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{"created":"2022-01-31T12:31:28.859055+00:00","id":"lit14083","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Mayer, A. C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 3: 141-146","fulltext":[{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"141\nDiefe Verfuche, welche hei mehrern jungen M\u00e4nnern und Frauen mit demfelben Erfolg wiederholt wurden , erkl\u00e4ren das durch das kalte Bad hervorgebrachte W\u00e4rmegef\u00fchl und die \u00fcbrigen wohlth\u00e4tigen Folgen deffel-ben gen\u00fcgender, als bisher der Fall war.\nAus diefem Einfluffe der Nerven auf die Pulsadern geht ein bedeutendes Licht \u00fcber einige der wiehtigften Erfcheinungen im Organismus hervor. Verm\u00f6ge deffelben laffen diefelben Pulsadern in verfchiednen Zeiten lehr verfchiedne Blutmengen zu, und die Zufuhr deffelben zu den Abfonderungsorganen wird geregelt, woraus lieh die Gr\u00f6fse der Nerven f\u00fcr die Pulsadern der Eingeweide erkl\u00e4rt. Das Steifwerden der Ruthe und die Stockung von Abfonderungen in Folge gewiffer Gem\u00fcthszuft\u00e4nde find Wirkungen diefes Einfluffes der Nerven auf die Pulsadern. Der fchnelle Zuflufs des Blutes zu einem Gliede deffen Hauptpulsader unterbunden ift, durch die Neben-gef\u00e4fse , h\u00e4ngt von derfelben Urfache ab, und unftreilig h\u00e4ngt die Gerinnung des Blutes in dem, zu einem abge-ftorbnen Theile f\u00fchrenden Gef\u00e4fse davon ab, dafs die Nerven vorher ihren Einflufs darauf verloren haben. Von diefer Herrfchaft der Nerven \u00fcber die Pulsadern h\u00e4ngt Wachsthum, Wiedererzeugung und die Bildung der verfchiednen Gefchw\u00fclfte ab. Der Kreislauf h\u00e4ngt daher nicht blofs vom Herzen und der Spannkraft der Pulsadern ab, denn, k\u00f6nnen ihn gleich diefe allein unterhalten fi> wird doch der Nerveneinflufs erfordert, um die Verbreitung des Blutes in die verfchiednen Theile in dem Maafse zu regeln, als lieh das Bed\u00fcrfnifs der Zufuhr zum Behuf der Vorg\u00e4nge im Organismus \u00e4ndert,\nH. Befchreibung einer Bauchh\u00f6hlengeburt (partus abdominalis) bei einem Kaninchen (L. cuniculus) mit einer Abbildung. Von Dr. A. C. Mayer, Profeffor der Anatomie und Physiologie in Bern,\ngrofses robuftes graubehaartes Kaninchen weib-liehen Gefchlechtes , welches etwas \u00fcber ein halbes Jahr alt ftyn mochte , wurde f\u00fcr tr\u00e4chtig angefehen, und zu","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\neinem Verfuche beFtimmt. Es wurde ihm zu diefem Be. huf der Unterleib ge\u00f6ffnet, und da ich den Uterus gegen meine Erwartung im ungefchw\u00e4ngerten Zuftande antraf, fo wurde das Kaninchen mittelft Zerft\u00f6rung des R\u00fcckenmarkes get\u00f6dtet. Als ich dabei die Bedeckungen des Unterleibes fo weit ge\u00f6ffnet hatte, dafs die Eingeweide durch die Wunde hervortreten konnten, fo wurde durch die Bewegung des Thieres ein ovaler , gelblicher K\u00f6rper hervorgetrieben und herausgeworfen, was mit einer Schnelligkeit und Leichtigkeit gefchah, die den Schlufs erlaubte, diefer K\u00f6rper fey frei und ohne Adhaefion in der Bauchh\u00f6hle gelegen. Es fchien ein gallenfteinartiges Concrement zu feyn, und wurde bis nach Beendigung des Verfuchs bei Seite gelegt.\nAls diefer K\u00f6rper aber genau betrachtet wurde, fo erkannte man an ihm eine Art von Kopf, Augen, ganz deutlich die Rippen und andere Knochen, fo dafs es keinem Zweifel unterlag, man habe einen Kaninchenf\u00f6tus vor ffch\u00bb\nDiefer F\u00f6tusk\u00f6rper hatte die Geftalt einer grofsen Mandel, befafs eine ganz glatte Oberfl\u00e4che, war 15 Linien lang, und in der Mitte Linien breit, an beiden Enden zugefpitzt, und fo zufammengedr\u00fcckt, dafs der R\u00fccken und der Bauch einen fcharfen Rand bildeten, daher man hauptf\u00e4chlich nur zwei Fl\u00e4chen, eine rechte und eine linke, an ihm bemerken konnte. Man unter-fcliied zwar deutlich den Kopf, aber er war ganz in den Rumpf hineingedr\u00fcckt, und bildete, ohne dafs ein Hals wahrzunehmen war, ein St\u00fcck mit diefem. Die Extremit\u00e4ten fchienen ebenfalls nicht nur an den Rumpf angeprefst, fondern zum Theil in ihn hineingefchoben zu feyn. Das ganze Gebilde war mit einer weifsen durchlichtigen Haut \u00fcberzogen, welche die \u00e4ufsere Bedeckung deffelben bildete, und nach deren Abnahme einige kn\u00f6cherne Theile blofs lagen. Man fah an der Oberfl\u00e4che nirgends eine Spur von Gef\u00e4fsen, welche aus dem F\u00f6tus heraustreten oder in ihn lieh verlieren k\u00f6nnten. Deswegen wurde nun die Bauchh\u00f6hle genau unter* fucht, ob fleh etwa eine Stelle vorf\u00e4nde, mit welcher diefer K\u00f6rper zufammen gehangen hatte ; aber ich konnte durchaus keine Spur einer folchen Stelle linden, die h\u00e4tte","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"143\nf\u00efrmutlien laffen, dafs diefer F\u00f6tusk\u00f6rper irgendwo feft-geheftet gewefen w\u00e4re. Eben Io zeigten die Arterien und Venen des Unterleibes keine freien Aefte , welche f\u00fcr ihn h\u00e4tten beftimmt feyn k\u00f6nnen. Derfelbe lag fomit ganz frei und ohne Adhaeiion in der Bauchh\u00f6hle, und wie es fchien, in der linken Seite, der Richtung nach zu urtheilen, in welcher der K\u00f6rper aus dem Unterleibe durch die Wunde ausgeworfen wurde.\nDie Gefchlechtstheile des Kaninchens waren normal befchaffen, und im ungefchw\u00e4ngerten Zuftande. Die Ovarien hatten ihre nat\u00fcrliche Gr\u00f6fse und Befchaffen-heit. Der linke Eierftock befafs ein grofses und kleines Corpus luteum, der rechte zeigte ein einziges deutliches. Die Muttertrompeten waren durchg\u00e4ngig, der Uterus und die Mutterfcheide geh\u00f6rig gebildet, die Clitoris von gew\u00f6hnlicher Gr\u00f6fse, die Dritten am Eing\u00e4nge in die Mutterfcheide geh\u00f6rig befchaffen.\nNachdem die genannte \u00e4ufsere Haut hie und da weggenommen worden war, wurde die beifolgende Zeichnung entworfen.\nBei einer genaueren Unterfuchung fand ich nun die einzelnen Theile in folgender Lage und Befchaffenheit.\nAuf der rechten Seite kann man deutlich mehrere kn\u00f6cherne Theile unterfcheiden, welche zum Theil frei und blofs da liegen, zum Theil etwas aus der Maffe hervorragen. Namentlich bemerkt man deutlich an dem Kopfe das Scheitelbein, den \u00e4ufsern Geh\u00f6rgang, das Hinterhauptsbein, den Jochbogen und den Unterkiefer. An dem Rumpfe bemerkt man ferner das rechte Schulterblatt, 9\u201410 Rippen, und am untern Rande die zwei Knochen des rechten Vorderfufses, die Knochen der FuCswurzel und der Zehen. Andere kleine Kn\u00f6chelchen, namentlich vom Mittelfufs, fleht man hie und da zer-ftreut. Die gelbe Maffe, welche man bemerkt, erkenne ich nun bei n\u00e4herer Belichtigung f\u00fcr nichts anders, als fur die Placenta, und die weifse weggenommene Haut ift fomit das Chorion gewefen?\nAuf der linken Seite lieht man zwar wenige Knochen hervorragen, jedoch find die Knochen des Kopfes wieder deutlich zu Tage liegend, insbefondere der Jochbogen,","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\ndas Scheitelbein, Geborbein, Hinterhauptsbein und der Unterkiefer. Der Mutterkuchen l\u00e4fst lieh auf diefer Seite noch deutlicher bemerken.\nAn dem unteren Rande liegt fodann von der rechten vorderen Extremit\u00e4t der Oberarmknochen, neben den Knochen des rechten vordem Fufses, weiter nach oben bemerkt man die Ueberrefte der linken vorderen Extremit\u00e4t, welche mehr in der gelben Maffe verborgen liegen. Das linke Schulterblatt liegt ganz tief, ift aber noch ganz unverfebrt; der Oberarmknochen, der radius und die ulna End zufammengeprefst, und zum Theil gebrochen. Noch mehr in der Tiefe bemerkt man die Kippen der linken Seite und das Bruftbein nach vorw\u00e4rts. Die Beckenknochen End hinten deutlich zu f\u00fchlen. Die Knochen der hintern Extremit\u00e4t liegen aber in der Maffe theils verborgen, theils zerftreut an verfchiedenen Stellen in kleinen Tr\u00fcmmern umher.\nNicht nur die Knochen der Extremit\u00e4ten, fondent auch die Rippen der linken Seite und der Unterkiefer End an mehreren Stellen zerbrochen, und die Knochen-ft\u00fccke \u00fcber einander gefchoben. Die Knochen find grofs-tentheils von ihrer Muskeimaffe entbl\u00f6fst, welche vielleicht erft in fp\u00e4tern Zeiten von dem Serum der Bauchh\u00f6hle aufgel\u00f6fst und gleichfam verdaut geworden zu feyn fcheint. Wenn man auf der linken Seite die gelbe Maffe der Placenta aufhebt, fo bemerkt man ein dickes rothes Gef\u00e4fs, welches wahrfcheinlich die Nabelgef\u00e4fse bildete. Das Volumen des Mutterkuchens fehien nicht kleiner zu feyn als bei Geburten, die im Uterus ausgetragen werden. In dein ge\u00f6ffneten Unterleibe bemerkt man den Darmkanal , deutlich erkennt man die Leber, und in der Brufth\u00f6hle das welke Herz und die Lungen. Das Gehirn bildet eine fchneeweifse Subftanz, die getrock-net wie Kreide ausfieht. Beide Augen lieht man deutlich in den Augenh\u00f6hlen liegen, doch kann man an ihnen nichts weiter wahrnehmen als die Cornea, die Chorioidea und das Pigment. Der \u00e4ufsere Geh\u00f6rgang, die Nafenknorpel und die Maul\u00f6ffnung lallen lieh nicht verkennen.\nWir","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"145\nWir h\u00e4tten formt einen gut ausgebildeten aufser-m\u00fctterlichen \u00e4chten Bauchh\u00f6hlenf\u00f6tus vor uns. Sein Alter mag ungef\u00e4hr zvvifchen die dritte und vierte Woche\nfallen.\nVon der Lebensgefchichte des Mutierkaninchens \u00ab\u25a0Fuhr ich von dem Knaben, der mir daffelbe brachte, nur folgendes. Das Kaninchen fey halbj\u00e4hrig und habe noch nie geworfen. Er habe es immer abgefondert in einer Kifte gehalten, und feines Wiffens fey noch kein M\u00e4nnchen mit ihm zufammengekommen. Da er aber noch viele Kaninchen in dem n\u00e4mlichen Stalle hatte, fo ift an einer Zufammenkunft mit M\u00e4nnchen wohl nicht zu zweifeln. Das Kaninchen fey feit feiner Geburt immer gefund gewefen und er h\u00e4tte es n\u00e4chftens mit M\u00e4nnchen zufammenkommen laffen, wenn ich es nicht von ihm verlangt h\u00e4tte, der F\u00f6tus konnte l'omit noch nicht lange in diefem Zuftande im Unterleibe liegen.\nEs zeichnet fich gegenw\u00e4rtiger Fall von den meiften bisher beobachteten F\u00e4llen darin aus, dafs der F\u00f6tus ganz frei und ohne Anheftung in der Bauchh\u00f6hle lag. Vielleicht adhaerirte er in fr\u00fchem Zeiten, aber in fp\u00e4tern ficher nicht mehr, da lieh keine Spur von Anheftung im Unterleibe vorfand, und feine \u00e4ufsere Oberfl\u00e4che ganz glatt war. Auch fcheint er in der Bauchh\u00f6hle durch den Druck der muskul\u00f6fen Bauchwandungen und der Ged\u00e4rme hin und her geworfen worden zu feyn , daher feine Knochen verfchoben und zertr\u00fcmmert find.\nNabelgef\u00e4fse waren zwar vorhanden, aber fie gingen blofs in die Placenta, nicht \u00fcber fie hinaus, und aus der Unterleibsh\u00f6hle kamen ihnen nirgends m\u00fctterliche Ge-f\u00e4fse entgegen; der F\u00f6tus fcheint lieh daher blofs von dem fer\u00f6fen Tbau, der in der H\u00f6hle des Unterleibes fich nie-derfchl\u00e4gt, ern\u00e4hrt zu haben, und dennoch hatte er den Zuftand der Reife faft erreicht. Es fcheint hieraus zu folgen, dafs nicht nur ein unmittelbarer Uebergang der Gef\u00e4fse von der Mutter an die Placenta nicht nothwendig Xeye, fondern dafs auch Serum abfondernde Fl\u00e4chen dem F\u00f6tus hinreichende Nahrungsftoffe darbieten k\u00f6nnen, und die Abforbtion eine Hauptquelle feiner Ern\u00e4hrung fey. In andern F\u00e4llen,^ w\u00abrde ein Zusammenhang M. d, Archiv, III. I,\tK","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nder Gef\u00e4fse des F\u00f6tus und der von der Unterleibsh\u00f6hle der Mutter wahrgenommen. In dem Falle von Littr\u00e9 hing derfelbe an der Muttertrompete, die den entfliehenden gleiehfam noch erhafcht hatte1, in dem vom BromfielA am Colon und am Maftdarm, noch Andere am Bauchfell, am Eierftocke, am Gekr\u00f6fe, Netz, Magen und Zwerch-, feil u. f. f. Selbft Walters verfteinerter F\u00f6tus abdominalis fchickte Gef\u00e4fse an verfchiedene Stellen der Unter, leibsh\u00f6hle.\nAufser den Beobachtungen, welche bei Menfcheii gemacht worden find, traf man auch fchon im Unterleib\u00bb veri'chiedener Thiere Embryonen an.\nValisneri fand folche im Unterleibe eines Frofclies,\u2019 bei welchem doch die Ber\u00fchrung des Eies mit dem m\u00e4nnlichen Saamen aufserhalb dem K\u00f6rper des Thieres vor fich geht, und bei der Henne nicht feiten. Bei einem Affen fand man einen F\u00f6tus in einer Gefchwulft neben der Leber.\nMehrere folche Beobachtungen wurden an Schafen von Vater und Schermann, an einem Hunde, an Hafen, von Flott, Battlers und Rommel angeftellt.\nAllein die Befchreibungen find tbeils mangelhaft, theils fo abfurd, dais fie wenig Zutrauen verdienen.\nEs fcheint alfo nicht, dafs die Art und Weife, mit welcher beim Menfchen \u00f6fters der Zeugungsact vollbracht wird, welcher dabei nicht feiten weder auf die Stimme der Natur h\u00f6rt, noch an ihre Gefetze lieh bindet, die veranlaffencle Urfache zum Entfallen der Eierchen in di\u00bb Unterleibsh\u00f6hle , und zur Enlftehung der Bauchfchwan-gerfchaften fey.\nNoch k\u00f6nnte man behaupten, diefer F\u00f6tus fe\u00ff nicht von diefem Kaninchen geboren, fondern fchon vor feiner Geburt in ihm enthalten gewefen, und etwa durch Ver* fchlingung eines fchw\u00e4cheren Eies durch ein ft\u00e4rkeres,1 aus welchem das Mutterkaninchen felbft hervorgegangen fey, entftanden. Allein diefer Meinung fteht die mich fchwerlich tr\u00fcgende Beobachtung der gelben K\u00f6rperchen entgegen.","page":146}],"identifier":"lit14083","issued":"1817","language":"de","pages":"141-146","startpages":"141","title":"Beschreibungen einer Bauchh\u00f6hlengeburt (partus abdominalis) bei einem Kaninchen (L. cuniculus)","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:31:28.859060+00:00"}