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{"created":"2022-01-31T16:12:01.402789+00:00","id":"lit14394","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schaefer, Karl L.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 235-236","fulltext":[{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Litteratur bericht.\n235\nDie Leistungen des sogenannten \u201eKraftsinns\u201c sind das Resultat eines psychischen Vorganges. Dieser setzt sich zusammen:\na.\taus den von der Peripherie her einlaufenden Empfindungen;\nb.\taus der Zeitdauer der einzelnen Empfindungen resp. aus der Schnelligkeit, mit der sich die einzelnen Empfindungen folgen.\nDie peripherischen Empfindungen der Gelenke und ihrer Adnexe bilden die haupts\u00e4chlichste Grundlage zu der Urteilsbildung. Doch sind auch die einzelnen Empfindungsqualit\u00e4ten der Haut nicht v\u00f6llig aus-zuschliefsen.\nIn pathologischen F\u00e4llen kann eine Herabsetzung der Leistungen des sogen. \u201eKraftsinns\u201c auf Grund von Sensibilit\u00e4tsst\u00f6rungen statthaben. Jedoch m\u00fcssen diese schon einen sehr hohen Grad erreichen, bevor sich deutliche Differenzen gegen\u00fcber der Norm bemerkbar machen.\nGoedscheider (Berlin).\nA. Binet. La perception des longueurs et des nombres chez quelques petits enfants. Berne philosoph., 1890, No. 7, S. 68\u201481.\nVerfasser pr\u00fcfte an einem zweij\u00e4hrigen und einem vierj\u00e4hrigen M\u00e4dchen die F\u00e4higkeit der L\u00e4ngensch\u00e4tzung. Es wurde den Kindern aufgegeben, die gr\u00f6fsere von zwei Linien zu bestimmen. Das Resultat dieser unter vorsichtigem Ausschlufs st\u00f6render Momente angestellten Versuche war, dafs das Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis richtig und sehr prompt erkannt wird, solange der Unterschied beider Linien 38:40 \u00fcbersteigt. Dabei wurden immer beide Linien gleichzeitig gezeigt. Nacheinander mit einer Pause von wenigen Sekunden pr\u00e4sentiert, vermochten die Kinder sie nicht mehr richtig zu beurteilen. Alsdann kamen Winkelpaare zur Vergleichung, wobei sich3/\u00ab)des kleineren Winkels als kleinste deutlich wahrnehmbare Differenz feststellen liefs. Versuche an Erwachsenen ergaben eine nur wenig gr\u00f6fsere Unterschiedsempfindlichkeit, was bemerkenswert erscheint. \u2014 Des weiteren stellte sich heraus, dafs ein Kind leicht einen Haufen von 18 Gegenst\u00e4nden f\u00fcr gr\u00f6fser erkennt als einen solchen von 17. Die gr\u00f6fsere Anzahl wird aber lediglich daraus ermittelt, dafs der betreffende Haufen den gr\u00f6fseren Fl\u00e4cheninhalt einnimmt. Kon-trollversuche erwiesen dies evident. Erst unterhalb 6 beginnt ein dem des Erwachsenen kongruentes Zahlverst\u00e4ndnis. Eine sp\u00e4tere Serie von Experimenten hier\u00fcber benutzte Erinnerungsvorg\u00e4nge zur Sch\u00e4tzung: eine Anzahl Spielmarken wurde dem Kinde gezeigt, dann vom Experimentator in die geschlossene Hand genommen, und, indem nun eine nach der andern auf den Tisch gelegt ward, mufste das Kind jedesmal angeben, ob noch welche fehlten. Das j\u00fcngere M\u00e4dchen gab bis zur Anzahl 3, das \u00e4ltere bis zu 4 und 5 richtige Urteile ab, was mit dem Resultat der zuerst erw\u00e4hnten Versuchsreihe gut \u00fcbereinstimmt.\nSchaefer.\nA. Binet. L\u2019inhibition dans les ph\u00e9nom\u00e8nes de conscience. Berne philosoph., 1890, No. 8, S. 136\u2014156.\nVerfasser \u00fcbertr\u00e4gt den Begriff der Hemmung, welcher gew\u00f6hnlich in dem Sinne gebraucht wird, dafs ein nerv\u00f6ser Vorgang, z. B. ein starker","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nLitteraturbericht.\nSinnesreiz, einen anderen, z. B. einen motorischen Impuls nicht zur Perfektion kommen l\u00e4fst, vernichtet, auf solche Vorg\u00e4nge des psychischen Gebietes, wo eine Vorstellung, eine Stimmung, eine Idee verschwindet, um einer anderen Platz zu machen. Seelische Vorg\u00e4nge, die nicht in verwandtem Sinne demselben Ziele zustreben oder sich gar logisch widersprechen, hemmen einander; welcher davon am Ende das \u00dcbergewicht erlangt, h\u00e4ngt von Intensit\u00e4tsunterschieden, vom Grade der Aufmerksamkeit, u. s. w. ab. Von den n\u00e4heren Ausf\u00fchrungen zu diesem Resum\u00e9, welche in den ersten Abschnitten der Studie enthalten sind, soll hier nur das Wesentliche erw\u00e4hnt sein. Zu einer Negativvorstellung, z. B. der, dafs auf einem Tische kein Buch liegt, gelangen wir, indem erst die positive Vorstellung eines Tisches mit Buch und dann die ebenfalls positive des leeren Tisches auftaucht, worauf jene von dieser verdr\u00e4ngt, bei Seite geschoben wird. Ganz Analoges geschieht, wenn wir eine irrige Wahrnehmung durch eine richtige korrigieren, und wenn in einem Hypnotisierten durch Suggestion oder in einem Geisteskranken durch pathologische Prozesse eine Illusion resp. Hallucination erweckt wird. Immer handelt es sich um Verdr\u00e4ngung einzelner Glieder oder des Endproduktes einer Kette von Vorstellungsvorg\u00e4ngen durch andere aus dem Blickfelde des Bewufstseins. Es gilt dies ebensogut auch von den Bildern der Erinnerung wie von der Erscheinung des Wettstreites der Sehfelder. \u2014 Verfasser konstatierte an ca. 30 Personen, dafs eine Photographie mit einem Auge betrachtet, viel mehr einen reliefartigen Eindruck macht als bei binokularem Sehen. Das zweite Bild beeintr\u00e4chtigt also das erste; eine \u201eHemmung\u201c, die um so auff\u00e4lliger ist, als ja sonst \u00e4hnliche Eindr\u00fccke sich gegenseitig zu heben und zu f\u00f6rdern pflegen.\nSchaefer.\nJ. Sully. The psycho-physical process in attention. Brain, part H, 1890, S. 145\u2014164.\nIn einem vor der neurologischen Gesellschaft gehaltenen Vortrage bespricht Verfasser in grofsen Z\u00fcgen die allgemeinsten, die Aufmerksamkeit betreffenden Thatsachen und Gesichtspunkte, erw\u00e4hnt kurz die neuesten darauf bez\u00fcglichen experimentellen Forschungen und dr\u00fcckt dann seine Meinung \u00fcber den bei der Aufmerksamkeit in Frage kommenden Nervenprocefs dahin aus, dafs zwar bei nach aufsen sowohl wie nach innen gerichteter Aufmerksamkeit motorische Innervation zum Zwecke muskul\u00e4rer Anpassung stattfindet; indefs d\u00fcrfe man nicht, wie Bain will, in der Aufmerksamkeit eine allein motorische Erscheinung sehen. Nicht nur die subjektive Analyse lehre die Aufmerksamkeit als etwas von der sie begleitenden Muskelth\u00e4tigkeit Verschiedenes und Unabh\u00e4ngiges unterscheiden, auch eine Erw\u00e4gung der bekannten Wirkungen der Aufmerksamkeit, vor allem in Bezug auf Verst\u00e4rkung und Verdeutlichung der Empfindungen und Vorstellungen beweise, dafs zwar in einigen F\u00e4llen, wie bei der angestrengten Wiedererweckung von Konturen, die Wiedererneuerung der Muskelth\u00e4tigkeit dabei viel bewirke, dafs aber in anderen F\u00e4llen, wenn es sich z. B. um das m\u00f6glichst deutliche Vorstellen einer Farbennuance handelt, der muskul\u00e4re Faktor","page":236}],"identifier":"lit14394","issued":"1891","language":"de","pages":"235-236","startpages":"235","title":"A. Binet: L'inhibition dans les ph\u00e9nom\u00e8nes de conscience. Revue philosoph. 1890, No. 8, S. 136-156","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:12:01.402795+00:00"}