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{"created":"2022-01-31T13:12:02.541061+00:00","id":"lit1414","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Stirling, William","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 223-291","fulltext":[{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Summation elektrischer Hautreize.\nVon\nDr. William Stirling.\nMit 15 Holzschnitten.\nIn den alteren Arbeiten \u00fcber die Reflexe blieb die Zeit v\u00f6llig unbeachtet, die von dem Momente ab verfliesst, in welchem die Erregung den sensiblen Nerven trifft, bis zum Augenblicke des Beginnes der ausgel\u00f6sten Bewegung.\nProchaska *) l\u00e4sst die Nerven \u00bbdie \u00e4usseren und inneren Eindr\u00fccke der Reize aufnehmen und sie mit einer elektrischen Geschwindigkeit zu ihrer Bestimmung leiten\u00ab.\nSelbst Joh. M\u00fcller, welchem die Eigenheit des \u00bbpers\u00f6nlichen Fehlers\u00ab bereits bekannt war, f\u00fchrt den Zeitunterschied, welcher zwischen der Wahrnehmung eines Gesichteindruckes (mit Beobachtung eines h\u00f6rbaren Pendelschlages) und dem Markiren desselben besteht, gleich Bessel darauf zur\u00fcck, dass unser Bewusstsein nicht zweierlei Empfindung (durch Auge undOhr) gleichzeitig bemerken kann. M\u00fcller f\u00fcgt hinzu: \u00bbDie Zeit, in welcher eine Empfindung von den \u00e4usseren Theilen auf Gehirn und R\u00fcckenmark, und die R\u00fcckwirkung auf die \u00e4usseren Theile durch Zuckungen erfolgt, ist auch unendlich klein und unmessbar. Wenn man Fr\u00f6sche mit Opium oder Nux vomica vergiftet, so werden sie zuerst so ungeheuer sensibel, dass die geringste Ber\u00fchrung der Haut eine Zuckung am ganzen Rumpfe erregt. Hier erfolgt die Wirkung von der Haut zuerst auf das R\u00fcckenmark, und vom R\u00fcckenmark auf alle Muskeln. Dennoch ist es mir unm\u00f6glich gewesen, den geringsten Zeitunterschied zwischen der Ber\u00fchrung und den Zuckungen zu bemerken.\u00ab1 2)\n1)\tPhysiologie des Menschen, 1810 Bd. I. S. 136.\n2)\tJoh. M\u00fcller, Handbuch der Physiologie des Menschen 1843 Bd. I. S. 683.","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\n[373\nDr. William Stirling,\nIn der fundamentalen Abhandlung von Ed. Weber betitelt: \u00bbMuskelbewegung\u00ab1) findetsich, meines Wissens, die erste Angabe \u00fcber die Pause, welche zwischen Reiz und Reflexbewegung besteht. Er berichtet, dass bei dem gek\u00f6pften Frosche, dessen einen Ischiadicus er isolirt durch den elektromagnetischen Rotationsapparat reizte, \u00bbdie Rewegungen nicht, wie wenn man das R\u00fcckenmark und die Nerven unmittelbar reizt, in demselben Augenblicke einlraten, in dem der galvanische Strom begann, sondern, dass, ungeachtet der kr\u00e4ftigen Wirkung des Apparates, immer eine namhafte Zeit verging, ehe die Rewegungen erfolgten\u00ab.\nDie ersten Messungen dieser Zeit \u00bbder latenten Reizung\u00ab verdanken wir Helmholtz.2) Die Uebertragungszeit von sensibler auf motorische Wurzel im R\u00fcckenmarke bestimmte er zu 1/3o bis !/10 Sec. und dar\u00fcber, also die 12fache Zeit von derjenigen, welche die Erregung zum Durchlaufen der sensiblen und motorischen Nerven gebraucht. Resonders lang ist die Dauer, wenn der Frosch, durch Strychnin vergiftet, eine grosse Reflexerregbarkeit besitzt.\nS. Exner3) hat \u00bbdie sensible Leitung des R\u00fcckenmarkes an Menschen derart gemessen\u00ab, dass er \u00bbdie Zeit, welche erforderlich ist, um auf einen Sinneseindruck bewusster Weise zu reagiren\u00ab (Reactionszeit) zweimal bestimmte, indem er von der Versuchsperson mit der rechten Hand die Empfindung markiren liess, welche einmal durch den Schlag eines Extrastromes in den Fingern der linken Hand, ein anderes Mal in den Zehen des linken Fusses erregt worden war. Daraus berechnete er (die Geschwindigkeit der Leitung in den Nerven 62 Mtr. pro Sec. veranschlagt) die Schnelligkeit der Fortpflanzung im R\u00fcckenmarke auf 8 Mtr. in der Sec. Die motorische R\u00fcckenmarksleitung (Reactionszeit von Auge zu Hand beobachtet und mit der Reactionszeit von Auge zu Fuss verglichen) berechnete er zu 11\u201412 Mtr. in der Sec., mit einem mittleren Fehler (im ung\u00fcnstigen Fall) von etwa 4 Mtr. \u00bbDie Reactionszeit nimmt zu bei der Erm\u00fcdung, nimmt ab bei wachsender Intensit\u00e4t des Reizes und in Folge von Uebung.\u00ab\nWundl4) hat gleichfalls constatirt, dass mit der Verst\u00e4rkung der Str\u00f6me die Zeit der latenten Reizung sich vermin-\n1) Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie Bd. Ill, Abth. II S. 19.\n8) Berichte der K. Akademie derWissenschaften zuBerlin 1854 S. 328.\n3)\tDie experimentelle Untersuchung der einfachsten physiologischen Processe, Pfl\u00fcger\u2019s Archiv 1873 Bd. VII S. 632 und 638.\n4)\tPhysiologische Psychologie Leipzig 1874. S. 262.","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"374] \u00dcber \u2022die Summation elektrischer Hautreize. 225\ndert. Gleichzeitig bemerkt er (was auch Volkmann und Weber aus der blossen Beobachtung geschlossen hatten) dass die Curve der Reflexzuckung von viel l\u00e4ngerer Dauer ist, als diejenige, welche durch directe Reizung veranlasst wird. Nach Vergiftung mit Strychnin ist auch die minimale Zuckung l\u00e4nger, als jede unter normalen Verh\u00e4ltnissen gewonnene : \u00bbBei gesteigerter Giftwirkung geht sie sehr bald in eine tetanische Contraction Uber, sodass die Zeit der latenten Reizung auf mehr als das Doppelte ihrer gew\u00f6hnlichen Dauer vergr\u00f6ssert werden kann. Zugleich nehmen die Unterschiede in der Zeit der latenten Reizung bei starken und schwachen Reizen enorm zu.\u00ab\nRosenthal') hat \u00bbdie Reflexzeit\u00ab d. h. \u00bbdie zur refleclorischen Uebertragung eines sensiblen Reizes auf einen motorischen Nerven nothwendige Zeit\u00ab bei Reizung (mit einfachen elektrischen Schl\u00e4gen ?) der unversehrten Haut oder blossgelegten Nerven von der Reizst\u00e4rke abh\u00e4ngig gefunden ; \u00bbsodass sie bei sehr starken Reizen unmerklich klein werden kann\u00ab. Er hat dabei von solchen Reizen, welche nicht das Maximum der Reflexwirkung geben ganz abgesehen. \u00bbAuch die Zeit der Querleilung \u2014 d. i. der Zeitunterschied zwischen der Reflexzeit von einer Hautstelle zu einem auf derselben Seite gelegenen Muskel und der Reflexzeit von der n\u00e4mlichen Hautstelle zu dem anderseitigen Muskel \u2014 hat bei ausreichenden Reizen ein Maximum, welches bei \u00fcbermaximalen Reizen kleiner und bei sehr starken ganz unmerklich werden kann.\u00ab Beide Latenzzeiten wachsen schliesslich mit der Erm\u00fcdung. \u00bbDie Reflexzeit ist f\u00fcr die vom R\u00fcckenmark entferntere Stelle gr\u00f6sser, als f\u00fcr die n\u00e4here. Der Unterschied wird bei st\u00e4rkeren Reizen geringer.\u00ab \u2014 Auch S. Exner1 2) fand, dass, wie die Reactionszeit, so auch die Reflexzeit (Lidschluss nach elektrischer Cornea reiz un g) bei st\u00e4rkeren Reizen kleiner ist, als bei schw\u00e4cheren (0,05\u20140,06 Secunden).\nSchiff behauptet, dass \u00bbdie Zeit, welche das Zustandekommen der Reflexbewegungen erfordert, um so l\u00e4nger ist, je mehr man durch quere Einschnitte in das R\u00fcckenmark (nur an einer Stelle der R\u00fcckenmarksl\u00e4nge am Frosche versucht) die Dicke der grauen Substanz an einer der Stellen vermindert, welche zwischen dem gereizten und dem zu bewegenden Puncte liegen.\u00ab3)\n1)\tBerichte der Akad. der Wissenschaften zu Berlin 1873.\n2)\tPfl\u00fcger\u2019s Archiv 1874 S. 531.\n3)\tLehrbuch der Physiologie Lahr 1858\u201459 S. 228.\n15","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nBr. William Stirling,\n[37b\nWenn mehrere Einzelreize den sensiblen Nerven mit einer gewissen Frequenz zugef\u00fchrt werden, so summiren sich ihre Wirkungen auf die reflexvermittelnden Organe. Methodische Untersuchungen \u00fcber diesen Punct haben bisher gefehlt. Von den vorhandenen Beobachtungen sind die von Setschenow gemachten die ausf\u00fchrlichsten. In seiner Monographie \u00bbUeber die elektrische und chemische Reizung der sensiblen R\u00fcckenmarknerven des Frosches\u00ab ') giebt er als Resultat einer Beobachtungsreihe Folgendes an : \u00bbDen reflectorischen und locomotorischen Gentren kommt in sehr hohem Grade die F\u00e4higkeit zu, die ihnen zugetheilten einzelnen St\u00f6sse zu summiren.\u00ab (S. 25.) Das centrale Ende des Frosch-Ischiadicus wurde durch Schliessungen und Oefl'nungen einer constanten Kette erregt. \u00bbDie Grenze der Summirung der Effecte einzelner Schl\u00e4ge in der Zeit (d. h. wie oft die Schl\u00e4ge einer gegebenen St\u00e4rke und Richtung auf einander folgen m\u00fcssen, damit \u00fcberhaupt eine Summirung ihrer Effecte stattfinde) liess sich an seinen Apparaten nicht genau bestimmen.\u00ab (S. 11.)\nEr bediente sich zu diesen Versuchen solcher Fr\u00f6sche, denen nur die Grosshirnhemisph\u00e4ren abgetragen waren und bestimmte den Moment des Entfliehens, \u00bbweil dieses sch\u00e4rfer hervortrete, als das Zusammenfliessen einzelner Zuckungen in Bewegung der ganzen Extremit\u00e4t\u00ab. \u00bbVon den wenigen in dieser Richtung angesteilten Versuchen mag folgender als extremer Fall gelten : Schwacher aufsteigender Strom, dessen einzelne Schliessungen und Oeffnungen den Frosch in Ruhe lassen. Der in die Kette als Stromunterbrecher eingeschaltete Metronom schl\u00e4gt 26 Mal in 1 Minute, giebt also 13 Schliessungen und ebensoviel (zeitlich gleich vertheilte?) Oeffnungen in 1 Minute.\u00ab\n\u00bbBei der ersten Probe entfloh das Thier nach 22 Schl\u00e4gen ; bei der zweiten nach 28 ; bei der dritten nach 26 ; bei der viertep nach 32 Schl\u00e4gen.\u00ab\nSetschenow bemerkt selbst hierzu : \u00bbUebrigens m\u00fcssen diese Versuche weiter fortgesetzt werden.\u00ab\u2014\u00bbVerst\u00e4rkung des Stromes oder Vermehrung der Anzahl der Unterbrechungen l\u00e4sst den Erfolg, unter anderen gleichen Bedingungen, nat\u00fcrlich rascher ein-treten.\u00ab (S. 12.) Auch mittelst Inductionsschl\u00e4ge, deren einzelne\nI) Graz, Universit\u00e4ts-Buchhandlung 1868.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"376] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 227\nsehr wenig wirksam sind, kann man bedeutende Effecte erhalten, wenn man den Wagner'schen Hammer spielen l\u00e4sst. ')\nEine \u00e4hnliche Steigerung der Wirkung mit der St\u00e4rke und Dauer des Reizes, wie sie somit von elektrischen Reizungen nachgewiesen worden ist, hat bei chemischen (verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure) schon T\u00fcrk1 2) gezeigt, und W. Baxt3) methodisch verfolgt. Selbst 2 Minuten kann die latente Wirkung der sehr verd\u00fcnnten S\u00e4ure (von 0,0006 Gehalt) dauern. Baxt fand, dass die Wirkungszeilen (vom Eintauchen des Schenkels bis zur re-fleetorischen Hebung desselben) in einer geometrischen Progression zunehmen, w\u00e4hrend die S\u00e4uregrade nach einer arithmetischen Reihe fallen. (S. 86.) \u00bbEs h\u00e4ngt also die reizende Wirkung der S\u00e4ure nicht blos von der Menge derselben, welche zum Nerven dr\u00e4ngt ab, sondern auch von der Geschwindig^ keit, mit welcher die Zuf\u00fchrung geschieht. Weil die Menge von S\u00e4ure, weiche zu dem Nerven drang, gleich dem Producte aus ihrer Dichtigkeit in die Diffusionszeit ist, und weil mit ihrer abnehmenden Dichtigkeit die zur Erzeugung der Zuckung n\u00f6thige Diffusionszeit rascher anw\u00e4chst, als die S\u00e4ure an Dichtigkeit abgenommen hat, so folgt hieraus, dass zur Erzeugung der Zuckung um so mehr S\u00e4ure \u00fcbergegangen sein muss, je langsamer sie eingedrungen ist.\u00ab\n\u00bbDieses Verhalten ist leicht erkl\u00e4rlich, wenn man annimmt, dass jedes an dem Nerven ankommende S\u00e4uretheilchen in diesem, nach Art eines momentanen Anstosses, z. R. eines Inductions-schlages einen periodischen Vorgang ausl\u00f6sl. Nach dieser Vorstellung w\u00e4re das was den Reiz bewirkte nicht die Zahl der im Nerven anwesenden, sondern der an ihn in der Zeiteinheit herandringenden S\u00e4urepartikeln, oder, anders ausgedr\u00fcckt, es w\u00e4re nicht der bleibende, nach dem Zutritt der S\u00e4ure vorhandene Zustand, der die Erregung bewirkte, sondern nur der Act der Zersetzung, oder \u00fcberhaupt derjenige der Ver\u00e4nderung der Nervenmasse.\u00ab \u00bbDie M\u00f6glichkeit, Zuckungen erregend zu wirken, w\u00fcrde erst dann der S\u00e4ure zukommen, wenn sich ihre Massen rascher folgten, als die Abl\u00e4ufe der nerv\u00f6sen Erregungen, so dass\n1)\tS. 14. Vergl. auch Fick, Pfl\u00fcger\u2019s Archiv 1873 Bd. III. S. 329, Wundt, 1. c. S. 262.\n2)\tZeitschrift der Ges. d. Aerzte, Wien. 1850 Heft III.\n3)\tArbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig, 1871.\n15*","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"Br. William Stirling\n228\n[377\njedes folgende die vom vorhergehenden S\u00e4uretheilchen eingeleitete Bewegung der Nervenmasse zu verst\u00e4rken verm\u00f6chte.\u00ab1)\nDiese Anschauung mittelst analysirender elektrischer Reizversuche zu pr\u00fcfen, forderte mich Herr Professor Ludwig auf, und ich kam dieser Einladung um so lieber nach, als Herr Dr. H. Kronecker mir seine Mith\u00fclfe bei der Arbeit gew\u00e4hrte.\nAls Versuchsobject w\u00e4hlten wir rana esculenta. DemFrosche wurde Hirn und R\u00fcckenmark bis unter die Abgangsstelle der Armgeflechte zerst\u00f6rt und, um Blutung zu vermeiden, der obere Theil des Wirbelcanales tamponirt. Das Thier wurde an dem sehr praktischen Stative von Sanders-Ezn2) aufgeh\u00e4ngt, indem eine feste Klemme den Kopf hielt. Als Reizort wurde die Haut der einen Pfote gew\u00e4hlt. \u00bbDie Wirksamkeit der Reize, welche Reflexbewegungen hervorbringen, wird durch die peripherische Ausbreitung der Nerven modificirt und gesteigert.\u00ab Dies hob Volkmann schon 18383) hervor und zeigte in dem so \u00fcberschriebenen Capitel, um wie viel empfindlicher die Haut ist, als die Nerven-st\u00e4mmchen es sind, welche lose von der Haut zu den Muskelbedeckungen verlaufen.\nSetschenow hat auch, nach dem Vorg\u00e4nge von Marianini4 5) und Pfl\u00fcgerb), andenfreipr\u00e4parirtenFrosch-Ischiadicus, nachdem er mit Schonung desselben die Schenkel m\u00f6glichst hoch amputirt hatte, Elektroden angelegt. Fick (1. c. S. 326) w\u00e4hlte ebenfalls Reizung der Hautnervenst\u00e4mmchen statt solcher der Haut, \u00bbweil man bestimmten centripetalen Nervenfasern ein bestimmtes Reizquantum zukommen lassen kann, was bei Anbringen des Reizes an der Haut, selbst wenn elektrische Str\u00f6me als Reiz dienen, nicht wohl m\u00f6glich ist.\u00ab Er fand (gleich Volkmann), dass Reizung der Haut Wischbewegungen veranlasst, Reizung der Nerven-st\u00e4mmchen Zuckung, und dass \u00bbausserordentlich starke Induc-tionsschl\u00e4ge dazu geh\u00f6ren, um vom Stamme des nervus ischia-dicus aus \u00fcberhaupt Reflexe zu erhalten, w\u00e4hrend doch, auf die Haut angebracht, bekanntlich oft schon ein \u00e4usserst schwacher Reiz sehr energische Bewegungen hervorrufl\u00ab (S. 328.) Dessen\n1)\tW. Baxt. I. c. S. 87.\n2)\tArbeit, aus d. physiol. Anstalt zu Leipzig. 1-867 S. 16.\n3)\tM\u00fcller\u2019s Archiv S. 25.\n4)\ts. E. du Bois-Reymond\u2019s Untersuchungen \u00fcber thierische Elektrici-t\u00e4t Bd. I. 1848 S. 359.\n5)\tUeber die elektrischen Empfindungen. Untersuch, aus dem physiol. Laborat. zu Bonn. Berlin 1865 S. 155.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"378] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 229\nungeachtet wendete er keine Hautreize an. Rosenthal (1. c.) scheint auch Hautstellen elektrisch gereizt zu haben. Seine vorl\u00e4ufigen Mittheilungen geben jedoch keinerlei Methode an. Wundt spricht am angef\u00fchrten Orte nur von Reizung des centralen Stumpfes einer sensiblen Nervenwurzel (S. 261).\nMeihuizen *) verwirft die Haut als Applicationsort der Reize, weil \u00bbdie Zuckungen durch directe Muskelreizung es nat\u00fcrlich unm\u00f6glich machen, zur elektrischen Reizung einfach die Haut einer Extremit\u00e4t ohne weitere Vorbereitung zu benutzen\u00ab. Ein losgel\u00f6ster Hautlappen sei unbrauchbar, weil er nicht lange normal reizbar bleibe. \u2014-\nWir haben die Hautreizung von allen den ger\u00fcgten M\u00e4ngeln zu befreien gesucht, und haben gefunden, dass bei unserer Reizmethode die erhaltenen Resultate keineswegs weniger pr\u00e4cis waren, als die durch Elektrisirung von Nervenst\u00e4mmen gewonnenen. Freilich muss man daf\u00fcr sorgen, dass die Haut stets mit Flusswasser gut befeuchtet bleibt, und die Elektroden an-liegen, ohne mechanisch zu reizen und ohne den Ort zu wechseln. Weil wir w\u00fcnschten, die Haut im Vollbesitze ihrer Empfindlichkeit zu erhalten, so fixirten wir keinen noch central innervirten K\u00f6rpertheil, und vermieden es auch, die Achillessehne herauszul\u00f6sen und den gut traitablen gastrocnemius als Reactions-muskel schreiben zu lassen. Unsere Experimenlalmethode haben wir im Laufe unserer sehr zahlreichen Versuche einigemale modifient, was am betreffenden Orte erw\u00e4hnt werden wird.\nDie am meisten angewendete und bew\u00e4hrte Versuchsanordnung aber ist durch nachfolgendes Schema, Fig. 1. veranschaulicht.\nEs zeichnen auf das in horizontaler Richtung und mit gleich-m\u00e4ssiger Geschwindigkeit vor\u00fcbergerollte unendliche Papier eines Kymographions 3 Federn F', F\", F\"', \u00fcbereinander, mittelst Anilinblau, solange sie in Ruhe sind/horizontale, parallele, gerade Linien. Die unterste Feder F wird mit H\u00fclfe eines Elektromag-netes M um einige Mm. nach unten gezogen, solange das Secun-denpendel P am Ende jeder Schwingung durch einen Metallb\u00fcgel den Schluss des Zeit - markirenden Stromkreises (.........) her-\nstellt.\nDie mittlere Feder F\" ist an einem Nebenschl\u00fcssel N befestigt, welcher in die (+ + + + +) Bahn der inducirten Str\u00f6me\n1) Pfl\u00fcger\u2019s Archiv f. Physiol. 1873, Bd. Vil S. 202.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nDr. William Stirling,\n[379\nFig. 1.\neingeschaltet ist. Solange der Schl\u00fcssel niedergedr\u00fcckt wird, und die Feder F\" auf tiefem Stande h\u00e4lt, leitet er die Str\u00f6me vom Pr\u00e4parate ab, welches daher so lange gereizt wird, als die Linie von F\" hoch verl\u00e4uft.\nDie oberste Feder F\u201d steigt, durch das Gegengewicht G gedr\u00fcckt, empor, sobald die Froschpfote von einem in der J\u00eeaccl\u2019schen Arbeit beschriebenen Teller, welcher an den Hebel H befestigt ist, sich abhebt.\nDie elektrischen Reize, welche den Schenkel zur re-flectorischen Bewegung veranlassen, werden der Haut des Fusses durch zwei Schlingen DD' von feinem Golddrahte zugef\u00fchrt, welche etwa 5 Mm. von einander entfernt das Fussgelenk umschliessen, ohne die Haut zu schn\u00fcren. Jede Schlinge wird n\u00e4mlich von einem kleinen Gummist\u00fccke sanft zusammengehalten. Durch dieses war zuvor ein feines Loch gestochen, das im gedehnten [Gummi weit genug ist, um bequem die beiden Goldfaden-Enden einer Schlinge hindurchf\u00fchren zu lassen. Zusammengeschrumpft klemmen die Gummist\u00fcckchen die Drahtschlingen m\u00e4ssig fest, so dass sie starkem Zuge nachgeben k\u00f6nnen. Die Dr\u00e4hte verlaufen, durch \u00fcbergeklebtes Kautschukpapier gut isolirl, zu den Polen der secund\u00e4ren Spirale S\" eines du Bois-Reymond'schen Schlitteninductorium, welches nach Stromeinheiten graduirt ist.x) Ein Metronom oder ein Ruhmkorff'-scher Interruptor Iunterbricht und schliesst bei dem Quecksilber-contacte 0 in den gew\u00fcnschten gr\u00f6sseren oder kleineren Intervallen den durch 2 Groue\u2019sche Elemente unterhaltenen Strom der pri-\n1) Fick\u2019s Untersuchungen aus d. physiol. Labor, d. Z\u00fcricher Hochschule Wien 1869. S. 38.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"380] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 231\nm\u00e4ren Spirale S'. Die Dr\u00e4hte l und m (Fig. 2.) leiten den prim\u00e4ren Strom zu und von dem in seinen wesentlichen Theilen hier abgebildelen Inlerruptor. Der Stromwender bei n erm\u00f6glicht Schluss und Oeffnung des Stromes (w\u00e4hrend der Schl\u00fcssel k f\u00fcr diese Anordnung nicht gebraucht wurde). Der Querbalken g schickt einen Platinslift bis zumQuecksilbercontacte o, aus welchem jener herausgehoben wird, wenn der Anker p von dem durchstr\u00f6mten Elektromagneten i angezogen wird. Der gel\u00f6ste Contact unterbricht den Strom, macht den Elektromagneten unwirksam, der Balken federt zur\u00fcck. So wird das Pendeln eingeleitet und unterhalten, wie beim Wagner'sehen Hammer des Schlitteninductorium. Das Schiebegewicht h am Eisenstengel, derauf dem Balken sitzt, gestattet, die ganze Schwingungsdauer des pendelnden Systems zwischen den Grenzen von 3/2\"\u2014y5\" zu ver\u00e4ndern ; das heb-und senkbare N\u00e4pfchen o erm\u00f6glichte, den Contact so zu reguliren, dass er gerade nur in der Ruhestellung des Pendels bestand, also 1 Oeffnungsinductionsstromausgel\u00f6st wurde, sobald der Magnet in Th\u00e4tigkeil kam. Nach 2/4 Schwingungen wurde somit der Contact wieder hergestellt (Schliessungschlag), nach wiederum 2/4 Schwingungen (w\u00e4hrend der Stiel im Quecksilber ab- und auftauchte) 1 Oeffnungsschlag u. s. w. : also in gleichen Intervallen einer halben Schwingungsdauer abwechselnd je 1 Oeffnungs- und je 1 Schliessungsschlag. Indem man durch den pendelnden Balken eine gute, nach Bedarf ver\u00e4nderliche Nebenschliessung zum prim\u00e4ren Strome herstellen und aufheben l\u00e4sst (analog der Helmholtz'sehen Vorrichtung an den Inductions-apparaten), kann man den entgegengesetzt gerichteten Inductions-str\u00f6men ziemlich gleiche Intensit\u00e4t geben. Der Oeffnungsfunken f\u00e4llt jedoch niemals ganz fort.\nDer Sp\u00fclapparat. (Fig. 2.)\nDieser Apparat hat die Aufgabe, den Quecksilbercontact (0 in Fig. 1, o in Fig. 2) von den isolirenden Theilchen zu reinigen, welche durch die unvermeidlichen Funken an der Unterbrechungsstelle der prim\u00e4ren Stromleitung gebildet werden, und die constante Vollkommenheit des Widerstandes, somit auch der Stromintensit\u00e4t beeintr\u00e4chtigen.\nDie Alkoholschichl, welche nach Poggendorff's Vorschrift *) Uber dem Quecksilber steht, um den \u00fcnterbrechungsfunken zu\n1) Annalen Bd. 94, S. 389.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nDr. William Stirling, Fig. 2.\n[381\nschw\u00e4chen, wird best\u00e4ndig durch zerst\u00e4ubtes und oxydirtes Quecksilber verunreinigt, muss also continuirlich erneut werden. Dies besorgt ein, durch den Glashahn s regulirter, d\u00fcnner Strahl, welcher aus dem mit verw\u00e4ssertem Alkohol gef\u00fcllten, kleinen Trichter b durch das angesetzte Rohr a in das Contactgef\u00e4ss","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"233\n382] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\nrinnt. Der Abfluss durch das Heberrohr r in das Glas f wird so geregelt, dass der fliessende Alkohol ein Niveau von etwa 1 Centimeter H\u00f6he \u00fcber dem Quecksilber beh\u00e4lt. Damit der kleine Trichter, stets gef\u00fcllt, den Fluss gleich stark erhalte, ist eine Mariotte\u2019sche Flasche dar\u00fcber gesetzt. Durch den Boden derselben ist ein 5 Mm. weites Glasr\u00f6hrchen wasserdicht gesteckt, so dass es etwa 2 Ctm. lang in den Trichter hineinragl. Im R\u00f6hrchen ist ein ausgezogenes Glasst\u00e4bchen als conisches Ventil beweglich. Das spitze Ende desselben ragt unten etwas \u00fcber das R\u00f6hrchen heraus, so dass es von der Wand des Trichters gehoben wird, sobald man die Flasche auf denselben stellt. Ein fast 1 Ctm. weites Steigrohr b stopft ein zweites Loch im Boden der Flasche und endigt mit schr\u00e4g abgeschniltener M\u00fcndung etwa 1 Ctm. unter dem Flaschenboden, w\u00e4hrend das obere Ende in den Luftraum der Mariotte-schen Flasche reicht. Ist diese gef\u00fcllt, und dicht \u00fcber dem Trichter b vom Stativhalter festgehalten, so rinnt deren Inhalt so lange in den Trichter, bis die Steigrohrm\u00fcndung durch das Fl\u00fcssigkeitsniveau gesperrt ist. Dann wird durch den Druck der \u00e4usseren Luft, welche sich mit der im Flaschenraume enthaltenen nicht ausgleichen kann, die Fl\u00fcssigkeit verhindert, durch das Ventilr\u00f6hrchen auszutreten, bis das Niveau, zum Sinken gebracht, Luftblasen durch das Steigrohr aufdringen l\u00e4sst. So wird der Fl\u00fcssigkeitsspiegel unter dem Trichterrande in constanter H\u00f6he erhalten.\nUm die chemische Reizung mit H\u00fclfe elektrischer Erregung nachzuahmen, begann ich damit, der Schenkelhaut des gek\u00f6pften Frosches m\u00f6glichst frequente Reize zuzuf\u00fchren. Der Wagner'sehe Hammer am du Bois-Reymond'schen Schlitteninductorium, sp\u00e4ter eine K\u00f6nig'sehe Stimmgabel von 100 ganzen Schwingungen pro Secunde besorgte die h\u00e4ufigen Unterbrechungen des prim\u00e4ren Stromkreises.\nMinimale Reize wirkten schon nach sehr kurzer Zeit latenter Reizung, und verloren bald ihre Wirksamkeit, wenn nicht mindestens y2 Minute Ruhe zwischen den einzelnen Reizperioden gegeben wurde. Verst\u00e4rkte Str\u00f6me l\u00f6sten nach sehr kurzer Latenz Reflexzuckungen aus. Wurden aber solche Entladungen \u00f6fter, in Pausen von 5 \u2014 10 Secunden hervorgerufen, so wuchsen die Zeiten der latenten Reizung bis zu 3 oder ausnahmsweise 5 Secunden. Gleichzeitig wurden die Reflexzuckungen schw\u00e4cher. Die Dauer","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nDrs William Stirling,\n[383\nder Latenz konnte durch Verst\u00e4rkung der frequenten Reize nicht wesentlich gemindert werden. Wenn unwirksame Reize schnell verst\u00e4rkt wurden, so traten die Reflexe bei einer Stromintensit\u00e4t auf, welche machtlos blieb, wenn die Str\u00f6me allm\u00e4hlich bis zu demselben Grade gesteigert worden waren. Die von uns h\u00e4ufig gepr\u00fcfte Beobachtung, dass die von frequenten Reizen ausgel\u00f6ste reflectorische Minimalzuckung nach kurzer Latenzzeit eintritt, und dass verst\u00e4rkte Reize die Lalenzdauer nicht wesentlich abzuk\u00fcrzen im Stande sind, deuten darauf hin, dass die grossen Differenzen in der Dauer latenter Reizung des in S\u00e4ure getauchten Schenkels nicht verursacht sind durch wechselnde Intensit\u00e4t von Anst\u00f6ssen gleicher hoher Frequenz. Wir suchten daher den Einfluss ver\u00e4nderter Reizfrequenz zu beobachten. Langsame Vibrationen (etwa 40 pro Secunde) des Wagner'sehen Hammers schienen einigemal den Schenkel erst nach etwas l\u00e4ngerer Latenz zur reflectorischen Erhebung zu veranlassen, als die schnell folgenden Schl\u00e4ge bei hocht\u00f6nender Feder. Jedoch war dieser Erfolg h\u00f6chst zweifelhaft und vielleicht durch Unregelm\u00e4ssigkeiten im Contacte bedingt. Auch bemerkte ich keinen grossen Unterschied in der Latenz, ob die Reize stark oder schwach waren, als ich dem Schenkel 48 Inductionsschl\u00e4ge in der Secunde gab. Nur die Zuckungsgr\u00f6sse wuchs mit der Stromst\u00e4rke, die Latenzzeit aber erst, als die Erm\u00fcdung sich bemerklich machte, indem diese f\u00fcr gleich starke Reize die Latenzdauer steigerte. Diese Beobachtung m\u00f6ge durch folgende Beispiele erl\u00e4utert werden. Im Anf\u00e4nge der entsprechenden Versuche wurden seltener folgende Reize verschiedener Intensit\u00e4t verglichen. Bei solchen zeigte sich die Latenz wesentlich verl\u00e4ngert, wenn die Stromst\u00e4rken gemindert wurden.\nDie verschiedenen Zuckungsh\u00f6hen sind zu k\u00fcrzerer tabellarischer Bezeichnung in 4 Grade eingetheilt, der Art, dass Grad I Hebung der Pfote allein bedeutet, Grad II Beugung des Unterschenkels im Kniegelenke, Grad III Beugung des Oberschenkels nebst Unterschenkels (im Knie-und H\u00fcftgelenk), Grad IV heftiger wiederholter Krampfanfall einer oder beider unteren Extremit\u00e4ten.\t!\nEine 0 unter der Rubrik \u00bbZuckungsgrad\u00ab besagt, dass in der betreffenden Reizperiode \u00fcberhaupt kein Reflex zu Stande gekommen ist. Das Zeichen oo unter der Rubrik \u00bbLatenzzeit\u00ab zeigt gleichfalls an, dass die erwartete Zuckung ganz ausgeblieben ist.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"384J \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\n235\nTabelle I zeigt, wie bei kleinem Reizintervalle die Zeiten latenter Reizung von den Reizst\u00e4rken unabh\u00e4ngig sind.\nRuhepausen zwischen den Reizperioden.\tRe Intervall.\tiz : St\u00e4rken in Einheiten.\tLatenzzeit in Secunden.\n30 Secunden\tVs\"\t200 E\t0,3\"\n\u00bb\t\u00bb\t150 \u00bb\t0,4\"\n\u00bb\t\u00bb\t100 \u00bb\t4,4\"\n))\t\u00bb\t125 \u00bb\t1,5\"\nI Minute\t\u00bb\t125 \u00bb\t2,3\"\n30 Secunden\t\u00bb\t125 \u00bb\t2,0\"\n\u00bb\t,,\t150 \u00bb\t1,5\"\n\u00bb\t\u00bb\t175 \u00bb\t1,0\"\n))\t\u00bb\t200 \u00bb\t1,0\"\n\u00bb\t,,\t150 \u00bb\t2,0\"\n\u00bb\t1 \u2019 ff 750\t150\u00bb\t1,2\"\n))\t\u00bb\t100 \u00bb\too\n2 Minuten\t\u00bb\t125 \u00bb\t1,2\"\n30 Secunden\t>>\t125 \u00bb\t1,6\"\n))\t\u00bb\t125 \u00bb\t1,3\"\n))\t\u00bb\t150 \u00bb\t1,5\"\n\u00bb\t\u00bb\t175 \u00bb\t1,0\"\n\u00bb\t\u00bb\t150 \u00bb\t1,4\"\n))\t\u00bb\t175 \u00bb\t1,3\"\n\u00bb\t\u00bb\t150 \u00bb\t1,3\"\n\u00bb\t\u00bb\t175 \u00bb\t1,5\"\n\u00bb\t\u00bb\t200 \u00bb\t1,5\"\n\u00bb\t\u00bb\t200 \u00bb\tOO\nTabelle II zeigt, wie bei kleinem Reizintervalle die Zeiten latenter Reizung von den Reizst\u00e4rken unabh\u00e4ngig sind, die Zuckungs-gr.\u00f6ssen aber mit diesen wechseln.\nRuhepausen zwischen den Reizperioden.\tReiz Intervall.\tSt\u00e4rken.\tLatenzzeit in Secunden.\tZuckungsgrad.\n30 Secunden\tVi\"\t50 E\t0,14\tI (nach 0,5\" III)\n\u00bb\t\u00bb\t25 \u00bb\t0,5\tI (nach 1,0\" III)\n\u00bb\t\u00bb\t20 \u00bb\t0,5\tI (nach 2,0\" III)\n\u00bb\t\u00bb\t15 \u00bb\t1,3\tI (nach 2,5\" III)\n\u00bb\t\u00bb\t10 \u00bb\t2,0\tI (nach 3,0\" III)\n10 Minuten\tVis\"\t1 0 \u00ab\t0,5\tII\n30 Secunden\t\u00bb\t30 \u00bb\t0,3\tII\n\u00bb *\t\u00bb\t40 \u00bb\t0,3\tI\n\u00bb\t\u00bb\t40 \u00bb\t0,3\tII\n\u00bb\t\u00bb\t37 \u00bb\t0,3\tI\n\u00bb\t\u00bb\t70 \u00bb\t0,3\tIII\n\u00bb\t\u00bb\t60 \u00bb\t0,3\tII\n\u00bb\t\u00bb\t55 \u00bb\t0,3\tI","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nDr. William Stirling,\n[385\nRuhepausen zwischen den Reizperioden.\tRei Intervall.\tz : St\u00e4rken in Einheiten.\tLatenzzeit in Secunden.\tZuckungsgrad.\n30 Secunden\tVis\" I\u00bbt.\t45 E\t0,4\"\tminimal\n\u00bb\t\u00bb\t45 \u00bb\t\t0\n\u00bb\t\u00bb\t50 \u00bb\t\t0\n\u00bb\t))\t55 \u00bb\t0,5\"\t1\n\u00bb\t\u00bb\t60 \u00bb\t0,5\"\tI\n\u00bb\t\u00bb\t65 \u00bb\t0,7\"\tI\n)>\t\u00bb\t70 \u00bb\t0,7\"\tI\n\u00bb>\t\u00bb\t80 \u00bb\t1,0\"\tI\n))\t\u00bb\t90 \u00bb\t\t0\n\u00bb\t\u00bb\t100 \u00bb\t1,0\"\t1\n)\u00bb\t\u00bb\t125 \u00bb\t\t0\nDiese Beispiele sind derart ausgew\u00e4hlt, dass in dem einen Falle die Latenzzeiten, trotz verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig starker und h\u00e4ufiger Reize bald gross werden, in dem anderen Falle nur bei langen Intervallen schwacher Reize sich bedeutend verl\u00e4ngern , bei schneller Schlagfolge aber, bis das Pr\u00e4parat dem Absterben nahe ist, kleine Werthe behalten. In beiden Reihen ist keine Abh\u00e4ngigkeit der Latenzzeiten von der Intensit\u00e4t frequenter Erregungen zu bemerken. Die Reize m\u00fcssen allm\u00e4hlich verst\u00e4rkt werden, um \u00fcberhaupt Effect zu haben, und auch allgemach l\u00e4nger einwirken, bevor sie eine Zuckung ausl\u00f6sen. Schon ehe die latente Reizdauer 2 Secunden erreicht hat, ist aber gew\u00f6hnlich die Erregbarkeit g\u00e4nzlich erloschen. Die Zuckungen werden zugleich klein d. h. es wird nur noch die Pfote schwach gehoben. Dies stimmt mit den Beobachtungen von Volkmannl) \u00bbdass die Ausdehnung der Reflexbewegungen vorz\u00fcglich von der St\u00e4rke der Reize und von dem Grade der Reizbarkeit abh\u00e4ngig sei\u00ab.\nDie erw\u00e4hnte Verschiedenheit der Reizbarkeit bei verschiedenen Fr\u00f6schen bewog uns nachzuforschen, ob vielleicht die Erregbarkeit des R\u00fcckenmarks mit allgemeinen Lebensbedingungen der Thiere wechseln. Eingedenk der von Leube2) unter Rosenthal's Leitung gemachten und von Uspensky3) erweiterten Entdeckung : dass \u00bbApnoe\u00ab (durch starke, k\u00fcnstliche Respiration hervorgerufen) die Reflex\u00fcbertragung im R\u00fcckenmark aufh\u00e4lt,\n1)\tM\u00fcllers Archiv f\u00fcr Anat. und Physiol. 1838, S. 23.\n2)\tReichert\u2019s und du Bois-Reymond\u2019s Archiv f. Anat. und Physiol. 1867.\n3)\tReichert und du Bois-Reymond\u2019s Archiv 1868.","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"386] \u00dcBER DIE Summation elektrischer Hautreize. 237\nversuchten wir, durch reichliche Ventilation der Lungen die refleclorischen Vorg\u00e4nge zu beeinflussen. Obwohl bei Fr\u00f6schen wegen der betr\u00e4chtlichen Hautathmung der Effect k\u00fcnstlicher Lufteinblasungen in die Lunge geringer zu erwarten war, als bei S\u00e4ugethieren, so konnte doch auch ein kleiner Erfolg, bei der empfindlichen Methode der feinen Reizabstufung und der Bestimmung latenter Reizdauer, sich geltend machen. Es wurde daher in einer l\u00e4ngeren Reihe von Versuchen den pr\u00e4parirten Fr\u00f6schen eine Glascan\u00fcle durch die Stimmritze in die Trachea eingef\u00fchrt und das Lungenpaar mittelst intermittirendgn nach Bed\u00fcrfniss abgestuften Luftstromes rhythmisch aufgeblasen. In den Intervallen, w\u00e4hrend welcher der vermittelst einer Wassers\u00e4ule constant gehaltene Inspirationsdruck durch den Bowditch'-schen elektromagnetischen Hahn *) abgesperrt wurde, konnten die ausgedehnten Lungen ihren Inhalt durch die Rosenthal'sehe Seiten\u00f6ffnung imRespirationsrobre austreiben. Viele vergleichende Versuche haben uns die Ueberzeugung verschafft, dass k\u00fcnstliche Athmung verschiedener Tiefe und Frequenz keinen Einfluss auf die Reflexerregbarkeit derFr\u00f6sche aus\u00fcbt. Hingegen schienen die meisten ausdauernden Pr\u00e4parate im Anf\u00e4nge der Versuche (welche meist lji bis 1/2 Stunde nach der R\u00fc\u00e7kenmarksdurch-schneidung begonnen werden) etwas an Reizbarkeit zuzunehmen ; auch war in manchen F\u00e4llen an frischen (Winter-) Pr\u00e4paraten deutlich zu bemerken, dass schwache Reize nach starken wirksamer waren als zuvor : also Modificationen der Erregbarkeit veranlassen, wie sie an motorischen Nerven Wundt2), T\u00fcrck3) und W. Baxt4) an Reflexpr\u00e4paraten bei chemischen Reizen beobachtet haben. Im Allgemeinen sinkt die Reizbarkeit mit der Zeit, aber sehr verschieden schnell, je nach der Individualit\u00e4t der unter gleichen \u00e4usseren Bedingungen gehaltenen Pr\u00e4parate. So konnten Fr\u00f6sche mit durchtrenntem R\u00fcckenmarke, welche nur wenige Probereize empfangen hatten, nach xj2 Stunde schon todt sein, andere 30 Stunden nach der Pr\u00e4paration Erregbarkeit h\u00f6chsten Grades bewahrt haben. Manche Pr\u00e4parate sind so ausserordentlich empfindlich, dass sie, auch nachdem das Hirn zerst\u00f6rt ist, nachdem das R\u00fcckenmark unterhalb der Armnerven-Wurzeln quer-\n1)\tArbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig 1871, S. 144.\n2)\tWundt in Reichert\u2019s und du Bois-Reymond\u2019s Archiv 1859, S. 537.\n3)\tSitzungsberichte der Gesellschaft der Aerzte zu Wien. 1850, November.\n4)\t1. c. S. 74.","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nDr. William Stirling,\n[387\ndurchschnitten und mittelst passend geformten gl\u00fchenden Eisenblechs durchbrannt war, hin und wieder scheinbar spontane Bewegungen ausf\u00fchren , w\u00e4hrend sie aufgeh\u00e4ngt sind. Es reagirt ein solcher Reflexfrosch dann auch schon auf schwache elektrische Reize. Zuweilen geschieht es auch, dass, sogleich nachdem eine Reihe unwirksamer Reize abgebrochen worden ist, heftige Bewegungen erfolgen. Diese verdanken wohl dem Zusammentreffen von Erregungen, welche dem Experiment fremd sind mit der letzten elektrischen ihren Ursprung. Eine solche Summation zweier qualitativ verschiedener Reize (z. B. elektrischer und mechanischer oder chemischer) kann man ja auch k\u00fcnstlich herbeifuhren , und damit die, einzeln unterminimalen, Reize f\u00e4hig machen, reflectoriscbe Bewegungen auszul\u00f6sen.\nSolche Anomalien der Erregbarkeit st\u00f6rten gl\u00fccklicherweise nicht zu h\u00e4ufig die Versuche. Die Regel ist, dass die Schenkel mit dem R\u00fcckenmarksst\u00fccke, von welchem sie innervirt werden, bewegungslosh\u00e4ngen, bis ein beabsichtigter Reiz hinreichender St\u00e4rke sie trifft. Je \u00f6fters sie gereizt worden sind, desto st\u00e4rkere An-sl\u00f6sse bed\u00fcrfen sie, um in reflectoriscbe Bewegung zu gerathen. Je kleinere Ruhepausen ihnen zwischen den Reizperioden gelassen werden, desto schneller b\u00fcssen sie ihre Erergbarkeit ein. Diese kann ziemlich lange constant erhalten werden, besonders wenn man den Ruhepausen eine Dauer von 3 bis 10 Minuten giebt.\nLange Ruhezeiten fuhren aber den Uebelstand mit sich, dass die Dauer einer Experimentalreihe sehr lang wird und h\u00e4ufig das schnell*zunehmende Absterben nicht erlaubt, die sp\u00e4ten Glieder der Reihe mit den ersten zu vergleichen. Daher fanden wir es n\u00fctzlich, in den meisten F\u00e4llen eine mittlere Pause von etwa i/2 Minute bis 3 Minuten Dauer zwischen die Beobachtungen einzuschieben, und nur in einzelnen F\u00e4llen, nach sehr erm\u00fcdenden Reizperioden l\u00e4ngere Ruhe zu geben. Es schreitet dann die Erm\u00fcdung in sehr langsamer Weise vor, und ihr Effect ist leicht von dem anderer Versuchsbedingungen zu unterscheiden.\nNachdem wir in den ersten Versuchen gefunden hatten, dass bei schneller Reizfolge mit der Intensit\u00e4t der Reize wohl die .St\u00e4rke der Reflexe, aber nicht wesentlich die Latenzzeit sich \u00e4ndert, pr\u00fcften wir bei massiger Reizfrequenz den Einfluss wechselnder Stromst\u00e4rke. Vermittelst des auf Figur 2 mit abgebildeten Ruhmkorff'sehen Interrupters Hessen wir den prim\u00e4ren Stromkreis des Schlitteninductorium in Intervallen von 1/2\"\u20141/10\u201c","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"388] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 239\nschliessen und \u00f6ffnen, oder mit H\u00fclfe einer vibrirenden Klinge schnellere Unterbrechungen besorgen. Bei Anwendung massiger Reizintervalle (y2\"\u20141/15\") minderte sich die Dauer der verl\u00e4ngerten latenten Reizung, wenn die untermaximale Reizintensit\u00e4t gesteigert wurde.\nDie folgende in extenso mitgetheilte Tabelle eines l\u00e4ngeren Versuches wird gen\u00fcgen, um zu zeigen, wie mit der Stromintensit\u00e4t die Zeiten der latenten Reizung wechseln.\nDa sich das Gesetz, welches die Abh\u00e4ngigkeit der beiden genannten Gr\u00f6ssen von einander angiebt, nicht pr\u00e4cis formuliren l\u00e4sst, die Richtung der Aenderung aber und die ungef\u00e4hre Gr\u00f6sse derselben in verschiedenen Erm\u00fcdungsstadien leicht nachgepr\u00fcft werden k\u00f6nnen, so will ich nicht durch Wiedergabe mehrerer Versuchsreihen den Raum verschwenden, zumal sp\u00e4ter anzuf\u00fchrende Experimente auch das erw\u00e4hnte Resultat implicite best\u00e4tigen werden. Doch will ich nicht unterlassen, einzugestehen, dass unter meinen ersten Versuchstabellen sich auch solche finden, in denen, bei unver\u00e4nderter Stromst\u00e4rke, die Zeiten der latenten Reizung innerhalb weiter Grenzen variiren. Wegen solcher grober Unregelm\u00e4ssigkeiten, welche bei nicht genau gleichm\u00e4ssigen Stromschl\u00fcssen, zumal geringer Frequenz, aus sp\u00e4ter zu er\u00f6rternden Ursachen, leicht auftreten k\u00f6nnen, ist es nothwendig, stets mehrfach die Angaben des Versuches durch Wiederholung zu pr\u00fcfen : wie es auch in dem folgenden Beispiele geschehen ist.\nWas von den ersten H\u00e4lften der fr\u00fcher wiedergegebenen Tabellen schon beil\u00e4ufig bemerkt worden ist, stellt sich bei dieser Tabelle sehr deutlich heraus : dass die Latenzzeiten abnehmen, w\u00e4hrend die Reizst\u00e4rken wachsen. Um die Verh\u00e4ltnisse zwischen den Reizzuwachsen und den Zeiten latenter Reizung klarer darzulegen, habe ich die Quotienten je zweier benachbarter Strom-inlensit\u00e4ten und die Quotienten von je zwei unmittelbar auf einander folgenden Latenzzeiten berechnet und deren Werthe zwischen die Zeiten der zwei zugeh\u00f6rigen Grunddaten gesetzt. Vergleicht man jetzt die Verh\u00e4ltnisse der Reizst\u00e4rken mit den reciproken Verh\u00e4ltnisszahlen der Latenzzeiten gleicher H\u00f6he, so bemerkt man, dass im Allgemeinen gleichen benachbarten Reiz-werthen auch ziemlich gleiche Latenzgr\u00f6ssen entsprechen. In einigen F\u00e4llen wird man Abweichungen finden, die aber nur dann betr\u00e4chtlich werden, wenn das Reiztempo gewechselt wird;","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nDr. William Stirling\n[\u00e4S\u00d6\nein Umstand den wir in der Folge betrachten werden. Die zuweilen merkliche Inconstanz der Resultate wolle man nicht allein meinen Versuchsmethoden zur Last legen, die freilich gewiss noch mancher Verbesserung bed\u00fcrftig sind, sondern auch der Wandelbarkeit der nerv\u00f6sen Gebilde. Auch die motorischen Nervenst\u00e4mme, mit den vollkommensten Methoden untersucht, l\u00f6sen ja, durch elektrische Str\u00f6me gleicher, geringer Intensit\u00e4t gereizt, im zugeh\u00f6rigen Muskel keineswegs immer Contractionen genau gleicher H\u00f6he aus.\nTabelle III zeigt die Abh\u00e4ngigkeit der Zeiten latenter Reizung und der Zuckungsgr\u00f6ssen von der Intensit\u00e4t der in massigen Intervallen reizenden Str\u00f6me.\nLaufende Nummer der Versuche.\tReiz Intervall.\tSt\u00e4rke in Einheiten.\tVerh\u00e4ltnisse der Reizst\u00e4rken. | Latenzzeiten.\t\t\tLatenzzeit in Secun den.\tZuk- kungs- grad.\n1\ttY\" y/i\t100\t1,0\t: 1\t1 : 1,0\t1,0\tII\n\u00ee\t\t100\t1,0\t: 1\t1 : 1,0\t1,0\tII\n3\t\t100\t1,25\t1\t1 : 1,8\t1,0\tIII\n4\t\t80\t1,0\t1\t1 : 1,11\t1,8\tI\n5\t\t80\t1\t1,12\t1,66 : 1\t2,0\tI\n6\t\t90\t1\t1,11\t1,09 : 1\t1,2\tII\n7\t\t100\t1\t1,25\t1,1 : 1\t1,1\tI)\n8\t\t125\t1,39\t1\t1 : 1,2\t1,0\tII\n9\t\t90\t1,12\t1\t1 : 1,17\t1.2\tI\n10\t\t80\t1,14\t1\t1,08 : 1\t.M\tI\n11\t\t70\t1,16\t1\t\t1,3\tI\n12\t\t60\t1\t1,16\t\t\t0\n13\t\t70\t1,0\t1\t1 . 1,05\t1,8\tI\n14\t\t70\t1\t1,14\t1,27 : 1\t1,9\tI\n15\t\t80\t1\t1,12\t1 : 1,0\t1,5\tI\n16\t\u2022\t90\t\t\t\t1,5\tI","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"390] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 241\nLaufende\t\t\t\t\t\tLatenz-\tZuk- kungs- grad.\nNummer\t\t\tVerh\u00e4ltnisse der\t\t\tzeit in\t\nder Versuche.\tIntervall.\tSt\u00e4rke in Einheiten.\t\u00dfeizst\u00e4rken.\tLatenzzeiten.\t\tSecun- den.\t\n\t*\" (A\")\t\t1 : 1,11\t1,25\t1\t\t\n17\t\t100\t1 : 1,25\t1,7\t1\t1,2\tii\n18\t\t125\t1,25\t1\t1\t1,7\t0,7\tIV\n19\t\t100\t1 : 1,25\t1,5\t1\t1,2\tIV\n20\t\t125\t1,25 : 1\t1\t2,12\t0,8\tIII\n21\t\t100\t1 : 1,0\t1,42\t1\t1,7\tII\n22\tTS\" (*\")\t100\t1 : 1,25\t1,5\t1\t1,2\tI\n28\t\t125\t1 : 1,20\t2,66\t1\t0,8\tI\n24\t\t150\t1,20 : 1\t1\t2,66\t0,3\tIII\n25\t\t125\t1 : 1,0\t1,0\t1\t0,8\tII\n26\t\t125\t1 : 1,20\t1,14\t1\t0,8\tII\n27\t\t150\t1,20 : 1\t1\t1,14\t0,7\tI\n28\t\t125\t1 : 1,20\t1,14\t1\t0,8\tI\n29\t\t150\t1,0 : 1\t1\t1,28\t0,7\tII\n80\tt*t\" (*\")\t150\t1.20 : 1\t1\t1,0\t0,9\tII\n31\t\t125\t1 : 1,20\t1\t1,22\t0,9\tI\n32\t\t150\t1,20 : 1\t1\t1,09\t1,1\tII\n33\t\t125\t1 : 1,20\t1,2\t1\t1,2\tI\n34\ttV' (*\")\t150\t1,20 : 1\t1\t1,7\t1,0\tI\n35\t\t125\t1 : 1,20'\t2,12\t1\t1,7\tI\n36\t\t150\t1 : 1,17\t3,12\t1\t0,8\tII\n37\t\t175\t1,17 : 1\t1\t3,12\t0,25\tIII (?)\n38\t\t150\t1 : 1,17\t3,12\t1\t0,8\tII\n39\t2 M. Ruhe\t175\t1,17 : 1\t1\t5,0\t0,25\tIII\n40\t\t150\t1 : 1,17\t5,0\t\\\t1,25\tI\n16","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"41\n42\n43\n44\n45\n46\n47\n48\n49\n50\n51\n52\n53\n54\n55\n56\n57\n58\n59\n60\n61\n62\n63\n64\n65\nDr. William Stirling.\n[391\nReiz : Intervall\nSt\u00e4rke in Einheiten.\nV erh\u00e4lti Reizst\u00e4rken.\t\tlisse der Latenzzeiten.\t\tLatenzzeit in Seeun-den.\tZuk- kungs grad.\n1,17\t: 1\t1 :\t5,0\t0,25\tIll\n1\t: 1,17\t5,0 :\t1\t1,25\tI\n1,17\t: 1\t' 1 :\t6,8\t0,25\tIII\n1 :\t1,0\t1,13 :\t1\t1,7\tI\n1\t: 1,07\t5,0 :\t1\t1,5\t1\n1\t: 1,09\t1,5 :\t1\t0,3\tIII\n1,09\t: 1\t1 :\t1,5\t0,2\tIII\n\\\t: 1,09\t1,5 :\t1\t0,3\tIII\n1,09\t: 1\t1 :\t2,0\t0,2\tIII\n1\t: 1,0\t1,33 :\t1\t0,4\tII\n1\t: 1,09\t1,5 :\t1\t0,3\tII\n1,09\t: 1\t1 :\t1,25\t0,2\t11\n1\t: 1,0\t1 :\t1,2\t0,25\tII\n1\t: 1,09\t1,5 :\t1\t0,3\t11\n1,09\t: 1\t1 :\t2,0\t0,2\tII\n1\t: 1,09\t2,0 :\t1\t0,4\tII\n1,09\t: 1\t1 :\t1,5\t0,2\tII\n1\t: 1,09\t1,5 :\t1\t0,3\tII\n1,09\t: 1\t1 :\t3,5\t0,2\tII\n1\t: 1,09\t-2,33 :\t1\t0,7\t11\n1,09\t: 1\t1 :\t2,33\t0,3\tII\n1\t: 1,09\t2,33\t1\t0,7\tI\n1,09\t: 1\t\\ :\t2,33\t0,3\tII\n1\t: 1,09\t2,33 :\t1\t\t\n\t%\t\t\t0,7\t11\n175\n150\n175\n150\n150\n160\n175\n160\n175\n160\n160\n175\n160\n160\n175\n160\n175\n160\n175\n160\n175\n160\n175\n160\n175","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\n243\n392]\nXaufende Nummer -der Y ersuche.\tBeiz Intervall.\tSt\u00e4rke in Einheiten\tVerh\u00e4lt Beiz st\u00e4rken.\t\t\tnisse der Latenzzeiten.\t\tLatenzzeit in Secun-den.\tZuk- kungs- grad.\n\ttV\" (aV')\t\t1,09\t1\t\t1\t3,33\t0,3\tn\n66\t\t160\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t1\t1\t,09\t4,0\t1\t1,0\tii\n67\t\t175\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t1,09\t1\t\t1\t2,8\t0,25\t11\n68\t\t160\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t1\t1\t09\t3,5\t1\t0,7\tii\n69\t\t175\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t1,09\t1\t\t1\t2,0\t0,2\t11\n\u202270\t\t160\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t1\t1\t09\t2,0\t1\t0,4\t11\n71\t\t175\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t1,09\t1\t\t1\t4,0\t0,2\tii\n72\t\t160\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t1\t1\t09\t3,2\t1\t0,8\ti\n73\t\t175\t\t\t\t\t\t\t\n&\t\t\t1,09\t1\t\t1\t3,2\t0,25\t11\n74\t\t160\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t1\t1\t0\t\t\t0,8\tii\n75\t\t160\t\t\t\t\t\t\t0\n\t\t\t1\t1\t09\t\t\t\t\n76\t\t175\t\t\t\t\t\t0,2\tii\n\t\t\t1,09\t1\t\t1\t6,0\t\t\n77\t\t160\t\t\t\t\t\t1,2 '\tii\n\t\t\t1\t1,\t0\t1,09\t1\t\t\n78\t\t160\t\t\t\t\t\t1,1\t11\nSchluss des Versuches.\nZwischen je 2 Beobachtungen war, wo nichts Anderes bemerkt ist, immer y2 Minute Ruhepause eingeschoben.\nTrotz der erw\u00e4hnten Unregelm\u00e4ssigkeiten bei gleichen Verh\u00e4ltnissen, denen nat\u00fcrlich auch solche bei ungleichen entsprechen, kann man doch auch wieder das schon erw\u00e4hnte Factum beobachten, dass nach einigen Reizperioden die Erregbarkeit etwas steigt, so dass 80 Einheiten erst 1,8\"\u20142,0\" danach 1,4\"\u20141 ^\"wirken m\u00fcssen, bevor sie Reflexe ausl\u00f6sen ; und dass 70 E den Effect erreichen, welchen zuvor 80 E hatten. Bald aber nehmen die Zeiten latenter Reizung wieder zu, so dass der Reizst\u00e4rke 150 E, welcher anf\u00e4nglich eine Latenz 1,0\" sodann 0,7\"\u20140,8\" entsprach, sp\u00e4ter (bei gleichem Intervall TV') die Zeiten, 0,9\" \u2014 1,2\" \u2014 1,7\" zugeh\u00f6ren.\n16*","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nDr. William Stirling,\n[393\nAbgesehen von solchen Modificationen der Erregbarkeit finden wir, dass wenn die Werthe der Reizquotienten von der 1 abweichen, auch die Latenzquotienten sich \u00e4ndern, und zwar fast stets in entgegengesetztem Sinne, so dass wachsenden Reizen abnehmende Latenzen entsprechen. Aber wir bemerken auch, dass nicht (wie man etwa h\u00e4tte erwarten k\u00f6nnen) Reizquotienten und Latenzquotienten gleicher Reihe einander genau reci-proke Gr\u00f6ssen sind. Retrachten wir die einzelnen Werthe (nach den Zeilen 4\u20148, wrelche grosse Anomalien bieten) n\u00e4her, so finden wir, dass bei m\u00e4ssigen Aenderungen in der Reizintensit\u00e4t die Verh\u00e4ltnisse der zugeordneten Zeitgr\u00f6ssen nicht betr\u00e4chtlich von den erwarteten abw'eichen; dass aber, wenn der Reiz bedeutend variirt wird, die Latenzen in noch erheblicherem Grade sich \u00e4ndern (No. 17 bis 21). Eine weitere Steigerung dieser Differenzen zwischen den zugeordneten Werthen der Verh\u00e4lt-nisszahlen in den 2 mittleren Columnen findet sich in den Zeilen No. 23 und 24. Dann aber sehen wir mit fortschreitender Er-' m\u00fcdung den grossen Reizquotienten nahezu gleiche, wohl auch kleinere reciproke Latenzquotienten, einmal (No. 31) selbst identische zukommen. Als Inductionsstr\u00f6me von 125 Einheiten, trotz grosser Frequenz, fast effectlos geworden waren (No. 35), und nun 150 E in die Stufe der regelm\u00e4ssig wirkungsf\u00e4higen Reize ger\u00fcckt waren, erhielten, bei abermaliger Steigerung um 25 Einheiten, die Verh\u00e4ltnisszahlen der Latenzzeiten viel h\u00f6here Werthe, als sie in fr\u00fcheren Erm\u00fcdungsstadien bei schw\u00e4cheren Reizen gleicher Frequenz hatten, deren Intensit\u00e4ten ebenfalls um 25 E verschieden waren. Selbst als (No. 45) die hinreichende Stromintensit\u00e4t (150 E) um nur 10 E gesteigert wurde, nahmen die Latenzzeiten ganz unverh\u00e4ltnissm\u00e4ssig zu, w\u00e4hrend ein fernerer Reizzuwachs um 15 E die latente Erregung nur wenig verk\u00fcrzte. Im weiteren Verlaufe des Versuchs steigen, bei immer gleichen Verh\u00e4ltnissen, die Proportionen der Latenzgr\u00f6ssen, so dass sie den Werth 4 : 1 (No. 66) und schliesslich selbst 1 : 6 erreichen, indem nur die Latenzzeiten des schw\u00e4cheren Reizes betr\u00e4chtlich wachsen, diejenigen des st\u00e4rkeren aber ziemlich unver\u00e4ndert bleiben.\nEs sind demnach die Zeiten latenter Reizung keineswegs einfache Functionen der Stromst\u00e4rken, etwa in der Weise, wie man die Muskelzuckungsh\u00f6hen von Reizen motorischer Nerven abh\u00e4ngig","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"394] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 245\nansah, sondern gleichen Reizzuwachsen entsprechen, unter verschiedenen Erregbarkeitsverhaltnissen desselben Reflexpr\u00e4parates, ganz verschiedene Erregungswerthe. Etwas frappant k\u00f6nnte man das Ergebniss der Reobachtungen so formuliren : Zwischen maximalen Reizen (kleiner Latenzzeit) und minimalen (grosser Latenz) besteht nur ein schmaler Grenzraum. Befinden sich die 2 verglichenen Reize jenseits der Grenze (sind also beide maximale) so differiren die zugeh\u00f6rigen Latenzwerthe nur wenig von einander, wie verschieden auch die absoluten Werthe der Reizintensit\u00e4ten sein m\u00f6gen; bleibt aber ein Reiz unter der Grenze, oder ger\u00e4th in Folge der Erm\u00fcdung in das Gebiet der minimalen, w\u00e4hrend der andere, damit verglichene noch oberhalb im Maximalbereiche steht, so sind die Effecte der 2 Erregungen betr\u00e4chtlich verschieden, obwohl deren Intensit\u00e4ten, nach absoluten Mafsen bestimmt, m\u00f6glicherweise nur geringe Differenzen haben.\nAls ich \u00fcber die Ursache dieser seltsamen Erscheinung nachdachte, fiel mir ein, dass ja auch die Reizfrequenz einen grossen Einfluss auf die Latenzzeit hat, und dass vielleicht mit der Intensit\u00e4t der angewandten Reize auch deren Frequenz ge\u00e4ndert werde. \u2014 Der schwingende Stab, welcher die h\u00e4ufigen Unterbrechungen (22 und 30 pro Secunde in der betrachteten Experimentalreihe) vermittelte, gab ja in einer Secunde 11, respective 15 Schliessungen und eben so viele Oeffnungen des prim\u00e4ren Stromes. Da nun die Oeffnungsinductionsschl\u00e4ge st\u00e4rkere Reize sind als die Schliessungsinductionsstr\u00f6me, so werden die ersteren schon bei einem Rollenabstande wirksam werden, bei welchem die letzteren noch ohne Effect sind. Treten aber, bei N\u00e4herung der Rolle, die Schliessungen ebenfalls in das Gebiet der hinreichenden Reize, so wird die Frequenz der wirksamen Erregungen verdoppelt. Unter der (sp\u00e4ter gerechtfertigten) Voraussetzung, dass in dem soeben betrachteten Versuche, bei massigen Reizst\u00e4rken nur die Oeffnungsschl\u00e4ge wirksam waren, habe ich in der 2ten Tabellen-Columne neben das eingeklammerte Stromintervall das doppelt so grosse wirkliche Reizintervall gestellt.\nUm diese Anschauung zu pr\u00fcfen, versuchten wir die Wechsel-inductionsstr\u00f6me mit H\u00fclfe einer, Seite 231 beschriebenen Vorrichtung am Ruhmkorff'sehen Interruptor gleichzumachen.","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nDr. William Stirling,\n[395\nDie nebenstehende Curve (Fig. 3.) giebt die Resultate einer mit den beschriebenen Mitteln gewonnenen Versuchsreihe wieder. Sie ist derart erhalten, dass \u00fcber jedem An-fangspuncte der, einer Versuchsperiode sammt Ruhepause (von I Minute) entsprechenden, markirten Abscisseneinheit die zugeh\u00f6rigen Zeiten latenter Reizung als Ordina-ten aufgetragen sind, deren je I Se-cunde bedeutende L\u00e4ngeneinheiten an der Anfangsordinate bezeichnet sind. Die Verbindungslinie der Or-dinatenendpuncte giebt die Curve der Latenzzeiten. Die senkrechten, d\u00fcnnen Linien, welche von den abgebrochenen Curvenenden zu dem oberen Grenzstriche aufsteigen, sollen andeuten, dass der in jenes Re-reich fallende Reiz keinen Reflex ausl\u00f6ste, also die Latenzzeit als unendlich gross markirt werden kann.\nDie Curve lehrt, dass die latente Reizdauer eines frischen Reflexpr\u00e4parates nicht wesentlich verl\u00e4ngert wird, wenn man die Reizst\u00e4rke mindert. 125 E, 112 und 100 Einheiten wirken nach ziemlich gleicher Reizdauer, w\u00e4hrend nach der 1 Oten Periode, bei unver\u00e4nderter Reizst\u00e4rke, die Latenzzeit sich allm\u00e4hlich von 3\" auf 4\" verl\u00e4ngert. Auf diesem Stande h\u00e4lt sie sich aber auch noch bei 80 E. Erst die um weitere 20 Einheiten verminderte Stromintensit\u00e4t steigert die Latenzzeit betr\u00e4chtlich, wird aber auch bald g\u00e4nzlich unwirksam (Latenz oo). Auf 80 Stromeinheiten reagirt\na\n\u25a0g g g\n- \u00b0 'S\n<*> \u00a7 :\n,d m\u2019S\u00c4 'S \u00ab \u00ab a ,2 \u2019S\n<=> am\" * OS\tO \u00a3.2\n:s s&ti\n\u00ae \u00f6 r\u00f6 \u25a0 cd > a \u2022\n\u2022 o \u00a3 a ,\ner \u201d m *\na \u00f6\nr al\n,\nemi\n\nder Schenkel wieder nach","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"247\n396] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\nkurzer Reizdauer, welche auch bei 70 Einheiten noch nicht wesentlich w\u00e4chst, w\u00e4hrend 60 Einheiten auch jetzt effectlos bleiben. Die Latenzzeit bei 80 Einheiten setzt wieder da ein, wo sie zuvor bei 70 abgebrochen war, und wird bald oo. 90 Einheiten wirken anf\u00e4nglich nach relativ kurzer Latenz, sodann nach massiger. Schliesslich erscheint einmal die Reflexzuckung um ein Weniges fr\u00fcher, aber 80 E und 90 E bleiben ohne Effect. Es verm\u00f6gen auch 100 Einheiten nur einige Reizperioden hindurch sich geltend zu machen. Unter dem Einfl\u00fcsse von 125 Einheiten, die im Anf\u00e4nge keineswegs delet\u00e4rgewirkthatten, wachsen jetzt rapide die Latenzzeiten, bald bis oo. 1 50 Einheiten l\u00f6sen noch nach massiger Dauer schwache Reflexe aus, dann stirbt das Pr\u00e4parat pl\u00f6tzlich ab : bleibt auch auf Reize von 1000 E unth\u00e4tig.\nDieser nat\u00fcrlich durch mehrere Versuchsreihen best\u00e4tigte Refund zeigt also, dass die Dauer der latenten Reizung keineswegs immer so wesentlich von der Intensit\u00e4t der Reizung abh\u00e4ngt, als man bisher angenommen hat. Wenn m\u00e4ssige Reize, bei abnehmender Erregbarkeit nahezu minimal werden, verl\u00e4ngern sich die Latenzzeiten bedeutend, und k\u00f6nnen nunmehr durch st\u00e4rkere Erregung erheblich herabgedr\u00fcckt werden. Wir sehen aber zugleich, dass nicht etw'a, wie beim Nervmuskelpr\u00e4parate st\u00e4rkere (untermaximale) Reize den schw\u00e4chenden Einfluss der \u00fcberstandenen Actionen zu compensiren im Stande sind. Die Leistungsf\u00e4higkeit, welche der Reflexfrosch, abgesehen von der Intensit\u00e4t der Zuckungen, durch die Geschwindigkeit der Reaction bekundet, nimmt bei diesem in weit unregelm\u00e4ssigerer Weise ab, wie beim Muskel; ihr Ablauf ist auch nicht, wie derjenige der Muskelerm\u00fcdung, durch gr\u00f6ssere Ruhepausen sehr flach zu erhalten, sondern wird gegen das Ende zu immer steiler und bricht (wie schon fr\u00fcher erw\u00e4hnt worden) dann h\u00e4ufig ganz pl\u00f6tzlich ab.\nDie L\u00e4nge einer solchen Erm\u00fcdungscurve und die Steigung der einzelnen St\u00fccke ist jedoch, selbst zur gleichen Jahreszeit (Winter), sehr grossen, individuellen Schwankungen unterworfen. So reagirte ein sehr empfindliches Pr\u00e4parat zu Reginn des Versuches auf Reize von 5 Einheiten nach 0,5 Secunden latenter Reizung ; aber aber auch, nachdem es (im Verlaufe von 1 1/2 Stunden) 73 Reizperioden \u00fcberstanden hatte, gen\u00fcgten ihm noch In-ductionsstr\u00f6me von 8 bis 15 Einheiten, in i/2\" Intervall wirkend zu reflectorischer Rewegung nach 1\" latenter Reizung. Solche","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nDr. William Stirling,\n[397\nCharakterverschiedenheit zeigt sich auch bei den Reflexpr\u00e4paraten bez\u00fcglich ihrer Empfindlichkeit gegen Str\u00f6me verschiedener Richtung. W\u00e4hrend bei manchen Fr\u00f6schen aufsteigende Str\u00f6me (vom Fuss gegen den Unterschenkel) und absteigende Str\u00f6me v\u00f6llig gleichwerthig waren, erwies sich bei anderen die absteigende Richtung des Schliessungsinductionsschlages wirksamer, als die aufsteigende, bei wieder anderen war das Verh\u00e4lt-niss umgekehrt. Es existirt also, w7ie f\u00fcr die mit Inductionsschl\u00e4-gen gereizten Froschmuskeln *), so auch f\u00fcr die Reflexpr\u00e4parate kein allgemein g\u00fcltiges Zuckungsgesetz. Rei letzterem ist die Inconstanz jedoch noch gr\u00f6sser, insofern, als die Reaction auch bei demselben Individuum in den verschiedenen Erm\u00fcdungsstadien sich \u00e4ndert. In Fig. 4 sind die Ergebnisse einer Versuchsreihe dargestellt, in welcher die Effecte der im Pr\u00e4parat verschieden gerichteten Inductionsstr\u00f6me untersucht wurden. Damit wir in jeder Reizperiode nur gleich geartete Inductionsschl\u00e4ge erhielten, stellten wir f\u00fcr diese Experimente den Interrupter so her, dass sein Anker (wie der Wagner'sehe Hammer die Pfl\u00fcger'sehe Abblendung1 2), sobald der Magnet ihn angezogen hat, einen B\u00fcgel von Kupferdraht in 2 Quecksilbern\u00e4pfchen senkt, welche mit den Polen der secund\u00e4ren Spirale des Inductorium verbunden sind. So werden die Oeffnungsschl\u00e4ge vom Pr\u00e4parate abgeleitet. \u2014 Freilich gestattet diese Anordnung, sollte sie pr\u00e4cis func-tioniren, keine sehr schnellen Schwingungen des Ankers. \u2014 Die gleich gerichteten Schliessungsinductionsstr\u00f6me wurden nach jeder Reizperiode gewendet, so dass die Pfote abwechselnd von aufsteigenden (+) und absteigenden (T) Str\u00f6men durchflossen wurde. In der n\u00e4chsten Figur bitte ich vorerst nur die obere Curve zu betrachten ; die untere wird uns sp\u00e4ter interessiren.\nIm Anf\u00e4nge der (oberen) Curve sehen wir die Latenzzeiten allm\u00e4hlich wachsen, unabh\u00e4ngig von der Stromesrichtung. Von der 8ten Reizperiode ab beginnen die Str\u00f4m\u00e8 aufsteigender Richtung (f) sich durch kurze Zeiten latenter Reizung auszuzeichnen, w\u00e4hrend die absteigenden (t) Inductionsschl\u00e4ge etwas l\u00e4ngerer Reizzeit wie zuvor bed\u00fcrfen, einmal (17. Periode) sogar\n1)\tH. Kronecker, Monatsberichte der Akad. d. Wissenschaften zu Berlin 1870 S. 640.\n2)\tE. Pfl\u00fcger, Untersuchungen \u00fcber die Physiologie des Elektrotonus. Berlin 1858 S. 130.","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"398] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 249\n13 Min. Ruhe\nDas Reflexpr\u00e4parat reizen Schliessnngsinductionsschl\u00e4ge von 20 E Intensit\u00e4t in *J2\" Intervall. Dieselben folgen einander nach Pausen von 3 Minuten abwechselnd in absteigender (^,) und \\ aufsteigender (^) Stromesrichtung. Die Abscissenstriche markiren Reizperioden. Die Ordinatenmarken je 5 Secunden latenter Reizung. Die obere Curve bezeichnet die Zeitpuncte starker reflectorischer Zuckung.\nbis 24\", um starke Reflexe auszul\u00f6sen1). Nach l\u00e4ngerer (13 Minuten) Ruhe, w\u00e4hrend deren das Quecksilber der Nebenschlies-sung gereinigt wurde, bildeten sich sehr grosse, regelm\u00e4ssige Unterschiede in den Wirkungen der Str\u00f6me beider Richtungen aus, so dass nach 4 Perioden die Zacken der Latenzzeitcurve sehr gross werden. Es zeigt sich dabei, dass die Latenz nur f\u00fcr Str\u00f6me e i n e r Richtung sehr bedeutend w\u00e4chst (bis Uber 51 \" latenter Reizung) : eine Eigenth\u00fcmlichkeit, welche der bei Tabelle III erw\u00e4hnten analog ist. Dort bemerkten wir, dass die Latenzen f\u00fcr starke Reize mit der Erm\u00fcdung nur wenig, f\u00fcr schwache Reize aber erheblich wachsen, und dass darum die Quotienten der Latenzzeiten die reciproken Verh\u00e4ltnisse der Reizzeiten immer betr\u00e4chtlicher \u00fcbertreffen. \u2014 Die sp\u00e4teren Versuchsperioden, welche in die graphische Darstellung der Resultate nicht aufgenommen sind, deuten wieder auf merkw\u00fcrdige Aenderungen der Erregbarkeit. Die Curve senkt sich wieder, und die Unterschiede der Wirkungen zwischen aufsteigenden und absteigenden Str\u00f6men verschwinden, \u00e4hnlich wie es im Anfang des Versuches der Fall war. Mit der Erm\u00fcdung wachsen sp\u00e4ter die Latenzzeiten f\u00fcr\n1) Die l\u00e4ngere Latenz absteigender Schliessungsinductionsreize k\u00f6nnte dem Zuckungsgesetze gem\u00e4ss auf das von Rosenthal (1. c.) formulirte 6te Gesetz zur\u00fcck gef\u00fchrt werden, demzufolge \u00bbdie Reflexzeit f\u00fcr die vom R\u00fck-kenmark entferntere Stelle gr\u00f6sser, als f\u00fcr die n\u00e4here\u00ab ist.","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250\nDr. William Stirling,\n[399\nbeide Stromrichtungen. Mit Str\u00f6men hoher Intensit\u00e4t kann man aber sodann wieder Zuckungen sehr kurzer Latenz erhalten.\nDie einzelnen Stromst\u00f6sse folgten bei dieser Experimentalreihe in Zwischenr\u00e4umen von .\nNur bei seltenen Reizen erreichen die Zeiten der latenten Erregung die bedeutenden Werthe von I Minute und dar\u00fcber. Nur in diesen F\u00e4llen konnten wir daher auch, bei Aenderung der Reizintensit\u00e4t, grosse Unterschiede der Latenzzeit beobachten.\nEs war somit zu erwarten, dass die Dauer latenter Reizung wesentlich vom Reiztempo beeinflusst werde. Schon die 3 Tabellen, welche als Reispiele f\u00fcr die Wirkungderwechselnden Reizst\u00e4rken in dieser Arbeit angef\u00fchrt worden sind, geben Gelegenheit, den Einfluss der wechselnden Reizfrequenz zu beachten.\nIn Tabelle I (S. 235) ist auf der letzten Linie, welche das Reizintervall enth\u00e4lt, die Latenzzeit 2,0'' notirt, welche der Reizst\u00e4rke 150 Einheiten entspricht, w\u00e4hrend die n\u00e4chste Reizperiode gleicher Intensit\u00e4t vom Intervall \" nur eine Dauer von 1,2\" bis zur Zuckung beansprucht. Noch pr\u00e4gnanter ist in Tabelle II der Unterschied zwischen den 2 benachbarten Latenz-werthen 2,0\" und 0,5\". In beiden F\u00e4llen schlugen Inductions-str\u00f6me gleicher Intensit\u00e4t (10 Einheiten) die Froschpfote; aber im ersten Falle war das Reizintervall -J-\" im zweiten Ty'. In der Tabelle III (S. 241) fanden geringere Aenderungen der Reizintervalle : (jY' und TV\") statt. Aber auch hier variirt mit dem ln-tervallwechsel in deutlicher Weise die Zeit der Latenz :\nj\tf 11\tReize\t(100 E) pro Sec. wirkten nach 1,7\" Latenz\t\t\t\t\n1\t[15\t\u00bb\t(100 E)\t\u00bb ))\t))\t))\t1,2\" \u00bb\n, j\tf 15\t))\t(1 50 E)\t)) ))\t))\t))\t0,7\"\t\u00bb\n11\tl 11\t))\t(150 E)\t\u00bb ))\t\u00bb\t))\t0,9\"\t\u00bb\nJ\tf 11\t\u00bb\t(150 E)\t\u00bb \u00bb\t))\t))\t1,0\" \u00bb\n1\ti 15\t\u00bb\t(150 E\t\u00bb \u00bb\t\u00bb\t))\t0,8\" \u00bb\nDer Anblick\t\t\tdieser Tabelle k\u00f6nnte\t\t\tzu der Hypothese ver-\t\nleiten, dass in jedem Stadium der Erregbarkeit des Pr\u00e4parates eine bestimmte Anzahl von Reizen gewisser Intensit\u00e4t erforderlich sei, um einen Reflex auszul\u00f6sen. Denn in den ersten 2 Parallelf\u00e4llen trafen resp. 18,7 und 18,0 Reize den Schenkel, bevor er gehoben wurde; in dem 2ten Paare waren 10,5 und 9,9 Schl\u00e4ge wirksam. In dem 3ten Paare reagirte der Schenkel auf den 11ten und 12ten Stromstoss. Eine solche Annahme w\u00fcrde sich aber nur in seltenen F\u00e4llen bew\u00e4hren. Wir finden Abweichungen nach beiden Seiten.","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"400] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 251\nEine tabellarische Zusammenstellung einiger Schlagzahlen, welche in benachbarten Reizperioden gleicher Intensit\u00e4t aber verschiedenen Intervalls f\u00fcr den Reflex erforderlich waren, wird nicht nur dienen, um die soeben erw\u00e4hnte Hypothese zu entkr\u00e4ften, sondern auch weitere n\u00fctzliche Fingerzeige geben.\nDie folgenden Proben sind aus passenden Experimenten da herausgegriffen, wo alle Versuchsbedingungen am gleichm\u00e4s-sigsten waren. Jede der laufenden Nummern der Tabelle bezeichnet eine Versuchsreihe. Mehrere Paare aus einem Experimente tragen die gleichen Ordnungszahlen nebst verschiedenen Ruchstaben.\nTabelle IV zeigt den Einfluss verschiedenen Reizintervalls auf die Dauer der latenten Reizung.\nLaufende Nummer\tReiz :\t\tZum Reflex erforderliche:\t\nder Versuche.\tSt\u00e4rke\tIntervall\tReizdauer\t\n\tEinheiten.\tSecunden.\tSecunden.\tSchlagzahl.\ni\t150\ti\t2,0\t16,0\n\t150\tZU\tV2\t60,0\n2\t10\t1 T\t2,0\t8,0\n\t10\tTt\t0,5\t24,0\n3a\t100\ti\t2,2\t17,6\n\t100\t\t0,3\t6,3\n3b\t100\t1\t0,7\t14,7\n\t100\tU\t2,4\t19,2\n4\t100\ti\t2,3\t18,4\n\t100\t2T\t0,7\t14,7\n5a\t100\t*\t1,7\t13,6\n\t100\t*\t0,7\t14,7\n5b\t175\t\u00c0\t0,25\t5,25\n\t175\t*\t1,0\t8,0\n6\t20\tT\t7,5\t30,0\n\t20\ti\t2,0\t16,0\n\t15\ti\t5,0\t20,0\n\t15\ti\t1,0\t8,0\n8a\t11\ti\t4,0\t16,0\n\t1 1\t8\t2,0\t16,0","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\nDr. William Stirling\nLaufende Nummer\tReiz :\t\tZum Reflex erforderliche\t\n\t\t\t\t\nder Versuche.\tSt\u00e4rke\tIntervall\tReizdauer\tSchlagzahl.\n\tEinheiten.\tSecunden.\tSecunden.\t\n8b\t30\ti\t1,0\t4,0\n\t30\t8\t0,5\t4,0\n9\t8\ti\t7,0\t28,0\n\t8\tl \u2019S\t3,0\t24,0\n10\t10\t\u00a5\t5,0\t40,0\n\t10\t1 7\t15,0\t60,0\n11\t15\t1 8\t1,5\t12,0\n\t15\ti\t4,0\t16,0\n12a\t12\ti\t2,5\t12,5\n\t12\t7\t7,0\t15,5\n12b\t20\ti\t30,0\t75,0\n\t20\t7\t3,0\t25,0\n12c\t20\t7\t10,0\t50,0\n\t20\t7\t45,0\t112,5\n13a\t10\t1 \u00a5\t6,0\t12,0\n\t10\t7\t2,5\t10,0\n13b\t10\t1\t4,0\t8,0\n\t40\t1\t15,0\t15,0\n13c\t10\tt T\t19,0\t19,0\n\t10\t\t50,0\t33,0\n14\t15\ti\t5,0\t10,0\n\t15\t7\t3,0\t12,0\n15\t8\t7\t1,0\t4,0\n\t8\ti\t2,5\t5,0\n16a\t500\ti\t1,0\t4,0\n\t500\ti\t3,0\t6,0 *\n16b\t400\ti 7\t13,0\t52,0\n\t400\t\t30,0\t60,0\n17\t15\ti\t46,0\t92,0\n\t15\ti\t5,0\t20,0\n18\t900\ti\t25,0\t50,0\n\t900\t7\t5,0\t20,0","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"402] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\n253\nLaufende Nummer der Versuche.\tRe St\u00e4rke Einheiten.\t.z : Intervall Secunden.\tZum Reflex Reizdauer Secunden.\terforderliche Schlagzahl.\n19\t400\t\u00ef\t4,5\t9,0\n\t400\t1\t34,0\t34,0\n20\t1000\t1\t9,0\t9,0\n\t1000\t\t5,5\t11,0\n21a\t1000\t2\t35,5\t17,75\n\t1000\t3 \u2019S\t8,5\t5,6\n21b\t1000\t3\t16,5\t14,3\n\t1000\t2\t55,0\t27,5\n22\t500\t3 \"2\t6,7\t4,36\n\t500\t2\t35,5\t17,75\n23\t1000\t2\t80,0\t40,0\n\t1000\t3 'S\t63,0\t42,0\nSchon ein fl\u00fcchtiger Ueberblick der vorstehenden Tabelle lehrt, dass bei dem gleichen Pr\u00e4parate, in demselben Stadium der Erregbarkeit, bei unver\u00e4nderter Reizintensil\u00e4t dem kleineren Reizintervalle die k\u00fcrzere Latenz zugeh\u00f6rt.\nMan bemerkt aber sogleich, dass es ganz unstatthaft w\u00e4re, die Resultate mehrerer Versuchsreihen mit einander zu vergleichen; denn bei demselben Reizintervalle zeigten sich sehr abweichende Latenzzeiten : z. B. bei Intervall Schwankungen zwischen 0,5\" und 5\" Latenz, bei Intervall latente Reizung von \\\" bis 30\" u. s. w.\nDie Reizbarkeit der verschiedenen Pr\u00e4parate ist so mannigfach, dass man f\u00fcr jedes den erregenden Str\u00f6men eine andere Intensit\u00e4t geben muss. Freilich dienen die notirten Reizeinheiten auch nicht als absolute Mafse, weil die zur Stromerzeugung verwendeten Groue\u2019schen Elemente nicht jedesmal mit frischen S\u00e4uren gef\u00fcllt wurden. W\u00e4hrend desselben Experimentes aber bleibt die Kette merklich constant. \u2014\nSoviel kann man durch alle individuellen und experimentellen Verschiedenheiten hindurch erkennen, dass frequente Reize (etwa bis Intervall herab) auch unter ung\u00fcnstigsten Verh\u00e4ltnissen (gesunkener Erregbarkeit und geringer Stromst\u00e4rke) nicht die","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"Dr. William Stirling,\n254\n[403\nlange Latenzzeit erreichen, wie sie den seltenen Reizen (|\" bis 2\" Intervall) in der Regel zukommt.\nJe gr\u00f6sser die Differenz der zusammengeh\u00f6rigen Reizintervalle, um so gr\u00f6sser ist gew\u00f6hnlich auch der Unterschied der Zeiten latenter Reizung.\nDie Intervalldifferenz \u2014 -^r = 0,08 entspricht 1,39\" als der aus den aufgef\u00fchrten Versuchen berechneten mittleren Differenz der Zeiten latenter Reizung ; die Intervalldifferenzen \\ \u2014 = 0,125 coincidiren mit dem mittleren Werthe der Latenzabweichungen von 4,07\"; den Unterschieden der Intervalle \u2014 -j = 0,25 geh\u00f6rt als Mittel der Latenzdifferenzen der Werth 12,4\" zu.\nDie 3 Periodenpaare mit der Intervalldifferenz f \u20141-= 0,2 sind zur Bestimmung des mittleren Werthes nicht zu gebrauchen, weil die 2 sp\u00e4ten Gruppen Stadien hoher Erm\u00fcdung entsprechen.\nF\u00fcr die Inlervalldifferenz 0,5 stellt sich als zugeh\u00f6riger Mittelwcrth der Latenzdifferenzen 23,3 heraus. Wenn wir aber 9,0und3,5 : die Subtractions-Ergebnisse der Gruppen 13b und 20 ausschliessen, so kommen wir sogar auf den Miltelwerth 30,1. Es ist auch begreiflich, dass der grossen Differenz 0,5 eine verschiedene Geltung zukommt, je nachdem sie aus 1 \u2014 -|- oder aus f\u2014 1 oder aus 2 \u2014 f entstanden ist. Die in Zwischenr\u00e4umen von 2\" oder I\" folgenden Inductionsschl\u00e4ge m\u00fcssen f\u00fcr die meisten Fr\u00f6sche sehr stark gew\u00e4hlt werden, und viele Male wiederkehren, um \u00fcberhaupt Effect zu haben, w\u00e4hrend die St\u00f6sse, welche einander in 1\" Intervall folgen, ohne dass sie sogleich eine sehr hohe Intensit\u00e4t brauchen, f\u00fcr sehr viele Pr\u00e4parate zur reflectorischen Erregung taugen, freilich bei manchen (bei denen -J\" Intervall g\u00e4nzlich unwirksam ist) erst nach \u00f6fterer Wiederkehr.\nWenn man statt der Differenzen von Reizen und Latenzen die Verh\u00e4ltnisse derselben betrachten will, so findet man diese am einfachsten ausgedr\u00fcckt in den zum Reflexe erforderlichen Schlagzahlen, die in der 5ten Columne der Tabelle angegeben sind.\nAus diesen Zahlen ist ersichtlich, dass man nicht annehmen darf: es sei, um einen Reflex auszul\u00f6sen, bei unver\u00e4nderter Erregbarkeit des Schenkels, ein bestimmtes Reizquantum erforderlich, welches auch bei wechselpdem Intervalle gleichintensiver Stromst\u00f6sse eine immer gleiche Anzahl derselben erfordert. Die zusammengeh\u00f6rigen Schlagzahlen eines Versuchspaares weichen meist betr\u00e4chtlich von einander ab. Nur in den zwei Gruppen","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"404] \u00dcber die Summation eiektrisciier Hautreize. 255\nder Reihen No. 8a und No. 8b finden sich, wohl durch Zufall, gleicheWerthe. In den weitaus meisten F\u00e4llen geh\u00f6ren zu den gr\u00f6sseren Intervallen auch gr\u00f6ssere Schlagzahlen, d. h. die Dauer der latenten Reizung ist bei seltneren Reizen nicht nur absolut l\u00e4nger, als bei h\u00e4ufigeren, sondern auch mehr als n\u00f6thig ist, um die gleiche Reizzahl vollf\u00fchren zu lassen. Nicht selten muss bis zur Schenkelerhebung die Schlagzahl der seltenen Reize die der h\u00e4ufigeren sogar um ein Vielfaches \u00fcbertreffen. Diese Erscheinung hat eine gewisse Analogie mit dem S. 227 erw\u00e4hnten Resultate der W. Baicl\u2019schen Untersuchung, welche ergab, dass die latenten Wirkungszeiten rascher wachsen, als die reizenden S\u00e4uren an St\u00e4rke abnehmen. Nur die beiden ersten in der Tabelle aufgef\u00fchrten Gruppen weichen in auffallender Weise von dem Verhalten der \u00fcbrigen ab. Relativ sehr viele Reize kleiner Intervalle treffen den Schenkel, bevor er sich erhebt.\nDer Ursache dieser eigenth\u00fcmlichen Erscheinung mit H\u00fclfe vollkommener Reizinstrumente nachzuforschen, habe ich noch nicht Gelegenheit gefunden.\nFerner ist auch aus diesen Notizen (5a, b und 8a, b) zu erkennen, wie bei gr\u00f6sserer Reizintensit\u00e4t die Zeit der Latenz etw as abnimmt. Die Erm\u00fcdung wirkt, wie fr\u00fcher schon (S. 246 Fig. 3) gezeigt worden ist, in entgegengesetztem Sinne. In der Gruppe 3a, welche die gleiche Reizintensit\u00e4t mit der 2a hat, ist zwar die Schlagzahl f\u00fcr -J-\" die kleinere; aber der Grad des Reflexes war zugleich in diesem Falle ein sehr niederer. \u2014Wir werden auf die Beziehung zwischen Zuckungsgrad und Latenzzeit bald zur\u00fcckkommen. \u2014 Man kann den die Latenz verl\u00e4ngernden Einfluss der Erm\u00fcdung alsocompensiren, indem man den Reiz verst\u00e4rkt; doch gilt dies nicht in gleichem Grade f\u00fcr alle Intervalle. W\u00e4hrend man bei mittleren Intervallen die Erm\u00fcdung Ubercompensiren kann (5a, b, 8a, b.) vermag man dies bei gr\u00f6sseren nicht mehr (12a, b, e.). Es erreicht bei solchen die Dauer der latenten Reizung schnell sehr hohe Grade. Das Wachsfhum der Latenzen bei Reizung mit Stromst\u00f6ssen verschiedenen Intervalls wird die folgende, nach den Daten einer Versuchsreihe construirte Curve Fig. 5. anschaulich machen.\nDiese Versuchsreihe l\u00e4sst erkennen, wie das frische Pr\u00e4parat gleich schnell auf Reize ziemlich verschiedener Intensit\u00e4t","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"Secunden Latenz.\n256\nDr. William Stirling,\nO \u00ab1*0\n[405\na o\tI\n\u00ae \u25a0\u00bbh - '\n: O\n\u2019 Ph -\n. M <n\n\" \u00a3 iX\nS g\n5^5\n\u2022s b a \u25a0\nri \u00a3 <D\nS\n\u00a9\t03\nbO \u00ae\n\u2014 rfl\na ns \u00a3\n\u00a9 :C3\nrrJ\nO.02\n; = bc g\n< _* c$ 3 bp ts\u00ee\nZ 23 a a :p \u00ae\n; \u00ae bo \u25a0**\n0 \u00aba rg JJ >2 a \u00c4 \u25a0\u00bb \u00ae \u00ae \u00ae > csa w \u00ae\n5 \u00a9 *3 13\npo g \u00ae _, \u00a9 *a\n\u25a05 10 \u00bb\n\u00ef afl \u00dc h\nJg=Sg\u00ab\njs \u00a9 S O 1\n1^5\u00b0\na a *5 g '\n| Srf\u00e2' | 3 ; \u00ae .\n>5 S rfl\nl!'|\nla \u2022\u00a7 a\n\u00ae o \u00c6 3 \u00a9 a te +\n\u00ae hn M \u25a0\u00a9 .\u00ef, \u00ae a ^ \u00a3 a \u00ae\n.5 ^ :rt -fl\n>s8\nPS <3\n\u00a9'^\nO 'S \u00a7\nSm \u2022>-\u00bb \u00a9\nbe S\nfl N\nr+?S\nbc\na .2\nfl \u00a9\nfl i ; 2\ns","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"257\n406] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\n(20 E und 12 E) und verschiedenen Intervalls (\u25a0$\u2022\" und f\") reagirt. Nur ist der Umfang der 2 ersten Zuckungen etwas gr\u00f6sser, als derjenige der zun\u00e4chst folgenden, die nur den Grad II erreichen. In der 6ten Periode ist, unter gleichen \u00e4usseren Bedingungen wie zuvor, ein Reflex vom Grad II erst nach 10\" langer Reizung zu erhalten. Bei Intervall ^ aber schon nach 2\". Den gleichen Vorgang konnten wir nun wiederholt beobachten, Intervall ^ brauchte nur den 5ten Theil der Reizzeit von Intervall f.\nIn der 12ten Versuchsperiode kam der Reflex auf den seltenen Reiz etwas verfr\u00fcht, aber in den folgenden Perioden wuchs die Latenz schnell und wurde bald oo d. h. der Reiz 12 E f\" I. vermochte, trotz minutenlanger Einwirkung, keinen Reflex mehr auszul\u00f6sen. Indessen blieben die frequenten Reize gleicher Intensit\u00e4t noch m\u00e4ssig wirksam : die Dauer ihrer Latenz blieb klein. F\u00fcr die zweite H\u00e4lfte unserer Versuchsreihe mussten die Reize 15 E bis 20 E beansprucht werden. 20 E -f\" bleibt ungef\u00e4hr ebensolange effectlos, als 15 E Als beide Frequenzen bei derselben Stromintensit\u00e4t verglichen wurden, zeigte sich das Untergewicht der seltenen bald in sehr eclatanter Weise. Etwa 10mal l\u00e4ngere Reizung erforderte die in f\" Intervall erfolgende Stossreihe, bevor der Reflex zum Durchbruch kam, als diejenige doppelter H\u00e4ufigkeit. Es trafen also im ersten Falle 5mal mehr Reize die Nerven als die letzten. Man bemerkt zugleich, dass die sp\u00e4ten Reflexe keineswegs schw\u00e4cher zu sein brauchen, als die fr\u00fch eintretenden. Kommt es aber eine Weile nach der pr\u00e4sumptiven Latenzzeit nur zu schwacher Entladung (I), dann ist Unwirksamkeit des angewendeten Reizes, oder5 wenn schon starke Str\u00f6me appli-cirt worden, g\u00e4nzliches Absterben in naher Aussicht. Gelegentlich bitte ich gleich hier, zu beachten, wie am Anf\u00e4nge der Curve, wo diese ihren kleinzackigen Verlauf beginnt, die Verl\u00e4ngerung der Latenz f\u00fcr seltene Reize nicht unvermittelt auftritt, sondern eine schwache Zuckung (\u00a9'), anstatt der erwarteten st\u00e4rkeren (II oder 111) sich einstellt, der erst mehrere Secunden sp\u00e4ter die definitive folgt. Solche submaximalen Reflexe wollen wir \u00bbvorl\u00e4ufige\u00ab nennen, im Gegensatz zu den \u00bbendg\u00fcltigen\u00ab. Diese Erscheinung wiederholt sich bei dem n\u00e4chsten (\u25a0\u00a7\") Versuche; im dritten tritt die vorl\u00e4ufige Zuckung etwas versp\u00e4tet auf. In der 4ten Zacke steht die Marke \u00a9 wieder gesetzm\u00e4ssig : in der allm\u00e4hlich ansteigenden Linie, welche die Marke \u00a9 in Zacke 5 mit dem Endpuncte des ersten horizontalen Curvenst\u00fcckes verbindet.\n17","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nDr. William Stirling,\n[407\nIn der 6ten Zacke fehlt der Punct vorl\u00e4ufiger Entladung g\u00e4nzlich ; auch die endg\u00fcltige ist minimal. Andeutungen \u00e4hnlichen Verhaltens finden sich ebenfalls im zweiten Abschnitte der besprochenen Curve : besonders an den Theilen, welche Versuchen mit frequenten Reizen zugeh\u00f6ren.\nAuch die n\u00e4chste Figur (6) bietet Interesse wegen instruc-tiver Vertheilung der \u00bbvorl\u00e4ufigen Reflexe\u00ab, deren Redeutung wir sp\u00e4ter im Zusammenh\u00e4nge mit \u00e4hnlichen Erscheinungen w\u00fcrdigen wollen. Mittheilenswerth ist mir diese.Curve wegen ihrer ungew\u00f6hnlich grossen H\u00f6henschwankungen erschienen, und weil sie wieder die vor\u00fcbergehende Modification der Erregbarkeit des wenig erm\u00fcdeten Pr\u00e4parates zeigt, wie ich sie bei Tabelle III besprochen habe.\nFig. 6.\nSecunden Latenz.\nCurve der Zeiten latenter Reizung. Reflexpr\u00e4parat mit Inductionsstr\u00f6men wechselnder Intensit\u00e4t (18 und 20 Einheiten) und variirten Intervalls und \u00a3\") gereizt. Die Abscisseneinheiten markiren Yersuchsperioden, welche in Pausen von 3 Min. einander folgen, die Ordinateneinheiten Latenzen von je 5 Secunden; die Zeichen I. 1J. 111. (S 111) Zuckungsgrade, die Ringel 0 vorl\u00e4ufige Reflexe.\nDer Frosch, dem wir diese vorliegende Versuchsreihe verdanken, gab schon bei den ersten Pr\u00fcfungen mit Reizen von Intervall und I\" merkliche Unterschiede in der Latenz. Der An-fangstheil der obigen Curve, dem 11 gleich wirksame Reizungsperioden vorausgegangen waren lehrt, dass die Latenzen seltener Reize (\u00a3\" Int.) l\u00e4nger sind, als diejenigen h\u00e4ufiger (\u2022\u00a3\u25a0\" Int.), sogar wenn die Intensit\u00e4t der ersteren (20 E) diejenige der letzteren","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"408] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 259\n(18 E) etwas \u00fcbersteigt. Als wir versuchten, die Latenz der h\u00e4ufigen Reize zu verl\u00e4ngern, indem wir die Stromintensit\u00e4t (auf 1S E) minderten, blieb der Reflex g\u00e4nzlich aus. Abwechselnde Erregungen von 20 E Int. und 18 E \u25a0\u00a3\" Int. brauchten Latenzzeiten, deren graphische Darstellung das flachzackige Liniehst\u00fcck ergiebt. Darauf erscheint eine vorl\u00e4ufige Zuckung (O) zur Zeit, wo die endg\u00fcltige zu erwarten war, und diese versp\u00e4tet sich bis 45\" nach Reginn der Reizungsperiode. Der n\u00e4chste definitive Zuckungsp\u00f9nct f\u00fcr 20 E 4\" Int. steht am richtigen Orte. Die Curve bleibt nun f\u00fcr 2 Perioden tief, obwohl in der 2ten statt der Reize von 20 E nur solche von 18 E verwendet worden sind. Der Frosch scheint reizbarer geworden zu sein ; dennoch erreicht die Latenz f\u00fcr 20 E Int. nur wieder den fr\u00fcheren Werth, nachdem freilich ein vorl\u00e4ufiger Reflex ausgel\u00f6st war. Nun wurde der Reiz 18 E Int. gepr\u00fcft, ob dieser jetzt auch dem von 20 E Int. in der Wirkung gleiche, wie es 20 E Int. bez\u00fcglich 18 E Int. gethan halte. Diese Erwartung erf\u00fcllte sich zwar nicht: zur betreffenden Zeit trat kein endg\u00fcltiger Reflex ein, aber es kam doch zu einer schwachen vorl\u00e4ufigen Entladung, der nach 58\" und 64\" zwei weitere folgen und endlich nach 109\" latenter Reizung eine sehr starke Entladung. In der folgenden Reizperiode ist die Erregbarkeit soweit gestiegen, dass nunmehr der Endreflex auf Reizung 18 E Int. nur 5\" sp\u00e4ter erfolgt, als die Reflexe bei frequenter Stromfolge (18 E \u00a3\"Int.) auftreten. Raid aber werden die Unterschiede der Latenzzeiten seltener und h\u00e4ufiger Reize wieder gross, indem die ersteren sprungweise wachsen, um dann in hohen Rreiten betr\u00e4chtlich zu schwanken. Dies Verh\u00e4ltnis \u00e4ndert sich in dem Theile der Curve, welcher nicht mehr mit abgebildet ist. Da konnten die seltenen Reize von der Intensit\u00e4t 18 E \u00fcberhaupt keinen Reflex mehr ausl\u00f6sen und mussten durch solche von der Intensit\u00e4t 20 E ersetzt werden, welche ebenfalls lange latent wirken mussten. W\u00e4hrend dessen halten sich die Zeiten der Latenz f\u00fcr die frequenten Reizungen fast unver\u00e4ndert auf relativ niedrigem Werthe von 3\"\u20144\". Erst als das Pr\u00e4parat sehr erm\u00fcdet war summirten sich auch die Reize von |\"Int. bisweilen selbst 40\" lang schliesslich zu sichtbarer Zuckung.\nW\u00e4hrend die beiden ausf\u00fchrlich beschriebenen Beispiele von Versuchsreihen zum Vergleiche der Wirkungen seltener und h\u00e4ufiger Reize absolut lange Latenzen darboten, gew\u00e4hrt die\n17*","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"[409\n260\t. Dr. William Stirling,\nfolgende Versuehscurve (Fig. 7) die Anschauung einer Experimentalreihe, in welcher die seltenen Reize (-J-) auch im Maximum nur eine Wirkungszeit von 11 Secunden erfordern, hingegen die h\u00e4ufigeren (-J-) selbst schon nach 0,5 Secunden wirken und in der Versuchsreihe niemals mehr als 2,5\" erfordern, um den Reflex auszul\u00f6sen. In erster Linie ist die Ursache zu diesem Verhalten in der ziemlich hohen Frequenz beider verglichenen Reizfolgen gelegen, sodann aber auch in individuellen Unterschieden, der Erregbarkeit, wie sie ja auch die pr\u00e4ciseren Reizversuche an den Muskeln oft erwiesen haben.*) Es liegen mir Versuchsreihen vor, in welchen bei y Reizintervall und hoher Stromintensit\u00e4t Latenzzeiten von 7\" bis 20\" und mehr erforderlich waren, daneben aber auch solche (Juni 1873), in denen 0,25\"\u20140,5\" zur Ausl\u00f6sung der Reflexe gen\u00fcgten (d. h. also 1 oder 2 Stromst\u00f6sse) ohne dass die verwendete Stromintensit\u00e4t (27 E und 200 E) ungew\u00f6hnlich hoch gewesen w\u00e4re. Im Mittel aber halten sich doch die Latenzzeiten, welche dem Reizintervalle y zugeh\u00f6ren in den Grenzen von 2\" und 10\", diejenigen f\u00fcr das Reizintervall y' innerhalb 0,5\" und 4\".\nDamit die kleineren Schwankungen der Latenzzeiten deutlich erscheinen, habe ich f\u00fcr die Construction der folgenden Curve den Ordinateneinheit\u00ean 5mal kleinere Zeitwerthe gegeben, als in den fr\u00fcheren Curven, so dass schon 1\" den Raum zwischen 2 Theilstrichen ausf\u00fcllt.\ngeonnd. Latenz.\nFig- \u2019>\u25a0\nStromint. 30 E\n1111111111111\nS SS \u00a5 TVSVTnTT.V \u00a3 35 E\nCurve der Zeiten latenter Reizung. Reflexfroschpr\u00e4parat; gereizt mit Inductionsstr\u00f6men, deren Intensit\u00e4t in jeder H\u00e4lfte der Versuchsreihe constant hleibt (erst 30 E dann 35 E) \u2022 Die Intervalle (\u25a0\u00a3\" und \u25a0\u00a3\") alterniren. Die Abscisseneinheiten markiren Minuten, die Ordinateneinheiten Secunden. Der Zuckungsgrad ist durch die Marken I. II. III. bezeichnet. Wo diese weggelassen sind, ist er von normaler, endg\u00fcltiger St\u00e4rke (III).\n1) Yergl. auch diese Arbeiten 1871. S. 204.","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"410] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 261\nIn den kleinen Verh\u00e4ltnissen finden wir die Vorg\u00e4nge der Latenzschwankungen bei seltener Heizfolge, wie sie in den vorigen Curven grosser Latenzen ausgedr\u00fcckt sind, wieder.\nMit wechselndem Reizintervall variirt die Latenz des frischen Pr\u00e4parates nur wenig. Pl\u00f6tzlich aber steigen die Zeiten latenter Reizung f\u00fcr seltene Stromst\u00f6sse auf hohe Werthe, w\u00e4hrend f\u00fcr h\u00e4ufige die kleinen Latenzzeiten bestehen bleiben. Die dritte Spitze der grossen Zacken bleibt wesentlich tiefer, \u00e0ls die 2 fr\u00fcheren, zugleich aber ist der Reflex als schwach bezeichnet und bleibt bei der n\u00e4chsten Reizung mit Intervall -J-' ganz aus. Dies deutet darauf hin, dass jener Reflex nur ein vorl\u00e4ufiger gewesen ist, der endg\u00fcltige aber nicht zu Stande kommen konnte. Auch etwas l\u00e4ngere Ruhe vermag dem Reize 30 E Int. nicht zu seiner Wirksamkeit zu verhelfen. Die Str\u00f6me von 35 Einheiten sind aber jetzt noch l\u00e4ngere Zeit, nach m\u00e4ssig hoher Latenzzeit, m\u00e4chtig.\nEs sind bei dieser Versuchsreihe nur die zuerst auftretenden Reflexzuckungen ber\u00fccksichtigt worden. Der Reiz wurde abgebrochen, nachdem das Pr\u00e4parat \u00fcberhaupt reagirt hatte. Es sind 'also \u00bbvorl\u00e4ufige Reflexe\u00ab stets als endg\u00fcltige notirt. Daraus erkl\u00e4ren sich, wenn man den Zuckungsgrad in Retracht zieht, theilweise die relativ grossen Schwankungen in der Latenzzeit. Wir werden auf diesen Punct bald n\u00e4her eingehen.\nbisher haben wir die Ver\u00e4nderungen betrachtet, welche die Dauer latenter Reizung erleidet, wenn die Intensit\u00e4t der erregenden Str\u00f6me gewechselt wurde, und wenn das Intervall variirte. Nur gelegentlich haben wir auch die resultirenden Effecte gleichzeitiger Gr\u00f6ssen\u00e4nderungen der beiden Variablen ber\u00fccksichtigt.\nDie n\u00e4chste Curve (Fig. 8) soll zeigen, wie die Reflexzeiten sich verhalten, wenn Reiztempo und Reizst\u00e4rke gleichzeitig in entgegengesetztem Sinne ge\u00e4ndert werden. Da wir aus einer fr\u00fcheren Versuchsreihe (Fig. 5) ersehen haben, dass ein frisches Pr\u00e4parat ziemlich gleich schnell auf erheblich verschiedene Reize reagiren kann, so habe ich die dargestellte Curve da begonnen, wo in den Experimenten die wechselnden Reizintervalle auch die Latenzen merklich schwanken Hessen.","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nDr. William Stirling, Fig. 8.\n[411\nSecunden Latenz.\n20152015\t20\t50\nReiz-Einh. 15 Intervall \u00b1 J\n2015201520152015\nCurve der Zeiten latenter Reizung : Reflexpr\u00e4parat mit Inductionsstr\u00f6men gereizt, deren Intensit\u00e4t, w\u00e4hrend die Reizintervalle wechselten, anfangs gleich erhalten wurde, sp\u00e4ter aber ebenfalls in entgegengesetztem Sinne variirt wurde. Darauf alternirten nochmals die Intervalle bei constanter Reizst\u00e4rke; schliesslich wieder beide Variablen. Die Abscissen markiren Reizperioden, die durch Pausen von 3 Minuten getrennt sind. \u00bbR\u00ab bezeichnet Ruhe von 10 Minuten. Jede Ordinateneinheit entspricht 1 Secunde. Die Zeichen I. II. III. markiren Zuckungsgrade.\nDie absoluten Werthe der Latenzzeiten sind auch in dieser Versuchsreihe klein: halten sich innerhalb der Grenzen von \\\" bis etwa 8\". Nur in einem vereinzelten Falle bleiben die Reize 16 Secunden latent. Wir haben es aber auch hier mit ziemlich h\u00e4ufigen Stromst\u00f6ssen zu thun. Dessenungeachtet bieten die Verh\u00e4ltnisse der kleinen Gr\u00f6ssen wiederum das uns schon bekannte Bild. Der erste zackige Theil der Curve stellt wiederum die, bei gleicher Reizst\u00e4rke, mit den Intervallen (|\" und |\") wechselnden Latenzgr\u00f6ssen dar. Als einmal w\u00e4hrend 2 Perioden das gleiche Intervall angewendet wurde, blieb auch die Latenzzeit unver\u00e4ndert. Dieselbe konnte aber auch auf v\u00f6llig gleichem Niveau erhalten werden, indem mit kleinerem Intervall eine mindere Stromst\u00e4rke combinirt wurde : lnductionsschl\u00e4ge von 20 Einheiten im Intervall-J\" blieben \u00e4quivalent mit Str\u00f6men von 15 E und dem Tempo Als wir es wieder bei der Reizst\u00e4rke 15 E bewenden Hessen, machten sich die verschiedenen Effecte der ver\u00e4nderten Frequenz wieder geltend. Bald aber versagten 15 E A\" die Wirkung g\u00e4nzlich, und auch dauernd, nachdem sie das Reflexcentrum noch einmal zu schwacher Entladung gebracht hatten; w\u00e4hrend dessen war an den Reflexen, welche Reize von 15 E und Intervall ausl\u00f6sten, nach Grad und Latenz keine Aenderung zu bemerken. Die Compensation zwischen Frequenz und Intensit\u00e4t der Reize konnte nun noch einmal in h\u00f6heren Breiten der Latenzzeit erreicht werden, aber pl\u00f6tzlich sank die","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"263\n412] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\nErregbarkeit rapide : 15 E Int. brauchten zur schwachen Wirkung statt 6 Secunden 16\", ebenso 20 E Int. anstatt 5'' nun 9\" zu spurweisem Reflexe. Danach konnten auch h\u00e4ufige Reize von 20 E, von 50 E und noch gr\u00f6sserer St\u00e4rke keine Bewegung mehr hervorrufen.\nAus dieser Versuchsreihe geht hervor, dass es m\u00f6glich ist, divergirende Effecte von Reizen verschiedener Frequenz und Intensit\u00e4t zu compensiren ; aber es l\u00e4sst sich keine Anweisung daf\u00fcr geben, wie die componirenden 2 Variablen gew\u00e4hlt werden m\u00fcssen, damit constante Latenzzeiten resultiren. Wie wir gesehen haben (Tabelle III), entsprechen in verschiedenen Erm\u00fcdungsstadien gleichen Reiz-Unterschieden oder -Verh\u00e4ltnissen ganz verschiedene Latenz-Di^erenzen oder-Proportionen. Ebenso nehmen bei Einwirkung verschieden frequenter Reize die Latenzzeiten mit schwindender Erregbarkeit in ganz verschiedenem Verh\u00e4ltnisse zu: bei seltenen viel schneller und mehr sprungweise als bei h\u00e4ufigen. Der Reizzuwachs, welcher also beim frischen Pr\u00e4parate gen\u00fcgt, um bestimmten, seltenen Intervallen die Macht h\u00e4ufiger, schw\u00e4cherer Reize zu geben, reicht beim erm\u00fcdeten dazu nicht mehr aus: ein Umstand, der in Fig. 5 deutlich zu Tage tritt und auch in Fig. 6 bemerkbar ist.\nFreilich kann man auch bei wechselnder mittlerer Reizfrequenz Latenzzeiten constanterGr\u00f6sse dadurch sichererreichen, dass man die Reize \u00fcberm\u00e4ssig stark giebt; dann tritt aber stets das Latenzminimum ein. In solchem Falle erf\u00e4hrt man nat\u00fcrlich nichts \u00fcber das Verh\u00e4ltniss der Erregungskr\u00e4fte von Stossinten-sit\u00e4t und Stosszahl. Somit l\u00e4sst sich nach unseren Erfahrungen folgender Satz aufstellen: Durch Variation der Intensit\u00e4t einzelner Stromst\u00f6sse kann die Latenzzeit nur innerhalb enger Grenzen ver\u00e4ndert werden; hingegen bietet dieAbstufung der Reizintervalle ein Mittel, um ausserordentlich grosse Schwankungen in der Dauer latenter Reizung zu erzielen. Daherk\u00f6nnen kleine Latenzdifferenzen, welche durch Tempowechsel veranlasst worden sind, durch Aenderung der Stromintensit\u00e4t ausgeglichen werden, grosse Unterschiede aber nicht.\nUebrigens l\u00e4sst sich die Zeit der Latenz durch Tempowechsel nicht beliebig variiren. Die Stromintensit\u00e4ten, welche f\u00fcr h\u00e4ufige Reize hinreichend sind, bleiben es nicht auch f\u00fcr seltene. Dies haben wir schon bei Betrachtung der Figuren 5 und 7 wahr-","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nDr. William Stirling,\n[413\nnehmen k\u00f6nnen. Die seltneren Reize (anf\u00e4nglich sehr wirksamer Intensit\u00e4t) versagten auch dort bald g\u00e4nzlich, ohne dass zuvor maximale Latenzzeiten erzielt worden w\u00e4ren. Wir mussten die Stromintensit\u00e4t verst\u00e4rken, um den seltneren St\u00f6ssen Erfolg zu verschaffen. \u2014 Je mehr die Reizintervalle vergr\u00f6ssert werden, um so betr\u00e4chtlichere Stromst\u00e4rken sind zum Reflexe n\u00f6thig.\nTabelle V zeigt, wie die Zeiten latenter Reizung mit dem Reizintervalle wachsen ; seltene Reize zur Wirkung bald starke Str\u00f6me erfordern, welche die Erregbarkeit schnell vernichten.\nRuhepausen zwischen den Reizperioden.\t\tRe Intervall Secunden.\tz : St\u00e4rken Einheiten.\tLatenzzeit Secunden.\tZuckungsgrad.\n24 Minuten\t\t0,5\t10\t6\tii\n11\t\u00bb\t0,25\t10\t2,5\tii\n5\t))\t0,5\t10\t/ 5,0\ti\n\t\t\t\t\\ \u00ab\tii\n5\t\u00bb\t0,25\t10\t2,5\tii\n5\t\u00bb\t0,5\t10\t/ 3\ti\n\t\t\t\t\\ *\tii\n9\t\u00bb\t1,0\t10\t. 8\ta\n5\t\u00bb\t1,0\t10\t/ \u00ab\ti\n\t\t\t\t\\1 5\tii\n5\t\u00bb\t1,0\t10\t/ 7\ti\n\t\t\t\t\\1*\tii\n5\t\u00bb\t1,0\t10\t/ 8\tii\n\t\t\t\t\\19\tii\n5\t\u00bb\t1,5\t40\t50\tii\n5\t\u00bb\t1,5\t40\t63\tii\n7\t))\t1,5\t10\t63\tii\n5\t\u00bb\t1,5\t40\too\t\n5\t\u00bb\t1,5\t15\t/ 30\tii\n\t\t\t\t\\90\t0\n5\t))\t1,5\t45\tOO\t\n5\t\u00bb\t1,5\t45\tCO\t\n5\t\u00bb\t0,25\t40-\t40\tI\n\u00e4\t1)\t1,5\t80\t45\tIII\n5\t))\t0,25\t15\t14\tII\n5\t\u00bb\t1,5\t30\tOO\t\n5\t\u00bb\t0,25\t30\t6\tII\n7\t\u00bb\t1,5\t40\tOO\t\nIn dieser Tabelle bedeuten die geklammerten Zahlen die Latenzzeiten der aufeinander folgenden Reflexzuckungen (\u00bbvorl\u00e4ufigen\u00ab und \u00bbendg\u00fcltigen\u00ab) einer Reizperiode.\nEs ist beachtenswerth, dass hier auch die Latenzzeiten f\u00fcr","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"414] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 265\nkleine Intervalle (0,25\"), die anf\u00e4nglich normal kurz sind, nach den Perioden starker Reizung in grossen Intervallen, bei gleicher Reizst\u00e4rke ungew\u00f6hnlich lang werden; erst durch relativ starke Str\u00f6me auf das gew\u00f6hnliche Mafs herabgedr\u00fcckt werden k\u00f6nnen, w\u00e4hrend wir sonst gesehen haben, dass sie sich, trotz eingeschobener grosser Latenzen, bei wenig ver\u00e4nderter Strominten-sil\u00e4t, auf ziemlich gleichem Niveau erhalten.\nJe distanter die Reize gew\u00e4hlt werden, in desto fr\u00fcheren Erm\u00fcdungsstadien werden sie g\u00e4nzlich unwirksam. Inductions-schl\u00e4ge (Schliessung und Oeffnung), die im Intervall 2^5\" folgten, habe ich nur einige Male wirksam gesehen, als wir bei frischem Pr\u00e4parate sehr hohe Reizst\u00e4rken anwendeten. Die Dauer der latenten Reizung war sogar in solchem Falle, welchen die folgende Tabelle VI demonstrirt, sehr kurz, als der Pfote sogleich im Reginn des Experimentes die st\u00e4rkeren Schl\u00e4ge zugef\u00fchrt wurden. Schnell aber erlosch die Empfindlichkeit gegen die seltenen Reize, dann gradatim gegen immer h\u00e4ufigere. Die ausserordentlich intensiven Schl\u00e4ge liessen auch beim fast abgestorbenen Pr\u00e4parate keine langen Latenzzeiten zu. Pl\u00f6tzlich, nachdem eine doppelte Ruhezeit (2\") noch eine Zuckung kleiner Latenz auf Reize von Intervall 0,5\"\u2019erm\u00f6glicht hatte, war die Erregbarkeit g\u00e4nzlich erloschen: auch gegen das sonst unfehlbare Kneipen.\nTabelle VI zeigt, wie sehr seltene Reize nur bei ausserordentlichen Stromst\u00e4rken vom frischen Pr\u00e4parate Reflexe ausl\u00f6sen, bald unwirksam werden; und wie mit sinkender Erregbarkeit immer kleinere Reizintervalle versagen.\nBuhepausen Minuten. .\tBe Intervall Sectinden.\tiz : St\u00e4rken Einheiten.\tLatenzzeit Secunden.\tZuckungsgrad.\n38\t2,5\t1000\t5,0\tm\n1\t2,5\t100\u00d6\too\t\n1\t2,0\t1000\too\t\n2\t2,0\t1000\t[25,5\ti\n\t\t\t\u25a0{48\ti\n\t\t\t[58\tii\n1\t1,5\t1000\t10,0\tin\n1\t1,5\t1000\t36,0\tii\nI\t1,5\t1000\t12,0\tui\n1\t1,5\t1000\t18,0\tin\n1\t2,0\t1000\t(46,0\ti\n\t\t\t[66,0\tii\n1\t2,0\t1000\t35,5\tl","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nDr. William Stirling,\n[415\nRuhepausen Minuten.\tRe Intervall Secunden.\tiz : St\u00e4rken Einheiten.\tLatenzzeit Secunden.\tZuckungsgrad.\n1\t1,5\t1000\t7,5\tui\n1\t1,5\t1000\t18,0\tii\n1\t1,5\tiooo\t16,5\tui\n1\t2,0\t1000\t64,0\tui\n1\t2,0\t1000\t42,5,\tin\n1\t2,0\t1000\t49,0\tui\n3\t1,5\t1000\t19,0\tin\n1\t1,5\t1000\t18,75\tm\ni\t1,5\t1000\t21,0\tui\n1\t1,5\t1000\t36,0\tii\n1\t1,5\t1000\t40,5\tii\nI\t1,5\t1000\t26,0\tin\n1\t1,5\t1000\t53,75\ti\n1\t1,5\t1000\tOO\t\n3\t1,5\t1000\tCO\t\n1\t1,0\t1000\t10,0\tii\n1\t1,0\t1000\t11,0\tii\n1\t1,0\t1000\t14,0\ti\n1\t1,0\t1000\t16,0\tii\n1\t1,0\t1000\tOO\t\n10\t0,5\t1000\t8,5\tii\n1\t0,5\t1000\t8,0\tii\n1\t0,5\t1000\t8,5\tii\n1\t0,5\t1000\t9,0\ti\n1\t0,5\t1000\t10,0\ti\n1\t0,5\t1000 Kneipen\tCO\tii\n2\t0.5\t1000\t11,5\t\n1\t0,5\t1000 Kneipen\tCO\t0\nIn einem anderen Falle, wo die Schl\u00e4ge in 2,5\" Intervall 900 E 1 Minute lang ohne Effect den Schenkel eines frischen Pr\u00e4parates getroffen hatten, vermochten nunmehr 1000 Einheiten erst nach 40 Secunden latenter Reizung schwachen Reflex zu erzeugen, darauf bei umgekehrter Stromesrichtung eine schwache Zuckung nach 17, 15\" Latenz. Hiernach war aber selbst das Intervall 2,0\" fast g\u00e4nzlich ohnm\u00e4chtig ; erst Reize, die alle Secunden folgten erzielten einige prompte Reflexe nach kurzen Latenzzeiten. Nach einigen Reizperiodqn aber waren auch Schl\u00e4ge vom Intervall 0,5\" nicht mehr zuverl\u00e4ssig, und unaufhaltsam starb das Pr\u00e4parat ab.\nEs wirken also starke Reize sehr schnell delet\u00e4r, auch ohne sichtbare Reflexe auszul\u00f6sen. Wir werden bald sehen, dass auch untermaximale Schl\u00e4ge d. h. solche, die bei mittleren Reizinter-","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"416] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 267\nvallen f\u00fcr den Reflex noch gen\u00fcgen, bei grossen aber nicht, die Erregbarkeit stark herabsetzen. Es beruht hierin ein wesentlicher Unterschied von dem Verhalten der quergestreiften Muskeln, bei welchen Kronecker den eigenth\u00fcmlichen Umstand bemerkt hat \u00bbdass schw\u00e4chere Reize, wenn sie keinen erheblichen Effect mehr haben, nicht erm\u00fcden, wie es maximale Reize thun auch ohne mechanische Wirkung zu \u00e4ussern, dass der mit unwirksamen Reizen behandelte Muskel sich fast wie ein ruhender verhalte.\u00ab1)\nSo erkennen wir, dass die aufeinanderfolgenden Reize im Pr\u00e4parate zwei entgegengesetzte Ziele anstreben : die Rewegung auszul\u00f6sen und das Leben zu vernichten. Nun scheint diese sch\u00e4dliche Kraft nur den intensiven Reizen in hohem Grade zuzukommen; die Bewegung aber wird, wie wir gesehen haben, besser gef\u00f6rdert durch Wiederholung der Sl\u00f6sse, als durch Verst\u00e4rkung derselben. Bei den seltenen Reizen, welche starke Str\u00f6me erfordern, um \u00fcberhaupt wirksam zu werden, ist daher der sch\u00e4digende Einfluss merklicher, als bei frequenter Stromfolge.\nWie haben wir uns die Summation der Bewegungen vorzustellen?\nEinige wichtige Aufschl\u00fcsse k\u00f6nnen wir, wie ich glaube dar\u00fcber gewinnen, wenn wir die schon erw\u00e4hnten Erscheinungen der \u00bbvorl\u00e4ufigen Reflexe\u00ab betrachten.\nT\u00fcrck sagt in seiner schon wiederholt erw\u00e4hnten Arbeit2) \u00bbSehr h\u00e4ufig erfolgt eine kr\u00e4ftige Streck- und Beugebewegung der in die S\u00e4ure getauchten Extremit\u00e4t (des Frosches) nicht pl\u00f6tzlich, sondern es gehen ihr erst geringe , langsame Bewegungen voraus.\u00ab \u00bbEs wurden dadurch f\u00fcr jede Hinlerextremit\u00e4t zwei Ziffern erhalten z. B. 12\u201417 Secunden Latenz an der normalen, 7\u201412 an der hyper\u00e4sthetischen.\n1)\tArb. aus d. physiol. Anstalt zu Leipzig 4871 S. 261.\nDie von Funke (Pfl\u00fcgers Archiv f. Physiologie Bd. VIII. S. 247) bemerkte Abweichung ist nur eine scheinbare. Die Schliessungsinductions-schl\u00e4ge, welche daselbst mit den zugeh\u00f6rigen Oeffnungsschl\u00e4gen als gleich-wertbig maximal angesehen werden, waren eben nicht maximale, wie sich daraus ergiebt, dass sie fr\u00fcher unwirksam werden, als die letzteren und wohl auch schon anfangs kleine H\u00f6hendifferenzen zeigen. Die in Fig. 22 (a) (Tafel III) als Beispiel facsimilirte Schliessungszuckung ist von der dazu geh\u00f6rigen Oeffnungszuckung der H\u00f6he nach relativ mehr verschieden, wie die von Kronecker (1. c. S. 260 Fig. 30) als maximal und untermaximal bezeichneten Zuckungen.\n2)\t1. c. Separatabz. S. 3.","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nDr. William Stirling,\n[417\nSanders-Ezn *) bespricht \u00bbdie Wiederholung derselben Bewegung bei anhaltender (chemischer) Reizung\u00ab in einem besonderen Capitel. Er findet zwischen dem ersten und zweiten Erscheinen derselben Muskelbewregung stets eine deutlich wahrnehmbare Pause, welche um so k\u00fcrzer w\u00e4hrt, je gr\u00f6sser die Reizbarkeit ist. \u00bbDieses abwechselnde Verschwinden und Erscheinen einer Bewegung zeigt an, dass der Reiz, obwohl er continuirlich besteht, dennoch nur periodisch seine ausl\u00f6sende Wirkung \u00e4ussert.\u00ab Er beobachtete \u00f6fter, dass wenn zwei gleiche, schw\u00e4chere Reize kurz nach einander applicirt wurden, die auf den letzteren folgende Bewegung energischer war als diejenige, welche nach dem ersteren Reiz auftrat. Als die wahrscheinlichste Erkl\u00e4rung daf\u00fcr h\u00e4lt er : \u00bbdass die vom ersteren Reiz disponibel gemachten Kr\u00e4fte bei der darauf folgenden Bewegung nur theil\u2014 weise ausgel\u00f6st wurden, w\u00e4hrend der restirende Theil sich zu denjenigen Kr\u00e4ften summirte, welche durch den zweiten Reiz disponibel wurden.\u00ab\nEine analoge Erscheinung hatte Eduard Weber beobachtet,1 2) als er die Wechselstr\u00f6me des elektromagnetischen Rotationsapparates durch einen Froschunterschenkel schickte, welcher nur durch den Ischiadicus mit dem Rumpfe in Verbindung war. Weber fand (wie am Eing\u00e4nge dieser Arbeit berichtet ist) dass eine namhafte Zeit verging, ehe die Bewegungen erfolgten, \u00bbdass ferner, ungeachtet die Einwirkung des Rotationsapparates ununterbrochen fortdauerte, die Muskelbewegungen vor\u00fcbergingen, Pausen zwischen sich Hessen, und wieder kamen, als ob das Thier wirkliche Anstrengungen machte, dass endlich auch nicht immer dieselben Muskeln in Bewegung geriethen.\u00ab\nAehnliche Eigenth\u00fcmlichkeiten haben Setschenow sowie Nothnagel 3) bei elektr. Reizung des centralen Ischiadicusstumpfes bemerkt. \u2014 Bei schwacher Reizung mit tetanisirenden Str\u00f6men des Schlitteninductorium sah S. sogleich nach dem Beginne nur eine einzige fl\u00fcchtige Bewegung der vorderen Extremit\u00e4ten, oder hierauf noch eine Reihe Secundenlang w\u00e4hrender, zitternder Zuckungen ; danach Ruhe. Mittelstarke Reizung gab sogleich an beiden vorderen Extremit\u00e4ten starke Bewegung, welche sodann\n1)\tArb. aus der physiol. Anstalt zu Leipzig 1867 S. 29.\n2)\tArt. Muskelbewegung, Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie Bd. III. Abth. II. 1846. S. 19.\n3)\tZur Lehre vom klonischen Krampf. Virchow\u2019s Arch. Bd. 49. S. 276.","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"418] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 269\neinen tetanischen Charakter annahm, um nach einigen Secunden, wie im vorigen Falle, absoluter Ruhe Platz zu geben. \u00bbDauert die Reizung nichts desto weniger weiter, so sieht man nach Verlauf einiger Zeit (manchmal nach 1\u20142 Minuten) eine tetanische Welle in den K\u00f6rper des Frosches hereinbrechen, welche gew\u00f6hnlich an den Resten der Femoralmuskeln der gereizten Seite beginnt, sich von hier aus auf die Rauchmuskeln und die anderen Extremit\u00e4ten fortpflanzt und in Form eines starken, andauernden Strecktetanus endet. Sp\u00e4ter folgen dann ungeordnete Bewegungen.\u00ab \u00bbBei starker Reizung wird die erste Rewegungsphase \u00fcbergangen. Anstatt ihrer sieht man h\u00f6chst unbedeutende Bewegung in den Extremit\u00e4ten mit nachfolgender Ruhe von einigen Secunden, oder ein sofortiges Auftreten der zweiten Bewegungsphase in Form einer tetanischen Hebung der Extremit\u00e4ten mit nachfolgendem Strecktetanus.\u00ab Setschenow erkl\u00e4rt die Ruhe nach dem ersten Anfall f\u00fcr eine Hemmungserscheinung, hervorgerufen durch den starken Reiz : denn wenn die Reizung des Nerven im Anf\u00e4nge der Ruheperiode unterbrochen wird, so bekommt man immer als Nachwirkung eine (manchmal sogar sehr starke) tetanische Streckung der Arme.\nEinen Fortschritt in der Analyse des Vorgangs der Summation machte Setschenow durch Reizung des centralen Ischiadicus-stumpfes mit einzelnen elektrischen Schl\u00e4gen. Er sagt1) \u00bbunterbricht man constante galvanische Str\u00f6me (welche zu schwach sind, als dass Schliessung und Oeffnung derselben einzeln zu wirken vermochte), beispielsweise 60 Mal in 1 Minute, so tritt nach einiger Unterbrechung die erste Zuckung noch schwach und in einer beschr\u00e4nkten Anzahl von Muskeln ein, die zweite, dritte u. S. w. werden immer st\u00e4rker und ausgebreiteter, bis endlich eine Bewegung der ganzen Extremit\u00e4t zu Stande kommt, aber auch jetzt sieht man dennoch oft eine jede Stromesschwankung durch eine Zuckung der in der Bewegung begriffenen Extremit\u00e4t beantwortet.\nIn keiner der besprochenen Arbeiten finden sich genauere Angaben \u00fcber das zeitliche Verh\u00e4ltniss, in welchem die w\u00e4hrend einer Reizperiode ausgel\u00f6sten Reflexe zu einander stehen.\nDie Tabelle II (S. 235) dieser Abhandlung f\u00fchrt schon einige Werthe auf, welche bei m\u00e4ssiger Reizfrequenz (|\") ein ziemlich\n1) I. c. S. 11.","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nDr. William Stirling,\n[419\nschnelles Anwachsen der Latenzzeiten, der vorl\u00e4ufigen, wie der endg\u00fcltigen Reflexe zeigen. DurchFig. 4 ist sodann eine Versuchsreihe dargestellt, wo in jeder Reizperiode die vorl\u00e4ufigen Reflexe aufgetreten sind. Die charakteristische Curve dieser Latenzzeiten, welche ich dort nicht besprochen habe, sei hier noch einmal wiedergegeben.\nFig. 4.\nSecunden Latenz.\n. \u25a0 i\n13 Min. Ruhe\nDas Reflexpr\u00e4parat reizen Schliessungsinductionsschl\u00e4ge von 20 E Intensit\u00e4t in 1|2\u201c Intervall. Die Reizperioden folgen einander in Pausen von 3 Minuten, abwechselnd in absteigender (|) und aufsteigender (|) Stromesrichtung. Die Abscissenstriche markiren Reizperioden. Die Ordinatenmarken je 5 Secunden latenter Reizung. Die untere Curve bezeichnet die Latenzzeiten vorl\u00e4ufiger (schwacher) reflectoriseher Zuckung, die obere verbindet die Puncte endg\u00fcltiger (starker) Erregung.\nDer Verlauf der unteren Curve weicht in auffallender Weise von demjenigen der oberen ab. W\u00e4hrend diese durch ihre grossen Zacken anzeigt, dass die Latenzen f\u00fcr die absteigenden Str\u00f6me schnell zu sehr grossen Werthen anwachsen, halten sich die Latenzen der vorl\u00e4ufigen Reflexe in engen Grenzen (3\"\u20148\"), obwohl auch hier eine geringere Wirkung der absteigenden Str\u00f6me merklich ist. Uebrigens hatten in dieser Versuchsreihe die vorl\u00e4ufigen Reflexe eine eigenth\u00fcmliche Form. Es waren nicht schnell vor\u00fcbergehende Zuckungen, sondern leichte aber andauernde Hebungen des Fusses, welche ganz allm\u00e4hlich wuchsen, zu welcher sich dann schwache Kniebeugungen gesellten, bis pl\u00f6tzlich die Reuger am Fuss, Unterschenkel und Oberschenkel stark contrahirt wurden, wonach gew\u00f6hnlich die Reizfolge abgebrochen wurde und der Schenkel pl\u00f6tzlich in die Ruhe-","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"420]\nDr. William Stirling,\n271\nJage zur\u00fcck sank. In vielen Versuchen dieser Reihe, wo die Reizung sehr lange dauern musste, bevor es zum endg\u00fcltigen starken Reflexe kam, wich die schwache tonische Contraction einzelnen, kleinen, in langen unregelm\u00e4ssigen Pausen folgenden Zuckungen (deren Latenzen in Figur 4 nicht markirt sind), zwischen denen die vom Trittbretthebel gezeichnete Curve wieder mit der Abscissenlinie sich vereinigte. Diesen Tonus, welcher an den von E. Cyon ') vertheidigten erinnert] habe ich in einigen Experimenten bei Reizung der Haut mit seltneren Inductions-schl\u00e4gen beobachtet, mehreremals auch w\u00e4hrend tetanisirende Str\u00f6me den Schenkel trafen. In der Regel aber blieben die vorl\u00e4ufigen Reflexe von einander und vom definitiven getrennt. Ihr Verlauf ist zuweilen flach, meist aber steil auf- und absteigend. Der zeitlichen Folge nach treten zweierlei wesentlich verschiedene Arten auf: 1) in gr\u00f6sseren regelm\u00e4ssigen oder unregelm\u00e4ssigen Pausen, meist derart, dass alle vorl\u00e4ufigen Zuckungen klein sind (Grad 1), oder dass die sp\u00e4teren gr\u00f6sser sind als die ersten, 2) (nach k\u00fcrzerer oder l\u00e4ngerer Latenz) in Intervallen, welche mit allen Reizen, oder wenn diese ungleich stark, mit den st\u00e4rkeren isarithmisch sind. Diese vorl\u00e4ufigen Zuckungen sind fast immer 1sten Grades.\nVon der ersten Art giebt folgendes Facsimile Fig. 9 eine Probe.\nFig. 9.\nJ I . I .1 1-1 !.. i-U-1 i-i-J. 1 I I \u25a0 j, I ,1 1\u2014,I L-t -I t\u2014L u. I I l I \u25a0> I. I 1 \u25a0\u00bb -J\u2014u-1 \u00bb .. 1- 1 I \u25a0 1 I I 1\n15 E y Int.\nDer Schenkel eines Reflexfroschpr\u00e4rarates mit 5 Gramm belastet nnd an den Zeichenhebel gebunden, durch Wechselinductionsstr\u00f6me von 15 E Intens., im Intervall v. gereizt, schreibt seine Hebungen auf die oberste Linie des unendlichen Papieres.\nDie mittlere durch den Nebenschl\u00fcssel gezogene Linie wird nach oben geknickt, sobald der Reiz dem Schenkel zugeleitet, und nach unten, wenn er abgeleitet wird. Auf der untersten Linie sind Secunden markirt.\n1) Pfl\u00fcger\u2019s Archiv Bd. VIII. 1874. S. 348.","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nDr. William Stirling\n[421\nHier folgte 3,5\" nach Beginn der Reizung die erste kleine Pfotenhebung, dieser nach 6\" eine wenig st\u00e4rkere, dann nach Pausen\nvon 9\" und 20\" je eine vereinzelte schw\u00e4chere, endlich nach 48\" Latenz eine starke Hebung des ganzen 'Schenkels (Zuckungsgrad III).\nNach kurzer Ruhe vermochte dieser Schenkel auf h\u00e4ufigere Reize (*!\" Intervall) derselben St\u00e4rke nach 4\" Latenz miteiner hohen Zuckung zu antworten, welcher auch bei anhaltendem Reize keine mehr folgten.\nBis zu welchem Grade aber in erregbarem Pr\u00e4parate eine seltene Folge schwacher Reize sich zu steigern vermag, zeigt die facsi-milirte Fig. 10, die wegen absonderlicher L\u00e4nge der Originalcurve in abgebrochenen St\u00fccken hat dargestellt werden m\u00fcssen.\nWir sehen, dass bis zur ersten vorl\u00e4ufigen Zuckung (Grad 1) 57 Secunden lange Reizung erforderlich gewesen ist; von da ab bis zur zweiten fernere 33\" w\u00e4hrende Schlagfolge , sodann bis zur dritten eine Reizdauer von 18\", hierauf bis zur\n\u25a0I ^\n13\nW\nfl o\nHl \u00a9\n^ m\n.2 ^\nH \u00a9\n\u00ae \u25a0*\u00bb \u00f6N1\nS .2 \u00a7 Q \u00bb\nfl j\u00a9 &D r\u00a9 \u00ab8 0 \u00a3 2 \u00d6O CQ\na \u00a3 g \u00a7 3 te\n% \u00ae S\n\u00ae .2\n-d \u201c=3 a 2 h\n* g s\nffl n\n'S -\u00ab \u00ab\n\u00a9 'O ^ \u00a9\n\u00ae\t\u00a9 rr}\n\u00ab\u25a0si\n\u2018C \u00a9 M\n\u00a9 bb cj-\u00a9 \u00ae 2 TS \u00a9\n. \u00a9\n\u201c g s, \u00bb\u25a02 \u25a0\u00a7 g\n\u00a3 \u00a9 n a .3\nV\u00ae a\nN \u00a9\n*43 \u00a9 .-2\nM \u25a0+* d\n\u00a9 fl\n\u2019s a1\nC-! I\n\u00a9\t3\n\u25a0g f\u00f6 3 h S d\n\u2022S4 \u00a9 73\nS3 3\n\u00a9 g ^ \u00ab \u00a9\n\u00a9 33\n\u00ae .pH\n\u00bb\u00d6 s \u00a9\nfl\u00ab\n\u00a9\n35 \u2022\n02 .2 S |\nA","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"422] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 273\niten 43\" Erregungszeit. Nach ferneren 27 Reizsecunden macht der Schenkel eine Reihe heftiger Hebungen und Senkungen, und kommt, auch nachdem der Reiz aufgeh\u00f6rt hat, nicht sogleich zur Ruhe.\nWird nach so heftiger Entladung weiter gereizt, so bleibt auch ein erregbarer Schenkel bei massiger Reizintensit\u00e4t und Frequenz l\u00e4ngere Zeit in Ruhe. Dann kann es zu neuer, vielleicht auch starker, aber wohl kaum nochmals zu krampfartig wiederholter Entladung kommen. So gab z. B. der Schenkel welcher das Original von Fig. 10 geschrieben hatte, sp\u00e4ter, durch Str\u00f6me von 10 E Int. erregt, nach 2,5\" Latenz einen starken Reflexkrampf von 8,5\" Dauer, dann blieb der fortwirkende Reiz 35\" latent, brachte aber nun eine Zuckung vom Grad III hervor, sodann jedoch w\u00e4hrend 2 Minuten langer Reizung nicht mehr. Dabei war der Schenkel keineswegs abgestorben, denn leichte mechanische Reizung weckte noch gegen Ende dieser Erregungsperiode starken Reflex. Ebenso war nach Ruhe von einigen Minuten der gleiche Reiz f\u00e4hig, binnen 1,5\" wiederholte hohe Zuckungen (Grad IV) zu veranlassen ; hiermit war aber die Beweglichkeit f\u00fcr die ganze \u00fcbrige Reizzeit von fast 3 Minuten ersch\u00f6pft. Ruhe von 6 Min. gab dem Schenkel hohe und prompte Erregbarkeit zur\u00fcck. \u2014 Es bedarf aber nicht einmal der minutenlangen Ruhe. Auch 10\" schafften dem Pr\u00e4parate einen hohen Grad seiner Reflexf\u00e4higkeit wieder. Hierdurch wird bewiesen, worauf ich schon oben (S. 267) hingedeutet habe: dass auch untermaximale Reize das Reflexpr\u00e4parat erm\u00fcden. Zur Erholung braucht man aber nur sehr kurze Zeit.\nWas von denjenigen Reflexen berichtet worden ist, die auf den elektrisirten Schenkel beschr\u00e4nkt bleiben, gilt auch f\u00fcr die auf den zweiten Schenkel ausgebreiteten, welche nach intensiver oder l\u00e4ngerer Reizung einer Hautstelle entstehen.\nWird ein Schenkel schwach erregt, sei es, dass schwache Reize ihn treffen, oder dass seine Reizbarkeit abgenommen hat, so bleibt nicht nur seine Erregung l\u00e4nger latent, sondern sie pflanzt sich auch nicht mehr auf den anderen Schenkel fort. Zumal macht sich diese Eigenth\u00fcmlichkeit geltend, wo nach einer vorl\u00e4ufigen Anfangszuckung eine zweite folgt. \u2014 Wenn die zweite st\u00e4rker ist, so beginnt nun der andere Schenkel mit dem ersten die starke Bewegung. Hat aber l\u00e4ngere Reizung f\u00fcr den ersten keinen Effect, so bleibt auch der zweite ruhig. Schreitet die\n18","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nDr. William Stirling,\n[423\nErm\u00fcdung weiter fort, so nimmt auch an der starken zweiten Contraction der andere Schenkel nicht Theil. Aber es kann auch im vorger\u00fcckten Erm\u00fcdungsstadium nach l\u00e4ngerer Latenz noch eine starke wiederholte Zuckung beider Schenkel zu Stande kommen. Hierauf haben die nerv\u00f6sen Centren in gr\u00f6sserer Ausdehnung ihre Erregbarkeit zeitweilig oder unwiederbringlich eingeb\u00fcsst.\nK\u00f6nnte man nun den Reiz vielleicht so wirken lassen, dass sich seine bewegende Kraft summire, nicht aber sein sch\u00e4dlicher Effect? Es scheint dieses Postulat eine Contradictio in adjecto zu involviren. Denn wenn die Bewegung von Reiz zu Reiz geh\u00e4uft wird und nur die ausgel\u00f6ste Bewegung, nicht das ausl\u00f6sende Moment erm\u00fcdet, so d\u00fcrfte nur in dem Mafse, als die interne Th\u00e4tigkeit w\u00e4chst, auch die Ersch\u00f6pfung zunehmen. Wenn man dagegen die Reflexentladungen als resultirende Effecte von unabh\u00e4ngigen , widerstreitenden Kr\u00e4ften : beschleunigenden und hemmenden ansieht, so st\u00e4nde nichts im Wege, sich vorzustellen, dass bei einer gewissen Reizfolge die Hemmungen sich nur in verschwindender Weise zu sammeln im Stande w'\u00e4ren, indessen die Bewegungsimpulse die Intervalle gut \u00fcberdauerten : es k\u00f6nnte durch passend geordnete Pausen den anregenden Nerven noch die kleine Erholungszeit gew\u00e4hrt werden, welche den hemmenden nicht gen\u00fcgt. Nach den fr\u00fcheren Er\u00f6rterungen d\u00fcrfte man daran zweifeln, dass eine Reizfolge existire, bei der die Nachwirkung der St\u00f6sse \u00fcber eine ganz kurze Zeit dauert. Das m\u00f6glich gr\u00f6sste Reizintervall habe ich ja mit 2,5\" bezeichnet, und bei dieser Gelegenheit grade hervorgehoben, dass Reize, welche so seltene Folge vertragen, ohne ihren nachhaltigen Effect einzub\u00fcssen, sehr stark sein m\u00fcssen, und in Folge dessen die Erregbarkeit schnell vernichten. Nun hatten wir aber aus eignen und anderer Forscher Erfahrungen ersehen, dass heftige Reflexkr\u00e4mpfe den Reiz \u00fcberdauern, zuweilen in erheblichem Grade. Es schien also, dass zu betr\u00e4chtlicher Intensit\u00e4t gesteigerte interne Bewegungen l\u00e4nger nachwirken, als einzelne St\u00f6sse.\nEs musste also m\u00f6glich sein, gewissermafsen Summen zu summiren; solche mussten gr\u00f6ssere Reizintervalle vertragen, ln der That ist es uns gelungen, bis \u00fcber 12 Secunden Ruhezeit hinaus die Nachwirkung der reflectorischen Erregung sichtbar zu machen. Das tr\u00e4ge Pr\u00e4parat brauchte starke Reize : 1000 Ein-","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"424] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 275\nheiten im Intervall . Die kleine Versuchsreihe ordnet sich am bequemsten wieder tabellarisch :\n\t-\tDauer der\t\t\t-\nRuhepause,\tlatenten\tReizungs-\tganzen Con-\tnach dem Reizende bleibenden\tMaximale H\u00f6he\n\tReizung,\tPeriode,\ttraction,\tContraction,\tder Curve.\n\t1,0\"\t10,5\"\t12,0\"\t2,5\"\t12,0 Millm.\n12,5\"\t2,0\"\t8,0\"\t8,0\"\t2,0\"\t9,0\t\u00bb\n10,0\"\t2,2\"\t6,0\"\t6,2\"\t2,4\"\t5,0\t\u00bb\n11,0\"\t2,3\"\t6,0\"\t6,0\"\t2,7\"\t6,0 \u00bb\n42,5\"\t2,5\"\t6,0\"\t6,0\"\t2,5\"\t5,5\t\u00bb\n10,3\"\t2,0\"\t7,0\"\t4,2\"\t0\t57,0\t\u00bb\n12,0\"\t3,0\"\t13,5\"\t10,0\"\t0\t2,0 \u00bb\nSo h\u00e4uften sich die Erregungen von Periode zu Periode, ohne dass die H\u00f6he der vorl\u00e4ufigen Zuckungen etwa zugenommen h\u00e4tte, oder auch die L\u00e4nge der sichtbaren Nachwirkung betr\u00e4chtlich gewachsen w\u00e4re. Nach der starken Entladung aber wraren \u00fcberhaupt nur noch ein paar kleine Reflexe zu erzwingen. Man darf daher kaum zu der Annahme seine Zuflucht nehmen, dass in diesem Falle nicht die Erregung, sondern nur die Erregbarkeit durch die Reize gesteigert worden sei. Es ist kaum zu glauben, dass so ausserordentlich starke Reize, welche das Pr\u00e4parat bald abzut\u00f6dten im Stande sind, die Erregbarkeit zuvor noch gesteigert haben sollten. Es ist wohl am wahrscheinlichsten, \u2022dass von den zun\u00e4chst erregten nerv\u00f6sen Centrallheilen aus benachbarte in Mitschwingung versetzt werden, und diese Bewegung, wenn der \u00e4ussere Anstoss fortdauert, immer weiter geht (daher die Reflexe sich ausbreiten). Wenn schon eine grosse Masse in'Schwingung gerathen ist, kann auch der prim\u00e4re Impuls kurze Zeit entbehrt werden, ohne dass sogleich Alles in Stillstand ger\u00e4th. Die kr\u00e4ftigen neuen Anst\u00f6sse, welche nach mehreren Ruhesecunden die etwas erholten Nervenenden treffen, verm\u00f6gen dem ganzen System die zuvor erreichte Amplitude wieder zu geben, dann sie zu vergr\u00f6ssern. In gleichm\u00e4ssigen, l\u00e4ngeren (2\"\u20142,5\") Intervallen folgende, einzelne, starke Reize dagegen verschwenden ihre Kr\u00e4fte. Die Vibrationen, welche durch die einzelnen Impulse geweckt werden, bewahren nicht lange ihre Intensit\u00e4t und bleiben local. Nur schwer gelingt es daher seltenen St\u00f6ssen, den kleinen Rest so zu vergr\u00f6ssern, dass es zu ausgebreiteten Bewegungen kommt, w\u00e4hrend durch h\u00e4ufige Reize (z. B. \u00a3\") nur massiger St\u00e4rke das Pr\u00e4parat nicht selten sogar zu den complicirten schein-","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\tDr. William Stirling,\t[425\nbar zweckm\u00e4ssigen Wischbewegungen gebracht wird, wie sie bei chemischen Reizen so auffallend sind.\nDie starken Reize erm\u00fcden besonders die peripheren Nerven und so wird auch der von diesen ausgehende Stoss schw\u00e4cher. Daher kommt es, dass vorl\u00e4ufige Reflexe h\u00e4ufig zu den Zeiten ausbleiben, wo sie nach Analogie vorhergehender und folgender Reizperioden eingetreten sein sollten (vergl. Fig. 5 und 6 S. 256 und 258). Eine geringe Schw\u00e4chung des Inductions-stromes oder der Sensibilit\u00e4t der Nerven gen\u00fcgt, um den Reiz von der meist nur knapp erreichten Schwelle zur\u00fcckzuhalten. Im Gegentheil vermag oft eine ganz schwache H\u00fclfe, zuweilen sogar leise Ber\u00fchrung (mit Pinsel oder Finger) w\u00e4hrend der elektrischen Reizung einen Reflex auszul\u00f6sen. Die zuweilen scheinbar spontan auftretenden Bewegungen des Reflexpr\u00e4parates habe ich schon fr\u00fcher (S. 238) als Summationszuckungen zu deuten versucht. \u2014\nDie Hemmungshypothese erscheint mir daher f\u00fcr die hier betrachteten Vorg\u00e4nge entbehrlich.\nAls zweite Kategorie von vorl\u00e4ufigen Reflexen habe ich oben die regelm\u00e4ssigen mit den st\u00e4rkeren Reizen isarithmischen Zuckungen angef\u00fchrt. Sie treten sehr h\u00e4ufig auf, zumal wenn die Haut mit m\u00e4ssig frequenten und intensiven Schl\u00e4gen gereizt wird. Ihre Gr\u00f6sse ist meist sehr gering, zuweilen aber auch recht bedeutend. Es macht gew\u00f6hnlich den Eindruck, als ob die Pfote durch directe Reizung ihrer Muskeln bewegt w\u00fcrde; aber man kann sich bei genauerer Pr\u00fcfung davon \u00fcberzeugen, dass auch diese Contractionen reflectorische sind ; denn bei erm\u00fcdeten Pr\u00e4paraten treten sie erst nach merklicher, zuweilen nach langer Latenz auf, und wechseln h\u00e4ufig periodisch ihre St\u00e4rke: eine Erscheinung die wir bald n\u00e4her w\u00fcrdigen werden.\nEs ist daher die (S. 229 schon erw\u00e4hnte) Besorgniss des Herrn Meihuizen, man werde bei elektrischer Reizung der unversehrten Haut directe und Reflexzuckungen nicht unterscheiden k\u00f6nnen auch f\u00fcr diesen Fall der rhythmischen vorl\u00e4ufigen Reflexe unn\u00f6thig. Sehr starke Reise wirken nat\u00fcrlich auch auf die tiefere Musculatur. Wenn die Reflexerregbarkeit dem Erl\u00f6schen nahe war, sahen wir h\u00e4ufig die starken Str\u00f6me durch eine Streckung der Pfote beantwortet. In einigen F\u00e4llen war auch diese Bewegung unzweifelhaft als reflectorische anzusprechen denn sie trat nach l\u00e4ngerer Latenz ein und w\u2019ar auch durch","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"426] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\n277\nKneipen der Zehen desselben oder des anderen Fasses zu wecken. Aber auch nach g\u00e4nzlicher Reflexersch\u00f6pfung streckte sich die durch starke Str\u00f6me gereizte Pfote, spreizten sich die Zehen; unzweifelhaft in Folge von directer Muskelreizung.\nDie vorl\u00e4ufigen rhythmischen Reflexe haben wir sowohl mit dem (S. 229) beschriebenen Apparate, als auch, der besseren Uebersicht wegen, an dem Cylinderkymographion beobachtet. Hier war es uns m\u00f6glich, Reihen von nahe 1 00 Reflexversuchen auf ein Rlatt zu vereinigen. Da mussten wir aber auf Raum-ersparniss bedacht sein und haben deswegen den Zeichenhebel zwischen eine Hemmung geschlossen, welche ihm nur kleine Excursionen erlaubte. Die Pfotenbewegungen unterscheiden sich hier von den Schenkelhebungen wesentlich durch ihre Fl\u00fcchtigkeit. Der Zuckungsgrad wurde \u00fcbrigens an die betreffende Curven-stelle w\u00e4hrend des Experimentes notirt. Die folgende Figur 11a und 11b, (welche um der Raumvertheilung willen in 2 St\u00fccke zerlegt ist) giebl Reispiele von so registrirten Curvenst\u00fccken.\nFig. Ha.\nFig. 11b.\n35 E\nDie Pfote des aufgeh\u00e4ngten Reflexpr\u00e4parates ruht auf dem nur in engen Grenzen beweglichen Zeichenhebel. Dieser zieht die oberste Linie (in der Figur von links nach rechts) gradlinig, solange er in Ruhe ist, wellig, wenn er durch Pfote und Gegengewicht rhythmisch ah- und aufgedr\u00fcckt wird. Die Mittellinie bezeichnet durch hohen Verlauf, dass die Haut mit Inductionsschl\u00e4gen von 35 Einheiten in Intervall gereizt wurde; durch tiefen, dass die Reize abgeblendet waren. Die unterste Linie markirt Secunden,\nin halbe getheilt.\n\u2022Fig. 11a giebt benachbarte Ourvenst\u00fccke, die fr\u00fcheren Erm\u00fcdungsstadien zugeh\u00f6ren, Fig. 11b solche aus etwas sp\u00e4teren wieder.\nDie kleinen Verh\u00e4ltnisse der Zuckungscurven verlangen genaue Retrachtung, um die Details erkennen zu lassen. Aber schon bei fl\u00fcchtiger Ansicht der 2 Figuren bemerkt man, dass in den herausgegriffenen F\u00e4llen nach latenter Reizung von 0,2 bis 0,6 Secunden die rhythmischen Reflexe begannen, und nach","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nDr. William Stirling,\n[427\neiner Gesammtlatenz von 1,3\"\u2014 1,8\" in die endg\u00fcltige Schenkelhebung \u00fcbergingen, so dass nun der befreite Hebel in ein klein wenig h\u00f6herer Lage seine Ruhelinie zeichnen konnte.\nWenn der Reflextetanus gel\u00f6st war und der Schenkel schneit auf den Hebel zur\u00fcck fiel, dehnte dieser die (aus einem starken Gummiring gefertigte) Hemmung etwas nach unten und kehrte erst nach einer, wohl auch mehreren Nachschwingungen zur Ruhelage zur\u00fcck, wie man es in der 3ten und 4ten Periode der Fig. 11 a bemerken kann. So ist Anfang und Ende des Reflextetanus meist pr\u00e4cis markirt. Nur wenn die Contraction sehr flach an- und absteigt, muss die subjective Beobachtung den Apparat controlliren. In den 2 vorgef\u00fchrten Versuchscurven der Fig. 11 erkennen wir, dass die Latenzzeiten der vorl\u00e4ufigen Reflexe ziemlich die gleichen geblieben sind (0,2\"\u20140,4\"), dass jedoch die endg\u00fcltigen Reflexe im Allgemeinen l\u00e4ngerer Latenzzeiten bed\u00fcrfen 1,9\" bis 2,2\". Zugleich l\u00e4sst der zweite Versuch erkennen, dass bei l\u00e4nger dauernder Reizung der endg\u00fcltige Reflextetanus wieder nachl\u00e4sst und nun wiederum rhythmische Contractionen der Pfote erfolgen.\nDie Grenzwerthe der in der ganzen Versuchsreihe bestimm-, ten Latenzzeiten zeigen noch viel gr\u00f6ssere Differenzen. Die Endreflexe des frischen Pr\u00e4parates traten auf starke Reize (70 E) nach so kurzer Zeit ein, dass f\u00fcr deren Messung die gew\u00e4hlte Geschwindigkeit der Kymographiontrommel nicht gen\u00fcgte, w\u00e4hrend in den h\u00f6chsten Erm\u00fcdungsstadien 12 Secunden latente Reizung constatirt werden. Auch die vorl\u00e4ufigen Reflexe machten sich zuweilen erst nach Latenz von mehreren Secunden be-merklich.\nDie n\u00e4chste Figur 12 f\u00fchrt eine Probe sehr gleichm\u00e4ssigen Pfotentanzes vor.\nFig. 12.\n\nReflexpr\u00e4parat durch Inductionsschl\u00e4ge von 100 E und 125 E in -|-f'\u00a3Intervall jmit H\u00fclfe einer vibrirenden Klinge gereizt. Apparat wie in der vorigen Figur.|j-Nur [sind JReiz-Unie und Zeitmarkirlinie \u00fcber der Zuckungscurve gezogen, und die Mittellinie bezeichnet, durch ihr Absteigen den Beginn des Reiz.es.","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"428] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 279\nIn diesem Falle beantwortete die Pfote nur jeden zweiten Reiz (Oe\u00df'nungsschlag) und reagirte auf die Schliessungsschl\u00e4ge gar nicht sichtbar, genau wie ein \u00fcberlasteter, schwach gereizter oder sehr erm\u00fcdeter Muskel. Die reflectorische Natur dieser Zuckungen ist auch hier durch die L\u00e4nge der latenten Reizung bewiesen. Ausserdem zeigen auch fernere Reflexperioden des Pr\u00e4parates ein Anwachsen der anfangs unmerklichen, rhythmischen Zuckungen , was ich bei Muskelreizungen solcher Frequenz niemals wahrgenommen habe. An obiger Figur ist noch die lange Reihe der Pfolen-Vibralionen vor Ausl\u00f6sung der hohen Reflexcontraction bemerkenswert!!. Die benachbarte Curve, welche bei Reizst\u00e4rke \\ 25 E erzeugt worden ist, enth\u00e4lt ein viel k\u00fcrzeres Stadium der vorl\u00e4ufigen Reflexe, d. h. die Latenz bis zum endg\u00fcltigen Reflexe ist k\u00fcrzer als bei st\u00e4rkerer Reizung.\nWir haben auch eine andere sehr empfindliche Methode angewendet, um die zeitliche Folge der leisesten reflectorischen Zuckungen zu registriren : Auf den Ankerbalken eines Schort-mann'schen Relais*) wurde eine d\u00fcnne Korkplatte gesetzt, welche die .Zehen des Pr\u00e4parates ber\u00fchrte. Die Platinspitze am Gegenende des empfindlich balancirenden Balkens taucht in ein Quecksilbern\u00e4pfchen, sobald die Pfote den Doppelhebel entlastet.\nWird hierdurch ein Strom geschlossen, so notirt der mit Schreibspitze versehene Anker eines kleinen Elektromagneten an der Kymographiontrommel den Moment der Hebung, und man erh\u00e4lt bei der rhythmischen Zuckungsfolge kleinzackige Curven, bei den l\u00e4ngeren \u00c7ontractionen hochgradiger Reflexe lange Marken. F\u00fcr Messungen sind diese Curven sehr bequem, wegen der Sch\u00e4rfe des notirten Momentes, f\u00fcr den Anblick sehr langweilig charakterlos, weshalb ich davon keine Probe gebe. Diese Vorrichtung gestattet auch jede Manipulation am Pr\u00e4parate w\u00e4hrend des Experiments, weil man beliebig entfernt vom berussten Kymographion bleiben kann. Endlich w\u00e4re sie wohl empfehlens-werth f\u00fcr Demonstration vor grossem H\u00f6rerkreis, wTeil eine elektrische Glocke sehr pr\u00e4cis die Folge der Reflexe inarkirt, wenn man sie klingeln l\u00e4sst, solange der Schenkel gehoben ist. Es liegt jetzt die Frage nahe : Sind diese rhythmischen Reflexe fundamental verschieden von den fr\u00fcher betrachteten, einzelnen, vorl\u00e4ufigen?\nI) s. bei Bowditch, Arbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig 1871. S. 142.","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nDr. William Stirling,\n[429\nAuf den letzten Bl\u00e4ttern habe ich schon die Ansicht ver-theidigt, dass jeder Reiz einen Zuwachs zur Bewegung der Re-flexcentren setzt, dass mehrere Einzelst\u00f6sse sich summiren bis die Reizschwelle \u00fcberschritten wird, und ein vorl\u00e4ufiger Reflex erscheint, dass dann die Summation weitergeht, bis eine endg\u00fcltige Zuckung oder ein Krampfanfall die Reaction abschliesst. Also nicht durch jede kleine Zuckung wird die fernere Bewegung aufgehoben, sondern nur durch starke Entladungen. Warum sollte nicht auch jeder Reiz, nachdem durch Summation einiger die Schwelle einmal erreicht ist, seine kleine Entladung zur Folge haben, deren Reste sich dann bis zum Endreflexe steigern, \u00e4hnlich wie wir in Tabelle VI die prim\u00e4ren kleinen Reflexsummen weiter zu grossen secund\u00e4ren sich h\u00e4ufen sahen? Es geh\u00f6rte dazu nur grosses Gleichmafs der Reize und Erregbarkeit. \u2014 Somit w\u00e4re dieser Vorgang als ein besonderer Fall der gew\u00f6hnlichen dargestellt Die Anschauung vermag ich damit zu begr\u00fcnden, dass ich einige Entladungsformen vorlege, welche den Ueber-gang der vereinzelten Reflexe in die rhythmischen zeigen.\nFig. 13.\n30 E i\"\nJO\n1/\nDie Originale dieser verj\u00fcngten Zuckungscurven haben nach einander 2 Reflexpr\u00e4parate, deren Fussgelenke durch angekn\u00fcpften Faden mit dem Schreibhehel verbunden waren, auf unendliches Papier gezeichnet. Das eine Pr\u00e4parat war durch Inductionsstr\u00f6me von der Intensit\u00e4t 30 E in Intervallen von gereizt worden, das andere bei Stromst\u00e4rke 20 E in X\" Intervall. Die mittlere Linie zeigt durch h\u00f6heren Verlauf die Reizzeit an. Die \u201c\tunterste Linie markirt Secuuden.\nDie erste Curve zeigt eine ganze Reizperiode mit den syn-arithmischen, ziemlich starken Reflexen, die nach kurzer (fast 1\") Latenz anheben, sich nach 5\" Latenz zu einem Krampf verst\u00e4r-","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"430] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 281\nken, an dessen Curve noch die ihn componirenden Impulse zu erkennen sind.\nDie zweite Curve stellt eine Gruppe von Reflexzuckungen dar, welche nach 5\" langer latenter Reizung durch Inductions-schl\u00e4ge vom Intervalle 1/2\u201d zum Vorschein gekommen waren. Die vorl\u00e4ufigen folgen einander in Intervallen von etwa 1\" und wachsen schnell zur endg\u00fcltigen Contraction. Die dritte Gruppe endlich giebt das Endst\u00fcck einer l\u00e4ngeren Reizperiode (20 E Y2\u201d Intervall) wieder, in welcher vor dieser Entladung noch vereinzelte vorl\u00e4ufige nach resp. 13\" (Grad l), 14\" (Grad II),.20\" (Grad II), 28\" (II), 31\" (II) erfolgt waren ; dann geschah die erste kleine Unterschenkelhebung dieser Gruppe. Nach 38\" Gesammt-latenzzeit und in Zwischenr\u00e4umen von 1\"\u20141,5\" kam es zur vollen Entladung (welche die vorletzte noch um mehr \u00fcbertrifft, als hier bei dem immerhin beschr\u00e4nkten Umfange der Figuren angegeben werden konnte). Es sind also hier Unterschenkelhebungen, welche vereinzelt oder in rhythmischer Folge dem Endreflexe vorausgehen. Diese vorl\u00e4ufigen sind bei relativ schwachem Reiz so gross, dass man bei ihnen wohl schwerlich auf den Gedanken kommen wird, sie seien durch Stromesschleifen veranlasst, welche als directe Muskelreize bis auf dieReuger des Unterschenkels sich ausbreiteten. Die weiterhin zur Erl\u00e4uterung einer verwandten Frage dienende Figur 14 giebt noch ein Reispiel f\u00fcr eine rhythmische Folge kleinerer Reflexe, welche aber ebenfalls vom Unterschenkel gezeichnet sind. Es findet sich in meinen Versuchscurven noch eine Anzahl von Bildern, welche als Ueber-gangsstufen der vorgetragenen Varianten dienen k\u00f6nnen. Ich habe Reihen von grossen, im halben Rhythmus der Reize folgenden Reflexe oder rhythmische gruppirte, welche mit einzelnen abwechseln etc. \u2014 In der Fig. 8 war ein Reispiel mitgetheilt, in welchem von der Mitte der Reihe ab in jedem Versuche ein schwacher (1) Anfangsreflex auftrat, welchem nach einer Pause der starke (III) folgte; auch in der Latenzcurve Fig. 6 sind durch Ringel Q einige vorl\u00e4ufige, in sehr ungleichen Distanzen folgende Reflexe angedeutet, neben solchen, wo nur einfache Entladung zu erreichen war. Vergleicht man diese Modificationen, so wird man die Br\u00fccke von den einfachen endg\u00fcltigen Entladungen zu den isolirten Reflexen der Figuren 9 und 10, von da zu den rhythmischen der Figuren \u201811 und 12 finden und zu dem Schl\u00fcsse kommen, dass zwischen den Grenzformen eine durch die","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nDr. William Stirling,\n[431\nReizzahl bestimmbare Menge von Combinationen m\u00f6glich ist; wenn man aber die continuirlich variable Zuckungsh\u00f6he ber\u00fccksichtigt, eine unendliche Anzahl.\nDer einfacheren Betrachtung halber haben wir bisher gew\u00f6hnlich den ersten starken Reflex \u00bbendg\u00fcltig\u00ab genannt. Mit gewissem Rechte: denn wir haben schon bemerkt, dass bei mittlerer Erregbarkeit und massigen oder schwachen Reizen dem ersten starken einfachen oder krampfartigen Reflexanfall in derselben Reizperiode gew\u00f6hnlich kein weiterer folgt. Anders aber ist es bei sehr erregbaren oder mit intensiven Reizen behandelten Pr\u00e4paraten. Da folgen oft viele sehr hohe Zuckungen in kurzen oder langen Intervallen. Nach einiger Zeit werden die Entladungen kleiner, seltener, unregelm\u00e4ssig und verschwinden g\u00e4nzlich. Das vorletzte dieser Stadien beansprucht unser besonderes Interesse. Wenn das Pr\u00e4parat nur noch zu mittelstarken oder schwachen Reflexen f\u00e4hig ist, welche Zuckung haben wir dann als endg\u00fcltige zu betrachten, wann d\u00fcrfen wir die Reizung als aussichtslos abbrechen? Rosenthal1) sieht bei Bestimmung der \u00bbReflexzeit\u00ab \u00bbganz ab von solchen Reizen, welche nicht das Maximum der Reflexwirkung geben und vergleicht nur solche Reize, welche grade ausreichen dieses Maximum zu bewirken (\u00bbausreichende Reize\u00ab) mit st\u00e4rkeren (\u00bb\u00fcbermaximalen\u00ab)\u00ab. In unsern Versuchen h\u00e4tten wir dies System nicht befolgen d\u00fcrfen, ohne viele werthvolle Daten zu verlieren. H\u00e4tte ich die in den Curven mit I und II markirten Puncte vernachl\u00e4ssigt, so w\u00e4ren zahlreiche st\u00f6rende L\u00fccken geblieben. Man betrachte z. B. Fig. 5. Wie oft sind darin, genau an den erwarteten Orten, statt der maximalen Zuckungen (III), solche vom Grade II oder auch I, andererseits auch st\u00e4rkere, krampfartige (IV).\nAehnliches findet sich in anderen Beispielen. Es scheint demnach, dass nicht die St\u00e4rke oder der Umfang der Reflexzuckung von principieller Bedeutung ist, sondern der Umstand, dass \u00fcberhaupt eine volle Entladung stattgefunden habe.\nWelchen Vorgang haben wir aber eine volle Entladung zu nennen? Dies ist wohl die wichtigste Frage, auf welche wir bisher in dieser Untersuchung gestossen sind.\nWenn wir ein Reflexpr\u00e4parat beobachten, welches schon\nI) Sitzungsber. d. phvs.-med. Societ. zu Erlangen 1873. S. 13.","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"432] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 283\nziemlich starker elektrischer Hautreize bedarf, um in Bewegung versetzt zu werden, und wir es mit massig frequenten Schl\u00e4gen behandeln, so sehen wir h\u00e4ufig nach kurzer Zeit die Pfote mit in rhythmische Bewegung gerathen. Dieses Taktschlagen im vollen oder halben Tempo der Reize verst\u00e4rkt sich allm\u00e4hlich ; bis ein grosser Reflex erfolgt.\nWenn das Pr\u00e4parat noch r\u00fcstiger ist, so beginnt wohl auch der Unterschenkel sogleich das Spiel mit, und zeichnet Curven, wie die erste der folgenden facsimilirten Fig.'14. Ist aber die Erregung schw\u00e4cher (weil Reiz oder Reizbarkeit abgenommen hat), so kommt es nicht mehr zum grossen Reflexe (Grad III), sondern die Pfoten- oder kleinen Unterschenkelvibrationen verst\u00e4rken sich nur zu schwacher Unterschenkelhebung.\nFig. 14.\nA\nReflexfroschpr\u00e4parat mit Inductionsstr\u00f6men von 25 E und 20 E Intensit\u00e4t, in Intervallen von gereizt, schrieb vermittelst des am Fussgelenke h\u00e4ngenden Hebels seine Zuckungen auf das unendliche Papier eines Kymographion. Die mittlere Linie markirt die Reizdauer, die untere Secunden.\nSolches Verh\u00e4ltniss stellt die zweite Curve der Fig. 14 dar. \u2014 Oder endlich sieht man nur die rhythmischen Pf\u00f6tenschl\u00e4ge periodisch zu- und abnehmen, ohne dass der Unterschenkel mit bewegt wird. Oft kehrt, wie die vorl\u00e4ufige Reflexzuckung,","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nDr. William Stirling,\n[433\nso auch solche Schlaggruppe in einer Reizungsperiode mehrmals wieder, und es ereignet sich h\u00e4ufig, dass die erste Gruppe es zwar nicht mehr bis zur Unterschenkelhebung bringt, aber nach mehreren, oft vielen Secunden v\u00f6lliger Ruhe wieder die Pfotenbewegungen anheben und zur Unterschenkelhebung oder auch wohl zur Oberschenkelhebung sich steigern. Hat man in solchen Beobachtungen einige Erfahrungen gewonnen, so kann man es wahrend l\u00e4ngerer Reizperiode dem Schenkel ansehen, ob von ihm, bei den waltenden Reizen, noch ein Reflex zu hoffen ist: Wenn die Pfotenschl\u00e4ge sp\u00e4t anheben, nur wenig sich steigern, um bald wieder abzunehmen, das zweite Mal-nicht kr\u00e4ftiger, sondern matter als zuvor wiederkehren, und nur noch kleineres Maximum erreichen, so d\u00fcrfen wir an einem guten Reflexe verzweifeln. Aber auch die gegr\u00fcndete Hoffnung auf eine kr\u00e4ftige Ausl\u00f6sung wird manchmal get\u00e4uscht : Der Schenkel ist in bestem Zuge, die Pfotenschwingungen steigern sich mehr und mehr, endlich erfolgt auch ein leises Zucken des Unterschenkels ; aber nun sinken die Schl\u00e4ge wieder zum energielosen Wedeln herab und auch in der n\u00e4chsten Schwingungsgruppe, wenn \u00fcberhaupt solche zu Stande kommt, bleiben die Pfotenhebungen kraftlos.\nWie Eduard Weber am citirten Orte die intermittirenden Bewegungen der reflectorisch erregten Glieder mit denjenigen eines Thieres verglich, \u00bbdas wirkliche Anstrengungen macht\u00ab so m\u00f6chte ich den ebengeschilderten Vorgang eine Sisyphus-Arbeit nennen : Nahe dem Ziele (der Ausl\u00f6sung eines kr\u00e4ftigen Reflexes) ermattet die Kraft, und die gethane Arbeit wird vergeblich, sie muss von Neuem begonnen werden. Dies scheint mir den Moment der Ausl\u00f6sung zu bezeichnen. Eine einfache oder complexe Ausl\u00f6sung ersch\u00f6pft den vorhandenen Vorrath. \u2014 Dieser kann im frischen Pr\u00e4parate sehr schnell wieder gewonnen werden. Die Spannkr\u00e4fte werden verf\u00fcgbar durch die Reize, aufgespeichert durch den regenerirenden Stoffwechsel. Auch die minimalen Erregungen , welche die engst localisirten Reflexe in der Pfote aus-l\u00f6sen, scheinen zu erm\u00fcden, denn auch diese allein haben wir rhythmisch wachsen und abnehmen und verschwinden sehen, aber diese Abnahme der Erregbarkeit scheint sehr geringf\u00fcgig zu sein, denn oft halten solche Vibrationen minutenlang an.\nWir k\u00f6nnen uns vielleicht den Vorgang durch einen ein-","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"434] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 285\nfachen Vergleich klar machen : Ein Pendel bedarf minimalen Anstosses, um ein wenig aus der Ruhelage gehoben zu werden ; zur\u00fcckkehrend vermag es aber auch nur sehr kleine Widerstande zu \u00fcberwinden. Weiter hinaufgeworfen gewinnt es bei der R\u00fcckkehr auch gr\u00f6ssere Beschleunigung und vermag, bei entsprechender Masse, eine gr\u00f6ssere lebendige Kraft auf einen widerstehenden K\u00f6rper zu \u00fcbertragen. Ist das Hinderniss nicht gross, so speichert das Pendel seinen Kraftrest durch Steigen nach der entgegengesetzten Richtung auf ; es kann bei der R\u00fcckkehr nochmals Widerst\u00e4nde \u00fcberwinden, und so weiter bis seine Kraft aufgezehrt ist, seine Schwingungen um die Gleichgewichtslage unmerklich werden, und es endlich still steht. Denken wir uns nun ferner ein zweites Pendel, gleicher L\u00e4nge, so neben das erste gesetzt, dass die beiden Schwingungsebenen parallel sind. Ein leicht beweglicher Fortsatz, (z. B. ein St\u00fcck Uhrfeder von kleiner Elasticit\u00e4t) sei am zweiten Pendel so befestigt, dass das erste Pendel ihn beim Passiren der Ruhelage trifft. \u2014 Bei kleinem Ausschlage wird die Feder ganz schwach angestossen, nicht gen\u00fcgend, um gebogen zu werden. Der Fortsatz \u00fcbertr\u00e4gt, wie ein steifer, den Stoss auf das zweite Pendel, das bewegt sich schw\u00e4cher als das erste, welches durch den Widerstand verz\u00f6gert, aber nicht zum Stillstand gebracht ist.\nBei grosser Elongation f\u00e4llt das erste Pendel mit grosser Geschwindigkeit gegen den federnden Vorsprung, dr\u00fcckt ihn zur Seite und vollendet das andere Viertel seiner Schwingung. Indessen hat aber das zweite Pendel auch den Theil der Kraft, f\u00fcr welchen die Feder noch unbiegsam war, aufgenommen. Es macht eine kleine Schwingung, aber da seine Schwingungsdauer gleich derjenigen des ersten ist, ebenfalls eine Viertelschwingung, und kommt gleichzeitig mit dem stark bewegten in der Gleichgewichtslage an. Dort erh\u00e4lt es von dem schnell fallenden einen neuen Impuls, welchen die Feder wieder zum Theil \u00fcbertr\u00e4gt. Derart summiren sich die Anst\u00f6sse des ersten Pendels in ihrer Wirkung auf das zweite, und es kann dieses endlich die volle Amplitude des ersten erlangen.\nDie Anwendung dieses Bildes auf den Reflexvorgang liegt nahe. Wir brauchten uns blos vorzustellen, dass die Kraft der motorischen Nerven das erste Pendel anst\u00f6sst, dass der n\u00e4chste sensible Nerv von dem Pendel einen Impuls erh\u00e4lt, sobald dieses auf der R\u00fcckkehr die Ruhelage passirt. Vom zweiten secund\u00e4r","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nDr. William Stirling\n[435\nbewegten Pendel w\u00fcrden die Enden anderer Nerven in Erregung versetzt werden, sobald die lebendige Kraft des Schlages eine gewisse Grenze \u00fcberschritten hat. Ein drittes, \u00e4hnlich gekuppeltes Pendel w\u00fcrde einen schwingenden Complex dritter Ordnung darstellen k\u00f6nnen. Um den vermehrten Stoffverbrauch, zumal bei secund\u00e4renund terti\u00e4ren Ausl\u00f6sungen zu erkl\u00e4ren, muss man die gewiss berechtigte Complication in unser Bild einf\u00fchren, dass in dem Momente, wo die Kr\u00e4fte des secund\u00e4ren oder auch terti\u00e4ren Pendels genug gesteigert sind, um in den Nervenenden einen Bewegungsvorgang einzuleiten, dort eine Art Explosion stattfindet, die den Bewegungsimpuls nach der Peripherie sendet, aber auch mit auf das Centrum zur\u00fcckwirkt.\nW\u00e4rmeentwickelung und S\u00e4ureproduclion m\u00f6gen die zeitweise Abstumpfung der centralen Erregbarkeit mit verschulden. Durch h\u00e4ufige Entladungen wird das ganze System schwerer beweglich ; so m\u00fcssen die Uebertragungen von einem zum anderen vibrirenden Systeme sehr lange w\u00e4hren, ehe die f\u00fcr eine Ausl\u00f6sung gen\u00fcgende Kraft bis zum zweiten oder 3ten gelangt ist.\nAber es braucht auch nicht die Ersch\u00f6pfung der centralen Theile die Schuld an der Unwirksamkeit der Hautreizungen zu tragen : Es k\u00f6nnen auch die peripheren Haulnerven den Dienst versagen und dadurch den elektrischen Impulsen die Br\u00fccke zum Centrum unwegsam machen.\nDies kann man leicht erkennen, indem man vom anderen Schenkel aus die Reflexerregbarkeit des beobachteten Schenkels pr\u00fcft. H\u00e4ufig, wenn sehr starke Hautreize in grossen Intervallen, ohne viel Effect eingewirkt haben, findet man die centrale Erregbarkeit erhalten. Meine Erfahrungen reichen nicht aus, um die interessante Frage zu entscheiden, ob die unerregbar gewordenen Hautnerven das Centrum gar nicht mehr beeinflussen.\nEs bleibt mir jetzt noch ein wichtiger Punct zu er\u00f6rtern, welcher f\u00fcr das Princip der Summation von fundamentaler Bedeutung ist.\nWir haben bisher die Reflexe betrachtet, insoweit sie als Effecte summirter elektrischer Hautreize auftreten, wir haben die Momente hervorgehoben, welche den gesuchten Effect erm\u00f6glichen , beg\u00fcnstigen oder benachtheiligen. Es fragt sich nun, ob denn \u00fcberhaupt ein Reflex ohne Summation von Reizen zu Stande kommen kann. Es scheint dies unfraglich. Ein","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"287\n436] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\nStich gen\u00fcgt, um ein Thier in die Flucht zu treiben, ein Druck, um die Pfote des Reflexfrosches zur lebhaften Contraction zu veranlassen. Die sehr kurz dauernden Entladungen der Leidner Flasche hatten schon Cavendish und Volta1) auf die sensiblen Nerven von Fisch und Mensch wirksam gefunden. Setschenow, Fick, Rosenthal haben in den angef\u00fchrten Arbeiten die Effecte einzelner elektrischer Entladungen (Stromunterbrechungen und Inductionsschl\u00e4ge) verfolgt. Ich habe selbst schon (S. 260) gelegentlich bemerkt, dass bei sehr starken, seltenen Reizen frischer Pr\u00e4parate der Reflex fr\u00fcher eintrat, als der zweite Schlag. Alle Forscher sind aber auch darin einig, dass man zur reflecto-rischen Erregung durch einzelne Inductionsstr\u00f6me ganz unvergleichlich viel gr\u00f6ssere Stromst\u00e4rken braucht, als zum Reizen der motorischen Nerven, w\u00e4hrend f\u00fcr die Summationsreflexe ja verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig schwache Reize gen\u00fcgten.\nUm die Ursache dieses merkw\u00fcrdigen Unterschiedes ausfindig zu machen, haben wir in mehreren Versuchsweisen die Effecte einzelner Inductionsschl\u00e4ge bei unserer Applications-methode gepr\u00fcft und mit den Wirkungen wiederholter Reize verglichen. Folgendes war das Ergebniss unserer Experimente mit einzelnen Inductionsschl\u00e4gen.\nReflexe werden durch einfache (immer auf die Schenkelhaut applicirte) Inductionsschl\u00e4ge nur dann ausgel\u00f6st, wenn diese sehr stark sind. In den meisten F\u00e4llen contrahirt sich der Schenkel \u00fcberhaupt nur wenige Male auf derartigen Reiz, auch wenn l\u00e4ngere Ruhe zwischen den Schl\u00e4gen geg\u00f6nnt wird. Nur sehr ausdauernde Pr\u00e4parate k\u00f6nnen 50 solche Reize vertrag\u00e9n. Diese m\u00fcssen aber schliesslich zu ganz abnormen H\u00f6hen gesteigert werden. Die Latenzzeit kann bis zu 3\", wohl auch noch mehr zunehmen. In welcher Art sie anw\u00e4chst, wird das folgende facsi-milirte Reispiel besser klar machen, als Zahlenbelege es verm\u00f6gen. (Siehe Fig. 15a u. b.)\nWir bemerken an allen Gurvenabschnitten, mit Ausnahme des ersten (Pt), zwei oder auch drei verschieden geformte Theile : eine spitze, kurze Erhebung und eine l\u00e4ngere, mannigfach gestaltete, dazwischen oder dahinter noch ab und zu eine kleine einfache oder doppelte Zacke. Die Deutung ist klar. Die erste\n1) E. du Bois-Reymond Untersuchungen \u00fcber thierische Elektricit\u00e4t 1848. Bd. I. S. 290.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nDr. William Stirling, Fig. 15a.\n[437\nDer linke Fuss eines grossen Frosches ruht auf dem fr\u00fcher beschriebenen Zeichen-Hebel-brettchen. Ihn reizt in jeder der 6 Perioden (Pi bis Pb) ein Oeffnungsinductionsschlag-von 900 Einheiten (gr\u00f6sste Intens, eines grossen mit 2 frischen ^yore\u2019schen Elementen bespannten Schlitteninductorium). Nach jeder Reizung ist eine Minute Ruhe gelassen* Die Reizfeder macht in der Mittellinie einen Knick nach oben, wenn der prim\u00e4re Strom ge\u00f6ffnet wird. Der Zeitmarkirer notirt Secunden \" hoch tief).\nSpitze stellt die zusammengedr\u00e4ngte Zuckungscurve vor, welche der directen Reizung motorischer Elemente des Schenkels ohne merkliche Latenz folgt. In der ersten Periode (Pt) bleibt diese unsichtbar, weil sie mit der langen Reflexcurve verschmolzen ist, die schon nach geringer Latenz anhob, bevor die erste vom Maximum sinken konnte. In den \u00fcbrigen dargestellten Perioden, welche auch auf dem Originalblatte in fast continuirlicher Reihe einander folgen, sehen wir die Zuckungscurven der Reflexe immer weiter von der direct erregten abr\u00fccken. Immer haben sie einen tetanischen Charakter. Zuweilen mit Andeutung von klonischen Kr\u00e4mpfen. Der schnelle Abfall der Schreibfeder zwischen den beiden Zuckungen beweist, dass nicht etwa tr\u00e4ge Schwingung des Hebels die Zuckung verl\u00e4ngert habe. Die Reflexlatenzzeit sehen wir in P6 den Werth von 1,7\" erreichen. Das Wachsen der Latenz mit der Erm\u00fcdung ist auch bei den Reflexen durch einzelne Zuckungen eine gew\u00f6hnliche Erscheinung. Die Abh\u00e4ngigkeit der Dauer latenter Reizung von der Intensit\u00e4t des erregenden Stromes ist nicht leicht zu constatiren, weil man die ohnedies hohen Anfangsst\u00e4rken schnell steigern","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"438] \u00dcber die Summation elektrischer Hautreize. 289\nmuss, um \u00fcberhaupt eine l\u00e4ngere Reihe von Reflexen zu erhalten. In einigen F\u00e4llen, wo es m\u00f6glich war wachsende und sinkende Stromst\u00e4rken zu vergleichen, erschien die Intensit\u00e4t ohne Einfluss auf die Latenzzeit.\nDie Schliessungsinductionschl\u00e4ge sind \u00fcberhaupt nur in seltenen F\u00e4llen m\u00e4chtig, Reflexe auszul\u00f6sen, stets aber werden sie in ihrer Wirkung von den Oeffnungsschl\u00e4gen \u00fcbertroffen. Als Schliessungsschl\u00e4ge von 800 Einheiten, nach Latenzzeiten von 1,25\" bis 1,75\" Reflexzuckungen erzwangen, vermochten 900 E sie auch nur bis auf 1,7\" herabzudr\u00fccken. Oeffnungs-schl\u00e4ge von gleicher Intensit\u00e4t dagegen l\u00f6sten darauf nach 0,7\" bis 0,8\" Latenzzeit starke Zuckung aus. Da nun am Oeffnungs-inductionsschlage besonders starke oscillirende Entladung wahrgenommen wird *) so liegt der Gedanke nahe, auch deren Reflexzuckungen als Summationseffecte aufzufassen. \u2014 In der That gaben, als einzelne Inductionsschl\u00e4ge gr\u00f6sster Intensit\u00e4t (700\u2014 900 E) erst nach l\u00e4ngerer Latenz (1,7\") und dann gar nicht mehr wirkten, tetanisirende Reize massiger St\u00e4rke (100 E) Reflexzuckungen nach unmerklich kurzer Latenz. \u2014 Dies Resultat war im h\u00f6chsten Grade auffallend, weil es nach den gangbaren Anschauungen unverst\u00e4ndlich ist, wie ein starker Reiz l\u00e4ngere Fortpflanzungsgeschwindigkeit erfordern sollte, als viele schw\u00e4chere. Dies Ereigniss aufzukl\u00e4ren, dienten schliesslich Versuche, in denen der gepr\u00fcfte Effect eines einzelnen Schlages mit demjenigen mehrerer in verschiedenem Intervalle auf einander folgenden verglichen wurde.\nEs wirkte anf\u00e4nglich ein Schliessungschlag, wde der Oeff-nungsschlag (durch Einschalten guter Nebenleitung gewonnen) von 600\u2014700 E nach Latenzzeiten von 0,7\u20140,6 Secunden. Im Intervall von 1\" auf einander folgende Schl\u00e4ge vermochten ihre Wirkungen zu viel st\u00e4rkerem, als dem einfachen Reflexe zu sum-miren. Rei Anwendung des gew\u00f6hnlichen Oeffnungs- und Schliessungsschlages gelang dies noch in Intervallen von 3\". Als aber zwei Reize einander in einem Intervall folgten, welches k\u00fcrzer\n1) Donders Proc\u00e8s - verbaal van de Academie te Amsterdam 1868. 30 Mai. No. 1.\nHelmholtz Verhandl. des naturhist. med. Vereins zu Heidelberg 1869. Beide Arb. referirt in Wiedemanns Lehre vom Galvanismus und Elektromagnetismus 2. Auflage Braunschweig 1874. Bd. II. Abth. 2. S. 360 und 128.\n19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nDr. William Stirling,\n[439\nwar, als die Dauer der latenten Reizung einfachen Schlages (0,2\"), so erfolgte der Reflex unmittelbar nach dem zweiten Reize, also nach viel k\u00fcrzerer Latenzzeit, als nach gleich starkem einfachem Inductionsschlage. Hierdurch ist bewiesen, dass die beobachtete Zeit latenter Reizung nicht die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erregung vom peripherischen sensiblen Nervenende zum motorischen peripherischen angiebt, denn sonst w\u00e4re nicht einzusehen , warum ein zweiter Reiz fr\u00fcher ankommen sollte, als ein gleich starker erster, sondern dass die Bestimmung der latenten Reizung auch die Zeit aufnimmt, welche erforderlich ist, um die Bewegung im Ruckenmarke bis zur Schwelle zu bringen. Diese Anschauung w\u00e4re im Einkl\u00e4nge mit derjenigen von S. Exner, der als \u00bbreducirte Reflexzeit\u00ab diejenige Zeit definirt, \u00bbwelche die nerv\u00f6sen Centren gebrauchen, um den sensiblen Eindruck in einen motorischen zu verwandeln\u00ab.J)\nAuf die Frage, wie es komme, dass auch erweislich einfache Reize \u00fcberhaupt Summations-Wirkungen \u00e4ussern k\u00f6nnen, hat Engelmann1 2) die Auskunft ertheilt : es wirken sehr starke Induc-tionsschl\u00e4ge auf den Nerven thermisch (und chemisch) ver\u00e4ndernd ein. In der That haben wir auch in unseren Versuchen gesehen, dass ein empfindlicher Schenkel, mit Einzelschl\u00e4gen st\u00e4rkster Art behandelt, unmittelbar in einen Tetanus gerieth, der von den motorischen Gebilden ausgel\u00f6st sein musste. Viele Beobachter haben auch l\u00e4ngst constatirt, dass der H\u00fcftnerv, durch einen einzigen starken Inductionsschlag getroffen, einen Tetanus des Wadenmuskels auszul\u00f6sen im Stande ist.\nSo h\u00e4tten wir denn auch die scheinbaren Einzelreize in das Gebiet der summirten gebracht, und k\u00f6nnen den Satz aussprechen: Reflexe k\u00f6nnen nur durch wiederholte An-sl\u00f6sse der nerv\u00f6sen Centren ausgel\u00f6st werden.\nDie Resultate der vorstehenden Experimente finden ihre Best\u00e4tigung in mancherlei Erfahrungen, welche wir an uns selbst zu machen verm\u00f6gen : Ein Stich in die Nasenschleimhaut schmerzt, Kitzeln erregt Niesen. Der Husten giebt ein deutliches Beispiel reflectorischer Entladungen auf summirte Reize. Wir f\u00fchlen ein K\u00f6rnchen oder ein F\u00e4serchen, das in Ber\u00fchrung mit der Schleim-\n1)\tPfl\u00fcger\u2019s Archiv f. Physiol. 1874. Bd. VIII. S. 530.\n2)\tPfl\u00fcger\u2019s Archiv. 1872. Bd. V. S. 37.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Summation elektrischer Hautreize.\n291\nhaut des Kehlkopfs gerathen ist. Die leise Empfindung w\u00e4chst, ohne neue Ursache, zum Reiz ; allm\u00e4hlich f\u00fchlen wir uns zum R\u00e4uspern veranlasst, darauf zum seltenen, kurzen Husten. Ist dieser nicht f\u00e4hig den st\u00f6renden K\u00f6rper zu entfernen, so steigern sich die heftigeren Exspirationsst\u00f6sse endlich zu Krampfanf\u00e4llen. Den m\u00e4chtigen Entladungen folgt ein Stadium der Ermattung, welches Ruhe schafft, trotz fortdauernden Reizes, bis aufs Neue die Erregung wirksam zu werden vermag. Aber auch, wenn der reizende Gegenstand herausgeschleudert worden ist, klingt noch eine Weile das Gef\u00fchl nach, und \u00e4ussert sich auch wohl in leisem Husten und R\u00e4uspern, das eine gewisse Befriedigung gew\u00e4hrt, wie das Na\u00e7hschlucken und das Nachschluchzen.\nAuch die Empfindung ohne Reflex\u00fcbertragung kann durch wiederholte kleine Reize gesteigert werden. Intermittirende leichte Rer\u00fchrung der Haut weckt Kitzel, welcher bei l\u00e4ngerer Dauer unertr\u00e4glich werden kann. Die unerm\u00fcdlich wiederkehrende Fliege vermag durch ihre seltenen, schwachen Stiche nerv\u00f6se Menschen in grosse Aufregung zu versetzen. \u00c9in starker Stoss, oder Druck oder Schnitt ist leicht zu ertragen.\nBerichtigung.\nS. 285 Z. 3 v. u. anstatt motorischen lies sensiblen S. 285 Z. 2 v. u. anstatt sensible lies motorische\n*\n19","page":291}],"identifier":"lit1414","issued":"1874","language":"de","pages":"223-291","startpages":"223","title":"\u00dcber die Summation elektrischer Hautreize","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:12:02.541067+00:00"}