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{"created":"2022-01-31T16:14:01.696823+00:00","id":"lit14364","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pilzecker, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 129-130","fulltext":[{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n129\nso k\u00f6nne die Ursache nur in einer Leitungsunterbrechung gelegen sein. Auf die naheliegenden Einw\u00e4nde, dafs keineswegs die ganze Schlafzeit von Traum ausgef\u00fcllt ist und dafs die Th\u00e4tigkeit der Hirnrinde im Traum doch nicht als eine so geordnete bezeichnet werden kann, dafs man sie derjenigen im wachen Zustande gleichsetzen kann, soll hier nur kurz hingewiesen werden. Bez\u00fcglich der centrifugalen Bahn bemerkt Verfasser folgendes : wenn man tr\u00e4ume, dafs man fliehen, sich retten wolle u. dergl., so innerviere man im Centrum motorisch, und da man nun trotzdem im allgemeinen ruhig liegen bleibt, so sei dies ein Beweis, dafs die motorische Leitung unterbrochen sei. Auch dieser Grund kann vom Referenten nicht als stichhaltig zugegeben werden. Da nach den Ausf\u00fchrungen des Referenten eine Innervations-Empfindung nicht existiert, so ist aus der Vorstellung des Fliehen-wollens keineswegs zu folgern , dafs eine motorische Innervation vor sich geht ; es handelt sich vielmehr zun\u00e4chst nur um ein Bewegungs-Vorstellungsbild und die Thatsache, dafs dasselbe nicht von einer Bewegung gefolgt wird, ist mit viel gr\u00f6fserem Recht darauf zu beziehen, dafs die motorische Innervation eben ausbleibt. Der Sitz der centripetalen und centrifugalen Leitungs-Unterbrechung wird vom Verfasser in das centrale H\u00f6hlengrau gelegt. F\u00fcr diese Lokalisation f\u00fchrt er die bei krankhaften Schlafzust\u00e4nden beobachteten Augenmuskell\u00e4hmungen und das physiologische Herabfallen des oberen Augenlides sowie das Doppeltsehen beim Einschlafen an.\nGoldscheider (Berlin).\n*G\u00f6tz Martius. \u00dcber die muskul\u00e4re Reaktion und die Aufmerksamkeit.\nWundts Philos. Studien, Bd. VI, 2. Heft, S. 167\u2014216.\nNach L Lange und Wundt stellt der Vorgang der muskul\u00e4ren Reaktion, wie er bei den einfachen Reaktionsversuchen beobachtet wurde, einen durch Ein\u00fcbung entstandenen Gehirnreflex dar, bei dem die Perception ein den Eintritt des Reflexes begleitender, die Apperception sogar ein demselben erst nachfolgender psychischer Vorgang ist. M\u00fcnster-berg, der die muskul\u00e4re Reaktion nicht nur, wie dies Wundt behauptet, bei den einfachen Reaktionen anwendbar findet, sondern sie auch bei komplizierteren Wahlakten beobachtet haben will, erkl\u00e4rt konsequenterweise auch die komplizierteren Wahlbewegungen f\u00fcr Gehirnreflexe, deren psychische Begleiterscheinungen f\u00fcr den Vorgang ohne Einflufs seien. Gegen letztere Behauptung wendet sich Martius zuerst. Eine Kritik des von M\u00fcnsterberg beobachteten Versuchs Verfahrens, welche ihm die dabei angewendete Aufmerksamkeitsrichtung als nicht rein muskul\u00e4rer, sondern mehr centraler Natur erscheinen l\u00e4fst, giebt ihm Anlafs, neue Versuche \u00fcber diesen Punkt anzustellen, deren Resultat ein dem von M\u00fcnsterberg gefundenen direkt widersprechendes ist: die f\u00fcr die muskul\u00e4ren Reaktion ermittelten Zeiten sind fast durchgehend gr\u00f6fser, als die bei sensorieller Reaktionsweise gewonnenen. Dies scheint zu beweisen, dafs die Richtung der Aufmerksamkeit auf die Bewegung im Falle verwickelter Wahlhandlungen nicht eine Erleichterung, sondern eine Erschwerung bewirkt, w\u00e4hrend der Reaktionsvorgang hier subjektiv\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie II.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nLitteraturbericht.\nam leichtesten vor sich geht, wenn die Aufmerksamkeit der Koordination von Reizbild und Bewegungsbild zugewendet ist. Letztere Aufmerksamkeitsrichtung, die hei fehlender \u00dcbung die nat\u00fcrlichste sein soll, stellt Martius als centrale Aufmerksamkeit neben die muskul\u00e4re und sensorielle.\nNach diesen, der Wiederlegung M\u00fcnsterbergs gewidmeten Untersuchungen sucht Verfasser die Gr\u00fcnde im einzelnen zu widerlegen, welche Wundt f\u00fcr seine Ansicht angef\u00fchrt hat, dafs die muskul\u00e4ren Reaktionen auf Ein\u00fcbung beruhende Gehirnreflexe darstellten. Insbesondere weist er durch eigene Versuche nach, dafs der Unterschied zwischen muskul\u00e4rer und sensorieller Reaktionweise sich auch hei ganz unge\u00fcbten Versuchspersonen zeigt. Ferner hat Verfasser neue Versuche \u00fcber einfache Reaktionszeiten angestellt, hei denen der Reagierende nach jedem Einzelversuche seine eigene Beobachtung \u00fcber die Richtung [seiner Aufmerksamkeit im Augenblicke des Reagierens sowohl als \u00fcber denErfolg und die scheinbare L\u00e4nge der Reaktionszeit aufschrieb. Diese Versuche, welche eine grofse Genauigkeit der eigenen Sch\u00e4tzung des Versuchsverlaufes ergaben, lehrten, dafs der Eindruck der Gleichzeitigkeit von Sinneseindruck und Reaktionsbewegung ziemlich regellos stattfindet und weder von der Aufmerksamkeitsrichtung noch von der Reaktionsdauer in gesetzm\u00e4fsiger Weise abh\u00e4ngt. Perner zeigte sich ein zeitlicher Unterschied zwischen sensorieller und muskul\u00e4rer Reaktion, der wesentlich kleiner war, als der von L. Lange gefundene Unterschied, was Martius dadurch erkl\u00e4rt, dafs bei ihm die Vorschrift kurz dahin lautete, m\u00f6glichst schnell zu reagieren, w\u00e4hrend Lange bei sensorieller Aufmerksamkeitsrichtung das Abwarten der vollen Apperception des Eindrucks vorgeschrieben hatte. Martius schliefst nun aus diesem Resultat einerseits, dafs die Vorstellung der Gleichzeitigkeit von Sinneseindruck und Reaktionsbewegung nicht verwendbar ist, um Schl\u00fcsse \u00fcber die Natur des muskul\u00e4ren oder sensoriellen Reaktionsvorganges daran anzukn\u00fcpfen, und andererseits, dafs bei dem geringen zeitlichen Unterschiede zwischen muskul\u00e4rer und sensorieller Reaktionsweise kein Grund vorhanden ist zu der Annahme einer specifischen Verschiedenheit der beiden Vorg\u00e4nge. Vielmehr stellen nach Martius die sensorielle und die muskul\u00e4re Reaktion einen innerlich gleichartigen Vorgang dar, bei dem nur die Aufmerksamkeit in verschiedenem Sinne th\u00e4tig ist, das eine Mal, indem sie den erwarteten Sinneseindruck vorher reproduziert und alle anderen gleichzeitigen Vorstellungen hemmt, das andere Mal, indem sie die intendierte Muskelinnervation aktuell im Bewufstsein erh\u00e4lt. Die Perception des Reizes soll in beiden F\u00e4llen zum Zustandekommen der Reaktionsbewegung erforderlich sein.\tA. Pilzecker (G\u00f6ttingen).\n1.\tGeorges Dwelshauvers. Psychologie de l\u2019apperception et recherches\nexp\u00e9rimentales sur l\u2019attention, essai de psychologie physiologique.\nBruxelles 1890. 179 S.\n2.\tGeorg Dwelshauvers. Untersuchungen zur Mechanik der aktivem\nAufmerksamkeit. Wundt, Philosoph. Studien, Bd. VIr 2, S. 217\u2014249.\nDie an erster Stelle genannte Schrift enth\u00e4lt aufser den experimen-","page":130}],"identifier":"lit14364","issued":"1891","language":"de","pages":"129-130","startpages":"129","title":"G\u00f6tz Martius: \u00dcber die muskul\u00e4re Reaktion und die Aufmerksamkeit. Wundts Philos. Studien, Bd. VI, 2. Heft, S. 167-216","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:14:01.696829+00:00"}