The Virtual Laboratory - Resources on Experimental Life Sciences
  • Upload
Log in Sign up

Open Access

G. Tarde: Les lois de l'imitation. Étude sociologique

beta


JSON Export

{"created":"2022-01-31T16:10:28.264133+00:00","id":"lit14373","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Simmel, G.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 141-142","fulltext":[{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"IA it\u00e9ra turberkh t.\n141\nheute morden, erblich belastete und entartete Menschen, auf die die moderne Bezeichnung der \u201eMinderwertigkeit\u201c Anwendung findet.\nZum Schlufs wirft R\u00e9gis die Frage auf, wohin mit den K\u00f6nigsm\u00f6rdern?\nFr\u00fcher machte man meist kurzen Prozefs mit ihnen; richtete sie hin, oft sogar selbst dann, wenn sie geisteskrank waren (Verger). Das darf nun nach des Verfassers Ansicht nicht mehr geschehen, da sie nur zum Verbrecher werden, weil sie geisteskrank sind. Ist dieses letztere ohne weiteres klar, so geh\u00f6ren sie in die Irrenanstalt, im anderen Falle in Verbrecher-Asyle, niemals aber auf das Schaffot.\nUns scheint es, als ob das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen sei. R\u00e9gis liefert uns in seiner Arbeit ein dankenswertes Material, so klar und unumst\u00f6fslich aber, wie er sie annimmt, so glatt wie er sie ausf\u00fchrt, sind seine Beweise noch lange nicht, und wenn die Annahme einer Minderwertigkeit auch f\u00fcr die meisten der hier in Frage kommenden Pers\u00f6nlichkeiten zutreffend sein d\u00fcrfte, so wird sich dieser Nachweis f\u00fcr andere kaum erbringen lassen.\nMotive, die uns unverst\u00e4ndlich sind,sind deshalb noch nicht krankhaft, und ebenso wenig ist eine Handlung als die That eines Unzurechnungsf\u00e4higen aufzufassen, weil sie sich unserem Fassungsverm\u00f6gen entzieht. Immerhin aber wird man sich bei derartigen Verbrechern der vorstehenden Er\u00f6rterungen erinnern und sie in das Bereich der Erw\u00e4gungen einzuziehen haben, um zu einem richtigen Verst\u00e4ndnisse von That und Th\u00e4ter zu gelangen.\tPelm a y (Bonn).\nG. Tarde. Les lois de l\u2019imitation. Etude sociologique. Paris, 1890. Alcan. 432 S.\nEin gedankenreiches und anregendes Buch, das f\u00fcr die soziale Psychologie sehr bemerkenswerte Fingerzeige giebt. Der Verfasser teilt das gesamte Material der Geschichte in zwei Gruppen : in die Summe der originellen und sch\u00f6pferischen Thaten und Normgebungen und in die Wiederholungen derselben in dem sozialen Kreise, welcher durch diese Wiederholungen seinen specifischen Inhalt und seine Lebensformen erh\u00e4lt. W\u00e4hrend die ersten nun auf Grund ihres individuellen Charakters nicht das Objekt einer eigentlichen Wissenschaft sein k\u00f6nnen, da diese immer Regelm\u00e4fsigkeiten braucht, um auf sie Gesetze zu gr\u00fcnden, folgt die Verbreitung eingetretener Impulse, die Nachahmung gegebener Muster \u2022durch eine grofse Anzahl von Mitgliedern der Gruppe ganz bestimmten Gesetzen ; verm\u00f6ge der unendlichen H\u00e4ufigkeit, mit der wir die soziale Nachahmung eintreten sehen, bietet sie uns das Material zu einer wissenschaftlichen Induktion. In sehr interessanter Weise wird ausgef\u00fchrt, dafs die Nachahmung eine Art hypnotischer Suggestion sei, dafs der Einzelne innerhalb der Gruppe sich willenlos den Interessen, Trieben, Anschauungs- und Handlungsweisen erg\u00e4be, die irgendwie Macht gewonnen haben : L\u2019\u00e9tat social comme l\u2019\u00e9tat hypnotique n\u2019est qu\u2019une forme du r\u00eave, un r\u00eave de commande et un r\u00eave en action. N\u2019avoir que des id\u00e9es sugg\u00e9r\u00e9es et les croire spontan\u00e9es : telle est l\u2019illusion propre au somnambule et aussi bien \u00e0 l\u2019homme social. \u2014 Penser spontan\u00e9ment est toujours plus fatigant que penser par autrui. Aussi, toutes les fois qu\u2019un homme vit dans un milieu anim\u00e9, dans une soci\u00e9t\u00e9 intense et vari\u00e9e, qui lui","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nLitteraturbericht.\nfournit des spectacles et des concerts, des conversations et des lectures toujours renouvel\u00e9es, il se dispense par degr\u00e9s de tout effort intellectuel; et, s\u2019engourdissant \u00e0 la fois et se surexcitant de plus en plus, son esprit se fait somnambule. C\u2019est l\u00e0 l\u2019\u00e9tat mental propre \u00e0 beaucoup de citadins. \u2014 La soci\u00e9t\u00e9 c\u2019est l\u2019imitation et l\u2019imitation c\u2019est une esp\u00e8ce de somnambulisme. \u2014 Die Wege, die die soziale Nachahmung nimmt, werden nun mit feinem psychologischem Verst\u00e4ndnis und grofsem historischem Wissen verfolgt: die Nachahmungen in Sachen des Glaubens und des Bed\u00fcrfnisses, die Gr\u00fcnde der Auswahl unter gleichzeitigen Mustern, die wichtige Regel, dafs der sozial H\u00f6herstehende stets das Muster f\u00fcr den Tieferstehenden bildet, und die Ausnahmen davon er\u00f6rtert, endlich die Nachahmungsform der Sitte \u2014 o\u00f9 le mod\u00e8le ancien a toute faveur \u2014 und die der Mode\u2014o\u00f9 l\u2019avantage est au mod\u00e8le nouveau \u2014 in Bezug auf Sprachbildung, Religion, politische Formen, geistige und \u00e4ufserliche Bed\u00fcrfnisse verfolgt.\nDer Verfasser hat, wie ich glaube, der Sozialpsychologie einen grofsen Dienst erwiesen, indem er die Nachahmung als blofse Form von dem Inhalt, den sie sich giebt, abtrennt und es dadurch, wenigstens problematisch, m\u00f6glich macht, funktionelle Gleichm\u00e4fsigkeiten zu finden, die sich sonst leicht durch die aufserordentlichen Verschiedenheiten dessen, was nachgeahmt wird, dem Blick verbergen. Wie die Konkurrenz typische Formen und Entwickelungen besitzt, relativ unabh\u00e4ngig von dem Objekt, um das sie stattfindet, so mag es auch bei der Nachahmung der Fall sein. Auch die sozialisierende Kraft derselben ist noch nie so eindringlich hervorgehoben worden; grade diejenigen Nachahmungen, die durch die ganze Gruppe hindurch gehen und sie in einheitlicher Lebensform zusammenschliefsen, pflegen im Unbewufsten zu bleiben, weil sie f\u00fcr den Einzelnen selbstverst\u00e4ndlich sind; ihre Ausdehnung und ihren Einflufs in wissenschaftliches Bewufstsein zu heben, ist ein sehr anzuerkennender und vielleicht folgenreicher Versuch. Dafs die relative Bedeutung desselben den Verfasser verf\u00fchrt, sie nun gleich f\u00fcr eine absolute zu halten, dafs er mit diesem neugefundenen Schl\u00fcssel alle R\u00e4tsel der Sozialseele meint ohne Rest erschliefsen zu k\u00f6nnen, ist psychologisch wohl begreiflich. Wenn er infolgedessen auch die Wirkungen der Sozialglieder aufeinander gar zu unbedenklich nur als Nachahmung auffafst, was sie ebensowenig immer sind, wie die Ursache \u00fcberhaupt der Wirkung immer ihre eigene Form einpr\u00e4gt, diese vielmehr oft in v\u00f6llig andersgearteter Erscheinung auftreten l\u00e4fst; wenn er die Macht der Opposition, den Reiz des Widerspruchs gegen dasjenige, was sich als Muster der Nachahmung darbietet, gar zuwenig ber\u00fccksichtigt; wenn er sich oft in Analogiespielereien zwischen der psychischen und der k\u00f6rperlichen Natur verliert und, im Zusammenhang damit, Gesetze der Nachahmung finden will, die dies doch im Sinne des naturwissenschaftlichen Gesetzes noch keineswegs sind \u2014, so verringert dies doch nur wenig sein Verdienst, einen der haupts\u00e4chlichen Punkte, an dem die individuelle Psychologie durch R\u00fcckgang auf die Vorg\u00e4nge in der sozialen Gruppe erg\u00e4nzt werden mufs, zuerst in origineller und tiefgreifender Weise behandelt zu haben.\tG. Simmel (Berlin).","page":142}],"identifier":"lit14373","issued":"1891","language":"de","pages":"141-142","startpages":"141","title":"G. Tarde: Les lois de l'imitation. \u00c9tude sociologique","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:10:28.264139+00:00"}

VL Library

Journal Article
Permalink (old)
http://vlp.uni-regensburg.de/library/journals.html?id=lit14373
Licence (for files):
Creative Commons Attribution-NonCommercial
cc-by-nc

Export

  • BibTeX
  • Dublin Core
  • JSON

Language:

© Universitätsbibliothek Regensburg | Imprint | Privacy policy | Contact | Icons by Font Awesome and Icons8 | Powered by Invenio & Zenodo