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{"created":"2022-01-31T16:11:31.195514+00:00","id":"lit14395","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pilzecker, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 236-237","fulltext":[{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nLitteraturbericht.\nSinnesreiz, einen anderen, z. B. einen motorischen Impuls nicht zur Perfektion kommen l\u00e4fst, vernichtet, auf solche Vorg\u00e4nge des psychischen Gebietes, wo eine Vorstellung, eine Stimmung, eine Idee verschwindet, um einer anderen Platz zu machen. Seelische Vorg\u00e4nge, die nicht in verwandtem Sinne demselben Ziele zustreben oder sich gar logisch widersprechen, hemmen einander; welcher davon am Ende das \u00dcbergewicht erlangt, h\u00e4ngt von Intensit\u00e4tsunterschieden, vom Grade der Aufmerksamkeit, u. s. w. ab. Von den n\u00e4heren Ausf\u00fchrungen zu diesem Resum\u00e9, welche in den ersten Abschnitten der Studie enthalten sind, soll hier nur das Wesentliche erw\u00e4hnt sein. Zu einer Negativvorstellung, z. B. der, dafs auf einem Tische kein Buch liegt, gelangen wir, indem erst die positive Vorstellung eines Tisches mit Buch und dann die ebenfalls positive des leeren Tisches auftaucht, worauf jene von dieser verdr\u00e4ngt, bei Seite geschoben wird. Ganz Analoges geschieht, wenn wir eine irrige Wahrnehmung durch eine richtige korrigieren, und wenn in einem Hypnotisierten durch Suggestion oder in einem Geisteskranken durch pathologische Prozesse eine Illusion resp. Hallucination erweckt wird. Immer handelt es sich um Verdr\u00e4ngung einzelner Glieder oder des Endproduktes einer Kette von Vorstellungsvorg\u00e4ngen durch andere aus dem Blickfelde des Bewufstseins. Es gilt dies ebensogut auch von den Bildern der Erinnerung wie von der Erscheinung des Wettstreites der Sehfelder. \u2014 Verfasser konstatierte an ca. 30 Personen, dafs eine Photographie mit einem Auge betrachtet, viel mehr einen reliefartigen Eindruck macht als bei binokularem Sehen. Das zweite Bild beeintr\u00e4chtigt also das erste; eine \u201eHemmung\u201c, die um so auff\u00e4lliger ist, als ja sonst \u00e4hnliche Eindr\u00fccke sich gegenseitig zu heben und zu f\u00f6rdern pflegen.\nSchaefer.\nJ. Sully. The psycho-physical process in attention. Brain, part H, 1890, S. 145\u2014164.\nIn einem vor der neurologischen Gesellschaft gehaltenen Vortrage bespricht Verfasser in grofsen Z\u00fcgen die allgemeinsten, die Aufmerksamkeit betreffenden Thatsachen und Gesichtspunkte, erw\u00e4hnt kurz die neuesten darauf bez\u00fcglichen experimentellen Forschungen und dr\u00fcckt dann seine Meinung \u00fcber den bei der Aufmerksamkeit in Frage kommenden Nervenprocefs dahin aus, dafs zwar bei nach aufsen sowohl wie nach innen gerichteter Aufmerksamkeit motorische Innervation zum Zwecke muskul\u00e4rer Anpassung stattfindet; indefs d\u00fcrfe man nicht, wie Bain will, in der Aufmerksamkeit eine allein motorische Erscheinung sehen. Nicht nur die subjektive Analyse lehre die Aufmerksamkeit als etwas von der sie begleitenden Muskelth\u00e4tigkeit Verschiedenes und Unabh\u00e4ngiges unterscheiden, auch eine Erw\u00e4gung der bekannten Wirkungen der Aufmerksamkeit, vor allem in Bezug auf Verst\u00e4rkung und Verdeutlichung der Empfindungen und Vorstellungen beweise, dafs zwar in einigen F\u00e4llen, wie bei der angestrengten Wiedererweckung von Konturen, die Wiedererneuerung der Muskelth\u00e4tigkeit dabei viel bewirke, dafs aber in anderen F\u00e4llen, wenn es sich z. B. um das m\u00f6glichst deutliche Vorstellen einer Farbennuance handelt, der muskul\u00e4re Faktor","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n237\ndabei sehr zweifelhaft sei. Zum Schlufs betrachtet Verfasser die Wichtigkeit der Aufmerksamkeit in biologischer Hinsicht als eines Verm\u00f6gens der Auswahl und weist auf die Aufgaben der Erziehung bei Ausbildung dieses bedeutsamen Faktors hin.\tA. Pilzecker (G\u00f6ttingen).\nCh. F\u00e9r\u00e9. Note sur la physiologie de l'attention. Revue philos., X, No. 10, Octobre 1890.\nZur Entscheidung der Frage nach der Bedeutung der bei Aufmerksamkeit deutlich zu beobachtenden Bewegungsvorg\u00e4nge hat F. eine Reihe von Versuchen angestellt. Er nahm zuerst sog. Wahlreaktionen vor, so dafs den zugerufenen Zahlen 2, 3, 4 die vorher gut zu associierenden Bewegungen des Zeigefingers, Mittelfinger resp. Ringfingers entsprachen. Durch geeignete Versuchsanordnung, welche es nicht nur erlaubte, die Reaktionszeit zu bestimmen, sondern auch die Beschaffenheit der Bewegung des reagierenden Fingers aufzuschreiben, fand F., dafs im Falle bei gut koncentrierter Aufmerksamkeit die zugerufene Zahl vorher bekannt war, nur der reagierende Finger eine Kurve schrieb, w\u00e4hrend bei diffuser Aufmerksamkeit 3 Kurven entstanden, von denen die dem gegebenen Signal entsprechende den beiden andern um 1\u20143 hundertel Sekunden vorauslief, auch kr\u00e4ftiger und h\u00f6her war, als diese. Gab sich die Versuchsperson M\u00fche, diese Nebenbewegungen zu vermeiden, so war die Reaktionszeit betr\u00e4chtlich erh\u00f6ht.\nNicht alle inneren oder \u00e4ufseren Nebenreize st\u00f6ren die Aufmerksamkeit, es giebt solche, welche die physischen Wirkungen derselben beg\u00fcnstigen. Dies beweisen Reaktionsversuche, welche eine k\u00fcrzere Zeit ergaben, wenn sie bei Vorhandensein eines Lichtreizes, als wenn sie im Dunkeln vorgenommen wurden. Ebenso sollen W\u00e4rme, T\u00f6ne, elektrische Reize eine vorherige Spannung der Muskeln bewirken, welche der Entfaltung der Aufmerksamkeit g\u00fcnstig sei. Dieselbe Muskelspannung soll ferner hervorgerufen werden durch die Cirkulation, die Ern\u00e4hrung und namentlich auch durch vermehrten Luftdruck. Letzteren Punkt hat F. an sich und einem Assistenten untersucht und dabei betr\u00e4chtliche Verk\u00fcrzungen der Reaktionszeit, sowie vergr\u00f6fserte Energie der Reaktionsbewegungen konstatiert. Da nun, so schliefst F., Ver\u00e4nderungen der Ern\u00e4hrung, des Luftdrucks und andrer \u00e4ufserer oder innerer Reize die Reaktionszeit in derselben Weise ver\u00e4ndern, wie die Aufmerksamkeit und bei ersteren eine vorherige Muskelanspannung das Wesentliche ist, so ist eine analoge Muskelanspannung auch die physiologische Grundlage der Aufmerksamkeit.\nZur Pr\u00fcfung der Rolle der Muskelspannung bei der Aufmerksamkeit machte F. ferner an einer Anzahl von Personen Versuche mit H\u00fclfe des Mossoschen Ergographen, indem die Muskeln des linken Vorderarms durch ein an den Mittelfinger geh\u00e4ngtes Gewicht in mechanische Spannung versetzt und nun mit der rechten Hand auf einen Hautreiz reagiert wurde. Hierbei ergaben die Reaktionszeiten geringere Werte, als wenn das spannende Gewicht an der linken Hand abgenommen wurde. Desgleichen ergab sich, wenn man bei obiger Versuchsanordnung einen Cylinder in Bewegung setzte, auf den ein Metronom die Sekunden, die","page":237}],"identifier":"lit14395","issued":"1891","language":"de","pages":"236-237","startpages":"236","title":"J. Sully: The psycho-physical process in attention, Brain, part II, 1890, S. 145-164","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:11:31.195520+00:00"}