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{"created":"2022-01-31T16:10:16.818058+00:00","id":"lit14378","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Lewandowski, Alfred","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 220-222","fulltext":[{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nL\u00eftteraturbericht.\nFerner wird sich eine sch\u00e4rfere Abgrenzung des physiognomischen und kraniologischen Problems mit R\u00fccksicht auf die durchaus verschiedenen Verh\u00e4ltnisse der die Form bildenden Teile zu seelischen Erregungen einerseits und zur Mechanik andrerseits notwendig machen.\nVielleicht geht v. Tor\u00f6k auf diese Fragen in der Kranioskopie ein, welche er als Fortsetzung der vorliegenden Kraniometrie ank\u00fcndigt. (S. 26.)\nIn letzterer will er unter Enthaltung von allen Antecipationen dar\u00fcber, welche Mafse f\u00fcr die L\u00f6sung des ber\u00fchrten Problems sp\u00e4ter als entscheidend sich herausstellen werden, die Kraniometrie zum Selbstzweck machen und gelangt dabei zur Aufstellung von nicht weniger als 5000 (!). Mafshestimmungen, welche er an jedem Sch\u00e4del mit seinem \u201eUniversalkraniometer\u201c ausf\u00fchrt.\nOhne mir hier ein Urteil \u00fcber den Wert seiner Methode zu erlauben, welches den Kraniometern von Fach zukommt, m\u00f6chte ich doch aussprechen, dafs mir diese ungeheure Zahl von Messungen als ein Fall ins Extreme hei der Opposition gegen eine zu leichtfertige Phrenologie erscheint.\nv. Tor\u00f6k hofft selbst, dafs sich eine grofse Anzahl dieser Mafse als unwesentlich heraussteilen wird. Hoffen wir das Gleiche.\nAuf den sehr umfangreichen technischen Teil der Arbeit und auf die Stellung des Verfassers zu den bisherigen kraniometrischen Methoden kann hier nicht eingegangen werden.\tSommer (W\u00fcrzburg).\nRichard Geigel (W\u00fcrzburg). Die Mechanik der Blutversorgung des Gehirns. 1890. 45 S.\nDas Studium der mechanischen Bedingungen, unter denen sich der Blutkreislauf im Gehirn vollzieht, seine St\u00f6rungen unter pathologischen Bedingungen, haben bisher unter der patho-physiologischen \u00dcberlieferung gelitten, welche die Begriffe der An\u00e4mia und Hyper\u00e4mia cerebri, also die geringere oder gr\u00f6fsere Anf\u00fcllung der Hirngef\u00e4fse heranzuziehen pflegte, wenn es galt, die mannigfachen Folgen dieser Zust\u00e4nde, die in Sauerstoffmangel ihr gefahrdrohendstes und schwerstes Symptom darboten, sachgem\u00e4fs zu erkl\u00e4ren. Es zeigte sich aber, dafs diese Betrachtungsweise nicht ausreichen wollte, dafs viele Punkte sich nur gezwungen, manche gar nicht recht von diesem Standpunkte aus begreifen liefsen; in diese L\u00fccke nun setzt G. seine neue und interessante Auffassung der cerebralen Cirkulationsbedingungen ein, welche er in seinen Studien niedergelegt hat.\nIndem er von vornherein einerseits die ver\u00e4nderte Blutbeschaffenheit und die Respirationsst\u00f6rungen, welch\u2019 beide erfahrungsgem\u00e4fs Sauerstoffmangel im Gehirn bewirken, andererseits die Zust\u00e4nde, welche die pathologischen Anatomen An\u00e4mia und Hyper\u00e4mia cerebri benennen, aus dem Kreis seiner Betrachtungen ausschliefst, besch\u00e4ftigt er sich einzig mit der Frage, ob und durch welche Faktoren die B lut versor gun g des Gehirns notleidet oder \u00fcber die Norm geSteigert wird.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Littemturbericht.\n221\nG. nennt nun die Durchflutung des Gehirns, welche hei sonst normalen Verh\u00e4ltnissen (gen\u00fcgendem Sauerstoffgehaltes des Blutes) eine hinreichende Versorgung der Hirnzellen mitO garantiert, Eudi\u00e4morrhysis cerebri, und f\u00fchrt f\u00fcr die eventuell m\u00f6glichen \u00c4nderungen nach der positiven wie nach der negativen Seite hin die Bezeichnungen Hyperund Adi\u00e4morrhysis cerebri ein.\nF\u00fcr die Eudi\u00e4morrhysis cerebri kommt ausschliefslich die Blutmenge in Betracht, welche in der Zeiteinheit die Kapillaren des Gehirns durchstr\u00f6mt. Diese Menge ist aber nicht nur abh\u00e4ngig vom Widerstand, der sich dem Blutstrom in den Venen entgegensetzt, sowie von der Gr\u00f6fse des arteriellen Druckes, sondern auch ganz besonders von dem Widerstand, den er in den Kapillaren selbst erf\u00e4hrt.\nDie Verh\u00e4ltnisse gestalten sich nun in mathematischer Formulierung etwa wie folgt:\nDer Widerstand in den Kapillaren ( W) ist eine Funktion (f) des intracerebralen Druckes (d)\nI. W=f(d),\ndie Geschwindigkeit des Blutes (g) in den Kapillaren ist aber, stets konstante Verh\u00e4ltnisse im Venensystem vorausgesetzt, direkt proportional dem arteriellen Druck a und umgekehrt dem Widerstand Wt\nalso: II., = \u00a3=7^-\nDer intracerebrale Druck aber w\u00e4re selbst gleich dem arteriellen Druck, wenn die Arterien frei ins cavum cranii m\u00fcnden w\u00fcrden; so tritt aber die Gef\u00e4fsspannung s als entgegenwirkende Gr\u00f6fse a gegen\u00fcber,\nalso : III. d = a \u2014 \u00bb,\nalso: IV. g = fl\nf (a \u2014 s)\nd. h. f\u00fcr die Durchflutung des Gehirns sind 2 Momente: der arterielle Druck und die Gef\u00e4fsspannung, von entscheidendem Einflufs.\nJe nachdem nun diese beiden Gr\u00f6fsen entweder jede f\u00fcr sich allein oder kombiniert sich vermehren oder vermindern, resultieren 9 m\u00f6gliche Variationen der Gleichung IV.\nIn logischer Folge entwickelt und beleuchtet nun G. diese verschiedenen M\u00f6glichkeiten; hier seien nur 2 davon mitgeteilt, weil sie durch ihr mathematisches Resultat unsere bisherigen Anschauungen zu korrigieren im st\u00e4nde sind.\nNehmen wir z. B. 'an, dafs bei gleichbleibendem arteriellen Druck durch spastische Verengerung der Gehirngef\u00e4fse die Spannung s um x gr\u00f6fser geworden, also eine Verminderung der Blutzufuhr eingetreten sei, so liegt es nahe, daraus auf eine schlechtere Blutversorgung, auf Adi\u00e4morrhysis cerebri zu schliefsen. Sehen wir uns nun unsere Gleichung an.\nIn der Formel g = \u2014\u2014-\u2014- ist jetzt g =\t= -z----\u2014----r\nf(a \u2014 s)\t*\tf[a \u2014 (s-M)]\tf(a \u2014 s \u2014 x)\nder Divisor kleiner, der Quotient g gr\u00f6fser geworden, d. h. es ist Hype r-di\u00e4morrhysis cerebri eingetreten bei spastischer Verengerung der Hirngef\u00e4fse.","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nLitteraturbericht.\nOder in einem anderen Falle l\u00e4fst durch paralytische Erweiterung der Gehirnarterien die Spannung nach, es wird s um x verringert, es\nwird also in der Formel\n9 =\nder Divisor\nf[a\u2014(s \u2014 x)] f(a \u2014 s + x) gr\u00f6fser, der Quotient g kleiner; es steht demnach bei erh\u00f6hter Blutzufuhr nicht etwa eine bessere Durchflutung zu erwarten, sondern vielmehr Adi\u00e4morrhysis cerebri.\nIn weiterer Ausf\u00fchrung und Betrachtung aller m\u00f6glichen Variationen der grundlegenden Formel schweift G. ins Gebiet der praktischen Medizin, der Therapie ab, nicht ohne das Herz des Praktikers durch treffende Winke zu erfreuen. G. bespricht dann noch die theoretische und praktische Begr\u00fcndung der Hirndrucksymptome, des pulsus cephalicus etc., versucht die Frage der Epilepsie und der hemikrania spastica auf eine perverse Reaktion des Gehirns gegen\u00fcber gesteigerter Blutzufuhr zur\u00fcckzuf\u00fchren, eine Hypothese, der wir vorerst nicht zu folgen verm\u00f6gen, und versucht auch andere umstrittene Fragen der befriedigenden L\u00f6sung auf Grund seiner neuen Cirkulationstheorie n\u00e4her zu bringen, doch m\u00f6ge es hei der Beurteilung dieser zum Teil recht scharfsinnigen Ausf\u00fchrungen gestattet sein, das Schlufswort, mit dem G. seine Studie beendet, auch f\u00fcr den Wert dieser letzten Betrachtungen in Anspruch zu nehmen, n\u00e4mlich: experimentum periculosum, iudicium difficile. Immerhin danken wir G., dafs er uns gezeigt hat, wie es nicht mehr m\u00f6glich ist, zwei Krankheitsbilder, der fr\u00fcheren \u201ean\u00e4mia und hyper\u00e4mia cerebri\u201c entsprechend, auseinander zu halten, wie es vor allem nicht angeht, aus dem Zustand der sichtbaren Gef\u00e4fse Schl\u00fcsse auf die Cirkulation im Gehirn zu ziehen, eine besonders f\u00fcr die praktische und therapeutische Seite der von G. untersuchten Materie sch\u00e4tzbare Bereicherung unserer Kenntnisse.\tA. Lewandowski (Berlin).\nKrause. Zur Frage der Lokalisation des Kehlkopfes an der Grofshirn-rinde. Berl. klin. Wochenschrift. 1890. Nr. 25. S. 557.\nFran\u00e7ois Franck schlofs aus seinen in den Comptes rendus de la Soci\u00e9t\u00e9 de Biologie, Bd. V., 1889, ver\u00f6ffentlichten Untersuchungen u. a., dafs elektrische Reizung der motorischen Gehirnwindungen an irgend einer Stelle derselben eine Reihe von Modifikationen der Atmungsth\u00e4tigkeit erzeuge, dafs gleichzeitig mit diesen Modifikationen der Atmung Ver\u00e4nderungen an der Glottis zu Stande k\u00e4men, dafs es also kein kortikales Centrum speciell f\u00fcr Kehlkopfhewegungen gehe und dafs keine besonderen Erregungscentren f\u00fcr die thoraco-abdominalen Atmungsbewegungen existierten, da die ganze Oberfl\u00e4che der reizbaren Gehirnzone die beobachteten Modifikationen hervorrufen k\u00f6nne.\nKrause glaubt nun, dafs Franck zu diesen Schl\u00fcssen nur deshalb gekommen ist, weil er zu starke Str\u00f6me bei seinen Reizungsversuchen anwendete; Krause selbst konnte mit schwachen Str\u00f6men an der von ihm fr\u00fcher beschriebenen Stelle am Gyrus praefrontalis des Hundes mit Sicherheit isolierte Bewegungen des Kehlkopfes hervorrufen und fafst die Ergebnisse seiner Versuche dahin zusammen, dafs 1) eine v\u00f6llig isolierbare Kehlkopf-, und eine ebensolche Zungen-, Lippen- und Kieferregion an","page":222}],"identifier":"lit14378","issued":"1891","language":"de","pages":"220-222","startpages":"220","title":"Richard Geigel: Die Mechanik der Blutversorgung des Gehirns, 1890, 45 S.","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:10:16.818063+00:00"}