Open Access
{"created":"2022-01-31T16:13:23.153142+00:00","id":"lit14369","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Goldscheider, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 136-137","fulltext":[{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nLitteraturbericht.\nSubjektes aufzutreten, gilt als der selbst\u00e4ndige Kern, der seinen Verwandten in dem ebenfalls selbst\u00e4ndig hingestellten Triebe hat; dieser Wille erh\u00e4lt das zugeschrieben, was nur dem Subjekt, aber freilich diesem nicht als wollenden, sondern als denkenden, zukommt: der Wille macht Erfahrungen, die Erfahrung der Hemmung der Intention ist ein Willenszustand. Endlich: weil mir mit dem Willen und Gef\u00fchl auch seihst der \u201eKern\u201c des \u201eEigenlebens\u201c nicht ersch\u00f6pfend dargestellt ist, so kann ich auch die Erfahrung von etwas, das blofs von meinem Willen unabh\u00e4ngig ist, mich in der Ausf\u00fchrung meiner Bewegung hindert und Druckempfindung liervorruft, nicht gen\u00fcgen lassen, um die Realit\u00e4t, d. i. die Unabh\u00e4ngigkeit von mir \u00fcberhaupt \u201eaufzu-schliefsen\u201c.\nDafs der Verfasser diese Realit\u00e4t dem Boden der Hypothese entr\u00fcckt zu haben \u00fcberzeugt ist, versteht sich von der Vorausetzung aus, das Eigenleben sei nur Wille (und Gef\u00fchl), sehr wohl; die Worte \u201eunabh\u00e4ngig von meinem Willen\u201c, \u201eunabh\u00e4ngig von mir\u201c und \u201ereales Objekt\u201c m\u00fcssen dann eben eindeutig sein. Aber \u201eder Mensch in seiner empirischen Lebensf\u00fclle\u201c scheint mir bei jener Voraussetzung leider nur im Bruchst\u00fcck zu Grunde gelegt zu sein.\nAber selbst wenn Dilthey Recht h\u00e4tte in der Bestimmung des Seelenkerns, so w\u00e4re doch die eigentliche Aufgabe nicht gel\u00f6st; der Verfasser unterscheidet leider nicht zwischen der Aufsenwelt \u00fcberhaupt und einem bestimmten Einzeldinge der Aufsenwelt; die Realit\u00e4t des letzteren nun ist freilich noch nicht mit derjenigen der Aufsenwelt, wohl aber diese mit jener schon gesetzt. Ich kann ihm durchaus in der feinen Analyse des Gegebenen, welches den Grund f\u00fcr das Wissen von der Realit\u00e4t eines bestimmten Einzelnen in der Aufsenwelt bildet, beipflichten, ohne den versuchten Nachweis von der Realit\u00e4t der Aufsenwelt \u00fcberhaupt als einen gl\u00fccklichen anzuerkennen Mag jenes Wissen in betreff des einzelnen sich gr\u00fcnden auf Willensimpuls, Druckempfindung, Vergleichung und Unterscheidung von Druckempfindung und Bewegungsempfindung, und endlich auf Widerstandsempfindung: so kann dieses vorgestellte Einzelne nicht als wirkliches ;,aufser mir Gegebenes\u201c gewufst werden, wenn mir nicht schon das Bewufstsein eines \u201eaufser mir\u201c, einer Aufsenwelt \u00fcberhaupt gegeben ist. Diltheys Nachweis bezieht sich also in Wahrheit nur auf die Realit\u00e4t des Einzelnen und dieser setzt die der Aufsenwelt \u00fcberhaupt als reale notwendig schon voraus; insoweit er also auch Nachweis der Realit\u00e4t der Aufsenwelt \u00fcberhaupt sein wollte, w\u00e4re er, wie die Versuche von Zeller und Helmholtz , eine Erschleichung.\nJ. Rehmke (Greifswald).\nS. Erben. Neue Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Reflexe. Wien. med. Woehensehr. Nr. 21\u201424.\nVerfasser stellt den Satz auf, dafs es unberechtigt sei, die Reflexbogen durch die grofsen motorischen Ganglienzellen 1 . vorderen g. < n Substanz des R\u00fcckenmarks zu legen. Er folgert -es aus pathologischen","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n137\nBeobachtungen, welche dahin gehen, dafs bei gewissen Muskelatrophien, welche durch R\u00fcckenmarks-Affektionen bedingt sind, speciell der sogenannten \u201eamyotrophischen Lateral-Sklerose\u201c trotz Atrophie dieser genannten Ganglienzellen die Reflexe nicht nur erhalten, sondern sogar gesteigert seien. Der Reflexbogen sei daher durch das GERLACHsche Fasernetz oder anderweitige von ihm vermutungsweise n\u00e4her bezeichnete Zellen des Hinter- oder Vorderhorns zu legen. Allein es wird auch durch die F\u00e4lle des Verfassers nicht bewiesen, dafs gerade solche Muskelfasern, welche in der Atrophie begriffen, deren zugeh\u00f6rige Vorderhornzellen also als atrophierend zu denken sind, gesteigerte Reflexe zeigen. Die vom Verfasser wreiterhin geschilderte Steigerung der Sehnenreflexe auch auf der nicht-gel\u00e4hmten Seite von Hemiplegikern ist eine anerkannte Thatsache.\tGoldscheider (Berlin).\nD. A. Cullerre. Die Grenzen des Irreseins. Ins Deutsche \u00fcbertragen von Dr. med. Otto Dornbl\u00fcth. Hamburg 1890. 270 S.\nIn dem vorliegenden, kleinen Werke werden in einer f\u00fcr den gebildeten Laien bestimmten Darstellung alle die Zust\u00e4nde anschaulich geschildert, welche auf der breiten Grenze zwischen psychischer Gesundheit und Krankheit stehen. Die wissenschaftlichen Er\u00f6rterungen sind auf das Unumg\u00e4nglichste beschr\u00e4nkt und auf den beschreibenden Teil mit der ausf\u00fchrlichen Erz\u00e4hlung zahlreicher Einzelf\u00e4lle und Krankheitsgeschichten ist der Nachdruck gelegt. Verfasser will durch diese Arbeit den gebildeten Klassen, bei welchen man ja meist die wunderbarsten Vorstellungen in \u00e4rztlichen Dingen findet und besonders von dem, was Geisteskrankheit und Irrenanstalt heifst, Gelegenheit geben, sich eine richtige Ansicht \u00fcber Geistesst\u00f6rung zu bilden und zwar vor allem gerade an der Hand derjenigen abnormen Zust\u00e4nde, welche den \u00dcbergang vom Gesunden zum Kranken darstellen.\nIm allgemeinen Teil spricht Verfasser von dem Begriff und dem Ursprung des Irreseins, von der bedeutsamen Rolle, welche die Erblichkeit bei den Geistesst\u00f6rungen spielt, und hebt hervor, dafs nicht die Krankheit selbst vererbt wird, sondern eine Krankheitsanlage, die sich auf die Nachkommen in verschiedenartigen \u00c4ufserungen \u00fcbertr\u00e4gt. \u2014 Es folgen dann Kapitel \u00fcber die Zeichen, an welchen man die erbliche Entartung erkennt, die M\u00e4ngel des Verstandes, des sittlichen Gef\u00fchls und die k\u00f6rperlichen Degenerationssymptome. In den n\u00e4chsten Abschnitten werden die abnormen psychischen Zust\u00e4nde behandelt, die bei den erblich Belasteten und Entarteten Vorkommen und eben Grenzzust\u00e4nde darstellen, die Platzangst, die Zweifelsucht, die Ber\u00fchrungsfurcht, die Zwangsvorstellungen, alle als \u201eZwangszust\u00e4nde\u201c zusammengefafst. Diesen reihen sich die \u201ekrankhaften Triebe\u201c an, denen ja auch ein Zwang zu Grunde liegt, aber nicht wie bei den vorigen, der Zwang, etwas Unangenehmes zu erdulden, sondern auszuf\u00fchren (Selbstmord- und Mordtrieb, Dipsomanie, Stehltrieb etc.). Des weitern ist die Rede von den \u201eExcentrischen\u201c, von den \u201eVerfolgern\u201c, den \u201eSchw\u00e4rmern\u201c, den \u201eVerderbten\u201c (Hysterische, L\u00fcgner, Simulanten, Verbrecher) und von den \u201egeschlechtlich Abnormen\u201c. Verfasser betont immer, dafs die einzelnen Zust\u00e4nde","page":137}],"identifier":"lit14369","issued":"1891","language":"de","pages":"136-137","startpages":"136","title":"S. Erben: Neue Beitr\u00e4g zur Kenntnis der Reflexe. Wien. med. Wochenschr., Nr. 21-24","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:13:23.153148+00:00"}