Open Access
{"created":"2022-01-31T16:17:02.063908+00:00","id":"lit14323","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1: 232-233","fulltext":[{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nhi tteraturberich t.\nruhelos von seinem Wahne von Stadt zu Stadt, von Land zu Land getrieben wird.\nUnd trotz alledem bleibt er ein grofser Geist.\nDer Ansspruch Grimms \u00fcber ihn und seine \u201eGespr\u00e4che\u201c, \u201eOhne Zweifel war R. verr\u00fcckt, als er das Werk verfafste, aber es scheint nicht weniger gewifs, dafs R. der einzige Mensch auf der Welt war, der es schreiben konnte,\u201c enth\u00e4lt die Anerkennung seines erbittertsten Gegners, der wir nur zustimmen k\u00f6nnen.\nDie ungew\u00f6hnlich hohe Intelligenz R.\u2019s erm\u00e4chtigt ihn trotz seiner Geistesst\u00f6rung zu so wunderbaren Leistungen, wie wir sie in seinen \u201eBekenntnissen\u201c vor uns sehen, w\u00e4hrend die Gr\u00f6fse seines Charakters ihn vor jeder niedrigen Handlungs- und Denkweise bewahrte.\nF\u00fcr uns Psychiater ist diese \u201eKrankheitsgeschichte\u201c von besonderem Interesse, und zwar nicht nur dem Inhalte, sondern auch der Form nach.\nSie lehrt uns unter anderem, was wir allzu leicht vergessen, dafs die Geistesst\u00f6rung unter Umst\u00e4nden die Pers\u00f6nlichkeit wohl beeintr\u00e4chtigen, aber nicht von Grund aus ver\u00e4ndern, und ein wahrhaft grofser Mensch auch noch in seiner Erkrankung grofs bleiben kann.\nPelman.\nA. Sprenger. Mohammed und der Koran. Eine psychologische Studie.\nSammlung gemeinverst. wissenschaftl. Vortr\u00e4ge. Heft 84/85. 74 S. Hamburg 1889, Verlagsanstalt. Preis JL 1.20.\nMohammed und der Koran betitelt sich eine Arbeit, die in der Sammlung gemeinverst\u00e4ndlicher wissenschaftlicher Vortr\u00e4ge von Virchow und Holtzendorff erschienen ist (Heft 84/85), und Herrn A. Sprenger in Heidelberg zum Verfasser hat. Durch den Zusatz \u201eeine psychologische Studie\u201c soll doch wohl die Art der Auffassung angedeutet werden. Nun wird man aber bei aller Aufmerksamkeit von einer psychologischen Auffassung herzlich wenig Anden, und wer ohne anderweitige Belehrung \u00fcber Mohammed und den Koran seine Kenntnisse lediglich aus der vorliegenden Studie sch\u00f6pfen will, wird schwerlich seine Rechnung Anden. Offenbar kommt Mohammed hier gar zu schlecht weg, und eine psychologische Entwickelung seiner Eigenart und seines Werkes wird kaum versucht. Den Propheten einfach mit der Diagnose des \u201ereligi\u00f6sen Wahnsinnes\u201c abzuthun, scheint mir bei einem Manne von der Bedeutung Mohammeds doch etwas gewagt zu sein.\nGewifs ist vieles in dem Leben des Propheten recht bedenklicher Natur, und es w\u00e4re eine ebenso dankenswerte wie schwierige Aufgabe, seine psychologische Entwickelungsgeschichte zu schreiben. .\nEin Geisteskranker in unserem Sinne war er sicherlich ebensowenig, wie ein gew\u00f6hnlicher Betr\u00fcger, obwohl er zeitweilig den Tribut entrichten mufste, ohne den nun einmal kein Prophet durchkommt, wenn er sich \u00fcber Wasser halten will.\nWenn der Koran reich an Widerspr\u00fcchen ist, so erkl\u00e4rt sich dies aus der Art seiner Entstehung, indem er alle Ereignisse aus dem Leben des Propheten, die grofsen sowohl wie die kleinen, in augenblicklichen Momentbildern wiederspiegelt, und uns so eine getreue Kunde von der jeweiligen Gem\u00fctsstimmung Mohammeds gibt. Seine Dogmen wurzeln in","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n233\nmystischen Grundanschauungen, die ihm die Kraft verleihen, und seine Begeisterung sch\u00f6pft er aus dem direkten Verkehre mit seinem Gotte, der sich ihm offenhart. Daher die wirkliche Begeisterung f\u00fcr den reinen Glauben, die ihn wenigstens zur Zeit seines Aufenthaltes in Mekka beherrschte und die seiner Sprache den poetischen Schwung und die Kraft verlieh.\nSp\u00e4terhin, in Medina, trat eine andre Aufgabe an ihn heran. Er war nicht mehr hlofs der Bote Allahs, der den reinen Glauben verk\u00fcndet, er war auch Gesetzgeber, Krieger und Politiker geworden, und der Koran wird zum Gesetzbuch, die poetische Sprache der ersten Periode wird zur praktischen Prosa, die kurze Sure zur l\u00e4ngeren Verordnung.\nDafs damit auch die Begeisterung mehr und mehr nachliefs, die ihn w\u00e4hrend der Zeit des Ringens getragen, ist erkl\u00e4rlich, deshalb aber die \u00dcberzeugung, er sei ein Bote Allahs, f\u00fcr die Wahnidee eines Verr\u00fcckten zu erkl\u00e4ren, der nach einer vierj\u00e4hrigen Krankheit genesen sei, scheint mir doch etwas bedenklich.\nVon den krampfartigen Anf\u00e4llen wissen wir zu wenig; auch in Bezug auf sie m\u00f6chte ich eine epileptische Grundlage ablehnen. Ekstatische Zust\u00e4nde, das, was man fr\u00fcher \u201eVerz\u00fcckungen\u201c nannte, sind bei christlichen Heiligen eine so gang und g\u00e4be Erscheinung, dafs man sie auch Mohammed zu gute halten und nicht sofort als Epilepsie z\u00fc-rechnen sollte.\nUm auf die vorliegende kleine Schrift zur\u00fcckzukommen, so kann ich mein Urteil nur wiederholen, dafs sie nicht eigentlich gehalten, was sie versprochen, n\u00e4mlich eine \u201epsychologische Studie\u201c zu sein.\n.\tPelman.\nA. Biach. Aristoteles, Lehre von der sinnlichen Erkenntnis und ihrer Abh\u00e4ngigkeit von Plato. Philos. Monatsheft. 1890, Bd. XXVI. Heft 5 u. 6.\nZweck der Abhandlung ist der Nachweis, dafs Aristoteles\u2019 Lehre von der sinnlichen Erkenntnis in allen Hauptpunkten von Plato abh\u00e4ngig sei. Dies darzulegen, mag in der gr\u00f6fseren nicht publizirten Schrift, von der dieser Aufsatz (vgl. S. 5) ein umgearheiteter Teil ist, versucht worden sein. Hier kommt nach einer sehr summarischen Vergleichung der allgemeinen aristotelischen und platonischen^ Bestimmungen \u00fcber die Empfindung eigentlich nur noch das \u201eGed\u00e4chtnis\u201c ausf\u00fchrlicher zur Sprache. Denn der dritte Abschnitt \u00fcber die Phantasie behandelt von dieser nur die \u201eErscheinnngen, welche wir mit dem Worte Phantasie verkn\u00fcpfen\u201c. Wenn diese Gegen\u00fcberstellungen auch nicht ohne Wert sind, so wird doch niemand behaupten wollen, dafs mit dem hier Gegebenen das unwahrscheinliche Resultat erbracht werden k\u00f6nne, \u201edafs A. auch in der Lehre von der sinnlichen Erkenntnis, trotzdem er einige Punkte genauer ausf\u00fchrt, vollkommen auf den Schultern Platos stehe.\u201c Hierzu m\u00fcfsten doch wohl erstens die keineswegs nur in \u00c4ufserlich-keiten voneinander abweichenden Erkl\u00e4rungen der einzelnen Sinne wissenschaftlich verglichen sein und vor allem m\u00fcfste der Verfasser sich mit den fundamentalen Verschiedenheiten der beiderseitigen psycholo-","page":233}],"identifier":"lit14323","issued":"1890","language":"de","pages":"232-233","startpages":"232","title":"A. Sprenger: Mohammed und der Koran, Eine psychologische Studie. Sammlung gemeinverst. wissenschaftl. Vortr\u00e4ge, Heft 84/85, 74 S., Hamburg Verlagsanstalt, 1889","type":"Journal Article","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:17:02.063914+00:00"}