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{"created":"2022-01-31T16:17:18.048416+00:00","id":"lit14326","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Du Bois-Reymond, Claude","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1: 335-340","fulltext":[{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Y ersammlungen.\nX. Internationaler medizinischer Kongrefs zu Berlin 1890.\nI.\nSektion f\u00fcr Augenheilkunde-\nReferiert von Claude du Bois-Reymond,\nSchriftf\u00fchrer der Sektion.\nIn seinem Vortrag \u00fcber Behandlung der Kapsel w\u00e4hrend und nach der Staarextraktion hatte Knapp (New-York) folgende Rechnung aufgestellt: Durchschnitts-Sehsch\u00e4rfe nach \u2014 minus Durchschnitts-Sehsch\u00e4rfe vor \u2014 der Kapseldiscission gleich dem Gewinn der Operierten, und auf Grund mehrerer grofser Reihen behauptet, die Operierten gew\u00f6nnen mehr durch die Discission als durch die Hauptoperation.\nHierzu bemerkte in der Diskussion Dufour (Lausanne): Ich bin verwundert, dafs Knapp F\u00e4lle mit !%o und selbst 2%o! der Discission unterwirft. *%o ist eine sehr gute Sehsch\u00e4rfe, mit welcher Arzt und Patient zufrieden sein k\u00f6nnen. Es ist mit R\u00fccksicht auf das psychophysische Gesetz zu bezweifeln, dafs die Befriedigung des Operierten, von 20/so auf s%o gebracht zu werden, nach den Zifferwerten bemessen werden kann.\nValude (Paris) er\u00f6rtert die Frage nach der Entstehung des Schielens. Er entwickelt die Ansicht, dafs das Schielen, welches ja auch als anerkanntes Entartungsmerkmal Neuropathischer von Lombroso und F\u00e9r\u00ea aufgestellt wird, in der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der F\u00e4lle nur mittelbar aus optischen Ursachen entspringe. Diese sollen vielmehr meist nur eine pr\u00e4disponierende Wirkung haben; das Schielen wird dann bei \u25a0 solchen geeigneten Individuen durch Zuf\u00e4lle neuropathischer Natur, z. B. hysterische Kr\u00e4mpfe, veranlafst. Auch ohne optische Pr\u00e4disposition wird diese Form beobachtet. Er st\u00fctzt diese Behauptungen durch eine Reihe von F\u00e4llen, wo trotz Operation und Korrektion R\u00fcckf\u00e4lle eintraten, oder das Schielen als begleitendes Symptom von Neurosen auftrat und der Behandlung mit Nervenmitteln sich zug\u00e4nglich erwies.\nGradle (Chicago) demonstriert seine Vorrichtungen zur Aufhebung der Fusionstendenz der Augen. Er hat die Pr\u00fcfung mit Prismen unzuverl\u00e4ssig gefunden, weil dabei leicht zu grofse Ablenkungen angegeben werden. Der Apparat ist im wesentlichen eine die Blickfelder trennende Wand, dem Gesichtsprofil anliegend, von 30 cm L\u00e4nge, mit einer durchsichtigen Tafel f\u00fcr die nahen Objekte. Indem beiden Augen verschie-","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nVersammlungen.\ndene Tafeln mitMalsst\u00e4ben dargeboten werden, erh\u00e4lt man exakte, subjektive Messungen. Es ist gewissermafsen die bekannte Scbielprobe, bei welcher man unter der deckenden Hand die Schieineigung beobachtet, zur messenden Methode erhoben. Redner hat 50 Normale und 100 Asthen-opische untersucht. In der H\u00e4lfte aller F\u00e4lle wurde eine merkliche Vertikal-Abweichung gefunden. Dieses \u201elatente Aufw\u00e4rtsschielen (Hyperphorie)\u201c bedingte keine St\u00f6rung, wenn es 2/s\u00b0 nicht \u00fcberstieg. Dabei zeigte sich nicht selten Raddrehung, selbst bis zu 15\u00b0, welche keine Beschwerden verursachen soll. Die Methode erm\u00f6glicht, alle Arten der Schieineigung, beim Fern- und Nahesehen, zu bestimmen. Bei weitem am h\u00e4ufigsten besteht Divergenzneigung, besonders in der N\u00e4he. Bei dieser Abweichung sind die gefundenen Winkel wenig konstant und schwanken besonders unter Einflufs von Erm\u00fcdung. Vertikale und horizontale Abweichung k\u00f6nnen verschiedenartig kombiniert Vorkommen.\nIn einem Vortrag \u00fcber Pr\u00fcfung auf Earbenblindheit wies Grossmann (Liverpool) darauf hin, dafs kleine centrale Farbenskotome bei der HoLMGREN\u2019schen Wollprobe unbemerkt bleiben k\u00f6nnen. Solche sind nicht so selten, als man bisher annahm, und k\u00f6nnen dem Tr\u00e4ger ganz unbekannt geblieben sein. Ferner ist auch die normale Fovea weniger lichtempfindlich als ihre n\u00e4chste Umgebung. G. hat mit kleinen k\u00fcnstlichen Lichtquellen und keilf\u00f6rmig geschliffenen Rauch- und Farbengl\u00e4sern gearbeitet, und beabsichtigt die Empfindlichkeit des normalen Auges mit diesen Mitteln festzustellen und einen Ziffernausdruck f\u00fcr den Farbensinn der Fovea, analog der Sehsch\u00e4rfenmessung, aufzustellen.\nR\u00e4hlmann (Dorpat) setzte die Empfindlichkeit des Auges f\u00fcr Licht von bestimmter Farbe umgekehrt proportional der Lichtintensit\u00e4t, welche die schw\u00e4chste Empfindung ausl\u00f6ste, und konstruierte so eine Empfindlichkeitskurve f\u00fcr das normale und farbenblinde Auge \u00fcber der Farbenleiter. Diese Kurve ist f\u00fcr das farbenblinde Auge durchaus abweichend, und Redner meint, dafs seine Grundempfindungen in abnormerWeise mit Weifs gemischt sind, wodurch die perverse Empfindung sich erkl\u00e4ren lasse.\nSehr interessante Untersuchungen \u00fcber die Adaptation des Auges trug Schirmer (G\u00f6ttingen) vor. Unter Einflufs des Lichts finden Bewegungen der Pigmentk\u00f6rnchen im Netzhautepithel statt, welche vielleicht der Adaptation dienen. Schirmer pr\u00fcfte 4 Albinos auf ihren Lichtsinn bei verschiedener Helligkeit. Von diesen war allerdings nur einer v\u00f6llig pigmentlos, aber auch hei den andern mit dem Augenspiegel keine Spur vom Pigmentepithel sichtbar. Bei genauer Ber\u00fccksichtigung der Adaptation fand S. das psychophysische Gesetz f\u00fcr die Unterschiedsempfindlichkeit g\u00fcltig f\u00fcr das Normalauge von 1\u20141000 Meterkerzen (Webers Photometer). Sie betrug f\u00fcr sein eigenes Auge Van. Die Adaptation tritt langsamer ein als die nat\u00fcrliche Abendd\u00e4mmerung, so dafs wir von etwa 5 M.-K. an schlechter sehen, als bei gleicher Helligkeit nach hinreichender Adaptation. Zwei Albinos zeigten eine Empfindlichkeit von Vios innerhalb 27\u2014463 M.-K., \u00fcber welche Grenzen hinauszugehen die \u00e4ufsern Umst\u00e4nde nicht gestatteten. Die beiden andern gaben eine so geringe Empfindlichkeit an, dafs Redner diese Zahlen weglassen zu m\u00fcssen meinte. Die Reizschwelle, mit F\u00f6rsters Photometer gemessen, war normal, ebenso die Adaptationszeit.","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Versammlungen.\n337\nEs hat den Anschein, als oh nur die obere Grenze, die nicht bestimmt werden konnte, der Unterschiedskonstante bei Albinos herabgesetzt sei. Daher die Lichtscheu der Albinos, die auch durch Lochbrillen nicht aufzuheben ist. Bei 463 M.-K. eine knappe Stunde gepr\u00fcft, klagten die albinotischen Knaben, die bei mittlerer oder Lampenbeleuchtung ohne Beschwerden arbeiten konnten, \u00fcber nachfolgende Sehst\u00f6rung und Schmerzen, wie sie normal Pigmentierte bei der zwei- bis dreifachen Helligkeit versp\u00fcren. Nach Schirmers Auffassung ist die Nachtblindheit also nicht als Anomalie der Beizschwelle, sondern als Schw\u00e4chung oder Verlangsamung der Adaptation zu erkl\u00e4ren. Darum sehen Hemeralopen bei der Lampe besser, als bei gleicher oder selbst h\u00f6herer Helligkeit in der schnell einbrechenden Abendd\u00e4mmerung, und geben auch an, in der Morgend\u00e4mmerung viel besser zu sehen. Treitel hat schon nachgewiesen, dafs ein nicht adaptiertes normales Auge sich ebenso verh\u00e4lt, wie ein nachtblindes in der D\u00e4mmerung. Schirmer pr\u00fcfte nun mit F\u00f6rsters Photometer, welches er an Stelle der Strichtafel mit einem Papierdiaphragma versah, um vom Baumsinn, der ja bei vielen Untersuchten beeintr\u00e4chtigt sein konnte, unabh\u00e4ngiger zu sein, eine ganze Beihe von F\u00e4llen krankhafter Hemeralopie. In der bisher \u00fcblichen Weise nach 1/i Stunde Adaptation gepr\u00fcft, zeigten alle merklich herabgesetzte Schwellenempfindlichkeit, aber es stellte sich heraus, dafs sie bei allen noch im Steigen war und immer, wenn das Auge nur lange genug im Dunkeln gelassen werden konnte, normalen Lichtsinn, L= 1, erreichte. So sah er einen Fall von Betinitis pigmentosa, der nach 7\u00ab Stunde noch nicht Vi8oo L hatte, nach 4 Stunden Dunkelaufenthalt allm\u00e4hlich auf normalen Lichtsinn gelangen. Die Adaptation ist in hohem Grade abh\u00e4ngig von der vorangegangenen Helligkeit ; durch Blendung kann in normalen Augen die Schwellenempfindlichkeit sehr stark herabgesetzt werden, und vielleicht sind die oben angef\u00fchrten Kranken als solche anzusehen, die schon das gew\u00f6hnliche Tageslicht blendet und deren Adaptation verlangsamt ist. Aus Beobachtungen an Augen mit Netzhautabl\u00f6sung ging hervor, dafs auch die abgel\u00f6ste Netzhaut eine verlangsamte Adaptation noch besitzt. Auch die Blendung normaler Augen beim \u00dcbergang aus dem Dunkel ins Helle verschwindet durch eine Art von Adaptation. Zur Erkl\u00e4rung aller dieser Erscheinungen kn\u00fcpft Schirmer an die Hypothesen von Hering an, und erinnert auch an die Degeneration des Sehpurpurs. Zur Adaptation bef\u00e4higt wird das Auge durch eine Sehstoff erzeugende Vorrichtung, neben welcher auch noch das Vorr\u00fccken des Pigments und das Pupillenspiel rein optisch th\u00e4tig sind. Aus der Abh\u00e4ngigkeit der Sehstoffproduktion von der Netzhautbelichtung und anderen, krankhaften Einfl\u00fcssen vermag er den ganzen Komplex der Adaptationserscheinungen am gesunden und kranken Auge befriedigend zu erkl\u00e4ren.\nUhtho\u00eff wandte in der Diskussion ein, dafs er bei seinen Untersuchungen \u00fcber Sehsch\u00e4rfe bei verschiedener Beleuchtung, auch mit Ber\u00fccksichtigung l\u00e4ngerer Adaptationszeit, Erh\u00f6hung der Beizschwelle bei Hemeralopischen fortbestehen sah. Er ist der Ansicht, dafs nur die leichtesten Grade der Hemeralopie durch verlangsamte Adaptation erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen.","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nVersammlungen.\nEine Verfeinerung der gew\u00f6hnlichen Gesichtsfeldmessung hat Bjerrum (Kopenhagen) versucht. Er benutzte ein mattschwarzes Rouleau von mehr als 2 m Breite, ohne auff\u00e4llige Teilung, und weifse Objekte von 6 bis 3 mm Durchmesser. Durch abwechselnde Verwendung verschiedener Eixierpunkte reicht diese Fl\u00e4che aus, um selbst in einer Entfernung von 1 oder 2 Metern zu untersuchen, denn die \u00e4ufsersten Teile des Gesichtsfelds brauchen hier nicht ber\u00fccksichtigt zu werden. Die Objekte werden an einer langen geschw\u00e4rzten Metallstange gehandhabt. Bjebrum nahm zuerst am gew\u00f6hnlichen Perimeter mit einem weifsen runden Objekt von ungef\u00e4hr 2\u00b0 Gesichtswinkel die Grenzen auf, und pr\u00fcfte dann in 2 m Entfernung vom Rouleau mit weifsen Objekten von 10 und 5 Minuten Gesichtswinkel. W\u00e4hrend bei 30 Minuten noch dieselben Grenzen, wie f\u00fcr gr\u00f6fsere Objekte, gefunden wurden, gab das 10'-Objekt f\u00fcr das Normalauge als Minimumsgrenzen: 50, 40, 40 und 35 Grad aufsen, innen, unten, oben, und das 5'-Objekt noch um 10 bis 15 Grad engere Grenzen. Individuelle Verschiedenheiten bei Normalen zeigten sich nur als koncentrische Variationen, niemals als laterale, sektorf\u00f6rmige oder skotomartige Defekte. Refraktionsfehler m\u00fcssen korrigiert sein und etwaige Niveauverschiedenheiten des Augengrundes beachtet werden. Der normale blinde Fleck wurde nach allen Richtungen um etwa 1/i0 vergr\u00f6fsert gefunden. An einer Reihe von Krankheitsf\u00e4llen er\u00f6rterte dann Redner die sehr lehrreichen Aufschl\u00fcsse, welche diese Pr\u00fcfung zu geben vermag.\nArminski (Essek) skizzierte in einem allgemeinem \u00dcberblick die Wechselwirkung z wisch en dem Refraktionszustand und der Besch\u00e4ftigung des Menschen. Aus der Zweckm\u00e4fsigkeit, welche \u00fcberall der Bau des Auges darbietet, m\u00fcsse gefolgert werden, dafs auch die Ametropien zweckm\u00e4fsig seien. Denn die eingehendere Erforschung hat das Gebiet der wirklichen Emmetropie immer enger erwiesen. Auch die Tierwelt Anden wir hypermetropisch. Schiffer, W\u00fcstenbewohner, Indianer, in civilisierten L\u00e4ndern Kinder und Soldaten, als Vertreter des Normalzustandes ebenfalls. Nach Anf\u00fchrung der Ansichten vieler Autoren \u00fcber die Entstehungsursachen der Myopie verwirft er die Anschauung, dafs das hypermetropische Auge unausgebildet sei. Man k\u00f6nne nicht dreiviertel der Menschheit als unentwickelt betrachten. Das Hypermetropische m\u00fcsse als das eigentliche Normalauge Vorteile gew\u00e4hren, wof\u00fcr Redner eine grofse Zahl von M\u00f6glichkeiten aufz\u00e4hlt. Bildung und Schule schufen die Schwierigkeit, die Asthenopie, und aus diesem Bed\u00fcrfnis l\u00e4fst er die Myopie entstanden sein. Sie kann als vorteilhaftes, im Laufe mehrerer Generationen konstant werdendes Erbteil, das im Daseinskampf beg\u00fcnstigt, betrachtet werden. Dunkel sei noch die Art des \u00dcbergangs, bei der Redner besonders Kr\u00e4mpfen des Aecommodationsapparats eine Rolle zuschreibt. Er meint, dafs die Zust\u00e4nde des myopischen Auges im Stadtleben durch Anpassung einer gesunderen Festigung entgegengehen, die Hyperm\u00e9tropie bilde gleichsam einen Born der Verj\u00fcngung, und werde in der \u00dcberzahl bleiben.\nWilbrand (Hamburg) sprach \u00fcber Gesichtsfeldver\u00e4nderungen bei funktionellen St\u00f6rungen des Nervensystems und \u00fcber das","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Versammlungen.\n339\noscillierende Gesichtsfeld. Um die von F\u00f6rster und Schiele bekannt gemachten Erscheinungen der Gesichtsfelderm\u00fcdung nachzuweisen, f\u00e4hrt Redner mit einem 5 Dmm grofsen weifsenObjekt vom temporalen Rande des Gesichtsfeldes auf demselben Meridian mit gleichf\u00f6rmiger Geschwindigkeit bis zum nasalen Rande und gleich wieder zur\u00fcck, dies wiederholend und jeden Ort des Erscheinens und Verschwindens anmerkend, bis keine Einschr\u00e4nkung mehr auftritt. Dies Verfahren giebt einen \u00dcberblick, ob normales oder eingeengtes Gesichtsfeld vorhanden ist, ob und wie rasch die Sehsph\u00e4re sich erm\u00fcden l\u00e4fst und auf welcher Gesichtsfeldh\u00e4lfte vornehmlich Erm\u00fcdung eintritt. Schiele hatte beobachtet, dafs die Erm\u00fcdung eines Meridians kaum einen Einflufs auf einen Nachbarmeridian aus\u00fcbte, dagegen die Erm\u00fcdung der zugeh\u00f6rigen Sehsph\u00e4re durch gewisse Einschr\u00e4nkungen der homonymen Gesichtsfeldh\u00e4lfte des anderen Auges sich kundgab. Das oscillierende Gesichtsfeld nennt Wilbrand ein seltneres Symptom funktioneller St\u00f6rungen des Nervensystems, wobei auf einem Meridian das Objekt in regelm\u00e4fsigen oder unregelm\u00e4fsigen Zwischenr\u00e4umen verschwindet und wiedererscheint und zwar an wechselnden Orten, so dafs keine \u00fcbereinstimmenden Aufnahmen erhalten werden. Es scheinen fl\u00fcchtige Skotome \u00fcber das Gesichtsfeld hinzuziehen. Auch mit farbigen Objekten kann dieser Zustand nachgewiesen werden. Die vorgelegten Befunde geh\u00f6ren zur Neurasthenie. Die gleiche Art der funktioneilen Neurose kann verschiedene Formen der Gesichtsfelddefekte hervorbringen, z. B. ein normales, aber durch leichte Erm\u00fcdbarkeit schnell aufs h\u00f6chste eingeschr\u00e4nktes Gesichtsfeld, oder ein allgemein koncentrisch verengtes von l\u00e4ngerem Bestand, aber nicht erm\u00fcdbar, oder endlich das beschriebene seltnere Symptom des oscillierenden Gesichtsfelds.\nIn der Diskussion wies Pfl\u00fcger (Bern) auf die Einwirkung der Suggestion hin, durch welche es ihm zuweilen gelang, in einer Sitzung das Gesichtsfeld mehrmals nacheinander zu verengern und zu erweitern.\nDie scharfsinnigen und sorgf\u00e4ltigen Versuche von Widmark (Stockholm) zur Feststellung der Ursachen, welche die Sonnenbr\u00e4unung der Haut und die analoge Entz\u00fcndung in den vorderen Augenmedien bewirken, will ich nur erw\u00e4hnen. Er f\u00fchrte den Nachweis, dafs nur die Absorption ultravioletter Strahlen in der Konjunktiva, Kornea und Linse im \u00dcbermafs diese Reizungserscheinungens welche bis zur Tr\u00fcbung und Zerst\u00f6rung gesteigert werden k\u00f6nnen, hervorbringt. Diese Absorption sch\u00fctzt die zarte Netzhaut vor Sch\u00e4digung und ist vielleicht auch in optischer Hinsicht von Nutzen.\nJaval (Paris) zeigte als mechanisches Kuriosum eine bikonische Konvexlinse. Zwei gekreuzte Streifen optischen Glases mit konischen Fl\u00e4chen ergeben auf ihrem Deckungsgebiet eine Refraktion, welche der einer accommodierbaren sph\u00e4rischen Konvexlinse sehr nahe kommt, weil die Brennweite durch Verschiebung der Streifen stetig ver\u00e4ndert werden kann.\nS\u00fclzer (Winterthur) besprach den Einflufs, welchen die nat\u00fcrliche Dec entrierungderKorneaauf ophthalmometrische Bestimmungen des Astigmatismus haben mufs. Die Sehaxe bildet mit der Scheitelnormalen einen Winkel, den Winkel \u00ab. Er demonstrierte an Javals Ophthalmo-","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nVersammlungen.\nmeter die Ver\u00e4nderung des Bildes, die wahrgenommen wird, wenn man, statt der Sehaxe, die Seheitelnormale zur Axe macht, d. h. die Kornea richtig centriert.\nIn der Diskussion \u00fcber Ophthalmometrie erinnerte Cohn (Breslau) an die Magnesiumphotographie, welche jetzt ausmefsbare Momentbilder auch bei unruhigem Auge liefert, und demonstrierte Aufnahmen von Keratoskopbildern.\nValude (Paris) zeigte die jetzt in Prankreich fabrizierten Torusgl\u00e4ser. Eine Torusfl\u00e4che ist die Bahn eines Kreises, der um eine in seiner Ebene liegende Grade gedreht wird. Die optische Wirkung kommt der einer sph\u00e4rocylindrischen Kombination gleich, soll jene aber in peri-skopischer Ausdehnung des deutlichen Bildes \u00fcbertreffen.\nBernheimer (Heidelberg) machte eine vorl\u00e4ufige Mitteilung \u00fcber seine Serienschnitte des Tractus opticus und seiner Wurzeln. Mit Benutzung der Markfasementwickelung an verschiedenaltrigen Embryonen gelang es, den Easerverlauf von der Ganglienzelle bis in den Traktus hinein in g\u00fcnstiger Isolierung zu verfolgen, was im erwachsenen Gehirn nicht m\u00f6glich war. P\u00fcr einen Paserkomplex, der von einem, im vorderen frontalen Teil des Thalamus liegenden Ganglienzellhaufen entspringt, ist diese Untersuchung abgeschlossen. Diese Beobachtungen best\u00e4tigten wieder, dafs die Markentwickelung von den Wurzeln des Sehnerven bis zur Peripherie allm\u00e4hlich herabsteigt.\nX. Internationaler medizinischer Kongrefs zu Berlin 1890.\nII.\nSektion fwr Ohrenheilkunde.\nReferiert von Dr. KRAKAUER-Berlin,\nSchriftf\u00fchrer der Sektion.\nIn seinem Vortrage: \u201e\u00dcber die vordere Tenotomie des Muse, tensortympani\u201c er\u00f6rtert Professor Kessel-J ena die physiologischen V or-g\u00e4nge beim H\u00f6ren, indem er sich hierbei im allgemeinen der HELMHOLTzschen Theorie anschliefst. Speziell geht er auf das Accommodationsverm\u00f6gen ein, worunter er die F\u00e4higkeit versteht, das Ohr so einzurichten, dafs f\u00fcr \u00fcberm\u00e4fsig starken und \u00fcberm\u00e4fsig schwachen Schall eine deutliche Wahrnehmung entsteht: \u201eSinkt die Exkursion bis zur Amplitude der Schwelle der Empfindung herab, so kann die Amplitude vergr\u00f6fsert, ist die Amplitude bis zur Abwehr gewachsen, so kann sie verkleinert werden.\u201c In der Ruhe ist die Steigb\u00fcgelplatte f\u00fcr die Amplitude der deutlichen Wahrnehmung eingestellt. Zum Accommodationsapparat geh\u00f6ren vor allem die Binnenmuskeln des Ohres, der Tensor tympani und der Stapedius. Ersterer verkleinert durch Dauerkontraktionen die Amplitude der Abwehr indem er die Widerst\u00e4nde im schallleitenden Apparat vermehrt, letzterer vergr\u00f6fsert die Amplitude der Schwelle durch Verminderung der Widerst\u00e4nde. Hand in Hand damit gehen Ver\u00e4nderungen der Resonanz am Trommelfell. Der Tensor schw\u00e4cht durch seine Kontraktion die Kl\u00e4nge und Ger\u00e4usche, besonders des unteren H\u00f6rbereiches (8\u201464 Schwingungen),","page":340}],"identifier":"lit14326","issued":"1890","language":"de","pages":"335-340","startpages":"335","title":"X. Internationaler medizinischer Kongre\u00df zu Berlin 1890: I. Sektion f\u00fcr Augenheilkunde","type":"Journal Article","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:17:18.048422+00:00"}