorragung des Kopfendes wird nun auch die einfache Bewegung eine zufammengefetzte. Der Umdrehungs-punkt liegt nun nicht mehr an der Seite, fondern auch mehr nach hinten; beim Umfchwung k\u00f6mmt daher der Kopf immer vor, und die Bewegung wird aufser der Rotation eine Kreisbewegung l\u00e4ngs der W\u00e4nde des Eies.\nIn den folgenden Tagen, (am neunten, zehnten und eilften) lieht man im Allgemeinen folgende Erfchei-nungen. (Fig. 5.) An dem Kopfende fangen die Bl\u00e4schen an zu turgesciren und mehrere in einander zu ver-fchmelzen, und fo gr\u00fcfsere durchiiehtige Blafen zu bilden. So beitancl der Kopf (Fig. 5. a.) aus ungef\u00e4hr f\u00fcnf grofsen Blafen ; zwei fchienen Anlage zu den Lippen, zwei zu den Tentakeln, eine zum Kopf. Von dem Kopfe nach dem hinteren Ende zu waren die Bl\u00e4schen immer kleiner und un,Jurchfichtiger.\nUeberhaupt bildete fich allm\u00e4hlich die Anlage zu allen Organen, wie fie nach einander entftanden, durch eine Turgescenz und Verfchmelzung der Bl\u00e4schen. Merkw\u00fcrdig ift hiebei, dafs auf diele vVeife die Skizzen zu den Organen vor der Enthebung irgend eines Biut-gef\u00e4fses vorhanden waren. Es fcheint alfo, dafs das","page":562},{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"563\nGeF\u00e4fsfyftem zu den Organen nicht in einem bildenden ; fondern nur in einem ern\u00e4hrenden Verh\u00e4ltniffe fleht.\nWenn man in diefem Zeitpunkt das aus dem Ei genommene Rudiment maceriren hi ist, fo trennen fich auch die Blafen von einander, erfcheinen aber, befon-ders am oberen Ende, acht bis zw\u00f6lfmal gr\u00f6fser als im erf ten En t wi ekel un g s ftacliu m.\nAehnlich diel'er. Bildung der Skizzen von Organen durch Turgescenz und Ineinanderfchmelzen der Bl\u00e4schen ift die Entftehung von Infufionsthierchen ans den vorhin erw\u00e4hnten rotirenden Bl\u00e4schen des Kegen waf-fers. Wenn n\u00e4mlich durch irgend eine Bewegung des Waffers zwei folcher rotirenden Bl\u00e4schen fich nahe kamen, rollten fie auf einander zu, vereinigten fich und fchmolzen in einander. Diele beiden fo in einander ge-floffenen Bl\u00e4schen blieben eine Zeit lang ruhig auf der Stelle ihrer Vereinigung, dann bewegten fie fich als vollkommenes Infufionsthierchen mit v\u00f6lliger Freiheit fort. Ob nun hier gerade durch den vereinten Gegen-fatz, der beiden Rotationen die fpontane Bewegung bewirkt wurde, auf welche Art und durch welches Gefetzt ift ein h\u00f6chft intereffantes Problem. Das auf diefe Art gewordene Thierchen zieht nun in feinem Umher-fchwimmen mehr und mehr folcher Bl\u00e4schen an fich, die anfangs blofs adh\u00e4riren, dann fich genau mit dem-felben vereinigen und verfchmelzen. So giebt es l.nfu-forien, die aus drei, f\u00fcnf, fieben Bl\u00e4schen gebildet find, und je gr\u00f6fser fie find, defto freier werden ihre Bewegungen.\nDie im Rudiment des Schneckchens durch Ver-fclimelzung und Turgescenz der Bl\u00e4schen enrltandenen gr\u00f6fseren Blafen f\u00fcllen fich nach und nach wieder mit kleineren Bl\u00e4schen, werden daher undurchfichtiger, darauf turgesciren und verfchmelzen fie wieder, werden wieder durchfichtiger, f\u00fcllen fich u. f. f. bis das","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"Ganze undurchfichtig bleibt. So yvie nun die Durch-fichtigkeit und Turgeseenz der Blafen von vorn nach hinten ging, fo wurde auch das Kopfende zuerft wieder undurchfichtig.\nAus diefer ganzen Art der Bildung der Organe geht hervor, dafs das Wachsthum der Theile fo wie des ganzen Thieres nicht ein blofses Aufnehmen von Colliquament ift ; fondern clafs diefe Aufnahme des Col-liquaments erft durch die Turgeseenz m\u00f6glich wird, und dies Verh\u00e4ltnifs mag in der Ern\u00e4hrung des fchon gebildeten Thieres fortdauern , wo die Arterien zwar das Colliquament zutreiben, die Aufnahme aber nur durch die Turgeseenz in den Organen, oder gleichzeitigen Abgang von Colliquament m\u00f6glich wird.\nGef\u00e4fse und Darmkanal fchienen faft zu gleicher Zeit lieh zu bilden. Am dreizehnten bis vierzehnten Tage n\u00e4mlich (Fig. 6.) fleht man da, wo das Kopfende zuerft aus der Bl\u00e4schenkugel hervortrat, zwei aus einer gr\u00f6fseren Blafenreihe behebende, Ligament\u00e4hnliche Str\u00e4nge (Fig. 6. b.), die dem Kopfe anh\u00e4ngen, und diele beiden Perlfchnur\u00e4hnlichen Ligamente find auf der linken Seite des Thieres der Anfang des Oefopha-gus, auf der rechten des Maftdarms, Die Kerben, wodurch diefe Bl\u00e4schen von einander getrennt find, ver-fchwinden bald, und die D\u00e4rme erscheinen als d\u00fcnne durchfichtige R\u00f6hren.\nDie Art diefer Bildung des Darmkanals ift nun ganz \u00e4hnlich der Enthebung der erften infunonspfian-zen. Oft iah ich n\u00e4mlich, wie eine Menge der im Regen wafier entftandenen Bl\u00e4schen lieh der L\u00e4nge nach eins an das andere reihten , und auch hier verleiiwan-den die Abtheilungen der einzelnen K\u00fcgelchen und es ward eine R\u00f6hre. Diefe der L\u00e4nge nach an einander gereihten K\u00fcgelchen kamen entweder zur Bewegung","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"565\nund waren dann Infu\u00fconsw\u00fcrmer J) (auf \u00e4hnliche Weife m\u00f6gen lieh die lnteftinalwiinner erzeugen) oder fie kamen nicht zur Bewegung und waren der Stamm zu einer Infufionspflanze, an der fich \u00e4hnliche ver-fchmelzende Bl\u00e4schenreihen in fpitzen Winkeln als Zweige anfetzten.\nDie Blutgef\u00e4fse, die jetzt anfangen hie und da ira Schnecken - Rudiment fichtbar zu werden, fcheinen anders zu entftehen. Die einzelnen gr\u00f6fseren Blafen, n\u00e4mlich die Anlagen zu den Organen, liefsen zwi-fchen einander ganz d\u00fcnne R\u00e4ume, in denen fich die kleinften K\u00fcgelchen fammelten. Diefe R\u00e4ume wurden zu Blutgef\u00e4fsen und waren vor irgend einer Pulfa-tion des Herzens da.\nZwei Tage fp\u00e4ter (Fig. 7.) erfchien der Dannkanal mehr ausgebildet (Fig. 7. b. c. e.), die erfte Spur des Magens als zwei grofse Blafen (Fig. 7. d.), die mit dem Darm zufammenhingen. Zugleich bemerkte man die erfte Spur des Herzens und feiner Pulfation.\nDas Herz (Fig. 7. g. G.) beftand aus einem ovalen Ringe ganz kleiner Bl\u00e4schen, die fich gegen den hohlen Raum in ihrer Mitte von der Seite her bewegten, und dann wieder von einander entfernten. Diefer Procefs der Syftole und Diaftole gleicht daher dem Anziehen und Abftofsen electrifcher K\u00fcgelchen, oder der Vereinigung zweier Kugelreihen, deren ungleichnamige Pole fich gegeneinander \u00fcber ft\u00e4nden, anz\u00f6gen\nl) Diefe Tnfufionsw\u00fcrmer lind ungleich an Gr\u00f6fse, und erreichen oft eine enorme L\u00e4nge, in vielfacher verfcltUnpiuj?, fo dafs he fich ;m L\u00e4ngenverh\u00e4ltnifs wohl den Hand ' fd-norn vergleichen la (Ten ; ihr vorderes Hude, weiches 'nr.u'rd.eli durch die Bewegung kennrl.ei. wird, fr / i\t:\t[;:er,\ndoch hat es foult weiter kein chaiakteni.rfcudts Zeichen.","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566\nund dann befreundet, gef\u00e4ttigt wieder abftiefsen. Die-fes den allgemeinen Naturgefetzen nach n\u00e4her verwandte organifche Bewegungsgefetz dauert wohl auch nachher in der Bewegung les vollendeten Herzens fort, und der Grund cliefer wird aus jener einfacheren erkl\u00e4rbarer. Wie aber diefer Bl\u00e4schenring blofs in fich und unabh\u00e4ngig von irgend einem bewegenden Nerven den Grund feiner Syftole und Diaftole hat, fo fcheint auch die Contraction des h\u00f6her gebildeten Herzens in einer Polarit\u00e4t feiner W\u00e4nde gegr\u00fcndet, und von der Ner-venkraft unabh\u00e4ngig zu feyn. Ferner wird es hiebei fowohl, als bei der Betrachtung der Bewegungsart des ganzen Rudiments deutlich, wie die zufammenge-fetzten thierifchen Bewegungen, felbft die wiilkiihrli-chen, aus einfacheren Naturbewegungen hervorgehen, denn zu derfelben Zeit geht die Rotationsbewegung und die im Kreife des Eies in eine freiere \u00fcber, die Rotationen werden immer langfamer, der Kopf wird nach verfchiedenen Seiten ausgeftreckt und wieder zufam-mengezogen, die Kreisbewegung im Ei gefchieht nicht mehr genau.\nDen zwanzigften Tag (Fig. 8.) hat fich der Bl\u00e4schenring, welcher die eri'ten Diiifationen zeigte, in eine l\u00e4ngliche pulfirende Blafe umgeltaltet (Fig. 8- g-) Das Herz ift jetzt noch einfach, doch lieht man von ihm ein bedeutendes Gef\u00e4fs (Fig 8- h.) abw\u00e4rts Reigen, welches an der Pulfation des Herzens Antheil nimmt. Der Magen (Fig. 8- d.) ift ausgebildeter, und durch die Lippen lieht man den Kopf fcheinen (Fig. 8- a). Noch fieht man keine Spur der Schale.\nAm 2 5ften Tage (Fig. 9. 10.) erfcheint die erfte Spur der Schale (Fig. 9. h. 10. e.), fie ift durchlichtig, und jetzt nicht, wie bei den erwachfenen Schnecken aus fibr\u00f6fem Gewebe behebend, fondern aus einer gleichf\u00f6rmigen glatten Membran.","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"567\nZugleich mit dem Herzen vollendet ift dasjenige Organ (Fig. 9. e.) welches ich in meiner Differtation (Tab. II. Fig. 5. e.) Organon luteum genannt habe, und welches Swammerdam bei Helix pomatia mit dem Namen Sacculus calcarius belegte. Dies Organ ift bei der neugebornen Schnecke verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig gr\u00f6fser als bei der erwachfenen. Dafs diefer Theil zu der Zeit vollendet ift, wo die Schalenbildung anf\u00e4ngt, fpricht f\u00fcr Swammerdam's Meinung, dafs es zur Bereitung des Kalkftoffes diene. Ich habe es damals f\u00fcr ein den Nieren \u00e4hnliches Organ gehalten. Sollten lieh diefe beiden Anfichten wohl vereinigen laffen, und fohlten die Nieren, felbft h\u00f6herer Thiere, an der Bereitung des Knochenfaftes Antheil haben? Dafs iie nur zur Harnabfonderung dienen ift unwahrfcheinlich, da kein Organ ein blofs ausfonderndes ift, und diejenigen, welche es zu feyn fcheinen, oft nur durch Abfonderung ausfondernd werden. F\u00fcr die Kalkftoff abfondernde Function der Nieren fpricht befonders die fo h\u00e4ufig und vorzugsweife in den Nieren und in den von ihnen ausgehenden Organen Statt findende Erzeugung von Kalkconcrementen, ja die Mifchung des Harns felbft, die Nebennieren w\u00e4ren dann wohl ein Colliquament-depot f\u00fcr die Nieren, und darum im Embryo verh\u00e4lt-nifsm\u00e4fsig gr\u00f6fser, weil liier die Knochenbildung vorz\u00fcglich Statt findet. Ferner, im Embryo m\u00f6gen die Nieren mehr abfondernd als ausfondernd wirken, im erwachfenen Thiere umgekehrt.\nDas Herz (Fig. 9. d.) beftehi: nun aus einer Dop-pelblafe, und feine Bewegung ift im Verh\u00e4ltnifs zu den fr\u00fcheren weit langfamer. Im Bl\u00e4schenring waren der Pulsfchi\u00e4ge f\u00fcnf und f\u00fcnfzig in einer Minute, 40 bei der einfachen Blafe, und nun kaum 30, noch weniger, oft nur ig bei den erwachfenen Teichhorn-fchnecken. Der Pulsfchlsg der Landfchnecken ift","page":567},{"file":"p0568.txt","language":"de","ocr_de":"568\nfchneller als fier der WalTerfchneckcn l). Bei den Land-fc'nt.'cken nimmt auch .lie Schnelligkeit desFulfes vom Fr\u00fchling gegen den Winter ab, fo dais fie im Winter-fchlaf fait gar keine Puliation haben.\nDas Gef\u00e4fslyf ern erfeheint nun vollendeter mit vielfachen Analimm--Da ; befonders il't ein foh\u00f6ner Ge-f\u00e4fskranz ficht bar (.Fig. 9. c.) an der erden Kr\u00fcmmung der Leber, wo (liefe v- m Darm umwunden wird.\nAuch die Relpirath ns.>rgane erfeheinen mehr ge-fondert von der allgemeinen Maffe. (Fig. 9. 10. b.)\nVon ilen Genitalien find nun auch die Uranlagen als groise Blafen am Ende der Leber (Fig'. 10. d.) vorhanden.\nUeber die Bildung der Nerven habe ich nichts beobachten k\u00f6nnen.\nVon nun an wird das Schneckchen immer un-durchfichtiger, fo dafs man nichts mehr l'ehen kann.\nGegen den 5sften Tag durchbrechen fie das Ei, verlaffen aber nicht fogleich die Schleimwurft ; fondera vermehren diefe. Das neugeborne Schneckchen ift fo grofs wie das Ei, feine Schule bernfteiufarbig und dreifach gewunden. Im Darrn find Faeces vorhanden, der Magen ift muskul\u00f6s und der Fufs fehl feft.\nM\u00f6gen t\u00fcchtige, gr\u00fcndliche Phyfiologen diefe Verfuche pr\u00fcfen und mir zeigen, worin ich vielleicht geirrt habe.\nl) Profeffor Hausmann in G\u00f6ttingen behauptet fehs- fein und richtig, das iuit-r denjenigen Thiergjttungen, von denen Arten zu Waffer und zu Lande vork\u00e4rnen, die Landthu-re immer auf einer h\u00f6heren \u00dfildungsftufe ftiinden.","page":568}],"identifier":"lit14047","issued":"1816","language":"de","pages":"557-568","startpages":"557","title":"\u00dcber die Entwicklung der Teichhornschnecke","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:18:57.275097+00:00"}