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Ueber das amerikanische Pfeilgift

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{"created":"2022-01-31T14:57:23.232745+00:00","id":"lit14216","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Emmert, F. A. G.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 4: 165-212","fulltext":[{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Deutfehes Archiv\nf\u00fcr die\nPHYSIOLOGIE.\nVierter Band. Zweites Heft.\nI.\nUeber das amerikanifche Pfeilgift. Von F. A. G. Emmert.\nIch gedenke in diefem und den folgenden Heften des deutschen Archivs f\u00fcr die Phyliologie eine Reihe von Beobachtungen \u00fcber mehrere Gifte niitzutheilen, weiche ich entweder bis jetzt gar nicht, oder nur in Djfferta-tionen bekannt gemacht habe, und am Ende eine Vergleichung der verfchiedenen Gifte, r\u00fcckfichtlich ihrer Wirkungen, fowohl unter einander, als mit den An-fteckungsftoffen hinzuzuf\u00fcgen. Um aber nicht durch den gleichf\u00f6rmigen Gang diefer Unterfuchungen zu erm\u00fcden, werde ich mehr die Refultate der einzelnen Verfuche, als diele felbft mittheilen ; zugleich die Einw\u00fcrfe, welche der, von mir \u00fcber die Wirkungsart der Gifte aufgeftellten Anficht, gemacht worden find, und die phyfiologifchcn Lehrlatze ber\u00fccknchtigen, welche durch die Beobachtung dar\u00fcber beleuchtet werden.\nDie Unterfuchungen \u00fcber das amerikanifche Gift, mit welchen ich den Anfang mache, theile ich hier faft ganz fo mit, wie fie in der lnauguraldiffertation des verstorbenen Dr. Emmers 1) enthalten find: ich habe ihnen einige Beobachtungen \u00fcber die Durchdringbarkeit der\nl) De veneno ame\u00eflcano. Tubingae 1S17.\nIW. d. Archiv. IV. 2.\tf'f","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nbelebten thierifcTien Theile f\u00fcr gewichtige Stoffe und einige neue Beobachtungen \u00fcber diefes Gift beigef\u00fcgt, dagegen einige von den Vierfachen, welche Herr Emmer nicht in meinem Beileyn angeftellt hatte, und deren Genauigkeit ich bezweifle, weggelaffen. Uebrigens bemerke ich hier zur Steuer der Wahrheit, da's an der phyliologifchen Unterfuchung \u00fcber das amerikanifche Gift, Herr Dr. Emmer, an der ohemilchen hingegen H err Dr. Palm groben Antheil haben.\ni. Von den amerikanifchen Pfeilgiften kennen wir hlofs diejenigen , welche Ticunas, Lama und Woo-rora genannt, und von den Bewohnern des fiidlichen Amerika , die theils die Ufer des Oronoko und Aina-zonenfhifies, theils das grofse zwifchen beiden Str\u00f6men gelegene Land bewohnen, bereitet werden. Das Ticu-nas wird von den indjfchen St\u00e4mmen, welche an dem Amazonenflufs gegen den Berg Napo hin wohnen, uncl Ticunas, Pevas und Yameos genannt werden, das Lamagift von denen bereitet, welche in Oberperu in der Gegend der fpanifchen Stadt Lamas wohnen. Condamine ertheilt, fo viel ich weifs, \u00fcber diele beiden Gifte die erften genauen Nachrichten, auch hater fowohl in Gayen, als in Leiden einige Verbuche dar\u00fcber angelteilt, und eine betr\u00e4chtliche Menge von dielen Giftarten und damit vergifteten Pfeilen nach Europa gebracht. Sp\u00e4terhin haben Brockiesby l) * 3 ), befonders\nl) Relation abr\u00e9g\u00e9 d\u2019r.n voyage, fait dans l\u2019int\u00e9rieur de l\u2019Am\u00e9-\nrique m\u00e9ridionale, depuis la c\u00f4te de la mer de Sud jusqu\u2019aux c\u00f4tes du Br\u00e8lil et de la Guiane en defeendant la rivi\u00e8re des Amazones. Siehe Hiftoire de l\u2019Acadetnie royale des fcieu-ces. Paris 1747.\nsj) Yerl'oche, die mit dem Gifte, womit die Indianer amAmazo-neniluffe ihre Pfeile vergiften, angeftellt find. Siehe Lcskes auserlefene Abhandlungen aus den philofophif\u00e7hen Xransactio-nen Xii. III. S. 357.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"167\naber Heriffant*) und Fontana1 2 3) Verfuche \u00fcber die Gifte, womit die Indianer am Amuzonenfluffe ihre Pfeile vergiften, und \u00fcber feine Wirkung auf den thieri-fchen K\u00f6rper angei'tellt.\nBrocklesby bediente fich zu feinen Verfnchen des Lamagiftes, das Ulloa der k\u00f6niglichenSociet\u00e4t zu London mitgetheilt hatte ; Heriffant theils blofs des Ticunas, theils einer Mifchung von dem Lama und Ticunas, das Condamine in dem f\u00fcdlichen Amerika gefummelt; Fontana endlich des Ticunas, das Don Pedro Maldonado von den Ufern des Amazonenfluffes gefammelt hatte.\nDie Zufammenfetzung des Ticunas und Lamagiftes ift nicht hinl\u00e4nglich bekannt, man weifs blofs, dafs es aus Pflanzen bereitet wird. Nach Condamine ift es der Extract von 30 Arten von Kr\u00e4utern und Wurzeln. Humboldt hatte leider nicht Gelegenheit, die Pflanzen, welche dazu verwendet werden, n\u00e4her kennen zu lernen. Das Lamagift kennt man eben fo wenig in Abficht auf die Pflanzen, welche zu feiner Bereitung verwendet werden. Nach Heriffant foil es mehr Wirkfamkeit, als das Ticunas haben, fie aber bald verlieren, \u00fcbrigens diefelben Zuf\u00e4lle im thierifchen K\u00f6rper wie diefes er> regen.\n\u00a7. 2. Das Woorora oder Wurali wird nac\u2019u Bankroft ?) von den Indianern in Guiana bereitet, welche er Worrows, Accowaws und Arrowauks nennt; es\nM 2\n- .........\n1)\tPhilofoph. Transact. T. 4.7. und Leske1 s auserlefene Abhandlungen Th. IV. S. 35.\n2)\tDeffen Abhandlung \u00fcber das Viperngift, die amerikanifchen Gifte u. f. w. Berlin 1787.\n3)\tSchreber \u00fcber das Pfeilgift der Amerikaner und die Gevv\u00fcch\u00ab fe, aus denen es bereitet wird, S. Naturfo?jchcr. Halle,\n8t. 15. S. 12?.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"li\u00e2t feinen Natnen von einer Liane, welche ein Haupt-beitandtheil clelielben ift. Die Vorfchrift, welche Bankrofc von den Aerzten, oder Peji des Stammes der Arrowauks erfuhr, weichen blofs in Anfehung des Ver-h\u00e4ltnifies der BeftandtheiJ.e von einander ab. Sie nehmen dazu:\nVon der Rincle der Wurzel Woorora fechs Tht-ile.\n-\t-\t- Worracobbacoura zwei Theile.\n-\t-\tTouranabi\n-\t-\t-\tBakeii\n-\t-\t-\tder Wurzel\tHatchybaly\nvon jedem einen TheiL\nAlles diefes wird klein gefchabt, in einem Topf mit Waffer etwa Stunde in freier Luft gelinde abgekocht, nachher gelinde ansgeprefst, und bei gelindem Feuer zur Extractdicke abgedampft.\nMit diefen Nachrichten ftimmen die, welche Schre-berl) von einem Bekannten in Surinamerhielt, ganz \u00fcberein, fie weichen blofs in der Schreibart ab. Zufolge derfelben ift Woorora eigentlich Witrali, Worracobbacoura heilst Warakabbacura, Touranabi full Kau-ranapai, \u00dfaketi eigentlich Bikati, und Hatchybaly richtiger Iiatibali feyn.\nln einem Artikel cler Zeitung von Neu-York vom Jahre 18*7, welcher aus EnglijhMagazine genommen ift, wird die Zubereitung von dem Pfeilgifte, deffen fich die Bewohner des, zwilchen dem Oronoko und dem Amazonenfluffe gelegenen Landes bedienen, und das Wourali genannt wird, auf eine, etwas von der erw\u00e4hnten Angabe verfchiedene Art beftimnit. Die Beftim-mung r\u00fchrt von einem Herrn Waterton her, der he von\nl) S. Natuiforfcher a. a. O.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"169\neinem indifclien Stamme Macouclii, die durch die Bereitung des Wourali bekannt ift, im Innern von Efi'e-quebo erfahren hat. Zufolge diefer Beftimmung ift der Hauptbeftandtheil deffelben \u201edie Liane Wourali, welche \u201ein den W\u00e4ldern von Demerara und Effequebo w\u00e4chft ; \u201eferner werden dazu noch zwei unbekannte Wurzeln ,, von bit term Gefehmack, und die mit einem klebrigen, \u201e blafsgriinen Safte angef\u00fcllten Stengel zweier Arten \u201evon Zwiebelgew\u00e4chfen (bulbous plants), die wegen \u201eihrer Seltenheit fchwer zu erhalten find, benutzt. \u201eAufserdem werden dazu noch thierifche Theile ange-\u201ewandt, n\u00e4mlich:\n1)\t\u201eZwei Arten von Ameifen, wovon die eine \u201efahr grofs und fchwarz gef\u00e4rbt, und fo giftig ift, \u201e dals ihr Stich Fieber veruriacht, die andre ein gl\u00e4n-\u201ezenrl rothes Infekt ift, das ein Neft bewohnt, welches \u201e.fie lieh aus dem Laub eines befondern Strauches macht, \u201eund deren Stich die Wirkung von den Neffein hat.\u201c\n2)\t\u201eDie Fangz\u00e4hne der Lcibarrie und C'ounacochie-\u201e Schlangen, welche daher die Indianer, wenn fie irgend \u201e eine folche Schlange t\u00f6dten, ausziehen, trocknen \u201e und zu Pulver ftofsen.\u201c\n,, Die Bereitung ift folgende. Die Zweige der \u201eLiane und die bittern Wurzeln werden zuerft fein ge-\u201e fchabt, und in einen Durchfcblag aus Bl\u00e4ttern \u00fcber \u201eeinem neuen irdenen Topf gebracht, und mit einer \u201ehinl\u00e4nglichen Menge von Waffer \u00fcbergoffen. Die \u201edurchdringende Fliiffigkeit hat die Farbe und grofse \u201e Aehnlichkeit mit einem Barken Kaffee. Dann wer-,, den die Stengel der Zwiebelgew\u00e4chle zerquetfeht, und \u201eihr Saft mit den H\u00e4nden in das irdene Gef\u00e4fs ausge-\u201e dr\u00fcckt; nachher werden diuFangz\u00e4hae der Schlangen, \u201edie Ameifen und Pfeffer zufammen zerftofsen, und \u201eder Fi\u00fclfigkeit zugefetzt, alles \u00fcber gelindes Feuer \u201e gebracht, und zu einem dicken dunkelbraunen Saft","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\n\u201egekocht. Der Schaum, welcher heb beim Kochen \u201eerhebt, wird iorgtaltig mit einem Blatte entfernt, \u201ei'obald er fich nicht mehr erzeugt, fo wird die Bereitung des Giftes als vollendet betrachtet. Das Gift \u201ewird in kleinen, von den Indianern bereiteten T\u00f6pfen \u201eaufbewahrt, deren Oeffnung fie mit Bl\u00e4ttern bedecken \u201eund mit Fhierfellen verfchliefsen, damit die Luft nicht \u201eauf das Gift einwirken und feine Kraft fcbw\u00e4chen \u201e kann. Man hebt es in dem trockenften Theile der ,, H\u00fctten auf, und bringt es zuweilen \u00fcber das Feuer, \u201eum den nachtheiligen Kinflufs der Feuchtigkeit abzu-\u201e wenden.\u201c\nDieler Zubereitung von dein Woor\u00f6ra oder Wurali habe ich blofs die Bemerkung zuzuf\u00fcgen, dafs Lefche-ncai.lt Beobachtungen \u00fcber die beiden Upas-Arten ver-muthen laffen, dafs blofs von einer, oder vielleicht zwei der erw\u00e4hnten Pflanzen, namentlich von dem VVu-rali die Wirkung diefes Giftes abh\u00e4ngt.\nBankt oft !) hat mit dem Woorora w\u00e4hrend feines Aufenthalts in Guiana einige Verfuche gemacht, und in den neueften Zeiten Brodle i) 2) mit eben dem Woorara, welches Bauh oft aus Guiana nach Europa gebracht hat.\n\u00a7. 3. Das Ticunasgift hat die Farbe und Confi-ftenz des S\u00fcfsholzlaftes, einen lehr bitteren Gefchmack und ekelhaften Geruch; es zeigt unter dem Vergr\u00f6fse-rungsglafe keine falzige Theile; ver\u00e4ndert weder die Milch, noch die Farbe der Pflanzenf\u00e4fte, brault auch nicht mit den Alkalien und S\u00e4uren; es l\u00f6ft fich in kaltem und warmem Waller, auch in den mineralifchen\ni) Der Naturforfcher a. a. O.\nsj Verfuche und Bemerkungen \u00fcber die verfchiedenen Entftehungs-arten des durch Pflanzengifte verurfaehten Todes. Siehe Reil\u2019s Archiv f\u00fcr die Phyiiologie \u00a3d. XII. S. 177.","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"171\nund vegetabilischen S\u00e4uren auf, es verbrennt, auf gl\u00fchende Kohlen geworfen, mit einem widerlichen Geruch\u2019 mit Blut vermifcht hindert es defien Gerinnung.\nDas Woorora ift eine r\u00f6thlich braune Materie von bitterem, zugleich lehr brennend beifsendem Gefchinack, befonders wenn es von den Arrowauks mit rothem Pfeffer verfetzt worden ift. Es l\u00f6ft fich in Waffer, VVein-geift, verd\u00fcnnter Salzf\u00e4ure, fl\u00fcchtigem Salmiakgeift, Speichel und Blut bis auf einen geringen erdigen Theil auf, brauft weder mit S\u00e4uren noch mit Alkalien; die letztem verwandeln ihre Farbe in die gelbbraune; in der Hitze fchtnilzt es, und wird fliii\u00dfg, mit warmem Blute vermifcht hindert es deffen Gerinnung.\nWiewohl nun diefe Charakteriftik vom Ticunas und Woororagift, die ich vorz\u00fcglich nach Angaben von Fontana und Bankroji entworfen habe, lehr unvoll-ft\u00e4ndig ift, fo beweifet Ge doch eine grofse Ueberein-ftimmung beider mit einander, auch behauptet Bank) oft, das Woorara komme in der Hauptfache mit den Pfeil-sriften der Bewohner von den Ufern des Amazonenfluffes\nO\n\u00fcberein.\n\u00a7. 4. Das amerikanifche Gift, deffen wir uns zu unfern Verfuchen bedienten, hatte ich durch die G\u00fcte meines, um alle Zweige der Heilkunde fo verdienten ^Freundes Herrn Dr. Alters erhalten, dem es unter dem falfchen Namen Upas mit folgenden Bemerkungen von einem feiner Freunde aus New - York war zugefchickt worden. \u201eHiemit nun fende ich Ihnen \u201ezwei Kalabafsen Gift-Upas, oder wie Sie es nennen \u201ewollen; beide des n\u00e4mlichen Inhalts. Ich habe felbi-\u201eges vomOronoko mitgebracht, und kann Ihnen daher \u201eweiter nichts dar\u00fcber lagen, als dafs es mit grofsen ,, Ceremonien aus Kr\u00e4utern bereitet wird, dann 50 Jahre a, vergraben liegt, und endlich mit eben l'o grolsen Cere-","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\n\u201emonien von den Indianern wieder ans Tageslicht gebracht wird. Man foil es ohne Nachtheil effen k\u00f6nnen, allein die gsringfte Wunde mit dem Gifte ber\u00fchrt, \u201eift t\u00f6dtlich, wenigftens habe ich Beifpiele davon in \u201ewarmen Klimaten gefehen; und fonderbar, gemeines \u201eK\u00fcchenfalz gleich auf die Wunde gelegt, und es t\u00f6d-\u201etet das Gift nicht.\u201c Es war in kleinen Flufchenkiir-biffen enthalten, fehr forgf\u00e4ltig verwahrt, und hing fo feft an den Wandungen derfelben an, dafs es wahrfchein-lich noch im fhiffigen Zultand in diefelben gebracht worden , und darin erh\u00e4rtet war. Diefes Gift zeigte folgende Eigenfchaften. Es hat in grol'sern Mafien eine dunkelbraune, faft ichwarze Farbe, f\u00e4rbt aber befeuchtet hellbraun, und hat einen fehr ftarken, nicht unangenehm bittern, etwas brennenden Gefchmack, der fich bald wieder aus dem Munde verliert, einen widerlichen, dem S\u00fcfsholzfaft \u00e4hnlichen Geruch ; erweicht in der W arme , fchmilzt auf gl\u00fchenden Kohlen; verbrennt mit Flamme und einem etwas widerlichen Geruch, und hinterl\u00e4fst eine volumin\u00f6fe Kohle. Es l\u00f6ft fich in kaltem und warmem Waffer bis auf einen Riickftand auf, der von 200 Gran 30 Gran betr\u00e4gt. Eben fo l\u00f6ft es fich in W\u00dfingeift von 0,821 fpecifilchem Gewicht bis auf einen Riickftand IGran auf.\nDas w\u00e4derige Ex Tact verhielt fich ganz fo, wie das Ticunas felbft, es hinterliefs fogar bei feiner A uf-l\u00f6fung im Waffer einen \u00e4hnlichen pulverigen Riickftand als das\u2019licunas felbft. Vron diefeni unterfcheidet es fich vorz\u00fcglich durch leine gr\u00f6fsere Spr\u00f6digkeit, die aber wahrfcheinlich von dem ftarken Austrocknen durch die W\u00e4rme herr\u00fchrte, denn an der Luft wurde es allm\u00e4hlich z\u00e4he, wie das amerikanifche Gift felbft. Sowohl diefes Extract als das Gift felbft l\u00f6ft fich in S\u00e4uren, und in, mit vVaffer verbundenen Alkalien ohne Aufbraufen auf, und ver\u00e4ndert die Farbe der Lackmus - und Kurku-","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"173\nma - Tinctur 'nicht. Die w\u00e4fferige Aufl\u00f6fung verz\u00f6gert die Gerinnung des Blutes lehr, wenn lie demselben in gr\u00f6fserer Menge beigemifcht, kaum aber, wenn ihm nur wenig davon zugefetzt wird.\nEine Aufl\u00f6fung von Haufenblafe brachte darin keine Ver\u00e4nderung hervor- effigfaures Blei einen gelben flockigen Niederfchlag, der auf zugegoflene Saipe-terf\u00e4ure wieder verfchwand, indem die Aufl\u00f6fung eine fch\u00f6nere orangengelbe Farbe annahm; fclnvefelfaures Eilen bildete darin, einige Zeit nach feiner Beimifchtmg einen lchmutzig gr\u00fcnen Niederfchlag, welcher auf zu-gegoffene Salpeterf\u00e4ure wieder verfchwand ; falpeter-laures Silber gab damit einen reichlichen, dunkelgr\u00fcnen Niederfchlag; fowohl die geiftige, als w\u00e4fferige Gall\u00e4pfeltinctur machte damit einen reichlichen, lchmutzig braunen , lockeren Niederfchlag, der getrocknet aus einer Aufl\u00f6fung von g Gran ties w\u00e4flerigen Extractes 9. Gran betrug. Dieter Niederfchlag mittelft der Gall\u00e4pfeltinctur war fowohl \u00e4ufscrlich in Wunden, als innerlich in den Darmkanal von lebenden Thieren gebracht, f\u00fcr diefe v\u00f6llig unfch\u00e4dlich.\nDas geiftige Extract verhielt fleh ganzfo, wie das w\u00e4fferige gegen die eben erw\u00e4hnten Reagentien, auch wurde aus der w\u00e4fferigen Aufl\u00f6fung clefleluen durch die Gall\u00e4pfeltinctur ein reichliches und \u00e4hnlich befchaffenes Pr\u00e4cipitat gef\u00e4llt : der mit chelem Extrade angefenw\u00e4u-gerte Weingeift febmeckt ltark, aber angenehm bitter, und wird durch Waffer nicht getr\u00fcbt; \u00fcbrigens war diefes geiftige Extract weit bitterer, als das w\u00e4fferige, auch t\u00f6fltete es kleine Thiere, gegen welche wir es ver-fuchten, fchneller und in kleinerer Quantit\u00e4t als das w\u00e4fferige. Der abdeftillirte Weingeift zeigte keinen fremden Geruch. Der R\u00fcckftand von der w\u00e4fferigen\no\nExtraction erfcheint theils als ein grobes erdiges Pulver, theils als zarte Holzfafern von lchmutzig hellbrauner","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nFarbe, f\u00fchlt ficli hart und rauh an, kniftert etwas, wenn man ihn zwilchen den Fingern preist, fchmeckt kaum etwas birterlich-, ertheilt dem damit gekochten Waffer eine fchmutzig gelbe Farbe und einen fchwach bittern Gefchmack, ohne darin merklich an Gewicht und Umfang abzunehmen. Weingcift, zerfloffenes Wein ft ein falz, fliii'figeS \u00e4tzendes fl\u00fcchtiges Alkali und verd\u00fcnnte Schwefell'\u00e4ure lallen ihn, felbft damit erhizt, \u25a0unaufgel\u00f6ft; letztere wurde davon braun, die erftere aber gelblich gef\u00e4rbt; der fo gef\u00e4rbte Weingeift verlor durch beigemifchtes Waffer diefe Farbe nicht. Dagegen aber loten es die Salpeterl\u00e4ure zum Theil, die concentrate Effigf\u00e4ure ganz und ohne Braufen auf; die Aufl\u00f6fung in Salpeterf\u00e4ure hatte eine roftbraune, die in F.f\u00dfsrlaure eine fchwarzbraune Farbe, beide tr\u00fcbten lieh weder durch Kalchwaffer, noch durch Zuckerf\u00e4ure, aber mit zerflogenem vVeinfteinfalz gaben fie einen zarten Niederfchlag, der fleh locker anf\u00fchlte. An der Flamme des Lichtes bl\u00e4ht erfleh auf, und verbrannte Ichnell mit einer Flamme, ohne widerlichen Geruch auszuftolsen, zu einer fchwammjgen, fchwer einzu-afchernden Kohle. Auf lebende thierifche K\u00f6rper \u00e4ufserteer keine giftige Wirkung. Der R\u00fcckftand von der seidigen Extraction erfchien als ein roftfarbiges, fpr\u00f6 les, grobes Pulver, und \u00e4nfserte einen merklich Schw\u00e4cheren nachtheiligen Einflufs auf Thiere, als das amerikanifche Gift felbft, oder deffen w\u00e4fferiges Extract.\n5. Aus diefer chemifchen Unterfuchung er-giebt lieh:\nx) Dafsdasvon mir unterfuchte amerikanifcheGift fich ganz fo, wie das Ticunas und Woorora verh\u00e4lt.\n2) Dafs es gr\u00f6fstentheils aus einem eigenen bitteren Extractivftoff befteht, welcher einige Aehnlichkeit","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"mit dem giftigen Bitterftoff der Strychnosarten und dem von Trommsdorf unterfuchten Upas hat, und aus y'q\u00f6 eines unaufl\u00f6slichen Stoffes zufammen gefetzt ift, welcher theils Holzfafer, theils an der Luft unaufl\u00f6slich gewordener Extractivl\u2019toff zu feyn fcheint. Uebrigens fehlen ihm Schleim und Gerbeftol\u2019f,\n3) Dafs es durch die Gall\u00e4pfeltinctur, auch durch die Ver\u00e4nderung, welche es an der Luft erleidet, feine Wirkfamkeit verliert, vielleicht auf \u00e4hnliche Weife, wie, nach Fontana's Beobachtung, das Ticunas, durch Beimifchung von mineralifchen S\u00e4uren. Hieraus erkl\u00e4rt fich die vielf\u00e4ltig gemachte Beobachtung, dafs die Pfeilgifte , ohne fl\u00fcchtig zu feyn, mit dem Alter fehr an Wirkfamkeit verlieren. So erlitt ein Pferd, dem ich eine grofse Menge des amerikanifchen Giftes in eine W unde am H\u00e4lfe brachte, keinen bemerklichen Nachtheil davon, w\u00e4hrend Heri.\u00dfknt mit Ticunas in fechs Minuten mehrere Pferde t\u00f6dtete; eben fo fand ich die Wirkung des Upas-Tieute, defl'en lieh Ma gen die und Delile 1 ) zu ihrer vortrefflichen Unterfuchung \u00fcber clie-fes Gift bedienten, weit fchw\u00e4cher als diefe grofsen Experimentatoren, allein ich ftellte auch meine Verfuche dar\u00fcber 8 Jahr fp\u00e4ter als he mit demfeiben Upas an, und einige giftige Pfeile von den Infein des aliatifchen Archipelagus, welche feit mehreren Jahren in dem Naturalien - Cabinet der Stadt Neuenburg aufbewahrt worden, \u00e4ufserten auf Katzen und Kaninchen, in deren Wunden ich fie brachte, durchaus keinen nachtheiligen Ein-flufs. Eben fo fand Brodle, das Woorora, welches Ban-kroft ans Guiana mitgebracht hatte, weit fchw\u00e4cher, als es fich in den Verfuchen bewiefs, welche Baukroft\n1) Siehe Delile fur les effets ct\u2019uu poifon de Java apell\u00e8 Upas ti\u00e9ut\u00e9. Paris Igop.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nin Guiana damit angeftellt hat. Die \u00fcber die Gall\u00e4pfel von mir gemachte Beobachtung, fcheint mir in fot'ern von Wichtigkeit, als der Gerbeftoff in neuern Zeiten als allgemeines Gegengift betrachtet worden ift.\n6. Nachdem ich nun die phyfilehe und chemi-fchc Bel\u2019chaffenheit diefes Giftes, fo weit fie fich aus meinen bisherigen Unterluchungen ergiebt, beftimmt habe, gehe ich zur Er\u00f6rterung des Ein:!:*.fies \u00fcber, den es auf den thierifchen K\u00f6rper von den einzelnen orga-nifchen Syftemen deffclben aus \u00e4ufsert, wozu ich vorz\u00fcglich das nmerikanifche Gift felbft, hin und wieder auch das w\u00e4flerige Extract deffelben benutzt habe. Bisher fehlte es fait ganz an Beobachtungen \u00fcber die Wirkung, welche das amerikanifche Gift \u00e4ufsert, wenn es an die Schleimh\u00e4ute gebracht wird.\nCoridamure, Vaw1') und Bankroft behaupten, dasTi-cunas, Lama und Woorara l\u2019eyen verfchluckt unfch\u00e4dlich, weil die damit get\u00f6dtelen Thiere ohne allen Nachtheil gegeffen w\u00fcrden, und man das Gift, ohne Nachtheil verhielten k\u00f6nne: ich felbft habe \u00f6fters ^ Gran und dr\u00fcber, ohne \u00dfefchwerden davon zu erleiden, verfchluckt. Allein diefe Beobachtungen erweifen blofs, dafs die amerikanifchen Gifte in kleinern Quantit\u00e4ten verfchluckt, gr\u00f6fsern Thieren keinen Nachtheil bringen, dagegen aber lehren die Verluche von Bracklesby und Fontana, dafs das Lama und Ticunas auch in den Darmkanal gebracht t\u00f6dtet; denn nach dem erftern ftarb ein kleiner Vogel, dem er 2 Quentch. Zucker, und bald nachher 2 Tropfen Lama-Gift zum Verfchlucken gab, und nach letzterem Tauben, denen er auf diefe Weife 6 Gr. Ticunas beibrachte.\n\u00ef) Recherches Philofoph. fur les Am\u00e9ricains T. IL p. 30g.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"177\nAuch das von mir untetfuelite amerikanifche Gift t\u00f6dtet, wenn es in den Magen von Thieren gebracht \u2022wird, nur wirkt es, verfchluckt, fchw\u00e4cher und Jang-famer, als wenn es mit andern TheiJen des thierifchen K\u00f6rpers in Ber\u00fchrung gefetzt wird. Eine Taube, welcher ich 4 Gran von dem amerikanifchen Gift in Pillenform \u2022zu vcrlchJucken gegeben, erlitt 20 Minuten nachher die erften Zuf\u00e4lle davon, und ftarb eri't nach 3 Stunden 45 Minut, Ein Staar, dem Ummer 3 Gr. diefes Giftes in Waller aufgel\u00f6ft in den Schlund fpriitzte, ftarb nach 45 Minuten; eine Dohle, welche 4 Gr. zu verfchiucken erhielt, nach 40 Minuten, und eine Katze, welcher auf diefe Weife innerhalb 3 Stunden zweimal, jedesmal 6 Gr. beigebracht wurde, in 4J Stunden. Dagegen erlitt eine Biindfchleiche, welcher 2 Gr. des w\u00fcfferigen Extractes vom amerikanifchen Gifte mit io Gr. Waffer von Emmer in den Schlund gefpr\u00fctzt wurden , davon keinen Nachtheil.\nEs wurde fchon bemerkt, dafs derGenufs der mit Ticunas get\u00f6dteten Thiere unfch\u00e4dlich fey. Conda-mine fagt: fowohl er, als feine Begleiter h\u00e4tten auf ihrer Reife durch Guiana kein anderes FJejfch, als von Thieren genofien, welche mit giftigen Pfeilen erlern worden, und es feyen ihnen dabei \u00f6fters die absrebro\u00ab chenen Spitzen der giftigen Pfeile unter die Z\u00e4hne gekommen. Heriffant und Fontana bemerken, fie h\u00e4tten mehrere, mit Ticunas get\u00f6dtete Thiere verzehrt, und fp\u00e4terhin durch andere verzehren laffen, ohne dafs diefes irgend einen Nachtlieil f\u00fcr die Gefumiheit gehabt h\u00e4tte. Sowohl diefe Beobachtungen, als auch der fchon erw\u00e4hnte Umftand, dafs wir kleine Quantit\u00e4ten amerikanifchen Giftes, ohne irgend eine nachtheilige Folge verfchluckt hatten, beltimmten Herrn Emmer, einen Verfuch anzuftellen, den ich hier der Beforgniffe und Ger\u00fcchte wegen, welche er veranlafste, mittheile.","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"Er brachte einer Taube in eine Wunde des Unterteilen* keis einige Gran von dem amerikanifchen Gifte, und amputirte gleich nachher den Fufs oberhalb der vergifteten Wunde, in dem Knie; als nun die Taube 8 Minuten nach Anbringung des amerikanifchen Giftes ftarb, fo liefe er fich die Taube braten, und verzehrte Ile nicht ohne Furcht, denn er hielt ein kr\u00e4ftiges .Brechmittel bereit, um fogleich das Fleifeh der Taube ausleeren zu k\u00f6nnen, wenn es ihm Befchwerde verurfachen follte. Er machte nun zwar keinen Gebrauch davon, weil er fich 3 Tage hindurch v\u00f6llig wohl befand, allein als er am 4ten Tag erkrankte, von Erbrechen, befchwerli-chem Schlucken, Zufammenfchn\u00fcren im Halle, vermindertem Gef\u00fchle in den untern Gliedmaalsen und Fieberbewegungen befallen wurde, fo ergriff ihn Angft, und er leitete alle diele Zuf\u00e4lle \u2014 von dem, in der ge-nolfenen Taube enthaltenen Gifte her. Auch verord-nete ihm fein Arzt, mein verehrungsw\u00fcrdiger Freund und College Herr Prof. Autenrieth, Effig. Auf dies und andere Mittel belferten fich zwar feine Befchwer-den; allein langfam, auch machten fie einige R\u00fcckf\u00e4lle, fo dafs er etwa 4 Wochen hindurch krank lag. Sp\u00e4terhin befand er fich zwar anfeheinend wohl, allein etwa 5 bis 6 Mortale nachher ftarb er pl\u00f6tzlich.\nUngeachtet ich die M\u00f6glichkeit, dafs das Ticunas-Gift zu der Krankheit des Herrn Emmer etwas beigetragen habe, nicht l\u00e4ugnen will, fo ift mir diefes doch h\u00f6chft unwahrfcheinlich.\n1)\tWeil die Zuf\u00e4lle deffelben von ganz anderer Art, als die waren , welche das amerikaniiche Gift ver-anlafst.\n2)\tWeil das amerikanifche Gift, es mit vielen andern Giften aus dem organifchen Reiche gemein hat, leinen fch\u00e4dlichen Einflufs immer einige Minuten, fp\u00e4-teftens einige Stunden nach feiner Anbringung an den","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"thierifchen K\u00f6rper, nie aber fp\u00e4ter und dann zu \u00e4ufsern, wenn es wiederholt in kleinen Gaben in denfelben \u00bbe*\nD\nbracht wird.\n3)\tWeil auf den Pall, dafs die Taube wirklich an dem Gifte ftarb, welches vor der Amputation desFufses von diefem aus in ihre S\u00e4ftemaffe \u00fcberging, die Menge deffelben li\u00f6chftens den loten Tlieil eines Grans betrug, eine Menge, die verfchiuckt felbft lehr kleinen Tide-ren nicht den geringften Nachtheil bringt,\n4)\tHiezu kommt nun endlich noch, dafs Herr Emmer einen fehr gefchw\u00e4chten, durch K r\u00e4mpfe und andere Uebel zerr\u00fctteten und entftellten K\u00f6rper hatte, vorher oft an J\u00dfruft- und Unterleibsbefchwerden litt, dafs zti der Zeit, wo er erkrankte, hier gaftrjfche \u00dfe-fchwerclen herrfchten, und dafs ihn endlich fein Wagefttick, das er ohne mein VViflen , f\u00fcr lieh unternommen hatte, fehr beunruhigte.\nDaher habe ich f\u00fcr meine Perfon die Ueberzeugung, dafs fein Uebel gaftrifcher Natur war, und das Ticuoas keinen unmittelbaren Anthe.il daran hatte. Ich glaube daher folgenden Verfuch ohne die Pflichten, die jeder fich felbft und feiner Familie hat, nur entfernt zu verletzen, unternommen zu haben.\nIch brachte einer Taube zwifchen Haut und Muskeln des Unterfchenkels 3 Gran trockenes amerikani-fches Gift bei, worauf fie nach 3 Minuten 11 a 1 b. Bald nach ilirem Tode nahm ich das Gilt aus der Wunde, und nachdem ich durch Trocknen und Wiegen deliel-ben gefunden, dafs es nur Gran verloren hatte, io liefs ich mir die Taube braten und verzehrte fie, ohne die geringfte Befchwerde davon zu erleiden.\n\u00a7. 7. Da bis jetzt nicht unterfuclit worden ift, ob das amerikanifche Gift feinen nachtheiligen Einfluis auf die Thiere \u00e4ufsert, wenn es in den Dickdarm ge-","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nbracht wird, fo applicirte ich einer Taube 3 Gran vorn trocknen amerikanifchen Gifte, dem ich die Geftalt eines kleinen Kegels ertheilt hatte, in den Maftdarm; fchon 8 Minuten nachher fank lie um, und nach 14 Minuten war fie todt. Ein Sperling, welchem ich auf \u00e4hnliche Weife eine kleine Quantit\u00e4t amerikanifchen Giftes in die Cloaca gebracht hatte, ftarb nacli 3 Minuten. Hieraus ergiebt (ich , dafs das amerikanifche Gift von dem Maftdarm aus fogar fchneller, als von dem Magen und Schlund aus, t\u00fcdtet, was aber wahrfchein-lich blofs von den k\u00f6rnerfreffenden V\u00f6geln gilt, weil bei diefen die Speifer\u00f6hre, befonders aber der Magen von einem wahren Oberh\u00e4utchen bedeckt werden.\n8- Ob die amerikanifchen Gifte von der Schleimhaut der Refpirationsorgane aus t\u00f6dten, oder nicht? Dar\u00fcber fehlten bis jetzt entfeheidende Verfurhe. Cu-milla und Condcunine behaupten blofs, die Perfonen, welche Ticunas bereiten, k\u00e4men von den Ausdiinftun-gen deffelben um, daher iiberliefsen die Indianer die Bereitung deffeiben Verbrechern und alten Weibern. Auch Paw erz\u00e4hlt diefes. Dagegen bemerkt Bankroft, nachdem er die Bereitung des Woorora angegeben, die Perfonen, welche fie vornehmen, erlitten davon nicht den geringften Nachtheil, und was \u00fcber die Todtlich-keit der Zubereitung behauptet w\u00fcrde, fey Fabel. Auch Fontana (S. 286 ) erkl\u00e4rt Gumi\u00fcas Behauptung f\u00fcr Fabel, nachdem er (S. 284.) erw\u00e4hnt, er habe eine Taube und lieh felbft, ohne die geringften nachtheiligen Folgen, den Ausd\u00fcnftimgen, fowohl des trockenen gepulverten, als des Ticunas ausgefetzt, welches er mit Wafler kochen, und auf Kohlen verbrennen liel's. Dagegen erw\u00e4hnt Heriffnnb (77), die D\u00e4mpfe einer grofsen Menge von, in Waffer aufge-l\u00f6ftem Ticunas, welches er in feinem Zimmer abdampfte,\nhat-","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"181\nh\u00e4tten auF einen jungen Menfcben und auf ihn feJbft nachtheilig eingewirkt. Der junge Menfch, weicher in diefem Zimmer fafs, erlitt Uebligkeit, und grofse Schw\u00e4che, und Herijfant, welcher iich nach ihm in das, mit jenen D\u00e4mpfen angef\u00fcllte Zimmer begab, f\u00fchlte fich i Stunde darauf fo fchwach, dafs er fich kaum aus dem Zimmer heraus fchleppen konnte.\nDiefe Widerfpr\u00fcche in den Beobachtungen veran-lafsten Herrn Emmer, einen Spaz den D\u00e4mpfen, welche eine Mifchung von 2 Quentchen amerikanifchen Giftes, und 4 Quentch. Waffer beim Abdampfen entwickelten, einige Minuten lang auszufetzen, allein er erlitt davon keine bemerklichenBefchwerden. Ich felbft habe mich den Ausd\u00fcnnungen, welche fowohl das amerikanifche Gift felbft, als fein w\u00e4fferiges und geiftiges Extract beim Abdampfen aushauchten, ohne allen Nachtheil l\u00e4ngere Zeit hindurch ausgefetzt. Wiewohl nun diefe Beobachtungen zu der Vermuthung berechtigen, dafs die Befchwerden, welche Herijfant und deffen Gehiilfe erlitten, durch die Kohlend\u00e4mpfe veranlafst worden feyen, fo berechtigen fie doch nicht zu der Annahme, dafs die Ausd\u00fcnftungen des amerikanifchen Giftes, wenn fie in grofser Menge, und l\u00e4ngere Zeit hindurch auf die Lungen einwirken, dem thierifchen K\u00f6rper keinen Nachtheil bringen. Denn Lefchenault *) bemerkt, dafs die Ausd\u00fcnftungen desStrychnos tieute und der Antiaris toxicnria , aus deren Saft bekanntlich das Upas tieute und Upas Antiar bereitet wird, f\u00fcr manche Perfonen fehr nachtheilig feyen, ungeachtet fie andere Perfonen ohne Befchwerden ertragen, und fich gewiffe Thiere auf diefen B\u00e4umen aufhalten. Ueber diefes erweifen\n1) Sielie Annal, da Muf\u00f6um de l\u2019hiftoire naturelle T. VIII. oder Trommsdorf\u2019s Journal der Pharmacie Th. 32. S, 38\u00bb,\nM. d. Archiv, IE, 2,\tN","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nfolgende Verfuche, dafs das amerikanifche Gift, wenn es an die Schleimhaut der Luftwege gebracht wird, feinen fch\u00e4dlichen Einflufs auf den ganzen K\u00f6rper \u00e4ufsert.\nWir fpritzten einer Katze durch die ge\u00f6ffnete Luftr\u00f6hre 3 Gran des amerikanifchen Giftes, das in 30 Gran Waffer aufgel\u00f6ft war, ein : 2 Minuten nachher zitterte fie heftig, athmete miihfam, und nach 3 Minuten war fie todt. Dielen Verfuch wiederholte Emmer mit demfelben Erfolg an einer andern Katze. Eine Dohle, welcher Emmer 2 Gran jenes Giftes in 8 Gran Waffer aufgel\u00f6ft, durch die Stimmritze einfpritzte, ftarb nach $ Minuten unter Zittern und leichten Con-vulfionen, w\u00e4hrend eine andere, welcher ich diefelbe Menge von blofsem Waffer durch die Stimmritze ein-fpr\u00fctzte, keinen Nachtheil erlitt.\n\u00a7. 9. Zu diefen Beobachtungen \u00fcber die Wirkung des an die Schleimh\u00e4ute gebrachten amerikanifchen Giftes fcheinen mir 2 Verfuche zu geh\u00f6ren, in welchen ich jenes Gift an ein eiterndes Hautgefchwiir einer Katze brachte, fofern eine jede eiternde Stelle mit den Schleimh\u00e4uten \u00abrofse Aehnlichkeit zeigt, wie diefes befonders Villenn\u00e9 1 ) fehr fch\u00f6n dargethan hat. Ich erregte auf dem R\u00fccken einer Katze durch Cantharidenfalbe ein grofses Gefchwiir, entbl\u00f6fste dann einige Tage nachher, als es fich mit einer Korke bedeckt hatte, eine ziemlich grofseSieile deffelben von Schorf und Eiter, und appli-cirte 6 Gran von dem amerikanifchen Gifte auf diefelbe. Allein das Thier erlitt davon keine bemerkliche Ver\u00e4nderung. Den andern Tag wurde eine gr\u00f6fsere Stelle dieles Gefchw\u00fcrs entbl\u00f6fst, und mit 6 Gran von jenem\n1) Siehe deutfches Archiv f\u00fcr die Phyfiologie Bd. II.","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Gifte in Ber\u00fchrung gefetzt. Nach 18 Minuten fing dia Katze an zu zittern, nach 22 Minuten legte fie/ich nieder, fp\u00e4terhin vermogte fie weder zu ftehen, noch zu gehen, die Herzfehl\u00e4ge und Athemz\u00fcge wurden immer feitener, letztere zugleich m\u00fchfamer, der K\u00f6rper welk und kalt, und fie verfiel in einen Zuftand, der Immer in Tod \u00fcberzugehen drohte, aber, nachdem er einige Stunden angehalten hatte, fich wieder verlor, f0 dds fie nach Ablauf von 4f Stunden wieder wankend im Zimmer herum lief, und den andern Tag nichts krankhaftes an fich wahrnehmen liefs. Nach 8 Tagen in welcher Zeit fie v\u00f6llig gefund und munter war, machte ieh ihr eine, der entbl\u00f6fsten eiternden Stelle gleich grofse Wunde in den Nacken, und brachte ihr 6 Gran Von dem amerikanifchen Gifte in diefelbe. Schon nach 7 Minuten zitterte fie, nach g Minuten legte fie fich nieder, und nach 11 Minuten h\u00f6rte fie auf zu athmen. Aus diefen Verfuchen glaube ich folgern zu d\u00fcrfen* dafs die eiternden Fl\u00e4chen auch in Anleitung ihres Verhaltens gegen das amerikanifche Gift mit den Schleimh\u00e4uten des Darmkanals \u00fcbereinftimmen.\n\u00a7. 10. Die \u00e4ufsere Haut und die Stellen derfel-ben, an denen fie in die Schleimh\u00e4ute \u00fcbergeht, find fo lange fie nicht verletzt werden, wenig oder gar nicht f\u00e4hig, den fch\u00e4dlichen Einfiufs des amerikanifchen Giftes \u00fcber den K\u00f6rper zu verbreiten, denn Heriffant erz\u00e4hlt dafs eine grofse Menge des, in Waffer aufgel\u00f6ften Tiranas fich durch Zufall \u00fcber feine Bruft und Arme ergof-fen habe, und dafs ihm diefes nicht den geringften Nachtheil gebracht h\u00e4tte. Bankro\u00df fagt, die Indianer dr\u00fcckten die Rinden und Wurzeln, aus denen fie das Woorora-Gift kochen, mit blofsen H\u00e4nden ohne allen Nachtheil aus, und man k\u00f6nne die Aufl\u00f6fung diefes Giftes in Waffer auf die unverletzte Haut bringen, und\nN 2","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\ndarauf trocknen laffen, ohne davon Nachtheil zu erlei-dpn, und Fontana konnte keine Ver\u00e4nderungen in den Meerfchweinchen und Kaninchen wahrnehmen, denen er das Ticunas wiederholt ins Auge brachte. Eben fo wenia; erlitten eine Katze, ein Kaninchen und eine Dohle, an deren Bindehaut des Auges wir wiederholt amerika-nifches Gift applicirten, hievon irgend eine bemerkiicke St\u00f6rung.\nDagegen aber bemerkt Ueriffant-, fechs junge Hunde, denen er die Haare auf dem R\u00fccken glatt abgefchoren, und nachher in diefe Stelle der Haut Ticunas eingerieben habe, feyen 3 Minuten darauf geftorben, und Bankro\u00df behauptet, das Woorora errege, an folch\u00ae Stellen der Haut gebracht, die zart und empfindlich find, Entz\u00fcndung. Hiezu kommt nun, dafs manche Gifte unter gewiflen Geftalten, Z. B. Blauf\u00e4ure als Oel der bittern Mandeln, oder der Traubenkirfche, oder des Kirfchlorbeers an die unverletzte Haut gebracht, wie Gifte wirken. Diefes beftimmte mich, einen ent-fcheidenden Verfuch anzuftellen. Zu diefem Ende liefs ich einem Seidenhafen alle Haare der Haut des R\u00fcckens und Bauches ausrupfen, was bekanntlich leicht, ohne eine Verletzung gefchehen kann , und rieb ihm acht Tage nachher 12 Gran des w\u00e4fferigen Extrades von dem amerikanifchen Gift, das ich in Waller aufgel\u00f6ft hatte, und 2 Stunden nachher ein Gemifch von 12 Gran des Extractes von dein amerikanifchen Gifte, und 40 Gran Schweinfett ein: allein das Thier erlitt hievon nicht eine Spur von Befchwerden; ich eben fo wenig, ungeachtet meine H\u00e4nde durch das Einreiben ganz von Gift befchmutzt waren. Ich vermuthe daher, dafs He-ri[fant die Haut der Hunde, mit denen er feine Verfuche angeftellt, beim Abfcheeren der Haare verletzt habe.\nVon der verletzten Haut aus \u00e4ufsern die amerikanifchen Gifte ihre volle Wirkung auf den thierifchen","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"185\nK\u00f6rper. Denn font an a t\u00f6dtete Kaninchen* H\u00fchner und Tauben dadurch, dafs er das Ticunas auf ihre Haut brachte, nachdem er fie blutig gefchabt hatte, und Ban-kraft erz\u00e4hlt von einem Indianer, welcher fichmit einem, durch Woorora vergifteten Pfeil fo den Zeigefinger verletzte, dafs kein Blut heraus drang, fein Arm und die lymphatiichen Dr\u00fcfen feyen bald nachher angelchwollen, und heftiges Fieber eingetreten. Allein nach 12 S, un-den minderten fich diefe Zuf\u00e4lle, und den andern Tag waren fie v\u00f6llig verfehwunden, Diefe Beobachtung ilt in Abficht auf die Anfchwellung von den lymphatifchen Dr \u00fcfen f\u00fchr wichtig; denn in vielen Verfuchen, welche ich mit verfchiednen Giften anftellte, konnte ich nie eine Anfchwellung dief\u00e8r Dr\u00fcfen wahrnehmen, eben fo wenig fand ich diefes Symptom in den Verfuchen und Beobachtungen von andern aufgez\u00e4hlt. Eine Dohle, weicher Emmer 2 Gran des amerikanifchen Giftes auf die abgefchorene Haut ihres Schenkels brachte, ftarb in 12 Minuten.\n\u00a7. II . Die fer\u00f6fen H\u00e4ute find verm\u00f6ge ihrer Ausbreitung \u00fcber gef\u00e4fsreiche Theile und ihrer grofsen Durchg\u00e4nglichkeit vor vielen andern Theilen des thie-rifchen K\u00f6rpers lehr geeignet, den fch\u00e4dlichen Einllufs, welchen die Gifte auf das Leben \u00e4ufsern, fortzuleiten. Aber blofs Herljjant erw\u00e4hnt einen Verfuch, welcher hieher geh\u00f6rt. Eine Katze, welcher er -| Quent. Ticunas in die H\u00f6hle des Bauchfells brachte, ftarb nach einer Stunde unter heftigen Convulfionen. Daher ftellte ich folgenden Verfuch an: Ich \u00f6ffnete einer alten Katze die Bauchh\u00f6hle, und brachte ihr 3, Gran von dem amerikanifchen Gift fo vorfichtig in die Bauchh\u00f6hle, dafs es die Wunde derfelben nicht ber\u00fchrte, und hinderte dies bis zum Tode des_.Thieres, welcher innerhalb. 2Q Minuten erfolgte\u00bb","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\n\u00a7\u25a0 12. An die Muskeln gebracht, foil das Ticu-nas nach Fontana ehert\u00f6dten, als von der verwundeten Haut aus, weil mehrere von den Thieren, denen er die Haut mit giftigen Pfeilen verletzte, am Leben blieben, keines aber, dem er damit die Muskeln verletzte.\nWeder Heriffant, noch Bankro\u00df und Brodle haben die Wirkung amerikanifcher Gifte gegen die Muskeln leben 1er Thiere unterfucht : daher beftrich ich die entbl\u00f6fs-ten Schenkelmuskeln einer Meife mit etwas wenigem von dem amerikanilchen Gifte, mit welchem ich kurz vorher eine Katze get\u00f6dtet hatte: ungeachtet nur etwa Xtel Gran des Giftes an den Muskeln h\u00e4ngen blieb, fo ftarb doch das Thier innerhalb 2 Minuten. Eine Katze, welcher Emmer 2 Gran auf den entbl\u00f6fsten grofsen Ge-f\u00e4fsmuskel applicirte, ftarb nach 15 Minuten unter Convullionen , und eine Dohle, deren \u00dfruftmuskel ich mit Baumwolle, die mit jenem Gift getr\u00e4nkt war, belegte, nach Minuten.\n\u00a7. 13. Dafs die amerikanifchen Gifte am fchnell-ften und in gerjngfter Menge t\u00f6dten, wenn fie unmittelbar in das Blut, oder die Hohle von den Venen ge-hracht werden, erhellt aus mehrern Verfuchen von Fontana. Mehrere Kaninchen und H\u00fchner, denen er in die Venen kleine Quantit\u00e4ten von Tcrmas mit Waf-fer einfpritzte, ftarben fait augenblicklich nachher, und ohne eine bemerk liehe Ver\u00e4nderung ihres Blutes, oder ihrer \u00fcbrigen Theile wahrnehmen zu laffen : daher un-terliefs ich es auch, das amerikanifche Gift in die Venen lebender Thiere zu infundiren.\n\u00a7. 14. An denjenigen Organen, welche nur wenig Blutgef\u00e4fse in ihrem Gewebe enthalten, \u00e4ufserte eDs Ticunas in den zahlreichen Verluchen, welche Fontana damit angeftellt hat, keine Spur feiner giftigen Wirkung j namentlich nicht von dem verletzten.","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"187\noder unverletzten Hiiftnerven, von Sehnen und Bindern aus. Eben fo verhielt fich das von mir unter-luchte amerikanifche Gift. Denn Katzen und Kaninchen , denen ich eine betr\u00e4chtliche Menge in Wunden der Achillesfehne und des ti\u00fcftnerven a pp lichte, liafsen keine von den Zuf\u00e4llen und Befchwerden wahrnehmen, die es fonft erregt. Nur eine Katze ftarb, welcher Emmer in die Einfchnitte der Achillesfehne amerikani-fches Gift eingebracht hatte, | Stunde nachher; da fie aber 3 Stunden vorher von dem amerikanifchen Gifte, welches ich ihr in diefelbe Wunde mit der gr\u00f6fsten Vorficht gebracht hatte, durchaus keine Zuf\u00e4lle erlitten hatte, fo vermuthe ich, dafs in den Verhieben von Emmer das Gift mit den benachbarten Muskeln und Gef\u00e4fsen in Ber\u00fchrung kam. Ich f\u00fcge diefem nur noch die Bemerkung bei, dafs mich viele Verfuche von der Wahrheit der Behauptungen von Condamine, Bankroft, HeriJJant, Fontana und Brodle \u00fcberzeugt haben, dafs das amerikanifche Gift; von jeder blutenden Wunde aus t\u00f6dtet.\n\u00a7. 15. Nachdem ich im bisherigen dargethan habe, Von welchen Theilen des thierifchen K\u00f6rpers aus, das amerikanifche Gift t\u00f6dtet, fo gehe ich zur Betrachtung einiger Umft\u00e4nde \u00fcber, welche feinen Einflufs auf denfelben ab\u00e4ndern k\u00f6nnen.\nDa alle Gifte als folche nur in einer gewiffen Quantit\u00e4t wirken, fo war ich begierig zu erfahren, welche Ver\u00e4nderung die Thiere erlitten, denen eine Zeitlang eine geringe Menge des Giftes zum Verfchlucken beigebracht wird ; zu diefem Ende gab ich einem von a gleichen Kaninchen, alle Morgen \u25a0\u00a7\u25a0 Gran des amerikanifchen Giftes: das Thier erlitt davon keine Ver\u00e4nderung feiner Munterkeit, feines Apetits und feiner Ausleerungen, aber der Kreislauf und das Athmen fchie-","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nnen dadurch etwas befchleuniget zu werden, tind die W\u00e4rme etwas zuzunehmen. Den 14ten Tag wurde beiden Kaninchen eine ganz gleich grofse Wunde an diefelbe Stelle des R\u00fcckens gemacht, und in jede ein gleich grofses, 6 Gran Ichweres St\u00fcck trockenes Gift gebracht. Das erfte Kaninchen, welches die Tage vorher kleine Gaben diefes Giftes verfehluckt hatte, erlitt 4F Minute nach feiner Application die erften Zuf\u00e4lle davon, das ate fchon nach 3 Minuten; das erfte horte nach 10 Minuten auf zu athmen, das zweite fchon nach 7J-; der Herzfchlag war bei diefem nach 9 Minuten durch das Gef\u00fchl nicht mehr wahrzunehmen.\nDieler Verfuch beft\u00e4tigt fomit die alte Erfahrung, dafs anhaltende Einwirkung einer kleinen Quantit\u00e4t von Gift, die Empfindlichkeit gegen gr\u00f6fsere mindert.\n\u00a7. 16 In Anfehung der Wirkung von den Giften ift die Unterfuchung, welche Ab\u00e4nderung diefe erleidet, wenn zugleich mit ihnen, oder vor und nach ihnen andere Stoffe an den thierifchen K\u00f6rper applieirt werden, befonders wichtig. Alles, was hier\u00fcber von dem amerikanifchen Gifte theils durch uns, theils durch die fchon mehrmals genannten M\u00e4nner erforfcht worden ift 3 reducirt lieh auf Folgendes.\n1) Weder Zucker noch Kochfalz, vor, oder nach der Application des amerikanifchen Giftes in Wunden und in die Verdauungsorgane gebracht, fch\u00fctzt den thierifchen K\u00f6rper gegen die nachtheiligen Wirkungen deflelben. Es ergiebt fich diefes aus den Verfuchen von Brocklesby, Her/jjant, und den Beobachtungen von Bankrofe, fogar aus den Verfuchen, welche Condamine um das Gegentheil zu erweifen in Leiden anftellte. Ich fand, dafs Fliegen, welche von einem Gemifch des amerikanifchen Giftes mit Zucker und Waller leckten, .innerhalb 24 Stunden ftarben\u00bb","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"2)\tUngeachtet die mineralifchen S\u00e4uren nach den Beobachtungen von Fontana demTicunas feine giftigen Eigenfchaften rauben, fo verm\u00f6gen fie nicht den K\u00f6rper gegen den fch\u00e4dlichen Einfiufs deffelben zu fch\u00fctzen, wenn fie bald nach demfelben in die vergiftete Wunde gebracht werden.\nEben fo wenig verm\u00f6gen diefes die Alkalien, der Weingeift und der Effig nach Fontarm, wenn man damit gleich nach der Application des Ticuuas in Wunden , diefe ausw\u00e4fcht.\n3)\tIn den Verfuchen, welche Emmer anftellte, war Zucker und Wein, eben fo Naphta, welche er den Thieren gleich nach dem amerikanifchen Gifte zum verfchlucken gab, ohne Wirkung, fogar der Brech-weinftein, wiewohl er baldiges Erbrechen hervorbrachte. Eben fo ftarben dieThiere, denen er die Wunden balcl nach der Application des amerikanifchen Giftes mit Bleieffig, oder Kampfergeift forgf\u00e4ltig ausvvufch.\n4)\tIn den Verfuchen von Fontana, in welchen er bald nach dem Ticunas die S\u00e4uren und die Alkalien in die Wunde brachte, ftarben die Thierefo ungew\u00f6hnlich fchnell, dafs diefe Stoffe die Wirkung des Ticunas befchleunigt zu haben fcbienen. Hiezu kommt noch, dafs manche Gifte, namentlich die Biauf\u00e4ure, fchneller t\u00f6dten, wenn dieTheile, an welche fie gebracht werden, entz\u00fcndet find, und dafs alle bekannte Pfeilgifte fcharfe oder gew\u00fcrzhafte Stoffe zu Beftandtheilen haben.\nDiefes nun beftimmte mich, das amerikanifche Gift in Verbindung mit Pfeffer in Wunden zu applici\u00ab ren. Ich fand bei diefen Verfuchen, dafs dann jenes Gift eine gr\u00f6fsere Wirkfamkeit, als f\u00fcr fich allein \u00e4ufsert. Es fcheint foinit alles, was einen Reizzuftand in den Theilen hervorbringt, welche mit dem Gifte in Ber\u00fchrung treten, die Wirkung deflelben zu bef\u00f6rdern,","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nund hierin und in der Ausbreitung \u00fcber eine grofse, belebte, mitBlut hefpiilteFl\u00e4che, mag der Grund liegen, warum der Eilig ich\u00e4dlich ilt, wenn er bei verfchluck-ten Giften angewandt wird, fo lange fich diefe noch in dem Magen vorfinden,\n17. Ueberhaupt \u00e4ndert der Zuftand, in welchem fich der ganze K\u00f6rper, oder die Theile befinden, an welche das Gift applicirt wird, die Wirkung deflel-ben auf den thierifchen lehr ab.\nl) Eine Clarke Blutung der Theile, an welche das Gift applicirt wird, ich\u00fctzt nicht feiten gegen den nachtheiligen Ein\u00dfufs deffelben; Brodle bemerkt diefes vom Woorora, Heriffant vom Ticunas, und ich habe es nicht allein von dem amerikanifchen, fondera auch von andern Giften beobachtet. Das Blut fcheint das Gift wegzufp\u00fclen, \u00fcberhaupt das Eindringen deffelben in die belebten Theile, befonders in die Gef\u00e4fse zu hemmen. Hieraus l\u00e4fst fich nun auch erkl\u00e4ren, warum fich das Ticunas in den Verfuchen von Fontana unfch\u00e4dlich bewies, wenn er es in Wunden von den Lappen und K\u00e4mmen der H\u00fchner brachte. Eben fo, warum das ameri-kanifche Gift nach meinen Beobachtungen weit lang-famer und fchw\u00e4cher, als fonft wirkte, wenn es zugleich mit Kochfalz in Wunden gebracht ward; denn lobald ich Kochl\u00e4lz in Wunden brachte, erfolgte eine ftarke und anhaltende Blutung, eine Erfcheinong, mit welcher Thomd)ns T) Beobachtung, dafs das Kochfalz an die Schwimmhaut von Fr\u00f6fchen gebracht, meiftens eine Verminderte Bewegung des Biutes in den kleinen Arterien, Venen und Haargef\u00e4fsen, und eine ftarke Ausdehnung derlelben durch das Blut bewirkt, fehr gut\n1) Siehe deutfches Archiv f\u00fcr die Phyfiologie Bd. I. S. 437-","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"19*\n\u00f6bereinftimmt. Zu Folge einer Beobachtung von He-rijjant fcheint fogar jeder Blutverluft die Wirkung die-fes Giftes zu fchw\u00e4chen, fofern von 6 Pferden, denen er bald nach Application des Ticunas die Halsveno \u00f6ffnen liefs, 2 mit dem Leben davon kamen, aber 2 Tage nachher, wo er ihnen nach Application des Giftes die Ader nicht \u00f6ffnete, dadurch get\u00f6dtet wurden.\n2)\tAuf das Leben einzelner Theile, an welche es vor oder nach Unterbrechung der Lebensverrichtungen gebracht wird, \u00e4ufsert es keinen merklich nachtheiligen Einflufs. So fand ich, dafs fich das Herz und die willk\u00fchrlichen Muskeln, welche damit in Ber\u00fchrung gefetzt wurden, eben fo lebhaft und eben fo lange auf Reizung zufammengezogen, als Herz und Muskeln, welche damit in keine Ber\u00fchrung kamen.\nO\n3)\tUnterbindung des Saugaderftammes hindert nach Brodle l) die Wirkung des Woorora nicht.\n4)\tWird der R\u00fcckflufs des Blutes von dem Theile gehemmt, an welchen die amerikanifchen Gifte gebracht werden, fo erleidet der K\u00f6rper den nachtheiligen Einflufs deffelben nicht, denn in den Verbuchen von Herif-J'ciTit, Fontana und Brodle liefsen die Thiere, denen fie die Glieder, an welche Ticunas und Woorora war gebracht worden, bald nachher unterbanden, oder ampu-tirten, die Zuf\u00e4lle diefer Gifte nicht wahrnehmen. Zwar fieberte die Unterbindung der vergifteten Theile nicht immer gegen die Wirkung des Ticunas in Fontana\u2019s und Herifjant's Verfuchen, allein ich leite cliefes mit Brodle daher, dafs in diefen F\u00e4llen die Unterbindung entweder nicht bald, oder nicht feft genug gemacht wurde, denn ein Kaninchen, dem ich die\n1) Siehe Reifs Archiv f\u00fcr die Phyfiologie Bd. XI. S. Xf4.","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"193\nAorta defcendens unterband, und nachher eine betr\u00e4chtliche Menge von dem amerikanischen Gifte in den Un-terfchenkel brachte, erlitt keine Spur von den Zuf\u00e4llen diefes Giftes.\n5)\tWird das Gift in folche Theile des K\u00f6rpers gebracht, die blofs durch die Schlag- und Blutadern mit dem \u00fcbrigen K\u00f6rper in Verbindung flehen, fo \u00e4ulsert es feine volle Wirkung, nur etwas langfam. Es ergiebt fich diefes unwiderfprecblich aus Verhielten, welche ich in Verbindung mit einem meiner hoffnungsvollen Sch\u00fcler, dem Herrn Dr. Rapp an Fr\u00f6fchen an (teilte.' Wir durchfchnitten n\u00e4mlich einem Frofche alle Ineile des Schenkels bis auf die St\u00e4mme der Schlag- und Blutadern, und brachten dann zwilchen Haut uni! Muskeln des Fufses und Unterfchenkels 2 Gran vom w\u00e4ffe-5-jgen Extrade des amerikanifchen Giftes. Eine V ier-telftunde nachher gab das Thier nur noch fnhwache Zeichen des Lebens von fich, und dieles erlofch lehr bald. Bei der Section, welche wir 5 Minuten nachher unternahmen, zogen fich die Muskeln, die das Gift ber\u00fchrt hatte, fchwach auf Reizung zufammen, eben fo das Herz,\n6)\tDagegen aber \u00e4\u00fcfsert es feine giftige Wirkung auf den K\u00f6rper nicht, wenn es mit folchen Theilen in Ber\u00fchrung tritt, welche mit dem \u00fcbrigen K\u00f6rper blofs noch durch die Nerven in Verbindung ftehen. Es beruht diefer Ausfpruch auf einigen Verl uchen, bei denen mir ebenfalls Herr Dr. Rapp fehr beh\u00fclfiieh war, die ich hier der Wichtigkeit des Gegenftandes wegen, wie fie Herr Dr. Rapp aufgezeichnet nat, anf\u00fchre.\nAn dem Oberfchenkel eines Frofches wurde alles, aufser dieNervenltamme und der Knochen, durch frhuit-ten, und die Gef\u00e4fee wurden unterbunden. In eine Wunde","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"195\nfcwifchen Haut und Muskel am Unterfchenke] des ope-rirten Fufses wurden 3 Gran des w\u00e4fsrigen Extrac'tes von Ticunas 3 Minuten vor 11 Uhr gebracht, und die entbl\u00f6fsten Nerven von Zeit zu Zeit durch einen Tropfen Waffer befeuchtet, damit fie nicht austrockneten.\nU -j Uhr befand fich der Frofch noch ganz wohl.\nU I Uhr noch ganz gut, 20 Minuten vor 12 Uhr gut.\nUm 12 Uhr War der operirte Fufs f\u00fcr mechani-fche Reize jenfeits der operirten Steile noch lehr empfindlich.\nUm 1 Uhr ganz gut. Man fuhr fort, die entblofs-ten Nerven von Zeit zu Zeit mit Waffer zu befeuchten.\n11 Uhr, als man die Zehen des operirten Fufses mechanifch reizte, erfolgte ftarkc Reaction, nicht allein in dem gereizten Fufse, fondern auch in dem vordem Theile des K\u00f6rpers.\n2 ^ Uhr. Noch Empfindlichkeit in dem vergifteten Fufse ; denn fo wie diefer etwas gedr\u00fcckt wurde, bewegte das Thier lebhaft die Vorderfitfse, richtete den Kopf auf, und fu\u00e7hte davon zu gehen.\n2\tg Uhr. Das Thier fehlen noch nicht zu leiden, die Refpiration war regelm\u00e4\u00dfig.\n3\tUhr ebenfo. 5 ^ Uhr Bewegung und Empfindung im operirten Fufse hatte ganz aufgeh\u00f6rt; \u00fcbrigens feinen fich das Thier wohl zu befinden, die Refpiration war regelm\u00e4lsig.\n6 ^ Uhr ebenfo. 10 \u00a7 Uhr Refpiration regel-m\u00e4fsig; das Thier fchien noch nicht zu leiden.\n6 I Uhr Morgens, fchwache Refpiration. Auf mechanifche Reize erfolgten aber ltarke Muskalbewegungen.\nUm 8 Uhr waren die Augen halb gefchloffen. Die Fiifse waren unten hornartig ausgetrocknet, und lehr zerbrechlich,","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nJ auf io Uhr. Die Refpiration h\u00f6rte faft ganz auf. Das Auge war noch f\u00fcr mechanifche Reize empfindlich. Das Thier wurde nun todtgefchlagen.\nDiefer Verfuch ift in fofern f\u00fcr den aufgeftellten Satz entfcheidend, als hier der Einwurf, den man meiner Anficht \u00fcber die Wirkungsart der Gifte fchon vielf\u00e4ltig gemacht hat, dafs die Nerven f\u00fcr lieh, ohne den Kreislauf unf\u00e4hig feyen, Reize zu leiten, ganz wegf\u00e4llt. Denn bei mehreren Verfuchen, welche ich mit vielen Giften auf die eben erw\u00e4hnte Art anftellte, fand ich, dafs die, fo von dem \u00fcbrigen K\u00f6rper bis auf den Nervenzufammenhang v\u00f6llig getrennten Glieder von Fr\u00f6fchen 5 \u2014 6 und mehrere Stunden ihre Empfindlichkeit gegen mechanifche, auch gegen andere Reize faft ungefchwacht beibehielten, wenn man anders die Vorficht beobachtete, dafs man die ent'ol\u00f6fsten Nerven durch \u00f6fteres Befeuchten mit Waffer gegen das Aus-irocknen fch\u00fctzte. Eine Erfcheinung, die an und f\u00fcr lieh von grofser Wichtigkeit ift, und zu der ich bald die Belege ausf\u00fchrlicher liefern werde.\n7) Wenn durch eine gr\u00f6fsere Menge von dem amerikanifchen Gifte die Refpiration unterbrochen worden ift, fo vermag zwar das k\u00fcnftlich nachgeahmte Athmen den Kreislauf noch einige Zeit zu unterhalten, auch XchwacheRefpirationsverfuche zu veranlaflen, allein alle diefe Lebens\u00e4ufserungen verlieren fich meiftens fchnell, wenn man das Thier fich felbft wieder \u00fcber-l\u00e4fst. Diefes ergiebt fich nicht allein aus mehreren Verfuchen, welche ich zu diefem Ende anftellte, fondern auch aus Brodle\u2019s 1 ) Verfuchen mit dem Woorora,\n\u00a7. 18. Noch habe ich zu beftimmen, auf welche Gefch\u00f6pfe das amerikanifche Gift nachtheilig einfliefst.\nl) A. a. O.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Aus den bisherigen Unterjochungen ergiebt fich hier\u00fcber Folgendes:\n1)\tEs wirkt am nachtheiligften auf die S\u00e4ugthiere und V\u00f6gel, weniger nachtheilig auf die Thiere aus den untern Klaffen. Zwar behauptetHerijjant, dasTicunas t\u00f6dte Reptilien, Fifche und Infekten nicht, wiewuhi fie zuweilen davon zu leiden l'chienen. Allein nach Fontana t\u00f6dtet es Schildkr\u00f6ten und Fr\u00f6fche fchnell, und Blindfchleichen fehr fp\u00e4t. Ueberdies habe ich in meinen Verfuchen gefunden, dafs das amenlcanilche Gift ebenfalls niedere Thiere t\u00f6dtet. Eine Bliudfchleiciie, der ich 3 Gran davon in eine Wunde brachte, ftarb 25 Minuten nachher. Eine Wegfihnecke und Wolfsmilchraupe, denen ich es in Wunden brachte, itarben nach 24 Stunden und fp\u00e4ter, eben fo Fliegen, weiche davon gefreffen hatten,\n2)\tAuch auf die Pflanzen fcheint das amerikanilche Gift nachtheilig einzufliefsen, fofern Zweige und Bl\u00e4tter von der Euphorbia efula, dem Geranium mofchatum und rofeum, welche ich in Waffer fetzte, dem etwas von diefem Gifte beigemifcht war, bald welkten, w\u00e4hrend Zweige und Bl\u00e4tter von denfelben Pflanzen, welche ich unter denfelben Umft\u00e4nden in blofses VV aller letzte, Wochenlang gr\u00fcn und frifch blieben.\n\u00a7. 19. Ueber die Erfcheinungen, welche das amerikanifche Gift in dem thierifchen K\u00f6rper hervorbringt, ergiebt lieh aus meinen Verfuchen Folgendes :\nBald nach der Einwirkung des Giftes werden die Thiere traurig, trag und matt, der Herzfchlag etwas h\u00e4ufiger und h\u00e4rter, die Refpiration h\u00e4ufiger und be-fchwerlich, und die Haut mit den oberfl\u00e4chlichen Muskeln ziehet fich \u00f6fters und langfam zufammen, was fich aber nur durch die Hand deutlich wahrnehmen l\u00e4lst. Zu diefer Art von Schauder gefeilt fich oft ein iclnvaches","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nZittern, bisweilen fchwache Zuckungen, besonders der vordem Fiifse. Es tritt dann bald eine immer mehr zunehmende Schw\u00e4che der willk\u00fchrlichenMuskeln ein; die Thiere wanken und zittern bei dem Gehen und Stehen, lenken den Kopf, legen fich nieder, oder fallen um; dabei wird der Puls h\u00e4ufiger und zugleich hart, die Refpiration krampfhaft, feiten und fehr miihfam. Die Thiere werden fo fchwach , und fo unf\u00e4hig zu will-kiihrlichen Bewegungen, dafs fie beft\u00e4ndig auf dem Boden mit ganz fchlaffem K\u00f6rper da liegen, und nicht verm\u00f6gen, den fie befch\u00e4digenden Eindr\u00fccken auszuweichen, wiewohl fie fich fichtbar bem\u00fchen, es zu thun.\nDer Schauder verliert fich jetzt gew\u00f6hnlich, aber bisweilen zeigen fich fchwache Zuckungen, befonders in den vordem Extremit\u00e4ten ; der Herzfchlag wird l'chw\u00e4-clier, das Athrnen feltener und fehr miihfam : dabei liebt fich die Bruft kaum, hingegen der Kehlkopf ftark, auch \u00f6ffnet fich dabei fr\u00fcher oder fp\u00e4ter das Maul, \u00f6fters erweitert und verengert fich dabei regelm\u00e4fsig die Pupille; der K\u00f6rper f\u00fchlt fich kalt an, aber die Empfindungsf\u00e4higkeit dauert fort, denn die Pupille verengert fich, wenn Licht durch diefelbe f\u00e4llt, die Augenlider bewegen fich, wenn man den Finger dem Auge n\u00e4hert, oder diefes ber\u00fchrt, und das Thier bringt fchwache T\u00f6ne hervor, wenn man irgend einen feiner Theile befch\u00e4di-get. Bald darauf treten die Augen ftark aus ihren H\u00f6hlen hervor, fie werden ftarr, die Pupille weit, und jetzt h\u00f6rt die Refpiration ganz auf. Allein 2 oder 3 Minuten nachher f\u00fchlt man den Herzfchlag, und noch fp\u00e4ter ergiefsen die grofsen Arterien fl\u00fcffiges ven\u00f6fes Blut beim Anlchneiden, dann verengert fich die Pupille wieder etwas. Herz, Darmkanal und Muskeln bewegen fich noch 20, 40 \u2014 60 und mehrere Minuten, nachdem die Pidpiration aufgeh\u00f6rt hat ; das Blut in den Adern gerinnt bei Kaninchen, Katzen u. f. w. erft\nnach","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"nacli 3, 3 und melirern Stunden; eben fo fteJJt ficf, erft um diele Zeit die Todtenerftarrung ein, aber die F\u00e4ulnifs erft nach Verflufs einiger Tage. Dagegen ift die Nervenreizbarkeit meiftens fchon wenige Minuten nach dem Aufh\u00f6ren der Lebensverrichtungen erlofchen Nie fahen wir es ftarke Zuckungen veranlaffen -von den Ausleerungen bef\u00f6rderte es \u00f6fters die des Harns -nur einige V\u00f6gel, denen \u00e8s beigebracht worden, erbrachen fielt. Die damit vergifteten Tltiere dr\u00fccken zwar keinen Schmerz aus, allein da die Muskeln hiezu unf\u00e4hig find, fo l\u00e4fst fielt nicht behaupten, da fs fie keinen leiden. In den damit get\u00fcdteten Thieren findet man keine Ver\u00e4nderung, aus welcher man mit Sicherheit auf diefeTodesart fchliefsen k\u00f6nnte. Meiftens, namentlich bei allen den Thieren, die nicht fehlte]] durch die-fes Gift get\u00f6dtet worden , find die gr\u00f6fseren Venen, oft auch die H\u00f6hlen des Herzens, mit dunklem Blute angef\u00fcllt, Leber und Lungen reich an Blut, in den letztem oft viele braun\u00e8 Flecken. In den \u00fcbrigen Organen konnte ich keine bemerkliche Ver\u00e4nderung wahrnehmen , ungeachtet ich \u00f6fters das Gehirn, R\u00fcckenmark u. f. w. forgf\u00e4ltig unterfucht habe ').\nDas Blut bleibt zwar in den Gef\u00e4fsen l\u00e4ngere Zeit nach dem Tode fl\u00fcffig, allein nach Ablauf einiger Stunden gerinnt es darin, und wenn man es aus den Gef\u00e4fsen herausl\u00e4fst, und der Luft ausfetzt, fo erfolgt die\nl) lcli habe ' 2war bei den durch diefes und andere Gifte eet\u00fcdte-ten Thieren bisweilen rothe Flecken im Darmkanal, und Auftreibung der Gef\u00e4fse von einzelnen Theilen wahrgenommen, allein da diefes nicht fonft der Fall war, To z\u00e4hle ich diefe Er-febeinungen um fo weniger zu den Zuf\u00e4llen desamerikanifchen Giftes, der Blauf\u00e4ure u. f. w., als die St\u00f6rung der Refpiration, Welche diefe Gifte veranlaffen, leicht jene Erfcheinungen her-vorbringen kann, und fie bei kiinftlicher Unterhaltung der-felben nicht leicht Vorkommen,\nM. d. Archiv. IR. 2.\nO","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nGerinnung fclmell unci ganz Wie gew\u00f6hnlich. In Wunden von kleinen V\u00f6geln gebracht, \u00e4ufserte es aut' diefe durchaus keinen fch\u00e4dlichen Einflufs,\nDie Zuf\u00e4lle, welche cliefes Gift erregt, treten bei kleinen V\u00f6geln innerhalb einer Minute, bei Kaninchen und Katzen erft nach 3 \u2014 10 und mehreren Minuten ein; gew\u00f6hnlich t\u00f6ntet es in einigen Minuten, bis veilen aber auch erft in 20, 30\u2014 60 Minuten, ja erft nach einigen Stunden, das Gift felblt verliert dabei nur fehr wenig an Gewicht, und wenig oder nichts von feiner Kraft. Wenn es nicht t\u00f6dtet, fo liegen die Thiere bisweilen ein und mehrere Stunden mit ganz f, blaff m, kaltem K\u00f6rper da, und zeigen keine andere Bewegung, als die mit dem Arhmen verbundene, und wenn man einzelne ihrer Theile, ohne ein gr\u00f6fseres Gef\u00e4fs zu treffen, verletzt, fo ergiefsen diefe wenig oder kein Blut; he erholen fich in einigen Stunden v\u00f6llig wieder.\nDiefelben Erfcheinungen bringen das Ticunas und Woorara im thierifchen K\u00f6rper hervor; zwar behaupten Condamine und Paie, das Ticunas coaguhre fchnell das Blut der damit vergifteten Thiere j allein H\u00e8riffant, Fontana und Bankroft fanden das Blut immer fl\u00fcffig. Nach HeriJJant foil das Blut der untern Bohlvene von den damit get\u00fcdteten Thieren f\u00fcr andere, in deren Wunden er es brachte, fch\u00e4dlich, uncl die Herzh\u00f6hlen ftark zufammengezogen feyn, allein weder Fontana noch Bankroft erw\u00e4hnen hievon etwas. Endlich foil nach Heri/Tant und Bankroft das Ticunas und Woorara, die Thiere empfindungslos machen, allein fie verwetlife! n hiemit die Unf\u00e4higkeit der Thiere, gegen die, fie befch\u00e4digenden Einwirkungen zu reagiren.\nDie gr\u00f6fste Wirkfamkeit, welche Heriffant und Bankroft vorn Ticunas und Woorara beobachtet, r\u00fchrt, wie fchon bemerkt wurde, daher, dafs lie frifcheres Gift zu ihren Verfuchen benutzten.","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"199\n\u00a7. 20. Aus den \u00fcber das amerikanifche Gift mit-getheilten Beobachtungen ergeben fich aufser den Rei'ul-taten, welche fchon \u00a7. 5. \u00fcber die chemifche Eigen-fchaft erw\u00e4hnt worden, noch folgende:\n1)\tEs fliefst auf alle Klaffen von Thieren, felbft auf die Pflanzen nachtheilig ein, aber auf die warmbl\u00fctigen weit nachtheiliger, als auf die kaltbl\u00fctigen.\n2)\tEs todtet von allen Theilen des thierifchen K\u00f6rpers aus, welche entweder viele Rlutgef\u00e4fse enthalten, oder gef\u00e4fsreicheTheile als d\u00fcnne H\u00e4ute bedecken. Es t\u00f6dtet von blutenden Wunden und von den Luftwegen aus fchneller, als von dem Darmkanal und Bauchfell.\n3)\tAn die Nerven, an die \u00e4ufsern unverletzten H\u00e4ute, und an fibrofe Organe gebracht, \u00e4ufsert es keinen nachtheiligen Einflufs auf den \u00fcbrigen K\u00f6rper.\n4)\tWiewohl es Materien giebt, welche mit ihm gemifcht feine giftigen Eigenfchaften zerft\u00f6ren, fo fehlen doch noch Gegengifte gegen daffelbe.\n5)\tDie verfchiedenen Arten von amerikanifchen Giften kommen in Hinficht auf ihre chemifchen und phy-fifchen Eigenfchaften und in Abficht auf die Erfcheinun-gen, welche fie im thierifchen K\u00f6rper hervorbringen, fo mit einander \u00fcberein, dafs fie als Abarten ein und deffelben Giftes zu betrachten find.\n6)\tDie amerikanifchen Gifte unterfcheiden fich dadurch von den afiatilchen, dafs fie fehr bald die will-kiihrlichen Muskeln l\u00e4hmen, und weder io h\u00e4ufige und ftarke Convuliionen und Kr\u00e4mpfe, wie das Upas tieute, noch L\u00e4hmung des Heizens und Ausleerungen wie das Upas-Antiar veranlaffen.\n7)\tEs fliefst mehr auf das Gefammtleben, als das eigenth\u00fcmliche einzelner Organe nachtheilig ein.\nO 2","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\n8)\tDie Nerven find unter Umft\u00e4nden, wo fie ihre Wirkfan keit beibehalten, Empfindung und willkuhr-liche Bewegung vermitteln, unf\u00e4hig den fch\u00e4dlichen Einflufs dieles Giftes, felbtt wenn es an ihre periphe-ril'ehe Ausbreitung gebracht wird, \u00fcber den K\u00f6rper auszubreiten,\n9)\tDamit es feinen nachtheiligen Einflufs auf den ganzen K\u00f6rper \u00e4ufsert, ift es noth wendig, dais das Blut von dem Theile, an welchen es gebrat. ht worden ift, von diefen aus in den \u00fcbrigen K\u00f6rper zuriickftr\u00f6me.\n10)\tNach allem diefem fcheint das amerikanifche Gift durch die Wandungen der Venen in das Blut \u00fcberzugehen , und mit H\u00fclfe des Kreislaufs, das R\u00fcckenmark fo zu afficiren, dafs die erw\u00e4hnten Zuf\u00e4lle ent-ftehen. Zwar nimmt Brodle an, dafs das unmittelbar in das Blut \u00fcbergegangene Woorara dadurch t\u00f6dte, dafs es auf das Gehirn einwirkt, und die Verrichtungen de\u2019felben aufhebt: allein das amerikanifche Gift erzeugt keine Bet\u00e4ubung und Empfmdungslofigkeit, und bekanntlich h\u00e4ngt die Refpiration, welche dieles Gift i'o fehr ft\u00f6rt, nicht von dem Gehirn, fondera von dem R\u00fcckenmark ab.\n\u00a7. 21. Da diefe Anficht \u00fcber die Wirknngsart des amerikanifchen und anderer Gifte, die F\u00e4higkeit der Venen, Stoffe aufzunehmen , und Durchdringbarkeit der belebten thierifchen Organe f\u00fcr gewichtige Theile voransletzt, fo fey es mir hier erlaubt, die Er-fcheinung\u00e8n anzuf\u00fchren, von denen ich glaube, dafs fia uns berechtigen, jene Figeufchaften den belebten Thei-len des thierifchen K\u00f6rpers zuzui\u2019chreiben r).\nl) Wabrlcheinlich werden wir bald eine ausf\u00fchrlichere Unter\u00bb fuchung liber diefen Gefenftand erhalten, weil die medicmi-fche Facuit\u00e4t zu T\u00fcbingen fchon zum zweiten Male einen","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"1201\nVor allem k\u00f6mmt hier in Betracht, dafs die mei-ften weichen Theile des thierifchen K\u00f6rpers nach dem Tode F\u00fcr gewiffe gewichtige Stoffe durch dinglich find, foefonders der Zellftoff und die feineren Gefaise. So durchdringt das Waffer, die Galle, der Weingeift und Sauerftoff die thierifchen H\u00e4ute, eben fo nach IVollu-fton's Verfuche Salz mit H\u00fclfe des Galvanismus. Das Ocl dringt in die Subftanz der getrockneten weichen Theile ein, und die feinere Injectionsmalle geht leicht aus den Gef\u00e4fsen in das Gewebe der Theile \u00fcber. Berne; kenswerth ift hiebei, dafs diefes Durchdringen und Durchfchwitzen mit einer gevvilfen Auswahl erfolgt. Denn fo z. B. laffen die H\u00e4ute die Luft als folche nicht du- c.h, w\u00e4hrend fie das Waffer nicht halten k\u00f6nnen, und w\u00e4hrend der Blutkuchen, den man in befeuchtete H\u00e4 ute einfchliefst, fich eben fo wie in der freien Luft r\u00f6thet. Aehnliche Erlcheinungen bieten die thierifchen Safte dar, fofern fich ?.. B. nach Priefiley\u2019s Beobachtun-g n der Blutkuchen unter Serum, Eiweifs und Milch, ungleich fchneller, als unter Waffer durch die Luft r\u00f6thet.\nDiefe Erfcheinungen berechtigen uns zwar nicht, den Theilen des thierifchen K\u00f6rpers w\u00e4hrend des Le-\nPreis auf ihn gefetzt li\u00e2t. Noch mein- verTprecIie ich mir in Kiefer Hinficht von einem der genauefeen, gefc\u2019nickteften und fcharffinnigften phyliologifchen Experimentatoren, dem trefflichen Magendie, und ich rechne es mir zum Verdiente an, ihn aus Gelegenheit feiner bekannten Verfuche (\u00fcber die Vergiftung von Hunden , denen er das Upas tieute in eine Wunds des Schenkels gebracht hat, welche mit dem \u00fcbrigen K\u00f6rper Idols noch durch den Bliitftrom in Verbindung ftand, und die er fich (weit die Venen nicht mit freien M\u00fcndungen entfpvin-gen , fondern blofse Fortfetzungen der Arterien find,) nicht zu erkl\u00e4ren wufste), auf diefen Gegenftand aufmerkfam gemacht zu haben\u00bb","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nbens Durchdringlichkeit f\u00fcr gewichtige Stoffe zuzu-fchreiben , auch finden fie im Gefundheitszuftande gar nicht, oder in keinem auffallenden Grade Statt, allein fie beweifen doch, dafs die Bedingungen dazu vorhanden find. Auf jeden Fall aber fprechen folgende Er-fcheinungen f\u00fcr diefe Eigenfchaften.\nAL Monro 1 ) extrahirte aus den Muskeln von den Schenkeln zweyer Fr\u00f6fche, auf deffen Haut er |i Stundenlang vorher Kampfer geftreut hatte, den Kampfer mit H\u00fclfe von Weingeift nach Entfernung der Haut.\nln den Verfuchen von Pearfon nahm der Arm eines Negers, den er einige Zeit hindurch in dephlogiftifirte Salzf\u00e4ure legte, eine weifse Farbe an. Zwar war die-fes Bleichen des Mohrenarms von keiner langen Dauer, allein es erfolgte doch in den wiederholten Verfuchen, welche Pearjon anftellte, jedesmal auf das Eintauchen des Aims in jene S\u00e4ure, und lal'st fich wohl auf keine andere Weife, als durch ein Eindringen derfelben in die unter dem Oberh\u00e4utchen liegende Schichten der \u00e4ufsern Haut erkl\u00e4ren.\nNach den Beobachtungen von Chauffier fterben Thiere . die man bis an den Kopf in gelchwefeltes Waf-ferftoff taucht, oder denen man diefe Luft in den Darmkanal oder in die Lungen bringt, in kurzer Zeit, und die einzelnen Theile derfelben offenbaren den Schwefel-wafferftoff nicht blofs durch den Geruch, fondern auch dadurch, dafs fie das Blei und Silber fchw\u00e4rzen.\nHieher geh\u00f6ren auch die Beobachtungen von Humboldt 2), dafs die lebhaft reagirenden Muskeln von kalt-\ni) Attempt to determine by experiments how far fome of the moft powerful M\u00e9decines affect Animals. Siehe Effays and obferv phyfical and literary. Edinburgh. Th. III. S. 342.\na) Ueber gereizte Muskel- und Nervenfafer, 3. Ed, S. 322.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"203\nund warmbl\u00fctigen Thieren. Geh in Kohlenf\u00e4ure fchw\u00e4rz-ten, hingegen in Sauerftoffluft (ich wieder r\u00f6theten. Auch die Beobachtungen Mafcct g ni's, dafs ein mit Blut angef\u00fclltes Gef\u00e4fs eines lebenden Thieres, welches er an 2 Stellen unterband, nach einiger Zeit feine Spannung verlor und zufammen fank, fcheint auf einDurch-fchwitzen durch feine Wandung hinzuweifen. Ferner das \u00f6ftere Durchfchwitzen des Eiters durch die llaut-ftelle, unter der er (ich anfammelt.\nIch felbft habe einige Beobachtungen angeftellt, welche fich wohl nicht anders erkl\u00e4ren laffen, als aus einer folchen Durchdringbarkeit der belebten thierifchen Theile f\u00fcr gewichtige Materien; es find folgende:\nIch brachte das Oel von den bittern Mandeln und von dem Prunus padus Kaninchen an die unverletzte Haut ihres R\u00fcckens. Gegen die Weife der meiften \u00fcbrigen Gifte, erregten diele Oelarten von der \u00fcberhaut aus alle die Zuf\u00e4lle, welche die Blauf\u00e4ure hervor\u00ab bringt; noch ehe das Leben diefer Thiere v\u00f6llig er-lofchen. war , entfernte ich die Haut, an welche ich das Gift gebracht hatte; und unterfuchte die unter derl'el-ben liegenden Muskeln. Hier fand ich nun, dafs fogar die tiefften Schichten derfelben , welche unmittelbar auf den Knochen auflagen, und noch l\u00e4ngere Zeit hindurch fich lebhaft auf angebrachte Reize zufammenzogen, eben fo ftark, wie jene Oelarten nach Blauf\u00e4ure rochen, und diefen Geruch bis zur F\u00e4ulnils hin behielten.\nEin junger Fuchs, dem ich eine fehr gef\u00e4ttigte Aufl\u00f6lung yon Bleizucker in den Magen brachte, wurde fogleich t\u00f6dtlich davon angegriffen. Noch ehe das Leben g\u00e4nzlich erlofchen war, fand ich bei Unter-fuchung der Unterleibseingeweide die Magenh\u00e4ute, und die, fie ber\u00fchrende Fl\u00e4che der Leber fo von Bleizucker durchdrungen, dafs fie an. mehreren Stellen eine weifs-","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"liehe Farbe zeigten, uncl durch den, an fie hingeleiteten Strom der Schwefel - Leberluft gefchw\u00e4rzt wurden.\nUngeachtet das Bauchfell f\u00fcr lieh unempfindlich, und der Nerven beraubt ift, fo erregen doch manche Stoffe fait in demfelben Augenblick, in welchem fie daffelbe ber\u00fchren, heftige Schmerzen, ln vielen Verflachen fand ich, dafs Kaninchen, Katzen und andere Thiere, felbft wenn fie bei dem Oeffnen der Bauchh\u00f6hle keinen Schmerz ausdr\u00fcrkten, fogleich, wie Galle mit ihrem Bauchfell in Ber\u00fchrung trat, heftig fchrieen, fehr unruhig und fehwach, befonders an den hintern Gliedmaafsen wurden. Da nun aus Bichats Verbuchen und andern Erfcheinungen erhellt, dafs den Nerven die, ihnen von einigen Phyliologen beigelegte Atmofph\u00e4ren-wirkung fehlt, fo lafst lieh cliefe Erfcheinung wohl nicht anders, als aus einer unmittelbaren Einwirkung tier Galle auf die, an der \u00e4ufsern Fl\u00e4che des Bauchfells liegenden Nerven, erkl\u00e4ren. Hjeher geh\u00f6rt auch die von mir gemachte Beobachtung, dafs die Unterbindung der Pfortader ein Ausfehwitzen von Blut in die H\u00f6hle vom gr\u00f6fsern Theile des Darmkanals veranlafst *).\nWenn nun diefe Erfcheinungen darauf hinweifen, dafs w\u00e4hrend des Lebens verfchiedene H\u00e4ute, der Zell-\u00eftoff und die Muskeln gewiffe gewichtige Materien in ihre Subftanz und durch diefeibe dringen laffen, fo fcheinen mir folgende Beobachtungen auszufagen, dafs die \u00dflutgef\u00e4fse, namentlich die Blutadern gewichtige Stoffe in (ich aufnehmen.\nGoodwy/i und andere Aerzte fahen, dafs fleh die kleinern Venen lebender Thiere an der Luft r\u00f6theten. Eben diefes habe ich \u00f6fters, befonders an den Venen des Darmkanals, welche der Luft ausgefetzt wurden, beobachtet.\nl) Reil's Archiv f\u00fcr Pfiyiiologie Bd. 12. S. 255,","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"205\nAuch der Cbyliis in den gr\u00f6fsern Milchgef\u00e4fsen und dem Saugaderftamme vonThieren, bei denen die Bewegung diefer S\u00e4fte und aller Muskeln noch lebhaft vor fich geht, r\u00f6thet fich \u00f6fters, wenn diefe Gcf\u00e4fso der Einwirkung der Luft ausgefetzt werden.\nDie Verluche von Home fetzen es aufser allem Zweifel, dafs der F\u00e4rbeftoff der Rhabarber aus dem Darmkanal lebender Thiere ohne Beih\u00fclfe der einfau-genden Gef\u00e4fse unmittelbar in das Blut der Venen \u00fcbergeht. Denn er entdeckte dielen F\u00e4rbeftoff in dem Blute von Thieren, denen er den Saugaderftamm unterbunden hatte, und deren Lymphe keine Spur davon wahrnehmen liefs.\nDas Athmungsgefeh\u00fcft, eben fo dis Ern\u00e4hrung der ungebornen Jungen, von den erl'ten 3 Abtheilungen der Thiere l\u00e4fst fich ohne eine Aufnahme von gewichtigen Stoffen in das Blut der Venen nicht wohl erkl\u00e4ren. Was das Athmen an betrifft, fo er weifen die Verfuche mit k\u00fcnftlichen Luftarten einen unmittelbaren Uebertritt derfelben in das Blut, und nach den Zufammenftellungen mehrerer Beobachtungen \u00fcber das Athmen von Treviranus und Naffe wird es hoffentlich Niemand mehr bezweifeln, dafs bei dem gew\u00f6hnlichen Athmen Sauer hoff aus der atmofph\u00e4rifchen Luft in das Blut des Lungenfyftems \u00dcbertritt.\nDa bis jetzt die einfaugenden Gef\u00e4fse weder in dem Chorion noch in dem Mutterkuchen und dem Dot-terfack von den hohem Thieren erwiefen find, fo ift man gen\u00f6thigt, auch den Gef\u00e4fsen diefer Organe Aufnahme des Nahrungsftoffes, als eine ihrer Verrichtungen beizulegen. Denn wenn fich auch der Dottergang bei den V\u00f6geln wirklich fchon bei der erften Bildung erzeugte, und wenn, was ich aber beftimmt l\u00e4ugne, den Reptilien ein Dottergang zuk\u00e4me, fo k\u00f6nnte diefer und der Darmkanal die Ern\u00e4hrung des F\u00f6tus in den","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"erften Lehensperiorlen ihre1\" unvollkommenen Bildung wegen nicht wohl vermitteln.\nZu allem (liefern k\u00f6mmt endlich noch, dafs wir uns weder die Ern\u00e4hrung, noch die Ab\u00e4nderungen ohne ein Durchfeh witzen von dem Blute und der Theile, \u25a0welche es zufammerifetzen, erkl\u00e4ren k\u00f6nnen.\nIch glaube daher, dafs allen weichem Theilen des thierifchen K\u00f6rpers w\u00e4hrend des Lebens die F\u00e4higkeit zukomme, gewitfe Stoffe unmittelbar in ihr Gewebe aufzunehmen, und durch, daffelbe hindurch gehen zu Jaffe n.\nDie Beobachtungen, mit denen Hunter und Andere \u2022zu erweifen fuchten, dafs die Venen keine gewichtigen Stoffe in ihre Gef\u00e4fse aufnehmen, fagen blol's aus, dafs ihnen eine, den lymphatif hen Gef\u00e4fsen zukommende Einfauaunu fehle. Namentlich feheint mir aus (liefen Verfuchen und andernErfcheinungen zu folgen; i) das die Venen nicht nur kleine Mengen von Stoffen; 2) mit H\u00fclfe der Anziehung des Blutes, welches fie enthalten ; 3) vorz\u00fcglich dann deutlich in (ich aufnehmen, wenn jene eine grofse Fl\u00e4che von ihnen ber\u00fchren ;\t4) und\ndafs diele Aufnahme, wo nicht immer, doch meiltens, nicht, wie die Einfaugung, mit Affimilation verbunden ift. Uebrigens darf man diel'es Eindringen von gewichtigen Stoffen in das Gewebe von den belebten Theilen, lind die eben erw\u00e4hnte Aufnahme von gewichtigen Materien durch die Venen fchon deswegen nicht als einen mechanifoh ch mifchen Procefs betrachten, als die, allen belebten weichen Theilen zukommende ausdeh-netule unit zufammenziehende Bewegung den Grad der Di' htigkeit und Porofit\u00e4t des thierifchen Gewebes bedingt, z. B. in der Entz\u00fcndung die Permeabilit\u00e4t def-felben auch f\u00fcr nicht einheimifcheMaterien mit der tur-gescirenilen Bewegung zunimmt. Auch ift es nicht timvahrfcheinlich, dafs die, dem thierifchen Theile im","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"207\nLeben inwohnende Kraft hier auf eine \u00e4hnliche Weife wirkfam ift, wie der galvanifehe Strom bei der electri-fchen Durchf\u00fchrung von Stoffen durch andere Materien und Ausfcheidung aus denfelben,\n\u00a7\u2022 22. Von Seiten der Durchdringbarkeit der belebten Theile f\u00fcr gewichtige Stoffe fcheint mir zu Folge der erw\u00e4hnten und andern Erfcheinungen der Anficht, dafs die Gifte durch die Wandungen der Venen in das Blut derfelben \u00fcbergehen, kein Hindernifs Statt zu finden. Es fragt fich nur, ob fich diefe Anficht noch n\u00e4her erweifen J\u00e4fst, Da n\u00e4mlich nach den Verfuchen von Magendie, Delille, Brodle und denen, die ich angeftellt habe, die Wirkung der verfchiedenen Upas und Strychnosarten, die Blauf\u00e4ure, das ameri-kanifche und andere Gifte, blol's durch das, von den vergifteten Theilen zur\u00fcckfliefsende Blut bedingt wird, fo fragt es, fich hier blofs, ob in diefen Verfuchen wirklich ein unmittelbarer Uebergang diefer Gifte in die Blutmaffe Statt fand, oder nicht?\nEs laffen fich diefe Verfuche auf mehrere Weifen erkl\u00e4ren :\ni) Es k\u00f6nnten n\u00e4mlich die Nerven, welche diefe Gef\u00e4fse begleiten, die Leiter der fch\u00e4dlichen Wirkung diefer Gifte feyn, fofern die Gef\u00e4fsnerven mehr dem Ganglienfyftem angeh\u00f6ren, welches der eigentlich orga-nifehen Verrichtung vorfteht. Allein diefe Erkl\u00e4rungsart f\u00e4llt in den Verfuchen von Magendie und Delille, in welchen das Upas- Tieute von dem Schenkel eines Hundes aus, welcher mit dem \u00fcbrigen K\u00f6rper blofs noch durch den Blutftrom mit H\u00fclfe zweier, in die Schenkelarterie und Vene gebrachten R\u00f6hren in Verbindung ftand, t\u00f6dtete, ganz weg. Ueber diefes machen die Verfuche, welche ich mit der Blauf\u00e4ure und den Kr\u00e4henaugen angeftellt habe, es wahrfcheinlich, dafs die Gan-","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\ngliennerven eben fo wenig, wie die \u00fcbrigen Nervet-creei^net find, den fcli\u00e4dlichen Einflufs der Gifte von\nfcj \u00f6\t^\nden Theilen aus, an welche lie gebracht werden \u00fcber den K\u00f6rper zu verbreiten. Die Kaninchen , denen ich nach Unterbindung der Pfortader eine felir grofseMenge von \u00dflauf\u00e4ure, oder von einem gef\u00e4ttjgten Aufgufs \u2022 1er Kr\u00e4henaugen in den Darmkanal brachte, zeigten keine Spur von den Zuf\u00e4llen, welche diefe Gifte gew\u00f6hnlich veranlaffen : lie ftarben innerhalb einer Stunde unter den Erfcheinungen, welche die Unterbindung diefer Vene hervorbringt.\n2) K\u00f6nnte der Blutftrom den fcli\u00e4dlichen Einflufs diefer Gifte auf eine \u00e4hnliche Weife fortpflanzen, wie die Nerven die Eindr\u00fccke der auf lie einwirkenden Materie, oder durch eine Ver\u00e4nderung, welche fie mit, oiler ohne Beih\u00fclfe der Nerven durch einen eigenen Krank-heitsprocefs erlitten, durch Erzeugung einer den Con-tagien \u00e4hnlichen Sch\u00e4rfe. Ich werde diele Anficht, die ich fchon in einem fr\u00fcheren Au fl atze \u00fcber Gifte erw\u00e4hnte ' ), hier deswegen n\u00e4her ber\u00fccklichtigen , weil vor kurzem Herr Dr. Hardegg i) 2 3) fie zu bekr\u00e4ftigen fuchte, und felbft mein verehrungswilrdiger Freund, der verdienftvolle Herr Prof, von Autenrieth 5 ) ihr zu huldigen fcheint. Ein Haupteinwurf gegen diefelbe fcheint mir der zu feyn, dals f\u00fcr eine folche Leitung der fch\u00e4d-lichen \u00e4ufsern Einfl\u00fcffe durch das Blut keine Erfehei-nung fpricht, vielmehr in allen den F\u00e4llen, in welchen der Kreislauf die Einwirkung fremdartiger Materien auf den K\u00f6rper vermittelt, ein wirklicher Uebertritt\ni) Siehe T\u00fcbinger Blotter 2. Bd. 1. St\u00fcck.\n3) Diff. praef. Autenrieth, de vario arfenici in animalia effectu. Tubingae 1817.\n3) Siehe T\u00fcbinger Bl\u00e4tter Bd. III. Heft I. S. 83.","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"derfelben in die Blutmaffe Statt findet. Auch begreift man bei einer folchen Annahme nicht, warum Wie Blutmaffe durch Vergiftung gew\u00f6hnlich keine andere, als die Ver\u00e4nderung erleidet, welche fich von der, damit verbundenen St\u00f6rung des Athmens erkl\u00e4ren l\u00e4fstj warum die Gifte ihren fch\u00e4dlichen Einflufs nicht von folchen Theilen aus \u00e4ufsern, deren Vrenen unterbunden werden, fofern in diele das Blut frei einftr\u00f6mt, und die Verrichtung der Nerven noch einige Zeit hindurch anh\u00e4lt? Auch ift es unwahrfcheinlich, dafs ein fol-cher Krankheitsprocefs noch in einem Gliede Statt findet, das entweder von dem \u00fcbrigen K\u00f6rper bis auf feine Arterien und Venenft\u00e4mme getrennt ift, oder blofs durch zwei, in die Hauptarterie und Vene gebrachte R\u00f6hren mit dem \u00fcbrigen K\u00f6rper in Verbindung fteht, be-fonders da die Nerven, welche hier die Vermittler der fpecififchen Wirkung von den Giften feyn fallen, f\u00fcr diefe, wenn die Gifte unmittelbar an fie gebracht werden , ganz unempf\u00e4nglich find. Herr Dr. Hardegg beruft fich zwar auf die analogen Wirkungen von den Gemiithsbewegungen und Gontagien, allein ich glaube nicht, dafs hiedurch jene Anficht irgend eineSt\u00fctze er-\u00bb h\u00e4lt. Denn die Ver\u00e4nderungen, welche die, allerdings in ihren Wirkungen mit den Giften einigermafsen \u00fcber* einftimmenden Gem\u00fcthsbewegungen in den S\u00e4ften her* Vorbringen, z. B. der Zorn in der Milch und dem Speichel, fcheinen von einer urfpr\u00fcnglichen Affection der Centraltheile des Nervenfyftems durch Hie Gemiithsbewegungen in jenen S\u00e4ften erregt zu werden ; fie find blofs Krankheitsproduct, allein zufolge der eben erw\u00e4hnten Anficht w\u00e4re clie angenommene Ver\u00e4nderung der S\u00e4ftemaife vielmehr Krankheit.surl\u00e4che, wenigitens eben fo wohl diefcs als Krankheitsproduct.\nYV ras aber die Anfteckungsftoffe anbetrifft, fo un-terfcheidet fich ihr Einflufs auf den belebten K\u00f6rper in","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"fo vielen T\u00efinfichten von dem der Gifte, z. B. durch die Befchr\u00e4nkung ihrer Wirkung blofs auf eine Art oder fehr verwandte Arten von Thieren , auf einzelne Individuen, ja auf gewiffe Zuftande derfelben ; durch den regelm\u00e4fsigen Verlauf der Krankheiten, welche fie hervorbringen, wohin die Vervielf\u00e4ltigung des Contagiums, die Abftumpfung des K\u00f6rpers gegen daffelbe Contagium u. f. w. geh\u00f6ren ; durch dieTheile des thierifchen K\u00f6rpers, von und mit H\u00fclfe welcher fie diefe angreifen u. f. w., kurz die Anfteckungsftoffe unterfcheiden fich in diefen und andern Hinfiehten fo lehr von rlen Giften, dafs ich mir wenigftens keinen Schlufs von ihnen auf diefe und umgekehrt erlauben m\u00f6chte,\nUebrigens machen mehrere Erfcheinungen es von den Anfteckungsftoffen wahrfcheinlich, dafs fie materiell dem Blute beigemifcht werden, bevor fie den K\u00f6rper allgemein afficiren ; hieher rechne ich die Anfchwel-lung der lymphatifchen Gef\u00e4lse und Dr\u00fcfen, welche fo h\u00e4ufig die Anfteckung begleiten.\n3) Endlich k\u00f6nnte der Blutftrom dadurch die Wirkung der Gifte vermitteln, dafs die Gef\u00e4fse nur einen kleinen Theil derfelben durch diepor\u00f6fe Wandung vorz\u00fcglich der Haargef\u00e4fse aufnehmen , und dielen fol-chen Theilen, welche vorz\u00fcglich daf\u00fcr empf\u00e4nglich find, namentlich dem R\u00fcckenmarke, zuf\u00fchren. Diefe Anficht erh\u00e4lt fchon dadurch Wahrfcheinlichkeit, dafs die Gifte in die Blutmaffe felbft gebracht, in den klein-ften Quantit\u00e4ten, und in der kiirzeften Zeit ihre zer-ft\u00f6rende Wirkung \u00e4ufsern , und dafs fie mit allen phy-fiologifchen und pathologifchen Erfcheinungen aufs Befte \u00fcbereinftimmt. Denn dafs geringe Mengen von Gifte, welche anhaltend in den K\u00f6rper gebracht werden, ferner dafs alle Gifte, vielleicht mit Ausnahme des Arfe-nik\u2019s, namentlich die oftindifche Anguftura, welche durch die ein laugenden Gef\u00e4fse von folchen Theilen aus, in wel-","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"dien rfer Kreislauf unterbrochen worden ift, dem Blute beigemifcht werden, den K\u00f6rper nicht als Gifte angreifen, diele Erfcheinung widerfpricht der erw\u00e4hnten Anficht nicht, fofern Einfaugung gew\u00f6hnlich mit Affimi* lation verbunden ift. Auch die merkw\u00fcrdige Beobachtung von Delille und Magendie, dafs das Blut, welches von einem mit Upas-Tieute Vergifteten Tbeile zur\u00fcck-fliefst, f\u00fcr andere Thiere, in deren Adern fie es leiteten, feineu Fch\u00e4dlichen Eiuflufs nicht hatte, Vertr\u00e4gt fielt mit jener Annahme. Denn unter diefen Umft\u00e4nden konnte nur eine fehr geringe Menge von Gift in den K\u00f6rper \u00fcberftr\u00f6men, allein bekanntlich wird immer eine ge-Wilfe Quantit\u00e4t von Gift zur fpecififchen Wirkung def-felben erfordert, auch ift die Transfufion mit Umft\u00e4nden verbunden, welche leicht den K\u00f6rper gegen den Einflufs des Giftes fchiitzen k\u00f6nnen, da es bekanntlich nicht an Beifpielen fehlt, dafs bei gewiffen Stimmungen des K\u00f6rpers, z. B. in Nervenkrankheiten, aufser-ordentlich groke Gaben von Giften, ohne die Zuf\u00e4lle, welche fie gew\u00f6hnlich erregen, z. B. ungeheure Dofen von Opium, ohne alle Bet\u00e4ubung, ertragen werden. Auf jeden Fall l\u00e4fst fich diefe Erfcheinung hieraus eben fo befriedigend erkl\u00e4ren, als aus der Annahme einer, durch das Upas mit H\u00fclfe der Nerven erzeugten Sch\u00e4rfe, welche nur f\u00fcr den K\u00f6rper nachtheilig wirkt, der fie felbft erzeugt hat.\nDiefe Auficht wird aber dadurch mehr als wahr-fcheinlich, dafs einige Gifte wirklich in dem Blute der damit get\u00f6dteten Thiere angetroffen werden, Hie-her geh\u00f6rt der von Chauffier wahrgenommene Ueber-gang desSchwefelwafferftoffs in das Blut von den Thie-ren, welche er dadurch t\u00f6dtete, ferner die von mir und andern gemachte Beobachtung, dafs das Blut von Menfchen und Thieren, welche dem fch\u00e4dlichen Einflufs von Blauf\u00e4ure und der fie enthaltenden Gifte unter-","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nlagen, unverkennbar nach Blauf\u00e4ure riecht. Von dem Arlenik behauptet zwar Herr Dr. Hardegg, er gehe in das Blut, in das R\u00fcckenmark u. f. w. nicht \u00fcber, weil er ihn bei drei, durch Arlenik get\u00f6dteten Thieren in dem Blute und in andern Theilen ihres K\u00f6rpers nicht entdecken konnte. Allein felbft wenn die YTrfuche, auf welche lieh Herr Dr. Hardegg beruft, mit aller mir m\u00f6glichen Genauigkeit angelteilt w\u00e4ren, fo bewie-fen fie blofs, dafs fich in denfelben der Arlenik nicht in den erw\u00e4hnten Theilen von einigen Thieren, die er damit t\u00f6dtete offenbarte. Sie w\u00fcrden hier erft dann einige Beweiskraft haben, wenn daffelbe Pr\u00fcfungs-mittel geringe Quantit\u00e4ten von Arfenik, welche einer grofsen Menge von Blut beigemifcht wurden, angezeigt h\u00e4tte. Allein, einen Verfuch der Art hat Herr Dr. Hardegg nicht gemacht. Dagegen aber konnte ich in mehreren Verfuchen, welche ich vor einigen Jahren, unterftiitzt von meinem verehrungsw\u00fcrdigen Freunde, Herrn Beck, Profeflbr der Chemie zu Bern, anftelite, durch alle bekannte Pr\u00fcfungsmethoden des Arfenik\u2019s, diefes Gift, von welchem ich einem Pferde eine betr\u00e4chtliche Menge in die Blutadern gefpritzt hatte, weder im Blute noch in den Muskeln , dem heftig entz\u00fcndeten Darmkanal, noch in einigen andern Theilen entdecken. Bei den Unterfuchungen hier\u00fcber \u00fcberzeugte ich mich, dafs der thierjfche Stoff diefes Metall und andre K\u00f6rper den gew\u00f6hnlichen Reagentien verbirgt, und dafs er nicht einmal durch anhaltendes Digeriren mit Salpeterf\u00e4ure v\u00f6llig zerltort wird.\nII.","page":212}],"identifier":"lit14216","issued":"1818","language":"de","pages":"165-212","startpages":"165","title":"Ueber das amerikanische Pfeilgift","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:57:23.232751+00:00"}

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