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{"created":"2022-01-31T14:31:41.105354+00:00","id":"lit14409","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Bruchmann, K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 298-299","fulltext":[{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nLitteraturbericht.\nDem Schmerzenskin.de der Apperzeption begegnen wir beim Verfasser nicht. Er operiert mit Assoziation und Denken. Erstere, deren Wichtigkeit er eingehend beleuchtet, ist ihm wesentlich eine erg\u00e4nzende Th\u00e4tigkeit (147) und durchaus nicht eine Verbindung auf Grund der \u00c4hnlichkeit (149. 151); sie wird unterst\u00fctzt durch das Interesse (152). Aufser ihr als der Grundbedingung wirkt bei jedem Wiedererkennen aber auch das Denken mit, ein bewufstes Vergleichen der Assoziationsbilder mit den Sinnesbildern (157). Das willk\u00fcrliche Denken hingegen lasse sich bezeichnen als ein Phantasieren unter Beobachtung gewisser Gesetze (170. 171. 177), erleichtert werde es durch die Sprache (174). Alles Denken sei mehr oder weniger ein stilles, inneres Beden, gew\u00f6hnlich jedoch in gr\u00f6fserem oder geringerem Mafse von einer fortlaufenden Bildergestaltung als Veranlassung oder Kontrolle begleitet (167). Aus der Assoziation entspringe auch das Kausalgesetz (179. 204), das freilich auch seine erkenntnis-theoretische Begr\u00fcndung n\u00f6tig habe. \u00dcberhaupt ist die Psychologie eine empirisch-apriorische Wissenschaft (107). Und da sie einerseits empirisch ist, so mufs man sich, wie Verfasser \u00f6fter thut, der Grenzen unseres gegenw\u00e4rtigen Wissens wohl bewufst bleiben (S. 106, 125, 127, 195, 200, 216, 308, 369).\nVerfasser wendet sich zun\u00e4chst (V. VI.) an die angehenden Lehrer seines Vaterlandes, welche in die Psychologie und einigermafsen in die Ethik eingef\u00fchrt werden sollen. Indessen auch f\u00fcr Andere scheint mir das Buch mit seiner straffen Darlegung eine passende Einf\u00fchrung in die Psychologie zu sein, da wir eine kanonische Psychologie ja einstweilen noch nicht besitzen. Da der Verfasser eine ausf\u00fchrlichere Darlegung beabsichtigt, so giebt uns die vielleicht seine Ansichten \u00fcber einige Punkte genauer.\nSo hoch man \u00fcbrigens von den m\u00fchevollen und scharfsinnigen Untersuchungen der Psychophysik denken mag, und so unzweifelhaft es auch ist, dafs die Kenntnis der elementaren Prozesse notwendig ist f\u00fcr das Verst\u00e4ndnis der komplexen, so wenig wird sich die Meinung ersch\u00fcttern lassen, dafs Psychologie ihrem Begriff nach nicht vollst\u00e4ndig ist ohne Anthropologie und ohne Betrachtung des gesamten geistigen Lebens, besonders aber der Sprache und Litteratur, in welchen ja der Mensch seine Gedanken und Gef\u00fchle am deutlichsten niedergelegt hat.\nK. Bruchmann (Berlin).\nTh. Beishaus. Die Seele des Menschen. Eine gemeinfafsliche Darstellung der menschlichen Seelenkr\u00e4fte, wie sie sich in der Erfahrung des Lebens offenbaren. Hanau, Alberti, 1890. 103 S. A 1.20.\nVerfasser, dessen Schrift ausschliefslich erzieherischen Zwecken dienen will, teilt nach alter Sitte die Verm\u00f6gen der Seele in Erkenntnis-, Gef\u00fchls- und Begehrungs verm\u00f6gen. Nach einigen anatomisch-physiologischen Angaben handelt er von den Sinnen, ihrem Zusammenwirken, dem Gemeingef\u00fchl, dem innern Sinn (dieser besteht in der F\u00e4higkeit, sich selbst zum Gegenstand der Betrachtung zu machen), von Ged\u00e4chtnis und Phantasie, von Vernunft und Verstand, von den Gef\u00fchlen und ihrer Dauer, vom Affekt, dem religi\u00f6sen und Pflichtgef\u00fchl, vom Geschmack oder Sch\u00f6nheitsgef\u00fchl und dem Sitz der Gef\u00fchle = Gem\u00fct; von den","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n299\nTrieben, dem Wollen und Handeln, dem freien Willen, der Tugend und Kunst, dem Seelenadel und den Idealen.\nHierzu einige Definitionen. Vorstellung z. B. entsteht durch regelm\u00e4fsige Verbindung gewisser Wahrnehmungen, aber nicht nur durch die Sinne, sondern auch durch den Verstand, welcher sie gem\u00e4fs den von der Vernunft gelieferten Ideen zu sichten habe. Die Vernunft sei eine Kraft, Gewisses zu vernehmen, was zwar vorhanden, aber sinnlich nicht wahrnehmbar ist; zu den Grundbegriffen, welche die Vernunft liefert, geh\u00f6ren die Ideen. Wille ist die Kraft der Seele, welche durch die vom Gehirn fortleitenden Nerven die Organe des K\u00f6rpers in Bewegung setzt.\nK. Br\u00fcchmann (Berlin).\nFriedr. K\u00f6rner. Die Seele und ihre Th\u00e4tigkeiten. Nach den neuesten Forschungen auf Grund physiologischer Gesetze f\u00fcr Theologen, P\u00e4dagogen, Juristen und Gebildete dargestellt. 2. Aufl. Leipzig, Hartung, 1890. 295 S. A 3,60.\nDie einzige Wissenschaft, welche \u00fcber das Wesen und die Natur der Seele Aufschlufs geben kann, ist die Nerven-Physiologie. Aber nicht die geringste Erscheinung im Seelenleben ist erkl\u00e4rbar ohne das Eingreifen eines pers\u00f6nlichen Ich, als Urantrieb alles Geschehens, sogar beim kleinsten Infusorium ist der Untergrund des Seelenlebens das Ich (138. 161); die Seele ist \u00fcberall im menschlichen K\u00f6rper (96. 129). In der Empfindung d\u00e4mmert das Unbewufste auf, um als Wahrnehmung ins Bewufstsein zu treten und sich zu Vorstellungen umzuformen (137. 153). Der Ursprung alles geistigen Lebens liegt aber im Gef\u00fchl (101. 122). Die erste geistige Regung ist das Bewegungsgef\u00fchl (110. 114). Empfindung ist das Innewerden eines Reizzustandes, Gef\u00fchl dagegen das Innewerden dieses Reizes auf das Ich; die Urform des Gef\u00fchls, wenn man es von der Bericht erstattenden Empfindung unterscheidet, ist die Stimmung des Angenehmen oder Unangenehmen (124), indessen gebe es auch unbetonte Gef\u00fchle (122). Das Wesen des Gef\u00fchls liegt in der Empfindung des \u00dcbergangs von einem Zustand in einen anderen (126). Im Gef\u00fchl wird man den Unterschied zwischen Ich und Aufsenwelt inne (139), das Ich tritt aus dem Unbewufsten hervor, indem es die \u00e4ufseren Sinnesreize als Erkenntnismittel benutzt. Jede Empfindung zersetzt sich in ihre Urelemente : Wahrnehmung und Gef\u00fchl (150).\nAufnahme eines Reizes heifst Perzeption (145). Sie sei als Anfang eines Gedankens nur Abbild einer einfachen Empfindung. Erregt jedoch der Reiz eine Mehrzahl gleichzeitiger Empfindungen, so vereinigen sich diese zur Wahrn ehmung; beziehen sich viel unterscheidbare Wahrnehmungen auf ein und dasselbe Aufsending, so entsteht eine Anschauung. Treten diese Wahrnehmungen und Anschauungen wieder im Bewufstsein hervor, vom Willen angeregt, so heifsen diese Nachbilder Vorstellungen; ihre Einreihung in den geistigen Besitz ist Apperzeption \u2014 woraus ein Urteil oder Gedanke entsteht (145). Empfindungen werden zun\u00e4chst Wahrnehmungen in den Zellen der Hirnrinde; jede Zelle besitzt Ged\u00e4chtnis, sie ist Urorgan des Denkens, allein in ihr wirkt schon das Ich (149). So auch (als Wille) in der Apperzeption (nach W\u00fcndt. 196).","page":299}],"identifier":"lit14409","issued":"1891","language":"de","pages":"298-299","startpages":"298","title":"Th. Reishaus: Die Seele des Menschen, Eine gemeinfa\u00dfliche Dartellung der menschlichen Seelenkr\u00e4fte, wie sie sich in der Erfahrung des Lebens offenbaren. Hanau, Alberti 1890, 103 S.","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:31:41.105360+00:00"}