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{"created":"2022-01-31T13:11:47.484378+00:00","id":"lit1413","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Mosso, Angelo","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 156-222","fulltext":[{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"Yon einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand.\nVon\nDr. A. Mosso.\nMit 22 Holzschnitten.\nDer k\u00fcnstliche Blutstrom durch \u00fcberlebende Organe wurde in fr\u00fcheren Versuchsreihen mit der Absicht angewendel, um neue Erfahrungen \u00fcber die Reizbarkeit, die Athmung und die Absonderung zu gewinnen. Nun lag es nahe mit demselben Mittel auch die Lebenseigenschaften der Gef\u00e4sswand zu sludiren, welche unmittelbar auf den Strom zur\u00fcckwirken. Ihre Bef\u00e4higung in den Strom einzugreifen der innerhalb des von ihr umschlossenen Raumes verl\u00e4uft empf\u00e4ngt aber die Gef\u00e4sswand vorzugsweise durch die ver\u00e4nderliche Nachgiebigkeit des Stoffes aus dem sie gebildet ist. Somit bestand die Aufgabe deren L\u00f6sung ich auf den Rath des Herrn Prof. Ludwig \u00fcbernommen hatte genauer ausgedrUckt darin die Bedingungen aufzusuchen, unter welchen sich der irritable und elastische Tonus der Gef\u00e4sswand \u00e4ndert. Dieses Unternehmen k\u00f6nnte m\u00f6glicher Weise von einer \u00e4hnlichen Bedeutung f\u00fcr die Erkenntniss der lebendigen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand und ihres Einflusses auf den Blutstrom werden, wie es die Untersuchungen am ausgeschnittenen Nerven-Muskelpr\u00e4-parate f\u00fcr die lebendigen Muskelbewegungen geworden sind. Diese Hoffnung geht meiner Ueberzeugung nach ihrer Erf\u00fcllung entgegen, wenn auch die vorliegende Untersuchung nur den ersten Schritt auf einer langen Bahn gethan hat.\nBevor ich mit der Darstellung meiner eigenen Versuche beginne darf ich nicht unerw\u00e4hnt lassen dass sich schon vor mir Herr Prof. P. Heger mit demselben Gegenst\u00e4nde in dem hiesigen Institute besch\u00e4ftigt hat. Von dem Ergebniss seiner Arbeit gab er in einer Th\u00e8se \u00bbExperiences sur la circulation du sang dans des Organes isol\u00e9s Bruxelles 1873\u00ab Nachricht. Obwohl Herr Heger","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"306] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 157\ndurch seine Berufsgesch\u00e4fte daran verhindert war den Beobachtungen die erforderliche Ausdehnung zu geben, so verdanke ich ihm doch manchen Fingerzeig der mir sehr zu gute gekommen ist.\nI. Anordnung des Versuches.\nInsofern sich der Versuch, wie es in der Regel der Fall sein wird, auf undurchsichtige Gef\u00e4ss-Gebiete erstreckt, k\u00f6nnen die verschiedenen Nachgiebigkeitsgrade 'der Wand nur aus den Variationen erkannt werden, welche die Stromst\u00e4rke erf\u00e4hrt, trotzdem dass sich die Druckunterschiede an den Grenzen der Strombahn und die mechanischen Eigenschaften der Fl\u00fcssigkeit unver\u00e4ndert erhalten haben. Wenn unter diesen Beding- , ungen das in der Zeiteinheit ausgeflossne Volumen gewachsen w7ar, so durfte man auf eine vermehrte, im entgegengesetzten Falle aber auf eine verminderte Dehnbarkeit schliessen. Als eine unentbehrliche Zugabe zur Ermittelung der Stromst\u00e4rke musste, wie die Versuche alsbald lehrten, die Bestimmung des mit der Stromdauer ver\u00e4nderlichen Organ-Volums hinzutreten, w'eil nur hiedurch festzustellen war, ob eine Hemmung des Stromes durch die Wand im engeren Wortsinn genommen oder durch eine Schwellung der sie umgebenden Gew'ebsmassen verursacht war. Ist dieses letztere der Fall, so vermindert sich die Ausflussgeschwindigkeit mit dem steigenden Umfange des Organs. \u2014 Da in jedem meiner Versuche der Druck und die mechanischen Eigenscha ften der str\u00f6menden Fl\u00fcssigkeit constant bleiben mussten, so beschr\u00e4nkten sich die Variationen einerseits auf die Aender-ungen im Gasgehalt des Blutes und auf Vergiftungen desselben durch sehr kleine Dosen von Arzneimitteln und andererseits auf electrische Beizungen des durchstr\u00f6mten Organes und auf die Ungleichheit seines lebendigen Zustandes wie sie sich nach verschieden langer Dauer des Ueberlebens von selbst einstellt. Den ausgesprochenen Forderungen gem\u00e4ss musste mein Apparat aus mehreren St\u00fccken bestehen : einem n\u00e4mlich durch welches der Druck an der Arterienm\u00fcndung beliebig ver\u00e4nderlich, aber f\u00fcr die Dauer einer bestimmten Zeit constant gemacht werden konnte ; einem zw'eiten durch welches das ver\u00e4nderliche Volumen des Organes, und einem dritten durch welches die aus der Vene geflossene Blutmenge zu messen war.\nMaassregeln zur Erhaltung des unver\u00e4nderlichen Druckes. \u2014 Der Theil des Apparates durch welchen der f\u00fcr passend erachtete","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nDr. A. Mosso,\n[307\nDruck w\u00e4hrend der Dauer einer Beobachtung constant erhalten wurde, bestand (Figur 1) aus einer mariottischen Flasche B, welchean einem Seile A befestigt war, das \u00fcber eine an der Zimmerdecke eingeschraubte Rolle lief. Mit Hilfe einer Kurbel und eines Sperrrades konnte jene h\u00f6her oder niedriger gestellt werden. Der Hals dieser Flasche tauchte in einen Trichter C, welcher in einen Kautschukschlauch DD' auslief und mit einer ger\u00e4umigen Woulffschen Flasche E in Verbindung stand. Die Luft welche in dieser Flasche eingeschlossen war, lag also unter dem constanten Drucke einer beliebig hohen Wassers\u00e4ule, sie konnte vermittelst eines Glashahnes Fund eines Kautschukrohres zu anderen kleinen mariottischen Flaschen GG\u2019, in welchen das Blut f\u00fcr den k\u00fcnstlichen Kreislauf enthalten war, geleitet werden.\nJede dieser kleinen mariottischen Flaschen GG' bestand aus einem Kolben mit langem Halse, welcher in ein cylindrisches Gef\u00e4ss HH' (Pulverglas) eintauchte und beinahe bis auf dessen Boden herabging. Der Hals des Kolbens war durch einen Kautschukst\u00f6psel gef\u00fchrt, welcher das Pulverglas gegen die Atmosph\u00e4re abschloss, dieser Stopfen war ausserdem noch von einer Zinnr\u00f6hre durchsetzt, welche die comprimirte Luft aus demDi uck-gef\u00e4sse E zuf\u00fchren konnte. Der Boden des Pulverglases trug in der Milte einen Tubulus; durch diesen wurde vermittelst eines Trichters Blut in den Kolben eingegossen, w\u00e4hrend dessen M\u00fcndung nach oben gerichtet war. Hierauf wurde bevor der Kolben umgest\u00fcrzt ward an die Ausflussrohre eines jeden Pulverglases ein Kautschukschlauch LL' befestigt, der das Blut in die Organe leitete. Der mit Blut gef\u00fcllte Kolben functionirte sonach ebenfalls als mariottische Flasche. Solcher Systeme waren % oder 3 zur Disposition und konnten durch Quetschh\u00e4hne mit der Druckflasche beliebig in oder ausser Verbindung gesetzt werden. Die mariol-tischen Flaschen erhielten demnach das zur Circulation zugelassene Blut unter dem genannten constanten Drucke.\nDa der Spiegel des Blutes in den einzelnen Gef\u00e4ssen stets in derselben Horizontalebene beharrt und der Druck in der Woulffschen Flasche immer constant bleibt, so ist nicht zu bezweifeln dass ein solcher Apparat den Circulationsdruck gleich-m\u00e4ssig erh\u00e4lt. D*ie Abflussr\u00f6hren der kleinen mariottischen Flaschen waren durch Glash\u00e4hne .1/1/' sperrbar, und m\u00fcndeten s\u00e4mmtlich in ein Sammelrohr ein, welches das Blut zu der Arterie des untersuchten Pr\u00e4parates f\u00fchrte. Ein Quecksilbermano-","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"308] Von einigen neuen Eigenschaften der Gffasswand. 159","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"Dr. A. Mosso,\n160\n[309\nmeter N unmittelbar vor dem Eintritt in den Beh\u00e4lter, in dem das Organ lag, gestattete den Blutdruck abzulesen.\nEin flaches cylindrisches Pr\u00e4paratenglas P von 15 Centim. Durchmesser durch einen eingeschliffenen Glasdeckel 0 verschliess-bar, nahm das durchstr\u00f6mte Organ z. B. die Niere auf. Diese wurde auf ein seidenes Netz gelagert, welches sich mittelst eines Binges frei im Glase ausspannte. Der Boden des Pr\u00e4paratenglases lief in der Mitte in einen' Trichter Q aus, der mit einer graduirten und unten mit einem Hahn versehenen R\u00f6hre in Verbindung stand. Auf diese Weise konnte also die Menge der Exsudate und des ausgetretenen Blutes bestimmt und beliebig vermittelst des Hahnes herausgelassen werden.\nDie cylindrische Seitenwandung des Glasgef\u00e4sses war von drei Glasr\u00f6hren durchsetzt, die erste \u00fcber P diente dazu, das Blut dem Organe zuzuf\u00fchren, das zweite Rohr leitete das aus der Vene str\u00f6mende Blut in ein manometer-f\u00f6rmiges Glasrohr RR\u2019, das dritte {/brachte das Oliven\u00f6l, welches den von der Niere freigelassenen Raum des Pr\u00e4paratenglases f\u00fcllte, in Communication mit einem zu beschreibenden Registrirapparate.\nMessung des Organ-Volums durch den Plethysmographen. *)\nI m eine schnelle, genaue und continuirliche Bestimmung des ver\u00e4nderlichen Volumens der Niere auszuf\u00fchren, lag der Gedanke nahe, dieselbe in einen mit einer indifferenten Fl\u00fcssigkeit, also mit Oel, gef\u00fcllten und abgeschlossenen Raum zu bringen und die Quantit\u00e4t des Oeles zu messen, die aus einer Oeffnung durch eine R\u00f6hre hinein- oder herausfliessen musste, je nachdem das Organ sich verkleinerte oder vergr\u00f6sserle. Die Ausf\u00fchrung dieser Forderung, deren L\u00f6sung so einfach schien, zeigte in der Ausf\u00fchrung einige Schwierigkeiten. Es ist n\u00e4mlich die Niere, ebenso wie jedes andere Organ, gegen den Druck, der auf ihre Oberfl\u00e4che ausge\u00fcbt wird, ausserordentlich empfindlich ; darum zeigten sogleich die ersten Versuche, bei denen das von der anschwellenden Niere verdr\u00e4ngte Oel in eine vertical auf dem Deckel des Beh\u00e4lters errichtete R\u00f6hre stieg, dass schon ein Druck von wenigen Centimelern einer Fl\u00fcssigkeit von so geringem specifischem Gewichte hinreichend war, um den Abfluss des ven\u00f6sen Blutes zu beeintr\u00e4chtigen. Jetzt musste man also darauf bedacht sein,\n*) ttXy)!)uo(a\u00f6\u00ab abgeleitet von itXYj\u00e4\u00fcvro = f\u00fcllen, vermehren.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"310] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 161\neinen Apparat zu construiren mit welchem die Ver\u00e4nderung in dem Volumen des Oeles genau gemessen werden konnte, ohne dass dieses einen Druck auf die Niere aus\u00fcbte. Dieses gelang fol-gendermassen : a. Ein sehr d\u00fcnnwandiges ungef\u00e4hr 16 Centimeter langes Probirgl\u00e4schen V war an zwei Seidenf\u00e4den bb' aufgeh\u00e4ngt die Uber eine doppelte Rolle \u00c4'liefen und anderseits durch ein St\u00fcck Blei und eine Glasfeder Z' wie sie zum Schreiben auf das Kymographion dient das Probirglas aequilibrirten. \u2014 \u00df. Eine Glasr\u00f6hre T leitete aus der oben beschriebenen Seiten\u00f6ffnung U des Nierenrecipienten P das verdr\u00e4ngte Oel in das Probirgl\u00e4schen V, der Art, dass der absteigende R\u00f6hrenschenkel, dessen M\u00fcndung sich im Niveau der Einfluss\u00f6ffnung befand, den Auf- und Niedergang des Probirgl\u00e4schens innerhalb der hier in Betracht kommenden Grenzen nicht hinderte. \u2014 y. Ein grosses Becherglas 7 w;ar mit Oel gef\u00fcllt, in welches das Probirgl\u00e4schen V gesenkt und so gestellt wurde, dass sein Fl\u00fcssigkeitsniveau in gleicher H\u00f6he mit den Abflussrohren des ven\u00f6sen Blutes und des Oeles im Nierenrecipienten stand.\nBei Beginn jedes Versuches war das Probirgl\u00e4schen V so hoch gezogen, dass es die Oberfl\u00e4che des Oeles gerade ber\u00fchrte und der verticale Schenkel des Bohres T, welches das aus dem Recipienten verdr\u00e4ngte Oel in das Probirgl\u00e4schen leitete, nahe \u00fcber dem Boden desselben,, aber wenig \u00fcber dem Oelniveau des Becherglases feslgehalten wurde. Nun ist es leichtverst\u00e4ndlich, dass sich milder Vergr\u00f6sserung der Niere eine ihrer Volumvermehrung gleiche Menge von Oel in das Probirgl\u00e4schen begiebt, dass dieses aber in das mit Oel gef\u00fcllte Becherglas so weit herabsinkt bis es ein seinem Inhalt entsprechendes Quantum Oel verdr\u00e4ngt hat. Wenn sich die Niere wieder verkleinert, wird Oel angesaugt und das erleichterte Probirgl\u00e4schen schwimmt nach oben. \u2014 Stellen wir uns ein Glasrohr mit gew'ichllosen W\u00e4nden vor und ferner, dass der mit Oel gef\u00fcllte Beh\u00e4lter gross genug sei, um bei einer Aenderung des Volumens der in ihm enthaltenen Fl\u00fcssigkeit wie sie durch den eintauchenden Cylinder erzeugt wird keine bemerkbare Niveau\u00e4nderung hervorbringt, so ist klar, dass der Cylinder beliebig in die H\u00f6he steigen oder abw\u00e4rts gehen k\u00f6nnte, ohne dass eine Aenderung im Niveau des Oeles innerhalb des \u00e4usseren und des inneren Gef\u00e4sses erfolgte. Da aber unser Ilohlcylinder nicht von gewichllosen W\u00e4nden umschlossen wird, so folgt\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nDr. A. Mosso,\n[311\ndaraus, dass er durch sein Eintauchen in Oel auch so viel an Gewicht verlieren wird, als ein gleich volumin\u00f6ser Cylinder wiegt, dessen W\u00e4nde aus Oel bestehen. Diese Verminderung des Gewichtes auf der einen Seite wird nat\u00fcrlich das vorher vorhandene Gleichgewicht st\u00f6ren; in Folge hievon muss das leichter gewordene Probirgl\u00e4schen seine Einbusse durch einen Oelgehalt aus-gleichen, mit andern Worten es sinkt dasselbe nicht so tief ein bis das Niveau des Oels in ihm und im Becherglas auf gleicher H\u00f6he liegt, sondern nur so lange, bis das Gewicht der Oelschicht die in seinem Innern \u00fcber das Oelniveau des Becherglases hervor ragt, gleich dem Verlust an Gewicht ist den seine Wand durch das Eintauchen erlitten hat.\nDieser Unterschied im Niveau, welcher in unseren Versuchen nur in wenigen F\u00e4llen die Gr\u00f6sse von einem Centimeter erreichte, war jedoch meistentheils so gering, dass er leicht ausgeglichen oder auch ganz vernachl\u00e4ssigt werden konnte. Es handelte sich ja haupts\u00e4chlich nur darum, dass das Probirgl\u00e4schen jede Vermehrung und Verminderung des in ihm enthaltenen Oeles aufschrieb ; dieser Zweck war nahezu dadurch erreicht, dass ich ein sehr d\u00fcnnwandiges und gleichm\u00e4ssig weites Reagenzgl\u00e4schen anwendete.\nIn dem Falle wo ich die Volum\u00e4nderungen nicht auf der Trommel verzeichnen lassen wollte, konnte ich dieselben direct an dem graduirten und genau calibrirten Reagenzgl\u00e4schen ablesen. \u2014\nSchon an diesem Orte mag es passend sein, die Ursachen zu besprechen, durch welche sich das Volumen der in das Oel eingeschlossenen Theile \u00e4ndert. Eine erste derselben beruht auf dem Hervortreten von Blut aus feinen nicht unterbundenen Gef\u00e4ssen und auf Exsudaten die sich auf die Oberfl\u00e4che des Organes ergiessen. Da sich diese Fl\u00fcssigkeiten mit dem Oel nicht mengen und schwerer als diese sind, so sinken sie unvermischt zu Boden und von dort in das eingesetzte Glasrohr. Die Mengen der ergossenen Fl\u00fcssigkeit k\u00f6nnen sonach bevor oder nachdem sie abgelassen sind gemessen werden. Beachtenswerth ist es dass w\u00e4hrend gewisser Perioden des Versuches eine Blutung erscheint, zu anderen Zeiten aber wieder vollkommen erlischt.\nDas Volum des vom Oel umschlossenen Organes kann sich auch mehren durch Exsudate welche in den Binnenraum desselben erfolgen (Oedeme) , oder auch weil die urspr\u00fcngliche","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"312] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 163\nElasticit\u00e4t der Gef\u00e4sswand eine Einbusse erfahren hat (passive Hyper\u00e4mie).\nIn der Curve des Plethysmographen pr\u00e4gen sich diese Vorg\u00e4nge dadurch aus, dass dieselbe mit der wachsenden Dauer des Stromes stetig ansteigt, trotzdem dass keine w\u00e4sserige Fl\u00fcssigkeit in das Oel Ubergetreten ist. Die Aenderung des Volum kann in diesem Falle durch W\u00e4gungen der Niere vor und nach dem Versuche constatirt werden. Dass die Gewichtszunahme zum Theil auf einen vermehrten Blutgehalt zur\u00fcckzuf\u00fchren sei, ergiebt sich aus der Farbe ; in der Regel ist diese viel dunkler, nachdem der k\u00fcnstliche Blutstrom dauernd bestanden, als zu der Zeit in welcher die Niere aus ihrem nat\u00fcrlichen Standorte entfernt wurde.\nEine dritte Gattung von Volum\u00e4nderung geht mit der St\u00e4rke des Stromes einher. Dieses kann so geschehen, dass die Ausflussmenge aus der Vene und das Volumen der Niere gleichzeitig wachsen und sinken, oder auch so, dass mit dem zunehmenden Volumen des Organes die Ausflussgeschwindigkeit abnimmt. \u2014 Im ersteren Falle wird man auf eine allgemeine Erweiterung der Strombahn zu schliessen haben die in Folge einer vermehrten Nachgiebigkeit der Arterienwand und des hiedurch beschleunigten Zuflusses in die Capillaren eintrilt.\nWenn dagegen mit der abnehmenden Ausflussmenge das Nieren-Volum w\u00e4chst und letzteres auch alsbald wieder abnimmt wenn die erstere im Ansteigen begriffen ist, so kann dieses soweit ich sehe nur aus einem Wechsel von Verengerung und Erweiterung erkl\u00e4rt werden, der in den Stromwegen zwischen der Ausflussm\u00fcndung und den Capillaren, also in den Venenwurzeln eintritt.\nMessungen der aus der Vene fliessenden Blutmenge. \u2014 Das letzte St\u00fcck meines Apparates (p. 159) bestand aus einem U-f\u00f6rmigen Rohre RR', in dessen einen Schenkel R das ven\u00f6se Blut einfloss, w\u00e4hrend sich in dem andern ein Schwimmer R' befand, welcher die Menge des eingeflossenen \u00dflutesaufdie Trommel aufzeicli-nete. Die beiden Schenkel waren gleichweit und graduirt ; jedem Centimeter H\u00f6he entsprach ann\u00e4hernd genau ein Ccm. Blut. Diese Einrichtung gew\u00e4hrte den Vortheil, das augeflossene ven\u00f6se Blut direct von der Trommel in Ccm. ablesen ?u k\u00f6nnen. Weil aber eine solche Messung f\u00fcr jede Zeiteinheit des Versuches wiederholt werden musste, so setzte sich das untere Ende des","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nDr. A. Mosso\n[313\nU-f\u00f6rmig gebogenen Rohres in eine R\u00f6hre fort, die mit einem Hahn S versehen war; so konnte man nach jeder Ausflussbestimmung die Feder des Schwimmers wieder auf die Abscisse zur\u00fcckbringen.\nVorbereitung der Niere. \u2014 Die ersten Versuchsreihen die ich mit Hilfe dieses Apparates ausf\u00fchrte, geschahen an den Nieren grosser Hunde. Um sie der Reobachtung zug\u00e4ngig zu machen verfuhr ich folgendermassen. Nach einer anf\u00e4nglichen Blutung aus den Carotiden, welche bis zum Beginn der bekannten Kr\u00e4mpfe fortdauerte, wurden die Arterien wieder geschlossen und das Thier sich selbst \u00fcberlassen. W\u00e4hrenddess wurde das Blut defibrinirt und theilweise in eine Flasche gef\u00fcllt, um sogleich nach dem Tode das gerinnbare Blut aus der Niere entfernen zu k\u00f6nnen. War dieses vollendet, so wurden die Arterien von Neuem ge\u00f6ffnet. Bei der zweiten Blutung die bis zum Tode des Thieres dauerte, wandten wir jeden Kunstgriff an, um aus den Gef\u00e4ssen des Thieres m\u00f6glichst viel Blut zu gewinnen.\nSobald der Mangel an Blut oder ein Stich in das verl\u00e4ngerte Mark das Thier empfindungslos gemacht hatte, wurde die Bauchh\u00f6hle ge\u00f6ffnet und eine Can\u00fcle in die Nierenarterie, eine andere in die Nierenvene eingebunden, dann wurden alle die kleinen Gef\u00e4sse, welche mit benachbarten Geweben communicirten, unterbunden und in wenigen Minuten konnten w'ir die Niere herausnehmen um sofort den k\u00fcnstlichen Kreislauf einzuleiten, durch welchen zun\u00e4chst das gerinnbare Blut aus der Niere entfernt werden sollte. Die Beschreibung dieser Vorbereitung darf ich nicht schliessen ohne die Bemerkung einzuschallen, dass auf das sorgf\u00e4ltigste dem Eintritt von Luft in die Nierengef\u00e4sse vorgebeugt wurde. Zu diesem Zwecke legte ich, ehe die Niere von ihrem nat\u00fcrlichen Standort entfernt war, eine Schlinge um die Arterie unmittelbar vor ihrer Theilung und setzte in den Stamm die Glascan\u00fcle ein. Bevor die letztere an den Schlauch der Druckflasche gesetzt wurde, f\u00fcllte ich mit einem fein ausgezogenen Glasr\u00f6hrchen ihr Lumen vollkommen mit defibrinirtem Blute aus.\nII. Beginn des k\u00fcnstlichen Stromes.\nWenn man nach Vollendung aller Vorbereitungen den Hahn der Flasche \u00f6ffnet, welche das defibrinirte Blut enth\u00e4lt mit dem man den Rest des gerinnbaren aus der Niere auszuwaschen","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"314] Yon einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 165\nw\u00fcnscht, so ereignet es sich \u00f6fter, dass das in den Arterienstamm eingedrungene Blut nicht vorw\u00e4rts schreitet, obwohl es unter einem Drucke ruht, der sonst durch andere und auch sp\u00e4ter durch dieselbe Niere den Strom zu unterhalten vermag. Erst nach Ver-fluss einer l\u00e4ngeren Zeit, die von einigen Minuten bis'zu einer vollen Stunde dauern kann, setzt sich das Blut in Bewegung. Sowie dieses geschieht, f\u00e4rbt sich die bis dahin r\u00f6thlich gelbe Oberfl\u00e4che der Niere dunkler. Diese Farben\u00e4nderung beginnt jedoch nicht \u00fcberall gleichzeitig; zun\u00e4chst r\u00f6then sich einzelne Inseln, die ihrem gr\u00f6sseren F\u00fcllungszustand entsprechend \u00fcber den Spiegel der blassgebliebenen Fl\u00e4chen emporsteigen. Al 1\u2014 m\u00e4hlig nimmt die Zahl der durchstr\u00f6mten Orte zu, bis schliesslich die F\u00e4rbung und der Schwellungsgrad \u00fcberall die gleichen sind.\nDie Ursache der beschriebenen Stockung darf nicht in verstopfenden Gerinnseln gesucht werden und zw\u00e0r desshalb nicht, weil der Arterienstamm leer war bevor das defibrinirte Blut eindrang. H\u00e4tte er aber auch gerinnbares Blut enthalten, so w\u00fcrde dasselbe wegen der kurzen seit dem Finde des nat\u00fcrlichen Stromes verflossenen Zeit innerhalb der Gef\u00e4sse noch nicht geronnen sein. Bei der Anwesenheit von Gerinnseln w\u00fcrde zudem der pl\u00f6tzliche, oft schon nach wenigen Minuten erfolgende Eintritt des Stromes unm\u00f6glich werden. Gegen ihre Anwesenheit spricht auch das allm\u00e4hlig auf einander folgende Einfliessen des Blutes in die einzelnen Abtheilungen der Niere; denn da die Stockung urspr\u00fcnglich eine vollst\u00e4ndige war, so k\u00f6nnte diese, unter der Voraussetzung dass sie von Blutpfr\u00f6pfen abhinge, doch nur durch eine bedeutende Gr\u00f6sse der letzteren bedingt sein.\nEndlich aber ist es ganz unthunlich die Hemmung des Stromes alsdann verstopfenden Gerinnseln zuzuschreiben, wenn, wie es \u00f6fter geschieht, der schon im vollen Gang begriffene Fluss des faserstofffreien Blutes ganz pl\u00f6tzlich von Neuem stockt um darauf abermals in Bewegung zu gerathen.\nNicht jede der frisch ausgeschnittenen Nieren verwehrt dem Blute den Eingang. Sie zeigen sich im Gegentheil nach dieser Dichtung hin mit sehr verschiedenen Eigenschaften begabt. Am ausgepr\u00e4gtesten beobachtete ich den Eingangswiderstand an den Nieren zweier alten Hunde und \u00f6fter an denen der Kaninchen. Bei diesen letzteren gelang es die Bahnen durch Eintauchen der Organe in eine halbprocentige Kochsalzl\u00f6sung zu er\u00f6ffnen, die auf 37\u00b0 G. erw\u00e4rmt war.","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nDr. A. Mosso,\n[315\nDie Arterien der Niere verhalten sich also dem defibrinirten Blute gegen\u00fcber bald wie die des Darmes und der Haut und bald wie die der quergestreiften Muskeln, von denen sich die ersteren gegen den Eintritt des Blutes sehr anhaltend sperren, w\u00e4hrend die der letzteren denselben ungehindert geschehen lassen.\nNachdem durch einen mehrere Minuten lang fortgesetzten Strom defibrinirten alles gerinnbare Blut aus den Gef\u00e4ssen der\nl-ig. 2.\nDefibrinirtes arterielles (apnoisches) Blut str\u00f6mt unter einem Druck von \u00ab0 Mm. Hg. durch die seit zwei Stunden \u00fcberlebende Niere. Die geraden ausgezogenen Linien messen d. Volum des in 1. Min. aus der Vene geflossenen Blutes. Ein Ctm. ihrer L\u00e4nge entspricht 2 Ccm. Blut. Die gebrochene Linie Fist vom Plethysmographen geschrieben; sie giebt also die Volum\u00e4nderung der Niere an.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"316] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 167\nNiere ausgesp\u00fclt, diese mit den schon erw\u00e4hnten Vorsichten in das Innere de\u2018s Pr\u00e4paratenglases gebracht und mit Oel umgeben ist, wird der Blutstrom von Neuem eingeleitet. Von diesem Augenblicke an, wo die Beobachtung des Stromes mit genaueren Hilfsmitteln geschieht, bemerkt man eine Schwellung der Niere, die einige Zeit hindurch fortschreitet, bevor das Blut aus der Vene abtropft. Alsbald erreichen Strom und Schwellung des Organes ein Maximum ; auf diesem erhalten sie sich jedoch meist nur kurze Zeit, indem beide und vor allem die Geschwindigkeit geringer und geringer werden (siehe Fig. 2).\nDieses Absinken erfolgt jedoch nicht immer so stetig, wie in dem eben vorgeleglen Beispiel ; es kann auch mit Schwankungen geschehen, indem Zeiten gr\u00f6sserer mit solchen von kleinerer Geschwindigkeit abwechseln, wobei sich dieser letzteren entsprechend auch das Volumen der Niere \u00e4ndert.\nFig. 3.\nApnoisches Blut. Druck 80 Mm. Ilg. Niere sogleich nach dem Tode. Die geraden Linien messen das Volum des in 2 Minuten aus d. Vene geflossenen Blutes; jeder Ctm. entspricht einem Ccm. Blut.\nDie gebrochene Linie 7ist vom Plethysmographen gezeichnet; sie misst die Volum\u00e4nderung der Niere.\nDiese Schwankungen geschehen ohne dass auch nur die geringste Ver\u00e4nderung in den \u00e4usseren Bedingungen eintritt unter welchen sich die Niere befindet. Da der Slromdruck, die Art des Blutes, die Temperatur, die Lage und Gestalt der Ausflussm\u00fcndung durchaus die gleichen bleiben, w\u00e4hrend die Geschwindigkeit des Stromes und das Volumen der Niere sich auffallend ver\u00e4ndern, so muss die Ursache hief\u00fcr im Innern der Niere selbst gelegen sein.\nBei der Frage nach dem Mechanismus, welcher jenem Wech-","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nDr. A. Mosso,\n[317\nsel der Stromgeschwindigkeit zu Grande liegt, erinnert man sich sogleich der bekannten Bewegungen kleiner Arterien innerhalb solcher Gef\u00e4ss-Gebiete, deren Nerven aus ihrer Verbindung mit dem Gehirn und dem R\u00fcckenmarke gel\u00f6st waren. Nachdem zuerst durch die sorgf\u00e4ltigen und oft best\u00e4tigten Beobachtungen von Schiff eigene Bewegungen der Gef\u00e4sswand in den kleinen Arterien der Ohrmuschel bekannt geworden waren und Lov\u00e9n gezeigt hatte, dass \u00e4hnliches auch an anderen Orten stattfinde, suchte man allgemein ihre Veranlassung in ver\u00e4nderlichen Erregungen der Gef\u00e4ssnerven von Seiten der automatischen und reflectorischen Centren. Ohne zu bestreiten, dass hierin f\u00fcr gew\u00f6hnlich eine ergiebige Quelle der rhythmisch auftretenden Arterien-Contractionen zu finden sei, haben indess sp\u00e4ter Gunning und Cohnheim am Frosch, L. Brunton am Kaninchen nachgewiesen , dass die Dazwischenkunft der nerv\u00f6sen Centren f\u00fcr die eigenen Bewegungen der kleinen Arterien nicht noth wendig sei.\nDie Gr\u00fcnde, welche mich bestimmten, die periodisch wie-derkehrcnd\u00e8n Schwankungen in dem Strome und im Umfang der ausgeschnittenen Niere auf Bewegungen ihrer kleinen Arterien zu beziehen, sind manigfaltig. Zun\u00e4chst sprechen hief\u00fcr die zeitlichen Erscheinungen beider Vorg\u00e4nge, denn die sichtbaren Zusammenziehungen der lebenden Gef\u00e4sse, deren Nerven durchschnitten sind, und die uns hier besch\u00e4ftigenden Ver\u00e4nderungen im \u00fcberlebenden Organe treten beide in unregelm\u00e4ssigen Intervallen auf, sie kehren, einmal erschienen, an demselben Orte wiederholt zur\u00fcck und die Umformung des erschlafften in den zusammengezogenen Zustand beziehungsweise der Uebergang aus einer Geschwindigkeit in die andere erfolgt ganz allm\u00e4hlig und beansprucht beide Male ungef\u00e4hr dieselbe Zeit. \u2014 Es erkl\u00e4ren sich auch die Beziehungen, welche zwischen der Aenderung des Umfanges der Niere und ihrer Stromgeschwindigkeit bestehen, aus einem Hinderniss, welches die Zusammenziehung der kleinen Arterien dem Fliessen bereitet.\u2014 Zudem empf\u00e4ngt man aus den Erscheinungen , unter welchen der Strom in der ausgeschnittenen Niere nach einer vollst\u00e4ndigen Hemmung desselben beginnt, den unmittelbaren Nachweis daf\u00fcr, dass die Ursache dieser letzteren in einer Verschliessung der kleinen Zuflusswege begr\u00fcndet gewesen sei. \u2014 Hiezu kommt, dass sich ausser den selbstst\u00e4ndigen Bewegungen der Gef\u00e4sswand keine Veranlassung f\u00fcr die Schwankungen des Stromes finden l\u00e4sst. \u2014 Endlich steht auch","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"318] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 169\nder Annahme von eigenen Bewegungen nichts entgegen, seitdem wir wissen, dass die irritablen Eigenschaften der Gewebe sich in \u00fcberlebenden Organen sehr lange und sehr vollkommen erhalten, wenn diese von arteriellem Blute durchstr\u00f6mt werden. Sonach w\u00e4re es auffallend, wenn bei den vorliegenden Versuchen die selbstst\u00e4ndigen Zusammenziehungen der Arterienwand g\u00e4nzlich ausblieben. Aus allen diesen Gr\u00fcnden w\u00fcrde ich auch ohne weitere Beweise nicht angestanden haben, die Veranlassung f\u00fcr die vollst\u00e4ndigen und theilweisen Stromhemmungen auf Rech-nung der rhythmisch wiederkehrenden Contractionen kleiner Arterien zu schieben, wenn nicht die Einsprache einer anderen Thatsache zu beseitigen gewesen w\u00e4re.\nIn den ersten Stunden des Ueberlebens schwankte die Geschwindigkeit des Stromes und das Volum der Niere allerdings am h\u00e4ufigsten und am ausgesprochensten, aber es geschah dieses doch auch noch in viel sp\u00e4teren Zeiten, namentlich sah ich die rhythmischen Aenderungen wiederholt erscheinen, wenn die Niere nach einer l\u00e4nger dauernden Durchleitung defibrinirten Blutes aus dem Oel genommen, auf Eis gelegt und dann erst nach vielen Stunden den Durchleitungsversuchen von Neuem unterworfen war. Sollten die rhythmischen Aenderungen verschwinden, so musste die Niere mindestens 24 Stunden aus dem Thier entfernt gewesen sein und auch dann traten noch Erscheinungen ein, die sich ohne Schwierigkeit aus den \u00fcbrig gebliebenen Besten der Contractionsf\u00e4higkeit erkl\u00e4ren Hessen. Eine solche Hartn\u00e4ckigkeit forderte mich selbstverst\u00e4ndlich dazu auf, nach einem unverf\u00e4nglichen Beweise daf\u00fcr zu suchen, dass sich unter den angef\u00fchrten Bedingungen die Reizbarkeit der Nierengef\u00e4sse so lange, wie es hier vorausgesetzt werden muss, erhalten k\u00f6nne.\nIII. Verhallen des k\u00fcnstlichen Blutstromes w\u00e4hrend der electrischen Reizung der Nieren.\nDas Unternehmen, die rhythmischen Aenderungen im Volum der Niere und in der Geschwindigkeit ihres Stromes aus den Contractionen der Gef\u00e4ssw\u00e4nde zu erkl\u00e4ren, war nur dann f\u00fcr zul\u00e4ssig zu erachten, wenn sich dieselben nach Willk\u00fcr mittelst electrischer Stromschwankungen erzeugen Hessen. Zu ihrer Anwendung musste also vor allem geschritten werden. Um den electrischen Strom auf eine Niere wirken zu lassen, die auf die fr\u00fcher","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nDr. A. Mosso,\n[319\nbeschriebene Weise vom Blute durchflossen war, legte ieh um sie zwei Electroden von Stanniol. Diese umgaben die ganze Oberfl\u00e4che derselben mit Ausnahme einer Zone von etwa einem Centimeter Breite, welche dem gr\u00f6ssten Durchmesser der Niere entlang lag. Um es dem Oel unm\u00f6glich zu machen sich als isolirende Schicht zwischen die einander zugekehrten Fl\u00e4chen der Electrode und der Niere einzudr\u00e4ngen, wurde zwischen beide ein L\u00f6schblatt eingelegt, das mit einer halbprocentigen Kochsalzl\u00f6sung durchtr\u00e4nkt war.\nDa die Blutgef\u00e4sse des lebenden Thieres gegen die Angriffe der Inductions-Electricil\u00e4t sehr empfindlich sind, so begann ich meine Reiz versuche mit dem Schlittenapparat von du Bois. Seine Schl\u00e4ge waren jedoch auf den Blutstrom und das Volumen der Niere ohne alle Wirkung, trotzdem dass ich die Intensit\u00e4t des Stromes von Null bis zu sehr hohen Werthen anwachsen liess. Als diese versagt hatten, wurde zu der Anwendung eines con-stanten eleclrischen Stromes gegriffen. Weil nun aber der Leitungswiderstand der Niere voraussichtlich ein grosser war, so ordnete ich f\u00fcnf kleine grovesche Elemente hintereinander an und schaltete in den Kreis einen Quecksilberschluss. W\u00e4hrend der Zeit in welcher der galvanische Reiz wirken sollte, wurde die Kette alle Secunden einmal ge\u00f6ffnet und geschlossen, so dass also in der Minute hundertundzwanzig electrische Schwankungen bewirkt wurden. Mit diesem Verfahren war ich gl\u00fccklicher als mit Hilfe der Inductionsschl\u00e4ge. Ein Beispiel des erzielten Resultates giebt die folgende graphische Darstellung der Aende-rungen des Volums und der Geschwindigkeit (siehe Fig. 4).\nW\u00e4hrend einer jeden electrischen Reizung minderte sich also bald mehr bald weniger die Geschwindigkeit des Blutstromes und das Volum und jedesmal folgte nach Beendigung des Reizes ein beschleunigtes Fliessen und ein Anwachsen des Umfanges. Die Erscheinungen gestalteten sich demnach genau so, wie sie in Folge der electrischen Einwirkungen auf ein contractions- und erm\u00fcdungsf\u00e4higes Gebilde zu erwarten waren.\nBei dieser Gelegenheit will ich nicht unterlassen auf die ungemeine Empfindlichkeit des Blutstromes als Pr\u00fcfungsmittel f\u00fcr die Aenderungen der Gef\u00e4sslichtung hinzuweisen. Denn es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass eine Verengung der aus zahlreichen Zweigen zusammengesetzten Bahn die Geschwindigkeit des Ausflusses aus den Venen schon sehr merklich massigen","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"320] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 171\nkann, wenn jene unmittelbar an dem einzelnen Gef\u00e4sse selbst mit hohen Vergr\u00f6sserungen kaum zu erkennen gewesen.\nAuch der Umstand verdient eine Erw\u00e4hnung dass die \u00fcberlebenden Nieren auf den Inductionsstrom nicht reagiren, w\u00e4hrend doch bekanntlich die Wandungen der Arterien und der Ca-pillaren (Stricker, Golubew, Tarchanoff) durch denselben sehr leicht ver\u00e4ndert werden. Dieser Unterschied des lebenden\nFig. 4.\nApnoisches Blut unter dem Druck von 70 Mm. Hg. Niere gleich nach dem Tode. Die geraden Linien geben das in 1 Min. aus der Vene geflossene Blut an. 1 Ctm. L\u00e4nge derselben gleich 2 Ccm. Blut. Die gebrochene Linie ist vom Plethysmographen gezeichnet, sie giebt die Yolum\u00e4nderungen der Niere. Das R unter der Abscisse giebt die Zeit der electrischen Reizung; diese dauerte jedesmal 1 Minute hindurch. P' und P\" unter der Abscisse bedeuten dass zu jener Zeit 10 bez. 60 Minuten hindurch der Blutstrom unterbrochen war.","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nDr. A. Mosso,\n[321\nund des \u00fcberlebenden Organes l\u00e4sst sich nach Analogie mit anderen bekannten Thatsachen auf das Absterben der Nerven zur\u00fcckf\u00fchren. Bei dieser Voraussetzung bleibt es allerdings auffallend, wesshalb sich die nach den gegenw\u00e4rtigen Vorstellungen nervenlosen Kerne der Capillarwandungen w\u00e4hrend des Lebens, nicht aber w\u00e4hrend des Ueberlebens in die Lichtung der Gef\u00e4sse wulsten.\nW\u00e4hrend bisher nur von frischen erst seit wenigen Stunden ausgeschnittenen Nieren die Rede war, wende ich mich nun zu dem Verhalten derjenigen, welche schon einen Tag lang aus dem Thiere entfernt gewesen. Ein Beispiel f\u00fcr den Erfolg der Reizung ist in Figur 5 graphisch dargestellt. Die zu dieser Beobachtung geh\u00f6rige Niere war die zweite desselben Thieres, dem die zum Versuch 4 benutzte angeh\u00f6rt hatte. Unmittelbar nach der Entfernung aus ihrem nat\u00fcrlichen Standort war ihr gerinnbares Blut durch faserstofffreies ausgewaschen, darauf war sie 24 Stunden hindurch im Eiskasten aufbewahrt worden bevor sie von Neuem mit Blut gespeist wurde. Der Versuch \u00fcber den hier berichtet wird ist im \u00fcbrigen mit denselben Mitteln wie die vorhergehenden bewerkstelligt worden.\nFig. 5.\nApnoisches Blut unter dem Drucke von 60 Mm. Hg. Niere seit 2-i Stunden ausgeschnitten. Die geraden Linien messen das in je 1 Minute ans der Vene geflossene Blut. 1 Ctm. L\u00e4nge derselben gleich 1 Ccm. Blut. Das B unter der Abscisse giebt die Zeit der electrischen Beizung ; sie dauerte jedesmal 1 Min. hindurch.\nDiese und \u00e4hnliche Beobachtungen lehren also, dass w\u00e4hrend einer Zeit von 24 Stunden, in welcher die blutleere Niere in einer Temperatur von wenigen Graden \u00fcber Null aufbewahrt wurde,","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"322] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 173\nsich die Erregbarkeit der Gef\u00e4sswand vollkommen erhalten hat. Denn in der That sind die durch den electrischen Reiz bewirkten Aenderungen des Volums und der Geschwindigkeit im f\u00fcnften Beispiele um nichts geringer als im vierten.\nNachdem nun auch die Reizbarkeit der \u00fcberlebenden Niere unverf\u00e4nglich beglaubigt ist, darf man ungescheut von einem Tetanus und von rhythmischen Zusammenziehungen der Gef\u00e4sswand sprechen ; denn die Gr\u00fcnde, welche ich schon fr\u00fcher daf\u00fcr geltend machte, dass die vollkommene Stockung und die zeitweilige Verlangsamung des Stromes auf selbstst\u00e4ndigen Bewegungen der Gef\u00e4sswand ruhen, empfangen nun ihre volle Beweiskraft.\nAuf die n\u00e4chste Frage, welche sich an die eben erlangte Auskunft kn\u00fcpft, auf die n\u00e4mlich warum trotz unver\u00e4nderten Bestandes aller willk\u00fcrlich beherrschbaren Bedingungen der Verk\u00fcrzungsgrad des irritabeln Theiles der Gef\u00e4sswand solchen Schwankungen unterworfen sei, l\u00e4sst sich ohne weiteres keine Antwort geben. Ich habe mich auch nicht einmal bem\u00fcht besondere Versuche anzustellen, die zur Aufkl\u00e4rung h\u00e4tten f\u00fchren k\u00f6nnen, weil ich glaube dass andere Objecte hierzu geeigneter sind, als das meine.\nZudem lag mein urspr\u00fcngliches Ziel nach einer andern Richtung. Die Aussicht diesem n\u00e4her zu treten war durch die Ergebnisse der electrischen Reizung wesentlich gewachsen, denn nun waren die Gef\u00e4sse der \u00fcberlebenden Niere in der That als lebendige Gebilde anzusehen. Unter dieser Bedingung empfangen sebstverst\u00e4ndlich alle Erfahrungen, die an den ausgeschnittenen Gef\u00e4ssgebieten gewonnen sind, 'eine unmittelbare Bedeutung f\u00fcr die physiologischen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand \u00fcberhaupt und f\u00fcr ihre Bef\u00e4higung in den lebendigen Blutstrom einzugreifen.\nIV. Ueber die Wirkungen einer vor\u00fcbergehenden Unterbrechung des k\u00fcnstlichen Blutstromes.\nAlle Beobachter, welche sich mit dem k\u00fcnstlichen Blutstrom besch\u00e4ftigten, haben bemerkt, dass die Geschwindigkeit des Ausflusses nach einer vor\u00fcbergehenden Unterbrechung des Blutstromes gr\u00f6sser ausf\u00e4llt als sie vor derselben gewesen war. Diese Erscheinung ist namentlich von A. Schmidt, Genersich, Heger und Cohnheim hervorgehoben worden. Da jedoch eine genaue Schilderung derselben fehlte, so werde ich sie zu geben versuchen.","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nDr. A. Mosso\n[323\nUm die Erscheinungen rein darzustellen Hess ich das d\u00e9fi\u2014 brinirte Blut durch die Niere erst so lange fliessen, bis sein Strom eine ann\u00e4hernd gleichm\u00e4ssige Geschwindigkeit angenommen hatte. Darauf verschloss ich den Hahn welcher vor der Arterie lag. Ist dieses geschehen, so tropft das Blut aus 5er Vene ab, welches sich w\u00e4hrend der vorausgegangenen Str\u00f6mung in der Niere angeh\u00e4uft hatte, wobei die letztere schliesslich auf das Volum zur\u00fcckkommt, welches sie vor dem Beginne des k\u00fcnstlichen Stromes besessen hatte. Wenn die Niere diese Anforderung erf\u00fcllt, so ist damit der Beweis geliefert, dass ihr Gewebe nicht durch Oedem geschwellt und dass ihre elastische Gleichgewichtslage nicht beeintr\u00e4chtigt ist. \u2014 Um das wahre Gesetz der Aende-rung zu gewinnen welche die Geschwindigkeit des Stromes erleidet, w\u00e4re es nothwendig gewesen die Trommel vor dem regis-trirenden Manometer rotiren zu lassen, w\u00e4hrend sich der Strom im Gange befand. Da dieses jedoch wiegen der langen Dauer des Versuches grosse Schwierigkeiten mit sich gef\u00fchrt h\u00e4tte, so Hess ich ebenso wie fr\u00fcher die Trommel w\u00e4hrend einer jedesmal gleichen Zeit stille stehen, sodass sich die w\u00e4hrend derselben in das Manometer ergossene Blutmenge durch eine gerade Linie markirte. Obwohl man durch dieses Verfahren nur die mittlern Geschwindigkeiten kennen lernt die in den stets gleichen, auf einander folgenden Zeitr\u00e4umen vorhanden waren, so reichen sie f\u00fcr unseren Zweck doch vollkommen aus, insofern man die Zeiten nicht allzulang w\u00e4hlt.\nUnter den beschriebenen Umst\u00e4nden kommen die folgenden Thatsachen zum Vorschein. Wenn der bisher unterbrochene Strom unter dem fr\u00fcheren Drucke von Neuem beginnt, so fliesst nun das Blut mit einer weit gr\u00f6sseren Geschwindigkeit hervor als in der Zeit, welche der Pause unmittelbar voranging. Ihren hohen Werth behauptet jedoch die Ausflussmenge nicht auf die Dauer, im Gegentheil jede der n\u00e4chstfolgenden Zeiteinheiten l\u00e4sst eine Abnahme der mittlern Geschwindigkeit gewahren. Wenn man, wie es bei meinen Beobachtungen geschah, die in gleichen Zeiten ausgeflossenen Mengen als Ordinalen auf eine Grundlinie auftr\u00e4gt und zwar alle in je gleichen Abst\u00e4nden von einander, so kann man durch die Verbindung der obern Enden aller zu einer Beobachtung geh\u00f6rigen Ordinaten eine Curve construirai welche sich als diejenige der mittlern Geschwindigkeiten bezeichnen l\u00e4sst.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"324] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 175\nVergleicht man diese Curven, welche bei verschiedenen Versuchen, an einer oder an mehreren Nieren erhalten wurden, so sieht man, dass sich dieselben unterscheiden durch die absolute H\u00f6he der ersten Ordinate, beziehungsweise durch den Unterschied der Gr\u00f6sse, welche zwischen ihr und der unmittelbar vor der Stromunterbrechung vorhandenen besteht; ferner durch die Steilheit mit welcher die Curve von ihrer anf\u00e4nglichen H\u00f6he herabsinkt, und endlich durch das Gesetz nach welchem dieses ge--schieht. Diesem gem\u00e4ss wird die Aufgabe des Versuches in der Ermittelung der Ver\u00e4nderungen bestehen, welche seine Bedingungen erfahren m\u00fcssen, damit die Curve der mittleren Geschwindigkeit eine bestimmte Reihe von Eigenschaften empf\u00e4ngt. Obwohl ich dieser Forderung nicht in ihrem ganzen Umfange nachkommen konnte, so vermochte ich doch wenigstens Einiges zu ihrer Erf\u00fcllung beizulragen. Aus meinen hieher geh\u00f6rigen Beobachtungen werde ich zun\u00e4chst nur diejenigen mittheilen in welchen die Curve als eine Funktion von der Dauer der Strompause und von derjenigen des Ueberlebens erscheint. Von den Erfolgen anderer Variationen wird erst sp\u00e4ter die Rede sein.\nWenn man die Wirkungen der Pausenl\u00e4nge abgesondert von denjenigen auffinden wollte, welche sich in der ausgeschnittenen Niere, sogen wir in Folge ihres allm\u00e4hligen Absterbens, von selbst einstellen, so k\u00f6nnte dieses nur durch eine Reihe von Versuchen geschehen in welchen dieselbe Dauer der Stromunterbrechung einmal auf- und absteigend vork\u00e4me, z. B. Strompausen auf einander folgend von 10, 20, 30, 20, 10 Minuten. Durch eine Vergleichung der Mittel aus der 1 .und 5., der 2. und 4. untereinander und mit der 3. Beobachtung w\u00fcrde es vielleicht gelingen die Folgen des Absterbens zu eliminiren, weil dieses doch nur sehr langsam fortschreitet. Ueber solche Reihen gebiete ich nicht; um sie in gen\u00fcgender Zahl zu erhallen w\u00e4re mehr Zeit n\u00f6thig gewesen als mir zur Verf\u00fcgung stand. Dagegen habe ich beil\u00e4ufig eine gr\u00f6ssere Reihe von Beobachtungen gewonnen, in welchen bei ann\u00e4hernd gleichem zeitlichen Abstand von dem Augenblick des Ausschneidens, Strompausen von ungleicher L\u00e4nge zwischen zwei Durchleitungen gelegt wurden. Aus ihnen ergiebt sich ausnahmslos, dass der nach der Unterbrechung wiedereingeleitete Strom rascher nach einer langen als nach einer kurzen Dauer desselben fliesst. .Nach welchem genaueren Gesetze jedoch die Dauer der Pause die Anfangsgeschwindigkeit des nach","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nDr. A. Mosso,\n[325\nihr wiederkehrenden Stromes regelt ist unbekannt. Dieses Letztre gilt auch von der Steilheit mit welcher die Curve der mittleren Geschwindigkeit abf\u00e4llt, wenn der wiederbeginnende Strom l\u00e4ngere Zeit fortdauert. Jedenfalls treten hier mannigfache Verwicklungen ein. Dieses lehrt u. A. das folgende Beispiel.\nFig. 6.\napnoisches Blut apnoisches Blut apnoisches Blut\nDurch die Niere welche vor 20 Stunden ausgeschnitten ist str\u00f6mt apnoisches Blut unter einem Drucke von 90 Mm. Hg. Die geraden Linien messen das in je 1 Minute aus der Yene ausgeflossene Volum. Jeder Ctm. ihrer L\u00e4nge entspricht 2 Ccm. Blut. P bedeutet eine Pause von 24, P\u2018 eine solche von 48 Minuten.\nLeichter als die reinen Wirkungen einer Stromespause lassen sich die des Absterbens der Niere darstellen. Iiiezu gen\u00fcgt es dasselbe Exemplar mehreremale hintereinander nach gleichlanger Unterbrechung des Stromes in den letztem wieder einzuschalten. Indem man dieses ausf\u00fchrt macht man zun\u00e4chst die \u00fcberraschende Erfahrung, dass die Niere bis zum drittem Tage nach ihrer Entfernung aus dem nat\u00fcrlichen Standort auf die Strompause durch eine Vermehrung der Geschwindigkeit re-agirt ; vorausgesetzt dass sie zeitweilig in einer niedren Temperatur\u2014 auf Eis \u2014 aufgehoben war. Bei der Z\u00e4higkeit mit welcher sich die hier betreffende Eigenschaft erh\u00e4lt l\u00e4sst sich der Versuch in langen Zwischenr\u00e4umen und oft wiederholen, indem man z. B. kurze Zeit, dann 24 u. endlich 48 Stunden nach dem Ausschneiden das Blut hindurchf\u00fchrt. Um bei dieser Wahl der Ueberlebenszeit die Wirkung der letzteren unabh\u00e4ngig von der Dauer der voraufgegangenen Strompause zu machen, muss man, nachdem die Niere viele Stunden auf dem Eise geruht hat, zun\u00e4chst das Blut w\u00e4hrend l\u00e4ngerer Zeit durch ihre Gef\u00e4sse leiten und darauf erst den Hahn des Blutbeh\u00e4lters schliessen. Ist dieses","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"326] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00c4sswand. 177\ndie gew\u00fcnschte Zeit hindurch geschehn, so kann der Versuch beginnen. Obwohl nun ausnahmslos der wiedereingeleitete Strom rascher als vor der Pause fliesst, so ist doch der absolute Werth der Geschwindigkeit sehr verschieden und soweit meine Erfahrungen reichen nicht im Voraus zu bestimmen. \u2014 Anders verh\u00e4lt es sich mit dem Abfall der Geschwindigkeit bei dem fortdauernden Fliessen. Dieser erfolgt n\u00e4mlich um so langsamer je sp\u00e4ter die Niere nach dem Ausschneiden untersucht wurde. Ein Beispiel giebt die folgende Beobachtung. In dieser wurde an zwei Nieren je zweimal die Wirkung der Strompause unter-\nFig. 7.\nDie H\u00f6he des Abstandes von der Abscisse auf welcher 1 Mm. 30 Sec. repr\u00e4sentirt, giebt die zu jener Zeit vorhandene Ausflussmenge. Jeder Cmt. der H\u00f6he entspricht 2 Ccm. Blut. A und B geh\u00f6ren der ersten, C'uiid D der zweiten Niere an. A ist der Abfall der Geschwindigkeit bei einer Durchstr\u00f6mung welche 1 Stunde nach dem Ausschneiden der Niere begann. B dasselbe 20 Stunden C dasselbe 24 Stunden B dasselbe 48 Stunden nach dem Ausschneiden.\nsucht, und zwar 1, 20, 24, 48 Stunden nach dem Tode des Thieres. Um dem Leser die Uebersicht zu erleichtern ist statt der bisher benutzten Darstellungsweise sogleich die Curve der mittleren Geschwindigkeit gezogen (siehe p. 174).\n12","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nDu. A. Mosso,\n[327\nDie Curven lehren, dass die Ver\u00e4nderungen, welche in den Gef\u00e4ssen w\u00e4hrend der Pause eintreten. sich um so langsamer aus-gleichen je gr\u00f6sser die Zeit, welche seit dem Ausschneiden der Niere verstrichen. Dieses Verhalten kann entweder darauf beruhen, dass die Pause nach gr\u00f6sserer Ueberlebensdauer in den Gef\u00e4ssen bedeutendere Ver\u00e4nderungen hervorruft als nach einer k\u00fcrzern, oder daher dass die seit l\u00e4ngerer Zeit aus dem Organismus genommene Niere sich unter dem Zuthun des fliessenden Blutes weniger rasch als eine frische erholt.\nDie Curve, durch welche der Abfall der mittleren Geschwindigkeit hinter einer Pause ausgedruckt wird, kehrt in der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der F\u00e4lle wie z. B. in A auf Fig. 7 ihre Convexit\u00e4t der Abscisse zu. Keiner derselben fehlen auf ihrem Verlaufe Andeutungen von Wendepunkten ; ob diese in Wahrheit vorhanden sind, oder ob sie durch kleine Fehler in den Bestimmungen der Ausflussmenge vorget\u00e4uscht werden, lasse ich dahingestellt.\nUnter Anwendung des bekannten Satzes, dass ein gleicher Verlust an Umfang den Querschnitt einer Bohre um so mehr vermindert je gr\u00f6sser derselbe urspr\u00fcnglich gewesen, k\u00f6nnte man aus der Gestalt der Curve zu der Folgerung gelangen , dass innerhalb gewisser Grenzen seiner Dauer die erholenden Wirkungen des Stroms in allen Zeiteinheiten gleich gross seien. Diese Annahme l\u00e4sst sich nat\u00fcrlich nicht beweisen, da uns die Kenntniss der hier in Frage kommenden Gef\u00e4ssdurchmesser fehlt. Zudem ist sie aus andern Gr\u00fcnden unwahrscheinlich, und zwar schon darum, weil nicht alle Curven der mittleren Geschwindigkeit nach dem von ihr geforderten Gesetze abfallen. Zu diesen letztem geh\u00f6ren u. A. diejenigen welche den Beobachtungen C und D in Fig. 7 entnommen sind. Denn in ihnen f\u00e4llt die mittlere Geschwindigkeit des Stromes keineswegs mit der wachsenden Zeit stetig ab, sondern sie w\u00e4chst zuweilen wieder empor, gerade so als ob die erholende Kraft des Stromes dann und wann nachgelassen habe.\nDie Ursache wesshalb sich der Strom w\u00e4hrend seiner Dauer Widerst\u00e4nde schafft, die nach einer Unterbrechung derselben schwinden, kann gegeben sein durch Acnderungen in den Graden der Contraction oder der Quellung oder der Elasticit\u00e2t. Zur Entscheidung daf\u00fcr, welche von diesen drei M\u00f6glichkeiten","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"328] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 179\nsich in der That geltend macht, stehen uns nur Wahrscheinlichkeitsgr\u00fcnde zu Gebote.\nW\u00e4re eine Aenderung der activen Contraction im Spiele, so m\u00fcsste man annehmen dass der dauernde Blutstrom eine Zusammenziehung, die Strompause dagegen eine Erschlaffung der contractilen Elemente in der Gef\u00e4sswand hervorriefe. Von vornherein l\u00e4sst sich diese Hypothese nicht abweisen weil wir bis zur 24. Stunde des Ueberlebens durch Reize eine active Verk\u00fcrzung der Gef\u00e4sswand bewirken konnten ; obwohl uns f\u00fcr die sp\u00e4tem Zeitr\u00e4ume Reizversuche fehlen, so steht doch dem Gelingen derselben kein principieller Einwand entgegen. Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass die Verengung der Gef\u00e4sslichtung, welche der dauernde Blutstrom erzeugt, mit einer gew\u00f6hnlichen Muskel-contraction \u00fcbereinstimme. Denn \u00fcberall wo eine solche auftritt f\u00fchrt sie auch eine Erm\u00fcdung herbei, was nach unseren gegenw\u00e4rtigen Anschauungen eine Folge der chemischen Umformung ist, welche die contractile Masse erleidet. Das Gleiche fehlt nun aber bei unserer Erscheinung g\u00e4nzlich, denn es verharrt die Gef\u00e4sslichtung auf ihrem geringen Durchmesser so lange als der Strom durch sie hindurchgeht. Dieses Verhalten spricht um so mehr gegen die Anwesenheit einer activen Contraction, weil man hinter jedem electrischen Reize her sogleich eine Erweiterung der Gef\u00e4sse beobachtet. Veranlasste also der dauernde Blutstrom eine active Zusammenziehung, so w\u00e4re sie jedenfalls eigenth\u00fcmlicher Art.\nWollte man den uns hier besch\u00e4ftigenden Wechsel in den Widerst\u00e4nden der Gef\u00e4sshaut aus einerQuellung ableiten, so w\u00fcrde man anzunehmen haben, dass die Bestandtheile der Wand unter dem Zuthun des dauernden Stromes geschwellt, w\u00e4hrend der Strompause aber von der imbibirlen Fl\u00fcssigkeit wieder befreit w\u00fcrden. Gegen diese Annahme l\u00e4sst sich manches, f\u00fcr dieselbe aber so gut wie nichts vorf\u00fchren. W\u00e4hrend der Strompause sind ja die Gef\u00e4sse nicht blutleer , warum sollte also die Quellung wieder verschwinden? Mit der Quellungshypothese sind auch die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse in Widerspruch unter welchen der rasche in den langsamen Strom oder der letztere in den ersten \u00fcbergeht. An einer frischen Niere gen\u00fcgt h\u00e4ufig schon eine Pause von wenigen Minuten um die vorher geringe Stromst\u00e4rke bedeutend emporzutreiben. Wie sollte bei der bekannten Lang-\n12*","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nDr. A. Mosso\n[329\nsamkeit der Imbibitionsvorg\u00e4nge dieser kurze Zeitraum gen\u00fcgen um den gequollenen Theilen ihr Wasser zu entzieheh? Anderseits sind Nieren von langer Ueberlebensdauer in der That zur Quellung sehr bef\u00e4higt, ein Verhalten was sp\u00e4ter zur Sprache kommt. An solchen seit mehr als 24 Stunden isolirten Nieren sieht man nun beim Wiederbeginn des Stromes hinter einer l\u00e4ngern Pause her das ganze Organ rasch an Volum gewinnen, w\u00e4hrenddess, wie wir sahen, gerade hier die gr\u00f6ssere Geschwindigkeit nur sehr allm\u00e4hlig in eine geringere tibergeht.\nNachdem es unwahrscheinlich geworden dass der Spannungswechsel der Gef\u00e4sswand durch einen ver\u00e4nderlichen Gehalt an fl\u00fcssigen Bestandtheilen bedingt ist, der von einer Diffusion herr\u00fchrt, welche zwischen den sie umsp\u00fclenden und den in ihren Poren aufgespeicherten L\u00f6sungsgemengen statt findet, und nachdem es uns nicht minder zweifelhaft wurde, dass im vorliegenden Falle die Formver\u00e4nderungen der Wand durch eine unaufh\u00f6rliche Entwicklung von lebendigen Kr\u00e4ften bedingt sei, welche durch eine chemische Zersetzung innerhalb ihrer irritablen Be-standtheile frei geworden, so bleibt es uns nur noch \u00fcbrig die Aenderungen der Elasticit\u00e4t als Ursache des variablen Widerstandes anzusehn. Es ist bekannt dass sich die Gleichgewichtslage der wasserreichen organischen Gebilde und die Kraft, welche sie einer Umgestaltung ihrer Form entgegensetzen, sehr bedeutend und zwar unter scheinbar geringf\u00fcgigen Wandlungen ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrer Temperatur \u00e4ndert. Bei dieser Empfindlichkeit der Elasticit\u00e4t wird die Gr\u00f6sse derselben w\u00e4hrend des Lebens in den wasserreichen organischen Gew\u2019eben einem vielfachen Wechsel unterworfen sein, da es eine wesentliche Eigenschaft des Organismus ist, die chemische Zusammensetzung seiner Bestandtheile zu \u00e4ndern. Wenn dieser Grundsatz feststeht, so hat es keine Schwierigkeit ihn auch auf unsern Fall anzuwenden, da man wohl kaum bestreiten kann, dass im Bereiche der Gef\u00e4sswand der lebendige chemische Vorgang anders abl\u00e4uft bei der An- als bei der Abwesenheit des Blutes. Dem eben hingeslellten Princip wird man jedoch eine volle Berechtigung erst dann gew\u00e4hren k\u00f6nnen, wenn seine Anwendbarkeit und seine Tragweite durch neue Methoden gesichert und begrenzt ist.\nDie Bedeutung der in diesem Abschnitte mitgelheilten That-","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"330] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 181\nSachen w\u00fcrde sehr wachsen wenn es sich nachweisen liesse, dass sie auch f\u00fcr die lebendigen Gefiisse Geltung bes\u00e4ssen. Dieses ist in der That wenigstens theilweise der Fall. Als Cohnheim eine Ligatur, die er um die Zunge des lebenden Frosches gelegt hatte, wieder l\u00f6ste, sah er, dass der wiederhergestellte Blulstrom durch ein sehr erweitertes Strombett floss. Die Unterbrechung des Kreislaufes hatte somit am lebenden Thiere dieselbe Erschlaffung der Gef\u00e4sswand herbeigef\u00fchrt, welche sie auch am ausgeschnittenen Organe bedingt hatte. Weniger sicher ist es ob auch der anhaltende Durchfluss des Blutes die Gef\u00e4sse am lebenden Organismus so bedeutend verengt wie dieses am \u00fcberlebenden geschieht. Auf den ersten Blick k\u00f6nnte man geneigt sein dieses zu verneinen, da wie bekannt die Erweiterung der Arterien, die nach Durchschneidung der sympathischen Nerven sichtbar wird, Tage lang fortbesieht. Aber auch diese dauert nicht f\u00fcr immer an, und an den Schenkeln kehrt sogar in der Regel schon nach Vertluss einer k\u00fcrzern Zeit der Tonus der Gef\u00e4sswand zur\u00fcck, der ihr in Folge der Nervendurchschneidung abhanden gekommen war.' Gesetzt aber es beruhte diese Wiederherstellung des Tonus am lebenden Gef\u00e4sse auf demselben Grunde, der ihn am ausgeschnittenen Organe zur\u00fcckf\u00fchrt, so w\u00fcrde zwischen den Wirkungen auf das lebendige und das ausgeschnittene Gef\u00e4ss immer noch ein gradweiser Unterschied \u00fcbrig bleiben, da am ersteren der Tonus nach Stunden und Tagen, am letztem schon nach Minuten zur\u00fcckkehrt. Weitere Versuche m\u00fcssen entscheiden ob derselbe in den Eigenschaften der Wand oder in denen des durchgeleiteten Blutes zu suchen ist.\nV. Die Abh\u00e4ngigkeit des Stromes von dem Gasgehalte des Blutes.\nDaf\u00fcr dass der Gasgehalt des Blutes f\u00fcr den Zustand der irritablen Bestandtheile der Gef\u00e4sswand von Bedeutung sei, sprechen schon Beobachtungen am lebenden Thiere. Kowaleivski und Adam\u00fcck haben gefunden, dass auch nach der Zerschneidung des Halsmarkes die Erh\u00f6hung des arteriellen Druckes ein-treten kann, welche sich vor jener Operation beim Eintritt der Erstickung einzufmden pflegt. Diese Thatsache erkl\u00e4rt sich am einfachsten durch die Annahme, dass das Erstickungsblut innerhalb gewisser Gef\u00e4ssbezirke eine Zusammenziehung der kleinen","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nDk. A. Mosso,\n[331\nArterien bedinge. Ob diese Hypothese richtig, konnte durch den Strom am \u00fcberlebenden Organ nicht allein gepr\u00fcft, sondern es konnte auch und zwar weit genauer als am lebenden Thier die Abh\u00e4ngigkeit ermittelt werden, in welcher die Zust\u00e4nde der Ge-f\u00e4sse von den Blutgasen \u00fcberhaupt stehn.\nF\u00fcr die in Aussicht genommenen Versuchsreihen war es in erster Linie nothwendig den Gasgehalt des einzuf\u00fchrenden Blutes w\u00e4hrend der Dauer einer Beobachtung unver\u00e4ndert zu erhalten. F\u00fcr den Sauerstoffgehall war dieses leicht zu bewirken, wenn man, wie ich es meistens gethan, sich darauf beschr\u00e4nken wollte nur sauerstofffreies oder mit diesem Gase ges\u00e4ttigtes Blut zu verwenden. In dem letzteren Falle war der Luftraum \u00fcber dem Blute mit atmosph\u00e4rischer Luft, in dem erstem dagegen mit reinem Stickgas zu erf\u00fcllen. Von diesem Verfahren habe ich denn in der That auch Gebrauch gemacht. \u2014 Um in jedem Falle das Blut vor einem Verlust an C02 zu sch\u00fctzen, h\u00e4tte man den Luftraum so weit mit der letztem s\u00e4ttigen m\u00fcssen, bis ihre Spannung der im Blut enthaltenen C02 gleich gewesen w\u00e4re. Bei meinen Versuchen habe ich diese Maassregel unterlassen, weil der Luftraum, der \u00fcber dem Blute stand, immer nur klein gegen die Menge des eingef\u00fclllen Blutes war. Der kleine Verlust an C02, den das Blut hiedurch erlitt konnte um so mehr vernachl\u00e4ssigt werden , weil es ohnediess ausserhalb des Bereiches der M\u00f6glichkeit lag, die Aenderung des Gef\u00e4ssdurchmessers in ihrer strengen Abh\u00e4ngigkeit von dem procentischen Gehalle des Blutes an C02 zu finden. Fis war gen\u00fcgend der Arterie Blutarten zuzuf\u00fchren, welche sich durch einen m\u00f6glichst grossen Unterschied im C02gehalt von einander abhoben, also auch durch einen solchen der durch die ungleichen Verluste vor dem Einleiten und durch die ungleichen Gewinne w\u00e4hrend der Durchleitung nicht verwischt werden konnte. \u2014 Um mir f\u00fcr den Versuch Blutarten von m\u00f6glichst verschiedenem Gasgehalt zu verschaffen ging ich vom Arterien- und Erstickungsblut aus. Das erstere kam entweder nach der Defibrinirung im abgeschlossenen Raume als solches zur Verwendung, oder es wurde ihm ein grosser Theil seiner Kohlens\u00e4ure , oder unter Belassung der letzteren sein Sauerstoff entzogen. Die Wegnahme von Kohlens\u00e4ure geschah durchschlagen des Blutes unter dem Zutritte der Luft, die Entziehung des Sauerstoffes wurde auf bekannte Weise \u00fcber Quecksilber mit Eisenfeile bewerkstelligt, welche nachtr\u00e4glich auf der Centrifuge aus dem","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"332] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 183\nBlute vollst\u00e4ndig entfernt ward. Demgem\u00e4ss erhielt ich zwei sauerstofffreie Blutsorten, von denen die eine, das Erstickungsblut, reicher, die andere dagegen, reducirtes Arterienblut, \u00e4rmer an Kohlens\u00e4ure war. Ebenso wurden zwei sauerstoffreiche Blul-sorten gewonnen, von denen die eine, das normale Arterienblut, weil reicher an C02 sein musste als das an der Luft geschlagene. Um die drei aus der Arterie gewonnenen Blulsortcn von einander zu unterscheiden, wollen wir das \u00fcber Quecksilber defibrinirte als arterielles, das an der Luft geschlagene als apnoisches und das mit Eisenfeile behandelte als reducirtes Blut bezeichnen.\nDie Pr\u00fcfung der Wirkung, welche jeder Blutgattung zu-kam, konnte nat\u00fcrlich nur durch Vergleichung geschehn, indem in dieselbe Niere wechselnd die eine und die andere derselben eingef\u00fchrt und die Ausflussmengen sammt den Volum\u00e4nderungen des Organes bestimmt wurden. Um die Art des str\u00f6menden Blutes nach Belieben w echseln zu k\u00f6nnen, w!urden zwei oder auch drei der kleinen mariotlischen Flaschen in den Stromw'eg eingeschaltet, sodass durch Schliessen des einen und durch Oeffnen des andern Hahnes der Zutritt einer Blutsorle unterbrochen und mit dem einer anderen begonnen wurde. Hiebei ist zu beachten dass das Blut, welches aus der ge\u00f6ffneten Flasche hervorkam, nicht unmittelbar sondern erst nach Verdr\u00e4ngung des von fr\u00fcher her noch in den Zwischenst\u00fccken enthaltenen in die Niere eindrang.\nBei der Schilderung der erlangten Besultate bediene ich mich wiederum der graphischen Darstellung.\nWenn man abwechselnd apnoisches und Erstickungsblut in der Weise zu einer Niere f\u00fchrt, dass jede der beiden Blut-gattungen l\u00e4ngere Zeit hindurch eingeschaltet bleibt, so nimmt die Aenderung des Volums und der Geschwindigkeit eine Gestalt an, wie sie in Fig. 8 dargestellt ist.\nSolange das Erstickungsblut floss, hielt sich die Geschwindigkeit auf einer zwar geringen aber gleichm\u00e4ssigen H\u00f6he ; von dem Zeitpunkte an wo sich der Hahn der apnoischen Blutflasche \u00f6ffnete, trat nicht pl\u00f6tzlich sondern erst nach 14 Minuten eine Vermehrung der Ausflussmenge ein, welche dann rasch auf ein Maximum stieg und von diesem allm\u00e4hlig absank bis sie schliesslich eine ann\u00e4hernde Gleichm\u00e4ssigkeit erlangte. Die constante Geschwindigkeit des apnoischen Blutstromes w7ar etwa doppelt so* gross wie die entsprechende des Erstickungsblules. Als nun das letztere abermals an die Stelle des apnoischen Blutes trat, sank","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nDr. A. Mosso\n[333\ndie Geschwindigkeit allm\u00e4hlig wieder auf den bei der ersten Durchleitung desselben Blutes beobachteten Werth. Eine kleine Erh\u00f6hung, welche die Ausflussgeschwindigkeit unmittelbar nach der Er\u00f6ffnung des Hahnes der mit Erstickungsblut gef\u00fcllten Flasche nachweist, kann keinen Falls eine Folge der genannten Blutart sein, da diese zu jener Zeit noch nicht in die Niere \u00fcbergegangen war. Als endlich zum zweiten Male das Erstickungsblut durch apnoisches ersetzt ward, wiederholte sich der Vorgang welcher beim ersten Wechsel zu Tage getreten. Wenn wir mit der Aenderung der Ausflussmengen diejenige des Volums vergleichen, so sehen wir im Allgemeinen beide mit einander parallel gehen. Allerdings kommt die Curve des Plethysmographen bei der zweiten Durchleitung des Erstickungsblutes nicht wieder auf die Stufe herab, die sie zur Zeit der ersten Durchleitung besessen.\nFig. 8.\napnoisches Blut Erstickungs Blut\napnoisches Blut\nErstickung!\nBlut\nWechselnde Durchleitung von Erstickungs- und apnoischem Blute durch die zwei Stunden vorher ausgeschnittene Niere, unter einem Drucke von 80 Mm. Hg. Unmittelbar nach dem Ausschneiden bis zum Beginn des hier dargestellten Versuchs war durch die Niere apnoisches Blut geflossen. Die geraden Linien messen die in je 2 Minuten ausgeflossenen Blutmengen; 1 Ctm. ihrer L\u00e4nge entspricht 2 Ccm. Blut. Die mit Fbezeichnete gebrochene Linie ist vom Plethysmographen geschrieben. Am Ende des Versuches fanden sich im Trichter 0,\" Ccm. Blut, welche aus nicht unterbundenen Gef\u00e4sschen ausgetreten waren.\nHiedurch ist aber im gegenw\u00e4rtigen Falle nichts f\u00fcr eine Aenderung im Volum der Niere bewiesen, da eine kleine Blutung in das Oel hinein von etwa dem Betrage erfolgt war, um welchen die Ordinate der Plethysmographencurve bei der zweiten, diejenige bei der ersten Durchleilung des Erstickungblutes \u00fcbertraf.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"334] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 185\nDa es bei diesem und bei \u00e4hnlichen Versuchen zweifelhaft geblieben war, wie rasch sich nach dem Wechsel der Blutart die Geschwindigkeit \u00e4ndere, so stellte ich noch eine zweite Reihe von Beobachtungen an, von denen Fig. 9 ein Beispiel giebt.\nFig. 9.\nUnmittelbar nach dem Ausschneiden durch die Niere wechselnd arterielles und Erstickungsblut geleitet unter einem Druck von 100 Mm. Hg. Die geraden Linien messen die in 1 Minute ausgeflossene Blutmenge. 1 Ctm. derselben entspricht 2 Ccm. Blut. Ein a unter der Linie bedeutet den Zufluss arteriellen ein e den von Erstickungsblut ; a e \u00fcbereinander dass 30 Sec. arterielles und ebenso lange Erstickungsblut zufloss.\nIn dieser Reihe wurde die Str\u00f6mungszeit jeder einzelnen Blutsorte k\u00fcrzer als fr\u00fcher genommen; sodass nun entweder nach je 1 Minute das arterielle mit dem Erstickungsblut wechselte, oder dass nach einer Stromdauer von je 2 Minuten des ersteren das letztere 1 Minute hindurch floss, oder dass die Str\u00f6mungszeiten der beiden genannten Blutarten in umgekehrter Ordnung andauerten, oder endlich auch so, dass halbe Minute um halbe Minute ein Wechsel in den Blutarten bewirkt wurde. Aus der auf diese Weise angeordneten Versuchsreihe ergab sich, dass der Einfluss der Blutsorte auf die Ausflussmenge rasch zum Vorschein kam. Denn wenn sich dieselben nach je einer Minute abl\u00f6sten, so floss das Blut mit gleichm\u00e4ssiger Geschwindigkeit, die kleiner als diejenige des arteriellen und gr\u00f6sser als die des ven\u00f6sen Stromes war. Wenn dagegen der Blutwechsel nach je 2 Minuten erfolgte, so wurde der Ausfluss sehr unregelm\u00e4ssig und im allgemeinen bedeutender, wenn die Stromdauer des arteriellen \u00fcber diejenige des ven\u00f6sen die Oberhand besass.\nDie Beschleunigung welche der Strom erf\u00e4hrt, wenn das Erstickungsblut durch apnoisches oder arterielles ersetzt wird, bleibt auch an Nieren nicht aus, welche schon vor vielen Stunden aus ihrem nat\u00fcrlichen Standort entfernt waren ; dieses zeigt die folgende Beobachtung Fig. 10.\nSonach steht die Hartn\u00e4ckigkeit, mit welcher die Gef\u00e4sse der Niere ihre Empfindlichkeit gegen die ver\u00e4nderliche Zusammen-","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nDr. A. Mosso,\n[335\nSetzung der Blutgase bewahren, nicht nach gegen diejenige welche sie dem electrischen Reiz und der Strompause beweisen.\nFig. 10.\nErstickungs Blut\narterielles Blut\nErstickungs Blut\nWechselnde Durchleitung von Erstickungs und arteriellem Blute durch eine vor 20 Stunden ausgeschnittene Niere unter einem Drucke von 90 Mm. Hg. Die geraden Linien messen die in 1 Minute ausgeflossenen Blutmengen ; 1 Ctm. derselben entspricht 2 Ccm. Blut.\nDenn auch an dieser vor 20 Stunden ausgeschnittenen Niere floss das arterielle bedeutend rascher als das Erstickungsblut. \u2014 Das arterielle und das apnoische Blut waren verm\u00f6gend die Strombahn zu erweitern welche das Erstickungsblut verengt hatte. Es erhob sich nun die Frage ob dieses beide in gleichem Maasse verm\u00f6gen. Hierauf giebt die Fig. 11 Antwort.\nFig. 11.\napnoisches Er- arter. Erstick, apnoisches Blut Blut stick. Blut Blut\napnoisches Erstick. Blut Blut\narterielles\nBlut\nBlut\nAbwechselnde Leitung von Erstickungs- apnoischem und arteriellem Blute durch die vor 4 Stunden ausgeschnittene Niere unter einem Drucke von 100 Mm. Hg. Die geraden Linien messen die in je 2 Minuten ausgeflossene Blutmenge. Jeder Ctm. derselben entspricht 2 Ccm. Blut.\nDieser Versuch l\u00e4sst das Uebergewicht des apnoischen \u00fcber das arterielle Blut als Strom beschleunigendes Mittel deutlich her-","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"336] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 187\nvortreten, denn das letztere fliesst mit einer geringeren Geschwindigkeit als das erstere, selbst wenn es zwischen zwei Leitungen derselben eingeschaltet war'. Ausserdem macht uns der Versuch noch mit der Thatsache bekannt dass arterielles Blut, wenn es dem der Erstickung folgt w7eit rascher als hinter dem apnoischen fliesst.\nFig. 12.\nVen\u00f6ses Blut\napnoisehes Blut\narterielles Blut\nDurch die kurz vorher ausgeschnittene Niere fliesst der Reihe nach arterielles, apno-isches und Erstickungshlut unter einem Drucke von 80 Mm. Hg. Die geraden Linien messen die in je 2 Minuten ausgeflossene Blutmenge.\nAehnliches, wenn auch nicht so ausgesprochen zeigt die vorstehende Beobachtung 12 welche ich ausf\u00fchrte, um mich zu \u00fcberzeugen ob auch das ven\u00f6se Blut im gleichem Sinne mit dem der Erstickung wirke. Dieses ist in der That der Fall.\nFig. 13.\napnoisehes reducirtes apnoisehes\treducirtes Blut apnoisehes reducirtes Blut\nBlut\tBlut\tBlut\tBlut\nDurch die vor 3 Stunden ausgeschnittene Niere fliesst abwechselnd reducirtes und apnoisehes Blut unter einem Drucke von 90 Mm. Hg. Die geraden Linien messen die in je 1 Minute ausgeflossene Blutmenge. 1 Ctm. derselben entspricht 2 Ccm. Blut. Bei P wurde der Strom 15 Minuten hindurch unterbrochen.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nDr. A. Mosso,\n[337\nUm die Vergleichung der mir zu Gebote stehenden Blutarten zu vervollst\u00e4ndigen Hess ich endlich das reducirte mit apnoischem Blute abwechseln.\nAus dieser Beobachtung (s. Fig. 13) geht hervor, dass das reducirte Blut, welches gar keinen Sauerstoff, dagegen den Kohlens\u00e4uregehalt des gew\u00f6hnlichen Arterienblutes besass, um ein sehr merkliches rascher floss als das apnoische Blut, welches mit Sauerstoff ges\u00e4ttigt dagegen um ein bedeutendes \u00e4rmer als normales Arterienblut an Kohlens\u00e4ure war. Zugleich aber macht sie uns auch mitderbeachtenswerthen Thatsache bekannt dass die Erschlaffung der Gef\u00e4sswand welche w\u00e4hrend einer Strompause entsteht durch das reducirte Blut wieder aufzuheben ist.*)\nDen Ueberblick \u00fcber die vorgetragene Reihe von Thatsachen beginnen wir mit der Betrachtung der Geschwindigkeits\u00e4nderung welche auf einen Wechsel der Blutsorten folgt. Fassen wir nur die Stromst\u00e4rken unmittelbar nach dem Austausche ins Auge, so finden wir dass sich die im lebendigen Organismus vorkommenden Blutarten mit R\u00fccksicht auf ihr Verhalten gegen die Str\u00f6mung sehr einfach ordnen. Jedesmal wenn die nachfolgende Blutart \u00e4rmer an C02 als die vorausgehende ist, w\u00e4chst das aus der Vene fliessende Volum ; von der geringem zur gr\u00f6sseren Geschwindigkeit ordnen sich in der Thal die Blutarten folgender-\n*) Aus einer geringen Zahl von Beobachtungen die ich mit apnoischem Blut anstellte, dessen Sauerstoff durch Kohlenoxyd verdr\u00e4ngt war, theile ich die folgende mit, in welcher durch eine vor 20 Stunden ausgeschnittene Niere abwechselnd apnoisches und CO-blut floss. Die durch die geraden Linien gemessene Blutmenge ist in je 1 Minute gesammelt, 1 Ctm. derselben entspricht 2 Ccm. Blut. Bei P' war der Strom w\u00e4hrend 5 bei P\" w\u00e4hrend 10 Minuten unterbrochen.\nFig. 14.\n\u2022 p'\tp'\nCO Blut\tapnoisches Blut\tCO Blut\nDer austausch des Sauerstoffs gegen Kohlenoxyd scheint demnach f\u00fcr den Str\u00f6mungsvorgang nicht sehr bedeutungsvoll zu sein. \u2014","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"338] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 189\nmaassen : Erstickungs-, ven\u00f6ses, arterielles, apnoisches Blut. Insofern man die beschleunigende Wirkung auf den Gasgehalt des Blutes beziehen wollte, w\u00fcrden die Versuche dem Ausdruck nicht widersprechen, dass die den Strom beschleunigende Blutart einen Spannungszustand der Gef\u00e4ssw\u00e4nde beseitigt habe, der durch den grossem C02-Gehalt der vorher str\u00f6menden Fl\u00fcssigkeit herbeigef\u00fchrt worden.\nDie Geschwindigkeit, welche durch den Eintritt des an Kohlens\u00e4ure \u00e4rmeren Blutes emporgegangen ist, h\u00e4lt aber nur vor\u00fcbergehend an ; sie sinkt alsbald nach demselben Gesetze ab, dem wir fr\u00fcher bei dem Strome hinter einer Pause desselben begegnet sind. Da die an C02 \u00e4rmeren Blutarten zugleich einen Gehalt an Sauerstoff besassen, so w\u00fcrde man hieraus schliessen, dass dieses Gas im Gegensatz zur C02 irgend einen andern Be-standtheil der an Formen und Stoffen reichhaltigen Gef\u00e4sswand ver\u00e4ndert und darum die Strombahn verengt habe. Als eine Best\u00e4tigung f\u00fcr diese Anschauung w\u00e4re das Verhalten des redu-cirten (sauerstofffreien) Arterienblutes hinter dem apnoischen her anzusehn, indem man sich vorstellte, dass dieses die verengenden Wirklingen des Sauerstoffs beseitigt habe.\nNach dieser einer weiteren Pr\u00fcfung bed\u00fcrftigen Unterstellung gehe ich zur Hervorhebung einer anderen beachtenswerthen Thalsache \u00fcber. \u2014 Wenn im Wiederbeginn des Stromes nach einer Unterbrechung desselben die Geschwindigkeit sehr bedeutend emporgeht, so h\u00e4tte man dieses auf Rechnung eines der Erstickung analogen Vorganges setzen k\u00f6nnen, der die lebendigen Theile der Gef\u00e4sswand betroffen. Nach der in Fig. 13 versinnlichten Beobachtung ist dieses nicht mehr thunlich, denn es bringt auch das nach der Pause eindringende reducirte Blut eine bedeutende Vermehrung des Ausflusses hervor, die aber ebenfalls alsbald wieder nachl\u00e4sst. Ob dieses letztere eine Folge seines COjjgehaltes oder anderer Umst\u00e4nde ist, muss unentschieden bleiben. *)\nZu den Betrachtungen die auf Seite 179 \u00fcber die Ver\u00e4nderungen der Gef\u00e4sswand angestellt worden, welche der Verengung des Strombettes zu Grunde liegen k\u00f6nnten, liefern die Beobachtungen dieses Abschnittes weitere Beitr\u00e4ge. Sie zeigen zun\u00e4chst,\n*) Eigenth\u00fcmlich gestaltet sich die Curve der mittleren Geschwindigkeit wenn man abwechselnd apnoisches und Erstickungsblut durch die","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nDr. A. Mosso,\n[339\nund zwar wie mir scheint unwiderleglich, dass die Beschr\u00e4nkung des Gef\u00e4ssdurchmessers nicht auf Quellungen der Wand d. h. auf einem durch Diffusion veranlassten Eintritt von Fl\u00fcssigkeit in die Poren derselben beruhen k\u00f6nne. Die Pl\u00f6tzlichkeit mit der sich die Geschwindigkeit \u00e4ndert (siehe Fig. 9) w\u00fcrde mit jener Annahme unvereinbar sein. \u2014 Wenn wir aber auf die Wahl zwischen Aenderungen beschr\u00e4nkt sind, die entweder auf statische Weise\nNiere f\u00fchrt und zwischen jedem Wechsel eine Pause einschaltet. F\u00fcr dieses Verhalten giebt Fig. 1 4b ein Beispiel.\nFig. 14b.\nErstickungs Blut\napnoisch. Blut\nErstick. Blut\napnoisch. Blut\nDurch die vor 1,5 Stunden ausgeschnittene Niere fliesst der Reihe nach Erstickungs .und apnoisches Blut unter einem Drucke von 80 Mm. Hg. Die geraden Linien messen die in je 2 Minuten ausgeflossenen Blutmengen; 1 Ctm. ihrer L\u00e4nge entspricht 2 Ccm. Blut. Bei jedem P wurde der Strom 30 Minuten hindurch unterbrochen. Die mit V bezeichnet\u00ab Linie ist vom Plethysmographen geschrieben.\nDer Unterschied der Erscheinungen nach dem Beginn des Stromes von Erstickungs und apnoischem Blute besteht darin, dass mit dem Eintritt des ersteren die Geschwindigkeit ganz pl\u00f6tzlich anw\u00e4chst, und dann eben so pl\u00f6tzlich abnimmt, w\u00e4hrend sie nach der Zuf\u00fchrung des apnoischen allm\u00e4hlig auf das Maximum kommt und allm\u00e4hlig wieder herabgeht. Diese Erscheinung findet aus den fr\u00fcher mitgetheilten Beobachtungen ihre Erkl\u00e4rung wenn man annimmt, dass von dem vorher durchgeleiteten Blute noch ein Rest in den grossen Gef\u00e4ssst\u00e4mmen vorhanden gewesen, welcher von dem neu hinzutretenden in die kleinen Gef\u00e4sse gedr\u00e4ngt worden. Auch unter dieser noch weiter zu pr\u00fcfenden Annahme w\u00fcrde die Thatsache von Bedeutung sein.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"340] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 191\ndurch Anziehungen oder aber durch Entwicklung lebendiger Kr\u00e4fte bedingt werden, mit andern Worten wenn es sich um Erledigung der Alternative handelt, ob die Verk\u00fcrzung der Wand durch Muskelcontraction oder durch Erh\u00f6hung des Elas-ticit\u00e4tscoefficienten bewirkt sei, so m\u00fcssen wir daf\u00fcr halten, dass auch jetzt die Thatsachen ihr Gewicht auf die Seite des letzteren werfen. Mit der Annahme der activen Zusammenziehung ist das Fehlen der Erm\u00fcdung schwer zu vereinigen, und ohne Beispiel in der Lehre von den Reizen steht es, dass eine durch Kohlens\u00e4ure eingeleitete Erregung durch den Sauerstoff zuerst beruhigt und dann auch wieder durch ihn geweckt werde. Solche Schwierigkeiten principieller Art liegen der andern Annahme nicht im Wege.\nWelchen Erkl\u00e4rungsgrund aber auch die Zukunft zur Geltung bringen mag : aus den vorgelegten Thatsachen leuchtet ein, dass jedes Gef\u00e4ssgebiet in seinem Verhalten gegen die Zusammensetzung des Blutes Mittel zur Regelung des Stromes besitzt. Als eine unmittelbare Folge derselben kann die Erh\u00f6hung und das darauf folgende Sinken des arteriellen Blutdrucks angesehn werden , welche einen Erstickungsanfall und die Wiederkehr der Athmung begleiten.\nBevor ich meine Miltheilungen \u00fcber den k\u00fcnstlichen Strom des unvergifteten Blutes geschlossen, w\u00fcrde es noch am Orte gewesen sein, die St\u00e4rke desselben mit dem nat\u00fcrlichen zu vergleichen, welcher durch die im lebenden Organismus anwesende Niere hindurchgeht. Aus beil\u00e4ufigen Erfahrungen habe ich n\u00e4mlich den Eindruck empfangen als ob der letztere in der Regel weit rascher als der k\u00fcnstliche Strom fliesse. Bis dahin ist es mir aber nicht gegl\u00fcckt die St\u00e4rke des nat\u00fcrlichen Stroms als Funktion des Druckunterschiedes in Arterie und Vene sicher zu bestimmen. Darum bleibt mir nichts \u00fcbrig als die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt zu lenken.\nVI. Ueber die Wirkung von-Giften auf den Strom und das Volum der Niere.\nDas Ziel welches ich bei der Anwendung vergifteten Blutes im Auge halte war ein doppeltes. Zun\u00e4chst kam es mir darauf an zu erfahren, ob die Stoffe, welche man vorzugsweise als Kreislaufsgifte bezeichnet, auch eine unmittelbare Wirkung auf die Gef\u00e4sswand \u00fcbten. Trat diese ein, so konnte man von nun an","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nDr. A. Mosso,\n[341\ndie Aenderungen des arteriellen Druckes, welche man nach der Vergiftung des Gesammtthieres beobachtet hatte, nicht mehr allein auf abnorme Zust\u00e4nde der nerv\u00f6sen Gef\u00e4sscentren und des Herzens schieben, sondern man hatte noch ausserdem auch den Einfluss des Giftes auf die Gef\u00e4sswand in Betracht zu ziehen. Damit aber, dass die Aenderung des Stromes in dem Sinne ausgefallen war, nach welchem sie den am lebenden Thier beobachteten Druckschwankungen gem\u00e4ss geschehen musste, empfing ich eine neue Best\u00e4tigung daf\u00fcr, dass die Gef\u00e4sse des lebenden Organes auch in dieser Richtung, denjenigen des \u00fcberlebenden gleich zu achten seien. Diese Mittheilung erkl\u00e4rt die Wahl der von mir verwendeten Giftstoffe.\nIn allen Versuchen welche die Wirkung der Gifte pr\u00fcfen sollten, theilte ich das Blutquantum, welches zur Durchleitung bestimmt war, in zwei Theile. Zu nur einem derselben setzte ich eine sorgf\u00e4ltig abgewogene Menge des zu verwendenden Stoffes und brachte das vergiftete und das unvergiftele Blut in je eine der beiden mariottischen Flaschen. Das zu den Leitungen benutzte Blut war in den F\u00e4llen, wo nicht das Gegen-theil bemerkt ist, defibrinirtes, apnoisches Blut.\nA. Nicotin.\nDieses Gift wurde nur durch m\u00f6glichst frische Nieren gef\u00fchrt, nachdem durch dieselben so lange ein Strom von unver-giftetem Blute gegangen war, bis sich eine ann\u00e4hernd gleichm\u00e4ssige Ausflussgeschwindigkeit eingestellt hatte. Die Wirkungen des Nicotins welche sehr deutlich hervortraten verhielten sich nach den Dosen desselben verschieden. War sie sehr klein \u2014 auf zehntausend Theile Blutes nur einer des Giftes, \u2014 so verminderte sich schon nach dem Uebergang der ersten Cubikcentimeter des vergifteten Blutes in ausgesprochener Weise der Ausfluss und das Nierenvolum. Beides verschwand aber mit der fortdauernden Zuleitung des vergifteten Blutes wiederum, sodass nach dem Durchg\u00e4nge von abermals wenigen Ccm. vergifteten Blutes der fr\u00fchere Umfang der Niere und ann\u00e4hrend auch die urspr\u00fcngliche Ausflussmenge wieder erreicht wurden. Als nun das vergiftete durch unvergiftetes Blut ersetzt ward, verhielten sich die Dinge \u00e4hnlich wie zu Ende des verg\u00fcteten Blutslromes.\nWenn dagegen die sehr hohe Dosis von einem Procent des Blutes an Nicotin zur Verwendung kam, so wuchsen mit dem","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"342] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 193\nUebergang der ersten Ccm. des so beschaffenen Blutes Volum und Ausflussgeschwindigkeit stark empor. Beides nahm einige Zeit hindurch noch seinen Fortgang, alsbald aber erreichte die Geschwindigkeit ein Maximum. Von da ab sank die Ausflussmenge bis sie dem Werthe nahe gekommen war, den sie vor der Einf\u00fchrung des Giftes besessen hatte. W\u00e4hrenddess die Geschwindigkeit herunter ging mehrte sich die sichtbare Schwellung der Niere noch fortw\u00e4hrend ; aber auch dieses geschah weit langsamer als vorher, was sich zum Theil aus dem abnehmenden Blutgehalt des Organes erkl\u00e4ren mag.\nAls Beispiel f\u00fcr das beschriebene Verhalten dienen die beiden Tabellen welche nachstehend folgen. Die Zahlen der Ausflussmengen sind aus den Aufzeichnungen die auf die Trommel geschahen abgeleitet; die der Volum\u00e4nderung sind aus dem Plethysmographen abgelesen als dieser noch keine Schreibevorrichtungtrug. Da die Ueberschriften der St\u00e4be alle nothwendigen Angaben enthalten, so wird es zum Verst\u00e4ndniss der Zahlen keiner weiteren Bemerkungen bed\u00fcrfen.\nApnoisches Blut mit und ohne Zusatz von Nicotin. Druck 88 Mm. Hg.\nNummer der Ausflussbestimmung.\tIn je 2 Min. an w\u00e4hrend des von unvergiftetem Blute.\tsgeflossene Ccm. Durchganges | von vergiftetem Blute.\tStand des Oeles auf dem Index des nach Ccm. getheilt. Plethysmometer.\tBemer- kungen.\ni\t2,3\t\t+ 0,75\t\n\t2,3\t\t0,80\t\n\t2,3\t\t0,80\t\n\t2,3\t\t0,80\t*\n5\t2,3\t\t0,80\t\n\t2,1\t\t1,2\t\n\t2,1\t\t1,8\t\n\t2,2\t\t1,15\t\n\t2,1\t\t1,20\t\n10\t2,1\t\t1,24\t\n\t\t0,6\t\t0,01 p. C. des\n\t\t0,6\t\tBlutes an Ni-\n\t\t0,5\t\tcotin.\n\t\t0,4\tSinkt bis\t\n15\t\t0,3\t\t\n13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nDr. A. Mosso,\n[343\nNummer der Ausflussbestimmung.\tIn je 2 Min. ausgeflossene Ccm.\t\tStand des Oeles\t\n\tw\u00e4hrend des Durchganges\t\tauf dem Index des\tBemer-\n\tvonunvergiftetem\tvon vergiftetem\tnach Ccm. getheilt.\tkungen.\n\tBlute.\tBlute.\tPlethysmometer.\t\n\t\t0,5\t\u2014 1,26.\t\n\t\t0,7 1,0 14\tSteigt bis\t\n20\t\t1,2\t0,0\t\n\t\t14\t+ 0,20\t\n\t\t1,5\t0,40\t\n\t\t1,8\t0,54\t\n\t\t2,1\t0,58\t\n25\t\t2,3\t1,00\t\n\t\t2,3\t1,05\t\n\t\t2,3\t1,13\t\n\t\t2,3\t1,26\t\n\t\t2,1\t1,32\t\n30\t\t2,1\t4,37\t\n\t\t2,0\t1,40\t\n\t2,0\t\t1,47\t\n\t2,0\t\t1,56\t\n\t2,0\t\t1,59\t\n35\t1,9\t\t1,64\t\n\t1,8\t\t1,68\t\n\t1,9\t\t1,75\t\n38\t1,9\t\t1,79.\t\nApnoisches Blut mit und ohne Zusatz von Nicotin.\nDruck 108 Mm. Hg.\nOrdnungsnummer der Aus-flussbestimmung\tIn je 4 Min. au w\u00e4hrend des vonunvergiftetem Blut.\tsgeflossene Ccm. Durchganges von vergiftetem Blut.\tStand des Oeles auf dem Index des nach Ccm. getheilt. Plethysmometer.\tBemer- kungen.\n1\t3,3\t\t?\t\n\t3,3\t\t?\t\n\t3,0\t\t+ 0,33\t\n\t2,5\t\t0,51\t\n5\t2,4\t\t0,65\t\n\t\t2,4\t0,89\t0,01 p. C. des\n\t\t2,2\t1,0\tBlutes an Ni-\n\t\t1,3\t0,61\tcotin.\n\t\t1,8\t0,35\t\n10\t\t1,3\t0,30\t\n\t\t1,3\t0,58\t\n\t\t1,5\t0,80\t\n\t\t1,8\t1,07\t\n\t\t1,8\t1,25\t\n15\t\t1,8\t1,35\t","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"344] Von einigen neben Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 195\nOrdnungsnummer der Aus-flusshestimmung\tIn je 4 Min. an w\u00e4hrend des von unvergifte-tem Blut.\tsgellossene Ccm. Durchganges von vergiftetem Blut.\tStand des Oeles auf dem Index des nach Ccm. getheilt. Plethysmometer.\tBemer- kungen.\n\t\t1,9\t\t\n\t1,6\t\t\t\n\t1,4\t\t\t\n\t1,4\t\t\t\n20\t1,5\t\t\t\n\t\t1,7\t\t1.0 p. C. des\n\t\t5,3\t1,80\tBlutes an Ni-\n\t\t8,6\t\tcotin.\n\t\t16,0\t2,35\t\n\t\t16,3\t2,58\t\n25\t\t12,6\t2,71.\t\n\t\t9,3\t2,80\t\n\t\t7,1\t2,86\t\n\t\t7,0\t2,95\t\n\t\t5,4\t3,20\t\n30\t\t4,0\t3,40\t\n\t\t3,0\t3,55\t\n\t\t\t3,68\t\n\t3,5\t\t\t\n\t2,4\t\t\t\n35\t1,9.\t\t\t\n\t0,9\t\t\t\nDie Aenderungen welche der Strom erf\u00e4hrt w\u00e4hrenddess Blut durch die Niere geht das bis zu einem Procente mit Nicotin geschw\u00e4ngert ist, k\u00f6nnen nicht allein auf den verminderten Tonus der Gef\u00e4sswand geschoben werden, weil, wie bekannt, bei einer solchen Concentration des Giftes die rothen K\u00f6rperchen ihren Farbstoff in fl\u00fcssiger Gestalt an das Serum abgeben. Dem entsprechend wird sich die Reibung des Blutes mindern, die Quellung der Gewebe aber mehren.\nDie Erscheinungen welche am \u00fcberlebenden Organe beobachtet wurden, stimmen vollkommen mit denen \u00fcberein, welche an den mit Nicotin vergifteten Thieren auftrelen. Denn auch in den letzteren verengen sich die Gef\u00e4sse bei kleinen Dosen des Giftes und in den ersten Stadien seiner Wirkung, w\u00e4hrend durch grosse Dosen und bei dauernder Giftwirkung die Lichtung der Gef\u00e4sse sich erweitert. (Cl. Bernard, J. Rosenthal, Basch, Oser.*)\n*) L. Hermann, Lehrbuch der Toxikologie 1874. p. 318.\n13*","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\tDr. A. Mosso,\t[345\nB. Atropin.\nGegen dieses Gift verh\u00e4lt sich die \u00fcberlebende Niere des Hundes ungemein empfindlich und gegen ungleich grosse Gaben des Giftes verschieden. Nachdem in die Arterie der \u00fcberlebenden Niere zwei Ccm. eines Blutes Ubergetreten waren, welches auf hunderttausend Theile einen Theil Atropin enthielt, trat schon eine deutliche Wirkung hervor, welche sich durch die verminderte Geschwindigkeit und durch eine Abnahme des Volums auspr\u00e4gte. Die Folgen welche das vergiftete Blut mit sich brachte, bestanden jedoch nur kurze Zeit, trotzdem dass jenes ununterbrochen weiter floss. Vielleicht trat auf die Verminderung eine Vermehrung der Ausflussmenge ein; wenn, so war dieselbe jeden Falls sehr unbedeutend.\nDie nachstehende Tabelle giebt den genauem Nachweis f\u00fcr das soeben geschilderte Verhalten.\nApnoisches Blut mit und ohne Zusatz von Atropin. Druck 80 Mm. Hg.\nNummer der Ausflussbestimmung.\tIn je 2 Min. aus w\u00e4hrend des von unvergifte-tem Blut.\tgeflossen in Ccm. Durchganges von vergiftetem Blut.\tStand des Oeles auf der nach Ccm. getheilten Scala d. Plethysmometer.\tBemer- kungen.\n1\t1,6\t\t1,05\t\n\t1,6\t\t1,20\t\n\t1,5\t\t1,28\t\n\t1,6\t\t1,34\t\n5\t1,6\t\t1,40\t\n\t\t1,5\t1,24\t0,001 p.C. des\n\t\t0,9\t0,84\tBlutes an\n\t\t0,7\t0,74\tAtropin.\n\t\t0,7\t1,10\t\n10\t\t1,2\t1,10\t\n\t\t1,9\t1,15\t\n\t\t1,8\t1,30\t\n\t\t1,9\t1,50\t\n\t\t1,5\t1,60\t\n15\t\t1,7\t1,80\t\n\t\t1,4\t1,80\t\n\t\t1,3\t1,95\t\n\t\t1,8\t1,35\t\n\t\t2,15\t2,35\t\n20\t\t1,5\t2,35\t\n\t1,35\t\t2,40\t\n\t1,3\t\t2,50\t\n\t1.2\t\t2,55\t\n\t1,2\t\t2,65\t\n25\t1,2\t\t2,70\t\n\t1,2\t\t2,75\t","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"346] Yon einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 197\nBei einem zehnfach gr\u00f6sseren Gehalte des Blutes an Atropin, wenn n\u00e4mlich auf zehntausend Theile des ersteren einer des letzteren kommt, erscheint im Beginne des Stromes vor\u00fcbergehend eine Verminderung der Ausflussmenge der jedoch alsbald ein deutliches Anwachsen derselben folgt. Auch dieses macht sich nur f\u00fcr kurze Zeit geltend, und wenn von nun an der Strom des vergifteten Blutes fortdauert, so kehrt unter Schwankungen die Geschwindigkeit wieder, welche vor der Einleitung des vergifteten Blutes vorhanden gewesen. Die Niere scheint die Anwesenheit des Atropins in dem oben angegebenen Verd\u00fcnungs-grade lange Zeit hindurch vertragen zu k\u00f6nnen, ohne Einbusse ihrer Lebqnseigenschaften zu erleiden. Unter den genannten Umst\u00e4nden zeigen ihreGef\u00e4sse wenigstens eine Eigenschaft, durch welche sich der Zustand des Ueberlebens vor dem des vollkommenen Todes auszeichnet. Wenn man n\u00e4mlich den Strom des vergifteten Blutes unterbricht, darauf die Niere eine halbe Stunde hindurch ruhig liegen l\u00e4sst und nun mit der Durchleitung von unvergiftetem Blute beginnt so fliesst dasselbe zuerst sehr rasch und kommt nur allm\u00e4hlig auf die vor der Strompause vorhandene Geschwindigkeit zur\u00fcck. F\u00fchrt man, nachdem dieses geschehen, von Neuem ein Blut das auf zehntausend Theile einen Theil Atropin enth\u00e4lt ein, so verh\u00e4lt sich dasselbe wie ein un vergiftetes, eine Erscheinung welche darum nicht auffallen kann, weil das Gift in der genannten Verd\u00fcnnung auch schon fr\u00fcher unwirksam geworden war.\nDie folgende Tabelle giebt einen Beleg f\u00fcr die soeben ausgesprochenen S\u00e4tze.\nApnoisches Blut mit und ohne Zusatz von Atropin.\nDruck 80 Mm. Hg.\nNummer der Ausflussbestimmung.\tInje4Min. aus w\u00e4hrend des von unvergiftetem Blut.\tgeflossen in Ccm. Durchganges von vergiftetem Blut.\tStand des Oeles auf der nach Ccm. getheilten Scala d. Plethysmometer.\tBemer- kungen.\n\t2,8\t\t2,7\t\n\t2,8\t\t2,9\t\n\t2,8\t\t3,1\t\n\t\t2,5\t2,6\t0,01 p. C. des\n5\t\t2,2\t2,10\tBlutes an\n\t\t4,8\t3,2\tAtropin.\n\t\t4,5\t3,3\t\n\t\t3,0\t3,5\t\n\t\t2,9\t3,8\t\n10\t\t3,0\t4,5\t","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nDr. A. Mosso.\n[347\nNummer der Ausflussbestimmung.\tInje4Min.ausf w\u00e4hrend des vonunvergifte- temBlut.\t\u00e7eflosseninCcm. Durchganges von vergiftetem Blut.\tStand des Oeles auf der nach Ccm. getheilten Scala d. Plethysmometer.\tBemer- kungen.\n\t\t3,5\t4,6\t\n\t\t3,3\t4,7\t\n\t\t3,5\t5,2\t\n\t\t2,4\t4,75\t\n15\t\t2,5\t5,7\t\n\t\t3,1\t.5,8\t\n\t\t3,5\t5,6\t\n\t\t2,95\t5,6\t\n\tStrompause von 35 Minuten Dauer.\t\t\t\n\t24,9\t\t8,1\t\n20\t12,6\t\t\t\n\t12,6\t\t\t\n\t4,5\t\t6,6\t\n\t3.5\t\t6,55\t\n\t3,3\t\t\t\n25\t3,3\t\t\t\n\t3,3\t\t\t\n\t3,0\t\t6,8\t\n\t3,1\t\t\t\n\t2,9\t\t\t\n30\t2,3\t\t7,0\t\n\t2,3\t\t\t\n\t2,6\t\t7,3\t\n\t2,6\t\t\t\n\t2,3\t\t\t\n35\t2,7\t\t7,6\t0,01 p. C. des\n\t\t2,4\t7,7\tBlutes an\n\t\t2,2 2,4\t7,9\tAtropin.\n\t\t2,3\t\t\n40\t\t2,3\t8,1\t\n\t\t2,9\t\t\n\t\t2,6\t\t\n\t\t2,3\t\t\n\t\t1,9\t8,20\t\n45\t\t2,4\t\t\n\u2022\t\t2,3\t\t\n\t\t2,1\t\t\n\t\t2,0\t\t\n50\t\t2,0\t8,24\t\n\t2,1\t\t8,25\t\n\t2,1\t\t8,25\t\n\t2,1\t\t8,25\t\n\t2,0\t\t\t\n55\t2,3\t\t\t\n\t2,1\t\t8,28\t","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"348] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 199\nWird in die Arterie der \u00fcberlebenden Niere ein Blut gef\u00fchrt, das auf f\u00fcnftausend Volumina ein Gewichtstheil Atropin enth\u00e4lt, so kommt hierdurch die Niere sehr bald zum Absterben. Bevor dieses geschieht \u00e4ussert sich zun\u00e4chst die Wirkung des Giftes durch eine vor\u00fcbergehende Verlangsamung mit darauffolgender ebenfalls vor\u00fcbergehender Beschleunigung der Geschwindigkeit, eine Erscheinungsreihe welche in der nachfolgenden Tabelle des genauem verzeichnet ist.\nApnoisches Blut mit und ohne Atropin. Druck 100 Mm. Hg.\nNummer der Ausflussbestimmung.\tInje4Min.aus w\u00e4hrend d von un vergiftetem Blut.\tgeflossen in Ccm. es Fliessens von vergiftetem Blut.\tStand des Oeles auf der nach Ccm. getheilten Scala d. Plethysmometer.\tBemer- kungen.\n\t3,0\t\t1,6\t\n\t2,7\t\t\t\n\t2,5\t\t\t\n\t2,4\t\t1,9\t\n5\t2,1\t\t\t\n\t2,1\t\t\t\n\t2,1\t\t2,5\t0,2 p. C. des\n\t\t1,9\t2,6\tBlutes an\n\t\t1,7\t1,96\tAtropin.\n10\t\t0,5\t1,86\t\n\t\t1,1\t1,47\t\n\t\t3,6\t3,1\t\n\t\t6,1\t3,6\t\n\t\t7,9\t3,9\t\n15\t\t9,5\t4,4\t\n\t\t8,4\t4,5\t\n\t\t7,0\t4,7\t\n\t\t6,9\t5,1\t\n\t\t5,2\t5,2\t\n20\t\t4,2\t5,3\t\n\t\t3,0\t5,4\t\n\t\t2,5\t5,4\t\n\t\t2,2\t\t\n24\t\t2,0\t5,4\t\nDie Erscheinungen, von welchen hier nach den Beobachtungen am \u00fcberlebenden Organ berichtet wurde, stimmen wiederum mit denjenigen \u00fcberein, welche wir \u00fcber das Verhalten desselben an dem mit Atropin vergifteten Thiere kennen. Denn","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"Dr. A. Mosso\n200\n[349\nhier mindern kleine Dosen den Durchmesser der Gef\u00e4sse, w\u00e4hrend st\u00e4rkere Dosen denselben vergr\u00f6ssern. (v. Bezahl.*)\nDie beiden Gifte das Nicotin und Atropin bew\u00e4hren neben den sonstigen Uebereinstimmungen auch die, am \u00fcberlebenden Organe zur sogenannten Gew\u00f6hnung bfef\u00e4higt zu sein, was sich bekanntlich dadurch ausdr\u00fcckt, dass die eigenth\u00fcmlichen Wirkungen jener Stoffe nur w\u00e4hrend einer beschr\u00e4nkten Zeit sichtbar werden, trotzdem dass letztere noch fortw\u00e4hrend in der S\u00e4ftemasse anwesend sind. In meinen Versuchen pr\u00e4gt sich diese Eigenth\u00fcmlichkeit der Gifte, und insbesondere die des Atropins so deutlich aus, dass man versucht ist nach Analogie der Vorg\u00e4nge, die bei einer pl\u00f6tzlichen Aenderung der Temperatur und der Intensit\u00e4t des electrischen Stromes in irritablen Gebilden eintreten, von einer Giftschwankung als Ursache der Gef\u00e4sscon-tractionzu sprechen. Bei der weitern Durchf\u00fchrung dieser Analogie st\u00f6sst man jedoch sogleich auf Schwierigkeiten. Abgesehen davon dass die Wirkungen des Giftes sich auf weit l\u00e4ngere Zeiten erstrecken als die der Temperatur und des electrischen Stromes, unterscheidet sich dieselbe auch noch dadurch, dass die Giftwirkungen nach der Entfernung der ersten wirksameren Portion, durch eine zweite Zuleitung nicht wieder herbeizuf\u00fchren sind. Aus dem Verschwinden der toxicologischen Folgen des Giftes trotz seiner fortdauernden Anwesenheit, geht jedoch jedenfalls hervor, dass dasselbe in sehr verd\u00fcnntem Zustande das Gemenge der Stoffe nicht wesentlich \u00e4ndert, an welches die Muskelreizbarkeit gekn\u00fcpft ist.\nC. Chloralhydrat.\nDa Nicotin und Atropin in dem \u00fcberlebenden Organe die Wirkungen erzielt hatten, welche man nach den Versuchen am lebenden Thiere voraussetzen durfte, so war ich begierig auch die Erfolge des mit Chloralhydrat versetzten Blutes kennen zu lernen. Nach den Angaben von Owsjannikow und Mering**) bringt das genannte Gift den arteriellen Druck noch tiefer herab als selbst die Durchschneidung des verl\u00e4ngerten Markes. Insofern hieran eine unmittelbare Wirkung des Chlorals auf dieGef\u00e4ssw\u00e4nde betheiligt\n*) X. Hermann, Lehrbuch d. Toxikologie. 1874. p. 329.\n**) Diese Berichte Jahrgang 1871. p. 146. \u2014 Archiv f\u00fcr experim. Pathologie und Pharmakologie. III. 185.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"350] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 201\nist, hatte man w\u00e4hrend einer Durchleitung des mit jenen Stoffe geschw\u00e4ngerten Blutes eine merkliche Vermehrung der Geschwindigkeit zu erwarten ; diese Voraussetzung hat sich auf das unzweideutigste best\u00e4tigt.\nWenn durch die \u00fcberlebende Niere ein Strom reinen apno-ischen Blutes abwechselnd mit einem solchen geschickt wurde das 0,1 bis 0,2 p. G. Ghloralhydrat enthielt, so folgte dem Eintritt des letztem h\u00e4ufig eine vor\u00fcbergehende und geringe Erniedrigung der Geschwindigkeit, n\u00e4chstdem aber, und dieses geschah ausnahmslos, wuchs die Stromst\u00e4rke bedeutend empor. Gleichzeitig mit dem reichlicheren Ausflusse aus der Vene begannen dann auch kleinste nicht unterbundene Gef\u00e4sse zu bluten, die unter der Gegenwart reinen Blutes auch nicht ein Tr\u00f6pfchen entliessen. Von dem Augenblicke an, w\u2019o der Strom in das Stadium der vermehrten Geschwindigkeit getreten war, verhielten sich nun, namentlich aber die vor kurzem ausgeschnittenen, Nieren verschieden. Bei einer Anzahl derselben die w\u00e4hrend der Durchleitung des unvergifteten Blutes keine periodischen Aenderungen des Stromes gezeigt hatten, stellten sich dieselben auch nach der Zuf\u00fchrung des Giftes nicht ein ; in diesen F\u00e4llen stieg die Geschwindigkeit regelm\u00e4ssig bis zu einem Maximum an und erhielt sich darauf so lange als das vergiftete Blut durchfloss. Ein Beispiel solchen Verhaltens versinnlicht Fig. 15.\nFig. 15.\nDurch die Niere fliesst unter einem Drucke von 90 Mm. Hg. apnoisches Blut mit einem Procentgehalt von 0,1 Chloralhydrat. Die geraden Linien messen die in je 2 Min. ausgeflossenen Blutmengen. 1 Ctm. derselben entspricht 2 Ccm. Bei jedem \u00df unter der Abscisse wurde die mit Eleetroden versehene Niere electrisch gereizt. Der hier mitge-theilte Versuch ist eine Fortsetzung des durch Fig. 4 (p. 171) wiedergegebenen.\nDie vorgelegte Beobachtung gewinnt ein besonderes Interesse noch darum, weil die Niere w\u00e4hrend der Durchleitung des","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nDr. A. Mosso,\n[351\nChloralhydrates electrisch gereizt wurde. Man erkennt, dass auch w\u00e4hrend der Anwesenheit des vergifteten Blutes die electrische Reizung eine Wirkung \u00fcbte, welche jedoch nicht in allen Stadien der Beobachtung gleich blieb. Anf\u00e4nglich als das Chloral die Geschwindigkeit nur m\u00e4ssig erh\u00f6ht hatte, bewirkte der Reiz eine geringe Verminderung der Ausflussmenge, die nach der Entfernung des erstem in eine geringe Vermehrung umschlug. Als aber die Geschwindigkeit unter der fortdauernden Anwesenheit des Chloralblutes um das vier- bis sechsfache der fr\u00fchem gewachsen war, verminderte sich w\u00e4hrend der Dauer des Reizes der Ausfluss gar nicht, aber kurze Zeit nach seiner Entfernung erhob sich die Geschwindigkeit \u00fcber das Maass, welches nach dem regelm\u00e4ssigen Verlaufe ihres Ansteigens zu erwarten war. Da wir fr\u00fcher (pag. 17 0) die Vermehrung der Geschwindigkeit welche nach der electrischen Reizung eintrat f\u00fcr den sichtbaren Ausdruck einer Erm\u00fcdung als Folge der vorausgegangenen Muskel-contraction erkl\u00e4rten, so w\u00fcrden wir dem entsprechend nun eine Erm\u00fcdung vor uns haben, ohne dass eine Zusammenziehung der Gef\u00e4ssw\u00e4nde vorausgegangen w\u00e4re. Ob eine solche Annahme erlaubt ist, oder ob wir es mit einer anderen Wirkung des electrischen Stromes zu thun haben, muss gegenw\u00e4rtig unentschieden bleiben.\nAn die soeben besprochene Niere reihen sich andre an in welchen die Geschwindigkeit des Stromes und das Volum des Organs schon w\u00e4hrend der Durchleitung des reinen apnoischen Blutes periodische Schwankungen darbot. Wenn in diese Nieren das vergiftete Blut eingelassen wurde, so beharrten jene Unregelm\u00e4ssigkeiten nicht bloss in ihrem fr\u00fchem Umfange, sondern sie traten noch deutlicher als bisher zum Vorschein. Dieses zeigt sich z. B. in dem Versuche welchem die folgenden Zahlen entnommen sind.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"352] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 203\nApnoisches Blut mit und ohne Zusatz von Chloralhydrat.\nDruck 100 Mm. Hg.\nIn ]e 4 Min. ausgeflossen in\t\tStand des Oeles auf\nCcm. w\u00e4hrend des Fliessens\t\tdem Index des in Ccm.\nvon unvergifte-\tvon vergiftetem\tgetheilt. Plethys-\ntem Blut.\tBlut.\tmometer.\n3,4\t\t0,0\n3,2\t\t+0,5\n2^2\t\t\u20140,5\n1 ft\t\t+ 0,28\n9. ft\t\t\u2014 0,28\n1^6\t\t+0,65 U. +0,60\n1 ,2\t\t\u2014 0,60\n2,0\t\t+ 0,90\n1,9\t\t\u20140,80+0,10\n1,5\t\t\u2014 0,10+0,95\n1,8\t\t\u20140.85+0,40\u20140,40\n\t1,5\t+0,85\u20140,65\n\t1,8\t+0,40\u20140,65\n\t1,8\t+0,60\u20141,25\n\t1,5\t+1,25\u20140,20+0,10\n\t1,7\t\u2014 0,10+0,30\u20140,30\n\t1,6\tAusdehnung und\n\t1,7\tZusammenziehung\n\t1,7\tsehr rasch\n2 0\t\twechselnd, dasVo-\n2,0\t\tlum steigt allm\u00e4h-\n|\t2,5\t\tlig auf\n2,5\t\t1,5\n\t0,5\t\u20140,45+1,25\n\t3,1\t\n\t2,9\t\n\t2,9\t\u20140,75 \u2014 1,05\n\t3,8\t+1,15\u20141,05\n\t0,0\t+1,30\u20141,15\n\t\u2022)*\tAusdehnung und\n\t\tZusammenziehung\n\t\tvon 1,0 bis 1,3 Ccm.\n\t\twechseln. W\u00e4hrend\n\t\tder Ausdehnungen\n\t\tstockte der Strom.\nNummer der Ausflussbestimmung.\n10\n15\n20\n25\n30\n34\nBemer-\nkungen.\n0,01 p. C. d Blutes an Chloralhydrat.\n0,2 p.C. d. Blutes an Chloralhydrat.\nIn dieser Beobachtung enthielt das vergiftete Blut zuerst 0,01. und sp\u00e4ter 0,2 Procent Chloralhydrat. Die kleinere Gabe des Giftes bewirkte keine merkliche Aenderung der Ausflussmenge, wohl aber steigerte sie deutlich den Wechsel des Volums welcher sich auch schon vorher bei dem Str\u00f6men des unvergifteten Blutes bemerkbar gemacht hatte. Als nun sp\u00e4ter ein Blut mit einem gr\u00f6s-","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nDr. A. Mosso,\n[353\nseren Gehalt an Chloralhydrat durch die Niere ging erfolgte zuerst eine Verminderung des Ausflusses, die bei weiter fortgesetzter Durchleitung allm\u00e4hlig in eine betr\u00e4chtliche Vermehrung \u00fcberging. W\u00e4hrenddess wuchsen die Schwankungen des Volums an Umfang und es fand sich zugleich eine eigenth\u00fcmliche Beziehung zwischen ihnen und dem Ausfluss ein. In der \u00a3eit in welcher das Volum zunahm stockte der Ausfluss vollst\u00e4ndig und er begann erst wieder, wenn sich der Umfang der Niere minderte. Diese letzte Erscheinung d\u00fcrfte um so schwieriger zu erkl\u00e4ren sein als in anderen F\u00e4llen gerade das Gegentheil eintrat.\nDie Schwankungen w'elche die Geschwindigkeit und das Volum bei der Durchleitung chloralhaltigen Blutes darboten, fanden sich aber auch an Nieren ein, die beim Durchg\u00e4nge des un-vergifteten Blutes nichts von ihnen sehen Hessen. Ein ungew\u00f6hnlich auffallendes Beispiel hierf\u00fcr giebt der Versuch der die Figur 16 geliefert hat.\nFig. 16.\napnoisclies Blut mit Chloral 0.2\u00b0|o.\napnoisches Blut.\nDurch die vor kurzem ausgeschnittene Niere str\u00f6mt wechselnd reines und mit 0.2 p. C. Chloralhydrat vergiftetes Blut. Die Curve B giebt den Verlauf des Blutflusses, die Curve V die durch den Plethysmographen aufgeschriebenen Aenderungen des Volums der Niere. Jeder Centimeter \u00fcber der Abscisse x entspricht 5 Ccm. ausgeflossenen Blutes; jeder Centimeter \u00fcber der Abscisse y entspricht einer Volum\u00e4nderung von 0,4 Ccm. Bei P war der Strom 00 Min. hindurch unterbrochen. Ohne diese Pause dauerte die Beobachtung 168 Minuten.\nDurch diese Niere, deren Gef\u00e4sse unmittelbar nach der Einleitung des k\u00fcnstlichen Kreislaufs in einen sehr anhaltenden","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"354] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 205\nTetanus verfallen waren, ging hinter dem unvergifteten ein Blut mit 0,2 Procent Chloralhydrat her, dieses erzeugte wechselnd bedeutende Beschleunigungen und Verlangsamungen des Stromes, welche letztere bis zu vollkommenen Unterbrechungen des Ausflusses f\u00fchrten, von denen eine 20 Minuten hindurch aphielt. Nachdem der Strom des Chloralblutes unterbrochen und die Niere eine Stunde lang sich selbst \u00fcberlassen war, kam das Volum derselben auf seinen normalen Werth zur\u00fcck. Als nun unver-giftetes Blut durch die Niere geschickt wurde, verhielt sich dieselbe gerade so, als ob sie bis dahin nur un vergiftetes Blut empfangen hatte ; denn nach der Strompause war eine sehr bedeutende Geschwindigkeit eingelreten und diese verminderte sich w\u00e4hrend der fortdauernden Durchleitung nach der bekannten Regel ; dabei verschwanden die Schwankungen der Geschwindigkeit und des Volums bis auf geringe Andeutungen. Nach den Erfahrungen welche in diesen Versuchen niedergelegt sind, kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass das Chloral die Veranlassung zu einem Wechsel von Contractionen und Erschlaffungen der Gefassw\u00e4nde zu geben vermag.\nFig, 4 7.\napnoisches Blut mit 0.4 p. C. apnoisch.\nBlut.\napnoisclies Blut.\nDurch die vor 24 Stunden ausgeschnittene Niere fliesst wechselnd und 0.4 p. C. Chloralhydrat haltendes apnoisches Blut unter einem Drucke von 100 Mm. Hg. Die geraden Linien messen das in je 1 Minute ausgeflossene Blut; 1 Ctm. entspricht 1 Ccm. Die Zeit welche zwischen A und B liegt betr\u00e4gt 30 Minuten. W\u00e4hrend der Zeit des stockenden Stromes verminderte sich das Volum in entsprechender Weise.\nWerden statt der frischen Nieren, von denen bisher die Rede war, solche dem Versuche unterworfen, die vor 24 Stunden aus-","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nDr. A. Mosso,\n[355\ngeschnitten wurden, so bringen kleinere Dosen des Chloralhy-drats nur Verengungen des Strombettes zu Stande. Will man die Erweiterung derselben sehn, so muss ein Blut mit einem grossem Chloralgehalt \u2014 0.3 bis 0.5 p. C. \u2014durchgelassen werden. Unter dieser Voraussetzung kommen nun die fr\u00fcher beschriebenen Erscheinungen zu Tage : eine kleine Verminderung des Ausflusses im Beginn der Str\u00f6mung, bei weiterer Fortsetzung derselben grosse Ausflussmengen mit periodischen Schwankungen derselben. Unter diesen verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig grossen Dosen stirbt jedoch die Niere keineswegs ab, denn wenn man auf das vergiftete reines Blut folgen l\u00e4sst, so vermindert sich die Geschwindigkeit sehr rasch bis zum Werthe N ull, mit andern Worten die Stromwege verengen sich bis zum vollkommenen Verschluss der Lichtung. In diesem Zustande verharren die Gef\u00e4sse viele Minuten hindurch, endlich aber \u00f6ffnen sie sich wieder, so-dass nun das reine Blut \u00e4hnlich geschwind wie fr\u00fcher abfliesst, siehe Fig. 17.\nAuch noch an Nieren die ihren Standort seit 48 Stunden verlassen haben stellt sich die Wirkung des Choralhydrats deutlich her. Ein Beispiel hierf\u00fcr giebt Fig. 18.\nFig. 18.\napnoisch. apnoisches Blut mit Chloral Blut.\t0.4 \u00bbjo.\nP\napnoisches Blut. apnoisches Blut.\nDurch die seit 48 Stunden \u00fcberlebende Niere fliesst abwechselnd reines und 0.4 pro-centiges apnoisches Chloralblut unter einem Drucke von 100 Mm. Hg. Die gebrochene Linie ist vom Plethysmographen gezeichnet. Die geraden Linien messen das in je 1 Min. ausgeflossene Blut; 1 Ctm. derselben entspricht 4 Ccm. Bei P unter der Abscisse war eine Pause von 17 Minuten eingeschaltet.\nSoweit also die Beobachtung fortgef\u00fchrt ist entspricht sie vollkommen der vorhergehenden.\nDurch noch gr\u00f6ssere Dosen des Giftes wird selbstverst\u00e4ndlich die \u00fcberlebende Niere abget\u00f6dtet. \u2014","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"356] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 207\nWeil sich durch Chloralhvdrat die rothen Blutk\u00f6rperchen ver\u00e4ndern, so musste ich pr\u00fcfen ob die auffallenden Wirkungen desselben auch dann noch hervortreten, wenn das Gift in reinem Blutserum gel\u00f6st durch die Niere gef\u00fchrt wurde. Die Figur 19 zeigt deutlich, dass auch ohne Dazwischenkunft der im Blute aufgeschwemmten K\u00f6rperchen die Beschleunigung des Stromes als Folge des Chloralhydrats auftritt.\nFig. 19.\nJlUlil\nNorm. Serum. Serum mit NorffiT Serum. Serum mit Norm. Serum. Serum Chloral.\tChloral.\tmit\nChloral.\nDurch die ganz frische Niere fliesst unter einem Drucke von 60 Mm. Hg. abwechselnd reines und solches Serum das 0.2 p. C. Chloralhydrat enthielt. Die geraden Linien messen das in 1 Minute ausgeflossene Volum ; 1 Ctm. derselben entspricht 2 Ccm. Serum.\nKeine der bei dem Strome des Blutes beobachteten Erscheinungen fehlt bei dem des Serums. Das chloralhaltige Serum fliesst rascher als das reine, es weckt in der Niere periodische Aende-rungen des Gef\u00e4ssdurchmessers und wenn dasselbe durch das reine ^erum verdr\u00e4ngt wird, so erscheint zun\u00e4chst eine Verengung der Strombahn, die sich bei weiter fortgesetzter Leitung des reinen Serums wieder ausgleicht. Somit l\u00e4sst sich die den Strom beschleunigende Wirkung unseres Giftes mit Sicherheit auf die ver\u00e4nderte Nachgiebigkeit der Gef\u00e4sswand selbst zur\u00fcckf\u00fchren.\nBei den Versuchen mit Durchleitung des Serums machte ich zuf\u00e4llig eine Erfahrung die ich hier mittheilen will, weil sie vielleicht dazu beitr\u00e4gt ein Licht auf die Ursachen der Chloralwir-kung zu werfen. Schon fr\u00fcher wurde mitgetheilt dass die Gef\u00e4sswand der Niere in Todtenstarre \u00fcbergehe,- wenn die letztere, nachdem sie aus der frischen Leiche ausgeschnitten wurde, noch 10 bis 12 Stunden in der Zimmertemperatur (etwa 18\u00b0 C.) liegen bleibt. Durch die abgestorbene Niere bewegt sich der Blutstrom sehr langsam, und es haben auf ihn die Strompausen, die Gifte und die electrischen Beizungen keinen merklichen Einfluss mehr. Als ich nun durch eine Niere die w\u00e4hrend 18 Stunden dem Einfl\u00fcsse der Zimmerw\u00e4rme ausgesetzt war, reines Serum durch-","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"[357\n208\tDr. A. Mosso,\nfliessen liess und hierbei ein reichliches Str\u00f6men bemerkte, so benutzte ich diesen Fall um die Wirkung des Chloralhydrats auf die abgestorbene Niere zu pr\u00fcfen. Das Resultat welches ich erhielt giebt Fig. 20 wieder.\nDie abgestorbene Niere verh\u00e4lt sich hier dem Chloralhydrat gegen\u00fcber gerade umgekehrt wie die lebendige, denn es njindert sich mit dem Zutritt der chloral-'haltigen Fl\u00fcssigkeit dieGeschwin-digkeit des Stromes ganz auffallend und sie w\u00e4chst wieder zu ihrem fr\u00fcheren Werthe an, wenn das vergiftete durch reines Serum ausgewaschen ist. Diese That-sache liefert einen unverf\u00e4nglichen Beweis daf\u00fcr, dass die Erweiterung des Stromes, welche S das Chloral in der \u00fcberlebenden \u201eh Niere veranlasst, nicht auf einer Minderung der Elasticit\u00e4t ruht, welche der Gef\u00e4sswand auch noch nach dem Verluste ihrer irritablen Eigenschaften zukommt.\nAuch noch einen andern Versuch m\u00f6chte ich, obwohl er allein steht, nicht mit Stillschweigen \u00fcbergehen. Derselbe betrifft eine Durchleitung von Erstickungsblut, welchem bis zu 0.4 Procent seines Volums Chloralhydrat beigemengt war. Trotz dieser grossen Gabe und trotzdem dass die Nieregef\u00e4sse sich anderen Rea-gentien gegen\u00fcber als vollkommen lebendig erwiesen, brachte das vergiftete Erstickungsblut keine Ausdehnung der Strombahn zu Stande. Daraus k\u00f6nnte man\nd\n\u00e0\n(N\noi\nr\u00f6\n\u00f6\njs \u00ae\nI\u00df \u00f6 O 03\nr? to o n\n3 s 8\u00b0\nt\u00df & t\u00ab 5\ndl ^\n0.2\n->*r\u00d6","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"358] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 209\nschliessen, dass ein bedeutender Kohlens\u00e4uregehalt des Blutes die Wirkungen des Chloralhydrates aufzuheben verm\u00f6chte.\nDie Eigenschaften, welche derchloralhaltige Blutstrom darbietet, lassen sich ohne Schwierigkeit aus Aenderungen ableiten, welche der irritable Bestandtheil der Gefasswand erfahren hat. So sind vor allem die rhythmischen Schwankungen des Durchmessers der Gef\u00e4sse nur durch active Contractionen zu erkl\u00e4ren, theils wegen ihres zeitlichen Verlaufes, vor allem aber darum, weil f\u00fcr die Entstehung derselben aus irgend welchem andern Grunde bei dem unver\u00e4nderten Best\u00e4nde aller \u00e4ussern Bedingungen keine Veranlassung vorliegt. \u2014 Nicht ganz so klar ist es, wesshalb die Gef\u00e4sswand durch das Chloralhydrat erschlafft wird. Wenn wir auch annehmen d\u00fcrfen, dass ein wesentlicher Theil des Widerstandes, welchen die Gef\u00e4sshaut der ausdehnenden Gewalt des Blutstromes entgegensetzt, von den Muskeln geleistet wird, und wenn es demgem\u00e4ss auch gestattet w\u00e4re, die Ausdehnung der Wand w\u00e4hrend des mit Chloralhydrat geschw\u00e4ngerten Blutstromes aus einer Erschlaffung der Muskeln abzuleiten, so bleibt es doch noch fraglich ob diese Verminderung des Tonus durch eine Einwirkung auf die elastischen oder die contractilen Kr\u00e4fte bewirkt sei. Vor der Beantwortung dieser muss erst die andre Frage entschieden sein, ob der Verk\u00fcrzungsgrad, in welcher sich die Gef\u00e4sswand bei der Durchleitung des reinen Blutes befindet, auf einem Tetanus oder einer vermehrten Elasticit\u00e4t beruht. Bei der mangelhaften Kenntniss, die wir von dem innern Zustande der glatten Muskeln besitzen, steht uns keine entscheidende Antwort zu Gebote, wenn man auch einen so anhaltenden Tetanus, der sich aus einer raschen Folge von Zuckungen hervorbilden soll, f\u00fcr h\u00f6chst unwahrscheinlich halten muss.\nDie Beobachtungen, welche dieser Abschnitt meiner Abhandlung enth\u00e4lt, liefern von allem andern abgesehn den Nachweis, dass alle Erscheinungen welche man im Kreislauf des lebenden Thieres nach der Einf\u00fchrung von Giften beobachtet, nur unvollkommen erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen, wenn nicht in das Bereich des Versuches auch der k\u00fcnstliche Blutstrom durch das \u00fcberlebende Organ aufgenommen wurde. Denn esistnun deutlich, dass die Wirkungen des Nicotins, Atropins und Chloralhydrates, welche man bisher ihrem Einfl\u00fcsse auf die Centren der Gef\u00e4ssnerven zuschrieb, mit gleichem, ja mit gr\u00f6sserem Rechte aus einer Aende-rung der Gef\u00e4sswand selbst zu erkl\u00e4ren sind, die von jenem Gifte\nn","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"21\u00d4\tDr. A. Moss\u00f4,\t[359\nohne Dazwischenkunft des verl\u00e4ngerten Markes hervorgebracht ist.\nVII. Das Oedem der Niere.\nDie Aenderungen, welche das Volum der Niere w\u00e4hrend des k\u00fcnstlichen Blutstromes erlitt, waren, wie schon angegeben, entweder nur vor\u00fcbergehend oder dauernd. Die ersteren wurden durch die Anf\u00fcllung der Gef\u00e4sse mit Blut bedingt, wie sich einfach daraus ergab, dass die Niere nach vorausgegangener Schwellung wieder auf ihren urspr\u00fcnglichen Umfang zur\u00fcckkam, nachdem das angeh\u00e4ufte Blut ausgeflossen.\nEine dauernde Vermehrung des Volums Hess sich dagegen aus der gr\u00f6sseren F\u00fcllung der Blutgef\u00e4sse nicht erkl\u00e4ren, weil sich dieselben bei der Section eher unter als \u00fcber das normale Maass gef\u00fcllt zeigten. Ihr liegt also eine Schwellung, sei es der Lymphr\u00e4ume oder der Gewebsmassen selbst zu Grunde. F\u00fcr das erstere macht sich geltend die sichtbare Ausdehnung der Lymphst\u00e4mmchen, welche auf der Nierenkapsel verlaufen. Dass aber hierdurch nicht die alleinige Ursache f\u00fcr das gewachsene Volum gegeben ist, beweist die mikroskopische Untersuchung. Durch sie stellte sich jedesmal, so oft sich der Umfang bedeutend vergr\u00f6ssert hatte, eine starke Aufbl\u00e4hung des epithelialen Beleges der gewundenen Can\u00e4le heraus. Aus diesem Befunde erkl\u00e4rt sich auch die Langsamkeit des Blutstromes durch die geschwollenen Nieren, und zwar in der Art, dass innerhalb der gespannten Capsel die ausgedehnten Can\u00e4lchen den Raum f\u00fcr die Blutgef\u00e4sse beengen.\nDie dauernde Schwellung tritt nicht unter allen Umst\u00e4nden gleich rasch und gleich stark ein, am wenigsten macht sie sich geltend an der frischen Niere, w\u00e4hrend sie an solchen die vor vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden ausgeschnitten waren sehr auffallend hervor trat.\nVon dem Einfl\u00fcsse, welchen die Dauer des Ueberlebens \u00fcbt, kann man sich sehr deutlich \u00fcberzeugen wenn man dieselbe Niere zu verschiedenen Zeiten jedesmal gleich lange vom Blute durchstr\u00f6men l\u00e4sst. Bei einem solchen Versuche nimmt die Niere unmittelbar nach der Entfernung aus ihrem nat\u00fcrlichen Standort in Folge des Stromes um ein kaum merkliches zu, w\u00e4hrend bei einer gleichen Dauer des letzteren sie 24 Stunden nachher","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"360] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00c4sswaNd. 2ll\num 20 bis 30 und 48 Stunden nachher bis zu 36 Grammen an Gewicht gewann.\nUnter den Stoffen, welche ich dem zur Durchleitung benutzten Blute zuf\u00fcgte, \u00e4usserte das Chloral einen kaum merklichen, der Harnstoff dagegen einen sehr m\u00e4chtigen Einfluss auf die dauernde Schwellung. Mit dieser letztem Substanz habe ich jedoch nur wenige Versuche ausgef\u00fchrt, bei denen ich einigemale sehr auffallende Erscheinungen bemerkte. Den beachtenswer-thesten meiner F\u00e4lle'werde ich hier noch kurz erw\u00e4hnen. Als in die Nierenarterie unvergiftetes apnoisches Blut eingelassen wurde, schwoll dieselbe zun\u00e4chst bedeutend an, ohne dass ein Tropfen aus der Vene ausfloss. Pl\u00f6tzlich ergoss sich das Blut mit rasch zu- und ebenso rasch abnehmender Geschwindigkeit aus der Vene, w\u00e4hrend gleichzeitig das Volum der Niere bedeutend herabging. Von nun an stockte der Ausfluss und es nahm der Umfang der Niere wieder zu; nachdem dieser bis auf ein gewisses Maass gestiegen stellte sich der Strom in der vorhin beschriebenen Weise wieder ein. Auf diese Art kam eine Verthei-lung des Fliessens und der Volum\u00e4nderung zu Stande, wie sie in Fig. 21 dargestellt ist.\nFig. 21.\nDurch die unmittelbar vorher ausgeschnittene Niere str\u00f6mte zuerst reines dann mit. Harnstoff (1.0 p. C.) versetztes apnoisches Blut. Die obere Curve stellt den Verlauf des Blutflusses aus der Vene, die untere den der Volum\u00e4nderung der Niere dar. 1 Ctm. der Ordinaten entsprechen in beiden F\u00e4llen 2 Ccm. Zwischen A und H str\u00f6mte reines, jenseits H das mit Harnstoff versetzte Blut.\nNachdem das reine gegen ein mit Harnstoff versetztes Blut ausgetauscht war, behielt der Strom den beschriebenen Modus zwar bei, jedoch mit dem Unterschied, dass sich anfangs die Perioden weit rascher folgten, wobei die durch je einen Stoss","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nDr. A. Mosso\n[361\nabgeflossenen Mengen und dem entsprechend auch die Volum\u00e4nderungen weit kleiner wurden ; allm\u00e4hlig jedoch nahmen beide wieder die urspr\u00fcngliche Gr\u00f6sse an. Ein Verlauf des Abflusses, wie er hier beschrieben wurde, erkl\u00e4rt sich bekanntlich am einfachsten aus einer Ansaugung welche einen bestimmten Abschnitt der Venenwand so lange zusammengepresst h\u00e4lt, bis der Druck des Blutes in den Venenwurzeln zu einer H\u00f6he angeschwollen ist, welche die der Saugkraft zu \u00fcberwinden vermag. Im Momente, wo dieses geschehen, wo also die Lichtung der Vene er\u00f6ffnet ist st\u00fcrzt das Blut aus den gespannten Wurzeln und er\u2014 theilt der Venenwand eine Bewegung, die es verhindert, dass schon nach dem Abfluss der ersten Tropfen von Seiten der Saugkraft wiederum ein Schluss erfolgt. \u2014 Diese Erkl\u00e4rung des Vorganges scheint mir aber hier nicht anwendbar, einmal weil in meinem Apparate keine Veranlassung zum Ansaugen der Venenwand gegeben war, noch mehr aber darum nicht, weil uns die Annahme im Stiche l\u00e4sst, wenn wir aus ihr ableiten sollen, warum die Perioden nach der Zuf\u00fchrung des harnstoffhaltigen Blutes kleiner wurden. \u2014 Ist nun die beschriebene Art des Stromes keine Folge des fehlerhaften Apparates, sondern eines Vorgangs im Innern der Niere selbst, so m\u00fcsste man an eine periodische Wiederkehr der Verengung im Bereiche der Venen denken, deren Mechanismus freilich dahingestellt bleiben muss.\nKehren wir nach dieser Abschweifung zu dem Oedem zur\u00fcck, so werden wir zun\u00e4chst ohne Schwierigkeit begreifen, warum dasselbe in den sp\u00e4tem leichter als in den fr\u00fchem Stadien des Ueberlebens eintritt. Mit der wachsenden Zeit werden sich in den Epilhelien der angeschnittenen Niere mehr und mehr Zersetzungsproducte anh\u00e4ufen, welche einen Diffusionsstrom in die Masse derselben bedingen. \u2014 Schwieriger ist es einzusehen warum das harnstoffhaltige Blut die Epithelien \u00f6dematos macht. Sollte sich in ihnen der Harnstoff ansammlen, so w\u00fcrde dieses jedenfalls eine Thatsache von Bedeutung sein. \u2014\nVIII. K\u00fcnstlicher Blutstrom durch das Pfortader-syslem der ausgeschnittenen Leber.\nDa den Wandungen der vena portarum der starke Beleg von Muskelmasse fehlt, welcher den Nierenarterien bis zum vas affe-rens glomeruli hinab eigenth\u00fcmlich ist, so musste es w\u00fcnschens-","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"362] Yon einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 213\nwerth erscheinen auch den Strom durch diese Bahnen zu studi-ren. Es Hess sich hoffen, dass aus einer Vergleichung der Str\u00f6-mungemdurch Niere und Leber ein Aufschluss \u00fcber den Antheil gewonnen w\u00fcrde, den die Muskeln an der Regulirung derselben nehmen.\nDer Apparat, welcher f\u00fcr den Strom durch die Niere benutzt war, konnte auch f\u00fcr die Versuche an der Leber verwendet werden, nachdem einige Modificationen an ihm angebracht waren. Die erste derselben betraf den Beh\u00e4lter innerhalb dessen das zu durchstr\u00f6mende Organ gelegt ward; dem Umfang der Leber entsprechend musste er gr\u00f6sser, und der Lagerung der venae portarum und hepatica gem\u00e4ss mussten auch die der Ca-n\u00fclen angepasst sein, welche das Blut ein- und ausf\u00fchrten. Zu dieser selbstverst\u00e4ndlichen Aenderung kam eine andre, durch welche der Druck des Blutes vor der vena portarum auf das geringere Maass herabgebracht wurde, dessen der Strom durch die Leber im Gegensatz zu dem der Niere bedarf. Zu diesem Ende wurde die grosse Druckflasche (A), welche in der Fig. 1 (p. 159) gezeichnet ist ganz beseitigt, und nur die kleinen mit Blut gef\u00fcllten Kolben (EE) beibehalten, welche wiederum nach der Vorschrift von Mariotte aufgestellt wurden. Der Druckunterschied zwischen dem Blutspiegel Ihres Trichters und der Auaflussm\u00fcn-dung der Can\u00fcle, welcher das Blut aus der vena hepatica in das Uf\u00f6rmige Rohr f\u00fchrte, war gen\u00fcgend um einen lebhaften Strom zu unterhalten. Unter diesen Umst\u00e4nden kam es also nur darauf an, die beiden Trichter, wenn ihre Anwendung geboten war, auf dieselbe H\u00f6he zu bringen, eine Aufgabe die sich mit bekannten Mitteln genau und leicht l\u00f6sen Hess.\nBei allen Versuchen an der Leber wurden immer die kleinerer Hunde benutzt, welche stets in Verbindung mit dem Zwerchfell herausgenommen waren. Da bei richtiger Einsetzung der Can\u00fc-len in die Pfort- und Hohlader nur noch zwei Gef\u00e4sse, ein Aest-chen der vena pancreatico-duodenaiis und die vena cava inferior vor ihrem Eingang in die Leber zu unterbinden sind \u2014 denn aus den Lebercapillaren geht kein Blut in die Verzweigungen der Leberarterie Uber* \u2014 so kann die Ueberf\u00fchrung der Organe aus der Leiche in den Apparat, welcher die gerinnbaren Blutmengen aussp\u00fclen soll, in noch k\u00fcrzerer Zeit als an der Niere vollfuhrt\n*) Betz, Wiener Sitzungsberichte. Bd. 46. 1862.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nDr. A. Mosso,\n[363\nwerden. Alle Vorsichten, welche das Eindringen der Luft in den Gef\u00e4ssbaum verh\u00fcten, wurden auch hier ge\u00fcbt. Weil das Blut des kleinen Hundes zur Unterhaltung eines langer dauernden Stromes nicht ausreichte, gewann ich vor der T\u00f6dtung desselben die n\u00f6thige Menge durch Verblutung eines grossen Thieres. Das Blut wurde defibrinirt und immer im apnoischen Zustande verwendet.\nDie Leber besass, unmittelbar nachdem sie aus dem mit allen Kunstgriffen verbluteten Thiere genommen, eine blassgelbe Farbe und nirgends waren auf ihrer Oberfl\u00e4che Andeutungen von eingeschlossenem Blute zu bemerken ; auch f\u00fchlte sie sich sehr weich an. Drang das apnoische Blut von der Pfortader aus in sie ein, so f\u00fcllten sich nicht alle Orte ihrer Oberfl\u00e4che gleich-massig, sondern es blieben innerhalb der rothgef\u00e4rbten einzelne blassgelbe Inseln zur\u00fcck. Wenn darauf f\u00fcr einige Zeit der Strom unterbrochen und dann wieder eingeleitet wurde, so drang nun das Blut ausnahmslos an alle Orte. Gerinnsel k\u00f6nnen also das Blut von den' vorhererw\u00e4hnten gelben Inseln nicht abgehalten haben. Hatte der k\u00fcnstliche Strom sich w\u00e4hrend l\u00e4ngerer Zeit durch die Leber bewegt, so entliess sie nach einer nun folgenden Pause nicht mehr alles Blut, wie es unmittelbar nach dem Tode geschehen war ; dieses Hess sich aus ihrer rothen Farbe erkennen ; auch ihr Volum schrumpfte nicht mehr auf die fr\u00fchere Gr\u00f6sse und zugleich schien sie h\u00e4rter geworden zu sein. Alles dieses deutet darauf hin, dass die Leber trotz des zugeleiteten Blutes bald einer Starre anheimf\u00e4llt. Ist diese meine Vermuthung begr\u00fcndet, so ist der k\u00fcrzeren Ueberlebensdauer wegen, die Leber nur in den allerersten Zeiten nach ihrer Ausschneidung zu den vorliegenden Versuchen geeignet. Aus meinen gerade nicht sehr zahlreichen Beobachtungen hebe ich das Folgende als sichergestellt heraus.\nDie Nachgiebigkeit der Gef\u00e4sswand, welche sich in der Niere w\u00e4hrend einer Pause ausbildet die in den k\u00fcnstlichen Strom eingeschaltet ist, entsteht unter Umst\u00e4nden auch in der Leber. Um sie sichtbar zu machen bedarf es jedoch einer Modification des Verfahrens. Wenn der Zufluss zu der Leber unterbrochen und w\u00e4hrenddess die vena hepatica offen ist, so entleert sich durch diese wegen der Nachgiebigkeit unseres Organes das Blut sehr vollst\u00e4ndig ; und w enn nun der Strom unter dem geringen Druck, der auf dem Inhalt der vena portarum lastet, wieder","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"36i] Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 215\nbeginnt, so bedarf es zur F\u00fcllung und Spannung der Leber einer l\u00e4ngeren Zeit, in der sich dann auch die fr\u00fchere Elasticit\u00e4t der Wandungen wieder einstellt. Hiedurch verwischt sich der Ausdruck den die vermehrte Nachgiebigkeit d\u00e8r Gef\u00e4sswand in der St\u00e4rke des Stromes findet. Er macht sich dagegen deutlicher geltend, wenn man mit dem Zufluss zur vena portarum zugleich die vena hepatica schliesst, so dass der wieder beginnende Strom sogleich eine gef\u00fcllte Bahn vorfindet. Auf die eine und die andre Weise \u2014 bei offner oder geschlossener vena hepatica \u2014 ist der folgende Versuch angestellt.\nFig. 22.\nDurch die Leher fliesst apnoisches Blut unter einem Drucke von 10 Mm. Hg. Die geraden Linien messen die in je 2 Minuten ausgeflossene Blutmenge. Die gekrochene Linie welche vom Plethysmographen gezeichnet ist, misst die Volum\u00e4nderungen der Leher. Jeder Ctm. von der L\u00e4nge der geraden Linien und der H\u00f6he der Plethysmographencurve \u00fcber der Abscisse entspricht 2.5 Ccm. Ein P unter der Abscisse bedeutet dass zu dieser Zeit eine Strompause von 30 Min. bestand, w\u00e4hrenddess der Zufluss des Blutes zur Leber gehemmt, der Abfluss desselben aber gestattet war. Das PH dagegen bezeichnet dass w\u00e4hrend der gleichlangen Strompause die vena portarum und hepatica gleichzeitig verschlossen waren.\nDiese Versuche sprechen es deutlich aus, dass auch die Ge-f\u00e4sse der Leber nach einer vorausgegangenen Pause des Stroms unter demselben Drucke in der Zeiteinheit mehr Blut durchlassen, als nach einer l\u00e4ngeren Periode ununterbrochener Str\u00f6mung.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nDr. A. Mosso,\n[365\nDie Wirkungen der electrischen Entladungen auf die Geschwindigkeit des k\u00fcnstlichen Blutstromes durch die Leber wurden mit denselben Mitteln wie an der Niere gepr\u00fcft. Da jedoch wegen des weit gr\u00f6sseren Querschnittes der Leber ein geringerer Leitungswiderstand als an der Niere zu erwarten war, so bediente ich mich unter Anwendung des galvanischen Stromes nur zweier gr\u00f6ssern Groves. Der Erfolg dieser Reizungen ist in den folgenden 3 Tabellen niedergelegt, welche von eben so vielen verschiedenen Versuchen abgeleitet sind.\nOrdnungs-numraer der Ausflussbe-stimmung.\tW\u00e4hrend 1 Min. nnter einem DruckvonlSMm. Hg. ansgeflossen in Ccm.\tBemer- kungen.\tOrdnungsnummer der Ausflussbestimmung.\tW\u00e4hrend 1 Min. unter einem Druck von 18 Mm. Hg. ausgeflossen in Ccm.\tBemer- kungen.\n1\t17,0\t.\t\t\t13, \u00e0\tGalvanisch ge-\n\t\t\t\t\treizt w\u00e4hrend\n\t\t\t\t\tdieser Minute.\n\t16,0\t\t\t12,0\t\n\t15,0\t\t\t11,4\t\n5\t13,5\t\t30\t11,0\t\n\t13,5\t\t\t11,0\t\n\t16,0\tReizung w\u00e4h-\t\t11,0\t\n\t16,2\trend dieser\t\t11,0\t\n\t13,6\tMinute.\t\t10,4\t\n10\t12,6\t\t35\t10,1\t\u2022\n\t12,0\t\t\t10,0\tGalvanisch ge-\n\t41,6\t\t\t12,0\treizt w\u00e4hrend\n\t11,0\t\t\t11 [6\tdieser Minute.\n\t10,8\tGalvanisch ge-\t40\t10,6\t\n15\t14,2\treizt w\u00e4hrend\t\t9,6\t\n\t14,8\tdieser Minute.\t\t8,8\t\n\t13,2\t\t\t8,6\t\n\t12,0\t\t\t\t\n\t11,4\t\t\t\t\n20\t11,0\t\t\t\t\n\t11,0\t\t\t\t\n\t10,8\t\t\t\t\n\t11,0\t\t\t\t\n\t11,6\t\t\t\t\n25\t10,8\t\t\t\t","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"366] Von einigen neuen Eigenschaften deh Gef\u00e4sswand. 217\nOrdnungs-nnmmer der Ausflussbestimmung.\tW\u00e4hrend 2 Min. unter einem Druck von 18 Mm. Hg. ausgeflossen in Ccm.\tBemer- kungen.\tOrdnungsnummer der Ausflussbestimmung.\tW\u00e4hrend 1 Min. unter einem Druck von 18 Mm Hg. ansgeflossen in Ccm.\tBemer- kungen.\n1\t10,0\t\t\t5,8\tGalvanisch ge-\n\t\t\t\t\treizt w\u00e4hrend\n\t\t\t\to,z\t\n\t10,0\t\t\t4,2\t\n\t8,8\tGalvanisch ge-\t25\t3,7\t\n5\t14,2\treizt w\u00e4hrend\t\t3,7\t\n\t13,6\t\t\tAusgefl. in 2 M.\t\n\t7,4\t\t\t3,4\tNach einer\n\t5 0\t\t\t2,3\tUnterbrechung\n\t8,5\t\t\t\tdes Stromes\n\t\tI Galvanisch\t\t\tw\u00e4hrend 3 St.\n10\t9,4\tV gereizt w\u00e4h-\t\t\tGalvanisch ge-\n\t9,2\tI rend dieser\t\t4,1\treizt w\u00e4hrend\n\t8,6\t1 4 Minuten.\t\t3,8\tdieser 2 Min.\n\t5,4\t/\t\t4,0\t\n\t4,0\t\t\t2,0\t\n15\t4,0\t\t35\t1,8\t\n\t4,2\t\t\t1,7\t\n\t4,4\t\t\t1,6\tGalvanisch ge-\n\t4 2\t\t, *\t4,6\treizt w\u00e4hrend\n\t4,2\t\t\t5,6\tdieser 2 Min.\n20\t4,2\t\t40\t2,3\t\nI\t4,2\t\t\t1,6\t\nOrdnungs-\tIn je 1 Minute\t\tOrdnungs-\tIn je 1 Minute\nnummer der\tunter einem\tBerner-\t\tunter einem\nAusflussbe-\tDruckvonl8Mm. Hg. ausgeflossen\tkungen.\tAusflussbe-\tDruck von 18 Mm. Hg. ausgeflossen\nStimmung.\tin Ccm.\t\tStimmung.\tin Ccm.\n1\t14,0\t\t\t1,8\n\t15,5\t\t25\t1,7\n\t15,6\tInductionsreiz RA*90 Mm.\t\t1,7\n\t15,6\tw\u00e4hrend\t\t1,5\n5\t16,0\tdieser Minute.\t\t1,5\n\t16,5 16,5\t\t\t\n\t\tV reiz RA. 50\t30\t2,8\n\t16,5\trMm. w\u00e4hrend\t\t1,4\n\t13,7\t} dieser 2 Min.\t\t1,4\n10\t12,7\tInductions-\t\t0,7\n\t12,6 12,4\treiz RA.\t\t\n\t\t20 Mm. w\u00e4h-\tDer Druck auf 25 Mm.\t\n\t\trend dieser\t\t6,8\n\t11,6\t2 Minuten.\t\t\n\t10,3\t\t35\t8,6\n15\t10,1\t\t\t9,6\n\t10,1\tInductionsreiz RA. U w\u00e4hrend\t\t15,0\n\t9,8\tdieser 2 Min.\t\t16,0\n\t9,7\t\t\t?\n\t8,8\t\t40\t11,6\n20\t8,1\t\t\t10,2\n\t7,9\t\t\t10,0\n\t1,8'\tNach 10 Min.\t\t10,2\n\t1,8\tlanger Ruhe.\t\t15,4\nBemer-\nkungen.\nGalvanisch gereizt w\u00e4hrend dieser 2 Minuten.\nHg. erh\u00f6ht\nGalvanisch gereizt w\u00e4hrend dieser Minute.\nGalvanisch gereizt w\u00e4hrend dieser Minute.","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"[367\n218\nDr. A. Mosso,\nOrdnungs-nummer der Ausflussbe-stimrnung.\tIn je 1 Min. unter einem Druck vonl8Mm. Hg. ausgeflossen in Ccm.\tBemer- kungen.\tOrdnungsnummer der Ausflussbestimmung.\tIn je 1 Minute unter einem Druck vonl8Mm. Hg. ausgeflossen in Ccm.\tBemer- kungen.\n45\t21,9\t\t55\t10,0\t\n\t15,5\t\t\t10,0\t\n\t10,0 9,6 M\t\t\t9,8 14,2 19,8\tGalvanisch gereizt w\u00e4hrend dieser Minute.\n50\t9,6 9,6 9,6 9,8 9,8\tInductionsreiz w\u00e4hrend dieser Minute. Inductionsreiz w\u00e4hrend dieser Minute.\t60 63\t13,6 10,4 10,0 9,8\t\n\t10,0\t\t\t\t\nAus der dritten Tabelle geht hervor, dass die Schl\u00e4ge eines m\u00e4chtigen Inductors ohne alle Wirkung auf den Strom bleiben. Dagegen zeigt die Schwankung des galvanischen Stromes einen sehr deutlichen Einfluss. Der Art nach weicht er jedoch wesentlich von dem Erfolge ab, der unter gleichen Umst\u00e4nden an der Niere hervortrat. Wenn die Leber von den galvanischen Strom-st\u00f6ssen getroffen wird, so w\u00e4chst die Ausflussmenge alsbald an, und sie h\u00e4lt sich auf dem hohem Werthe, selbst wenn die Reizung vier Minuten hindurch andauert. Mit der Ausschaltung des Organs verschwindet der Zuwachs, welchen der Strom empfangen nichtsogieich, sondern es bleibt eine Nachwirkung zur\u00fcck. \u2014 Der in C Cm ausgedrUckte Zuwachs der Stromst\u00e4rke schwankt w\u00e4hrend der Reizung der drei Lebern in den Grenzen von 1.6 bis 5.4 Ccm. Obwohl dieser Werth an sich gering ist, so macht er doch einen bedeutenden Rruchtheil der gesammten in der Zeiteinheit vor der Reizung aufgesammelten Rlutmenge aus. Zu der Zeitdauer, welche seit dem Reginne des k\u00fcnstlichen Stromes verstrichen ist, steht der Zuwachs des Ausflusses in keiner deutlichen Beziehung ; wenn er auch einige Male mit dem Wachsthum der ersteren abnimmt, so verh\u00e4lt es sich andere Male gerade entgegengesetzt. \u2014 Die Nachwirkung verh\u00e4lt sich ebenfalls nach Dauer und Gr\u00f6sse verschieden. Nach einer Reizungszeit von 1 Minute fehlt sie niemals, sie ist dagegen nach einer solchen von 4 Minuten nicht wahrnehmbar. Wenn man annimmt, dass sie in der Minute verschwunden sei in welcher die Ausflussmenge zu der Zahl zur\u00fcckkehrte, welche vor der Reizung bestanden","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"368] Von einigen neuen Eigenschaften deh Gef\u00e4sswand. 219\nhatte, so schwankt ihre Dauer zwischen 1 bis 6 Minuten. An Gr\u00f6sse kommt sie in der Regel nicht bloss der Stromst\u00e4rke gleich, welche w\u00e4hrend der Zeit des Reizes selbst vorhanden ist, sondern sie \u00fcbertrifft dieselbe h\u00e4ufig. \u2014 Von einer auf die Erregung folgenden Erm\u00fcdung lassen meine Versuche keine Andeutung erkennen. Diese m\u00fcsste als Gegenst\u00fcck der vermehrten in einer verminderten Geschwindigkeit bestehen, die nach k\u00fcrzerer oder l\u00e4ngerer Dauer wieder zu einer solchen zur\u00fcckkehrte, wie sie vor der Reizung aufgetreten. Dieses Verhalten stellt sich aber nirgends heraus.\nObwohl nun die von der galvanischen Reizung hervorgerufenen Erscheinungen manche Z\u00fcge derjenigen tragen, welche durch die Formver\u00e4nderung eines irritabeln Gebildes veranlasst sein konnten, so enthalte ich mich doch der Behauptung, dass der electrische Reiz eine Erweiterung des Strombettes durch eine Wirkung auf muskel\u00e4hnliche Werkzeuge bedinge. F\u00fcr die Funktion der Leber ist die mitgetheilte Reihe von Thalsachen wichtig genug um eine Wiederholung und Variation der Versuche zu fordern.\nAn Giften habe ich dem Blute, welches durch die Leber floss, Nicotin, Cyankalium und Chloralhydrat beigemengt.\nApnoisches Blut mit und ohne\t\t\tApnoisches Blut mit und ohne\t\t\nZusatz von Nicotin.\t\t\tZusatz von Nicotin.\t\t\n\tIn je 1 Minute\t\t\t\t\nZahl der\tunter einem\tBemer-\tZahl der\tIn je 1 Minute\tBemer-\nAusflussbe- stimmung.\tDruck von 8 Mm. Hg. ansgeflossen in Ccm.\tkungen.\tAusflussbe- stimmung.\tausgeflossen in Ccm.\tkungen.\n1\t9,0\t\t1\t13,0\t\n\t9,0\t\t\t13,0\t\n\t8,5\tReines\t\t14,0\tReines\n\t8,5\t> Blut\t\t12,0\tBlut\n5\t8,0\t\t5\t12,0\t\n\t8,0\t\t\t11,5\t\n\t7,0\t\t\t11,0\t\n\t14,5\t\t\t10,0\t\n\t13,5\t\t\t10,0\t\n10\t12.5 13.5 14.5 15,0\tBlut mit 0.01 p. C. Nicotin.\t10\tlOyO 8,0 7,0 10,0\tBlut mit . O.\u00e4ip. C. Nicotin.\n\t14,0\t\t\t19,0\t\n15\t12,5\t\t15\t21,0\t\n\t\t\t\t23,0\t","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nDr. A. Mosso,\n[369\nDas Nicotin beschleunigt den Strom, zuweilen geht der Erh\u00f6hung der Ausflussmenge eine Erniedrigung derselben voraus. \u2014 Wenn das nicotinhaltige Blut durch reines verdr\u00e4ngt wird, so kehrt die geringere Stromgeschwindigkeit wieder ; durch einen erneuten Zusatz des Giftes gelingt es zum zweiten Male die Stromst\u00e4rke-zu steigern.\nApnoisches Blut mit und ohne Zusatz von Nicotin.\nZahl der Ausflussbe-stimmung.\nIn je 2 Minuten unter einem Druck von 17 Mm. Hg. ausgeflossen in Ccm.\nBemer-\nkungen.\nZahl der Ausflussbestimmung.\nIn je 2 Minuten unter einem Druck vonl7Mm. Hg. ausgeflossen in Ccm.\nBemer-\nkungen.\n1\n10\n15\n20\n25\n30\n33\n10.5\n10,0\n9.5 9,0 9,0\n9.0\n8.0\n7.5\n17.5\n16.5\n23.0\n26.0 26,0 28,0\n28.5\n30.0\n28.0\n28.5 29,0\n29.0\n27.0\n27.5\n25.0\n24,\n23.0\n18.0\n15.0\n12.5\n11.0 10,0\n7,0\n8.5 7,2\nReines\nBlut\n50\n55\n60\nBlut mit 0,5 p. C. Nicotin.\nReines\nBlut\n5.0 5,5\n7.0\n10,0\n10.5\n12.5 13,3\n15.0\n15.5\n17.0\n18.0\n19.0\n20.0\n20.5\n21.5\n21.5 22,0 22,0 23,0\n22.5 23,0 23,0\n23.0\n17.0\nH,0\n11.0\n9.0\n8.0\n9.0\n5.0\nDas hei der fr\u00fchem Durchleitung des nicotinhaltigen Blutes aufgefangene noch einmal durchgef\u00fchrt.\nReines\nBlut\n48\t5,0\nEine \u00e4hnliche Wirkung zeigt das Cyankalium, welches ohne vorg\u00e4ngigen Abfall derselben die Geschwindigkeit erh\u00f6ht; durch kleine Dosen wird die Structur der Leber nicht beeintr\u00e4chtigt, denn es kann nach der Auswaschung des Giftes die fr\u00fcher vor-","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"370] Von einigen ne\u00fcen Eigenschaften der Gef\u00e4sswand. 221\nhandene Geschwindigkeit wieder zur\u00fcckgebracht und durch abermaligen Zusatz wieder erh\u00f6ht werden. Wenn dagegen auf zehntausend Theile Blutes 6 Cyankalium kommen, so bringt das Gift schon dauernde Ver\u00e4nderungen hervor.\nApnoisches Blut mit und ohne Zusatz von Cyankalium.\nZahl der Ausflussbe- stimmung.\tIn je 2 Minuten unter einem Druck von 13,5 Mm. Hg. ausgeflossen in Ccm.\tBemer- kungen.\tZahl der Ausflussbestimmung.\tIn je 2 Minuten unter einem Druck von 13,5 Mm. Hg. ausgeflossen in Ccm.\tBemer- kungen.\n1\t6,5\t\t33\t8,5\t\n\t6,0\t\t\t8,8\t\n\t6,0\tReines\t35\t9,0\t\n\t5,6\tBlut.\t\t8,7\t\n5\t5,7\t\t\t9,0\tBlut mit\n\t5,6\t\t\t9,0\t0,06 p. C.\n\t6,0\t\t\t8,8\tCyanka-\n\t8,5\t\t40\t8,8\tlium.\n\t9,5\t\t\t8,0\t\n10\t11,0\tBlut mit\t\t7,2\t\n\t11,0\t0,01 p. C.\t\t6,8\t\n\t10,2\t/ Cyanka-\t\t6,4\t\n\t11,2\tlium.\t45\t5,0\t\n\t10,5\t\t\t4,8\t\n15\t11,0\t\t\t4,4\t\n\t11,1\t\t\t4,4\t\n\t11,1\t\t\t4,3\t\n\t10,6\t\t\t\t\n\t8,4\t\t\t\t\n30\t8,4\tReines\t\t\t\n\t8,0\tBlut.\t\t\t\n\t7,8\t\t\t\t\n\t7,6\t\t\t\t\n34\t7,0\t\t\t\t\n33\t6,4\t\t\t\t\nAuch das Chloralhydrat vermag die Geschwindigkeit des Stromes emporzutreiben, ganz \u00e4hnlich wie an der Niere. Um seine Wirkungen an der Leber hervortreten zu lassen bedarf man jedoch gr\u00f6sserer Gaben.\nEin Zweifel, ob es den Lebenseigenschaften der Gef\u00e4sswand geb\u00fchre, wenn man ihnen die Ursache f\u00fcr die Aenderungen der Geschwindigkeit des giftf\u00fchrenden Stromes zuschreibt, kann leicht beseitigt werden. K\u00e4me in der That hier etwas Aehnliches in das Spiel wie in den von Poiseuillel) mit verschiedenen L\u00f6sungen angestellten Versuchen, so m\u00fcsste auch bei einem\n1) Annales de chimie et physique. XXI. 75. Jahrgang 1847.","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222 Dr. A.Mosso, Einige neue Eigenschaften d. Gef\u00e4sSwan\u00bb. [371\nStrome durch eine enge und lange Glasr\u00f6hre die beschleunigende Wirkung des Nicotins sichtbar werden. Bei einer sehr sorgf\u00e4ltigen Pr\u00fcfung, welche Heger unternahm, zeigte sich jedoch das Nicotin innerhalb einer Glasr\u00f6hre ohne eine merkliche Wirkung. Um den Erfolg seines Versuches zu sichern, liess er 500 Ccm. desselben Blutes aus einer Flasche je zweimal durch ein Glasrohr von 1 Mm. Diam. und 2 Meter L\u00e4nge fliessen ; zuerst rein und dann mit Nicotinmengen versetzt, die den Strom in der Leber bedeutend beschleunigt haben w\u00fcrden. Die 500 Ccm. Blut bedurften zu ihrer Entleerung gleicher Zeiten, ob sie rein oder nicotinhaltig waren. Wenn sich also f\u00fcr so grosse Mengen Blut und so lange Beobachtungszeiten der Einfluss des Nicotins auf die Reibung nicht sichtbar macht, so kann diese gewiss in den Versuchen am \u00fcberlebenden Organe vernachl\u00e4ssigt werden.\nWeil an den W\u00e4nden des Pfortaderbaumes die kreisf\u00f6rmigen Muskeln in einem nur massigen Grade vertreten sind, so k\u00f6nnte der vollst\u00e4ndige Mangel an Erscheinungen, die auf eine active Verengung der Lichtungen deuten, nicht auffallen. Dennoch fehlt es nicht an denselben. Dahin geh\u00f6rt zun\u00e4chst die ungew\u00f6hnliche Blutleere der Leber unmittelbar nach dem Tode. Da sich aber an dieser auch die Capillaren und die Lebervenen betheiligen, so wird man ihre Entstehung aus der Elasticit\u00e4t des Parenchyms ableiten m\u00fcssen. Eine andre aus der Verengung der Strombahn erkl\u00e4rbare Erscheinung ist die mit der Dauer des k\u00fcnstlichen Kreislaufes abnehmende Geschwindigkeit. Sie stellt sich jedoch so langsam ein, und ihre Ursache verschwindet w\u00e4hrend einer Strompause auch wieder so allm\u00e4hlig, dass man den verlangsamten Strom auch aus Schwellungen der Leberzellen oder aus einer F\u00fcllung der Lymphgef\u00e4sse erkl\u00e4ren konnte. \u2014 Eine besondere Stelle nehmen dagegen die Verlangsamungen des Stromes ein, die man nach der Durchleitung nicotinhaltigen Blutes \u2014 freilich nicht jedesmal \u2014 beobachtet. Ihre Deutung wird wesentlich von derjenigen abb\u00e4n-gen, welche dereinst die Erweiterungen des Strombettes w\u00e4hrend der galvanischen Reizung, und des Durchflusses von Chloralhydrat und Cyankalium erfahren. Meine Versuche reichen nicht aus, um eine der m\u00f6glichen Hypothesen zu begr\u00fcnden.","page":222}],"identifier":"lit1413","issued":"1874","language":"de","pages":"156-222","startpages":"156","title":"Von einigen neuen Eigenschaften der Gef\u00e4\u00dfwand","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:11:47.484384+00:00"}