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Fälle und Beobachtungen über den Einfluß des Nervensystems auf die Bestimmung der thierischen Wärme: Aus den Medico-chirurg. Transact., Vol. 7, p. 173-195

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{"created":"2022-01-31T16:19:24.151873+00:00","id":"lit14116","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Earle","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 3: 418-429","fulltext":[{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418\n1 il b e l l i g e n z b l a t t.\nI. Zur Lehre von der thierifchen W\u00e4rme.\nI. F\u00e4lle und Beobachtungen \u00fcber den Ein# flufs des Nervenfyftems auf die Beftim-mung der thierifchen W\u00e4rme von Earlt. (Aus den Medico - Chirurg. Transact. Vol. 7. p. 173 \u2014 1950\nDie vor Kurzem allgemein angenommene Meinung, da\u00a3s die thierifche W\u00e4rme von der chemifchen Umwandlung des kreifenden Blutes abh\u00e4nge, hat durch die Brodie'fchen Verfuche einen bedeutenden Stofs erlitten, indem fich aus diefen hauptf\u00e4chlich ergiebt, dafs X) nachZerft\u00f6rung des Gehirns die W\u00e4rmeerzeugung aufh\u00f6rt, wenn gleich das Athmen k\u00fcnftlieh unterhalten wird, und dem An-fchein nach alle chemifchen Ver\u00e4nderungen in den Lungen Statt linden; 2) ein auf diefe Weife k\u00fcnftlieh atbmen-des Thier fchneller als ein blofs enthauptetes erkaltet, wahrfcheinlich, weil das kreifende Blut der kalten Luft in den Lungen ausgefetzt wird. Nach diefen Thatfachen fcheint der Nerveneinflufs zur thierifchen W\u00e4rmeerzeugung nothwendig.\nFolgende Krankheitsf\u00e4lle reden diefer Anficht ltr\u00e4f-tig das Wort, deffen ungeachtet aber d\u00fcrfen wir nicht den Einflufs des Kreislaufes auf Gehirn und Nerven aufser Acht laffen. Sollten \u00fcbrigens auch meine Bemerkungen dar\u00fcber v\u00f6llig unftatthaft l\u2019cheinen, fo bin ich doch \u00fcberzeugt, dals die Thatfachen felbft wichtig genug find, um beachtet zu werden.","page":418},{"file":"p0419.txt","language":"de","ocr_de":"419\nErft er Fall. Th. Anderfon, ein Matrofe , fiel im Februar 1812 vom Verdeck in ein neben dem Schiffe befindliches Boot, und blieb eine betr\u00e4chtliche Zeit lang ohne Belinnung. Als er wieder zu lieh kam, fand er, dafs der Wundarzt feinen linken Arm wegen eines Schl\u00fcffelbeinbruches verbunden hatte. Nach 6 Tagen wurde der Verband abgenommen, und das Glied gel\u00e4hmt gefunden. Ungef\u00e4hr drei Wochen lang empfand er bei jedem Verfuche, das Glied zu bewegen, bisweilen fogar bei voller Ruhe, heftige Schmerzen, angeblich in den Fingerfpitzen ; allein, da diefe und der ganze Arm duich-aus keinen Eindruck empfanden, fo entftand der Schmera wahrfcheinlich an der unter dem Schl\u00fcffelbein befindlichen verletzten Stelle der IS erven, und wurde nur, wie es h\u00e4ufig nach Amputationen der Fall ift, von der Seele an jene Stelle verletzt.\nDie Schmerzen verfehwanden allm\u00e4hlich, und der Arm blieb v\u00f6llig gel\u00e4hmt und unbrauchbar. So fah ich den Kranken am Ende Augufts. H\u00f6chft wahrfcheinlich war das Armnervengeflecht unter dem Schl\u00fcffelbein ge-quetfeht oder zerriffen. Der Kreislauf fchien nicht geh\u00f6rt, indem der Puls fo fchnell und ftark als am andern Ann war, dennoch war die W\u00e4rme viel geringer. Ich wandte die Electricit\u00e4t an. Vor dem Verfuche war die Temperatur der gel\u00e4hmten Hand 70\u00b0, des Ellenbogengelenks 85\u00b0, der Ach fei 940. Nachdem ioMinuten lang ftarke Funken ausgezogen worden waren, betrug die Temperatur der Hand 74\u00b0, des Eilenbogengelenks 88\u00b0, der Achfel 95\u00b0. DieTemperatur der gefunden Hand maafs 92\u201c.\nNach dem einige Tage lang fortgefetzten Gebrauche der Electricit\u00e4t bemerkte der Kranke ein Gef\u00fchl von W\u00e4rme und Kitzeln, welches ziemlich lange anhielt. Zehn Tage nachher wurde der Verfuch, nachdem der franke auf einen ifolirten Stuhl gebracht worden war, noch genauer angeftellt. Die Temperatur war diefes Mal:\nVor dem Electr.\tNach dem Electr.\n\tr- Hand\t71\t\u2014\t77\nGel\u00e4hmtes Glied\t? Arm\t80\t\u2014\t831\n\t\u00a3 Achfel\t92\t\u2014\t93\n\tr Hand\t92\t\u2014\t92\nGefundes Glied\t7 Arm\t95\t\u2014\t95}\n\t1 Achfel\t96\t\u2014\t96","page":419},{"file":"p0420.txt","language":"de","ocr_de":"420\nEinige Zeit nachher wurde die Haut in der Schulter gegend und an der innern Fl\u00e4che des Oberarms wieda empfindlich, und die Schulterblattmuskeln, fo wie dtp grofse Bruftmuskel fingen an, wieder th\u00e4tig zu werden, So war jetzt einTheil des Arms gefund, ein andrer krank, haft empfindlich, und der dicht daneben befindliche ftl jede mechanifche oder chemifche Verletzung f\u00fchllos. \u25a0'\nUm zu wiffen, ob auch andre Reize denfelben Eit-, flufs h\u00e4tten, oder die W\u00e4rmeerh\u00f6hung blofs von einet befondern Wirkung der Electricit\u00e4t herr\u00fchrte, legteicfc ein Blafenpflafter auf den Handr\u00fccken, das nech mehfc maliger Wiederholung zog. W\u00e4hrend feiner Wirkung \u00e4nderte fich der Stand des dicht daneben befindlich\u00ab\u00bb Thermometers nicht, ftieg aber um 3 Grade, als es nach weggenommener Oberhaut an die entbl\u00f6fste Haut anp, bracht wurde. Ob dies vom Reize des Blafenpflaften, oder dem durch die Wegnahme der Oberhaut erfolgtes Blofslegen eines mehr innern Theiles herr\u00fchrte, kann ich nicht beftimmen. Die blofsgeiegte Stelle war gegen \u00e4ufser\u00ae Eindr\u00fccke v\u00f6llig unempfindlich und heilte fehr fchnell Bald nachher verordnete ich ihm, den Arm in warm\u00bb K\u00f6rner zu legen, nachdem er lieh vorher durch den an> dern Arm \u00fcberzeugt hatte, dafs lie nicht zu heifs waren, indem ich glaubte, dafs die R\u00fcckkehr der Empfindlichkeit durch lc\u00fcnft\u00fcche Erh\u00f6hung der Temperatur auf ihre\u00bb normalen Grad unterft\u00fctzt werden k\u00f6nne. Nach halb, B\u00fcndiger Anwendung diefes Mittels hatten itch auf der ganzen Hand Blafen, und an den Fingerfpitzen und unter den N\u00e4geln Brandfch\u00f6rfe gebildet, ungeachtet der Kranke das Korn nicht im Geringften warm gef\u00fchlt hatte, noch den geringften Schmerz empfand. L\u00e4ngs der einfaugeni den Gef\u00e4fse verbreitete lieh eine beti ach fliehe Entz\u00fcndung, und in der Achfelh\u00f6hle bildete lieh Eiter, der bald, wie die Entz\u00fcndung nachiiefs, aufgefogen wurde. Der W\u00e4rmegrad der fchw\u00e4renden Flache der Hand fchwankt* von 80\u00b0 \u2014 8b3, doch konnte wegen der lieft\u00e4ndigen Anwendung warmer Umfchl\u00e4ge nicht genau beftinnnt wer-den, ob das G,ted immer die Warme der umgebenden K\u00f6rper annahm. Als die Gefeiiw\u00fcre am fchbinmften waren, empfand der Kranke ein fchweres, fchmerziichei\nGef\u00fchl","page":420},{"file":"p0421.txt","language":"de","ocr_de":"421\nGef\u00fchl in der Hand, welches durch keinen \u00e4ufsern Eindruck zun ahm.\nDie Heilung war von nun an langfam, aber vollft\u00e4n-dig. Bei der letzten Unterfuchung waren Schulter und Oberarm wieder vollkommen empfindlich und beweglich. ;Die Haut am vordem Theile des Vorderarms fchmerzte bei angewandtem Druck, weniger die an der Riicken-feite des Arms. Die Hand hatte noch keine Empfindung, doch bemerkte der Kranke die Wiederkehr der Muskel-th\u00e4tigkeit und glaubte mehrmals unwillk\u00fcrliche Zufam-menzielmngen der Beuger zu empfinden. Die Temperatur des ganzen Gliedes hatte bedeutend zugenommen, doch nahm die Hand noch die des umgehenden Mediums an.\nEin R\u00fcckblick auf die Umft\u00e4nde diefes Falles zeigt: l) dafs die Temperatur eines, des geh\u00f6rigen Nerveneir.tiuf-fcs beraubten Gliedes niedriger als im IN or mal zu H\u00e4nde ift, \u25a0wenn gleich der Kreislauf nicht wahrnehmbar gei'ehw\u00e4cht ift; 2) dafs ein fo befchaffnes Glied auf keiner feiten Temperatur beharrt, und befonders zur Annahme des W\u00e4rmegrades umgebender Medien geneigt ift; 3) dafs es nicht, ohne verletzt zu werden, einem W\u00e4rmegrade ausgefetzt werden kann, der einem gefunden Giiede durchaus nicht fchaden w\u00fcrde.\nZweiter Fall. Maria Mir/, altlj^Jahr, wandte lieh im J. 1807 wegen eines Schmerzes an der innern Fl\u00e4che des Vorderarms und der Hand, der lieh bis zur Spitze des kleinen Fingers erftreckte, deffen Veranlaffung fie nicht ingeben konnte, und der feit einigen Monaten allm\u00e4hlich zugenommen hatte, an mich. Jetzt war die ganze Strecke des Ellenbogennerven vom Ellenbogen an beim Ber\u00fchren fchmerzhaft empfindlich, fo dafs bisweilen das blofse Anziehen eines Handfchuhes fo heftigen Schmerz verurfachte, dafs fie laut auffchrie und zu Boden fiel. Bisweilen trat auch der Schmerz ohne wahrnehmbare \u00e4ufsere Urfache ein. Die Haut an der innern Seite des Vorderarms war heifser und dicker als gew\u00f6hnlich. Der Schmerz verur-lachte Schlafloligkeit und h\u00f6rte die allgemeine Gefund-heit bedeutend.\nW\u00e4hrend dreier Jahre litt die Kranke bald an den heftighen Schmerzen, bald befand fie fich ertr\u00e4glich, und M, d, Archiv, Ul, 3,\tE e","page":421},{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"4:3:2\ngebrauchte vergeblich eine anfehnliche Menge allgemein^ und \u00f6rtlicher Mittel. W\u00e4hrend jedes heftigen Anf\u00e4lle\u00bb leifteten Blutigel und kalte Breiuml'chl\u00e4ge die meifteS D ienfre. Im December t8lO fchritt ich, wegen ihrtij \u00e4ufserft fehJechten Befindens, zum Durchschneiden dt*i Nerven, weil die Cur gr\u00fcndlicher als diefelbe OpevatiOTJ^ beim Antlitzfchmerz fehlen, indem der Nerv weniger. Verbindungen eingeht, und wegen gr\u00f6fserer L\u00e4nge wot genug blofsgelegt werden konnte, um \u00fcber der krankeil Stelle durchfchnitten zu werden. Ich f\u00fchrte einen zwei Zoll langen Einfchnitt vom innern Knorren an l\u00e4ngs dem Ellenbogennerven, und durchfchnitt einen, dadurch blofs gelegten Hautnerven wegen der krankhaften Edk-pfindlichkeit der von ihm verfallenen Haut. Nachdem der Nerv I* Zoll weit blofsgelegt worden war, durch-fchnittich ihn an der, dem Gehirn n\u00e4chfen Stelle diefer Strecke, wobei ein heftiger Schmerz entband, den dal Kind mit einem ftarken electrifchen Schlage verglich. Von dem Augenblick an wurden der vierte Finger zur H\u00e4lfte, der ganze f\u00fcnfte Finger und die Haut der Hohl-hand durchaus f\u00fchllos. Ein mehr als I Zoll langes St\u00fcck des Nerven wurde bis zu der Stelle, wo er hinter dein Knorren weggeht, ausgefchnitten. Die Nervenfcheida war- h\u00e4rter und dicker als im Normalzuftande.\nVon nun an belferte lieh das Befinden fehr fchnell, alle Nervenzuf\u00e4ile vevfehwanden, die-Wunde heilte bald, und in ungef\u00e4hr drei Wochen warfiegefchloffen. Alle vom Ellenbogennerven verfehenenTheile hatten ihre Empfindlichkeit verloren, und der kleine Finger war gel\u00e4hmt und unbrauchbar. Kurz nachher befragte mich die Kranke bei ftrenger K\u00e4lte wegen einer am kleinen Finger ent-ftandnen Blafe und eines an der Spitze deffelben und un* ter dem Nagel befindlichen Brandfchorfes, wovon lie nw die ftrenge K\u00e4lte als Veranlaffung angeben konnte, indem diefer Finger immer weit k\u00e4lter als irgend ein andrer Theil des K\u00f6rpers war. Durch beft\u00e4ndige Einh\u00fcllung in warmen Brei erfolgte die Heilung fchnell.\nDiefer Zufall erneute lieh noch dreimal, dem An-fchein nach durch pl\u00f6tzlichen Temperalurweclifel, indem das Wetter kalt blieb, und fie Taffen in-warmen Waller","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"au wa fell en gen\u00f6thigt war, deffen Temperatur die \u00fcbrige Hand durchaus nicht bel\u00e4ftigte.\nDer kleine Finger kann jetzt, f\u00fcnf Jahr nach der Operation, nur mit den \u00fcbrigen gebeugt werden, allein dagegen wenig oder gar nicht Heftiges Kneifen u. f. w. verurfacht Empfindung, doch ift das Gef\u00fchl durch den-felben immer noch felir unvollkommen, und die Perfon erh\u00e4lt dadurch falfche Vorftellungen von der Geftalt und der Temperatur der K\u00f6rper. Immer ift er k\u00e4lter als die \u00fcbrige Hand, an der Aufsenfeite feiner Wurzel fiand der Thermometer auf 56\u00b0, zwifchen den Wurzeln des kleinen und des Ringfingers 57an der Aufsenfeite des Zeigefingers 6oc, zwifchen ihm und dem Daumen, fo wie in der Hohlband 62\u00b0. Die W\u00e4rme der andern Hand war an der Oberfl\u00e4che der verfchiednen Finger 6o\u00b0 , zwifchen den Wurzeln der Finger und in der Hohlhand 62\u00b0 ; die Temperatur des Zimmers 550.\nAus den Umft\u00e4nden diefes Falles glaube ich fchliefsen zu k\u00f6nnen, dafs die Unf\u00e4higkeit, Temperaturverande-rungen zu ertragen, welche der \u00fcbrigen Hand v\u00f6llig ohne Nachtheil waren, von Mangel der Nerventh\u00e4tigkeit abhing, indem dies die einzige Abweichung vom Normal war *).\nSo fand ich auch gel\u00e4hmte Glieder durchaus immer k\u00e4lter als den \u00fcbrigen K\u00f6rper, auch wenn lie k\u00fcnftliclx warm gehalten wurden. Daffelbe fahe ein Freund von. mir k\u00fcrzlich in 25 F\u00e4llen.\nIn allen von mir unterfuchten F\u00e4llen, wo die Nerventh\u00e4tigkeit bedeutend gemindert war, fand ich die F\u00e4higkeit, eine gefundheitsgem\u00e4fse beft\u00e4ndige Temperatur zu erhalten, mehr oder weniger verloren, wenn gleich der Blutlauf, fowohl qualitativ als quantitativ, dem Anlehein nach ungeft\u00f6rt war. Hieraus ergiebt lieh wohl deutlich der grofse Einfiufs des Gehirns und der Nerven auf i'e-ftimmung und Erzeugung der thierifchen 'W\u00e4rme und die Nothwendigkeit der v\u00f6lligen Integrit\u00e4t des Nervenf)ftems,\nEe 2\nS. auch einen felir merkw\u00fcrdigen, denfelben Satz befr':-den Fall von Yelloly in den Med. chirur. 'transact. '\u2022","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"um den K\u00f6rper in den Stand zu fetzen, die anfserordent-liehen Ternperaturwechfel zu ertragen, denen er ausgefetzt ift, und unter diefen verfchiednen Umft\u00e4nden einen eignen, dem Thermometer kaum merklichen Abweichungen unterworfenen, W\u00e4rmegrad zu erhalten.\nIch gehe jetzt zu einer kurzen Betrachtung der Er-fcheinungen \u00fcber, welche im Nervenfyftem durch die Ver\u00e4nderungen zum Auftritt kommen, welche das krei-fende Blut erleidet, und werde auszumitteln fuchen, wiefern diefe Ver\u00e4nderungen auf die Erzeugung der thieri-feiten W\u00e4rme von Einflufs feyn k\u00f6nnen, indem ich die Wirkungen unterfuche, welche krankhafte qualitative und quantitative Ver\u00e4nderungen des Blutes auf die Erh\u00f6hung oder Verminderung der Temperatur haben T).\nIch bemerke indeffen , dafs ich hier nicht die chemi-fche Befchaffenheit der durch das Athmen bewirkten Ver-\u00e4nderungen unterfuchen, fonuern nur den Einflufs diefer Ver\u00e4nderungen auf das Athmen bemerken will, indem ich glaube, dafs es ziemlich gleichg\u00fcltig f\u00fcr die gegenw\u00e4rtige Unterfuchung ift, ob das ven\u00f6fe oder arteri\u00f6fe Blut gleich viel Sauerhoff, aber in verfchiednen 'Zuhanden chemifcher Verbindung enthalte. Es reicht hin, zu willen, dafs w\u00e4hrend des Durchganges des Blutes durch die Lungen bedeutende Ver\u00e4nderungen eintreten, und diefe wefentlich nothwendig zur Unterhaltung der Xervenlh\u00e4-tigkeit find.\nBekanntlich tritt, wenn aus irgend einem Grunde der regehn\u00e4fsige Zutritt des arteriellen Blutes pl\u00f6tzlich flockt, und das Gehirn feines gewohnten iieizes beraubt wird, Ohnmacht ein, die von einer betr\u00e4chtlichen War-\u2019 meverrninderung des K\u00f6rpers begleitet ift. Bei Milsbildungen des Herzens, der blauen Krankheit, \u00fcberhaupt in ailen F\u00e4llen von geh\u00f6rtem Blutlaufe, diefer r\u00fchre von\nIa B)ie Havyfchen Verhiebe \u00fcber die Temperatur des arteri\u00f6fen und ven\u00f6fen Blutes (S. diefes Archiv Ed. II. Hft. 3.) bewei-fen j dafs aas erftere und das linke Herz w\u00e4rmer als das rechte ift. Hier ift alto die Erh\u00f6hung der Temperatur auf dem Wege durch die Lungen erwiefen > und wir muffen daher den f\u00e4ludauf als \u00abjnc Quelle der thierifchen Warme anfehen.","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Krankheit lier Lungen oder des Gef\u00e4fsfyfteins lier, find die Functionen des Nervenfyftems mehr oder weniger ge-ft\u00f6rt, indem die Kranken felir zu Ol inmachten geneigt lind, und immer an betr\u00e4chtlicher K\u00e4lte in den Giied-mafsen und dem ganzen K\u00f6rper, Bet\u00e4ubung und ge-fchw\u00e4chter Empfindung leiden.\nIm Gegentheil, bei krankhafter Erh\u00f6hung des Blut-laufcs, z. B. im Fieber, find die Nervenfunctionen durch Ueberreizung geh\u00f6rt, und im Allgemeinen ift die Temperatur w\u00e4hrend eines Anfalles mehr oder weniger im Ver-h\u00e4itnifs zu der Heftigkeit deri\u00fcbrigen Symptome erh\u00f6ht. Ein pl\u00f6tzlicher oder zu ftarker Antrieb des arteriellen Blutes zu den Nerven eines Tbeiles erzeugt ein \u00f6rtliches Leiden, welches dein allgemeinem, durch Antrieb zum Gehirn veranlafsten \u00e4hnlich ift. So verh\u00e4lt es lieh oft bei Amau-rofen, welche durch reichliche Aderl\u00e4ffe heilbar find. Eben fo l\u00e4fst fich die fchmerzhafte Empfindung, welche durch pl\u00f6tzliche Erw\u00e4rmung der H\u00e4nde, nachdem iie lange der K\u00e4lte ausgefetzt waren, entfteht, aus der Ueberreizung der Nerven durch den pl\u00f6tzlichen Zutritt von Bluterkl\u00e4ren. Ift diefe ftark, und war der Temporal ur-wechfel fehr pl\u00f6tzlich, fo erfolgt Entz\u00fcndung und bisweilen Brand. Deshalb bringen wir an ein erfrornes Glied anfangs K\u00e4lte an, und w\u00e4rmen es nur allm\u00e4hlich, um die Ueberreizung eines erfch\u00f6pften Theiles zu verh\u00fcten.\nNirgends aber ift wohl die Wirkung eines \u00f6rtlichen Antriebes deutlicher als beim Tic douloureux. Bei allen von mir beobachteten F\u00e4llen deffeiben fand immer ein lebhafterer Blutandrang zu dem leidenden Theile, mit mehr oder weniger deutlicher Temperaturerh\u00f6hung Siatt.\nSo fand fich in einem k\u00fcrzlich von mir behandelten Falle von Leiden der Nerven der Stirn und des Antlitzes eine deutlich hegr\u00e4nzte rothe Linie l\u00e4ngs dem ganzen Oberaugenh\u00f6hlennerven, und eine fo funke W\u00e4rmeerzeugung, dafs fchnell alle kaltenUmfclil\u00e4ge verdunfteten. In einem andern Falle von einer Frau von miniem Jahren, die Jahrelang am Tic douloureux des Unterkiefernerven litt, und, ungeachtet mehrerer deshalb erduldeter fchmerzhafter Operationen immer zu Zeiten Schmerzen an den tiefem Schlaf\u00e4lten, dem Zungenafte und","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"425\nallen 7.11 tien Kaumuskeln gehenden Zweigen litt, fand w\u00e4hrend jedes Anfalls ein heftiges Schlagen aller Aefte der \u00e4uf-ern Kopfpul sader Statt, welches lieh im Allgemeinen mit einem heftigen, f\u00fcr eine Zeitlang Erleichterung fchaffenden Speichelflufs endigte.\nImmer ifr hiebei \u00f6rtliche Blutausleerung und Anwendung von K\u00e4lte fehr heilfam , und bisweilen fchafft Barker Druck, wodurch der Blutzuflufs gemindert wird, Er. leichterung. Ein merkw\u00fcrdiger Fall diefer Art ift folgender. Ein Schmidt, der mehrere Jahre lang bei jeder An-ftrengung die heftigften Schmerzen im Vorkopf litt, fand zuf\u00e4llig Erleichterung durch Druck der St\u00e4mme der Schlafpulsader, trug deshalb heft\u00e4ndig bei der Arbeit eine ftarke, an beiden Enden mit einer Pelotte verfehene Feder am Kopfe, welche fo befeftigt war, dafs dadurch die Schlafpulsadern zufannnengedr\u00fcckt wurden, und war dadurch im Stande, ohne Leiden den ganzen Tag am Arnbofs zuzubringen.\nDer Andrang von Blut bei Schmerzen ergiebt fich nicht nur aus der Rothe und Th\u00e4tigkeit der Pulsadern, fondera auch aus einer merkw\u00fcrdigen Leichen\u00f6ffnung von Bichat, der in einem Falle von H\u00fcftfchmerz die Ge* f\u00e4fse des Neurilems vermehrt und erweitert, fo dafs \u00fce ganz gewunden waren, fand.\nDie Wirkung von entz\u00fcndlichem Blutandrange an die Nerven ergiebt fielt auch aus folgendem, k\u00fcrzlich von mir beobachteten Falle.\nMaria Williams, alt 32 Jahr, ein Findling, die wegen Verftandesfchmerzen in dem Hofpital geblieben war, verwundete lieh mit einer Gabel am Vorderarm, und verletzte, ungef\u00e4hr in der H\u00e4lfte feiner L\u00e4nge, einen Haut-nerren. Bald nachher empfand he im Laufe des ganzen Nerven einen heftigen Schmerz, und bald entftand in der Nahe der Wunde eine betr\u00e4chtliche Entz\u00fcndung. Nach drei Wochen, w\u00e4hrend derer fie das Glied ruhig gehalten und mit leicht verd\u00fcnnendem Wafchwaffer behandelt haue, gebrauchte fie es, und empfand pl\u00f6tzlich heftigen Schmerz und Brennen an der Stelle der Wunde. Bald breitete fich \u00fcber den vordem Theil des Vorderarms eine rofenartige Entz\u00fcndung aus, die in mehrere fehr grofse, pemphigusartige Blafen \u00fcberging. Wegen ftarker","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"427\nHitze cles Arms trockneten feuchte Um fehl \u00e2ge fchnell. Vollkominne Ruhe und verd\u00fcnnende Urnfchl\u00e4ge mit \u00d6pium hoben den Anfall bald, indeffen folgte, bei einem bald nachher gemachten Vertriebe, den Arm zu brauchen, ein neuer mit denselben Zuf\u00e4llen. Ich fand die Hitze fo ftark, dafs der Thermometer hier 3 Grad h\u00f6her als unser der Zunge ftieg, ungeachtet, als der Verfucli angeftellt wurde, \u00fcch an einigen Stellen Blafen gebildet hatten, und die Temperatur alfo vvahrfcheinlich niedriger als in dein vorangegangenen Entz\u00fcndungsftadium war. Noch vier Anf\u00e4lle , dem Anfchein nach durch unbemerkten Gebrauch des Arms veranlafst, erfolgten. Der letzte, welcher im September eintrat, unterfchied lieh von den elftem etwas durch Mangel an Blafenbildung und gr\u00f6fsere Aehn-lichkeit mit Neffelfriefel als Pemphigus\u00ab\nImmer befebr\u00e4nkte \u00fcch die Entz\u00fcndung auf den vordem Hand des Arms, und fehl en keine Neigung zu haben, \u00fcch auszubreiten. Der Nerv war w\u00e4hrend der ganzen Zeit gegen Druck \u00e4ufserft empfindlich. Seitdem tr\u00e4gt die Kranke den Arm beft\u00e4ndig im Bunde und hat keinen R\u00fcckfall erlitten,\n'r Die fehr merkliche Temperaturerh\u00f6hung in diefem tfalle bildet einen auffallenden Gegenfatz mit dem zuerft erz\u00e4hlten von Nervenquetfchung, wo der Thermometer \u00fcch auf der durch ein Blafenpflafter blofsgelegten Haut, nur auf 740 erhob,\nDiefer Fall ift gleich wichtig f\u00fcr die Erl\u00e4uterung der Wirkung von arteriellem Blut auf die Nerven und der Erfeheinungen der Entz\u00fcndung. Zugleich beft\u00e4tigt er die Homefchen Beobachtungen \u00fcber den Einflufs der Nerven auf die Th\u00e4tigkeit der Pulsadern (Siehe dieles Archiv Bd. II. Hfi. 2.), indem unftreitig wohl diefe heftigen Entz\u00fcnd ungszti f\u00e4lle durch die Verletzung des Nerven entbanden feyn muhten, da fie jederzeit durch Reizung deffelben hervorgerufen werden konnten.\nAus dem Vorigen fcheint fich zu ergeben:\nI) Die Integrit\u00e4t des Nervenfyftems ift zur Erzeugung der thierifchen W\u00e4rme wefentlich erforderlich, und, wird ein The'il deffelben verletzt, fo wird feine w\u00e4rmeerzeugende Function zum Theil oder ganz geh\u00f6rt.","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"\u00e2) Der Reiz des arteriellen Blutes ift zur Erregung des Gehirns und der Nerven, und zur W\u00e4rmeerzeugung nothwendig.\n3)\tZwilchen dem Nerven- undBlutfyItem findet eine ftarke Sympathie Statt, und Verletzung eines Nerven ift von erh\u00f6hter Gef\u00e4fsth\u00e4tigkeit und \u00f6rtlichem Blutandrange begleitet.\n4)\tDiefer, gefchehe er durch Krankheit oder zuf\u00e4llige Verletzung, ift von einer merklichen Temperaturerh\u00f6hung des Theiles begleitet.\nZuletzt noch einige Bemerkungen \u00fcber die merkwiir. dige Erfcheinung, welche das Anlegen eines Bandes um die Hauptpulsader eines Gliedes begleiten, die bis jetzt nicht wohl, jetzt aber leicht durch den, aus den vorerz\u00e4hlten Tha! fachen lieh ergebenden Grundfatz erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen, dafs die thierifche W\u00e4rme das Refultat der Einwirkung der Nerven auf die Pulsadern ift, und wieder bedeutend zur Beft\u00e4tigung deffelben beitragen.\nAuf Unterbindung einer Hauptpulsader verft\u00e4rkt lieh der Blutlauf durch die kleinern Nebengef\u00e4fse und im Haargef\u00e4fsfyftem bedeutend. Das Glied erh\u00e4lt weniger Blut, allein diefes Blut mufs nothwendig durch engere Gef\u00e4fse treten, die deshalb regelwidrig ausgedehnt und erweitert werden, allm\u00e4hlich aber lieh wieder auf ihr voriges Maafs zufammenziehen. In Folge diefer Ver\u00e4nderungen erhebt unmittelbar unter der Unterbindung*. Relie und allm\u00e4hlich im ganzen Gliede fielt die W\u00e4rme \u00fcber die des gefunden Gliedes.\nDies k\u00f6nnte nicht Statt linden, wenn blofs der Kreislauf die Quelle der thierifchen W\u00e4rme w\u00e4re, da die Blutmenge vermindert ift. Zugleich aber erhalten die kleinern Gel\u00e4fschen, und namentlich die, welche die Nerven verleben, mehr Blut als gew\u00f6hnlich, wovon die Folge Erh\u00f6hung der N-fventh\u00e4tigkeit, zuerft an der Stelle, wo der ft\u00e4rkfte Blutandrang Statt findet, dann im ganzen Gliede, ver-h\u00e4hniRm\u00e4fsig mit der Zunahme des Kreislaufes durch die Nebengef\u00e4fse feyn wird.\nHiegegcn kann inan einwenden, dafs diefe W\u00e4rmezunahme nicht nothwendig liei jeder Unterbindung einer Hauptpulsader erfolgt. Indeffen i\u00e4fst lieh diefer Einwurf durch die Bemerkung hefeitigen, dafs Unterbindungen unter fehr verfchiednen Umfl\u00e4nden angelegt werden,","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":".tind dafs oft beim Aneurysma der Blutlauf durc\u00eet die Ne-bengef\u00e4l'se vor Anlegung des Bandes fchon ftark entwickelt, in. andern, der Hauptftamm unter dem Sacke verwachfen ift, in noch andern ein lehr betr\u00e4chtliches Nebengef\u00e4fs dicht \u00fcber dem Bande abgeht, wodurch nat\u00fcrlich das Refill tat bedeutend abge\u00e4ndert werden ras ('s In allen mir bekannt gewordenen F\u00e4llen indeffen, wo, ohne vorangegangne Ver\u00e4nderung in einem Gliede, die Hauptpulsader pl\u00f6tzlich unterbunden wurde, fand immer die erw\u00e4hnte W\u00e4rmeerh\u00f6hung Statt.\n2, E. Haie, Verfuche \u00fcber die Erzeugung der thierifchen W\u00e4rme durch das At hm ein (Aus dem New England Journal im Ausz. im London med. and phyf. Journal. Vol. 32. 1814.)\nDer Verf. fand bei feinen Unterfuchungen Refultate. welche den Brodie\u2019fchen, dafs die thierilche W\u00e4rme nicht durch das Athmen in den Lungen entftehe, ganz widet fprechen. Statt dafs ein durch k\u00fcnftliches Athmen erhabnes Tlti er fchneller als ein nicht athmendes, die Lunge fchneller als der \u00fcbrige K\u00f6rper erkaltete, fand er, dafs dasathrnende Thier feine W\u00e4rme am l\u00e4ngften behielt, und die Lungen als den w\u00e4rmften Theil des K\u00f6rpers.\nVerlach I. mit 2 jungen Hunden von demfelben Alter und Gr\u00f6fse bei 66\u00b0 Fahrenh. im Zimmer. Das R\u00fcckenmark wurde zwifchen dem Hinterhaupt und dem erlten Halswirbel durclifchnitten, fogleich darauf durch eine kleine Oeffnung im Unterleibe die Kugel des Thermometers eingebracht und fo lange darin gelaffen, bis das \u00c7uecklilber vollkommen heben blieb, dann der Thermo meter weggenommen und die Oeffnung bis zu einer andern Beobachtung durch Heftpflafter veriehloffen.\nDer erfte Hund lag vom Anfang derDurclifchneidung ftn ganz ruhig.\nDer Thermometer hand anfangs 96*.\n15 Minuten nachher .\t.\t4\t93\u201d.\n3\u00b0\t-\t-\t... 92r.\n45\t-\t-\t...\t91.\n65\t-\t-\t...\t89.\n80\t-\t-\t...\t88.\nDie Brufth\u00f6hle wurde nicht ge\u00f6ffnet.","page":429}],"identifier":"lit14116","issued":"1817","language":"de","pages":"418-429","startpages":"418","title":"F\u00e4lle und Beobachtungen \u00fcber den Einflu\u00df des Nervensystems auf die Bestimmung der thierischen W\u00e4rme: Aus den Medico-chirurg. Transact., Vol. 7, p. 173-195","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:19:24.151879+00:00"}

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