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{"created":"2022-01-31T16:21:27.708810+00:00","id":"lit14286","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schaefer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1: 353-356","fulltext":[{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n353\nversetzen. Es wurden immer h\u00f6chstens zwei T\u00f6ne gleichzeitig beobachtet und die Beobachtungen m\u00f6glichst rasch angestellt, da die H\u00f6rsch\u00e4rfe von Augenblick zu Augenblick wechselt. In dieser Weise und unter vorsichtiger Ausschaltung st\u00f6render Einfl\u00fcsse, wie Reflexion, Tagesl\u00e4rm u. s. w. liefsen sich brauchbare Resultate gewinnen. Je h\u00f6her die T\u00f6ne, um so gr\u00f6fser konnte die Distanz zwischen Instrument und Ohr genommen werden, ehe die Schwelle erreicht wurde. Die Octave wurde 2,87 ; die Quinte 1,75; die Quarte l,73mal so weit geh\u00f6rt als der Grundton. Daraus folgert Verf., dafs die Intensit\u00e4tsempfindung ceteris paribus eine Funktion der Anzahl der Reize in der Zeiteinheit ist, wonach diesen also eine cumulierende Wirkung zuzuschreiben w\u00e4re. Schaefer (Jena).\nHugo Pipping. Zur Klangfarbe der gesungenen Vokale. Untersuchung mit Hensens Sprachzeichner, ausgef\u00fchrt im physiologischen Institut zu Kiel. Zeitschrift f\u00fcr Biologie, Bd. XXVII. N. F. IX. (1890), 80 S.\nW\u00e4hrend die Natur der Vokale als Kl\u00e4nge bereits lange feststand, haben bekanntlich zuerst Wheatstone (1837) und Donders (1857) die genauere Analyse auf Grund der Thatsache angebahnt, dafs die Mundh\u00f6hle in ihrer f\u00fcr jeden Vokal specifischen Konfiguration einen Resonator darstellt, welcher auf einen oder zwei, alsdann durch ein gr\u00f6fseres Spatium getrennte, bestimmte T\u00f6ne oder richtiger Tongruppen (\u201eVerst\u00e4rkungsgebiete\u201c) abgestimmt ist, da neben dem maximal verst\u00e4rkten Ton auch in abnehmendem Mafse die ihm n\u00e4chststehenden h\u00f6heren und tieferen T\u00f6ne der Skala mit verst\u00e4rkt werden. Das vorliegende Material vervollkommnend, definierte Helmholtz (1877) die Vokale als \u201eKl\u00e4nge mem-hran\u00f6ser Zungen, n\u00e4mlich der Stimmb\u00e4nder, deren Ansatzrohr, n\u00e4mlich die Mundh\u00f6hle, verschiedene Weite, L\u00e4nge und Stimmung erhalten kann, so dafs dadurch bald dieser bald jener Teilton des Klanges verst\u00e4rkt wird;\u201c \u2014 und: \u201eDie Vokalkl\u00e4nge unterscheiden sich hiernach von den Kl\u00e4ngen der meisten anderen Instrumente wesentlich dadurch, dafs die St\u00e4rke ihrer Obert\u00f6ne nicht nur von der Ordnungszahl derselben, sondern \u00fcberwiegend von deren absoluter Tonh\u00f6he ahh\u00e4ngt. Wenn ich z. B. den Vokal A auf die Note JSs singe, ist der verst\u00e4rkte Ton 6\" der zw\u00f6lfte des Klanges, und wenn ich denselben Vokal auf die Note V singe, ist es der zweite Ton des Klanges, welcher verst\u00e4rkt wird.\u201c Nachdem nun gegen diese Theorie des \u201eabsoluten Momentes\u201c schon 1875 v. Quanten die Frage aufgeworfen, wodurch denn Vokale charakterisiert seien, die auf einen Ton gesungen w\u00fcrden, welcher den charakteristischen Verst\u00e4rkungston (in obigem Beispiel b\u201c) gar nicht als Oberton enthielte, vielmehr z. B. selbst h\u00f6her sei als dieser; f\u00fchrte Auerbach 1876 das \u201erelative Moment\u201c in die Vokaltheorie ein, wonach also, wie hei unseren Musikinstrumenten, gleichg\u00fcltig, welches der Grundton ist (auf den der Vokal gesungen wird), die entstehenden Ohert\u00f6ne immer dasselbe Verhalten zeigen, das nat\u00fcrlich eben f\u00fcr jeden Vokal ein specifisch.es ist. \u00c4hnlich hatte \u00fcbrigens schon Grassmann 1854 unter anderem den Satz aufgestellt, die Vokale U-\u00dc-J seien durch Mitschwingen nur eines Ohertones neben dem Grundtone charakterisiert; A durch eine Reihe von Obert\u00f6nen von fast gleicher St\u00e4rke. Schneebeli (1879) folgerte aus seinen Untersuchungen,","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nLitteraturbericht.\ndafs ein beliebiger Ton (c'; g'; c\u201c; e\"), wenn sein erster Oberton aus der Klangmasse besonders heraustritt, regelm\u00e4fsig den Charakter des 0 erh\u00e4lt.\nDie Arbeiten dieser Autoren und eine Reihe anderer unterzieht Pipping, welcher umfassendste Litteraturstudien angestellt, eingehender Kritik. Er bezeichnet zun\u00e4chst mit Recht die subjektive Methode der Klanganalyse, die Feststellung der Verst\u00e4rkungsgebiete durch Vorhalten von Stimmgabeln vor die Mundh\u00f6hle oder durch Perkussion des Kehlkopfes, als streng wissenschaftlichen Anforderungen nicht gen\u00fcgend, ebenso die objektive Synthese der Vokale aus Stimmgabelt\u00f6nen, und erkl\u00e4rt die graphischen Methoden und unter diesen wieder die Aufzeichnung der Vokalkurven mittelst des HENSENSchen Sprachzeichners f\u00fcr allein brauchbar. Eine Beschreibung nebst Abbildung desselben in seiner urspr\u00fcnglichen Form findet sich in Hermanns Handbuch der Physiologie, Bd. I., T. 2. S. 187\u2014189. Die Vokale werden gegen eine trommelfellartig \u00fcber die \u00d6ffnung eines Sprachrohrs gespannte Membran gesungen. An deren Aufsenseite ist das Ende eines Schreibhebels, und zwar eines zweiarmigen Hebels, befestigt. Die Drehungsaxe des letzteren ist so konstruiert, dafs zugleich mit der Drehung auch eine zur Verh\u00fctung von Eigenschwingungen hinreichende D\u00e4mpfung erzielt wird. Der Schreibhebel endet in einer Glasfeder, welche die Kurve auf eine berufste Glasplatte zeichnet. Letztere stellt die Oberfl\u00e4che eines Schlittens dar, der mit der Hand w\u00e4hrend des Zeichnens verschoben wird. Die Registrierung der Zeiteinheiten vollzieht eine an dem Stative der Membran mit angebrachte Stimmgabel, welche, wenn der Apparat in Funktion tritt, ange-geschlagen wird und dann ebenfalls mit einer Glasfeder ihre Kurve neben der Vokalkurve verzeichnet. An dem Sprachzeichner, den bereits Hensen inzwischen vervollkommnet, wurden f\u00fcr die vorliegende Untersuchung noch wesentliche Verbesserungen vorgenommen. Als wichtigste mufs erw\u00e4hnt werden, dafs die Glasfedern durch konisch geschliffene Diamanten ersetzt sind. Dies erm\u00f6glicht die Zeichnung feinster Striche, was von grofser Bedeutung f\u00fcr die Ausmessung der Kurven ist, die alle mikroskopisch sind. Ferner wurde zur Erleichterung der sp\u00e4teren Ordi-natenmessungen noch ein dritter Diamant, der einen geraden Strich neben die Vokalschrift zeichnet, angebracht. Besondere Accuratesse wurde auf die Festhaltung des Grundtons verwendet. Zun\u00e4chst ward dem Singenden die Tonh\u00f6he mittelst einer K\u00f6NiGschen Stimmgabel angegeben und nachher unter sorgf\u00e4ltigster Ausschliefsung gewisser Fehlerquellen durch genaues Messen und Vergleichen der Vokal- und Stimmgabelwellen kontrolliert. \u2014 Der Apparat, mit dem die den Berechnungen zugrunde liegenden Messungen der Ordinaten ausgef\u00fchrt wurden, besteht aus zwei \u00fcbereinander gelegten, durch Mikrometerschrauben verstellbaren Schlitten, deren Bewegungslinien einander rechtwinklig gegen\u00fcberstehen. Die eine Schraube mifst die Abscissen, die andere die Ordinaten. Zehntausendstel Millimeter liegen noch im Bereiche der Messung. Zur Messung wurde immer eine tadellose Gegend der Kurve aufgesucht und hier eine Welle f\u00fcr die Messung gew\u00e4hlt. Die Wellenl\u00e4nge wurde mehrfach pr\u00e4zise gemessen, und die gefundene Mittelzahl zur Abscissenberechnung","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n355\nbenutzt. Es wurde stets von einer Abscisse zu der n\u00e4chstfolgenden weiter fortgeschritten und zur Kontrolle zuletzt immer die \u00bb/-Ordinate der n\u00e4chsten Periode gemessen. Nur selten zeigte sich zwischen den beiden y-Ordinaten eine gr\u00f6fsere Differenz als 0,0002. Aus den Differenzen wurde jedesmal das Mittel gezogen. Die Ordinaten wurden nur einmal gemessen, in der Regel von dem geraden Striche aus. Bei drei Kurven nur wurde Reduktion der Abscissen mit R\u00fccksicht auf ungleich-m\u00e4fsiges Schlittenziehen n\u00f6tig.\nDie Endresultate seiner Messungen und Berechnungen hat Verfasser in Tabelle III. (S. 41) niedergelegt. Diese Tabelle gibt an, wie viel Prozente von der Gesammtintensit\u00e4t des gesungenen Vokales auf jeden seiner Partialt\u00f6ne entfallen. Aus diesen Daten werden nun nachstehende Folgerungen gezogen. Der Vokal U hat zwei Verst\u00e4rkungsgebiete. Das eine umfafst in der Breite einer Oktave den maximal verst\u00e4rkten Ton c'; das andere a\u201c in der Breite einer Quinte. Der Vokal A hat zwei Verst\u00e4rkungsgebiete, eins in der Umgebung von eis\"' oder d\"\u2018, ein anderes um eine Octave h\u00f6her. Der Vokal A hat den charakteristischen Ton f\"' (oder vielleicht e\"')\\ die Verst\u00e4rkungsbreite ist etwa eine Oktave. Eine sekund\u00e4re Verst\u00e4rkung erf\u00e4hrt der 10. Ton. Bei dem Vokal J liegen die Grundt\u00f6ne selbst im untern Verst\u00e4rkungsgebiet. Ein oberes erstreckt sich, scharf begrenzt von c\"\" bis d\u201c\u201c. Bei IT liegt der Maximalpunkt des untern Gebietes unter der Mitte der eingestrichenen Oktave. Das obere Gebiet f\u00e4llt mit dem von J zusammen, ist aber noch enger wie dort (c\"\"). Vokal \u00d6 hat ein noch nicht genauer zu bestimmendes unteres Gebiet in der eingestrichenen Oktave; ein zweites enges in der N\u00e4he von e'\". Vielleicht besteht noch ein drittes um c\"\". Die Verst\u00e4rkungsgebiete von E verteilen sich auf die eingestrichene Oktave und in engem Umfang auf d\"\u201c. Sehr unbefriedigende Resultate lieferte A. Dagegen liefs sich nach Jenkin und Ewing f\u00fcr O ein Verst\u00e4rkungsgebiet in der oberen H\u00e4lfte der eingestrichenen Oktave von gut Oktavenbreite berechnen.\nSchon aus diesen Angaben wird der Leser entnehmen, dafs Pipping sich f\u00fcr das absolute Moment als das in der Charakterisierung der Vokale dominierende entscheidet. In der That erkennt er nach seinen Untersuchungen dem relativen Moment einen minimalen Einflufs zu: \u201eDie Intensit\u00e4ten der einzelnen Teilt\u00f6ne h\u00e4ngen in keinem nennenswerten Grade von ihren bez\u00fcglichen Ordnungszahlen ab.\u201c (S. 77). Die Methode Auerbachs, die Partialtonintensit\u00e4ten nach dem Grade ihrer Verst\u00e4rkung durch Resonatoren bestimmen zu wollen, enthalte bedeutende Fehlerquellen, und seine Art der Elimination des absoluten Momentes sei inkorrekt. \u00c4hnliche Zur\u00fcckweisungen erfahren Grassmann, Lahr und Schneebeli. \u2014 Aus der genauen Periodizit\u00e4t seiner Kurven folgert Verfasser, dafs keine unharmonischen Teilt\u00f6ne die gesungenen Vokale begleiten, deren Vorkommen Helmholtz behauptet, und ebensowenig Ger\u00e4usche, deren Vorhandensein Donders als gerade charakteristisch f\u00fcr Vokale ansprach. Die Accommodationshypothese von Jenkin und Ewing, der zufolge das Centrum der charakteristischen Verst\u00e4rkung bedeutend verschoben werden kann, damit irgend ein Teilton in seine N\u00e4he fallen","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nLitter aturbericht.\nm\u00f6ge, ist ganz abzulehnen. Vielleicht k\u00e4me sie f\u00fcr die F\u00e4lle in Betracht, wo der Vokal auf einen so hohen Ton gesungen wird, dafs der untere maximale Resonanzton unterhalb des Grundtones liegt. Auf solche F\u00e4lle dehnte Verfasser seine Versuche noch nicht aus, glaubt jedoch, dafs dann die Vokalhildung \u00fcberhaupt nach komplizierteren Gesetzen vor sich gehen d\u00fcrfte. Auch abgesehen hiervon bezeichnet Pippinq seine Untersuchungen als durchaus nicht ersch\u00f6pfend. Indessen sind dieselben offenbar mit einem bemerkenswerten Aufwand von Sorgfalt und M\u00fche angestellt, so dafs sie ohne Zweifel ein sicheres Fundament f\u00fcr weitere Forschungen abgehen.\tSchaeper (Jena.)\nProuho. Du sens de l\u2019odorat chez les \u00e9toiles de mer. Comptes rendus, Bd. CXI. S. 1843. Juni 1890.\nBringt man in die N\u00e4he eines ruhenden Seeigels (Asterias glacialis) eine Lockspeise z. B. einen todten Fisch, so bewegt sich der Seeigel lebhaft in der Richtung nach dem Objekte hin. Lebende Fische, die festgehunden sind, werden mit einem Arm ergriffen und dem Munde gen\u00e4hert. Dafs die Augen nicht die lebhafte Bewegung veranlassen, l\u00e4fst sich durch Exstirpation derselben nachweisen, wodurch das Wahrnehmungsverm\u00f6gen des Seeigels nicht leidet. Bei weiteren Versuchen wurde das Versuchstier von der Lockspeise durch eine undurchsichtige Wand getrennt, in welcher an einer bestimmten Stelle eine \u00d6ffnung war. Der Seeigel kroch immer in der Richtung auf dieselbe. Werden die Taster abgeschnitten, so h\u00f6rt die Wahrnehmung auf, auch hei vollst\u00e4ndiger Erhaltung der Augen. Durchtrennen der peripheren Nerven beeintr\u00e4chtigt die Reaktionsf\u00e4higkeit der Taster nicht, macht jedoch den centralen Teil des K\u00f6rpers vollst\u00e4ndig teilnahmlos.\nAus diesen Versuchen schliefst Prouho auf die Anwesenheit eines ziemlich gut entwickelten chemischen Sinnes, welcher in den Tastern seinen Sitz hat und den Gesichtssinn, wenigstens bei Asterias, an Feinheit \u00fcbertrifft.\tBurckhardt (Berlin).\nA. Goldscheider. \u00dcber die Empfindlichkeit der Gelenkenden. Sitzgs.-Ber. der Berliner Physiolog. Gesellsch. vom 14. M\u00e4rz 1890. Arch, f\u00fcr Anatomie und Physiologie 1890. S. 380\u2014384.\nDa die Gelenkkapseln erwiesenermafsen mit Nerven und Nervenendigungen versehen sind, so ist damit ein anatomisches Substrat f\u00fcr Sensationen gegeben, die, hei Bewegungen durch Faltungen etc. der Kapsel hervorgerufen, zur Ausl\u00f6sung von Bewegungsempfindungen beitragen k\u00f6nnen. Zu untersuchen war, oh auch f\u00fcr Widerstandsempfindungen, ausgel\u00f6st durch das Aneinanderpressen der freien Gelenkenden, ein solches Substrat vorhanden. Gen\u00fcgende mikroskopische Untersuchungen liegen nicht vor. Es wurde nun an Kaninchen \u2014 Fr\u00f6sche eigneten sich nicht gut \u2014 die untere Gelenkfl\u00e4che der Tibia mechanisch und thermisch gereizt, und es gelang durch diese Reize die Atmung reflektorisch zu beeinflussen. Die Reizbarkeit blieb bestehen, nachdem die Gelenkoberfl\u00e4che mit dem Messer abgetragen, und erlosch auch nicht","page":356}],"identifier":"lit14286","issued":"1890","language":"de","pages":"353-356","startpages":"353","title":"Hugo Pipping: Zur Klangfarbe der gesungenen Vokale, Untersuchung mit Hensens Sprachzeichner, ausgef\u00fchrt im physiologischen Institut zu Kiel. Zeitschrift f\u00fcr Biologie, Bd. XXVII, N. F. IX, 80 S., 1890","type":"Journal Article","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:21:27.708816+00:00"}