The Virtual Laboratory - Resources on Experimental Life Sciences
  • Upload
Log in Sign up

Open Access

Ueber das Einsaugungsvermögen der Venen des großen und kleinen Kreislaufsystems

beta


JSON Export

{"created":"2022-01-31T16:17:40.955192+00:00","id":"lit14130","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Mayer, A. C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 3: 485-503","fulltext":[{"file":"p0485.txt","language":"de","ocr_de":"Deutfehes Archiv\nf\u00fcr die\nPHYSIOLOGIE.\nDritter Band. Viertes Heft,\nI.\nUeber das Einfaugungsverm\u00f6gen der Venen des grofsen und kleinen Kreislauffyftems. Von Dr. A. C. Mayer, Prof, der Anatomie und Physiologie in Bern.\nE rft er A bfc h n i 11.\nln fr\u00fchem Zeiten, als dasLymphfyftem entweder noch gar nicht oder nur zura Theil gekannt war fowohl, als auch in fp\u00e4tern, fehlte es nicht an Phyfiologen, welche die Behauptung aufftellten, dafs die Venen ein-fauaten, namentlich dals die Gekr\u00f6svenen den Chylus in lieh aufn\u00e4hmen.\nHippokrates und Arifeoeeles J), welcher letztere die Milchgef\u00e4fse mit den Wurzeln der Pflanzen, den Darmkanal mit dem Erdboden iinnreich vergleicht, fprechen unbeftimmt von den Gekr\u00f6svenen (Venae me-fentericae, venae lacteae) welche den Chylus einfangen, fo dafs es ungewifs ift, ob fie die Milchgef\u00e4fse gefeiten, und gewifs, dais fie diefelben von den Venen des Gekr\u00f6fes nicht unterfchicden haben. Nach G aiens \u2019) Zeugnifs fah Era\u00dfftratus die Milchgef\u00e4fse bei Ziegen,\nl) Edit, van der Linden; de principiis et carnibus XIIL\n3} De partibus anitnalibus Lin. IV. cap. 4*\n3) De ufu partium L. IV. c. 19.\nM. d. Archiv, 1IL 4'\t^ 1 * 3","page":485},{"file":"p0486.txt","language":"de","ocr_de":"486\nund 'Herophilus erw\u00e4hnte derfelben. Falkenburg *) fah diele Gekr\u00f6svenen voll von Chylus nach der Auslage von Harvey. Als die lvmphatifchen Gef\u00e4fse von Afel-lius fchon entdeckt waren, vertheidigten doch noch mehrere die Einfaugting des Chylus durch die Venen des Gekr\u00f6l'es. Bilfius 1 2 3) ftellte den Satz auf, dafs die Gekr\u00f6svenen den Chylus einfaugten. Wenn man n\u00e4mlich diele Venen unterbinde, lo fliefse graues Blut aus der ge\u00f6ffneten Vene. Swammerdam fah weifse Streifen in ihrem Blute von der Beimifchung des Chylus. Harvey4 5) felbft, der gleichzeitig mit ihm lebte, fprach den Lymphgef\u00e4fsen das Verm\u00f6gen einzufaugen ab, hielt tie f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcffig, und liefs diefes Gefch\u00e4ft durch die Venen allein verrichten. Kaaia Boer \u2019naave !) wollte den Uebergang des Waffers aus dein Darmkanal in die Venen gefehen haben.\nMeckel6) fand weifsen Chylus in den Venen der Eingeweide.\nMenghini 7) fall daflelbe\u00bb bei V\u00f6geln; der dem Blute der Gekr\u00f6svenen beigemifchte Chylus bewirkte, dafs das Blut roftfarbig ausfah,\nDiefe Anficht verlor aber um lo mehr ihr Gewicht , je mehr das Studium der Lymphgetafse lieh ausbreilete und durch Mafia gni, Cruikjhank und Andere gehoben wurde.\nIn neueren Zeiten fehlte es nicht an vorz\u00fcglichen Phyfiologen, welche die Einfaugung der Venen ver-\n1)\tEpiftolae Harveli ad J. D, Horftium. Francofort. 1650. p. 6.\n2)\tEpiftolica differtatio Koterodami 1655.\n3)\tNotae ad, prodrom, Horuii p. sg,\n4)\tL. c. et de generat anini, p. ifij.\n5)\tPerfpir. n. 471,\n6)\tF.piftolae ad Hailemm p. 13.\n7)\tComm. Bonou, Tom, 2, p, 1 j.","page":486},{"file":"p0487.txt","language":"de","ocr_de":"487\nth\u00e8idigten. Man f\u00fchrte f\u00fcr diefe Einfaugung mehrere Gr\u00fcnde an, und fuchte fie durch Verfuche zu-beft\u00e4ti-gen. Einige diefer Gr\u00fcnde wurden fchon von Haller ') angef\u00fchrt. Andere wurden erft in ncuefter Zeit hinzugef\u00fcgt. Sie find folgende :\nx) Das leichte Ausfehwitzen von Waffer, Oel, Haufenblafe u. f. w , auf der inneren Darmoberfl\u00e4che, wenn diefe Stoffe in die Gekr\u00f6svenen in.jicirt wurden, woraus man fchlofs, dafs auch der Ueber-gang des Waffers umgekehrt, von der Darmh\u00f6hle in die Venen, m\u00f6glich leyn werde.\n\u0430)\tDie grofse Anzahl und die Weite der Venen, befonders der Gekr\u00f6svenen machen eine folche Einfatt-gung m\u00f6glich und wahrfcheinlich.\n3)\tlm bebr\u00fcteten Ei zeigen fielt Venen, ehe noch Arterien fichtbar find, die ihre Fl\u00fcffigkeit alfo wohl durch Einfaugung erhalten muffen.\n4)\tDie Einfaugung des Wafferftoffgafes gefchieht in den Lungen ebenfalls durch die Venen.\n5)\tViele Gifte wirken nach mehreren Verfuchen viel zu fchnell, als dafs man annehmen k\u00f6nnte, fie w\u00fcrden durchs Lymphgef\u00e4fsfyftem aufgenommen. Diefe Verfuche haben vorz\u00fcglich Magendie l) 2 3) und Emmert 3) bewogen, eine Einfaugung durch die Venenanzunehmen, welche Letzterer als eine eigentliche Durchdringung der Wandungen der Venen zu betrachten fcheint.\n\u0431)\tDie Gifte wirken, wenn ein vergiftetes Glied blofs durch Blutgef\u00e4fse mit dem \u00fcbrigen Theil des K\u00f6r-\nIi 2\nl) Elementa phyfiologiae T. VII. p. 64.\na) M\u00e9moire fur les Organes de l\u2019abforption, S. diefes Archiv Bd. 2. S. 250 ff.\n3) T\u00fcbinger Bl\u00e4tter fiir Katurwiffenfcliafc un Arzneikunde. 2. Bd. 1 St. S. 57-","page":487},{"file":"p0488.txt","language":"de","ocr_de":"488\npers verbunden ift, ja wenn man die \u00e4ufsere Haut der Gef\u00e4fse, und damit die etwa darin Geh verbergenden Lym-phgefafse entfernt, ja felbl't wenn diefe Klutge-f\u00e4fse blofs durch R\u00fchren in Gemeinfchaft ftehen. Man feite die finnreichen Verfuche von Magendie 1 ) \u00fcber diefen Gegenftand,\n7) Die Gifte wirken auf den K\u00f6rper, wenn auch der Bruftgang unterbunden wird 2).\nAnmerkung. Diefe Argumente, welche von Verbuchen mit Giften hergenommen find, fcheinen mir aus mehreren Gr\u00fcnden nicht ftreng beweii'end f\u00fcr die Ein-faugung der Venen zu feyn, denn:\n]) wirken einige Gifte , z, B. die Blauf\u00e4ure, das wefentliche Oel der bittern Mandeln , fo pl\u00f6tzlich, dafs man nicht einmal annehmen kann, das Gift wirke vom Kreis! auffyftem aus,\n2) Man k\u00f6nnte annehmen, die giftige Subftanz (der eigentliche Giftftoff), und nicht die ganze Maffe des Giftes durchdringe die Haute der Venen, wie die atmofph\u00e4rifche Luft nach dem Tode die Venen, wenn fie ihr ausgefetzt werden, durchdringt. .Bei diefer Erld\u00e4-rungsart der Wirkung der Gifte, w\u00e4re es aus ebengenannten Verhieben noch nicht erlaubt zu fchliefsenj dafs auch andere tropfbare Fl\u00fcffigkeiten ins Venenfyltem gelangen k\u00f6nn ten. Diefer eigentliche Giftftoff k\u00f6nnte in verlchiedenen Giften verfchieden und in verfchiedene andere Subftanzen eingewickelt feyn, und k\u00f6nnte wip der Anfteckungsftoff fehl\u2019 feiner du ich dringlicher Natur feyn, den Imponderabilien Geh ann\u00e4hernd.\nO 1. c.\ns) 1. e.","page":488},{"file":"p0489.txt","language":"de","ocr_de":"489\ng) Es lehren aber andere Verfuehe, dafs tropfbare FJiiffigkeiten und Stoffe, welche in ihnen aufge-l\u00f6ft find, \u00fcbergehen ins Venenfyftem. Diefen Satz f\u00fcllen n\u00e4mlich Home's 1 ) Verfuehe beweifen, der die Rhabarber, welche er in den Darmkanal verfchiedener Tbiere brachte, nicht nur im Urin, in der Galle, fondera auch in dem Blute, befonders in dem der Milz, jedoch nicht in dem der Leber fand.\nDie grofse Schwierigkeit, die Rhabarber in dem ohnehin gelben Blutwaffer zu entdecken ; der Wider-fpruch der fp\u00e4tern Verfuehe mit den fr\u00fchem ; die Annahme des Verfaffers, dafs die Lymphgef\u00e4fse die Fl\u00fcffig-keiten zur Milz, und von ihr zum Eruftgang f\u00fchrten, mit feiner Beobachtung zufammengehalten, dafs der Chylus dennoch keine Spur von Rhabarber zeige, alles diefes veranlafst uns, diefen Verhieben von Home nicht das Zutrauen zu fchenken, das fie erhielten, und fie wenigftens nicht f\u00fcr beweifend f\u00fcr den Satz, dafs dis Venen einfaugen, zu halten.\nJa wenn man andere Verfache, welche von vorz\u00fcglichen Phyfiologen angeftellt wurden, die in dem Blute keine von denjenigen Subftanzen, welche einem Thier gereicht wurden, wiederfanden, erw\u00e4gt, fo m\u00f6chte man um fo mehr an diefem Einfaugungsverm\u00f6gen der Venen zweifeln. Wir wollen nun diefe Verfuehe anf\u00fchren.\nGegen die Annahme, dafs die Venen einfaugen, erhob fielt vorz\u00fcglich HunterJ), und fuchte diefelbe durch Verfuehe zu widerlegen. Seine Verfuehe find folgende. Er \u00f6ffnete den Unterleib eines Schafes, nahm eine Dannfchlinge heraus, unterband fie an beiden Enden, und injicirte warmes Waffer in diefelbe\u00bb\nl) Reifs Archiv pr Ed, 3. Heft, s) Medical commentaries cap. V.","page":489},{"file":"p0490.txt","language":"de","ocr_de":"490\nDas Blut derjenigen Venen, welche von diefer Darm-fchlinge kamen, fchien weder fiiiffiger noch clnnner zu feyn, als das in den \u00fcbrigen Gekrosvenen. Er unterband dann die Arterie; aber die Vene fchwoll nicht be-jnerklich an. Er injicirte bei einem andern Thier auf diefelbe Weife Milch in den Darm. Das Blut der ge\u00f6ffneten Gekrosvenen zeigte keine Spur davon. Der Geruch des Mofchus und die Farbe der Lackmustinctur ging in den Chylus, nicht aber in das Blut der Venen \u00fcber.\nVater1) fand nie Milch in der Vena portarum, Darwin2) f\u00fchrt an, dafs einer feiner Freunde Punfch mit Salpeter und Spargelabfud genoffen habe. Nach einiger ZeiL liefs er den Harn, der deutlich nach Spargel roch. Er machte lieh nun einen Aderlafs. Allein das Blut roch weder nach Spargel, noch zeigte eia mit dem Blute benetztes Papier, wenn es verbrannt wurde, eine Spur von Salpeter. Beides aber zeigte der Urin, welcher zu gleicher Zeit gelaffen wurde.\nDagegen kann man freilich einwenden, dafs der Aderlafs vielleicht zu fp\u00e4t angeitellt wurde, nachdem die Fl\u00fcfflgkeit fchon aus dem Kreislauffyftem fich ausgs-fchieden hatte und ins Harnfyltcm \u00fcbergegangen war. Auch ift das Eintauchen von Papier in diefes Blut und das Verbrennen deffelben ein zu oberfl\u00e4chlicher Verfucb, als dafs er Gewicht h\u00e4tte. Man kann xoo Tlieile einer Fl\u00fcfflgkeit mit einem Theil Salpeter vermifchen, und man wird kein Verpuffen beim Verbrennen eines darin getauchten Papiers bemerken. Mehr Aufmerkfamkeit verdienen dagegen die Verbuche von Wollafion 3) und\nO De motu Sangu. per venam portarum. a) Zoouomie \u00fcbeifetzt von Brandix.\n3) Bibi. Britannique ign. T. 48. p. 37.","page":490},{"file":"p0491.txt","language":"de","ocr_de":"491\nMarcel1 ). Erfterer fand bei einem an Harnruhr Erkrankten den Zucker zwar im Harn, aber nicht im Blute. Er gab einem.Manne io Gran blaulaures Kali, welches fich wohl im Urin zeigte, aber nicht im Blutwaffer des aus der Ader gelaffenen Blutes; felbft nicht, wenn vorher etwas S\u00e4ure dazu gegoffen wurde,\nMarcel wiederholte diele Verfuche. Er gab einer an Diabetes leidenden Frau alle Stunden 5 Gran blau-faurer Potnfche, bis fie 40 Gran genoffen hatte; der Urin zeigte fie vollkommen an, aber im Serum, das man durch ein aufgelegtes Blafenpflafter erhielt, war lteine Spur zu entdecken. Eine andere Frau nahm ein Quentchen von blaufaurem Kali, das lieh wieder leicht im Urin, aber durchaus nicht im Blutwaffer von dem durch einen Schr\u00f6pfkopf erhaltenen Blute bemerken liefs. Durch diefe Verfuche w\u00e4re man faft berechtiget, auf unbekannte Wege, welche vom Magen und Darmkanal zum Harnfyftem f\u00fchren k\u00f6nnten, zu fchliefsen, und die Einfaugung der Venen durchaus zu l\u00e4ugnen. Oder man m\u00fcfste annehmen, dem Blute komme eine bewunderungsw\u00fcrdige Affimilationskraft zu , verm\u00f6ge welcher es alle fremdartige ihm bei ge milchte Stoffe zu indifferenziiren, und fo innig mit fich zu verbinden im Stande fey, dafs diefelben nicht: mehr in ihm erkennbar und \u00e4ufserft fchwer aus ihm f\u00e4llbar find.\nWie lange aber cliefe Stoffe nicht im Blute aufgefunden werden, fo lange wird die Einfaugung der Venen als ein unerwiefener Satz daftehen. Wir wollen nun unfere Verfuche anf\u00fchren, und hoffen dadurch nicht nur (liefen Satz vollft\u00e4ndig zu erweifen , fondern auch \u00fcber die Art und Weife, die .Schnelligkeit u. f. f. womit diefe Einfaugung gefchieht, einiges Licht verbreiten zu k\u00f6nnen.\nl) Bibi, britannique igll. T. 4g, p. go.","page":491},{"file":"p0492.txt","language":"de","ocr_de":"492\nVon der Einfan gun g der Venen des kleinen Kr eis la itf e s.\nDie Einfaugung der Venen der Lunge ift eben fo wichtig, als die der Venen des Darmkanals, denn unaufh\u00f6rlich nehmen wir durch das Athmen mit der \u00e4ufsern Luft verfchiedene Stoffe in diefelbe auf. Die llefpiration felbft ift eine Abforption des Sauerftoffgafes durch diefe Venen. Ueber die Art diefer Aufnahme und das Innere diefcs Proceffes herrfcht noch eine Dunkelheit , die zu zerftreuen auch wir an einem andern Oi Le beitragen wollen.\nEs fragt fich aber, findet auch eine Einfaugung tropfbarer Eliiffigkeiten in den Lungen, oder, findet eigentliche Einiaugung Statt? (Die Aufnahme dampf-i\u00f6rmiger und gasartiger Stoffe k\u00f6nnte man mehr Einhauchung (Inhalatio) nennen.)\nDie el ften Verfuche, welche lnitEinfl\u00f6fsungen und Einspritzungen von tropfbaren Fliiffigkeiten in die Lun. gen gemacht wurden, ftellteGoodwyn 1 ) an. Er brachte durch eine Oeffnung, welche er in die Luftr\u00f6hre machte, einer Katze zwei Unzen W\u00e4hler in die Lungen. Sogleich bekam das Thier fcliweren Athem und fchwa-\u00bb uen Puls. Diefe Symptome dauerten aber nicht lange, lind das T. hier lebte hernach noch verfchiedene Stunden ohne Anfchcin irgend einer Bcfchwerlichkeit. Good-: 7Pyn liefs das Thier erdrofleln, und fand i * Unzen (?) W aller in den Lungen. Bei zwei andern Verfuchen war die Befchwerlichkeit des Athmens und die Ver\u00e4n-derung jm Pulfe etwas bemerkbarer als im erften Ver-Inch, mdeffen gingen doch diefe Befchwerden in ein Paar Stunden voi\u00fcber.\nl) Erfahrungsm\u00e4fsige Unterfucliungen der Wirkungen des Ertrin\u00bb kens aus dem Englifchen iiberletzt. Leipzig 1790\u00bb S. 20.","page":492},{"file":"p0493.txt","language":"de","ocr_de":"493\nUnter dem leihen Gefichtspunkte, n\u00e4mlich ob in die Lungen gebrachtes Waffer lebensgef\u00e4hrliche Folgen habe oder nicht, ftellte mein verehrter Lehrer Amen-rieth, Verbuche an, und fand, dafs die Lunge eine betr\u00e4chtliche Menge Fl\u00fcffigkeiten ohne Nachtheil ertragen k\u00f6nne. Sp\u00e4ter kam eine Inauguraldiffertation unter feinem Vorfitze heraus 1 ), welche leine Idee ausf\u00fchrte und {ich \u00fcber die Wirkung verfcbiedener Arzneil'ubftanzen auf die Lungen verbreitete.\nAuf der Thierarzneifehule zu Lyon fl\u00f6fsten zwei Z\u00f6glinge einem Pferde, in der Abiiclit es zu t\u00f6dten, Waffer in die Lungen, und fanden zu ihrem Erftaunen, dal's es eine groi'se Quantit\u00e4t vertrage. G older, Prof, clafelbft, wiederholte diefe Verfuche, und fand, dafs man Pferden \u00fcber 2 Maafs Waffer ohne Sciiaden in die Luftr\u00f6hre giefsen k\u00f6nne 2 ).\nIch ftellte fchon im Jahr 1811 \u00e4hnliche Verfuche an, welche aber den befondern Zweck hatten, das Ab-forptionsverm\u00f6gen der Lunge zu pr\u00fcfen. Sp\u00e4ter wie-derholte ich die Verfuche und fetzte fie fort, bis fie mich zur vollkommnen Aufkl\u00e4rung \u00fcber die Einfaugung in den Lungen f\u00fchrten.\nEndlich dehnte ich diefe Verfuche auf die Einfaugung im Darrnkanale aus, um auszumitteln, ob auch die Venen des grofsen Kreislauffyftems auf \u00e4hnliche Art einfausten wie die Venen in den Lungen. Die Zahl meiner \u00fcber diefe Gegenft\u00e4nde angeitellten Verfuche bel\u00e4uft fich \u00fcber achtzig.\ni) Diff. inauguralis Sift. experim. de effectu liquidorum quo-Tundam medicamentorum ad vias a\u00ebriferas in corpus animals auctore J. G. Schl\u00fcpfer, T\u00fcbingen lg 16.\n\u00ee) Galette de Sant\u00e9. Mai 1817.","page":493},{"file":"p0494.txt","language":"de","ocr_de":"Ich w\u00fcrde zu Weitl\u00e4ufig werden, wenn ich die Befchreibung aller diefer Verfuche im Einzelnen mittheilen wollte; und ich begn\u00fcge mich daher damit, nur die allgemeinen Refultate daraus hervor zu heben und\nanzuf\u00fchren.\nZweiter Abfchnitt.\nMeine Verfuche mit Injectionen von Fliiffigkeiten in die Lungen wurden an verfchiedenen Thiren ange-ftellt, an Ziegen, Hunden, Katzen, Igeln, Kaninchen, und zwar fowohl an ganz jungen als auch an erwach-fenen Thieren.\nEs wurden zu den Verfuchen verfchiedene Sub-ftanzen gew\u00e4hlt, und zwar i) F\u00e4rbeftoffe, als Aufgiiffe von Indigo, Saffran, Curcuma, Rhabarber, Malva; namentlich wurde am h\u00e4ufigsten eine gr\u00fcne Fliiffigkeit gebraucht, welche aus etwas Indigo und Safrantinctur mit deltillirtem Waffer bereitet worden war,\n2)\tSalze, als : Nitrum, fl\u00fcchtige Schwefelleber* Aufl\u00f6fung, blauiaures Kali, blutfaures Kali, Blut* hi are u. i. f.\n3)\tMetall - Oxyde, als : effigfaures Bley, Arfenik* Oxyd, Brechweinl'tein, falzfaures Eifen u. f. f.\n4)\tOel.\nAus diefen Verfuchen ergaben lieh nun folgende Refultate.\n1) Thiere k\u00f6nnen eine betr\u00e4chtliche Quantit\u00e4t von Fliiffigkeit, welche man ihnen in die Lungen ein-fl\u00f6fst, vertragen, ohne dal's der Tod darauf erfolgt. Diefer Satz war fchon durch fr\u00fchere Verfuche von Goodwyn und Autenrieth erwiefen, und ift durch meine","page":494},{"file":"p0495.txt","language":"de","ocr_de":"495\nVerfuche beft\u00e4tigt worden. Selbft Kaninchen, deren Lunge und Bruftkaften \u00fcberhaupt fehr befchr\u00e4nkt find, vertragen eine betr\u00e4chtliche Menge davon. In einer Zeit von-24 Stunden 20 Minuten bekam ein Kaninchen 4-f- Unzen von der gr\u00fcnen Fl\u00fcffigkeit, und hatte fich von den w\u00e4hrend der Injection ausgebrochenen Be* fchwerden v\u00f6llig wieder erholt.\nWird die Injection nicht durch eine Wunde der Luftr\u00f6hre, fondern durch den Kehlkopf, vermittelet einer in clenfelben gebrachten R\u00f6hre verrichtet, fo l\u00e4uft fie meiftens t\u00f6dtlich aus, weil dadurch heftige Erftickungszuf\u00e4lle, ja felbft apoplektjfche Erfcheinun-gen erregt werden. Diefe lebensgef\u00e4hrlichen Erfchei-\u00fcungen find aber nicht Folge einer Erfch\u00f6pfung der Reizbarkeit des K\u00f6rpers von dem fehr empfindlichen Larynx aus, wie Auienrieth behauptet, fondern Folge des Krampfes, der Verfchliefsung des Larynx und fount des gehinderten Eintrittes der Luft, denn man kann, wenn die Tracheotomie gemacht wird, von der Wunde aus die Stimmritze fehr lange reizen, ohne dafs t\u00f6dt-liche Zuf\u00e4lle oder nur Erfticknngserfcheinungen fich zeigen.\n2)\tR\u00fcckfichtlich der Qualit\u00e4t der Fl\u00fcffigkeiten bemerke ich, dafs, je concentrirter oder je dicker eine Fl\u00fcffigkeit ift, defto fchneller f\u00fchrt fie den Tod herbei, und zwar indem fie entweder mechanifch die Luftwege, namentlich die feinem Aefte der Luftr\u00f6hre verftopft, wie z. B. Oel, oder indem fie diefeihen zufammenzieht wie das Blei, oder endlich, indem fie als Gift auf den ganzen K\u00f6rper wirkt, und lo den allgemeinen Tod zugleich mit dem Tode der Lunge herbeizieht.\n3)\tDie in die Lungen gebrachten Fl\u00fcffigkeiten werden dafelbft eingefogen, verfchieclentlich 1\u2019chnelJ, je nach der Qualit\u00e4t der Fl\u00fcffigkeit.","page":495},{"file":"p0496.txt","language":"de","ocr_de":"4)\tDiefe Einfaugung ift bewunderungsw\u00fcrdig grofsk jedoch ift fie nur io bedeutend bei \u00e4lteren Thieren, da<*e\u00bben bei j\u00fcngeren Thieren und iusbefondere bei neu-nebomen ift fie fehr gering. Es ift hieraus erfichtlich, wie unwahrfeheiniich es fey, dafs der F\u00f6tus im Mutterleibe durch Einfaugung des Schafwaffers in die Lunten ern\u00e4hrt werde, weil die Einfaugung dafelbft zur Zeit, des F\u00f6tuslebens fo unbedeutend feyn mufs.\n5)\tDie Einfaugung diefer Fl\u00fcffigkeit in den Lungen gefchieht durch die Lungenvenen, denn a) fie findet viel zu fchnell Statt, als dafs fie durch die Lymph-gef\u00e4fso gelchehen k\u00f6nnte; b) das Blut enth\u00e4lt fchon diele eingell\u00f6fsten Fl\u00fcffigkeiten , und der Chylus noch nicht ; c) ferner enth\u00e4lt das Blut in dem linken Vorhofe und in der linken Herzkammer diefe Fl\u00fcffigkeiten, und in dem Blute der rechten H\u00f6hlen des Herzens ift noch keine Spur davon vorhanden, was lieh umgekehrt verhalten m\u00fcfste, wenn die Einfaugung durch die Lymphgef\u00e4fse gefch\u00e4he, indem der Bruftgang jfich in die linke Kehlvene einm\u00fcndet, und die eingel'ogene Fl\u00fcffigkeit zuerft in der oberen Hohlvene und dem rechten Vorhof ankommen m\u00fcfste. d) Endlich findet diefe Einfaugung Statt, wenn man den Ductus thoracicus unterbindet.\n6)\tJedoch gefchieht auch durch die Lymphgefafse eine Aufnahme diefer Fl\u00fcffigkeiten, nur fp\u00e4ter und in weit geringerer Menge\u00ab\n7)\tSo wie die Venen der Lunge, eben fo, aber nur bei weitem nicht fo lebhaft, faugen die Venen des Darmkanals ein; denn es geht namentlich blaufaures Kali vom Darmkanal aus ins Blut und in den Urin \u00fcber, wenn auch der Ductus thoracicus unterbunden wird.","page":496},{"file":"p0497.txt","language":"de","ocr_de":"497\nEntdeckung der ein g efl \u00f6fs ten Stoffe in\nden fl iiffi gen Th eile n.\n8)\tDie durch die Venen der Lungen und des Darmkanals eingefogene Fl\u00fcffigkeit erfcheint im Blute, oder l\u00e4fst fich darin durch H\u00fclfe chemifcher Reagentien entdecken. Sehr leicht l\u00e4fst fielt darin das blauiaure Kali entdecken; jedoch k\u00fcnn\u00e8n auch mehrere der andern oben genannten Stoffe in dem Blute wieder gefunden werden, namentlich die befchriebene gr\u00fcne Fl\u00fcffigkeit, der Salpeter, das falzfaure Eifen und das Arfenikoxyd.\n9)\tDie Gefchwindigkeit, mit der diefe Einfaugung in den Lungen gefchieht, ift fehr betr\u00e4chtlich, denn j \u2014 5 Minuten nach der Einfl\u00fcfsung in die Lungen kann der fremde Stoff fchon im Blute gefunden werden. Vorz\u00fcglich deutlich zeigt fich diefes bei den Verfuchen mit blaufaurem Kali, in welchem Falle durch Anwendung von falzfaurem oder fchwefelfaurem Eifenoxyd ein gr\u00fcner oder blauer Niederfchlag erfolgte, man mochte das rohe Blut gebrauchen oder daffelbe vorher mit Weingeilt oder Salzf\u00e4ure entf\u00e4rben, oder es ab-kochen und die filtrirte Fl\u00fcffigkeit gebrauchen.\nio)\tVorz\u00fcglich reich an den aufgenommenen Stoffen ift, bei denjenigen Verfuchen, in welchen die-felben in die Luftr\u00f6hre eingefl\u00f6fst wurden, meiftens und insbefondere anfangs das arteri\u00f6fe Blut, oder das des linken Vorhofes und der Aorte vom Herzen bis zum Becken herab. Jedoch ift die fremde Fl\u00fcffigkeit auch deutlich, wenn gr\u00f6fsere Quantit\u00e4ten eingefl\u00f6fst wurden, und in einigen Verfuchen fehr reichlich im ven\u00f6fen Blute des rechten Herzens und der untern Hohlvene vorhanden.\nIij) Nach dem Blute mufs zuerft der Urin genannt werden, in welchem die fremdartigen nicht affimilir-baren Fi\u00fcffigkeiten abgefetzt werden. Man entdeckt","page":497},{"file":"p0498.txt","language":"de","ocr_de":"498\ndiefe Fliiffiglcciten leicht im Harne der HarnblaTe, in dem der Harnleiter , in dei Fl\u00fcffigkeit die aus den Nierenw\u00e4rzchen ftr\u00f6rni, und lrn Harne des Nierenbeckens. Der Harn erfcheint hier \u00fcberall gr\u00fcn, wenn die genannte gr\u00fcne Findigkeit eingefl\u00f6fst wurde. Er giebf durch Eifenoxyde ein blaues Pr\u00e4cipitat, wenn blaufau-res Kali angewendet wurde; ja die ganze Subftanz der Nieren wird in diefem Falle blau gef\u00e4rbt.\n12)\tDie Geichwindigkeit, womit die Einfaugung und Abfetzung in dem Urin gefchieht, ift fehr grofs* denn lie erfolgt fchon 8 Minuten nach der Einfl\u00fcfsung der gr\u00fcnen Fliifiigkeit.\n13)\tAuch in der Ausdiinftungsmaterie fcheinen diefe Fliiffigkeiten fich abzufetzen, denn bei den Ver-fuchen mi t blaufaurem Kali war die \u00e4ufsere Haut oder das Fell von ihnen vollkommen durchdrungen, und wurde auf Anwendung von Eifenfalzen ganz gr\u00fcn und lp\u00e4ter blau gef\u00e4rbt.\n14)\tAufserdem bemerkt man die gr\u00fcne Fl\u00fcffigkeit, eben fo das blaufaure Kali, in den Feuchtigkeiten der Gelenkh\u00f6hlen, der H\u00f6hle des Unterleibes, der Brufth\u00f6hle, und vorz\u00fcglich gef\u00e4ttigt in der des Herzbeutels, welche in den Verfuchen mit blaufaurem Kali ganz blau durch Eilenfalze wurde, dahingegen die Feuchtigkeiten des Unterleibes und der Brufth\u00f6hle blaugr\u00fca wurden. In den Feuchtigkeiten der Hirnh\u00f6hlen erschien hingegen eine blaue F\u00e4rbung.\n15)\tIn der Galle liefs fich kein blaues Pr\u00e4cipitat erkennen, und es fcheint dafs das blaufaure Kali nicht in diefer Fl\u00fcffigkeit fich abletze.\n16)\tDie Milch in den Zitzen zeigte eine merkbare doch nicht fehr betr\u00e4chtliche Farben\u00e4nderung, und fcheint daher etwas mehr von den fremdartigen Fliiffig-keiten in fich aufzunehmen.","page":498},{"file":"p0499.txt","language":"de","ocr_de":"499\nEnt decltiin g der eingefl\u00f6fsten Stoffe in\nden feften Th eilen des K\u00f6rpers.\nIndem wir nun zu den feften Organen \u00fcbergehen, muffen wir zuerft das Zellgewebe erw\u00e4hnen.\n17) Das Zellgewebe unter der Haut fowohl als das im \u00fcbrigen K\u00f6rper zerftreute Zellgewebe, wurde in den Verbuchen mit blaufaurem Kali, (denn nur von dielen ift jetzt mehr die Rede) auf Anwendung von Eifenfalzen anfangs gr\u00fcn und dann blau gef\u00e4rbt.\ni g) Eben fo verhielt fich das Fett an allen Stellen des K\u00f6rpers.\n19)\tDie fer\u00f6fen H\u00e4ute fchienen ganz durchdrungen von dem blaufauren Kali zu feyn ; namentlich der Herzbeutel, das Bruftfell, das Netz, das Bauchfell, die Spinnwebenhaut u. f. f.\n20)\tAm merkwiirdigften verhielt fich aber das ganze fibr\u00f6l'e Syftem, n\u00e4mlich die fer\u00f6s-fibr\u00f6fen Flaute, die fibr\u00f6fen H\u00e4ute, die B\u00e4nder und Sehnen. Das falz-\u2022faure Eifen war im Stande folgende Theile pl\u00f6tzlich ganz blau zu f\u00e4rben : die harte Hirnhaut fowold in der Sch\u00e4delh\u00f6hle als in der H\u00f6hle des R\u00fcckgrathes, die Sclerotica, welche durch ihr gef\u00e4ttigtes Blau fich am meiften auszeichnete, die Periorbita, alle Aponeu-rofen am ganzen K\u00f6rper, wo fie entweder mehrere Muskeln zulammen oder nur einzelne Muskelbiindel umkleideten, die Gelenkb\u00e4nder, fowohl die Kap fei -und Seitenb\u00e4nder als auch die inneren Gelenkb\u00e4nder, z. B. das lig. cruciatum des Kniegelenkes, das lig. teres des Pfannengelenkes u. f. f. ; die Knorpelhaut und die Knochenhaut, (jedoch die Knochenfubftanz felbft nicht ; fo wie auch das Mark der Knochen bei der Anwendung der Reagcntien ungef\u00e4rbt blieb). Da, wo das fibr\u00f6fe Gewebe in das Innere der Muskeln, und","page":499},{"file":"p0500.txt","language":"de","ocr_de":"5\u00fcO\nwie es feheint des Gehirns eindringt, und die Muskel-fafer - oder Nervenfaferb\u00fcndel von einander trennt, bemerkte man auch gef\u00e4rbte Streifen.\n21)\tIm gleichen Grade, wie die aponeurotifchen Gewebe waren auch die Gef\u00e4fsh\u00e4ute, fowohl die der Venen als der .Arterien von dem blaufauren Kali durchdrungen.\n22)\tDie Klappen in den H\u00f6hlen des Herzens, und die Sehnen ihrer zitzenf\u00f6rmigen Muskeln wurden ebenfalls blau gef\u00e4rbt, jedoch wurde diele blaue F\u00e4rbung, wie fchon erw\u00e4hnt worden il'L, nicht immer an den Klappen der rechten Herzkammer wahrgenommen-; namentlich dann nicht, wenn das Thier zu fr\u00fche itarb, ehe eine betr\u00e4chtliche Quantit\u00e4t von dem blaufauren Kali eingelogen werden konnte, und das eingefogene nicht in das Venenfyftem gelangte, weil es durch den Harn vorher entleert wurde.\n23)\tWas die Eingeweide betrifft, fo verhielten Ile fich verfchieden. Es wurden Einfchnitte in ihr Parenchym gemacht und falzfaures Eifen in diefelben getropft. Die Lunge wurde, wie fich von feibft verfteht, ganz blau, an ihrer \u00e4ufseren Oberfl\u00e4che fowohl als im Innern derselben ; eben fo ftark wurde die innere Subi\u2019tanz der Nieren, wie gefagt, gef\u00e4rbt. Die Leber zeigte gar keine F\u00e4rbung an ihrer \u00e4ufsern Oberfl\u00e4che, aber in ihrem Parenchym, jedoch nur an Stellen, wo grofse Gef\u00e4fse lagen und das Zellgewebe als capfnla Giiffonii lie umgab. Die Dr\u00fcfenk\u00fcrner feibft zeigten keine blaue F\u00e4rbung. Die Milz zeigte weder \u00e4ufseriieh noch in den Einlchnitten eine blaue F\u00e4rbung, was um fo merkw\u00fcrdiger ift, weil Home cliefern Organ einen fo hohen Grad der Einfaugung beilegt. Deutlich blau, jedoch mehr r\u00fcckfichtlich des Zellgewebes als der Drii-ienkorner, wurden die Hoden, die Speicheldr\u00fcfen, das\nPan-","page":500},{"file":"p0501.txt","language":"de","ocr_de":"501\nPankreas. Kaum eine Farben\u00e4nderung war an clen Nebennieren zu entdecken.\n24) Auf befondere Art verhielt fieh das Muskel-und Nervenfyftem. Das Parenchym der Muskeln konnte durch kein Reagens gef\u00e4rbt werden; aufser an Stellen, wo fibr\u00f6fe H\u00e4ute die Muskelb\u00fcndel durchzogen. Der Nerv wurde zwar auswendig gr\u00fcn, aber diefes r\u00fchrte blofs von dem ihn umgebenden Zellgewebe und dein Neurilem her; die markigte Maffe des Nerven blieb unver\u00e4nderlich. Ganz fo verhielt lieh auch das Gehirn, fowohl das grofse als das kleine und alle ihre kleineren Abtheilungen, und das gelammte R\u00fcckenmark. Nur hie und da, z. E. in den Gehirn-fchenkeln, im kleinen Gehirn u. f. f. liefsen (ich fch wache blaue Streifen entdecken, die nur vom fibr\u00f6fen Zellftoff herr\u00fchren konnten. Es fcheint alfo, diele edleren Organe, (fo wie auch die Knochen) nehmen fremdartige Stoffe (namentlich vorerft blaufaures Kali) nicht in ihre Subftanz auf, und befitzen eine gewiffe Repulfivkraft gegen diefe ihrer Natur fremdartigen und vielleicht feindlichen Stoffe.\nScheint hieraus nicht zu folgen, dafs jene Schrift-fteller, welche die Vergiftungszuf\u00e4He in einem Abfatze der giftigen Subftanz in das Parenchym des Nerven-fyftems, des Gehirns nach Brodle, des R\u00fcckenmarkes nach Spallanzani, Magendie, DeMle, Emmert erkl\u00e4ren, Unrecht haben, weil diefe Organe fich verm\u00f6ge einer eigenth\u00fcmlichen Repulfivkraft frei und gleich-fam unbefleckt davon erhalten k\u00f6nnen, und andere Organe zuvor mit den fremdartigen Stoffen lieh faltigen m\u00fchen, ehe das Nervenfyftem davon angegriffen werden kann ?\nOder ift diefe Repulfivkraft f\u00fcr verfchiedene Stoffe verfchieden grofs, und tritt die Wirkung des Giftes dann ein, wenn fie gleichfam erfch\u00f6pft ift?\nM, d, Archiv, III. 4\u00bb\tKk","page":501},{"file":"p0502.txt","language":"de","ocr_de":"502\nJe j\u00fcnger uncl unreifer die Erfahrung ift, defto lebhafter und erfinderifcher ift die menfchlich\u00eb Einbildungskraft, dagegen wird die Sucht zu Hypothefen durch Nichts mehr im Zaume gehalten, als durch einen fleifsigen Erwerb von Beobachtungen und Erfahrungen.' Was ich daher von einer Repulfivkraft fage, foil nicht' mehr als fig\u00fcrlich gefprochen feyn, um einl'tweilen das beobachtete Ph\u00e4nomen beffer zu bezeichnen, nicht aber um das Syftem der Kr\u00e4fte des thierifchen K\u00f6rpers mit einer neuen hypothetifchen Kraft zu vermehren.\nWahrfcheinlich l\u00e4fst lieh eine andere ungezwung\u2014 nere Erkl\u00e4rung diefer Thatfache auffinden, die von dem fpecififchen Baue und dein Gewebe diefer Theile hergenommen ift. Der Zufammenhang des Zellgewebes, des fer\u00f6fen und fibr\u00f6fen Syftemes mit dem Gef\u00e4fs-fyftem, namentlich mit dem fogenannten Haargef\u00e4ls-fyftem, mufs ein ganz anderer feyn als in den Muskeln,! Nerven, in dem Gehirne und R\u00fcckenmark. Das Zell-' gewebe und fibr\u00f6fe Syftem fcheint blol's eine Fortfetzung' des Ilaargef\u00e4fsfyftems zu leyn, und wie ein Schwamm-aus dem Blutfyftem Fl\u00fcffigkeiten, namentlich Blutwaf-l\u2019er, einzufaugen.\nMan lieht von felbft ein, dafs diefe Verfuche, deren Unvollkommenheit Niemand fo fehr f\u00fchlen kann1 als ich, deren Fortfetzung aber mein ernftliches Ge-fchaft feyn foil; man lieht von felbft ein, dafs diefe-Verfuche ein grofses Licht auf den Procefs der Er n\u00e4h-rung, Reproduction, und Secretion werfen k\u00f6nnen-,1 wenn fie bis auf eine gewifle Stufe der Vollendung gebracht werden.\n25} Endlich mufs ich noch erw\u00e4hnen, wie lieh die weiblichen Genitalien und der F\u00f6tus im Mutterleibs' unter denjenigen Verbuchen, welche an tr\u00e4chtigen Thie-ren angeftellt wurden, verhielt. Bei tr\u00e4chtigen Thielen, namentlich bei tr\u00e4chtigen Kaninchen fand lieh","page":502},{"file":"p0503.txt","language":"de","ocr_de":"505\nFolgendes. Die innere Fl\u00e4che des Uterus und der Mut-terfcheide wurde durch die gew\u00f6hnlichen Reagentien gr\u00fcnlich blau gef\u00e4rbt. Die gelblicht weifse k\u00f6rnigte Placenta uterina wurde \u00e4ufserlich fowohl als innerlich vollkommen blaugr\u00fcn. Daffelbe beobachtete man im Innern der durchfchnittenen\u2019Placenta foetalis, die von Natur kirfchbraun auslieht. Die Gef\u00e4fse,- welche von der Placenta zum F\u00f6tus'gehen, konnten in einem Palla gr\u00fcn gef\u00e4rbt werden.\nIn andern Verfuchen, welche wiederholt wurden, konnte man die griine Fliiffigkeit aus Indigo, Safran und Waffer bereitet, itn Schafwaffer leichterkennen. Ebenfo die Safrantinctur. Ganz \u00fcberzeugend aber waren die Verdrehe mit blaufaurem Kali. Es wurde in der Fliiffigkeit des Amnion und Chorion ein berlinerblauartiger reichlicher Pr\u00e4cipitat gebildet, und in der Fliiffigkeit, welche lieh im Magen vornndet, in einem Verdrehe ebenfalls diefer Pr\u00e4cipitat hervorgebracht. Mehrere Theile des F\u00f6tus wurden blau als man fie mit Eifenfalzen behandelte, namentlich der Magen, die Niere, die Flarnblafe u. f. f., nicht blau aber wurden die Lungen, was wieder, gelegentlich gefagt, den Satz, dafs der F\u00f6tus das Schafwaffer einziehe, zu widerlegen fcheint.\nEs w\u00e4re fomit durch die letztgenannten Verfucha der Beweis gefunden, dafs ein Uebergang tropfbarer Fl\u00fcffigkeiten aus der Mutter in den F\u00f6tus Statt finde, ein Beweis den man bisher vergebens in der Ge-fchichte der Phyfiologie auffuchte; \u2014 und damit glauben wir den Schl\u00fcffel gefunden zu haben, in die Ge-Iieimniffe des F\u00f6tuslebens tiefer einzudringen, als*es bisher dem Phyfiologen verg\u00f6nnt war.\nKk. 2","page":503}],"identifier":"lit14130","issued":"1817","language":"de","pages":"485-503","startpages":"485","title":"Ueber das Einsaugungsverm\u00f6gen der Venen des gro\u00dfen und kleinen Kreislaufsystems","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:17:40.955197+00:00"}

VL Library

Journal Article
Permalink (old)
http://vlp.uni-regensburg.de/library/journals.html?id=lit14130
Licence (for files):
Creative Commons Attribution-NonCommercial
cc-by-nc

Export

  • BibTeX
  • Dublin Core
  • JSON

Language:

© Universitätsbibliothek Regensburg | Imprint | Privacy policy | Contact | Icons by Font Awesome and Icons8 | Powered by Invenio & Zenodo