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Beitrag zur Geschichte der Acephalen

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{"created":"2022-01-31T16:23:31.907805+00:00","id":"lit14255","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Anonymous","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 4: 298-309","fulltext":[{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nIn der Spritzh\u00f6hle fand ficli kehle Spur vom Baue des Geruchsorgans, und fie feinen mehr Athmungs - als Geruchsorgan. Aeufseres und inneres Geh\u00f6rorgan wurden vergeblich gefucht.\n14. Beitrag zur Gefchichte der Acephalen.\nSchon fr\u00fcher habe ich T) , fp\u00e4ter Herr Tiedemann l) 2 3)> eine Gefchichte der kopflofen Mifsgeburten geliefert. Nachher hat Bcclard denfeilicn Gegenftand abgehandelt *), die meiften bekannten F\u00e4lle zufannnengeftelh, undaufser-dem zehn neue befchrieben, eiten io Brera die Gefchichte eines eilften geliefert 4). Es fcheint mir v\u00f6llig zwecklos, erft die Befchrei'bungen eines jeden Falles abzudrucken, und dann die allgemeinen Refultate zu ziehen, und ich w\u00e4hle daher blofs das letztere Verfahren, um hiedurch einen Nachtrag zu den fr\u00fchem Arbeiten zu liefern.\nDie verfchiednen Mifsgeburten m\u00f6gen durch Zahlen fo bezeichnet werden, dal's die Brerdiche die letzte (il) ift. Nicht alle wurden an\u00e4tomifch unterfucht.\n1) Das allgemeinfte llefultat, welches einen meiner Ichon fr\u00fcher f\u00fcr die Hemmungsbildungen aufgeftellten S\u00e4tze 5) beft\u00e4tigt, ift, dafs faft alle diefe h\u00f6chft unvoll-kominne Mifsgeburten einen regelm\u00e4fsigen Zwilling begleiteten. So verhielt es lieh mit Beftimmtheit bei I, 5!, 4, 5, 6, 7, 9, 10, Xi. Unter II F\u00e4llen alfo mit Beftimmtheit in 9. Von 3 und 8 ift nichts hier\u00fcber bemerkt, aber auch nicht das Gegentheil ausgefagt, und 3 war ein, lange in Wein-geift aufbewahrter F\u00f6tus unbekannten Urfprungs,\nl) Beitr\u00e4ge zur vergleichenden Anatomie, Bd. I. Heft 2. Igoj.\nPathologifche Anatomie, Bd, 1. 1S12. c) Anatomie der kopflofen Mifsgeburten. Landshut I\u00ce13.\n3)\tM\u00e8m. fur les Ac\u00e9phales. In Leroux's Journal de m\u00e9decine, ms- 1816.\n4)\tSingol. Moftruofit\u00e0 d\u2019un feto umano. In Me\u00ae, di Verona. Vol. XVII, 1*15. p. 354 ff.\nPathol, Anat. Bd. I. S. 155 ff.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"299\n2)\tNicht immerkw\u00fcrdig ift es, da Ts verhalthifsm\u00e4fsig viele, namentlich I, 6 und II, bedeutend zu fr\u00fch geboren wurden. War dies der Fall, weil es Zwillinge waren, oder hat es einen tiefern Grund, die Mifsbildung ?\n3)\tNur von wenigen wird bemerkt, welcher der Zwillinge zuerft geboren wurde. Bei II war es der mifs\u00ab gebildete, bei 5 und IO dagegen der regelm\u00e4fsige. Bei den \u00fcbrigen ift die Folge nicht angegeben.\n4)\tlieber das Geschlecht l\u00e4fst /ich nichts Befriedigendes Tagen, denn von 2, 4, 6, 9, wird daffelbe gar nicht erw\u00e4hnt. Daher r\u00fchrt unftreitig die bedeutende Zahl der m\u00e4nnlichen F\u00e4lle, I, 5, 7, 8, II. Nur 3 war weiblich, IO ganz gefchieclitslos,\n5)\tAeufsere Form. 1, 2, 4i 5) 7> IO\u2019 11 \u00bb waren v\u00f6llig ohne Bruftglied, diefes fand lieh dagegen bei 3 und 6, 7 hatte nur rechterfeits ein Rudiment davon.\nAlle befafsen die Bauchglieder, doch meiftens, wie gew\u00f6hnlich, die Zehen in unvollkommner Zahl, und die Fiifse nach innen gewandt. Der Kopf war bei I durch ein rothliches Hockerchen, eben fo bei 3 durch einW\u00e4rz-chen und eine behaarte Stelle, bei 7 blofs durch die letztere Anordnung, bei 8 durch eine ftarke Anfchwellung, bei 9 durch zwei Erhabenheiten angedeutet, deren eine, hohl, mit zwei Klappen befetzt, zu einem Kanal f\u00fchrte, die andre einen, mit Blut ungef\u00fcllten Sack enthielt.\nDie \u00fcbrigen zeigten kein Eopfrudiment. Bei 11 verlief (fehr merkw\u00fcrdig) an der vordem K\u00f6rperfl\u00e4che in der Mittellinie eine tiefe L\u00e4ngenfurche.\n6)\tWie gew\u00f6hnlich1) fand fich auch hier fehr allgemein, namentlich bei I, 3\u00bb 5> 6, 8, IO\u00bb ein reichliches , fettlofes Zellgewebe unter der Haut, bei 8 war es einen Zoll dick, und aufserdem fand fich hier eine gallert\u00e4hnliche, bei 9 aus Zellgewebe gebildete Anfchwellung im obern Theile, unftreitig die Rudimente der fehlenden Organe diefer Gegend; bei I, B\u00e4lge diefer Art unter der Haut des Unterleibes, bei II, ein anfehnlicher leerer Balg am R\u00fccken gegen das obere Ende desK\u00f6rpers.\nl) A, a. O. S. 157.","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\n7) Innerer Bau. Der innere Bau wurde nicht bei allen unterfucht.\na) Skelett. Die Wirbelf\u00e4ule endigte bei II mit dem f\u00fcnften, bei 7 rnit dem zw\u00f6lften R\u00fcckenwirbel; bei 8 waren alle R\u00fcckenwirbel, bei 3 alle Wirbel mit Ausnahme der erften gebildet; die Wirbel waren bei 7 gehalten ; bei 9 fehlten die erftern 6; bei II (h\u00f6chft \u25a0vvahrichein\u00fcch bei allen) verengte lieh der Wirbelkanal mach oben, und der obere Wirbel war verfchloffen. Die Zahl der Rippen war gew\u00f6hnlich unvollkommen. I und 9 hatten ein Bruftbein, welches auf eine fehr merkw\u00fcrdige, an die Analogie derleiben mit der Wirbelfitule erinnernde Weife bei I fogar einen kleinen, hohlen, beweglichen Knochen trug, der wieder das kleine Kopfrudiment unterft\u00fctzte. Sehr merkw\u00fcrdig ift es f\u00fcr die Bedeutung der Gliedmaafsen, dafs bei 7 von dem oberften Wirbel auf jeder Seite eine fenkrechte Rippe abging, welche lieh mit dem vordern Theile des H\u00fcftbeinkam-.nies verband. Bei 10 wird nufser den H\u00fcftbeinen, nur \u00ce11 der obern Gegend des Unterleibes ein kn\u00f6cherner Ring angegeben.\nDie untern Gliedmaafsen hatten in demfelben Ver-h\u00e4ltnifs zu wenig Knochen, als die Zehen unvollkommen \u00bbraren.\n0 Nervenfvftem. Das R\u00fcckenmark war bei 3, 7 und II gut ausgebildet, fo weit die Wirbelf\u00e4ule reichte, und gab die gew\u00f6hnlichen Nerven. Bei II zog lieh das R\u00fcckenmark allm\u00e4hlich nach oben zufarnmen, und ging hier in den f\u00fcnften Zwifchenrippennenren \u00fcber. Im Unterleibe fanden lieh Knoten, F\u00e4den und Gangliennerven.\nc)\tEingeweide kohle. Die Eingeweideh\u00f6hle war nur hei 3 durch ein Zwerchfell in Bruft- und Bauchh\u00f6hle gelheilt.\nd)\tGefafsfyftem. Das Herz fehlte bei 1, 2, 5, II, be-ftimmt.\nBei 3 fand \u00dfch \u00fcber dem Zwerchfell ein kleiner l\u00e4nglicher K\u00f6rper, wabrfeheinlich ein Rudiment des Herzens, der aber nicht mit dem Gel\u00e4fsfyfiem in Verbindung ftand ; bei 9 auf der linken Seite der obern Gegend","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"301\nder Eingeweideh\u00f6hle zwei, mit Wappenartigen Falten verlegene H\u00f6hlen, die wohl kaum mit einem Herzen verglichen werden k\u00f6nnen; bei IO foil felbft das ganze Ge-f\u00e4fsfyftem gefehlt haben , doch ift der Grund , dafs nur in der Nabelgegend Blut gefunden wurde, nicht hinreichend.\nBei 3 fanden fch vier Gef\u00e4fsb\u00e4mme im Nabelftrange, zwei Nabelpulsadern und zwei Blutadern, deren eine lieh in der Brnft endigte, die andre nach unten drang, die untere Hohlader bildete, mit der erften in der'Bruit zufammenflofs, und zugleich ein Bruftglied verfalle ; bei 5 endigte lieh die Nabelbiutader in der rechten Niere; bei 7 fand lieh eine Nabelblut- und Pulsader. Die letztere verbreitete lieh als Aorta nach oben, unten, und an den Eingeweiden, die erftern endigten lieh, nachAbgabe ver-fehiedner Aefte, in der rechten Schenkelblutader. Aufser ihr fand lieh ein unterer Hohlvenenftamm. Auch 8 hatte eine Nabelblut - und Pulsader, welche fielt in St\u00e4mme fortfetzten , die lieh in dem K\u00f6rper verzweigten. Bei 9 gingen aus einer lungenartigen, in der Bruft enthalt neu Subftanz Gef\u00e4fse, welche lieh in die Armrudimente begaben, aufserdent fanden lieh eine Aorte und Hohlader, die lieh in der Bruft verloren. Ungeachtet bei IO der Nahel-ftrang regelm\u00e4fsig gebildet war, folleri doch, wie fchon bemerkt, die Gef\u00e4fse im K\u00f6rper felbft gefehlt haben. Bei II verliefen neben der Aorte zwei Venenft\u00e4mme, die fxch unten in der Lendengegend verbanden, und zugleich hier, die rechte unmittelbar, in die Nabelvene \u00fcbergingen. Diefe nahm noch die Nieren-, Gekr\u00f6s - und H\u00fcftblutader auf. Die Aorte tbeilte fich in die Zwifchenrippen-, Nieren-, untern Gekr\u00f6s - und H\u00fcftpulsadern, mit welchen die beiden Nabeipulsadern entbanden. Jede Niere erh\u00e4lt, nach dem Kupfer, zwei Pulsadern.\nNirgends finde ich eine weite, die Stelle des Herzens vertretende Anaftomofe zwifehen dem Venen- und Arterienfyftem erw\u00e4hnt, und li\u00f6chft wahrfcheinlich ging daher, wenn nicht eine folche vorhanden war, das Blut entweder durch die Nabelpulsadern zum K\u00f6rper, durch die Nabelblutader dagegen zur Nachgeburt, oder, wenn es in diefen Gefaben leinen gew\u00f6hnlichen Weg nahm, fo wurde es durch die Venen zu den Organen, durch die","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"Arterien dagegen von denfelben weggef\u00fchrt. Au\u00dferdem konnte man , \u00bbm die gew\u00f6hnliche Ordnung bei-zubeliaJtcn, feine Zuflucht nur zu der unwahrfchein-lichen Annahme nehmen, dafs einige kleine Zweige des Yencniyftems das Blut in einige Zweige der Aorte f\u00fchrten, und diefe alfo aus ilir wie die Aorte aus den Kiemenvenen der Fifche entftand. In Ermangelung der Leber lenkte lieh die Pfortader in die Nabelvene.\ne) Lungen. Die Lungen fehlen, wie das Herz, bei fait allen. Nur bei I und 9 vertrat ihre Stelle vielleicht ein reichliches, gef\u00e4fsreiehes Zellgewebe in der obern Gegend, der Eingeweidh\u00f6hie. Auch bei II war an die innere Fl\u00e4che der Rippen ein dichtes, in der Mitte einen kleinen Balg enthaltendes Zellgewebe befeftigt.\n/) Verdauungsfyftem. Der kurze Darm war oben blind geendigt bei 1, 3, 7, 8, 9- Bei 9 war das blinde Ende ein Theil des D\u00fcnndarms. Bei 10 war der Darm dann und nicht hohl, von der H\u00e4rte einer Feder. Bei II wird beftimmt nur ein Theil des Dickdarms als an-wefend angegeben. Bei 5 wird einer Speifer\u00f6hre und eines Magens, die, wie der Darm, aulserft d\u00fcnn waren, erw\u00e4hnt. Merkw\u00fcrdig ift es, dafs bei verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig vielen, namentlich vier, ein Theil des Darms im Nabel-ftrange lag.\nLeber, \u00c0\u00ce\u00dcZ und SiWekfpeicheldr\u00dffe fehlten bei 2, 3* 5f 7> 8, 9\u00ee I0- Bei I fehlte Leber und Milz, die Bauch-fpeicheldr\u00fcfe dagegen war, fonderbar genug, vorhanden.\ng) Hamfyftem. Das Harro y Item war bei I, 4, 7> 8, II vollkommen vorhanden; doch bei 7 beide Nieren ver-l'chmolzen.\nBei 3 fanden fich zwei grofse Nieren, wovon die eine im Becken lag. Bei 9 und IO fehlten die Nieren. Hier und bei 3 wird der Blafe nicht erw\u00e4hnt. Unter den Organen des Harnfyftems werden nur bei I die Nebennieren beftimmt als anwefend angegeben. Bei II fehlten he, ungeachtet der Anwefenheit des Harnfyftems, \u25a0rollig.\nli) Gefchlechtstheile. Bei 3 fand fich die Geb\u00e4rmutter und ihre Anh\u00e4nge; bei 5, 7, 8, n , gut ausgebildete","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"303\nm\u00e4nnliche Zeugungstheile. Es ift fchon oben bemerkt, dafs die Angaben \u00fcber diefe Organe hochft unvollkommen find.\nErft nachdem ich aus den eignen E\u00e9clard\u2019fchen F\u00e4llen das Vorftehende zufammengeftellt hatte, erhielt ich den Schlufs des Auffatzes, worin der Verfaffer die Re-fultate der einzelnen Thatfachen, welche er febr fleifsig zufammengetragen hatte, liefert. Sie unterfcheiden lieh nicht wefentlich von denen, welche ich fr\u00fcher erhalten und bekannt gemacht hatte, und lind folgende:\n1)\tAlle (?) Acephalen lind Zwillinge:\n2)\tAlle ermangeln des Kopfes, oder des Kopfes, des Halfes und der Arme ; oder des Kopfes, des Halfes, der Arme, der Bruftli\u00f6hle, und zugleich mehrerer Eingeweide, namentlich des Herzens; oft einiger Theile der Zehen, derF\u00fcfse, felbft eines Bauchgliedes.\n3)\tAlle haben gegen das obere Ende des K\u00f6rpers bedeutende Ungleichheiten,\n4)\tAlle haben ein R\u00fcckenmark, das bisweilen verdorben ift, und eine mehr oder weniger alienirte Wir-belf\u00e4ule.\n5)\tIhre Bewegungsorgane beftehen in einigen Muskeln , deren Ausbildung mit dem Zuftande des R\u00fcckenmarkes in Verh\u00e4ltnifs fteht, wogegen die Knochen, vorz\u00fcglich in den untern Gliedmaafsen, diefem Gefetze weniger unterworfen fcheinen.\n6)\tHerz und Lungen fehlen immer (?), felbft bei Anwefenheit der Brufth\u00f6hle ; die Gef\u00e4fse lind fehr unre-gelm\u00e4fsig gebildet, das Zellgewebe infiltrirt.\n7)\tDie Verdauungswerkzeuge find im geraden Verh\u00e4ltnifs zur L\u00e4nge des K\u00f6rpers entwickelt.\n8)\tDie Dr\u00fcfen fehlen gew\u00f6hnlich, namentlich die Leber , felbft bei ausgebildeter Bauchh\u00f6hle.\n9)\tDie Zeugungstheile fehlen faft nie ganz.\nDie Acepbalie entfteht in Folge einer Krankheit, welche im Anf\u00e4nge des F\u00f6tuslebens die Vegetation des","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nverl\u00e4ngerten Markes und obern Theiles des R\u00fcckenmarkes hemmte, oder vernichtete. und alle vorgefundne Abweichungen lind die nothwendigen Folgen diefes Er-eigniri'es.\nDies entwickelt er folgendermafsen :\nMach den genausten Beobachtungen lind R\u00fcckenmark und Herr, heim Anf\u00e4nge des F\u00f6tuslebens allem und hark entwickelt vorhanden.\nBeim Menfchen nimmt das R\u00fcckenmark und verl\u00e4ngerte Mark ungef\u00e4hr einen Monat nach der Empf\u00e4ng-nifs die ganze L\u00e4nge des K\u00f6rpers ein: grofses und kleines Gehirn lind noch nicht gebildet. Am Ende des zwei-ten Monates findet lieh an der Stelle des Gehirns eine eiweifsartige Feuchtigkeit (idols. ? ) ; im dritten nimmt man, befonders durch Behandlung mit erh\u00e4rtenden Fi\u00fcf-ligkeiten, lchon einen vordem und hintern Theil wahr, in den folgenden bildet fie lieh durch Einteilung des verl\u00e4ngerten Markes. Im Umfange bilden oder erh\u00e4rten lieh wenigftens diele Theile fr\u00fcher als im Innern. Vor und im Anf\u00e4nge der Bildung des Gehirns erfcheinen das verl\u00e4ngerte Mark und die Grundfl\u00e4che des grofsen und kleinen Gehirns als ein uuvollft\u00e4ndiger Trichter, deffen verd\u00fcnnte R\u00e4nder die Stellen andeuten, wo das Gehirn fehon feft geworden ift. .Das Gehirn durchl\u00e4uft die ver-fchiednen Stufen des Gehirns der Wirbelthiere.\nDie Wirbelf\u00e4ule verkn\u00f6chert vom Ende des zweiten. Monates an, zuerft in der Milte der Bruftgegend, in den B\u00f6gen fr\u00fcher als in den K\u00f6rpern, Die wirbel\u00e4hnlichen Kopfknoclien entwickeln lieh in demie Iben Verh\u00e4ltnifs als das Gehirn.\nDie Entwiclilungmteife des Nervenfyftems und feiner H\u00fcllen ift fehr merkw\u00fcrdig, weil Jie offenbar die Grundlage mehrerer Abnormit\u00e4ten enth\u00e4lt. Am hiiu\u00dfgften kommt beim Embryo die FVafferfucht vor, zu deren Enthebung ein Hindernifs imR\u00fcckflufs des Blutes vom F\u00f6tus zur Mutter hinreicht, und die namentlich das Gehirn und R\u00fcckenmark ergreift, die durch die Art und Schnelligkeit ihrer Entwicklung, und betr\u00e4chtliche Blutmerige vorz\u00fcglich dazu geneigt find. Tritt lie hier fp\u00e4t ein, fo kann Trennung des Sch\u00e4delgew\u00f6lbes und des untern und hintern Theiles der Wirbelf\u00e4ule erfolgen, weil hier die Verkn\u00f6cherung","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"am unvollkommensten ift, fr\u00fcher kann fie h\u00f6her oben diefelben Erfcheinungen hervorbringen. Ein Hirnbruch kann noch bei der Geburt beftehen, oder vorher platzen, wo dann das Rind hirnlos geboren wird.- Entfteht aber die Wafferfucht fchon fr\u00fch im Anf\u00e4nge, fo wird die Wirbelf\u00e4ule dadurch mehr oder weniger ausgedehnt, und, wenn der Sack platzt, der obere Theil des R\u00fcckenmarkes, das verl\u00e4ngerte Mark, die Urspr\u00fcnge der Sinnesnerven u. f. w. zerft\u00f6rt werden. Aufserdem kann auch der Druck eines Zwillings v\u00f6llig diefelben Erfcheinun-gen hervorbringen. Immer werden Narben und Bruch-ft\u00fccke von Knochen, Haut u. f. w. \u00fcbrig bleiben, welche die vorherige Anwefenlieit jetzt zerft\u00f6rter Tlieile andeuten.\nJe nachdem durch eine der erw\u00e4hnten Urfachen die Nervenenden mehr oder weniger vollkommen zerft\u00f6rt wurden, variiren die Erfcheinungen , immer geht daraus Acephalie hervor, und immer findet ein directesVerh\u00e4lt-nifs zwifchen den Mittelpunkten des Nervenfyftems und verfchiednen, n\u00e4hern oder fernem Organen Statt.\nSo wird die Zerft\u00fcrung des Ricchfortfatzes und des Riechnerven Schwinden des Riechbeins, dadurch Ver-fchmelzung der Augenh\u00f6hlen und Augen ; Zerft\u00f6rung der Hirnwindungen, Schw\u00e4che der Ern\u00e4hrung der Sch\u00e4delknochen; die des verl\u00e4ngerten Markes, welche mehr oder weniger fich auch auf die vier Sinnesnerven erftreckt, Schwinden des Antlitzes u. f. w. ; die des Gehirns , Mangel des Sch\u00e4dels bewirken. Ift ein Theil des verl\u00e4ngerten Markes \u00fcbrig, fo bleibt ein kleiner Theil der Sinnorgane, des Gehirns und Sch\u00e4dels \u00fcbrig, wodurch eine Art unvollkommener Acephalie entfteht, wobei der gr\u00f6fste Theil des Antlitzes , der Halsorgane , nebft dem gr\u00f6fsten Theile des verl\u00e4ngerten Markes fehlen. Die vo.ikomnme Zerft\u00f6rung des Gehirns beftimmt alle wesentlichen Erfcheinungen der Acephalie. Bei tiefer, den Zwerchfellsnerven erreichender Zerft\u00f6rung des R\u00fcckenmarkes fehlt das Zwerchfell; reicht lie noch tiefer herab, fo fehlen die Arme, wenn gleich die BrufiL\u00f6hle vorhanden ift; noch tiefer, fo find auch die Bruft- und Bauchw\u00e4nde, die Muskeln der untern Gliedmaafsen, einzelne Theile der letztem, nicht gebildet. Die genaue Ueberein\u00dfimmung","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\nz'.wifchen dem Grade der Entwicklung die fer Theile und der 'Nervenenden zwingt fa\u00df Zu der Annahme eines Caufalnexut Suvifchen beiden Erfcheinungen.\nEtwas verfchieden, aber nicht weniger regelm\u00e4\u00dfig ift die Beziehung der \u00fcbrigen Organe. Der (faft) allgemeine Mangel des Herzens mit h\u00e4ufiger Anwesenheit der Brufth\u00f6hlenw\u00e4nde macht die Annahme einer, nach feiner Ortsverr\u00fcckung eingetragnen Zerft\u00f6rung deffelben unftatt-haft. Nach einigen Beobachtungen foheint es beftimmt durch Mangel an Ern\u00e4hrung zu verfchwinden. Da fein Mangel immer mit Zerfl\u00f6rung des verl\u00e4ngerten Markes zufarnmenf\u00e4llt, und es bei unvollkommner Acephalie, wo fielt das verl\u00e4ngerte Mark und der Lungenmagennerv fand, bisweilen vorhanden war, fo roufs man feine, fo wie der Sinnorgane und der Muskeln Zerft\u00f6rung als Folge der Zerft\u00f6rung des Mittelpunktes anfehen, von welchem fein Nerv abgeht, d. h. des verl\u00e4ngerten Markes und des Lun-genmagennerven. Auch kann feine Zerft\u00f6rung bei fehr ausgedehnter Vernichtung des R\u00fcckenmarkes, welche die der Brufth\u00f6hlenw\u00e4nde bewirkt, eine Folge feiner Orts-verfetzung feyn.\nDas G efetz f\u00fcr die Zerft\u00f6rung der Lunge, und die Art, wie fie gefcliieht, ift etwas fchwer aufzufinden. Wird fite durch den Mangel des zehnten Paares oder des Herzens, und in beiden F\u00e4llen durch Atrophie bewirkt, oder ift fie cine Folge der Zerft\u00f6rung der Bruftw\u00e4nde und der Otsver\u00e4nderung der Lunge? letztere* wohl nicht, da man dieLimgen mit Integrit\u00e4t derBruftli\u00f6hle fehlen fahe. Selbft mit Herznmngel fand man dagegen die Lunge, fo dafs fie iiteils ohne diefes Organ beftehen kann, tbeils die Urfachen, welche die erftere Abweichung begr\u00fcnden, nicht nothwendig auf die Lungen wirken.\nDagegen f\u00e4llt Mangel der Leber und Milz fo beft\u00e4ndig mit Herzmangel, und fdbftda, wo die Bruftw\u00e4nde und das verl\u00e4ngerte Mark voritanden find, zufammen, dafs man ihn als Folge des Ilerzinangels anfehen kann. Und f\u00e4nden lieh in diefen Fallen nicht oft auch Dr\u00fcfenim Unterleibe, fo m\u00f6chte man jene Zufammenfetzung an das allgemeine, durch die vergleichende Anatomie begr\u00fcndete Ge fetz kn\u00fcpfen, dafs eine Bedingung zur Entftehung driiliger Organe die Anwesenheit eines Herzens ift.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"307\nAus Mangel genauer Befchreibungen l\u00e4fst ficb nicht mit Gewifsheit Tagen, ob der Mangel des Magens mit dem Fehlen des zehnten Nerven oder eines Theiles des R\u00fcckenmarkes zufammenf\u00e4llt. In Folge d.es letztem Ge-Tetzes fehlen im Allgemeinen gewiffe Theile des Darm-kanals, der Harn - und Gefchlechtswerkzeuge, ohne dafs fie an einen beftimmten Punkt des R\u00fcckenmarkes gekn\u00fcpft fcheinen. Wenigftens m\u00fcfste man diefen verhiilt-nifsm\u00e4fsig zu ihrer Lage ziemlich hoch Tuchen, und Hoden und F.ierftock fcheinen mit einer gleich hohen Gegend des Markes als die Niere, und einer hohem als das Ende des Darmkanals, der Blafe und die \u00fcbrigen Theile des Zeugungsfyftems, in Beziehung zu flehen.\nZiemlich oft habe ich die uiivollkommne Entwicklung fich auf eine ganze Seite des K\u00f6rpers erl\u2019trecken und den Hoden und Hie Niere gleichm\u00e4fsig gehemmt gefehen, eine Thatfache, welche die Wirkung eines paaren Organs, wie die Centraltheile des Nervenfyftems, anzudeuten fcheint.\nDin Einw\u00e4rtskr\u00fcmmung der Fafse und mehr oder weniger ausgedehnte Verft\u00fcinmlungen. derfelhen lallen fich aus derfelhen Quelle hcrleiten. Die erftere h\u00e4ngt \u00fcberall von einer zu Schwachen Nerventh\u00e4tigkeit ab, die fich bekanntlich, auch wenn lie allgemein ift, vorz\u00fcglich in den hintern Nerven und den Muskeln des Stammes und der untern Gliedmaafsen ausfpricht, u'nd da nicht befremden kann, wo lieh nur ein mehr oder weniger zerft\u00f6rter Theil des R\u00fcckenmarkes findet. Die H\u00e4ufigkeit der Verft\u00fcinmlungen der Zehen erkl\u00e4rt lieh aus ihrem Nervenreichthum und ihrer Entfernung vom Herzen.\nBei diefer Gelegenheit kann ein merkw\u00fcrdiger Fall eine Stelle linden. Ein hydrocephalifcher F\u00f6tus hatte an der rechten Hand einen verft\u00fcmmelten Mittel - und Ringfinger, doch hing das Ende des mittlem noch durch einen Faden an. Die Umerfchenkel waren mit r\u00f6th-1 ich en Phlykt\u00e4nen bedeckt, der linke halte oben einen queren, bis zu dem Knochen dringend en Einfcbnitt, d offen W\u00e4nde \u00fcberall vernarbt waren. Offenbar w\u00fcrde diefer F\u00f6tus, w\u00e4re er l\u00e4nger in der Geb\u00e4rmutter gemieben, mit einem amputirten und vernarbten Unterschenkel geboren worden feyn, und man h\u00e4tte dieUcberbleiblel davon","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nin dem Sehafwaffet* finden k\u00f6nnen, wie k\u00fcrzlich Herr Chauffier einen merkw\u00fcrdigen Fall beobachiete, wo ein, Kind mit einem Stumpf des Arms geboren wurde, und die Ueberbleiblel des Vorderarms in den -Mutterkuchen einge pflanzt waren.\nDie Anh\u00e4ufung von Fl\u00fcffigkeiten, und die Anwe-fenheit grofser fer\u00f6fer B\u00e4lge an der Stelle fait aller fehlender Theile erkl\u00e4rt lieh daraus, dafs die Wafferfucht, wahrfchein\u00fcch die h\u00e4ufigfte Veranlaffung der Zerft\u00f6rung des Nervenfyftems, hiedurch und die dadurch begr\u00fcndete Vernichtung des Herzens nicht geheilt, fonderu im geraden Verhlltnifs mit der Unvollkommenheit des Blutlaufs vermehrt wird.\nH\u00e4ngt nun die Acephalie von einer urfpr\u00fcnglichen Unvollkommenheit des Keimes ab? Allein die gleichzeitige Befruchtung zweier Keime, wovon der eine eut, der andere \u00fcbel gebildet ift, w\u00e4re ein fonderbares Zufammentreffen! Sollten denn urfpr\u00fcngliche Biidungs-abweichungen beft\u00e4ndig regelm\u00e4\u00dfig demfelben Gefetze, der Zerft\u00f6rung eines centralen und der davon abh\u00e4ngigen andrer Theile, unterworfen feyn? W\u00fcrden lieh dann immer beft\u00e4ndig Ueberbleibfel von Kopf, Armen, Wirbeln beim F\u00f6tus linden, welche von cliefen Theile gehabt h\u00e4tten *) ?\nViel\nll Dafs diele Einw\u00fcrfe nichts beweifen, ift einleuchtend. Nicht blofs Acephali, fondern fafu jede hark in der Entwicklung gehemmte F\u00f6tus lind gew\u00f6hnlich Zwillinge, und find es, nicht weil der eine Keim ichlecht gebildet war, fondem weil er lieh mit einem andern zugleich vorhandnen, nicht geh\u00f6rig ausbilden konnte. Wenn man annimmt, dafs die zuf\u00e4llige Zerft\u00f6rung eines Nervencentrnms nothivendig Atrophie und Mangel der \u00fcbrigen Organe auf eine beftimmte Weife hervorbringt, Io folgt von felbft, dafs auch der urjpriing-liche Mangel deffelben diefelbe Wirkung haben mufs. Die Spuren fehlender Theile brauchen endlich keine Ueberbleibfel zu fevn, und find es fo wenig, als das erfte Rudiment eines Organs in der Thierreihe und beim F.mbryo die Ruine deffelben Organs im Zufunde der h\u00fcchften Ausbildung ift. Alle Erfcheinunaen, welche der Verf. als Beweife einer vorange-gananen Zerft\u00f6rung anlieht, laffen fich weit ungezwungner aus einer nicht vollendeten Ausbildung erkl\u00e4ren.\nM.","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"309\nViel wahrfcheinlicher ift die im Eing\u00e4nge angegebne F.ntftehungs weife. Die Gegner diefer Anlicht, Vrochaska, Gail, Spurzheim, fuhren dagegen den Mangel an Spuren von Zerreifsnng an ; allein diefe lind faTt heft\u00e4ndig (?). Nach ihnen m\u00fcfsten die Nerven fo gut als die Knochen, und H\u00e4ute auf'gel\u00f6ft feyn ; allein es ift von Aufl\u00f6fung nicht die Rede-, ein hydrocephalifcher oder hydrorhachiti-fcher Bruch, der Hirn oder R\u00fcckenmark zerft\u00f6rt, kann wohl Atrophie der Knochen veranlaffen, ohne auf gleiche Weife auf die Nerven zu wirken.\nI5. Lavergne \u00fcber ein f ch \u00e4d el 1 o fe s Ki n d. (In S\u00e9dillot\u2019s Journ, de m\u00e9dec. Vol. 56. 1816. p. 175.)\nDie Legallois\u2019fchen Verfuche \u00fcber das Lebensprincip riefen mir folgenden Fall, den ich bereits vor meinem Jahren in meinem Tagebuche gehabt hatte, ins Ged\u00e4cht-nifs zur\u00fcck. Ein, \u00fcbrigens wohlgebildeter, reifer Knabe hatte an der Stelle des Gehirns eine hellrothe, einem Gefchw\u00fcr v\u00f6llig \u00e4hnliche Stelle, hinten nur die untern zwei Drittheile des kleinen Gehirns, und des ihm ent-fprechenden verl\u00e4ngerten Markes. Bei feiner Geburt fchrie er einigemal fchwach. Das Atlimen war ziemlich frei, die Bewegungen des Stammes und der untern Glied-maafsen regelm\u00e4fsig. Das Kind lebte 3 f Tage, ohne Nahrung zu fich nehmen zu k\u00f6nnen. Die an ihm beobachteten Erfcheinungen ftimmen mit Legallois\u2019s Annahme \u00fcberein, dafs das Princip des animalifchen und organi-fchen Lebens im R\u00fcckenmark feinen Sitz hat, die Nerven aber, von welchen die mechanifchen Ph\u00e4nomene des Athmens bedingt werden, das ihrige aus dem verl\u00e4ngerten Marke fch\u00f6pfen.\nl6. Chauffier \u00fcber einige B i ld u n g s f e hl e r. (Bulletin de la fac. de m\u00e9dec. T. V. p. 310 und 405.)\nBei einem reifen F\u00f6tus war die Nachgeburt unmittelbar an die W\u00e4nde des Unterleibes geheftet, die \u00e4ufsern M. d. Archiv, IV, 2,\tX","page":309}],"identifier":"lit14255","issued":"1818","language":"de","pages":"298-309","startpages":"298","title":"Beitrag zur Geschichte der Acephalen","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:23:31.907810+00:00"}

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