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{"created":"2022-01-31T14:19:53.687125+00:00","id":"lit1421","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Drechsel, Edmund","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 92-100","fulltext":[{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Oxydation von Glycocoll, Leucin und Tyrosin, sowie \u00fcber das Vorkommen der Carbamin-s\u00e4ure im Blute.\nVon\nDr. E. Drechsel.\nEs ist eine bemerkenswerthe und auch von Anderen bereits hervorgehobene Thatsache, dass alle stickstoffhaltigen Zer-setzungsproducle, welche man durch die Einwirkung von Sauren oderauch Verdauungsfermenlen auf Eiweissstoffe in letzlerReihe erhalt, nur je Ein Atom Stickstoff im Molek\u00fcl enthalten. Es ist dies um so merkw\u00fcrdiger, als nach den Versuchen von Schultzen und Xencki ') derartige Verbindungen, wie Glycocoll, Leucin und Tyrosin beim Durchgang durch den thierischen Organismus eine bedeutend vermehrte Harnstoffausscheidung bewirken, also Veranlassung zur Bildung einer Verbindung geben, welche Zwei Atome Stickstoff im Molek\u00fcl enthalt. Ueber die Art und Weise, wie unter diesen Umstanden Harnstoff aus den genannten K\u00f6rpern entsteht, kann man sich verschiedene Vorstellungen machen ; so gibt Schultzen z. B. folgcndo Gleichung als m\u00f6glich f\u00fcr diesen Process :\t,\t,\n2 Ci Hh N 02 + 6 0 = C Ha N2 0 + 3 C02 + 3 H2 0, wonach also aus je zwei Molek\u00fclen Glycocoll i Molek\u00fcl Harnstoff erhallen w\u00fcrde. Man kann sich indessen auch denken, dass nicht beide Sticksloffatomo dos Harnstoffs vom Glycocoll stammen, sondern nur oines, und dass dus andore von 1 Mol. Am-moniak geliefert wird, wolches gleichzeitig mit dem Glycocoll der Oxydation unterliegt. Aus Glycocoll und Leucin k\u00f6nnte so Harnstoff gebildet werden nach der Gleichung f\u00fcr Glycocoll:\nC-i H:, N O-i + X ll3 + 3 O = C //4 JVjO + C02 + i //2 0 wahrend das Tyrosin unter gleichen Umstanden Veranlassung\n1) Zeitschr. f. Biologie, VIII, 124. \u2014","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"173]\n\u00dcber die Entstehung der Carbamins\u00e4ure.\n93\n*\nl\n::\n*\n?\nI\nKs,i\nl\ns\nI\nfr\nt\nR\nt\nf\nj\n\u00ef\nzur Entstehung von Harns\u00e4ure und deren Verwandten, Guanin, Xanthin und Sarkin geben w\u00fcrde, indem durch die Oxydation der aromatische Kern desselben gewissermassen gesprengt und die hierbei freiwerdenden Kohlenstoffaffinit\u00e4ten vom Stickstoff im Entstchungszustande ges\u00e4ttigt w\u00fcrden, nach der Gleichung :\n\u00fc\u00ab \u00abh N 03 + 3 ff ll3 + 1C 0 = C5 JV4 //4 03\nHarns\u00e4ure\n+ 4 C02 + 8 H.t 0.\nUm die Richtigkeit dieser Vermuthungen experimentell zu pr\u00fcfen, habe ich mannichfache Versuche angeslellt, indem ich Glycocoll, Leucin und Tyrosin in ammoniakalischer L\u00f6sung mittelst \u00fcbermangansauren Ammons oxydirte. Letzteres war durch Zersetzung von \u00fcbermangansaurem Silberoxyd mit Chlorammonium dargestellt worden ; die erhaltene L\u00f6sung zersetzte sich nach Zusatz von etwas Ammoniak vollst\u00e4ndig beim Kochen unter Gasentwickelung und Abscheidung eines braunen K\u00f6rpers. Von den zahlreichen Versuchen gen\u00fcge es, folgende anzuf\u00fchren.\nGlycocoll wurde in w\u00e4ssrigem Ammoniak gel\u00f6st und mit einer L\u00f6sung von \u00fcbermangansaurem Ammon versetzt: es fand sofort Einwirkung statt und als dieselbe fast beendigt war, wurde von dem entstandenen Niederschlage ahfiltrirt und die Fl\u00fcssigkeit auf dem Wasserbade eingedampft. Der R\u00fcckstand in Wasser gel\u00f6st gab mit Oxals\u00e4ure und auch mit salpetersaurem Quecksilberoxyd Niederschl\u00e4ge; letztere wurden ahfiltrirt, ausgewaschen und in Wasser suspendirt mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Die von dem Schwefelquecksilber abfiltrirle Fl\u00fcssigkeit wurde eingedampft, mit kohlensaurem Baryt versetzt und auf dem Wasserbade zur Trockne verdampft, der R\u00fcckstand mit absolutem Alkohol nusgezogen, filtrirt und das alkoholische Filtrat auf dem Wasserbade verdampft: der Alkohol hatte keinen Harnstoff aufgenommen. Aus diosem Versuche gehl also hervor, dass untor diesen Umst\u00e4nden koin Harnstoff aus Glycocoll onlsloht.\nUm die gebildeten Oxydationsproducte kennen zu lernen, wurde folgender Versuch angeslellt. Glycocoll wurde wiederum in Ammoniak gel\u00f6st und mit \u00fcbermangansaurem Ammon oxy-dirt; die Fl\u00fcssigkeit erw\u00e4rmt sich w\u00e4hrend der Reaction, jedoch entwickelt sich kein Gas. Nach beendigter Einwirkung (dieFl\u00fcs-sigkeit'war schwach r\u00f6thlich gef\u00e4rbt) wurde ahfiltrirt, mit einer L\u00f6sung von salpetersaurem Kalk versetzt und nach einiger Zeq","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nDr. E. Drbchsel,\n[174\nvon dem entstandenen Niederschlage abfiltrirl. Dieser erwies sich als ein Gemenge von kohlensaurem und oxalsaurem Kalk. Das Filtrat von demselben zum Kochen erhitzt schied noch mehr kohlensauren und oxalsauren Kalk aus. Als Producte der Oxydation des Glycocolls waren also entstanden : Kohlens\u00e4ure, Oxals\u00e4ure, Carbamins\u00e4ure, Oxamins\u00e4ure und Wasser.\nZun\u00e4chst handelte es sich nun darum, zu untersuchen, welche der genannten Verbindungen mit salpetersaurem Quecksilberoxyd den vorhin erw\u00e4hnten weissen Niederschlag zu erzeugen verm\u00f6chte. Zu diesem Zwecke wurden 2 grm. Gjyco-coll in w\u00e4ssrigem Ammoniak gel\u00f6st und eine L\u00f6sung von \u00fcbermangansaurem Aminon hinzugef\u00fcgt, welche durch Zersetzung von 12 grm. \u00fcbermangansauren Silberoxyds mit 3 grm. Salmiak erhalten worden war; diese Gewichtsmengen entsprechen sehr ann\u00e4hernd folgender Gleichung :\nC2 lh N 02 + 2 Mn 04 . N = C N2 H< O -f- C03 . H . Nfft + 2 //2 0 + 2 Mn 02.\nDie Mischung erw\u00e4rmte sich stark, es fand vollst\u00e4ndige Reduction statt. Der Niederschlag wurde abfiltrirt und das Filtrat eingedampft; aus der Fl\u00fcssigkeit schied sich ein wenig eines krystallinischen Silbersalzes ab, nach dessen \u00abEntfernung das klare Filtrat mit salpelersaurem Quecksilberoxyd gef\u00e4llt wurde. Der entstandene Niederschlag wurde nach dem v\u00f6lligen Auswaschen durch Schwefelwasserstoff zersetzt, die L\u00f6sung abfiltrirt und auf dem Wasserbade eingedampft, wobei ein krystallinischer R\u00fcckstand bfieb. Die L\u00f6sung desselben mit Barytwasser gekocht entwickelte Ammoniak und schied oxalsauren Baryt aus;, die* fragliche Substanz war also Oxamins\u00e4ure. Der Rest derselben wurde mit kohlensaurem Baryt auf dam Wasserbade eingedampft und mit Alkohol ausgezogen, dieser nahm jedoch keinen Harnstoff auf.\nAus den mitgelheilten Versuchen gebt hervor, dass aus Gly-cocoll durch Oxydation mittelst Uebermangans\u00e4ure, selbst bei Gegenwart von viel \u00fcbersch\u00fcssigem Ammoniak, Harnstoff nicht gebildet wird.. Was die aufgef\u00fchrten Oxydutionsproducte an-langt, so ist die Oxamins\u00e4ure bereits von Engel1) naebgewiesen, dagegen das Auftreten von Carbamins\u00e4ure noch nicht beobachtet\nt) Compt. rend. t. LXXIX, 808. \u2014","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"175]\t\u00dcber dir Entstehung der CarbaminsXurb.\t95\n.worden. Diese Saure steht in allern\u00e4chster Beziehung zum \u2022 Harnstoff; dieser ist das Amid derselben :\nNH2. CO. OH \u2014 NH2 . CO . NH2 Carbamins\u00e4ure Carbamins\u00e4ureamid oder Harnstoff.\nBisher war nur eine Entstehungsweiso dieser S\u00e4ure be-' kannt, n\u00e4mlich durch Einwirkung von KohlensUure auf Ammoniak. L\u00fcsst man beide Gase in absolutem Alkohol zusammentreten, so vereinigen sie sich zu carbaminsaurem Ammon, und nach Kolbe \u2018) soll sich dieses Salz auch bilden beim Einleiten von Kohlens\u00e4ure in w\u00e4ssriges Ammoniak. Hier schien eine neue Bildungsweise vorzuliegen, insofern die Carbamins\u00e4ure unter den Oxydationsproduclen des Glycocolls auftrat, und es handelte sich zun\u00e4chst darum, festzustellen, ob die genannte Saure ein wirkliches directes und unmittelbares Oxydationsproduct sei oder ob sie ihre Entstehung nur einem secund\u00e4ren Processe, n\u00e4mlich der gegenseitigen Einwirkung von Kohlens\u00e4ure und Ammoniak im Entstehungszustande verdanke.\nZur Entscheidung dieser Frage seien noch folgende Versuche angef\u00fchrt.\nGlyeocoll wurde in w\u00e4ssriger L\u00f6sung mit soviel einer L\u00f6sung von \u00fcbermangansaurem Kali versetzt, dass etwa die H\u00e4lfte oxydirt wurde; nach beendigter Reaction wurde die klare Fl\u00fcssigkeit abfiltrirt, in einem St\u00f6pselcylinder mit etwas frisch bereiteter Kalkmilch versetzt und mit Chlorcalcium gefallt. Nachdem sich der Niederschlag abgesetzt hatte, wurde wiederum fil-trirt und die Gegenwart der Carbamins\u00e4ure, sowie die Abwesenheit des Ammoniaks durch folgende Versuche erwiesen :\ndie Fl\u00fcssigkeit in einer sehr langhalsigen kleinen Retorte zum Sieden erhitzt tr\u00fcbt sich stark durch Ausscheidung von kohlensaurem Kalk ; die w\u00e4hrend des Kochens entweichenden Dampfe bl\u00e4uen stark Lakmus ; \u2014 ein St\u00f6pselcylinder wurde bis zum* Halse mit der L\u00f6sung gef\u00fcllt und luftdicht verschlossen; am folgenden Tage hatten sich an den Wandungen lauter kleine Kryst\u00e4llchen von kohlen-saurom Kalk angesetzt, w\u00e4hrend die Fl\u00fcssigkeit mit Kalilauge versetzt und lillrirt mit dom Nessler'schon Roagons eine stark gelbbraune F\u00e4llung gab; \u2014\n1) Chem. W\u00f6rterbuch, Suppl, pag. 157. \u2014","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\n\nDr. E. Drechsel,\t[176\ndie Fl\u00fcssigkeit unmittelbar mil Kalilauge versetzt gab einen weissen Niederschlag, das Filtrat von diesem mit Nessler'~ schem Reagens keine Reaction in der K\u00fclte, beim Kochen aber trat sofort gelbbraune F\u00fcllung ein ; wurde die Fl\u00fcssigkeit zuerst einmal aufgekocht und dann mit Kalilauge und Nessler'- \u25a0 schem Reagens versetzt, so entstand-sofort ein starker hellr ' brauner Niederschlag. \u2014\t,\t. t\nBei diesem Versuche war also Carbamins\u00fcure entstanden, trotzdem dass von Anfang an kein Ammoniak zugegen war; Ammoniak wurde ferner w\u00fchrend des Processes auch nicht gebildet, oder es w\u00fcrc wieder vollsUindig zur Bildung von Carbamins\u00fcure verwandt worden. Da nun nachweislich auch Oxamin-silure durch Oxydation aus Glycocoll entsteht, und man sich die Carbamins\u00fcure recht wohl durch weitere Oxydation aus jener gebildet denken kann :\nCO . NH,\nI\t-f- 0 = CO-i + Ar i/o . CO . Oll\nCO . Oll\nso ist wohl der Schluss gerechtfertigt, dass die Carbamins\u00fcure wirklich als ein Oxydationsproduct des Glycocolls aufzufassen sei. Um aber Uber die Bedingungen, unter denen sich Carbamins\u00fcure bei Oxydalionsprocessen bilden kann , v\u00f6llig ins Klare zu kommen, er\u00fcbrigte nur noch, eine stickstofffreie Substanz in am-moniakalischer L\u00f6sung zu verbrennen; ich w\u00fchlte hierzu der Einfachheit halber die Ameisens\u00e4ure. Ameisensaures Natron wurde in kohlens\u00e4urefreiem Ammoniak aufgel\u00f6st und hierauf so lange \u00fcbermangansaures Kali hinzugef\u00fcgt, bis die Fl\u00fcssigkeit schwach rosa gef\u00e4rbt erschien ; nach dem Filtriren wurde sie auf die schon beschriebene Art und Weise auf Carbamins\u00fcure gepr\u00fcft und es fand sich , dass letztere in ziemlicher Menge gebildet worden w'ar. Beil\u00e4ufig m\u00f6chte ich an dieser Stelle erw\u00e4hnen, dass die Versuche mif Leucin und Tyrosin zu denselben Ergebnissen f\u00fchrten wio dio mit Glycocoll ongestollton, immer fand sich unter den Oxydationsproduclon Crirbamins\u00fcuro. '\nAus den vorstehend milgotbeilten Versuchen geht unzweifelhaft hervor, dass sich Carbamins\u00fcure \u00fcberall da bildet, wo stickstoffhaltige Kohlenstoffverbindungen in alkalischer L\u00f6sung verbrannt werden, oder noch allgemeiner ausgedr\u00fcckt, wo \u00fcberhaupl Kohlen-","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"\u25a0177]\n\u00dcbhii niK Entstkiiimr pur CAiin*siiNsXunp..\n97\nsaure und Ammoniak i m En tstehu n gszusta n de Zusammentreffen. Ein solcher Ort aber, wo diesen Bedingungen Gen\u00fcge geleistet wird, ist der Organismus: hier werden fortw\u00e4hrend stickstoffhaltige Kohlensloffverbindungen in alkalischen Fl\u00fcssigkeiten verbrannt, hier ist Kohlens\u00e4ure und auch Ammoniak im Entstehungszustande gegeben ; ja, letzteres k\u00f6mmt eben deshalb nicht zur Erscheinung, weil es vermuthlich vollst\u00e4ndig zur Bildung von Carbamins\u00e4ure verwendet wird. Waren diese Vermulhungen und Schl\u00fcsse richtig, so war Aussicht vorhanden, Carbamins\u00e4ure im Serum des Blutes nachzuweisen') ; ich habe zu diesem Zwecke mehrere Versuche mit llundeblul-serum angeslellt und bin dabei folgendermassen verfahren.\nDas farblose, klare, centrifugirte Serum wurde zun\u00e4chst mit dem dreifachen Volum k\u00e4uflichen absoluten Alkohols gef\u00e4llt; man nimmt am besten eine gr\u00f6ssere Quantit\u00e4t, etwa 150 \u2014200 CC. auf einmal in Arbeit. Man fillrirl vom ausgeschiedenen Eiweiss ab und versetzt die alkoholische Fl\u00fcssigkeit mit einer ziemlich concenlrirlen w\u00e4ssrigen L\u00f6sung von Chlorcalcium; es entsteht zun\u00e4chst eine geringe Tr\u00fcbung, welche sich schnell zu grossen Flocken zusammenballt und absetzl. Dieser Niederschlag, welcher albuminoide K\u00f6rper enth\u00e4lt,- wird abfiltrirt und die Fl\u00fcssigkeit mit soviel einer reinen w\u00e4ssrigen Kalilauge (von 20\u00b0/0) versetzt, bis die Reaction deutlich alkalisch ist; unter diesen Umst\u00e4nden entsteht ein volumin\u00f6ser kleisler\u00e4hnlicher Niederschlag, welcher Kalkhydrat, etwas kohlensauren undcarbamin-sauren Kalk enthalt, letzteren vielleicht als basisches Salz :\nCO .0 . Ca . OH,\nMan fillrirl ihn ab, w\u00e4scht ihn einmal\nNH2\nund etwas Extraclivstoff. mit absolutem Alkohol, presst ihn m\u00f6glichst zwischen Fliesspapier ab und trocknet ihn Uber Schwefels\u00e4ure bei gew\u00f6hnlicher Temperatur.' Der ganz trockne Niederschlag wird nun fein gerieben und in einem luftdicht verschlossenen Gef\u00e4sse einige Zeit mit doslillirtom Wasser geschUltoU; man l\u00e4sst nbsilzen und bringt die klar flllrirle Fl\u00fcssigkeit in eine mit WussorstolTgas gef\u00fcllte Retorte, wobei man sich zweckm\u00e4ssig folgender kleinen\n1) Bekanntlich lmt auch. Schultzen dio Vormuthung ausgesprochen, dass Carbamins\u00e4ure Im Organismus gebildet wordo, und E. Salkowski die Taurocarbamins\u00e4ure im Harn nach Genuss von Taurin gefunden (Ber. deutsch, chem. Gesellsch. VI, 744). \u2014\n7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nDr. E. Drkchskl,\n[178\nVorrichtung bedient : An eine mit einem Hahn versehene Trich-lerr\u00fchre l\u00f6lhet man unterhalb des Hahnes seitlich eine Gaslei-lungsr\u00fchre an und setzt das Ganze in den Tubulus der Retorte ein; dioFl\u00fcssigkeit lillrirt man zweckmassig direct in den Trichter, wahrend inan die Retorte mit Wasserstoffgas f\u00fcllt, und ist dies geschehen, so \u00f6ffnet man den Hahn und die Fl\u00fcssigkeit flicsst in die Retorte, ohne dass Luft mit hineingelangl.\nNachdem die Fl\u00fcssigkeit in die Retorte gef\u00fcllt ist, wird sie nllmUhlig zum Sieden erhitzt, wobei der entweichende Gassirom durch verd\u00fcnnte reine Salzsaure streichen muss; letztere wurde nach viertelst\u00fcndigem Sieden gewechselt. Schon bevor die Fl\u00fcssigkeit ins Kochen ger\u00e4th, tr\u00fcbt sie sich und w\u00e4hrend des Siedens bildet sich stets ein Niederschlag in gr\u00f6sserer oder geringerer Menge; nach halbst\u00fcndigem Kochen wurde der Versuch unterbrochen, und im Wasserstoffstr\u00f6m erkalten gelassen. Der Niederschlag wurde nach dem Absitzenlassen und Decantiren der \u00fcberstehenden Fl\u00fcssigkeit in ein Probirr\u00f6hrchen gebracht, schnell etwas erw\u00e4rmt und ein Tropfen conc. Salzs\u00e4ure hinzu-gef\u00fcgt : er l\u00f6ste sich unter schwachem Auf brausen. Der an der inneren Wandung der Retorte sitzen gebliebene Antheil des Niederschlages wurde rasch mit Wasser abgesp\u00fclt, soviel als m\u00f6glich abtropfen gelassen und ebenfalls mit einem Tropfen concen-trirtcr Salzs\u00e4ure gepr\u00fcft, auch hier fand L\u00f6sung unter schwachem , aber vollkommen deutlichem Aufbrausen statt. Zu bemerken ist noch, dass dieser an der Retorlenwandung festsitzende Theil des Niederschlages deutlich kryslallinisch erschien , ln der vorgeschlagenen Salzs\u00e4ure liess sich leicht nach Ueber-s\u00e4ttigen mit Kalilauge durch Nessler'sches Reagens Ammoniak nachweisen und zwar in der ersten Parthie immer viel mehr als in der zweiten, welche nur Spuren davon enthielt. )\nDurch die mitgetheilten Versuche, welche nicht nur einmal, sondern mehrere Male angestellt wurdon und mit Ausnahme eines einzigen zweifelhaften stets dasselbe positive Resultat ergeben haben, ist mit voller Sicherheit nachgewiesen, dass im Serum des llundeblutes CarbaminsUure, resp. ein Salz derselben verk\u00f6mmt. Ich habe mich durch einen besonderen Versuch \u00fcberzeugt, dass eine verd\u00fcnnto L\u00f6sung von reinem carbamin-saurem Ammon mit 3 Vol. Alkohol und etwas Chlorcalcium versetzt ganz klar bleibt, dass aber der.gelatin\u00f6se Niederschlag, welcher durch Kalilauge in dieser Fl\u00fcssigkeit erzeugt wird, nach","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"179]\n\u00dcDKR DIU EnTSTBIIUN\u00dc DUR CaRBAMINRXI'IIK.\n99\ndem Waschen und Trocknen, \u00fcberhaupt auf dieselbe Art und Weiso untersucht, wie oben f\u00fcr den Niederschlag aus Serum angegeben wurde, ebenfalls dio lteaclioncn der Carbaminsiiure zeigt, beim Kochen seiner L\u00f6sung scheidet sich kohlensaurer Kalk aus unter Entweichen von Ammoniak. Eine Verwechselung eines anderen K\u00f6rpers mit Carbamins\u00e4ure ist nicht m\u00f6glich ; Harnstoff wird unter den obwaltenden Umst\u00fcnden nicht gefallt, auch Cyans\u00e4ure ist ausgeschlossen, denn als eine Portion des feingeriebenen Niederschlags in eine L\u00f6sung von schwefelsaurem Ammon eingetragen und einige Zeit mit dieser erhitzt wurde, konnte im Filtrat durch Neutralisiren mit Schwefels\u00e4ure, Abdampfen auf dem Wasserbade, Ausziehen mit Alkohol, Filtriren und Abdampfen der alkoholischen Fl\u00fcssigkeit kein Harnstoff nachgewiesen werden; der R\u00fcckstand war nur ein wenig mit einer Spur organischer Substanz verunreinigtes Ammonsalz.\nDie Thatsache, dass Carbamins\u00e4ure sich \u00fcberall bildet, wo Kohlens\u00e4ure und Ammoniak im Entstehungszustande Zusammentreffen, sowie dass diese S\u00e4ure sich im Blute findet, ist wohl geeignet, ein neues Licht auf die Bildung des Harnstoffes im thie\u2014 rischen Organismus zu werfen. Aus carbaminsauren Salzen hat man schon mehrfach Harnstoff dargestellt, so \u00dfasarow1) durch einfaches Erhitzen des carbaminsauren Ammons in einer zugeschmolzenen R\u00f6hre auf 130\u2014140\u00b0 C., ferner habe ich2) nachgewiesen, dass bei der Einwirkung von Wasser auf Natriumcya-mid bei ca. 150\u00b0 C. das zun\u00e4chst gebildete carbaminsaure Natron zerf\u00e4llt in Harnstoff und kohlensaures Natron :\n2 NIL \u25a0 CO\nom-co{m\n\nONa\nNa\u2019'\nes liegt also der Schluss nahe, es m\u00f6chte das im Serum vorhandene carbaminsaure Salz im lebenden Organismus eine \u00e4hnliche Zersetzung erleiden, etwa durch ein Ferment. Unter dieser Annahme w\u00fcrde sich f\u00fcr dio Entstehung dos Harnstoffes im Thierk\u00f6rper folgender Weg ergobon : Zersetzung der albuminoid\u00f6n K\u00f6rper in die l\u00e4ngst gckunnlen Produclo : Leucin, Tyrosin, Gly-cocoll, Ammoniak u. s. w. Diese liefern bei der Oxydation direct und indirect Carbamins\u00e4ure, welche mit dem vorhandenen\n<) Ann. Chem. Pharm. CXLVt, 142. \u2014\n2) Journ. f. pr. Chem. [2], XI, 329^.\u2014\n7","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100 Dr. Drkcusel, \u00dcber dik Entstehung d. Carbamins\u00e4ure. [180\nNnlron in Verbindung tritt. Das entstandene carbaminsaureSalz aber zerfallt dann unter dem Einfluss irgend eines Fermentes in Harnstoff und kohlensaures Salz. Ich bin noch mit Versuchen besch\u00e4ftigt, um diese Zersetzung IhalsHchlich nachzuweisen und behalte mir sp\u00e4tere Mittheilungen hier\u00fcber vor.\nLeipzig, den 20. Juli 1875.\n' Ml\t1 i \u25a0\n.\u25a0\u25a0 'Vt\u00ab\u00ab\u2022\u2022; \u25a0\t.< -?\n\u25a0;\t' -i'.v-Ai;;\t5\n. ... .it .i -.!\u25a0 V. \u00bb\nI*","page":100}],"identifier":"lit1421","issued":"1875","language":"de","pages":"92-100","startpages":"92","title":"\u00dcber die Oxydation von Glycocoll, Leucin und Tyrosin, sowie \u00fcber das Vorkommen der Carbamins\u00e4ure im Blute","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:19:53.687131+00:00"}