Open Access
{"created":"2022-01-31T16:12:17.924268+00:00","id":"lit14410","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Bruchmann, K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 299-300","fulltext":[{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n299\nTrieben, dem Wollen und Handeln, dem freien Willen, der Tugend und Kunst, dem Seelenadel und den Idealen.\nHierzu einige Definitionen. Vorstellung z. B. entsteht durch regelm\u00e4fsige Verbindung gewisser Wahrnehmungen, aber nicht nur durch die Sinne, sondern auch durch den Verstand, welcher sie gem\u00e4fs den von der Vernunft gelieferten Ideen zu sichten habe. Die Vernunft sei eine Kraft, Gewisses zu vernehmen, was zwar vorhanden, aber sinnlich nicht wahrnehmbar ist; zu den Grundbegriffen, welche die Vernunft liefert, geh\u00f6ren die Ideen. Wille ist die Kraft der Seele, welche durch die vom Gehirn fortleitenden Nerven die Organe des K\u00f6rpers in Bewegung setzt.\nK. Br\u00fcchmann (Berlin).\nFriedr. K\u00f6rner. Die Seele und ihre Th\u00e4tigkeiten. Nach den neuesten Forschungen auf Grund physiologischer Gesetze f\u00fcr Theologen, P\u00e4dagogen, Juristen und Gebildete dargestellt. 2. Aufl. Leipzig, Hartung, 1890. 295 S. A 3,60.\nDie einzige Wissenschaft, welche \u00fcber das Wesen und die Natur der Seele Aufschlufs geben kann, ist die Nerven-Physiologie. Aber nicht die geringste Erscheinung im Seelenleben ist erkl\u00e4rbar ohne das Eingreifen eines pers\u00f6nlichen Ich, als Urantrieb alles Geschehens, sogar beim kleinsten Infusorium ist der Untergrund des Seelenlebens das Ich (138. 161); die Seele ist \u00fcberall im menschlichen K\u00f6rper (96. 129). In der Empfindung d\u00e4mmert das Unbewufste auf, um als Wahrnehmung ins Bewufstsein zu treten und sich zu Vorstellungen umzuformen (137. 153). Der Ursprung alles geistigen Lebens liegt aber im Gef\u00fchl (101. 122). Die erste geistige Regung ist das Bewegungsgef\u00fchl (110. 114). Empfindung ist das Innewerden eines Reizzustandes, Gef\u00fchl dagegen das Innewerden dieses Reizes auf das Ich; die Urform des Gef\u00fchls, wenn man es von der Bericht erstattenden Empfindung unterscheidet, ist die Stimmung des Angenehmen oder Unangenehmen (124), indessen gebe es auch unbetonte Gef\u00fchle (122). Das Wesen des Gef\u00fchls liegt in der Empfindung des \u00dcbergangs von einem Zustand in einen anderen (126). Im Gef\u00fchl wird man den Unterschied zwischen Ich und Aufsenwelt inne (139), das Ich tritt aus dem Unbewufsten hervor, indem es die \u00e4ufseren Sinnesreize als Erkenntnismittel benutzt. Jede Empfindung zersetzt sich in ihre Urelemente : Wahrnehmung und Gef\u00fchl (150).\nAufnahme eines Reizes heifst Perzeption (145). Sie sei als Anfang eines Gedankens nur Abbild einer einfachen Empfindung. Erregt jedoch der Reiz eine Mehrzahl gleichzeitiger Empfindungen, so vereinigen sich diese zur Wahrn ehmung; beziehen sich viel unterscheidbare Wahrnehmungen auf ein und dasselbe Aufsending, so entsteht eine Anschauung. Treten diese Wahrnehmungen und Anschauungen wieder im Bewufstsein hervor, vom Willen angeregt, so heifsen diese Nachbilder Vorstellungen; ihre Einreihung in den geistigen Besitz ist Apperzeption \u2014 woraus ein Urteil oder Gedanke entsteht (145). Empfindungen werden zun\u00e4chst Wahrnehmungen in den Zellen der Hirnrinde; jede Zelle besitzt Ged\u00e4chtnis, sie ist Urorgan des Denkens, allein in ihr wirkt schon das Ich (149). So auch (als Wille) in der Apperzeption (nach W\u00fcndt. 196).","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nLitteraturbericht.\nSind die Elemente gegeben, so beherrscht deren Assoziation und Reproduktion unser geistiges Leben. Erstere wird begr\u00fcndet durch Folge in Raum und Zeit oder durch innere Verwandtschaft (Teil und Ganzes, Gleichheit, Ursache und Wirkung). Assoziationen sind benutzte Faserverbindungen (185); ihr Grund liegt wieder im Ich (188), welches das Bed\u00fcrfnis hat, seine Einheit zu wahren, indem es Verschiedenes zu einander in Beziehung setzt, auch durch den Kontrast, nicht nur durch dessen Verwandtschaft (201 f.). Ist das Ged\u00e4chtnis eine Eigenschaft der Hirnzellen, Eindr\u00fccke aufzubewahren, so braucht die Erinnerung den Willenstrieb des Geistes, um beliebige Zellen in Bewegung zu setzen (204).\nJede Erregung des Bewufstseins nennen wir Aufmerksamkeit 103) ; sie ist die erste Willensregung f\u00fcr die Lenkung der Assoziation 195), ist das w\u00e4hlende, anordnende Ich, welches nach seinem Willen alle ihm zu Gebote stehenden Mittel in Bewegung setzt, um seine Freiheit zur Geltung zu bringen (198. 199).\nAuch die Denkformen sind wesentlich Assoziation (167.168.170); die erste Denkbewegung besteht im Vergleichen und Unterscheiden. Dadurch entstehen Schl\u00fcsse (172) und endlich Begriffe. Diese fassen das Gemeinsame zusammen (175). Ist das Denken nun eine organische Th\u00e4tigkeit, welche gewisse Organe der Hirnrinde vollbringen, und denken so auch ohne Anstrengung Kinder und Tiere, so fehlt doch den letzteren die F\u00e4higkeit, Begriffe zu bilden (177). Die Hauptth\u00e4tigkeit des Denkens besteht im Urteilen; dies beginnt schon mit der Umwandlung der Reize in Empfindung (163), so dafs jeder K\u00f6rper mit Empfindungsorganen, wenn auch auf die d\u00fcrftigste Weise, denken mufs.\nVerstand ist nun diejenige Denkth\u00e4tigkeit (226), welche nur die \u00e4ufseren Merkmale der Dinge, die \u00e4ufsere Ordnung der Zweckm\u00e4fsigkeit und den \u00e4ufseren Zusammenhang auffafst und diese Erkenntnis in Gedanken (S\u00e4tzen) kennzeichnend, begr\u00fcndend und entwickelnd darstellt. Die Vernunft dagegen habe es zu thun mit dem tiefem Erfassen des Inhalts der Begriffe, mit dem Urgrund unserer Gedankenwelt und den Urgesetzen des Seins. Sie kann nicht ohne Verstand sein. Der Verstand schafft Gedanken, die Vernunft Ideen (227).\nEndlich der Wille entspringt aus dem Triebe der Selbsterhaltung (271) und ist nicht eine einfache Th\u00e4tigkeit, da er vom Gef\u00fchl die Anregung, vom Denken die Mittel und den Zweck entlehnt (278); er erh\u00e4lt seinen Anstofs wesentlich vom Gem\u00fct, nicht vom Verst\u00e4nde (283).\nIn den 17 Abschnitten des ersten Teils giebt Verfasser f\u00fcr seinen Zweck recht eingehende Darlegungen \u00fcber Anatomie und Physiologie des Nerven- und Gehirnsystems, welche sich auch \u00fcberall fortsetzen im zweiten Teil (21 Abschnitte), der von den psychischen Th\u00e4tigkeiten handelt. Nicht selten macht er Andeutungen \u00fcber P\u00e4dagogik. Recht selten giebt er bei seinen zahlreichen Citaten die Quelle genauer an. So auch S. 177, wo er erz\u00e4hlt, dafs, als man in den Kopf eines eben Hingerichteten Blut einspritzte und ihn bei seinem Namen rief, dieser nicht nur die Augen aufschlug, sondern sogar sich nach der Schallseite hinwendete.\nK. Bbuchmann (Berlin).","page":300}],"identifier":"lit14410","issued":"1891","language":"de","pages":"299-300","startpages":"299","title":"Friedr. K\u00f6rner: Die Seele und ihre Th\u00e4tigkeiten, Nach den neuesten Forschungen auf Grund physiologischer Gesetze f\u00fcr Theologen, P\u00e4dagogen, Juristen und Gebildete dargestellt. 2. Aufl. Leipzig, Hartung 1890, 295 S.","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:12:17.924274+00:00"}