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{"created":"2022-01-31T16:18:03.725294+00:00","id":"lit14233","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Burckhardt","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1: 123-125","fulltext":[{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Litter a turberich t.\n123\ndas Wachstum des Gehirns ist beschr\u00e4nkt. W\u00e4chst der K\u00f6rper, so nimmt die Oberfl\u00e4che mit der zweiten, der Inhalt mit der dritten Potenz des Radius zu. Es mufs zu einem Mifsverh\u00e4ltnis zwischen grauer und weifser Substanz kommen. Dieses wird kompensiert durch Vergr\u00f6fserung der Oberfl\u00e4che und Verkleinerung des Inhalts, Faltenbildung. Je gr\u00f6fser die Oberfl\u00e4che und je kleiner der Inhalt, desto zahlreicher und komplizierter sind die Windungen.\nBeim Gehirn ohne Balken mufs eine normale Quantit\u00e4t grauer Substanz sich an einen stark verkleinerten Inhalt accomodieren. Dies ist m\u00f6glich 1. durch Ausdehnung der Seitenventrikel; 2. durch vermehrte Bildung von Gehirnwindungen. Die Fl\u00fcssigkeit in den erweiterten Seitenventrikeln ersetzt das Minus an Substanz und somit das entstehende Cavum im Sch\u00e4delraum. Ist schon normaliter das Volumen der weifsen Substanz zu gering f\u00fcr den Inhalt des K\u00f6rpers und entstehen demzufolge Windungen, so mufs dies noch mehr der Fall sein, wenn die Oberfl\u00e4che sich einem noch kleineren Inhalt accomodieren mufs.\nKronthal (Berlin).\nH. Schiller. Sur le nombre et le calibre des fibres nerveuses du nerf oculomoteur commun chez le chat nouveau-n\u00e9 et chez le chat adulte.\nComptes rendus. Bd. CIX. 14.\nDie Z\u00e4hlung der Fasern der die Augenmuskeln innervierenden Nerven ergab f\u00fcr neugeborene und erwachsene Katzen ann\u00e4hernd dieselbe Zahl (2942 hezw. 3035 im Mittel). Das geringe Plus bei dem erwachsenen Tier erkl\u00e4rt Verfasser durch die Annahme, dafs bei der grofsen Feinheit der Fasern der neugeborenen Katze wohl einige Fibrillen nicht mitgez\u00e4hlt wurden.\nNervenfasern und -Zellen gehen w\u00e4hrend des Lebens weder zu gr\u00fcnde noch werden sie regeneriert, bemerkt Forel in einem Zusatz zu dieser Arbeit. Dies steht auch im Einklang mit der Behauptung von His und F., nach welcher jede Nervenfaser die Verl\u00e4ngerung einer einzigen Zelle vorstellt und ohne Anastomosen frei endet. F. hebt noch hervor, wie wichtig die Stabilit\u00e4t der Elemente f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Erscheinungen des Ged\u00e4chtnisses ist.\tKronthai. (Berlin).\nM. Verwohn. Psychophysiologische Protistenstudien. Mit 6 lithogr.\nTafeln und 27 Abbildungen im Text. 220 S. Jena, Fischer. 1889. M. 10.\nUnseres Wissens ist Verwohn der erste Forscher, welcher eine gr\u00f6fsere Anzahl Protisten im Zusammenh\u00e4nge genauer physiologischer (Untersuchung unterwirft. Nach kurzer historischer \u00dcbersicht der bisherigen Resultate fr\u00fcherer Forscher, stellt Verfasser die Gesichtspunkte auf, von denen aus er glaubt das Seelenleben der Protisten beurteilen zu m\u00fcssen, n\u00e4mlich: 1. Die Frage nach der H\u00f6he der Entwicklungsstufe einer Tierseele im Verh\u00e4ltnis zu der relativ bekanntesten des Menschen und 2. die Frage nach dem Wesen und dem Zustandekommen der psychischen Funktionen. Von der Voraussetzung ausgehend, dafs jede","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nLitteraturbericht.\npsychische Funktion mit einer Bewegung Hand in Hand gehe und dafs aufser der Beobachtung der Bewegungen nur etw.a die Anwesenheit von Sinnesorganen Antwort auf diese Fragen geben k\u00f6nne, gelangt Verfasser zur Anwendung folgender Methoden: 1. Heine Beobachtung der normalen Lebensth\u00e4tigkeit. 2. Untersuchung des Verhaltens auf k\u00fcnstliche Reize. 3. Untersuchung nach operativen Eingriffen. Als Material dienten 3 Schizoprotisten, 3 Diatomeen, 1 Desmidiacee, 11 Rhizopoden, 2 Flagellaten und 25 Ciliaten.\nIndem wir den einzelnen Kapiteln in K\u00fcrze folgen, finden wir zun\u00e4chst eine Beschreibung der spontanen Bewegungen, der sich ein Kapitel \u00fcber die Reaktion verschiedener Protisten auf Reize jeglicher Art anschliefst. Aus der reichen F\u00fclle von sorgf\u00e4ltigen Beobachtungen m\u00f6chten wir als wesentlich neu die folgenden hervorheben: 1. Abwesenheit von Reaktionen auf Lichtreize bei mehreren Protisten. 2. Thermotropismus der Amoeben. 3. Bei Stentoren wirkt nur die positive Temperaturschwankung als Reiz. 4. Rhizopoden reagieren viel weniger auf mechanische Reize als Infusorien. 5. Abwesenheit jeglicher Reaktionsf\u00e4higkeit auf akustische Reize. 6. Manche Stoffe, welche bei h\u00f6heren Tieren bewegungsl\u00e4hmend wirken, z. B. Curare bleiben ohne Einflufs auf die Cilienbewegung. 7. Paramaecium aurelia zeigt Galvanotropismus, d. h. bei Durchleitung eines galvanischen Stromes durch den sie enthaltenden Tropfen sammeln sich die Protisten an der Kathode. Dafs es sich hierbei um eine Lebens\u00e4ufserung und nicht um einen physikalischen Vorgang handelt, wird durch \u00c4therisierung der Tiere nachgewiesen, bei der nicht die geringste Bewegung mehr stattfindet. Ein Vergleich der Reizbewegungen ergiebt, dafs die Protisten sehr verschiedene Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr Reize und eine bisweilen weitgehende Anpassung an dieselben besitzen. An diesen an Beobachtungen aufserordent-lich reichen Abschnitt, schliefst sich ein Kapitel \u00fcber die sensiblen Elemente. Licht und W\u00e4rme zu percipieren scheint eine allgemeine Eigenschaft des Protoplasmas zu sein; dagegen sind f\u00fcr die Perception mechanischer Reize, Geifseln und Wimpern der Flageelaten und Infusorien geeigneter als das Plasma; ja es lassen sich sogar in der Perceptions-f\u00e4higkeit der Wimpern deseiben Tieres Unterschiede konstatieren.\nIndem Verfasser von Bewufstsein nur da reden will, wo es zur Unterscheidung eines eigenen Ich von der Umgebung kommt, spricht er als seine \u00dcberzeugung aus, dafs bei den Protozoen von einem Bewufstsein in diesem Sinne keine Rede sein k\u00f6nne. Ihre Reizbewegungen sind nicht bewufste Willens\u00e4ufseriuigen, sondern haben lediglich den Charakter von Reflexbewegungen. Selbst aus den komplizierteren Lebensth\u00e4tig-keiten der Nahrungsaufnahme und des Geh\u00e4usebaus, zu denen Verfasser sch\u00f6ne Versuche an Difflugien beibringt, fand er keine Anhaltspunkte, die zur Annahme bewufster Th\u00e4tigkeiten berechtigten.\nUm zu untersuchen, ob ein bestimmtes Organoid als Sitz des Lebens bei den Protisten zu betrachten sei, bedient sich Verfasser der operativen Methode, und zwar mit gutem Erfolge trotz der Schwierigkeit der Eingriffe an den unter dem Mikroskop sich bewegenden kleinen Wesen. Selbst die kleinsten Teilst\u00fccke des Protistenk\u00f6rpers f\u00fchren,","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n125\nnach \u00dcberwindung eines Reizstadiums, genau dieselben Bewegungen aus die sie im Zusammenh\u00e4nge mit dem K\u00f6rper ausf\u00fchrten; dasselbe gilt auch f\u00fcr Bewegungen infolge von Reizung. Aus diesen Resultaten zieht Verfasser den Schlufs, dafs jedes Protoplasmateilchen selbst\u00e4ndiges Centrum f\u00fcr die in ihm auftretenden Seelenerscheinungen sei, und dafs alle Bewegungen des Tieres Resultat dieser Elementarbewegungen seien ; das Problem der rhythmisch schlagenden Wimpern, welches dieser Hypothese zu widersprechen scheint, findet seine Erkl\u00e4rung in der Annahme eines Peristomwimpermechanismus.\nAuf Grund obiger Hypothese und des dieselbe erg\u00e4nzenden Zusatzes, dafs die Bewegung jedes Protoplasmateilchens Ausdruck der in ihm stattfindenden Prozesse sei, wird sodann die ganze Lebensth\u00e4tigkeit des Protozoons als Konsequenz der Stoffwechselvorg\u00e4nge abgeleitet und die Ansicht bek\u00e4mpft, dafs eine Psyche notwendig an die Existenz eines morphologisch differenzierten Nervensystems gebunden sei. Dafs endlich Verfasser die letzten Ursachen primitiver psychischer Vorg\u00e4nge in die Eigenschaften der jedes Plasmaelementarteilchen konstituierenden Molek\u00fcle verlegt und dadurch die Schranken zwischen anorganischer und organischer Natur niederzureifsen sucht, kann also nicht mehr verwundern, f\u00fcr ihn giebt es auch nicht mehr Elementarerkenntnis und Elementarwillensvorg\u00e4nge, sondern nur einen psychischen Elementarprozefs, n\u00e4mlich die Umsetzung der Erkenntnis in Willen. Den Schlufs des Buches bildet eine \u00dcbersicht \u00fcber die Entwickelung des psychischen Lebens im Protistenreich, welche mit der morphologischen Entwickelung Hand in Hand geht.\tBitrckhardt (Berlin).\nJ. Loeb. Der Heliotropismus der Tiere und seine \u00dcbereinstimmung mit dem Heliotropismus der Pflanzen, gr. 8\u00b0. IV u. 118 S. W\u00fcrzburg 1890. it. 4.\nDer Verfasser hat es sich zur Aufgabe gemacht, f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit der tierischen Bewegungen vom Licht in der gleichen Weise Gesetze zu finden, wie sie die moderne Pflanzenphysiologie f\u00fcr die Bewegung der Pflanzen festgestellt hat. Durch zahlreiche Arbeiten der Pflanzenphysiologen ist bekannt, dafs die Stellungnahme der Pflanzen zum Licht, der sogenannte Heliotropismus, abh\u00e4ngig ist von zwei Faktoren, einerseits von der Richtung der Lichtstrahlen und andererseits von der Wellenl\u00e4nge derselben, indem haupts\u00e4chlich die kurzwelligen, also die st\u00e4rker brechbaren Strahlen von gewisser Intensit\u00e4t heliotropisch wirksam sind. Innerhalb des Lichts von bestimmter Wellenl\u00e4nge stellen die Pflanzen von radi\u00e4rem Bau ihre L\u00e4ngsaxe in die Richtung der Strahlen ein, w\u00e4hrend alle Pflanzen oder Organe von dorsiventralem Bau ihre Fl\u00e4che senkrecht gegen die Strahlenrichtung einstellen. Freibewegliche Schw\u00e4rm-sporen schwimmen demzufolge in der Richtung der Strahlen entweder der Lichtquelle zu, sind also positiv heliotropisch oder von ihr weg, sind also negativ heliotropisch.\nVerfasser hat nun in einer grofsen Anzahl sehr interessanter Versuche, die fast ausschliefslich an Insekten ausgef\u00fchrt wurden, den Nachweis gef\u00fchrt, dafs dieselben Faktoren, welche die Bewegung der Pflanzen beimHeliotropismus beeinflussen, auch auf die der Tiere bestimmend wirken.","page":125}],"identifier":"lit14233","issued":"1890","language":"de","pages":"123-125","startpages":"123","title":"M. Verworn: Psychophysiologische Protistenstudien","type":"Journal Article","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:18:03.725300+00:00"}