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{"created":"2022-01-31T16:21:33.872530+00:00","id":"lit14244","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Verworn","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1: 121-122","fulltext":[{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\nJ. Steiner. Die Funktionen des Centralnervensystems der wirbellosen Tiere. Sitz-Ber. d. Tcgl. preufs. Aka\u00e4, d. Wiss. 1890. S. 39\u201449.\nIn den Gruppen der W\u00fcrmer, Mollusken und Arthropoden stellt das Centralnervensystem eine ventral gelegene, mehr oder weniger modifizierte Kette von Ganglien vor (Bauchmark), deren vorderstes, unter dem Schlund gelegenes (Unterschlundganglion) mit einem \u00fcber dem Schlund gelegenen (Oberschlundganglion) durch zwei seitliche, den Schlund umfassende Kommissuren in Zusammenhang steht. Von morphologischer Seite ist wegen der phylogenetischen Beziehungen der W\u00fcrmer zu den Wirbeltieren schon fr\u00fcher vielfach die Frage diskutiert worden, welcher Teil des Centralnervensystems der W\u00fcrmer dem Gehirn der Wirbeltiere homolog ist, ohne dafs diese Frage bisher eine sichere Entscheidung erfahren h\u00e4tte.\nVerfasser stellt sich nun in vorliegender Arbeit vom physiologischen Standpunkt aus die entsprechende Frage, n\u00e4mlich, welcher Teil des Centralnervensystems (speciell des Schlundringes) der Evertehraten physiologisch dem Gehirn der Wirbeltiere gleichartig ist. Gest\u00fctzt auf eine bereits fr\u00fcher von ihm gegebene Definition, nach der das Gehirn als die Verbindung des allgemeinen Bewegungscentrums mit einem oder mehreren h\u00f6heren Sinnescentren aufzufassen ist, sucht Verfasser diese Frage experimentell zu l\u00f6sen.\nUnter den Arthropoden wurden Krebse, Insekten und Tausend-f\u00fcfser untersucht. S\u00e4mtliche Versuche f\u00fchrten gleichm\u00e4fsig zu dem Ergebnis, dafs halbseitige Abtragung des Oherschlundganglions und ebenso halbseitige Durchschneidung der L\u00e4ngskommissur zwischen Oherund Unterschlundganglion stets eine kreisf\u00f6rmige Zwangshewegung der Tiere nach der entgegengesetzten, also unverletzten Seite zur Folge hat. Da also im Oberschlundganglion der Arthropoden das allgemeine Bewegungscentrum gelegen ist und da ferner hier h\u00f6here Sinnesnerven entspringen, so betrachtet es Verfasser als Gehirn.\nVersuche an Mollusken, hei denen die Bauchganglionkette durch ein einziges Ganglion, das Pedalganglion, vertreten ist, zeigten, dafs hier Zerst\u00f6rung resp. Abtragung des Oherschlundganglions die Bewegungen in keiner Weise beeinflufst, dafs dagegen die Zerst\u00f6rung des Pedalgang-","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nLitteraturbericht.\nlions die Bewegung sofort zum Stillstand bringt. Bei einer Form, Cym-bulia, gelang es Verfasser durch Zerst\u00f6rung der einen H\u00e4lfte des Pedalganglions eine Zwangsbewegung in der Richtung nach der verletzten Seite zu erzielen, da auf dieser Seite die Lokomotion gel\u00e4hmt wurde. Ein etwas abweichendes Verhalten unter den Mollusken zeigten die Kephalopoden, speciell Octopus vulgaris, wo zwar einseitige Abtragung des Oberschlundganglions keine St\u00f6rungen hervorruft, wohl aber beiderseitige Abtragung, indem n\u00e4mlich alsdann die normalen Bewegungen wohl noch ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen, aber nicht mehr spontan, son dern nur auf Reize wirklich ausgef\u00fchrt werden. Die so operierten Tiere verharren in vollkommener Ruhe, solange sie nicht gereizt werden, weichen aber Gegenst\u00e4nden, die ihnen gen\u00e4hert werden, noch ganz geschickt aus. Nach diesen Versuchen bezeichnet Verfasser das Oberschlundganglion der Mollusken nicht als Gehirn, sondern als Sinnescentrum, da ihm das allgemeine Bewegungscentrum fehlt. Das Oberschlundganglion der Kephalopoden speciell versieht nach der Ansicht des Verfassers lediglich die Funktionen des Grofshirns der Wirbeltiere.\nBei den W\u00fcrmern erhielt Verfasser ganz dieselben Resultate wie an Mollusken, denn die Abtrennung des Oberschlundganglions f\u00fchrte hier ebenfalls keine Bewegungsst\u00f6rungen herbei. Verfasser fafst daher auch das Oberschlundganglion der W\u00fcrmer nur als Sinnescentrum, nicht als Gehirn auf.\nBei den Mollusken und W\u00fcrmern ist es daher im Sinne des Verfassers \u00fcberhaupt nicht zur Entwicklung eines Gehirns wie bei den Arthropoden und Wirbeltieren gekommen.\tVerwohn (Jena).\nA. v. Koranyi. \u00dcber die Folgen der Durchschneidung des Hirnbalkens.\nPfl\u00fcgers Archiv. XLVII. 1890. S. 35\u201442.\nDie genau in der Medianebene ausgef\u00fchrte Durchschneidung des Balkens bei Hunden ergab dem Verfasser keinerlei merkliche St\u00f6rungen, weder der Bewegungen, noch der Sinneswahrnehmungen, noch der Intelligenz. Zuweilen erfolgten Konvulsionen des ganzen K\u00f6rpers.\nTraten bei K\u2019s Versuchen St\u00f6rungen auf, so liefsen sie sich immer auf Mitverletzung der Hemisph\u00e4ren zur\u00fcckf\u00fchren. Und zwar betrafen die St\u00f6rungen bestimmte Funktionen auch dann, wenn die verletzten Teile sehr entfernt von den jenen Funktionen zugeschriebenen Rindengebieten lagen.\nSo trat auch bei vornliegenden Verletzungen, wenn auch schw\u00e4cher, als bei hintengelegenen, homonyme Hernia mb ly opie auf.\nS\u00e4mtliche St\u00f6rungen waren trotz Durchschneidung des Balkens verg\u00e4nglich.\nIm \u00fcbrigen werden \u00e4ltere Beobachtungen von Goltz und Loeb best\u00e4tigt.\tLiepmann (Berlin).\nG. Jelgerma. Das Gehirn ohne Balken. Ein Beitrag zur Windungstheorie.\nNeurol. Centralbl. 1890. No. 6.\nDie graue Substanz verbreitet sich auf der Oberfl\u00e4che des Gehirns mit einer innerhalb der Art ziemlich konstanten Dicke. Der Raum f\u00fcr","page":122}],"identifier":"lit14244","issued":"1890","language":"de","pages":"121-122","startpages":"121","title":"J. Steiner: Die Funktionen des Centralnervensystems der wirbellosen Tiere. Sitz-Ber. d. kgl. preu\u00df. Akad. d. Wiss. 1890, S. 39-49","type":"Journal Article","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:21:33.872535+00:00"}