Open Access
{"created":"2022-01-31T17:02:00.066216+00:00","id":"lit14596","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"M\u00fcller, G. E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 407-412","fulltext":[{"file":"p0407.txt","language":"de","ocr_de":"Littera turbericht.\n407\nAlfred Biese. Das Associationsprinzip und der Anthropomorphismus in der \u00c4sthetik. Ein Beitrag zur \u00c4sthetik des Natursch\u00f6nen. Leipzig, 1890. 34 S. 4 \u00b0. Preis M. 2.\nNachdem Biese bei anderen Gelegenheiten die Bedeutung der Association und des Anthropomorphismus f\u00fcr das menschliche Naturgef\u00fchl historisch aufgezeigt, dann ihre beherrschende Rolle in der Dichtung dargethan hat, macht er hier den Versuch, Association und Anthropomorphismus in ihrem Verh\u00e4ltnis zu einander klarzulegen. Das Ergebnis lautet: \u201eAssociation verh\u00e4lt sich zu Anthropomorphismus, wie der Vergleich zur Metapher (Beseelung) ; Association ist \u00e4ufserlich hinzukommend, wie der Vergleich mit \u201egleichwie\u201c, \u201egleichsam\u201c. Der Anthropomorphismus ist in seiner h\u00f6chsten Wirkung Verschmelzung, wie die Metapher, ja diese wird ihr sprachlicher Ausdruck. Bei der Association haben wir ein Nacheinander, bei der anthropomorphen Einf\u00fchlung ein Ineinander.\u201c \u2014 Man wird finden, dafs in diesen Worten ein Unterschied zwischen loserem und engerem Vorstellungszusammenhang bezeichnet ist, der thats\u00e4chlich besteht. Auch daran ist kein Zweifel, dafs dieser Zusammenhang \u00e4sthetisch von nicht geringer Bedeutung ist. Man wird nur fragen, mit welchem psychologischen Rechte nur der losere, nicht auch der engere Zusammenhang als Association bezeichnet werde. \u2014 Dafs Biese die Bedeutung des Associationsprinzips und Anthropomorphismus f\u00fcr die \u00c4sthetik wohl zu w\u00fcrdigen weifs, kommt in dieser, wie in den fr\u00fcheren \u00e4sthetischen Schriften des Verfassers deutlich zu Tage.\tLipps (Breslau).\n1.\tJ. Berry Haycraft. Voluntary and reflex muscular contraction. Journ. of physiology. Vol. XI. 1890. S. 352 ff.\n2.\tN. Wedenski. Du Rythme musculaire dans la contraction normale Archiv, de physiol, norm, et patholog. V. S\u00e9rie, III. T., 1891. S. 58 ff.\n3.\t\u2014 Du Rythme musculaire dans la contraction produite par l\u2019irritation corticale. Ebenda. S. 253 ff.\nBekanntlich pflegt man gegenw\u00e4rtig anzunehmen, dafs jede nat\u00fcrliche, willk\u00fcrliche oder reflektorische Kontraktion eines Muskels teta-nischer Natur sei, d. h. auf einer Anzahl schnell aufeinander folgender Erregungsimpulse beruhe. Die teils mit Pl\u00e4ttchen von bestimmten. Eigenschwingungszahlen, teils mit Schreibvorrichtungen (Mareys Registrir-trommel u. dergl.), teils mit dem Capillarelektrometer angestellten Versuche, auf welche sich diese Annahme st\u00fctzt, haben jedoch hinsichtlich der Schnelligkeit, mit welcher die einzelnen Erregungsimpulse aufeinander folgen sollen, keineswegs \u00fcbereinstimmende Resultate ergeben. Der Muskelton, der bekanntlich ein Resonanzton des Ohres ist, beweist zwar gleichfalls einen oscillatorischen Charakter der nat\u00fcrlichen Muskelkontraktion, vermag aber selbstverst\u00e4ndlich betreffs der Frequenz der Oscillationen keine n\u00e4here Auskunft zu geben. Die Abhandlungen der beiden oben genannten Forscher sind nun darauf gerichtet, auf Grund von Versuchen eine bestimmte Theorie betreffs des Zustandekommens der bisherigen auf den tetanischen Charakter der nat\u00fcrlichen Kontraktion","page":407},{"file":"p0408.txt","language":"de","ocr_de":"408\nLitteraturbericht.\nbezogenen Beobachtungsresultate zu entwickeln und mittelst der aufgestellten Theorie die unter diesen Beobachtungsresultaten bestehenden Abweichungen zu erkl\u00e4ren. Hierbei sind die von beiden Forschem ganz unabh\u00e4ngig voneinander entwickelten Theorien thats\u00e4chlich von ganz verschiedener Art.\nHaycraft ist weit davon entfernt, in' Abrede zu stellen, dafs die nat\u00fcrliche Muskelkontraktion tetanischer Natur sein k\u00f6nne; allein er glaubt darauf aufmerksam machen zu m\u00fcssen, dafs die Erscheinungen, welche man bisher f\u00fcr die Annahme einer solchen Natur der nat\u00fcrlichen Kontraktion geltend gemacht hat, als ein Beweis f\u00fcr diese Annahme nicht gelten k\u00f6nnen. Und zwar sind die Resultate und Betrachtungen, zu denen H. bei seinen Untersuchungen gelangt ist, kurz folgende:\n1.\tL\u00e4fst man die in nat\u00fcrlicher Kontraktion befindlichen Beugemuskeln eines Fingers oder der Hand mittelst eines Kardiographen ihre Kurve aufzeichnen, so zeigt sich, dafs die Oscillationen der Kurve in Wahrheit keineswegs periodische sind, sondern vielfach mit starken Unregelm\u00e4fsigkeiten aufeinander folgen. Solche Unregelm\u00e4fsigkeiten zeigen sich auch in dem Falle, wo man einen einfachen Muskel die Kurve seiner nat\u00fcrlichen Kontraktion aufzeichnen l\u00e4fst, wo also der Verdacht ausgeschlossen ist, dafs die Unregelm\u00e4fsigkeiten der Kurve durch zuf\u00e4llige Schwankungen in dem Zusammenwirken der in erster Linie erregten Muskeln und ihrer Antagonisten bedingt seien.\n2.\tMan hat bisher in den Kreisen der Physiologen den Muskel zu sehr als eine physiologische Einheit betrachtet und zu wenig ber\u00fccksichtigt, dafs seine Th\u00e4tigkeit in Wirklichkeit auf dem Zusammenwirken einer mehr oder weniger grofsen Anzahl von Einzelfasern und Faserb\u00fcndeln beruht, die bei ihrer Th\u00e4tigkeit eine vollkommene \u00dcbereinstimmung und Koordination nicht besitzen k\u00f6nnen. Man kann sich von diesem Mangel an vollkommener Koordination einfach dadurch \u00fcberzeugen, dafs man bei Erregung eines Muskels verschiedene Teile desselben gleichzeitig ihre Verk\u00fcrzungs- oder Verdickungskurven aufzeichnen l\u00e4fst. Die erhaltenen Kurven stimmen keineswegs vollkommen mit einander \u00fcberein.\nDiejenigen Muskelfasern, welche einem und demselben Faserb\u00fcndel angeh\u00f6ren, scheinen in einem Verh\u00e4ltnisse n\u00e4herer Zuordnung oder Koordination zu einander zu stehen. Auch scheinen die ihnen zugeh\u00f6rigen motorischen Nervenfasern im Nervenstamme unmittelbar nebeneinander zu verlaufen. Ber\u00fchrt man n\u00e4mlich den biosgelegten n. ischia-dicus eines Frosches mit einem Tr\u00f6pfchen konzentrirter Salzl\u00f6sung, so zucken, dem allm\u00e4hlichen Vordringen der L\u00f6sung im Nerven entsprechend, zuerst die Fasern eines Faserb\u00fcndels, dann die eines zweiten u. s. f., bis schliefslich der ganze Muskel von der Bewegung ergriffen ist.\n3.\tZieht man den soeben hervorgehobenen Mangel an Koordination, der insbesondere zwischen den Fasern verschiedener B\u00fcndel besteht, in geh\u00f6rige R\u00fccksicht, und bedenkt man noch den zweiten Umstand, dafs infolge des Zusammenhanges, in welchem alle Teile des Nervensystems zu einander stehen, die motorischen Centren, von denen bei einer nat\u00fcrlichen Kontraktion die Impulse f\u00fcr die verschiedenen Muskelfasern","page":408},{"file":"p0409.txt","language":"de","ocr_de":"L\u00fcteratur bericht.\n409\nausgehen, zu jeder Zeit zuf\u00e4llig wechselnden, hemmenden oder anregenden Einfl\u00fcssen unterliegen, welche aus der Th\u00e4tigkeit anderer Organe entspringen, so zeigt sich, dafs schon wegen dieser beiden Umst\u00e4nde der nat\u00fcrliche Kontraktionszustand eines Muskels niemals ein ganz schwankungsloser sein kann. Zieht man endlich noch den dritten Umstand in Betracht, dafs, ebenso wie das Ohr auf einen bestimmten Ton abgestimmt ist, auch die bei den oben erw\u00e4hnten Beobachtungen benutzten Schreibvorrichtungen und wohl auch das Capillarelektrometer auf bestimmte Perioden abgestimmt waren, so lassen sich die Beob ac htungs-resultate,die man bisher f\u00fcr die Annalme einertetanischen Natur der nat\u00fcrlichen Muskelkontraktionen angef\u00fchrt hat, gen\u00fcgend daraus erkl\u00e4ren, dafs die aus den beiden angef\u00fchrten Ursachen (der unvollkommenen Koordination der verschiedenen Muskelfasern und dem Zusammenh\u00e4nge aller Teile des Nervensystems untereinander) entspringenden aperiodischen Muskelbewegungen in dem Ohre und in den benutzten Apparaten infolge ihrer Abstimmung auf bestimmte Perioden notwendig Schwingungen hervorrufen mu fsten, die ann\u00e4hernd oder stellenweise einegewissePeriodizitat bes\u00e4fsen. Die Thatsache, dafs die verschiedenen Beobachter hinsichtlich der Frequenz, mit -welcher die der nat\u00fcrlichen Kontraktion zu Grunde liegenden Impulse auf einander folgen sollen, so bedeutend von einander abweichen, erkl\u00e4rt sich einfach daraus, dafs die Apparate, deren sich die verschiedenen Beobachter bei diesen Untersuchungen bedienten, \u2019auf verschiedene Perioden abgestimmt waren. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergiebt sich daraus, dafs man die Frequenz, mit welcher die einzelnen \"Wellen der Kurve einer nat\u00fcrlichen Kontraktion aufeinander folgen, willk\u00fcrlich einfach dadurch ver\u00e4ndern kann, dafs man sich einer Registriertrommel von anderen Dimensionen bedient.\n4. Die Ansicht, dafs die Frequenz der Impirlse, welche ein durch Tetanisirung des R\u00fcckenmarkes zur Th\u00e4tigkeit veranlafster Muskel erf\u00e4hrt, stets eine und dieselbe sei und von der Frequenz der das R\u00fcckenmark treffenden Reize nicht abh\u00e4nge, ist unrichtig und nur dadurch entstanden, dafs die Forscher, welche bisher Untersuchungen \u00fcber die Oscillationszahl der durch R\u00fcckenmarkreizung ausgel\u00f6sten Kontraktionszust\u00e4nde angestellt haben, durch die Abstimmung ihrer Apparate auf bestimmte Perioden get\u00e4uscht wurden. Verf\u00fcgt man \u00fcber die geeigneten registrierenden Apparate oder sucht man unter geeigneten Vorsichtsmafs-regeln direkt durch das Geh\u00f6r \u00fcber die H\u00f6he des Tones, der durch R\u00fcckenmarkreizung im Muskel hervorgerufen wird, Auskunft zu erhalten, so kann man sich \u00fcberzeugen, dafs die Frequenz der Oscillationen, welche ein durch R\u00fcckenmarkreizung ausgel\u00f6ster Kontraktionszustand zeigt, mit der Frequenz der das R\u00fcckenmark treffenden Reize \u00fcbereinstimmt,\nH. ist geneigt anzunehmen, dafs es nicht die motorischen Centren, sondern die motorischen Leitungsbahnen sind, welche bei einer zu Muskelkontraktion f\u00fchrenden Reizung des R\u00fcckenmarkes erregt werden.\nReizung der Basis des Gehirns (pedunculi cerebri) ergab die gleichen","page":409},{"file":"p0410.txt","language":"de","ocr_de":"410\nLitteraturbericht.\nResultate wie Reizung des R\u00fcckenmarkes. Bei Reizung motorischer Rindenregionen hingegen liefs sich nur eine kurzdauernde Bewegung ausl\u00f6sen, die ihr Ende fand, auch w\u00e4hrend die Reizung noch fortdauerte, und nur den gew\u00f6hnlichen Muskelton vernehmen liefs. \u2014\nWedenski beobachtete die Aktionsstr\u00f6me des erregten Muskels mittelst eines Telephons, welches direkt mit dem Muskel verbunden war. Er stellt auf Grund seiner Versuche folgende S\u00e4tze auf:\n1.\tWird ein Muskel von seinem Nerven aus tetanisiert, so stimmt die Schwingungszahl des Muskeltones mit der Reizfrequenz \u00fcberein, falls letztere einen gewissen von der Natur des Muskels abh\u00e4ngigen Grenzwert nicht \u00fcbersteigt. \u00dceberschreitet die Reizfrequenz diesen Grenzwert, so antwortet der Muskel mit einem musikalischen Tone, dessen Schwingungszahl (um eine Quinte oder Oktave oder 2 Oktaven) hinter der Reizfrequenz zur\u00fccksteht. Ist die Reizfrequenz sehr bedeutend, so erzeugt der Muskel nur noch ein unmusikalisches Ger\u00e4usch.\n2.\tDie Erm\u00fcdung beg\u00fcnstigt die Transformation des Rhythmus der Reizung im Muskel. Giebt ein Muskel bei hoher Reizfrequenz in frischem Zustande gerade noch den der Reizfrequenz entsprechenden Ton, so wird bei fortdauernder Reizung infolge der Erm\u00fcdung der Ton sehr bald tiefer, und zuletzt h\u00f6rt man nur ein Ger\u00e4usch.\n3.\tIn gleichem Sinne wie die Erm\u00fcdung wirkt eine Abschw\u00e4chung der Reizst\u00f6fse.\n4.\tDie vorerw\u00e4hnten Erscheinungen zeigen sich auch dann, wenn der Muskel an der Verk\u00fcrzung verhindert ist.\n5.\tDer durch die elektrischen Oseillationen des tetanisierten Muskels im Telephon ausgel\u00f6ste Ton stimmt stets mit dem durch die mechanischen Schwingungen des Muskels ausgel\u00f6sten Tone \u00fcberein.\n6.\tPr\u00fcft man mittelst des Telephons die elektrischen Vorg\u00e4nge, die sich w\u00e4hrend einer Reizung in den motorischen Nerven abspielen, so findet man, dafs der motorische Nerv die Transformation des Rhythmus der Reizung nur bei sehr schwacher oder erst nach Beginn des Absterbens stattfindender Reizung zeigt. Reizt man z. B. den Nerv des m. gastrocnemius eines Frosches mit maximalen Induktionsschl\u00e4gen in einem Rhythmus von 250 Schl\u00e4gen in der Sekunde, so beantwortet der Muskel diese Reizung mit einem transformirten Rhythmus, der sich bei Fortdauer der Reiznng infolge der Erm\u00fcdung in der oben angegebenen Weise allm\u00e4hlich modifiziert, w\u00e4hrend der Nerv fortf\u00e4hrt dem Muskel 250 Impulse in der Sekunde zuzusenden. Es entspricht der Unerm\u00fcdbarkeit der Nerven, dafs der oben erw\u00e4hnte Einflufs der Erm\u00fcdung auf die Transformation des Rhythmus nicht in dem Nerven, sondern nur in dem peripherischen Apparate (dem Muskel nebst motorischen Nervenend-apparaten) seinen Grund hat.\n7.\tAus Vorstehendem ergiebt sich, dafs es unrichtig ist, aus dem Rhythmus der Oseillationen der nat\u00fcrlichen Kontraktion eines Muskels auf den Rhythmus der Erregungen der betreffenden Nervencentren zu schliefsen. Thats\u00e4chlich ist die nat\u00fcrliche Muskelkontraktion anzusehen als eine Kontraktion, welcher eine hohe Frequenz","page":410},{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n411\nzentraler Impulse zu Grunde liegt, bei welcher aber infolge einer im peripherischen Apparat sich vollziehenden Transformation des Rhythmus nur eine viel geringere Frequenz von Oscillationen des Muskels stattfindet. F\u00fcr diese Auffassung der nat\u00fcrlichen Kontraktion spricht die bemerkenswerte \u00c4hnlichkeit, welche das telephonische Muskelger\u00e4usch der nat\u00fcrlichen Kontraktion zu demjenigen Ger\u00e4usche besitzt, das der Muskel im Telephon erzeugt, wenn der motorische Nerv einer Tetanisierung von sehr hoher Reiz-frequenz unterworfen wird. Auch begreift sich vom Standpunkte dieser Auffassung aus ohne weiteres die schon von Helmholtz hervorgehobene Thatsache, dafs die Oscillationen der nat\u00fcrlichen Kontraktion eine nur unvollkommene Periodizit\u00e4t besitzen, sowie der Umstand, dafs die nat\u00fcrliche Kontraktion ebenso wie die durch Nerventetanisierung von sehr hoher Reizfrequenz hervorgerufene Kontraktion sekund\u00e4ren Tetanus gar nicht oder nur sehr schwer zu erzeugen vermag. Zur Erkl\u00e4rung des nur unvollkommen periodischen und so zu sagen buntscheckigen Charakters der nat\u00fcrlichen Kontraktion hat \u00fcbrigens vor allem auch der Umstand zu dienen, dafs die Transformation des Rhythmus in den verschiedenen Fasern des Muskels nicht gleichzeitig und in ganz gleichf\u00f6rmiger Weise vor sich geht.\n8) Zur Pr\u00fcfung des obigen Satzes hat Verfasser noch Versuche angestellt, \u00fcber die er in seiner zweiten Abhandlung berichtet, bei denen Hunden w\u00e4hrend der Narkose die Grofshirnhemisph\u00e4ren biosgelegt wurden, die motorischen Rindenregionen tetanisiert und die T\u00f6ne oder Ger\u00e4usche beobachtet wurden, welche der infolge dieser Tetanisierung sich kontrahierende Muskel im Telephon erzeugte. Es zeigte sich, dafs der Rhythmus im Muskel nie der Frequenz der kortikalen Reizung entsprach. Ferner zeigte sich, dem oben erw\u00e4hnten Einfl\u00fcsse der Reizst\u00e4rke auf die Transformation des Rhythmus entsprechend, der telephonische Muskelton wesentlich von der St\u00e4rke der kortikalen Reizung abh\u00e4ngig. Wurde letztere von einem geringen St\u00e4rkegrade aus allm\u00e4hlich gesteigert, so h\u00f6rte man anfangs nur ein Rollen; dasselbe wurde lebhafter und lebhafter, und zuletzt h\u00f6rte man das bekannte Ger\u00e4usch der nat\u00fcrlichen Kontraktion. W. erblickt in diesen Beobachtungsergebnissen Best\u00e4tigungen seines obigen Satzes, dafs bei der nat\u00fcrlichen Kontraktion eine im peripherischen Apparate sich vollziehende Transformation des Rhythmus im Spiele sei. Eine Best\u00e4tigung dieses Satzes erblickt W. endlich auch noch darin, dafs das Ger\u00e4usch, welches die gereizte Rindengegend oder der durch die kortikale Reizung erregte motorische Nerv bei direkter Verbindung mit dem Telephon in diesem erzeugte, in denjenigen wenigen F\u00e4llen, wo es \u00fcberhaupt vernehmbar und in seinem Charakter n\u00e4her erfafsbar war, betr\u00e4chtlich h\u00f6her erschien als das durch kortikale Reizung ausgel\u00f6ste telephonische Muskelger\u00e4usch.\n9. W. kn\u00fcpft an seine Versuchsergebnisse noch theoretische Vermutungen betreffs des Zustandekommens der Transformation des Reizungsrhythmus an. Die Abweichungen, welche die betreffs der Oscillationszahl der nat\u00fcrlichen Kontraktionszust\u00e4nde zur Zeit vorliegenden Angaben untereinander zeigen, erkl\u00e4rt er durch den Einflufs, den","page":411},{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"412\nLitteraturbericht.\nnach Obigem die Erm\u00fcdung und die Reizst\u00e4rke auf die Transformation des Rhythmus der Reizung aus\u00fcben.\nAls ein mehr beil\u00e4ufiges Ergebnis der Versuche von W. sei erw\u00e4hnt, dals sich der Schwellenwert der kortikalen Reizung sehr deutlich von der Reizfrequenz abh\u00e4ngig zeigte, um so h\u00f6her lag, je geringer die Frequenz war. Endlich sei auch noch erw\u00e4hnt, dafs der telephonische Muskelton bei der kortikalen Reizung einer gewissen Zeitdauer zur vollen Entwickelung seines Charakters bedurfte (ganz im Gegens\u00e4tze zu dem Verhalten, das er dem oben unter 2. Bemerkten gem\u00e4fs infolge des Einflusses der Erm\u00fcdung bei der Reizung des motorischen Nerven zeigt.) Eine \u00e4hnliche Beobachtung hat auch Haycraft (a. a. O., S. 364) bei R\u00fcckenmarkreizung gemacht.\nBei der starken Verschiedenheit, die zwischen den hier vorgef\u00fchrten Theorien von H. und W. besteht, ist es nat\u00fcrlich ganz unm\u00f6glich, zur Zeit ein sicheres Urteil \u00fcber die Art des Zustandekommens derjenigen Erscheinungen zu gewinnen, die man bisher auf eine tetanische Natur der nat\u00fcrlichen Kontraktionszust\u00e4nde bezogen hat. Aufgabe der n\u00e4chsten Untersuchungen auf diesem Gebiete wird es sein, die von beiden Forschern angestellten Versuche nachzupr\u00fcfen und zu vervollst\u00e4ndigen, und die Tragweite der von ihnen geltend gemachten Gesichtspunkte und Beweisgr\u00fcnde genauer abzuw\u00e4gen. Bei den Versuchen von H. scheinen die Reizfolgen von hoher Frequenz, bei denen allein eine Transformation des Rhythmus beobachtet werden kann, zu wenig oder gar nicht in Anwendung gekommen zu sein. Ganz besonders scheint mir wegen ihrer Tragweite die Behauptung von W. einer Nachpr\u00fcfung durch eingehendere Versuche zu bed\u00fcrfen, dafs, wenn bei Tetanisierung des motorischen Nerven die Beobachtung am Muskel eine Transformation des Rhythmus der Reizung erkennen lasse, diese Transformation stets in Vorg\u00e4ngen ihren Grund habe, die sich im peripherischen Apparate, nicht aber im gereizten Nerven selbst abspielen.\tG. E. M\u00fcller (G\u00f6ttingen.)\nH. Dement. Du r\u00f4le m\u00e9canique des muscles antagonistes dans les actes de locomotion. Archiv, de physiol, norm, et pathol. V. S\u00e9rie. II. T., 1890, S. 747 ff. u. III. T., 1891, S. 267 ff.\nD. will die Rolle feststellen, welche die antagonistische Synergie beiden Gliedbewegungen spielt. Beobachtet wurde das Verhalten des m. biceps und triceps brachii bei m\u00f6glichst variierten Beugungen und Streckungen des Vorderarms. \u00dcber jedem von beiden Muskeln wurde eine Kapsel am Arme angebracht, welche mittelst einer Springfeder einen kleinen Knopf auf eine \u00fcber dem Muskel befindliche Hautstelle auf-dr\u00fcckte. Bei eintretender Kontraktion des Muskels erh\u00f6hte sich der Widerstand, den der Muskel dem Eindringen des Kn\u00f6pfchens entgegenstellte. Die hierdurch entstehenden Verschiebungen des Kn\u00f6pfchens wurden myographisch aufgezeichnet. Es ergaben sich folgende Resultate :\n1. Bei energischen statischen Kontraktionen, bei denen es sich darum handelt, ein Glied unverr\u00fcckt festzuhalten oder die Entfernung zweier Gelenkfl\u00e4chen voneinander zu hindern (wie z. B. beim Tragen","page":412}],"identifier":"lit14596","issued":"1891","language":"de","pages":"407-412","startpages":"407","title":"1. J. Berry Haycraft: Voluntary and reflex muscular contraction. Archiv. de physiol. norm. et patholog., V. S\u00e9rie, III. T., 1891, S. 58 ff., 2. N. Weddenski: Du Rythme musculaire dans la contraction normale, 3. Du Rythme musculaire dans la contraction par l'irritation corticale","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:02:00.066222+00:00"}