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{"created":"2022-01-31T16:13:56.311188+00:00","id":"lit14063","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Vogel, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 2: 644-648","fulltext":[{"file":"p0644.txt","language":"de","ocr_de":"64 4\nK\u00fcrzlich hatte ich auch Gelegenheit den Harnftoff-gehalt eines an der honigartigen Harnruhr leidenden Kranken, noch ehe die Krankheit durch Di\u00e4t oder Arzneimittel abge\u00e4ndert worden war, auszumitteln. Eine Weinpinte gab 651 Gr. feiten R\u00fcckftandes, von denen nur 16 Gr. oder Harnftoff waren. Durch die Einwirkung von Salpeterf\u00e4ure konnte ich keinen Harnftoff entdecken.\n6. Ueber die rofen farbige S\u00e4ure im Men fchenbarn. Von A Vogel. (Aus dem Journal de Pharmacie. Jan. 1806- Von neuem abgedruckt in Annales de chimie. Ar. 287.)\nAus den Analyfen, welche mehrere Chemiker angeftellt haben, geht hervor, dafs der Harn des gefunden Menfchen eine g r of sc Anzahl wefentlicher Be-ftandtheile enth\u00e4lt: dahin geh\u00f6ren die verfchiedenen phosphorfauren und falzfauren Salze , eine freie S\u00e4ure, der Harnftoff; aber diefelben Chemiker haben uns auch andere Subftanzen kennen gelehrt, die ihre Bildung nur gewiffen in der thierifchen Oeconomie vorkommenden Zuf\u00e4llen verdanken. Durch diefe entftehen die gelbe bittre Saure, der Zucker der Harnruhr und die rofen-Tarbige S\u00e4ure.\nAls Prouft die rothe Subftanz, welche unter dem Namen des ziegelvothen Sediments bekannt ift, unterluchte, fo bemerkte er, dafs lie f\u00e4hig war, die Kalien zu f\u00e4ttigen ; daher wurde lie in der Folge rofenfarbige S\u00e4ure genannt.\nProuft\u2019s Verfuche wurden von Vauquehn heft\u00e4tigt und erweitert.\nMehr als einmal habe ich diefen Stoff aus dem Harne ausgefebieden, wobei ich bemerke, dafs derfelbe lieh niemals vor oder w\u00e4hrend des Fiebers bildet: er erfcheint immer nur nach g\u00e4nzlicher Beendigung der Cri\u00fcs,\nNeulich hatte ich Gelegenheit, mir eine gr\u00f6fsere Menge rofenfarbige S\u00e4ure zu verfchaffen. Ein am Podagra leidender Kranker gab fie vierzehn Tage lang von lieh: er hatte die Gef\u00e4lligkeit, alie Morgen feinen","page":644},{"file":"p0645.txt","language":"de","ocr_de":"645\nHarn zu filtriren, und mir den pulverf\u00f6rmigen R\u00fcckhand, auf demFiltrum gefammelt, zu \u00fcberfenden. Binnen vierzehn Tagen erhielt ich 3l Grammen. (I Drachma.)\nKaltes Waffer l\u00f6ft diefe Subftanz nicht merklich auf, aber im kochenden Waffer verfchwindet lie faft g\u00e4nzlich. Die Aufl\u00f6fung ift br\u00e4unlich, und, fo wie lie erkaltet, fetzt lieh ein weifses Pulver ab. Die Fl\u00fcffigkeit, an Geruch dem Harn gleich, r\u00f6thet ftark die Lackmustinctur.\nSiedender Alkohol, von 40\u00b0 nach Baumes Areometer, l\u00f6ft diefe Subftanz merklich auf, doch nicht in fo grober Menge, als das liedende Waffer. Wird der Alkohol ab-gegoffen, und l\u00e4fst man den R\u00fcckhand zu wiederholten Malen voir neuem im Alkohol liedeu, fo f\u00e4rbt die Fl\u00fcflig-keit fich nicht mehr, und es bleibt ein weit blafferes Pulver zur\u00fcck , worauf der Alkohol nicht mehr zu wirken fcheint. Mach dem Austrocknen ift diefes Pulver beinahe weifs. Mit Salpeterf\u00fcure fch\u00e4umt es in der K\u00e4lte, und wenn man das Gemifch bis zur Trocknifs abdunftet, fo bleiben carmoifinrothe Schuppen zur\u00fcck, fo wie dies der Fall ift, wenn Harnf\u00e4ure mit Salpeterf\u00e4ure erhitzt wird.\nDiefe Weingeiftaufl\u00f6fung der rothen Subftanz wurde zur Trocknifs abgedampft: es bleibt ein rothes Pulver zur\u00fcck, das an der Luft nicht ver\u00e4ndert wird. Diefes halte ich f\u00fcr reine rofenfarbne S\u00e4ure, wovon die Harnf\u00e4ure durch den Alkohol ausgefehieden ift.\nMit diefer gereinigten S\u00e4ure ftellte ich folgende Vcr-fuche an.\nDie rofenfarbne S\u00e4ure l\u00f6ft lieh g\u00e4nzlich im Waffer auf: die Aufl\u00f6fung r\u00f6thet die Lackmustinctur, ohne jedoch das Kalkwaffer zu tr\u00fcben ; dies beweift, dafs darin keine Phosphorf\u00e4ure gegenw\u00e4rtig ift.\nSie l\u00f6ft lieh ruhig und ohne Aufbraufen in concen-trirter Schwefelf\u00e4ure auf, dadurch enthebt eine rofenfarbne Fl\u00fcffigkeit, welche nach Verlauf einiger Zeit dun-kelroth wird. Diefe Fl\u00fcffigkeit verliert ihre Farbe durch Zufch\u00fctten von Waffer, und es fchl\u00e4gt lieh ein weifses Pulver nieder. Derfelbe weifse Niederfchlag entheht auch durch Zufch\u00fctten von Alkohol. Das weifse Pulver ift beinahe unaufl\u00f6slich im Waffer, wenn es fo forgf\u00e4ltig","page":645},{"file":"p0646.txt","language":"de","ocr_de":"gewafchen wird, dafs ihm alle Schwefel Faure entzogen ift. Es befitzt alsdann alle Kennzeichen der Harnf\u00e4ure.\nWenn man die rofenfarbne S\u00e4ure mit einigen Tropfen Schwefelf\u00e4ure benetzt, fo erh\u00e4lt fie die Schattirung eines fchonen Roths.\nIn Schwefelf\u00e4ure, welche durch drei Theile Waffer Verd\u00fcnnt worden, zergangen,, bekommt das Pulver Anfangs eine fch\u00f6ne rothe Farbe, allein nach einiger Zeit wird es weifs, und der Harnf\u00e4ure gleich.\nTropfbarfli'if\u00fcge fchweflichte S\u00e4ure, mit der pulverigen S\u00e4ure gefch\u00fcttelt, wird fehr lebhaft roth, und diefe Farbe erh\u00e4lt lieh lange Zeit, ohne dafs die S\u00e4ure ihren Geruch verliert. L\u00e4fst man diefe mit der,fehwefiiehten S\u00e4ure gefch\u00fcttelte rofenfarbne S\u00e4ure austrocknen, fo zeigt fie lieh als ein fch\u00f6nes canninrothes Pulver, und beh\u00e4lt ihre Farbe.\nSobald Salpeterf\u00e4ure von 32\u201d auf die rofenfarbne S\u00e4ure gegoffen wird, fo enlfteht fogleich ein betr\u00e4chtliches Auffch\u00e4umen und eine lebhafte Entwicklung von Salpetergas. Das rothe Pulver verfehwindet, und eine gelblichweifse Subftanz bildet fielt. Wird die F\u00dciffigkeit zum Aufwallen erhitzt, fo l\u00f6ft fielt alles auf, und nach Lvngfanier Ahdunftung bleiben cartnoi fin rothe Schuppen zur\u00fcck, vollkommen gleich denen, welche man durch die Behandlung der Harnf\u00e4ure mit Salpeterf\u00e4ure erh\u00e4lt.\nNach Proiift entwickelt fielt viel Icohlenfaures Gas, wenn man Salpeterf\u00e4ure auf diefe S\u00e4ure giefst.\nDa allein die Salpeterf\u00e4ure ein l'otches Aufbraufen heryerbringt, fo kann die Entwicklung der Koblenf\u00e4ure und des Salpetergafes nur einer gegenfeiligen Zerfetzung der rofenfarbnen S\u00e4ure und der Salpeterf\u00e4ure zugefchrie-ben werden.\nEinfache Salzf\u00e4ure fcheint keine merkliche Einwirkung auf die Rofaf\u00e4ure auszu\u00fcben : das Pulver bleibt darin Zergangen, ohne an St\u00e4rke der Farbe zu verlieren, und nur nach Verlauf einiger Stunden wird es ein wenig graulich gelb.\nDie oxydirte Sal/f\u00e4ure entf\u00e4rbt das Pulver fehr rafch, und giebt ihm eine gelbe Farbe.\nWaffer mit gefchwefeltem WafferftofF gefchw\u00e4ngert, wirkt auf keine Weife auf die rofenfarbne S\u00e4ure : diefe","page":646},{"file":"p0647.txt","language":"de","ocr_de":"647\nbeiden Suhftanzen k\u00f6nnen vierzehn Tage in Ber\u00fchrung bleiben, ohne lieh zu ver\u00e4ndern. Doch nach Verlauf l\u00e4ngerer Zeit verfchwindet das rothe Pulver g\u00e4nzlich, und die Fl\u00fcffigkeit erh\u00e4lt einen faulichten ammoniakali-fchen Geruch.\nBenetzt man die rofenfarbne S\u00e4ure mit einer Barken \u00e4tzenden Kaliaufl\u00f6fung, fo erh\u00e4lt das Pulver fogleich eine graubraune Farbe, und es entwickelt licit viel Ammoniak. Diefe Verbindung der rofenfarbnen S\u00e4ure mit Kali ift ziemlich aufl\u00f6slich im Waffer.\nDie S\u00e4uren fchlagen daraus ein PulVer von graulich gelher Farbe nieder, und die rofenfarbne S\u00e4ure fchoint durch ihre Verbindung mit dem Kali eine Art von Zer-letzung erlitten zu haben: wenig Dens konnte ich durch eine S\u00e4ure nicht wieder die erite rothe Farbe liervor-bringen.\nFl\u00fcffiges Ammoniak, mehrere Stunden in Ber\u00fchrung mit der rofenfarbnen S\u00e4ure, verwandelt iic in ein gelbes Pulver. Das Ammoniak befindet, lieh in diefem Pulver mit der S\u00e4ure zu einem Salze verbunden, welches aufl\u00f6s-\u25a0licher im Waffer ift, als die rofenfarbne S\u00e4Ure f\u00fcr lieh. Durch eine andere S\u00e4ure wird die rofenfarbne S\u00e4ure aus der Aufl\u00f6fung diefes Ammoniakfalzes gefallet.\nBenetzt mit einer concentrirten faipeterfauren Silbcr-aufl\u00f6fung verliert das Pulver nach einigen Stunden feine Farbe und wird bouteiUengr\u00fcn.\nReine Harnf\u00e4ure, in einer Silberaufl\u00f6func zerlaffen. nimmt auch nach Verlauf einiger Zeit ein br\u00e4unliches Anfehen an. Salpeterfaures Queekfllber und falzfaures Zinn wirken nicht alfo auf die rofenfarbne S\u00e4ure.\nDie bezeichnendften Eigenfchaften, welche die un-terfcheidenden Kennzeichen diefer S\u00e4ure beftimmen, find alfo folgende :\n1)\tConcentrirte Schwefel Flure verwandelt fie in ein dunkelrothes Pulver, l\u00f6ft lie auf, und verletzt fie darauf\n\u25a0in den Zuftand eines weifseu, iin Waffer unaufl\u00f6slichen Pulvers, welches alle Eigenfchaften der llarnf\u00e4ure be-fitzt.\n2)\tSchweflige S\u00e4ure giebt ihr ebenfalls diefes lebhafte Roth, welches bei l\u00e4ngerer Einwirkung der S\u00e4ure an St\u00e4rke gewinnt, liaitbar und unver\u00e4nderlich ift.","page":647},{"file":"p0648.txt","language":"de","ocr_de":"<548\n3)\tSalpeterf\u00e4ure bildet lie ebenfalls in Harnf\u00e4ure um,\n4)\tIn einer falpeterfauren Silberaufl\u00f6fung zerlaffen erh\u00e4lt die rofenfarbne S\u00e4ure nach Verlauf einigerStunden eine graubraune Farbe, und nach 24 Stunden wird lie dunkelgr\u00fcn.\nMit der Harnf\u00e4ure tbeilt lie diefe Eigenfchaft bis auf einen gewiffen Grad.\nAhgefehen von der Farbe und der Einwirkung der Schwefelf\u00e4ure und fchwefligen S\u00e4ure, unterfcheidet lieh die rofenfarbne S\u00e4ure nicht viel von der Harnf\u00e4ure. In dem Uebergange von einer S\u00e4ure zur andern macht alfo die Natur keinen Sprung.\n7) Unterfuchung verfchiedner Harnarten. Von C. H. Nyften. (Aus deffen Recherches de Phy-fiologie et de Chimie pathologiques, \u00e0 Paris igii, p. 240 \u2014 265.)\nVor einigen Jahren unterfuchte ich mehrmals den Harn von Kranken, die an regelm\u00e4fsiger entz\u00fcndlicher Gicht litten, und fand immer Berthollet\u2019s Beobachtung, dafs derlei be am Ende des Anfalles bedeutend fauer fey, beft\u00e4tigt. Der anfehn\u00fcche ziegelfarbne Bodenfatz enthielt eine bedeutende Menge Harnf\u00e4ure, thierifche Subftanz, und wenig phosphorfauren Kalk. Indefs fand in Hinficht auf die S\u00e4ure diefes Harns zwifeben demfelben im Anf\u00e4nge und am Ende des Anfalles zwar ein grofser, aber doch nur ein gradweifer Unterfchied Statt, indem er auch im Anf\u00e4nge etwas lauer war. Dagegen fand ich, und gewifs mehrere Aerzte, den Harn bei mehrern chronifchen Leiden der Harnwerkzeuge lehr ammoniakalifch, zugleich dick, z\u00e4he, fehr fchwer durchzufeihen, den weifsen flockigen Bodenfatz gew\u00f6hnlich h\u00f6chft \u00fcbelriechend und aus einem reichlichen Antheil thierifcher Subftanz, plios-phorfaurer Ammoniakmagnefia und etwas phosphorfaurem Kalk gebildet. Aufserdem habe ich vorzugsweife den fogenannten entz\u00fcndlichen, den nervi)fan Harn, den tr\u00fcben, welcher in mehrern chronifchen Krankheiten, befonders der Wafferfucht gelafien wird, und, um einen genauem","page":648}],"identifier":"lit14063","issued":"1816","language":"de","pages":"644-648","startpages":"644","title":"Ueber die rosenfarbige S\u00e4ure im Menschenharn: Aus dem Journal de Pharmacie, Jan. 1806, von neuem abgedruckt in Annales de chimie, Nr. 287","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:13:56.311194+00:00"}