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{"created":"2022-01-31T16:12:54.724817+00:00","id":"lit14434","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Spitta, Heinrich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 312-313","fulltext":[{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\nC- ! O\nULiJ\nLudwig Str\u00fcmpell. Der Aberglaube, was er ist, woraus er entspringt, wie er sich \u00fcberwinden l\u00e4fst. Ein Beitrag zur Volksbildung. Leipzig, Ungleich, 1890. 74 S. it. 1.20.\nIn fafslicher Weise beantwortet S. die Fragen des Titels. Hat sich ergeben, dais der Aberglaube nicht vom Standpunkt einer Beligion gegen eine andre zu definieren ist, und wie er sich vom wissenschaftlichen Irrtum unterscheidet, so zeigt sich, dafs Aberglaube nicht sowohl eine Schw\u00e4che des Verstandes als des Gem\u00fctes oder Charakters ist. F\u00e4llt der Glaube \u00fcberhaupt nicht in die Sph\u00e4re des Intellekts, sondern des Willens, so erhellt, dafs der Aberglaube nicht ein Verstandesurteil, sondern Ergebnis eines Bed\u00fcrfnisses des Gem\u00fctes ist. Wir erwarten dabei von den Dingen eine f\u00fcr menschliche Verh\u00e4ltnisse und Interessen wertvolle, gute oder schlechte, Aussage, eine gute oder schlechte Entscheidung, welche uns blofses Wissen oder Verstand nicht gew\u00e4hren kann. Daher ist Aberglaube nicht notwendig mit Unwissenheit verbunden. So ergiebt sich die Definition S. 24. Jene Disposition des Gem\u00fctes wird sich nun nie ganz ausrotten lassen und so auch nicht ihre Folgen. W\u00fcnscht der Mensch erst etwas auf andre Weise zu erfahren, als durch Kausalit\u00e4t der Wissenschaft, so wird er zun\u00e4chst in primitiver Zeit aus seinen blofsen Sinnesth\u00e4tigkeiten Wirklichkeiten erzeugen, die nicht sind, und das in der Welt finden, was er sucht, nicht das, was da ist. Will er nun f\u00fcr sein Handeln durch \u00e4ufsere Zeichen bestimmt werden, so wird er sich leicht \u00fcberreden, dafs doch am Ende jedes Ding in der Welt seine Bedeutung hat und etwas sagen will. Wenn da etwas Merkw\u00fcrdiges oder ihm so erscheinendes vorgeht, sollte das nicht seine Wirkung haben? Als Mittel zur Bek\u00e4mpfung des Aberglaubens dient nat\u00fcrlich auch die Kenntnis der Natur, der Nachweis von der Unm\u00f6glichkeit jener oft geglaubten Zusammenh\u00e4nge. Aber wichtiger noch sei die Zucht des Willens, die moralische Verneinung des Aberglaubens und die Aneignung eines gel\u00e4uterten Gottesglaubens, wonach eine g\u00f6ttliche Vorsehung die von ihr gesetzlich geordnete Welt \u00fcberwacht und nach ihren Zwecken regiert.\tK. Bruchman\u00bb (Berlin).\nM. Giessler. Aus den Tiefen des Traumlebens. Eine psychologische Forschung auf Grund eingehender Beobachtungen. Halle a. S.. Pfeffer, 1890. 210 S.\nVerfasser will in vorliegender Schrift nicht eine Zusammenstellung derjenigen Gedanken und Ansichten darbieten, welche bisher \u00fcber das Traumleben ge\u00e4ufsert wurden, auch will er kein Lehrbuch der Traumpsychologie schreiben, er will vielmehr zu dem bisher Geleisteten eine Erg\u00e4nzung geben und zu diesem Behufe haupts\u00e4chlich solche Gebiete heranziehen, welche bisher von der Forschung noch nicht oder noch wenig betreten sind. Die Untersuchungen beziehen sich auf Tr\u00e4ume, welche Verfasser zum gr\u00f6fsesten Teil an sich selbst zu beobachten Gelegenheit hatte. Diese F\u00fclle von Material, es sind \u00fcber 400 Tr\u00e4ume, die dem Verfasser als empirische Basis dienten, daneben eine Reihe von Einzeluntersuchungen sind als dankenswerte Bereicherung und F\u00f6rderung zu begr\u00fcfsen.","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Li it\u00e9ra turbericht.\n313\nYon den 15 Kapiteln, auf welche Verfasser seinen Stoff verteilt hat, sind es das 6. bis 11., welche Referent besonders hervorheben m\u00f6chte: Verfasser behandelt hier die Fragen der Substitution und Traummetamorphose, der Assoziationsverh\u00e4ltnisse und ihrer Beziehungen zum Traum sowie das Problem des Ich und seine Stellung in allen diesen Vorg\u00e4ngen.\nDas Buch w\u00fcrde an Wert gewonnen haben, wenn Verfasser einzelne Begriffe, ohne welche die in Frage stehende Materie gar nicht bearbeitet werden kann, genauer untersucht und festgestellt h\u00e4tte; er operiert mit den Begriffen: Bewufstsein, Vorstellung, Gef\u00fchl, ohne sich mit ihnen auseinandergesetzt zu haben; das Verh\u00e4ltnis von Bewufstsein und Selbst-bewufstsein, von Vorstellung und Gef\u00fchl, das Verh\u00e4ltnis ferner, in welchem diese beiden letzteren Faktoren zum Bewufstsein stehen, sowie das Verh\u00e4ltnis zwischen Gef\u00fchl und Empfindung \u2014 alles das h\u00e4tte genauer ausgef\u00fchrt werden d\u00fcrfen. Die schwankende Bedeutung dieser Termini in der gegenw\u00e4rtigen Entwickelungsperiode unserer Wissenschaft macht eine solche prinzipielle Voruntersuchung und Fixierung notwendig.\nAus diesem Mangel scheint sich denn auch die bilderreiche Ausdrucksweise zu erkl\u00e4ren, welche Verfasser gelegentlich gew\u00e4hlt hat; nicht ganz selten treffen wir auf eine Deskription, wo doch eine Deduktion mit Recht erwartet wird. Vergl. u. A. S. 6, 9, 11, 13, 14, 38, 60, 199. Im \u00dcbrigen ist das an feinen Beobachtungen reiche Buch sehr wohl geeignet, das Interesse an den Problemen der Schlaf- und Traumzust\u00e4nde zu beleben und zu neuen Forschungen anzuregen. Heinrich Spitta (T\u00fcbingen).\nG. F. Stout. \u201eThe genesis of the cognition of physical reality.\u201c Mind. XV (1890), S. 22-45.\nWir sprechen von physischer Realit\u00e4t, d. i. einem unabh\u00e4ngig von unserem individuellen Bewufstsein existierenden Physischen. Welchen wissenschaftlichen Wert diese Behauptung habe, will der Verfasser nicht untersuchen; ihm ist es nur darum zu thun, den psychologischen Prozefs aufzufinden, welcher zwingend zu solcher Meinung und Behauptung f\u00fchre.\nNicht die Sinnwahrnehmung bietet schon physisches Wirkliches, sagt der Verfasser, denn sie ist eine psychische, d. i. von individuellem Bewufstsein abh\u00e4ngige Thatsache ; aber sie ist andrerseits doch der Grund und Boden, von dem aus wir uns zu jener Meinung von physischem Wirklichen emporschwingen. Verkehrt w\u00e4re es auch, diese Meinung hervorgehen zu lassen aus der festen, von unserem W\u00fcnschen und Wollen unabh\u00e4ngigen Ordnung der Sinnwahrnehmung, weil die Sinnwahrnehmung selber doch nichts anderes als psychische und keine physische Thatsache ist. Die Sinnwahrnehmungen selbst und deren Ordnung k\u00f6nnen uns also nicht Wissen von Dingen und Ereignissen, die nach Zeit, Ort und Umst\u00e4nden mit ihrer Existenz aufserhalb unseres individuellen Bewufstseins fallen, physisches Wirkliches sind, geben.\nDieses Wissen f\u00fchrt uns offenbar \u00fcber die Sinnwahrnehmung hinaus, es kann daher auch seine Quellen nicht haben in der Gleichf\u00f6rmigkeit der Verkn\u00fcpfung des Wahrgenommenen, ja die Regelm\u00e4fsigkeit solcher Verbindung w\u00fcrde, wenn sie eine ausnahmslose w\u00e4re, einer Unterscheidung","page":313}],"identifier":"lit14434","issued":"1891","language":"de","pages":"312-313","startpages":"312","title":"M. Giessler: Aus den Tiefen des Traumlebens, Eine psychologische Forschung auf Grund eingehender Beobachtungen. Halle a. S., Pfeffer 1890, 210 S.","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:12:54.724822+00:00"}