Open Access
{"created":"2022-01-31T12:38:35.975648+00:00","id":"lit14327","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Krakauer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1: 340-343","fulltext":[{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nVersammlungen.\nmeter die Ver\u00e4nderung des Bildes, die wahrgenommen wird, wenn man, statt der Sehaxe, die Seheitelnormale zur Axe macht, d. h. die Kornea richtig centriert.\nIn der Diskussion \u00fcber Ophthalmometrie erinnerte Cohn (Breslau) an die Magnesiumphotographie, welche jetzt ausmefsbare Momentbilder auch bei unruhigem Auge liefert, und demonstrierte Aufnahmen von Keratoskopbildern.\nValude (Paris) zeigte die jetzt in Prankreich fabrizierten Torusgl\u00e4ser. Eine Torusfl\u00e4che ist die Bahn eines Kreises, der um eine in seiner Ebene liegende Grade gedreht wird. Die optische Wirkung kommt der einer sph\u00e4rocylindrischen Kombination gleich, soll jene aber in peri-skopischer Ausdehnung des deutlichen Bildes \u00fcbertreffen.\nBernheimer (Heidelberg) machte eine vorl\u00e4ufige Mitteilung \u00fcber seine Serienschnitte des Tractus opticus und seiner Wurzeln. Mit Benutzung der Markfasementwickelung an verschiedenaltrigen Embryonen gelang es, den Easerverlauf von der Ganglienzelle bis in den Traktus hinein in g\u00fcnstiger Isolierung zu verfolgen, was im erwachsenen Gehirn nicht m\u00f6glich war. P\u00fcr einen Paserkomplex, der von einem, im vorderen frontalen Teil des Thalamus liegenden Ganglienzellhaufen entspringt, ist diese Untersuchung abgeschlossen. Diese Beobachtungen best\u00e4tigten wieder, dafs die Markentwickelung von den Wurzeln des Sehnerven bis zur Peripherie allm\u00e4hlich herabsteigt.\nX. Internationaler medizinischer Kongrefs zu Berlin 1890.\nII.\nSektion fwr Ohrenheilkunde.\nReferiert von Dr. KRAKAUER-Berlin,\nSchriftf\u00fchrer der Sektion.\nIn seinem Vortrage: \u201e\u00dcber die vordere Tenotomie des Muse, tensortympani\u201c er\u00f6rtert Professor Kessel-J ena die physiologischen V or-g\u00e4nge beim H\u00f6ren, indem er sich hierbei im allgemeinen der HELMHOLTzschen Theorie anschliefst. Speziell geht er auf das Accommodationsverm\u00f6gen ein, worunter er die F\u00e4higkeit versteht, das Ohr so einzurichten, dafs f\u00fcr \u00fcberm\u00e4fsig starken und \u00fcberm\u00e4fsig schwachen Schall eine deutliche Wahrnehmung entsteht: \u201eSinkt die Exkursion bis zur Amplitude der Schwelle der Empfindung herab, so kann die Amplitude vergr\u00f6fsert, ist die Amplitude bis zur Abwehr gewachsen, so kann sie verkleinert werden.\u201c In der Ruhe ist die Steigb\u00fcgelplatte f\u00fcr die Amplitude der deutlichen Wahrnehmung eingestellt. Zum Accommodationsapparat geh\u00f6ren vor allem die Binnenmuskeln des Ohres, der Tensor tympani und der Stapedius. Ersterer verkleinert durch Dauerkontraktionen die Amplitude der Abwehr indem er die Widerst\u00e4nde im schallleitenden Apparat vermehrt, letzterer vergr\u00f6fsert die Amplitude der Schwelle durch Verminderung der Widerst\u00e4nde. Hand in Hand damit gehen Ver\u00e4nderungen der Resonanz am Trommelfell. Der Tensor schw\u00e4cht durch seine Kontraktion die Kl\u00e4nge und Ger\u00e4usche, besonders des unteren H\u00f6rbereiches (8\u201464 Schwingungen),","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Versammlungen.\n.341\nebenso deren Resonanz; der Stapedius verst\u00e4rkt besonders die Kl\u00e4nge des oberen H\u00f6rbereiches (5000\u201454000 Schwingungen) und deren Resonanz. Die Verkleinerung der Amplitude steht in Verbindung mit der Vermehrung der Widerst\u00e4nde, die Abnahme der Resonanz mit der Abflachung der Radi\u00e4rsaiten des Trommelfelles. Zur Feststellung der H\u00f6rst\u00f6rungen bedient man sich zweckm\u00e4fsig der Auffindung des Schwellenwertes vermittelst der Fl\u00fcstersprache (normal 25 Meter). Die Ver\u00e4nderungen am nerv\u00f6sen Apparat bestimmt man durch 15 Gabeln von 64\u201440000 Schwingungen. In der Diskussion wendet sich PoLLAK-Wien speziell gegen die physiologischen Ausf\u00fchrungen des Redners, indem er hervorhebt\u2019, dafs die Funktion der Binnenmuskeln als Accommodationsmuskeln noch nicht entschieden sei. Beim Hunde seien zwar von Hessen und Bockendahl Kontraktionen durch H\u00f6rreize nachgewiesen, nicht so beim Menschen.\nGRADESioo-Turin untersuchte die Form der Ohrmuscheln bei Normalen, Geisteskranken und Verbrechern und fand, dafs Formanomalie bei Geisteskranken und Verbrechern viel h\u00e4ufiger, als bei normalen Individuen seien. Auch kommen bei letzteren verh\u00e4ltnism\u00e4fsig h\u00e4ufiger leichtere Anomalien (angewachsenes L\u00e4ppchen, auf das L\u00e4ppchen fortgesetzte Fossa scaphoidea), bei Geisteskranken und Verbrechern schwerere Anomalien vor. Meist sind die Anomalien bilateral, sonst h\u00e4ufiger rechts als links, mit Ausnahme der abstehenden Ohrmuschel, welche bei M\u00e4nnern h\u00e4ufiger links vorkommt.\nIn dem von Magnus-K\u00f6nigsberg und Schwabach-Berlin gegebenen Referat \u00fcber die B estimmung der H\u00f6rf\u00e4higkeit, sowie in dem von BEZOLD-M\u00fcnchen gehaltenen Vortrage \u00fcberH\u00f6rpr\u00fcfungsmittel erkennen alle drei Redner die hervorragende Bedeutung der Pr\u00fcfung durch die Sprache teils mit den Zahlen von 1\u2014100, teils mit bestimmten Worten (Wolf) an. Auch sind die Redner dar\u00fcber einig, dafs es rationell sei, zur Bezeichnung der H\u00f6rf\u00e4higkeit eines Bruches sich zu bedienen (Knapp). Viel dringender erscheint Bezold die Verbesserung der H\u00f6rpr\u00fcfungsmittel f\u00fcr Tontaubheit. Ein Ausfallen von Farben habe f\u00fcr die Sehsch\u00e4rfe an sich keine Bedeutung, ein Ausfallen von T\u00f6nen aber, beispielsweise im mittleren Teil der Skala, k\u00f6nne das Ohr taub erscheinen lassen, w\u00e4hrend dies doch nur f\u00fcr die betreffende Tonreihe zutreffe. Er hat zur vollst\u00e4ndigen Tonpr\u00fcfung 8 Gabeln und 2 Orgelpfeifen konstruiert, welche, in Verbindung mit dem Galtonpfeifchen, den Anforderungen zu gen\u00fcgen scheinen. Diese Reihe erstreckt sich vom Kontra-C (32 Doppelschwingungen) bis zu den h\u00f6chsten T\u00f6nen, welche das menschliche Ohr perzi-pieren kann. Aufserdem seien die produzierten T\u00f6ne nahezu frei von Obert\u00f6nen. Aus seinen Untersuchungen kann er bis jetzt nur einen Satz mit Sicherheit herleiten: \u201eDer Schallleitungsapparat ist nur f\u00fcr die dem unteren Teil der Skala angeh\u00f6renden T\u00f6ne zur \u00dcberleitung durch \u00e4rotympanaler Leitung notwendig; f\u00fcr den oberen Teil ist er entbehrlich.\u201c In der Diskussion bemerkt Jacobson (Berlin), dafs auch er f\u00fcr praktische Zwecke wenigstens die Fl\u00fcstersprache als bestes H\u00f6rpr\u00fcfungsmittel betrachte. Dagegen kann er sich mit dem Vorschl\u00e4ge, die H\u00f6rsch\u00e4rfe mit der H\u00f6rweite umgekehrt proportional zu setzen und nach dieser Relation die pathologische H\u00f6rsch\u00e4rfe als Bruchteil der normalen","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nVersammlungen.\nauszudr\u00fccken, nicht einverstanden erkl\u00e4ren. Denn wenn man auch annehmen will, dafs die Intensit\u00e4t des Schalles umgekehrt proportional sei dem Quadrat der Entfernung, so gelte dieses doch nur f\u00fcr den unendlichen Kaum. In einem geschlossenen Baume aber, wie z. B. in einem \u00e4rztlichen Untersuchungszimmer bestehe zwischen Schallintensit\u00e4t und Entfernung der Schallquelle keine bestimmte oder auch nur bestimmbare gesetzm\u00e4fsige Beziehung.\nAus der Reihe der physiologischen Untersuchungen \u00fcber das mittlere Ohr, welche Dr. Secchi-Bologna im physiologischen Laboratorium seiner Heimat angestellt hat, interessieren uns, abgesehen von der Thatsache, dafs die Luft in der Trommelh\u00f6hle unter einem 3 mm Alkohol h\u00f6heren Druck, als die \u00e4ufsere Luft stehe, noch diejenigen, welche sich auf Druckschwankungen, hervorgebracht durch Tonreize, beziehen. Er fand an Hunden, denen er in die er\u00f6ffnete Bulla ossea ein Manometer luftdicht eingef\u00fcgt hatte, dafs der endotympanale Druck sich bei jedem, auch dem leisesten Tone, der die Aufmerksamkeit des Tieres fesselt, erh\u00f6ht, w\u00e4hrend er selbst bei lauteren aber wohlbekannten T\u00f6nen oft unver\u00e4ndert bleibt. Die Drucksteigerung h\u00e4lt so lange an, als der Ton dauert. Sie wird am h\u00f6chsten bei akuten, sehr intensiven, zumal unerwartet geh\u00f6rten T\u00f6nen. Bei in Intervallen sich folgenden T\u00f6nen zeigt das Manometer eben so viele entsprechende Erhebungen. Uber 80 hinaus werden die Schwankungen immer behinderter, bis sie in eine einzige verschmelzen. Die Drucksteigerung tritt auch durch die verschiedenen Vokale ein, mehr durch a, e, o, als durch i und w. Nach Durchschneidung des Tensor tympani sah Redner den endotympanalen Druck unter der Einwirkung akuter und intensiver T\u00f6ne abnehmen. Verfasser, der seine Experimente noch fortsetzen will, ist geneigt anzunehmen, dafs die Schallwellen sich nicht so wohl durch die Kn\u00f6chelchen als vielmehr auf dem Luftwege der Schnecke mitteilen und zwar nach dem Prinzip Pascals vom Trommelfell zur Fenestra rotunda.\nAuf Grund eines Falles von Diplacusis echotica er\u00f6rtert Kayser-Breslau die beiden Formen der Diplacusis, die Diplacusis disharmo-nica, bei welcher bestimmte Schallreize auf beiden Ohren qualitativ verschieden empfunden werden, und die Diplacusis echotica, bei welcher die W ahrnehmung auf beiden Ohren qualitativ gleich, aber tempor\u00e4r getrennt ist. W\u00e4hrend die Diplacusis disharmonica unter Zugrundelegung der Helm-HOLTzschen Theorie leicht als Verstimmung einzelner Teile des CoRTisehen Organes zu erkl\u00e4ren ist, mufs die Diplasusis echotica als eine verlangsamte Geh\u00f6rsempfindung auf dem kranken Ohre gedeutet werden. Die Versp\u00e4tung der Empfindung kann bedingt sein 1. durch verl\u00e4ngerte Dauer des Anklingens (Urbaxtschitsch); 2. durch versp\u00e4tete Perzeption im Centralorgan; 3. durch verlangsamte Nervenleitung, doch m\u00fcfste bei der K\u00fcrze des Acusticus die Verlangsamung eine betr\u00e4chtliche sein. In der Diskussion erw\u00e4hnt BARTH-Berlin, dafs, wenn man musikalischen an Diplacusis disharmonica leidenden Individuen bei verschlossenem gesunden Ohre eine Stimmgabel vor das kranke Ohr h\u00e4lt, sie meist, wenn sie zum Nachsingen aufgefordert werden, einen unbestimmt schwankenden Ton, h\u00e4ufig mit schwachem \u00dcberschlagen in die Fistelstimme, angeben. Bei","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Versammlungen.\n343\nWiederholungen wird der Ton meist richtig, manchmal in der Oktave nachgesungen. Wenn man ihnen die Gabel abwechselnd vor das gesunde und kranke Ohr h\u00e4lt, so \u00fcberzeugen sich die Patienten, dafs sie denselben Ton h\u00f6ren, dafs er nur verschieden klingt. In allen seinen F\u00e4llen handelte es sich um Mittelohrkatarrhe, also um eine Erkrankung des schallleitenden Apparates. Seiner Ansicht nach ist die Hypothese von der Verstimmung des CoRTischen Organes \u00fcberfl\u00fcssig. Es werden auf dem Wege der Leitung eben einzelne Teilschwingungen des Tones ged\u00e4mpft, andere fallen ganz aus, dazu kommt noch das dumpfe Gef\u00fchl bei Verlegung des Ohres und die begleitenden subjektiven Ger\u00e4usche, so dafs also die verschiedenartige Wahrnehmung nicht verwunderlich ist. JACOBSON-Berlin kann dieser Deduktion nicht beipflichten. Nach den Gesetzen der Resonanz kann ein mitschwingender K\u00f6rper, sei dies nun die Platte eines Telephons, sei es das Trommelfell, immer nur in der Periode des erregenden Tones schwingen. Werden seine physikalischen Konstanten ge\u00e4ndert, so wirkt dies nur auf die Amplitude, nicht auf die Zahl der Mitschwingungen. Es wird also hei Schallleitungserkrankungen das Trommelfell weniger stark, eventuell, wenn die Amplitude = 0 wird, gar nicht mitschwingen. Seiner Ansicht nach kann die Diplacusis disharmonica nur nach v. Wittich durch eine partielle oder totale Verstimmung der elastischen Endapparate der H\u00f6rnerven erkl\u00e4rt werden. Tritt das Ph\u00e4nomen bei Mittelohrerkrankungen auf, so folgt daraus eben nur, dafs auch das Labyrinth miterkrankt ist. Notwendig aher ist es, dafs man bei Untersuchung auf Diplacusis disharmonica nicht Kl\u00e4nge, sondern einfache T\u00f6ne ben\u00fctze, welche \u201eTeilschwingungen\u201c \u00fcberhaupt nicht enthalten.\n(Berichte \u00fcber die physiologische und neurologische Sektion im n\u00e4chsten Heft.)","page":343}],"identifier":"lit14327","issued":"1890","language":"de","pages":"340-343","startpages":"340","title":"X. Internationaler medizinischer Kongre\u00df zu Berlin 1890: II. Sektion f\u00fcr Ohrenheilkunde","type":"Journal Article","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:38:35.975654+00:00"}