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{"created":"2022-01-31T14:18:04.299788+00:00","id":"lit1422","links":{},"metadata":{"alternative":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig","contributors":[{"name":"Stirling, William","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Arbeiten aus der Physiologischen Anstalt zu Leipzig: 101-111","fulltext":[{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Anatomie der Cutis des Hundes.\nVon\nW. Stirling.\nMit zwei Tafeln in Farbendruck.\nDurch die Untersuchungen von Emminghaus, welcher die in der Haut gebildete Lymphe unmittelbar aufgefangen hatte, war es m\u00f6glich geworden, von den Bedingungen, die an der Bildung dieses Saftes betheiligt sind, genauere Vorstellungen zu gewinnen. Den Annahmen, durch welche sich die von ihm beobachteten Erscheinungen erkl\u00e4ren Hessen', musste indess so lange noch ein gewisser Grad von Unsicherheit anhaften, als es uns an einer genaueren Kenntniss der Bahnen fehlte, welche die aus den Blutgef\u00e4ssen ausgetretene Fl\u00fcssigkeit zu nehmen hat, um von dem Orte ihres Ursprungs an in die Lymphgef\u00e4sse zu gelangen. Die Ausf\u00fcllung dieser L\u00fccke Hess sich nur durch eine erneute, auf diesen Punkt gerichtete anatomische Untersuchung der Haut anbahnen, welche mit der bestimmten Absicht unternommen wurde, um auf die gewonnene Einsicht neue entscheidende Versuche zu bauen.\nDass zu diesem Zwecke die anatomischen Anschauungen nicht ausreichen, welche uns durch die ausgezeichneten Arbeiten von Rollet, Langer und Tomsa zu Thcil geworden sind, liegt darin, weil in dioson vorzugsweise nur die Eigenschaften der Cutis ber\u00fccksichtigt worden sind, durch wolch\u00f6sio zur elastischen Umh\u00fcllung des Rumpfs und der Gliedmaassen bef\u00e4higt wird. Zudem beziehen sich dieselben auch vorzugsweise auf die Haut des Menschen; da nun aber der physiologische Versuch auf diejenige des Hundes angewiesen ist, so musste zum Mindesten gepr\u00fcft werden, in wie weit der Bau der menschlichen Haut mit dem der Hunde-Cutis \u00fcbereinstimmt.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\n[322\nW. Stirling,\nAls ich nun unter dem Beist\u00e4nde des Herrn Prof. C. Ludwig die Zergliederung derllundehaut begann, zeigte es sich sogleich, dass das Schema derselben wesentlich anders zu fassen war, als man es nach don Angaben von Tomsa \u00fcber die menschliche Haut der Analogie gem\u00e4ss zu erwarten halte. Zugleich aber stellten sich der Richtung, welche ich meinen Beobachtungen zu geben w\u00fcnschte, grosso, zum Theil un\u00fcborwindbaro Schwierigkeiten entgegen, deren wesentlichste darin bostand, dass es mir nicht gelingen wollte, in der Cutis des Hundes die geschlossenen Lymphbahncn darzustellen, welche sich in derjenigen des Menschen unter Anwendling der richtigen Hilfsmittel so sicher gewinnen lassen.\nAus diesem Grunde ist_ das Ergebniss meiner Untersuchung weit von dem gew\u00fcnschten Ziele entfernt geblieben. Trotzdem hoffe ich auch in dem Unvollst\u00e4ndigen, welches ich bringe, nicht ganz Werthloses mitzulheilen.\nUm den wahren Zusammenhang der Formelemente dem Mikroskope zug\u00e4nglich zu machen, war es vor Allem n\u00f6thig, die Haut in einen Zustand von Quellung und Weichheit zu bringen, verm\u00f6ge deren sie in allen Richtungen mit Leichtigkeit durchschnitten werden kann und in einen Grad von Durchsichtigkeit, der auch verh\u00e4ltnissm\u00fcssig dicke Schnitte erfolgreich zu betrachten erlaubt.\nVon allen Methoden, die uns f\u00fcr diese Zwecke zu Gebote stehen, eignet sich nach meinen Erfahrungen keine besser als die folgende. Ueber einen starken Glasring, wie er aus R\u00f6hren von 20 bis 30 mm Durchmesser leicht herzustellen ist, wird ein ausgeschnittenes St\u00fcck der rasirt\u00e8n Haut im ausgespannten Zustand feslgebunden. So vorbereitet wird die Haut in einen k\u00fcnstlichen Magensaft versenkt, der aus 0.2prozenligcr Salzs\u00e4ure und einem sorgf\u00e4ltig bereiteten Glycerinpepsin besteht. Die Temperatur dieser L\u00f6sung wird in der Zeit, w\u00e4hrend welcher das Hautst\u00fcck in ihr liegt, constant auf 38 bis 40*) C. erhalten.\t'\nDie Ver\u00e4nderungen, welche die Haut durch den k\u00fcnstlichen Magensaft orf\u00e4hrt, bestehen wie bekannt der Reihe noch in einer Quellung mit darauf folgender Aufl\u00f6sung des collagenen Gewebes, der noch nicht verhornten Zellk\u00f6rper, der Nerven, und endlich sogar in einer Verfl\u00fcssigung des gr\u00f6sseren Theils der elastischen Gebilde. Obwohl dieselben Ver\u00e4nderungen auch die Salzs\u00e4ure f\u00fcr sich allein hervorrufen kann, so ist es ' doch vortheilhafter","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"223] Beithage zun Anatomie nun Cutis des Hundes. 103\nsich des Verdauungsgemisches zu bedienen, weil es die genannten Wirkungen bei einer niedrigeren Temperatur oder einem weil schw\u00e4cheren S\u00e4uregehalt hervorruft, ln Folge hiervon schreitet die Umwandlung des Gewebes langsamer fort, so dass man unschwer den Aufl\u00f6sungsprozess auf jeder beliebigen Stufe unterbrechen kann. Da der k\u00fcnstliche Magensaft wahrend seiner Arbeit allmUhlig unwirksam wird, so ernouortc ich in der llcgel nach dom Vorlauf von zwei Stunden die Fl\u00fcssigkeit.\nNuch einem ein- bis zweimaligen Wechsel dos Saftes, also nachdem das llaulst\u00fcck vier bis sechs Stunden der Verdauung anheim gegeben, war dasselbo meistens zur weitern Behandlung gen\u00fcgend vorbereitet. Diese besteht nun darin, dass man die Verdauungsll\u00fcssigkeit mit kaltem Wasser absp\u00fcll und das immer noch aufgebundene llaulst\u00fcck 24 Stunden hindurch in dcslillir-tem Wasser liegen l\u00e4sst. W\u00e4hrend seines Aufenthaltes in dem Wasser quillt dasselbe um das 4 bis 6fache und zwar nur nach seiner Dicke auf, da es sich wegen der Befestigung seinerR\u00e4nder auf der Glasr\u00f6hre nach seiner Fl\u00e4che nicht ausdehnen kann. Aus einem solchen St\u00fccke, welches nun etwa den H\u00e4rtegrad und die Steifigkeit eines zarten Apfels erreicht hat, lassen sich nach allen Richtungen hin, ohne Verwirrung der nat\u00fcrlichen Verbindungen, mit Leichtigkeit Schnitte von beliebiger Feinheit anfertigen und diese erweisen sich selbst bei einer Dicke von einem Millimeter noch \u00e4usserst durchsichtig. Es darf hier die Bemerkung nicht unterbleiben, dass die Haut des Hundes weit leichter verdaulich als die des Menschen ist.\nDie Schnitte k\u00f6nnen nachtr\u00e4glich mit Carmin und Haemato-xylin gef\u00e4rbt und ohne eine Schrumpfung zu, erleiden, in chromsaurem Kali geh\u00e4rtet werden,' kurz, sie ortragen noch alle dem Mikroskopikcr gel\u00e4ufige Behandlungsweisen.\nMil gleichem Vortheile wie die unver\u00e4nderte l\u00e4sst sich auch die Haut, deren Blutgef\u00e4sse injicirt sind, der Verdauung unterwerfen. Das Verfahren, nach welchem ich die Gef\u00e4sse injicirle, will ich noch kurz beschreiben, weil cs mir auf fast unfohlbarc Weise Injoetionon von oiuor Vollst\u00e4ndigkeit verschont hat, wie sio mit den gew\u00f6hnlichen Mitteln nur unter besonders g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden zu erreichen sind. Als Injoclions\u00fcUssigkeil diente mir eine klare w\u00e4sserige L\u00f6sung von Borlinorblau. Die Orte, welche ich injicirte, waren die Extremit\u00e4ten, der Druck, unter welchem die Fl\u00fcssigkeit eindrang, war ein constanler, zwischen je 100 bis","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nW. Stirling,\n[224\n200 mm Quecksilber. An demGliede, welches eingespritzt werden sollte, setzte man die Candle in den grossen Arterienstamm, nachdem dieselbe cingef\u00fcgt war, umschntlrte man unmittelbar hinter derselben das Glied mit einem starken Messingbande, das aus zwei umeinander gewundenen Drahten hergestellt ist. Dieses Hand zieht man mit Hilfe einer starken und langen Drahtzange, wie sie von den Gasschlosscrn zum Verschrauben derR\u00f6hren gebraucht wird, so fest als m\u00f6glich zusammen; auf diesen Verschluss ist die gr\u00f6sste Sorgfalt zu verwenden, da von seiner Vollst\u00e4ndigkeit das Gelingen der Fllllung abhangt. Nachdem das Band angelegt ist, lasst man die Farbe in die Arterien-CanUle cinlliessen und zwar so lange, als \u00fcberhaupt unter dem angegebenen Drucke noch ein Einstr\u00f6men geschieht. Mit abnehmender Geschwindigkeit dauert dieses letztere gew\u00f6hnlich viele Stunden hindurch. Wahrend dieser Zeit kann man in ein St\u00fcck, das aus dem halben Ober-, dem Unterschenkel und der Pfote besteht, mehrere Hundert Cubik-Centim. Fl\u00fcssigkeit eintreiben, so dass hierdurch das Glied m\u00e4chtig aufschwillt. Die Vertheilung, welche die Beslandtheile der Fl\u00fcssigkeit innerhalb des Gliedes erfahren, gestaltet sich so, dass sich alle Farbstoffmassen innerhalb der Gef\u00e4sse niederschlagen, in Folge dessen sie vollgepfropft von blauen K\u00f6rnchen erscheinen ; das Wasser aber tritt durch die Gef\u00e4sswand in das Bindegewebe, erzeugt dort ein bedeutendes Oedem und fliesst \u00f6fter in feinen Tr\u00f6pfchen durch die Epidermis ab.\t\u2022 *\nIch gehe nun zur Darstellung dessen Uber, was mir aus meinen Beobachtungen mitlheilenswerth erscheint.\n1. Das Lageiwerh\u00e4llniss der elastisoben Fasern und dpr Bindegewebszellen zu den collagenen B\u00fcndeln. \u2014 Auf einer Schnittfl\u00e4che, die senkrecht gegen die freie Ebene der Cutis gef\u00fchrt ist (Fig. 1), sieht man den Raum, welcher zwischen den llaarb\u00e4lgen, Fell- und Schweissdr\u00fcsen \u00fcbrig bleibt, durch ein elastisches Netz und eine grosse Zahl eingestreuter Zellen ausgef\u00fcllt. Die Maschen dieses Notzos sind von bogenf\u00f6rmigen Fasern begrenzt, die eine unglcicho Starke besilzon. Die stttrkston elastischen Blinder laufen in gr\u00f6ssern Abst\u00fcndon von einandor, und von ihnen zweigen sichzarloreah, wodurch die gr\u00f6sseren R\u00e4ume, welche zwischen den starken Fasern \u00fcbrig bleiben, in immer feinere zergliedert werden. Die gr\u00f6sste Summe der starken Bander findet sich in der Mitte der Cutis; verfolgt man dieselben","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"225] Beitr\u00e4ge zun Anatomie der Cutis des Hundes. 105\nin dem Raume zwischen zwei Haarbalgen gegen die Oberfl\u00e4che dieser letztem, so sieht man sie meist aus einer Flache hervorgehen, welche den Haarbalg umhtlllt, woraus dann zu schliessen, dass der letztere von einem aus elastischem Netzwerk gebildeten Korbe \u00fcberzogen ist. Von dieser Umkleidung des Ilaarbalgs, und zwar wie es scheint von je einem Haarb\u00fcschel nur einer, erstreckt sich eine starke elastische Faserung in der Richtung des sog. erector pili, die sich bei ihrem Verlaufe gegen die freie Haut-flache allmahlig in Zweige vertheilt, welche sich unmittelbar in die P21emente des elastischen Netzwerks fortsetzen, das die Cutis aller Orten durchzieht. Da auf einem Schnilto, wio ihn Fig. I wiedergiebt, dio Maschen ausgedehnt bleiben, so muss das Zusammenfallen ihrer Grenzfaden durch eine eingelagorto Masse verhindert sein ; daraus folgt, dass die Bindegewebsb\u00fcndel, welche dieselben ausf\u00fcllen, an einem solchen Pr\u00e4parate nicht vollkommen aufgel\u00f6st, sondern nur bis zu einem sehr hohen Durchsichligkeitsgrade gequollen sind.\nZu dem ebengeschilderten Schnitte tritt erg\u00e4nzend der in Fig. 2 abgebildele, welcher nach der Fl\u00fcche der Cutis gef\u00fchrt ist. Fr geh\u00f6rte einem Ilautst\u00fcck an, das der Verdauung weniger lange als das vorhergehende ausgeselzt war. \u2014 Der Raum zwischen den Haarb\u00fcscheln ist hier wiederum ausgef\u00fcllt durch Faserungen und eingeslreute Zellen. In den ersleren unterscheidet man nun durch bekannte Kennzeichen die elastischen von den collagencn Fasern. Wahrend jene sich Uber die ganze Flache, soweit sie nicht von den Haaren eingenommen ist, netzf\u00f6rmig verbreiten, stellen diese gradlinige Z\u00fcge dar, dio sich in den R\u00e4umen zwischen den Haarbalgb\u00fcndeln mannigfach kreuzen. Die Fbeno dieser Kreuzungen liegt zum \u00fcberwiegenden Grado mit der Oberllache der Cutis parallel, wie dieses daraus erhellt, dass man auf den verschiedenen Flachschniltcn die durch die Dicke der Haut gelegt wurden, koine collagenen Fasern sieht, die sonkrocht auf ihre Zugrichtung durchschnilton sind. Dieses Verhallen steht mit den Angaben in Widorspruch, welcho Uber den Rau der menschlichen Cutis vorliegon; denn wahrend man diese aus collagenen B\u00fcndeln gewebt soin lasst, dio sehrllg von union nach oben aus dem lockeren Unterhaulgewebo gegen dosFpider-J mislager emporsteigen, erscheint die Cutis des Hundes, analog der Cornea, aus vielfachen Schichten \u00fcbereinandergelegter","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\tW. Stirling,\t[226\nGeliechte gebildet, dio in ihrer Lago durch die dazwischen gesponnenen elastischen Faden gehalten werden.\nDie urspr\u00fcngliche Form der Zellen, welche im Stroma der Cutis zerstreut Vorkommen \u2014 die also ihrer Lage nach keinen Falls den Oberh\u00e4uten, donDr\u00fcsen, den Nervenscheiden oder den Blutgef\u00e4ssen zuzurechnen sind \u2014 ist zwar inFolge ihrer Behandlung mit Magensaft wesentlich ver\u00e4ndert, irnmorhin aber pr\u00e4gen sich in der Gestalt der vorhandenen Kerne zwei Arten derselben aus. Die eine dorsellien zeigt rundliche, die andere spiudelf\u00f6r-mige Kerne. Die Zellen mit runden Kernen sind viel seltener als die andern, und wesentlich nur an den Orten vortreten, die reichlich mit Blutgef\u00e4ssen versehen sind. Demgem\u00e4ss sind sio zahlreich vorhandon in der Oberflilcho dor Cutis, auf welcher die Epidermis sitzt, hier linden sie sich namentlich nach dorn Verlaufe der Capillargef\u00fcsse hingelegt, sieheFig.\u00f6. Noch reichlicher als auf der ebengenannten Flache kommen sieim Unlerhautbinde-gevvebe und hier auch viel weiter verbreitet vor. Fig. 6. Da die Kerne denjenigen derLyrnphzellen sehr \u00e4hnlich sehen und da im Unterhaulbindegew'ebe reiche Netze von Lymphgefassen leicht darstellbar sind, so wird man kaum einen Irrthum begehen, wenn man die grosse Zahl jener runden Kerne mit dem Inhalt der Lymphgef\u00fcsse in Verbindung bringt.\nVon den Zellen mit spindelf\u00f6rmigen Kernen ist bei einer selbst sehr fortgeschrittenen Verdauung ausser diesen auch noch ein Theil der Zellplatle erhalten, die demnach \u00e4hnlich wie der elastische und der Hornstoff der aufl\u00f6senden Wirkung des Magensaftes einen bedeutenden Widerstand entgegen setzt. Diesem Umstande wird es auch zu verdanken sein, dass an Pr\u00e4paraten, deren collagenes Gewebe vollst\u00e4ndig verschwenden ist, sich viele dieser Zellen noch in ihrer normalen Lage befinden. Sie belegen, wenn die Verdauung den genannten Grad erreicht hat, die st\u00e4rkeren Zweigo des elastischen Netzes oft. in zusammenh\u00e4ngenden Schichten. War die Verdauung weniger weit fortgeschritten, so dass noch merklicho Reste der collagenen Faserung sichtbar sind, so treten sio nun auch zwischen dieser auf, wobei die l\u00e4ngste Achse des spindelf\u00f6rmigen Kornes in der Richtung des Faserzuges verl\u00e4uft. Sonach wordon diese Zollen zu derGattung geh\u00f6ren, die Schweigger-Seidel an den Faserz\u00fcgen der Hornhaut und Ranvier an denjenigen der Sehnen beschrieben hat.\n","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"\n227]\nBeitr\u00e4ge zur Anatomie du a Cutis \u00bbes Hundes.\n107\nDurch dio beschriobone anatomische Einrichtung scheint es inir verst\u00e4ndlich, warum die Haut, trotzdem dass ihre Faserung mit derjenigen des unterliegenden Bindegewgbes zusammenh\u00e4ngt, eine von diesem ganz unabh\u00e4ngige und dazu eine so mannigfach ver\u00e4nderliche Spannung annehmen kann. Da die collagenon B\u00fcndel in w\u00e4sserigen L\u00f6sungen weit mehr aufquellen, als die elastischen Faserungen, von denen sie umgriffen werden, so m\u00fcssen sie, je nach der Menge und der Zusammensetzung der umsp\u00fclenden Fl\u00fcssigkeit den letztem eine mehr oder weniger grosse, jedenfalls aber eine merkliche Spannung erlheilen. Denn es widerselzon sich dio elastischen dom Ausdehnungsbestreben der collagenen Fasern. \u2014 Ausser der in ihre Stoffe imbibirton ist auch noch die Fl\u00fcssigkeit auf andere Art in der Haut enthalten. Dieses ergiebt sich aus der allgemein bekannten Erfahrung, dass man aus der Cutis Fl\u00fcssigkeit durch Dr\u00fccke austreiben kann, die weitaus nicht hinreichen, um das in ihre Stoffe selbst irobi-birte Wasser auszupressen. Ein Raum f\u00fcr diesen Fl\u00fcssigkeilsan-theil der Haut ist in den Spalten gegeben, welche zwischen den unebenen Fonnbestandlheilen um so sicherer entstehen m\u00fcssen, als jeder derselben verm\u00f6ge seiner Elasticit\u00e4t seine eigenlh\u00fcmliche Gestalt aufrecht zu erhalten bestrebt ist, und sie auch wieder annimmt, wenn sie durch \u00e4ussere Kr\u00e4fte um dieselbe gebracht war.\nDa hier der Punkt liegt, an welchem die Lehre von der Saftbewegung durch die Cutis zuerst einzuselzen hat, so wird eine genauere Verfolgung der hier nur qualitativ geschilderten Verh\u00e4ltnisse in Zukunft geschehen m\u00fcssen.\n(\t2. Die Verbreitung der Blutgef\u00e4sse. Aus einem mit Ber-\nlinerblau injicirten und der Verdauung ausgeselzt gewesenen Hautsl\u00fcck l\u00e4sst sich ohne grosse Schwierigkeit ein Pr\u00e4parat gewinnen, wie es Fig. 3 abbildet. Selbstverst\u00e4ndlich erscheinen an letzterem auch die Arterien in blauer Farbe. Zur Unterscheidung derselben von den Venen ist mau vorzugsweise auf die Verfolgung der kleinsten Aesle bis zu den Sl\u00e4mmchen in das Unterhautbindegewebo angewiesen, da dieselben kurz nach ihrem Eintritt in die Cutis schon die Muskelringe einb\u00fcssen, welche an andern Orten den Sl\u00e4mmchen bis zur Aufl\u00f6sung in Capillaren eigen zu sein pflegen. \u2014 Der Verlauf der Gef\u00e4sse ist nun folgender.\nAus den Arterienst\u00e4mmchen des Unterhautbindegewebes (A)","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nW. Stirlimj.\n[228\nerheben sich fein\u00ab Aeslchon, die in der Mille zwischen je vier (in dem Durchschnitt zwischen je zwei) Haarb\u00fcscheln emporlaufen. Von diesen Aestchen^zweigen sich andere noch feinere ab, von denen je eins (a) zu der Fotttraube und dem stumpfen Ende der SchweissdrUso, ein zweites (b) zum Haarbalg, ein drittos (c) zu dor Fettdr\u00fcse desselben verl\u00fcuft, dos in der Rogcl euch Auslilu-fer zum erector des Haares schickt; die Reste des aufsleigenden Arterienzweiges (d/l) begeben sich bis zu der Oberfl\u00e4che der Cutis, bezw. zu dem Boden der Epidermis. Jeder dieserZweige l\u00f6st sich in Capillaren auf, aus denen sich je eine Vene sammelt, welche neben der entsprechenden Arterie bis zu deren Urspr\u00fcnge herabl\u00fcuft. Die Vertheilung, welche den, Blutgef\u00e4ssen in der liundehaul zukommt, entspricht also iin Wesentlichen derjenigen, die seit den Untersuchungen von Tomsa auch im Bereiche der menschlichen Haut bekannt ist, denn es fehlen auch in unserem Objecte den Bindegcwebsmassen, welche zwischen das Fett, die Muskeln und Dr\u00fcsen eingeschoben sind, die capillaren Gcfdsse vollst\u00e4ndig. An den mit k\u00fcnstlichem Magensaft behandelten Haut-st\u00fccken tritt der Mangel der Blutcapillaron innerhalb des Bindegewebes besonders deutlich hervor, weil dieBindegewebsmassen einen so hohen Qucllungsgrad besitzen.\nAn der mit k\u00fcnstlichem Magensaft behandelten Haut des Hundes habe ich Uber die Structure\u00ab einiger Formbeslandtheile derselben Erfahrungen gesammelt, die ich nicht mit Stillschweigen \u00fcbergehen m\u00f6chte.\n3. Die Schweissdr\u00fcscn der Hundehaut sind sehr zahlreich vorhanden. \u2014 Zwischen jedem Haarb\u00fcschel trifft man mindestens eine dieser Dr\u00fcsen an. . Sie beginnen noch innerhalb der Felllrauben, die unter den Haarwurzeln liegen, auf die gew\u00f6hnliche Weise. Aus dem Kn\u00e4uel geht ein gewundener Schlauch hervor, der sich in einen langen Hals verj\u00fcngt, welcher dann schliesslich mit einer kloinon Erweiterung, dom Trichter, in einen Ilaarbalg m\u00fcndet. Fig. 1 b. \u2014 Der Ort, an welchem die SchweissdrUso in den Ilanrbalg \u00fcbergeht, ist, wio schon Clioda-l'Owski ') richtig angiobt, oberhalb dor Ooffnung der Fettdr\u00fcse, also immer noch in einer merklichen Entfernung von dem Austritte des Haares auf der Gulisoberflitche gelegen. Von den Haarb\u00e4lgen, welche b\u00fcndelweise angeordnet liegen, verschmelzen be-\ni) Ucbcr die Hautdr\u00fcsen einiger S\u00e4ugethiere, Dorpat 1871.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"109\n229] RkitrXqk zur Anatomie dur Cutis dfs Hundes.\nkenntlich mehrere, bevor sie sich auf derGutisoberfl\u00fcche \u00f6ffnen; die Schweissdrllse begiebl siel\u00bb in das mehreren Haaren gemeinsame BalgstUck.\nObwohl demnach die Maut des Hundes weit weniger SchweissdrUsen als Haare tr\u00fcgt, so ist sie doch, wie schon oben bemerkt, keineswegs arm daran. \u2014 Ihrer Slructur nach unterscheidet sich die Schweissdr\u00fcsc des Hundes in einem wichtigen Punkte von der des Menschen.\nNach den Beobachtungen Heynold's setzt sich die tunica propria der menschlichen Dr\u00fcse aus cinpr mehrfachen Schicht von flachen Zellen zusammen, auf welche nach innen dieEpilhelien des Schlauches folgen. Beim Hunde beginnt die Wand des letztem von aussen nach innen hin ebenfalls mit einer Lage platter Zellen, aber diese sl\u00f6sst nicht unmittelbar an das Epithelium, sondern sie ist von ihm durch eine \u00fcberall gleich starke Schicht eines durchaus homogenen Stoffes getrennt. Pig. l.A. Diese Schicht ist von einem so festen Gef\u00fcge, dass sie sich als eine homogene Haut auch dann noch behauptet, wenn selbst die Verdauung so weil fortgeschritten ist, dass die im Innern des Rohrs ' gelegenen Zellen zu einer formlosen Masse verschm\u00f6lzen sind, Fig .T.B.\nDa die verd\u00fcnnte Salzsiiure viele Bestandtheile der Haut durch Quellung vergr\u00f6sserl, so wilrees denkbar, dass dasselbe mit der membrana propria der Schweissdr\u00fcse geschehen w\u00e4re. Aber auch bei einer weit geringeren Dicke w\u00fcrde eine homogene Haut, welche die H\u00f6hle der Dr\u00fcse von der Umgebung abschliesst, f\u00fcr ein Organ von Bedeutung sein, dessen Function im Wesentlichen auf dem unter Umst\u00fcnden raschen Durchgang von w\u00e4sserigen L\u00f6sungen beruht.\n4. Ueber die Structur des erector pili gewinnt man an der verdauten Haut deutlichen Aufschluss. Der Strang, welchen man als Aufrichtomuskel dos Haares beschreibt, besieht in meinen Pr\u00e4paraten aus einem starken Zug von elastischen Fnsorn, in wplcho eine gr\u00f6ssoro Zahl von Muskelzellen eingesprongt ist. Die elastischen Fasern nehmen ihren Ursprung aus der gleichnamigen Umh\u00fcllung dos llnnrbalgos. Von diosom aus steigen sie als eine festgeschlossene Faserung in bekannter Weise gegen die freie Oberfl\u00e4che der Cutis; bevor sie jedoch dieselbe erreicht haben, l\u00f6st sich das B\u00fcndel unregelm\u00e4ssig f\u00e4cherf\u00f6rmig in eine gr\u00f6ssere Zahl von feineren Str\u00e4ngen auf. Jeder derselben spaltet sich","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nW. Stirling,\n[230\nabermals in einzelne Fasern, die schliesslich in das elastische Netzwerk \u00fcbergehen, das nahe unter der freien ObcrflUche der Cutis ausgespannt ist. (Fig. 9.)\nZwischen diese elastischen Fasern, vornehmlich aber zwischen diejenigen, welche den Stamm des elastischen Zuges bilden, sind Muskelzellen mehr oder weniger reichlich eingesprengl (Fig. 8\u00ab\u00ab.), die nach der F\u00e4rbung mit Carmin besonders deutlich hervorlreten , da das elastische Gewebe diesen Farbstoff nicht annimmt.\nNach dieser Beschreibung besieht der llaarbalgmuskel nicht aus glatten Muskelfasern, die am Ilaarbalge entspringen, durch die Dicke der Cutis als solche hinziehen und in der Oberfl\u00e4che dieser letzteren enden, sondern im Wesentlichen aus einem elastischen Bande, dessen Bestandlheilc durch eingesprengte Mus-kelzellcn gegen einander verschoben werden k\u00f6nnen.\n5. Die Bindegewebsb\u00fcndel der Cutis erfahren durch die Verdauungsfl\u00fcssigkeit zuweilen eine Ver\u00e4nderung, in Folge deren sie den quergestreiften Muskeln t\u00e4uschend \u00e4hnlich sehen, Fig. 8. Man w\u00fcrde zu einer Verwechselung kommen k\u00f6nnen, wenn man dagegen nicht einerseits durch die Massenhaftigkeit des Vorkommens und andererseits durch gewisse Eigenschaften einzelner Formen gesch\u00fctzt w\u00e4re. Zu diesem letzteren z\u00e4hlen der Ueber-gang eines quergestreiften in ein vollkommen glattes St\u00fcck (Fig. 90), das \u00f6fter an seiner Umschlagslelle die ungemeine D\u00fcnne, das Bandartige des Gebildes verr\u00e4th. Unter diesen B\u00e4ndern linder, sich h\u00e4ufig auch solche, welche darauf hinweisen, dass die Querslreifungen auf einer weiteren Ausbildung der zuerst von Hank beschriebenen umsponnenen Faser beruht (Fig. 8 e). Durch diese rosenkranzf\u00f6rmigen Fasern wird die Annahme nahe gelegt, dass die Querstreifen einer H\u00fclle angeh\u00f6ren, aus deren Innerem mittelst der Verdauung die collagene Einlagerung weg-gesehall't ist, w\u00e4hrend sie selbst als elastischer Stoffdon Angriffen des k\u00fcnstlichen Magensaftes widerstanden habe. Diese Scheiden \u00fcberziehen nicht bloss die breiteren Bindegewebsb\u00fcndel, sie erstrecken sich auch Uber sehr feine hinaus. Oefter will es auch scheinen, als ob sich dio Scheiden in feinere zerspaltoten, Fig. 9d. Es d\u00fcrfte jedoch bei der Feinheit des Gegenstandes schwierig sein, eine Entscheidung dar\u00fcber zu f\u00e4llen, ob eine Theilung urspr\u00fcnglich einfacher oder eine Uebereinanderlagerung urspr\u00fcnglich getrennter B\u00e4nder slaltgefunden habe.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"2;H] \u00dcKITItXfiK ZUH Ana'I'OMIK DHIl CllTIS 1IKS llllNDKS.\tfit\nC. An HaulslUckcn, welche in der Verdauung so weit forl-gesehrillen sind, dass sieh die oberfl\u00e4chlichste Schicht der Cutis als ein zither Brei mit der Messerklinge abheben liisst, gewahren die dort verbreiteten Blutgef\u00e4sse ein eigent\u00fcmliches Ansehen, Fig. 4. Die Capiliaren erscheinen als \u00e4usserst zarte Gebilde, die sich aus aneinandorgereihten spindelf\u00f6rmigen Zellen zusammen-selzen. Nach Aussehen und Verteilung sind sic den aus andern Oberfl\u00e4chen \u2014 z. B. der Cornea \u2014 bekannten Nervennetzen so \u00e4hnlich, dass man anfangs vergeblich nach einem unterscheidenden Merkmale sucht. Alsbald tritt jedoch die Uebereinstimmung der Netzform mit derjenigen des injicirlen Capillarengeflechls hervor, welches an der \u00e4usserslen Oberfl\u00e4che der Cutis gelegen ist. Zum Vergleiche der Fig. 4 diene Fig. 5, die nach einem in-jicirten Pr\u00e4parate gezeichnet wurde, das einer der Fig. 4 entsprechenden Hautstelle entnommen war. \u2014 Der Beweis, dass man es auch in der letztem Figur wesentlich mit Capillarschlin-gen zu tun habe, wird vervollst\u00e4ndigt, wenn es gelingt, die Reste der Nervenf\u00fcden aufzufindon. Fig. 4 a. Diese zeigen denn eine etwas andere Gestalt; ihr Verlauf ist gestreckter und die Kerne, welche in die F\u00e4den eingelassen sind, stehen weiter auseinander, und je zwei zun\u00e4chst liegende sind durch eine gerade Linie verbunden.","page":111},{"file":"z0001table1.txt","language":"de","ocr_de":"\t\t\tUjM/f firf\n\t\u00e9mvfh ~w\u00a3> \u2022\t/\t\u2022\u25a0\u2022JuJ )\tr/21\t","page":0},{"file":"z0002table2.txt","language":"de","ocr_de":"htrichte d. KS. lies i. 11 iss ma\u00dft phys ll. ffif. Zur Abhandlung v. Dr. Stirling.\nGm uJakvEA Funke, Lith.ta\u00bbt, Leipzig.","page":0}],"identifier":"lit1422","issued":"1875","language":"de","pages":"101-111","startpages":"101","title":"Beitr\u00e4ge zur Anatomie der Cutis des Hundes","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:18:04.299794+00:00"}