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{"created":"2022-01-31T13:08:21.252997+00:00","id":"lit1411","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Ro\u00dfbach, Michael J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 90-98","fulltext":[{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Umwandlung der periodisch aussetzenden Schlagfolge des isolirten Froschherzens in die rhythmische.\nVon\nDr. M. J. Rossbach.\nAls ich mich in den Osterferien dieses Jahres w\u00e4hrend einiger Wochen in Leipzig aufhielt, fand ich in der physiologischen Anstalt den Apparat noch zusannnengestellt, dessen sich Lucianil) bei seinen Versuchen bedient hatte. Hierdurch war mir Gelegenheit geboten, nach den Ursachen der merkw\u00fcrdigen Erscheinungen zu suchen, deren Darstellung ihren Entdecker so dauernd gefesselt hatten.\u2014 Den folgenden Mittheilungen schicke ich die Bemerkung voraus, dass immer, wo ki ihnen das Wort \u00bbHerz\u00ab vorkommt, darunter ein solches zu verstehen ist, dessen Vorh\u00f6fe nach der Vorschrift Luciani\u2019s umschn\u00fcrt waren.\n1. Ueber den Einfluss des systolischen Herzdrucks auf die Gruppenbildung. \u2014 In einer ersten Reihe von Versuchen schaltete ich statt des Quecksilbermanometers ein Wasser- und ein Fick'sches1 2) Kautschukmanometer ein, um Klarheit zu erlangen ob die Last der Quecksilbers\u00e4ule, welche das Herz bei jeder Contraction zu heben hatte , so lange es mit dieser seine Bewegungen aufzeichnete, einen die Pausen-und Gruppenbildung bedingenden Einfluss aus\u00fcbe. Luciani hatte bereits gefunden, dass eine betr\u00e4chtliche und dauernde Steigerung des Drucks, den das Herz w\u00e4hrend der Diastole auszuhalten hat, den Eintritt der Erm\u00fcdung beschleunigt und die Pulscurven unregelm\u00e4ssig macht. Diese traumatischen Erscheinungen sah er nicht mehr schwinden, wenn der sie verur-\n1)\tDr. Luigi Luciani, Eine periodische Function des isolirlen Froschherzens. Arbeiten d. physiolog. Instituts zu Leipzig. 1873.\n2)\tDas Fick'sehe Kautschukmanometer ist beschrieben in einer unter Pick\u2019s Leitung ausgef\u00fchrten Arbeit von Badoud in der Zeitschr. d. phys.~ med. Ges. z. W\u00fcrzburg. Bd. 7/1874.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"194] Umwandl. d. period. Schlagfolge d.Froschherz, in rhythm. 91\nsachende hohe Druck wieder vermindert wird. Um auch \u00fcber den Einfluss des systolischen Druckes N\u00e4heres zu erfahren, hatte er mit dem Froschherzen durch einen Doppelweghahn zwei Manometer in abwechselnde Verbindung gebracht, eines mit weiterem, das andere mit engerem Lumen, und gepr\u00fcft, ob die Gr\u00f6sse der Systole zunimmt, wenn die Quecksilbers\u00e4ule im weiteren Manometerrohre weniger hoch getrieben wird. In Folge einer zu geringen Zahl von Versuchen konnte er zu keinem bestimmten Resultat gelangen.\nBei der von mir gew\u00e4hlten Anordnung der Versuche konnte man den systolischen Herzdruck beliebig erniedrigen und erh\u00f6hen, je nachdem man das freie Ende des Wassermanometers offen Hess oder in verschiedenem Maasse zuklemmte. Es trat hierbei allerdings noch ein zweites wichtiges Moment mit ins Spiel, das bei der Betrachtung der eintretenden Erscheinungen nicht ausser Acht gelassen werden durfte : die Erneuerung oder Sp\u00fclung des Herzinhaltes. Denn bei offenem Manometerrohr stieg selbstverst\u00e4ndlich die Fl\u00fcssigkeilss\u00e4ule bedeutend h\u00f6her als bei geschlossenem, und es war in ersterem Falle daher auch der Fl\u00fcssigkeitswechsel im Herzen ein gr\u00f6sserer.\nEs zeigte sich nun, dass an dem mit centrifugirtem, m\u00f6glichst klarem Kaninchenserum gespeisten Herzen die Gruppenbildung sowohl bei hohem (Quecksilbers\u00e4ule), wie bei niedrigem (Wassers\u00e4ule) systolischem Herzdruck auftrat. Aber bei niedrigem systolischem Druck war die Gruppenbildung eine viel regelm\u00e4ssigere, als bei sehr hohem; in letzterem Falle entstanden sehr ungleiche und theilweise l\u00e4ngere Gruppen ; die einzelnen Contractionen der Gruppe waren durch ziemlich ungleiche und im Beginn sehr lauge Zwischenr\u00e4ume von einander getrennt; auch die Zahl der Contractionen in den Gruppen war sehr ungleich, und in einem Versuch wurde entschieden durch zu hohen Druck die Gruppenbildung ganz aufgel\u00f6st und die Krisis eingeleitet. Unmittelbar nach Oeffnung des Wasserrohrs dagegen und demzufolge sich sehr erniedrigendem systolischen Druck wurden die Gruppen sogleich kleiner und regelm\u00e4ssiger.\nWenn demnach zwar einem sehr hohen systolischen Druck ein Einfluss auf die Gruppenbildung nicht abgesprochen werden kann, so ergab sich doch andererseits, dass die Druckh\u00f6he der Quecksilbers\u00e4ule in der Lucianf sehen Versuchsanordnung keine wesentliche Ver\u00e4nderung in dem Zustandekommen der Gruppen","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nDr. M. J. IIossbach,\n[195\nbedingt haben konnte, dass also die Lucicmisehen Gruppen nicht etwa auf Rechnung der Hebung der Quecksilbers\u00e4ule durch den Herzmuskel gebracht werden k\u00f6nnen ; denn die Gruppen bei ge\u00f6ffnetem Wassermanometer unterschieden sich fast gar nicht von den durch das Quecksilbermanometer aufgezeichneten.\n2. Ueber den Einfluss verschiedener F\u00fcllungs-mittel auf die gruppirte Schlagfolge des Herzens. Dadurch, dass Luduni zu der Unterbindung des Yorhofs noch die F\u00fcllung der Herzh\u00f6hle mit Serum hinzuf\u00fcgte, gelang ihm, statt des Herzstillstandes, welcher uns seit Stannins bekannt ist, die merkw\u00fcrdigen Erscheinungen des Anfalls, der Gruppenbildung und der Krise herbeizuf\u00fchren. Wenn nun durch die Gegenwart des Serums der Herzschlag so auffallend ver\u00e4ndert werden konnte, dann war es nicht ungereimt zu vermuthen, dass durch die Vertauschung des Serums mit anderen Fl\u00fcssigkeiten noch weitere Umformungen der Schlagfolge gelingen m\u00f6chten. Diese Voraussicht hat der Versuch best\u00e4tigt.\na. Blut und blutiges Serum. W\u00e4hrend, wie ich best\u00e4tigen kann, bei der Anwendung eenlrifugirten, also m\u00f6glichst blutk\u00f6rperchenfreien Serums, die Gruppenbildung in ausgepr\u00e4gtester Weise auftritt, fand ich, dass das frische Herz nach\n1) Lucicmi hatte bei seinen Versuchen gefunden, dass die Pulsfrequenz innerhalb der Gruppen keineswegs constant ist, sondern in der Regel bis fast zur Mitte derselben anw\u00e4chst und darauf etwas langsamer wieder abnimmt. Wenn man die Tabellen durchmustert, in denen er den Verlauf der periodischen Th\u00e4tigkeit des Herzens darstellt, so zeigt sich in mehreren Versuchen eine ungemeine Regelm\u00e4ssigkeit in der Zunahme der Pulszahl der Gruppen, so wie der Zeitdauer der Gruppen und der Pausen. Auch mir fiel diese ausserordentliche Regelm\u00e4ssigkeit in mehreren F\u00e4llen auf; in denen das Herz, von einer Pulsation anfangend, in jeder folgenden Gruppe um eine Pulsation mehr ausgab und nur selten eine Zahl \u00fcbersprang,- in denen ebenso gleichm\u00e4ssig die Zeitdauer der Perioden und der Pausen anwuchs, wie aus folgendem Beispiel zu ersehen ist.\nUnterbindung des Herzens in der Mitte zwischen Sinus und Ventrikelfurche; F\u00fcllung mit centrifugirtem Kaninchenserum.\nZahl der Palse in den aufeinander folgdn. Gruppen.\t1\t2\t2\t2\t2\t2\t2\t2\t3\t3\t4\t4\t5\t6\t7\t8\t10\t11\t13\t14\t15\t15\t17\t16\t17\t18\nZeitdauer(Secun-den) d. Gruppen.\t2i|2\t5\t5\t5\t5\t5\t5\t5\t7\t7\tG\t11\t12\t13\t16\t18\t25\t26\t31\t32\t32\t35\t38\t37\t42\t42\nZeitdauer (Secun den) der auf die obigen Gruppen folgendenPausen.\t10\t10\t11\t11\t11\t\u00dc\t12\t16\t18\t18\t23\t24\t30\t33\t40\t46\t55\t61\t71\t75\t?\t87\t98\t111\t118\tV\nil\ti\nGanz dasselbe zeigt sich auch an einem scheintodten und durch W\u00e4rme wieder belebten Blutherzen.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"196] Umw\u00e4nde. d. period. Schlagfoi.ged.Froschherz, in rhythm. \u00d43\nseiner F\u00fcllung mit sehr rothem Serum oder mit defibrinirtem Blute nie eine Spur von einer gruppenweisen Folge der Schl\u00e4ge darbie tet, sondern dass es nach Ablauf des Anfalls eben so regelm\u00e4ssig wie ein normales fortarbeitet. Ich vergewisserte mich auch, dass der Ausfall der Gruppen bei den mit Blut gef\u00fcllten Herzen nicht etwa durch die Individualit\u00e4t der verwendeten Fr\u00f6sche, oder durch eine mangelhafte Anlegung der Ligatur bedingt war. Nach Vollendung der Unterbindung f\u00fcllte ich mehrere Herzen zuerst mit m\u00f6glichst farblosem Kaninchenserum und ersetzte dieses letztere, nachdem die Gruppenbildung in vollkommenster Weise aufgetreten war, durch blutiges Serum oder defibrinirtes Blut. Nach diesem Austausche verschwanden die Gruppen und es erschien eine regelm\u00e4ssige Pulsation, wie am normalen, nicht unterbundenen Herzen.\nDas defibrinirte Blut ist jedoch nicht unter allen Umst\u00e4nden bef\u00e4higt den normalen Rhythmus des Herzschlages zu unterhalten. L\u00e4sst man dasselbe, ohne es zu erneuern, so lange im Herzen verweilen, bis es seine hellrothe Farbe verloren hat, so beginnt die Gruppenbildung von Neuem. Alsdann sind die Gruppen anf\u00e4nglich von langer Dauef1, und je zwei derselben nur durch kurze Pausen getrennt, allm\u00e4hlich aber w\u00e4chst die Dauer der Pause, und die Zahl der Schl\u00e4ge, welche in einer Gruppe enthalten sind, wird geringer.\nF\u00fcllt man, nachdem die Gruppenbildung unter der Einwirkung des dunkleren Blutes l\u00e4ngere Zeit gedauert, das Herz mit frischem Blute, so verschmelzen die Gruppen auch jetzt nicht mehr, sondern sie werden nur l\u00e4nger ; von nun an kann auch durch die wiederholte F\u00fcllung des Herzens mit frischem Blute oder blutigem Serum der periodische Rhythmus nicht wieder zum Verschwinden gebracht werden.\nF\u00fcr die Wirkung, welche das mit Serum verd\u00fcnnte Blut auf das Herz aus\u00fcbt, sind noch die folgenden Thatsachen von Bedeutung.1\u2014 Das mit Blut gef\u00fcllte, regelm\u00e4ssig arbeitende Herz geht sogleich zu der Gruppenbildung \u00fcber, nachdem seinem Inhalte eine schwache Veratrinl\u00f6sung zugef\u00fchrt worden ist.\u2014Wenn das mit Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllte Herz mehrere Stunden hindurch im langsamen, regelm\u00e4ssigen Bhythmus pulsirt hatte und endlich so weit erm\u00fcdet war, dass es nicht aus eigenem Antriebe, sondern nur durch je eine sanfte Ber\u00fchrung seiner \u00e4usseren Fl\u00e4che eine Contraction voll f\u00fchrte, so war auch k\u00f6rperchenfreies, cen-","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nDr. M. J. Rossbach\n['197\ntrifugirtes Serum nicht mehr im Stande den Schlag zu wecken. Ein blutreiches Serum war dagegen noch verm\u00f6gend das Herz zu selbstst\u00e4ndigen Zuckungen anzuregen, die einander nach l\u00e4ngeren aber immer gleichen Intervallen folgten. \u2014 Wenn ein mit Serum gef\u00fclltes Herz so lange gearbeitet hat, bis es in das Stadium der Krise gelangt, so kann es durch die Einf\u00fchrung reinen, oder auch durch Serum verd\u00fcnnten Kaninchenblutes in einen starken und nachhaltigen Tetanus versetzt werden. F\u00fcllt man nach Ablauf dieses Tetanus das Herz von Neuem mit frischem Blute, so verf\u00e4llt es abermals in eine tetanische Contraction.\nb. Kochsalzl\u00f6sung- Auch dann, wenn das Herz mit einer Kochsalzl\u00f6sung von 0.6 Proc. gef\u00fcllt wird, verschwindet die gruppenweise Anordnung seiner Schl\u00e4ge. Gleichviel wie lange und unter welchem Drucke es unter diesen Umst\u00e4nden gearbeitet hat, immer h\u00e4lt es eine regelm\u00e4ssige Schlagfolge ein. Anfangs schob ich dieses Verhalten auf die starke Filtration der L\u00f6sung durch die Herzwand, beziehungsweise auf die von der letzteren bedingte rasche Erneuerung des Herzinhaltes. Als eine Best\u00e4tigung dieser Annahme erschien es, dass ein Herz, welches mit einem Gemenge von Kochsalz- und Gummil\u00f6sung, also mit einer nicht filtrirenden L\u00f6sung gef\u00fcllt war, eine kurze Zeit hindurch seine Schl\u00e4ge in Gruppen ausgab. Allein es gelang mir Herzen zu finden, die im regelm\u00e4ssigeren Rhythmus pulsir-ten, obwohl durch deren Wand auch kein Tropfen der reinen Kochsalzl\u00f6sung austrat, mit welcher ihre H\u00f6hle gef\u00fcllt war.\nMit diesen Mitteln gelingt es, an ein und demselben Herzen das verschiedene Verhalten der Schlagfolge darzustellen. F\u00fcllt man dasselbe zuerst mit Kochsalzl\u00f6sung, so folgen sich seine Schl\u00e4ge in immer gleichlangen Intervallen ; vertauscht man den bisherigen Inhalt mit Serum, so ordnen sich nun die Contrac-tionen gruppenweise an, und verdr\u00e4ngt hierauf das reine ein blutk\u00f6rperchenhaltiges Serum, so arbeitet das Herz wiederum in regelm\u00e4ssiger Zeitfolge1). \u2014 Zwischen dem Rhythmus des mit Kochsalzl\u00f6sung oder mit blutigem Serum arbeitenden Herzens\n1) Eine L\u00f6sung von 1 Theil \u00fcbermangansauren Kali\u2019s in 6000 Theilen Kochsalzl\u00f6sung von O,60/0 erzeugt, in die Herzh\u00f6hle gebracht, am erm\u00fcdeten Kochsalzherzen einen Tetanus mit. aufgesetzten, seltenen Pulsen und darauf folgender Gruppenbildung. Alsbald aber trill unter den Erscheinungen der Starre der Herztod ein.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"198] Umwandl. d. period. Schlagfolged. Froschherz, in rhythm. 95\nscheint jedoch der Unterschied zu bestehen, dass sich die Schl\u00e4ge des ersteren seltener als die des letzteren folgen. So schlug ein Ilerz mit Kochsalzl\u00f6sung 6mal in der Minute, mit reinem Serum in der ersten Gruppe 7-, in der zweiten iOmal, mit Blut dagegen 23rnal. Weitere Versuche werden zu entscheiden haben, ob dieser Unterschied durchgreift.\nNach diesen Erfahrungen unterliegt es keinem Zweifel, dass die Schlagfolge des am Vorhofe umschn\u00fcrten Herzens durch die Qualit\u00e4t seines fl\u00fcssigen Inhaltes in gesetzm\u00e4ssiger Weise ver\u00e4ndert wird, vorausgesetzt, dass die inneren Einrichtungen des Herzens in den verglichenen F\u00e4llen \u00fcbereinstimmten. Da sich das Auftreten gewisser Erscheinungen am sichersten Voraussagen liess, wenn das Herz einem kr\u00e4ftigen Thiere angeh\u00f6rte und kurze Zeit, nachdem es demselben entnommen war, den Einwirkungen der verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten ausgesetzt wurde, so mag es gestattet sein, die Besprechung der Resultate auf die eines solchen Organs zu beschr\u00e4nken. \u2014 Je nachdem man die zeitliche Vertheilung oder die Gr\u00f6sse der gelieferten Arbeit in Betracht zieht, stellt sich das reine Serum n\u00e4her oder entfernter zum bluthaltigen als die Kochsalzl\u00f6sung.\nBei der Anwesenheit von Blut und von Kochsalzl\u00f6sung vertheilten sich die Herzschl\u00e4ge gleichm\u00e4ssig auf die Zeit, mit andern Worten, die Pulsationen waren, wenn auch ungleich h\u00e4ufig, so doch regelm\u00e4ssig. Bei der Anwesenheit des Serums dr\u00e4ngten sich dagegen zu gewissen Zeiten die Pulsschl\u00e4ge dicht aufeinander , w\u00e4hrend sie zu einer andern Zeit, die das Vielfache der gew\u00f6hnlichen Herzpause betrug, g\u00e4nzlich ausblieben. Wollte man nur das Serum und das Blut untereinander vergleichen, so w\u00fcrde man die Ursache der eigenth\u00fcmlichen Periodizit\u00e4t, die das Serum veranlasst, auf seinen geringeren Sauerstoffgehalt oder auf den Mangel eines andern in den Blutk\u00f6rperchen vorhandenen Stoffes zur\u00fcckf\u00fchren k\u00f6nnen. Dieser Erkl\u00e4rungsgrund erweist sich aber als unhaltbar, w'enn man auch die Kochsalzl\u00f6sung in Betracht zieht. Denn in dem Serum ist der Sauerstoffgehalt gewiss nicht geringer als in der Kochsalzl\u00f6suug, der ja auch alle andern Bestandtheile der Blutk\u00f6rperchen fehlen. \u2014 Elbensowenig kann das Chlornatrium in der Kochsalzl\u00f6sung die Ursache sein, warum bei ihrer Gegenwart die durch das Serum veranlasste Periodizit\u00e4t verschwindet, weil auch dieses letztere Chlornatrium und zwar mindestens so viel als das Blut enth\u00e4lt;","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nDr. M. J. Eossbacii,\t[199\nund da endlich auch im Blute eine reichliche Menge von Serum enthalten ist, so k\u00f6nnen auch die Bestandtheile dieser Fl\u00fcssigkeit nicht ohne weiteres f\u00fcr die Gruppenbildung verantwortlich gemacht werden. Somit steht es entweder frei anzunehmen, dass sich im reinen Serum ein Stoff bilde, der einerseits von \u00e4hnlichem Einfl\u00fcsse sei wie das Veratrin, welches dem Blut zugesetzt ward und der andererseits zerst\u00f6rt werde, wenn er mit den hellrothen Blutk\u00f6rperchen in Ber\u00fchrung kommt. Oder aber, man kann sich vorstellen, dass der von den Blutk\u00f6rperchen hervorgerufene Effect auf einer chemischen, der von der Kochsalzl\u00f6sung bedingte auf einer physikalischen Einwirkung beruhe, w\u00e4hrend dem Serum keine der beiden Beeinflussungen ge-' stattet sei.\nSollte sich das von mir beobachtete Verhalten best\u00e4tigen, dass die H\u00e4ufigkeit der Schl\u00e4ge bei der Anwesenheit des Blutes gr\u00f6sser, als bei der des Serums, und bei derjenigen dieses Stoffes wieder gr\u00f6sser, als bei der des Kochsalzes sei, so w\u00fcrde man wohl annehmen k\u00f6nnen, dass der reichlichere Sauerstoffgehalt des Blutes \u00f6ftere Wiederkehr des Schlages verursache, zugleich aber m\u00fcsste man hinzuf\u00fcgen, dass die peine Kochsalzl\u00f6sung auf die Entwickelung der Herzreitze sch\u00e4dlich wirke.\nW\u00e4re dieses letztere der Fall, so Hesse sich, ausser den hier angedeuteten, f\u00fcr die Wirkung der drei verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten, insbesondere aber f\u00fcr die scheinbar gleichartige des Blutes mit der Kochsalzl\u00f6sung noch die folgende Erkl\u00e4rung versuchen. Die Erscheinungen, welche das Serum hervorruft, laufen in einer Weise ab, die auf ein Anw\u00fcchsen und ein darauf folgendes Absinken der Energie gewisser Bedingungen hind\u00eaulet, welche bei der gruppenweisen Vertheilung der Herzschl\u00e4ge wirksam sind. In der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der F\u00e4lle w\u00e4chst n\u00e4mlich in einem ersten Abschnitt des Verlaufes die Anzahl der Pulse je einer Gruppe und gleichzeitig die Dauer der entsprechenden Pausen; dann aber nehmen beide wieder ab, bis endlich, im Stadium der sogenannten Krise, die Gruppen ganz verschwinden , indem statt ihrer in regelm\u00e4ssiger aber seltener Folge die Herzschl\u00e4ge auftreten. Hiernach gewinnt es den Anschein, als ob das Serum wie ein Beizmittel wirke. Nun k\u00f6nnte man annehmen , dass das Blut ein erregbares Herz noch st\u00e4rker zu reizen verm\u00f6ge als das Serum, und darum auch die Pausen zum Verschwinden bringe, w\u00e4hrend die Kochsalzl\u00f6sung viel","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"200] Umwandl.d. period. Schlagfolged. Froschherz, in rhythm. 97\nweniger als das Serum errege, sodass bei ihrer Anwesenheit das Herz von vornherein in einen Zustand trete, welcher dem Stadium der Krise am Serumherzen entspricht. Dann w\u00e4ren sich in der That die Wirkungen des Kochsalzes und des Blutes nicht so \u00e4hnlich, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. \u2014 Eine zweckm\u00e4ssige Variation der Versuche wird ihren Resultaten hoffentlich die Mehrdeutigkeit nehmen , welche ihnen jetzt noch anklebt.\n3. Ueber die Belebung des scheintodten Herzens durch Druck und W\u00e4rme. \u2014 Im Verlauf meiner Versuche stiess ich auf einige F\u00e4lle, in welchen ein anscheinend unerregbares Herz durch \u00e4usseres Zuthun wiederum zur vollen Th\u00e4tigkeit angefacht wurde.\na.\tBei einem Versuche, wo das an den Vorh\u00f6fen umschn\u00fcrle Herz mit einer Mischung von Kochsalzl\u00f6sung und Froschblut unter einem sehr niedrigen diastolischen Drucke gef\u00fcllt war, h\u00f6rte das Herz ganz zu schlagen auf, nachdem es einige Minuten regelm\u00e4ssig pulsirt hatte. Als nach 10 Minuten langem Stillstand der diastolische Druck erh\u00f6ht wurde, bildete sich augenblicklich eine Gruppe von 15 Pulsationen, sowie aber darauf der diastolische Druck erniedrigt wurde, versank das Herz in Ruhe und bildete erst dann wieder eine Gruppe\u2019, wenn ihm durch Erh\u00f6hung des inneren Druckes, oder durch eine \u00e4ussere Ber\u00fchrung ein Anstoss gegeben worden war. So konnte ich das Herz beliebig lange pausiren lassen^ bis endlich, nachdem dieses Spiel viermal erneuert worden war, das Herz ohne nachweisbare Ursache pl\u00f6tzlich von selbst wieder zu pulsiren anfing und nun im regelm\u00e4ssigen Rhythmus stundenlang fortschlug.\nb.\tUnter gewissen, schon fr\u00fcher erw\u00e4hnten Bedingungen (p. 94) ist reines oder mit Serum verd\u00fcnntes Kaninchenblut ein sehr heftiger Reiz f\u00fcr das Froschherz ; denn es ger\u00e4lh in Tetanus, wenn die genannten Fl\u00fcssigkeiten in seine H\u00f6hle gebracht werden. Hierdurch kann aber nicht blos dieses, sondern es kann auch ein Scheintod des Herzens erzeugt werden. Als ich bei dem oben erw\u00e4hnten Versuche nach dem zweimal erzeugten Tetanus zum drittenmale frisches Blut zuleitete, h\u00f6rte das Herz augenblicklich zu pulsiren auf und konnte selbst durch kr\u00e4ftiges Kneipen und Zusammendrucken zwischen den Fingern zu keiner neuen Zusammenziehung gebracht werden.\nWas aber den starken mechanischen Reizen nicht mehr ge-\n7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98 Dr. Rossbach, Umwandl. d. period. Schlagfolge etc. [20*1\nlang, vermochte die Temperaturerh\u00f6hung. Nachdem der tod-\u00e4hnliche Zustand etwa f\u00fcnf Minuten gedauert hatte, erw\u00e4rmte ich die Fl\u00fcssigkeit, in der das Herz hing und sah, dass dasselbe bei einer Temperatur von 37\u00b0 C. wieder zu schlagen begann, und zwar ganz wie ein frisches, eben unterbundenes und mit reinem Serum gespeistes Herz. Zuerst kam ein Anfall mit auf-steigender Treppe, darauf folgte Gruppenbildung und endlich die Krisis1).\nNachdem dieses durch W\u00e4rme wi\u00e8der lebendig gewordene Herz nach Ablauf der Krisis zum zweitenmale abgestorben schien, und auf mechanische Reize abermals nicht mehr zur Contraction gebracht werden konnte, vermochte ich es durch neue Erw\u00e4rmung und frische F\u00fcllung mit blutigem Serum nochmals zum Leben und sogar zur Gruppenbildung zu veranlassen.\nIch spreche Herrn Professor Ludwig f\u00fcr die freundliche\nAufnahme und Herrn Kronecker f\u00fcr seinen Reistand bei den mit-\ngelheilten Versuchen meinen herzlichsten Dank aus.\n________ \\\n1) Luciani hatte gefunden, dass seine Herzen nur selten eine Erw\u00e4rmung des umgebenden Serums bis auf mehr als 300 C. ertrugen.","page":98}],"identifier":"lit1411","issued":"1874","language":"de","pages":"90-98","startpages":"90","title":"\u00dcber die Umwandlung der periodisch aussetzenden Schlagfolge des isolirten Froschherzens in die rhythmische","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:08:21.253002+00:00"}