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{"created":"2022-01-31T14:52:50.550661+00:00","id":"lit14635","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Gaule, Justus","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 2: 454-458","fulltext":[{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454\nLitteraturbericht.\nenglischen Empiristen und Associationisten zu l\u00f6sen oder neu aufzubauen unternimmt. Es giebt Objektiva (diese betrachtet er in diesem Part I), die man zur Vorstellung bringen kann, und andere, die man nicht zur Vorstellung bringen kann (zu betrachten in einem versprochenen Band); Beispiele der ersteren sind : Intensit\u00e4t von Empfindungen, die \u00e4ufserliche Welt, Erinnerungen, Widerstand u. s. w. ; der zweiten: \u00c4ther, Kr\u00e4fte,. G\u00f6tter, der Geist von anderen u. s. w. Der Kern des Buches ist die Behauptung, dafs alle Arten von Glauben an objektive Existenz nichts-anderes sind, als der Glaube an die M\u00f6glichkeit, gewisse Vorstellungen durch das Wollen zu bekommen. Pikler findet, dafs die Theorie, die seiner eigenen am n\u00e4chsten steht, die von Mill ist; seine eigene kann als ein Versuch betrachtet werden, die MiLLSche zu verbessern; beide Theorien, mit der von Hume, seien nur die Entwickelung des Fundamental-Gedankens der BERKELEvschen Psychologie; objektive Existenz ist nicht, wie Mill behauptet, die M\u00f6glichkeit von Vorstellungen, die abh\u00e4ngig sind vom Vorhandensein \u201ebeliebiger denkbarer Gegenst\u00e4nde\u201c, sondern von Vorstellungen, deren Erscheinung von nichts anderem abh\u00e4ngig ist, als unserem eigenen Willen.\nEin weiterer bemerkenswerter Punkt dieses Part I ist eine Analyse des Glaubens an gewisse \u201eobjektive Attribute unserer Vorstellungen\u201c, \u00c4hnlichkeit, zeitliches Verh\u00e4ltnis, Ort, Dauer, Intensit\u00e4t, Ausdehnung, Lage, Zahl, deren Psychologie nach Piklers Meinung noch nicht existiert, obwohl sie fundamentaler als der Glaube an die Existenz der Aufsen-welt oder die des menschlichen Geistes ist.\nEs ist merkw\u00fcrdig, dafs es Pikler nicht einf\u00e4llt, seine Theorie des Glaubens mit der von Bain (das Verh\u00e4ltnis zwischen Glauben und Handeln) in Beziehung zu setzen. Dafs Wirklichkeit Verh\u00e4ltnis zu unserm Willen bedeutet, und dafs Glauben und Wollen zwei Seiten desselben Actus sind, d\u00fcrfen wir als ein Prinzip der Psychologie annehmen; und insofern hat Pikler recht, wenn er daf\u00fcr h\u00e4lt, dafs die Entwickelung des Willens (d. h. die gemachte Erfahrung, welche Vorstellungen des Willens wir als Gegenst\u00e4nde derselben bekommen k\u00f6nnen) nichts anderes ist, als die Entwickelung des Glaubens an objektive Existenz, und dafs, wenn wir die F\u00e4higkeit der Bewegung nicht bes\u00e4fsen, wir den Glauben an Objektivit\u00e4t nicht haben w\u00fcrden.\nIn der Darstellung seiner Theorie des Wollens kritisiert Pikler sehr scharf und verwirft er Wundts Apperceptionslehre [seine Kritik ist kaum eingehend genug]; er verspricht in Part II eine Kritik von Dr. Wards Lehre des psychischen Subjektes. Es wird von Wichtigkeit sein, zu sehen, wie er den Glauben an unvorstellbare Objektiva (die Seele z. B.) mit seiner Theorie vereinigt, dafs Objektivation Veranschaulichung durch das Wollen bedeutet.\tCaldwell (Edinburgh).\nRichard Avenarius. Kritik der reinen Erfahrung. Bd. II. Leipzig, Reisland, 1890. 500 S.\nRichard Avenarius hat nunmehr den zweiten Band seiner \u201eKritik der reinen Erfahrung\u201c herausgegeben. In dem ersten Band hatte er als Ausgangspunkt seiner Kritik die Thatsache gew\u00e4hlt, dafs Menschen \u00fcber","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n455\ngegenw\u00e4rtige oder vergangene Bestandteile ihrer Umgebung etwas aus-sagen. Das Mittelglied zwischen dieser Aussage (E) und jenen Bestandteilen (B) der Umgebung wurde nat\u00fcrlich als in den Individuen selbst gelegen erkannt und mit dem Namen System C bezeichnet. Da nun zwischen E und li nicht eine v\u00f6llige \u00dcbereinstimmung herrscht, da vielmehr verschiedene Individuen verschiedene (Aussagen) E \u00fcber dasselbe (Umgebungsbestandteil) B zu machen pflegen, so ist E offenbar nicht blofs durch B bedingt, sondern auch durch das Mittelglied, das System C. Demnach erscheint E sowohl als eine Funktion von B wie von C, und wenn C hierbei als Mittelglied zwischen B und E auftritt, so ist E abh\u00e4ngig von derjenigen Ver\u00e4nderung, welche B in C hervorgebracht hat, E=f (-F[.\u00df]). Mit anderen, allerdings minder klaren Worten die Aussage, dais jemand etwas erfahren habe, enthielt zweierlei Bestandteile, erstens \u201edas Erfahren\u201c, welches nichts anderes bedeutet, als dafs der Aussagende in etwas ver\u00e4ndert worden sei, und zweitens das \u201eEtwas\u201c, welches jene Ver\u00e4nderung hervor brachte. Diese Ver\u00e4nderung braucht nun allerdings keine dauernde zu sein. Kein Individuum und auch kein System C eines Individuums w\u00fcrde sich behaupten k\u00f6nnen in einer Umgebung, die es durch alle ihre Bestandteile ver\u00e4nderte, wenn es nicht denselben einen Einflufs entgegensetzen k\u00f6nnte, der diese Ver\u00e4nderungen auszugleichen im st\u00e4nde ist. Dieser Einflufs ist offenbar der das Leben in seiner Art und Eigent\u00fcmlichkeit erhaltende, und wir k\u00f6nnen ihn bezeichnen als den Stoffwechsel oder durch das Symbol F(S). Die beiden Einfl\u00fcsse, der ver\u00e4ndernde der Umgebung F (B) und der erhaltende des Stoffwechsels F(S) m\u00fcssen demnach f\u00fcr ein System C, welches sich dauernd behaupten soll, sich gegenseitig ausgleichen, d. h. es mufs die Gleichung erf\u00fcllt sein F (K) + F (S) = 0. Nun wird freilich dieses Gleichgewicht kein ganz totes sein k\u00f6nnen, es mufs vielmehr ein schwankendes sein, weil ja B, die Umgebungsbestandteile, fortw\u00e4hrend wechseln k\u00f6nnen. Aber nach jeder solchen Schwankung mufs das System C zu dem durch jene Formel bedingten Gleichgewicht zur\u00fcckkehren. Diese Schwankungen nun sind die eigentlichen Grundlagen, die Elemente der Erfahrung. Denn jede Schwankung wird hervorgebracht durch einen Wechsel der Umgebungsbestandteile (eine Variation von B, \u201edas Etwas, was erfahren wird\u201c) und bei jeder Schwankung durchl\u00e4uft das System einen Zustand der Ver\u00e4nderung (das \u201eErfahren\u201c). Nun werden nicht alle Variationen von B Schwankungen ganz gleicher Art hervorrufen. Diejenigen, welche sich am h\u00e4ufigsten wiederholen, werden eine dauernde Ver\u00e4nderung des Systems C hervorrufen, indem dasselbe sich ein\u00fcbt, nach ihrer Durchlaufung auf m\u00f6glichst einfache Weise zu dem Gleichgewichtszust\u00e4nde von F (B) und F(S) zur\u00fcckzukehren. Einer Umgebung gegen\u00fcber, f\u00fcr welche eine solche Ein\u00fcbung nicht zu st\u00e4nde k\u00e4me, w\u00fcrde eben ein System C sein Erhaltungsmaximum einb\u00fcfsen, sich also nicht dauernd behaupten k\u00f6nnen. Wir d\u00fcrfen daher annehmen, dafs jedes System C eine gewisse Beschaffenheit angenommen hat, welche als die Folge einer Ein\u00fcbung auf die Schwankung, die durch die Umgebung B hervorgerufen wird, anzusehen ist. Tritt nun gegen\u00fcber einem solchen System C der Fall auf, dafs B zu B + AB wird, so","page":455},{"file":"p0456.txt","language":"de","ocr_de":"456\nLitteraturberichi.\nwird dasselbe zun\u00e4chst eine Schwankung ausl\u00f6sen, die der einge\u00fcbten entspricht. Da aber der neue Wert sich um AB von dem alten unterscheidet, so wird hierdurch der Gleichgewichtszustand nicht wieder erreicht, und es beginnen, um denselben wiederzugewinnen, jetzt eine Reihe von Vorg\u00e4ngen in dem System C, welche von Avenarius als Vitalreihe bezeichnet werden. Dieselbe zerf\u00e4llt in 4 Abschnitte. Sie ist 1. vorbereitet durch die vorausgegangene \u00dcbung, durch welche f\u00fcr eine Umgebung B die einge\u00fcbte Schwankung F(B) +F(S)=0 erworben wird; sie wird eingeleitet (Initialabschnitt) durch die Variation von B, welche diese Gleichung aufhebt und damit die vitale Erhaltung des Systems C differenziert, d. h. Setzung der Vitaldifferenz; sie wird fortgesetzt im Medialabschnitt durch die Bestrebung des Systems C diese Vitaldifferenz aufzuheben, entweder durch R\u00fcckg\u00e4ngigmachen der Variation von B (ektosystematische \u00c4nderung) oder durch Anpassung des Systems C an dieselbe (endosystematische \u00c4nderung), und sie wird beendet im Finalabschnitt durch Erreichung dieses Ziels auf die eine oder andere Weise.\nEndlich k\u00f6nnen wir, um damit den Standpunkt, mit dem der erste Band schliefst, zu erreichen, uns vorstellen, dafs die Systeme C vieler menschlicher Individuen zu einem System C h\u00f6herer Ordnung, der einer Sprachgemeinschaft z. B., oder h\u00f6chster Ordnung der gesamten Menschheit vereinigt seien, welches sich denn einer nicht blofs individuellen, sondern einer allgemeinen Umgebung im h\u00f6chsten Sinne der gesamten Welt gegen\u00fcber auf dem Wege befindet, durch eine Kette von Vitalreihen zu der Verwirklichung von F (R) + F (\u00a3) = 0 zu gelangen. Der erste Band hatte somit die Grundlagen behandelt, welche in den Vitalschwankungen des Systems <7 \u201eder Erfahrung\u201c zu Grunde liegen. Der zweite Band wendet sich den Aussagen der Individuen zu. Es erscheint als das Resultat des ersten Bandes, dafs dieselben direkt nur von den Vitalschwankungen des Systems G abh\u00e4ngen, von den Umgebungsbestandteilen B aber nur indirekt, insofern die letzteren diese Vitalschwankungen wieder bedingen. Die erste Aufgabe, welche sich darbietet, besteht darin, die Grundwerte der Erfahrung als Abh\u00e4ngige dieser Vitalschwankung abzuleiten. Zu jeder prim\u00e4ren oder unabh\u00e4ngigen Vitalschwankung, d. h. einer solchen, welche von einem Umgebungsbestandteil ihren Ausgangspunkt nimmt, ist demnach eine abh\u00e4ngige Vitalschwankung zugeordnet, und wie die ersteren sich zur unabh\u00e4ngigen Vitalreihe, so ordnen sich die letzteren zur abh\u00e4ngigen Vitalreihe. Wenn man also die Vitalschwankung des Systems G als das Grundelement jeglicher Erfahrungsaussage annimmt, so k\u00f6nnte man auf den ersten Blick betroffen dar\u00fcber sein, wie es m\u00f6glich sei, aus einem solchen einf\u00f6rmigen Vorgang die ungeheure F\u00fclle dessen abzuleiten, was uns als Erfahrung erscheint. Demgem\u00e4fs werden zun\u00e4chst die Modifikationen, welche diese Schwankung nach ihrer Form und Gr\u00f6fse, nach ihrer Richtung und ihrer Erheblichkeit f\u00fcr das System C, nach ihrer Ge\u00fcbtheit und Wirksamkeit und nach ihrer Mannigfaltigkeit darbietet, auseinandergesetzt und die denselben entsprechenden Abh\u00e4ngigen in den Aussagen der Individuen aufgesucht. So erscheint z. B. die Aussage, dafs etwas \u201esei\u201c, als die Abh\u00e4ngige der Schwankungsge\u00fcbtheit, denn das \u201eSein\u201c ist","page":456},{"file":"p0457.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n457\nzun\u00e4chst ein \u201esein wie immer\u201c, d. li. ein Verh\u00e4ltnis des aussagenden Systems G denjenigen Bestandteilen der Umgehung B gegen\u00fcber, f\u00fcr welche es die gr\u00f6fste und dauerndste Ein\u00fcbung hat. Jede Variation dieser Umgebungsbestandteile erscheint dann als ein \u201eanderes Werden\u201c bezw. als ein vor\u00fcbergehendes \u201enicht sein\u201c.\nDoch darf ich mich hier nicht aufhalten, mehr dieser interessanten Folgerungen anzuf\u00fchren. N\u00e4chst den in der Natur der Schwankung-begr\u00fcndeten Modifikationen der Grundwerte kommen in Betracht die individuellen Mannigfaltigkeiten. Und zwar zun\u00e4chst nach der Richtung der Vorbereitung hin, wie sie verschiedenen Alters- und Gesellschaftskreisen, verschiedenen Zeitaltern und Nationen \u00fcblich ist, und sodann nach der Richtung der wechselnden Beschaffenheit des Systems G selbst,, wie es sich als verschiedene Beanlagung, als Naturell u. s. w. erweist.\nAus alledem entwickelt sich dann der Gedanke, nicht nur diese individuellen Aussagen, sondern die aus der sprachlichen Gemeinschaft,, in der die Individuen stehen, sich ergebende Resultierende derselben, die Gesamterfahrung eines Systems C h\u00f6herer Ordnung oder Erkenntnis zu untersuchen. Auch diese abh\u00e4ngige Vitalreihe h\u00f6herer Ordnung schreitet fort, von der Vorbereitung, unter welcher hier die Gesamtsumme des Wissens einer gewissen Geistesrichtung und Epoche zu verstehen, wie sie sich in den vorz\u00fcglichsten K\u00f6pfen derselben verk\u00f6rpert, zu der Setzung einer Vitaldifferenz, welche durch die Variation eines Umgebungsbestandteils bewirkt wird, welche den einge\u00fcbten Schwankungen nicht entspricht, d. h. die eingelernten herk\u00f6mmlichen Vorstellungen \u00fcber den Haufen wirft. Die Bem\u00fchungen, diesen qu\u00e4lenden (weil das Erhaltungs-maximum beeintr\u00e4chtigenden) Widerspruch zu l\u00f6sen, f\u00fchren dann zu den L\u00f6sungsversuchen des Medialabschnitts \u2014 Problemstellung \u2014 Versuche der ektosystematischen \u00c4nderung (Experiment) \u2014 der endosystematischen \u00c4nderung (Hypothese), bis endlich im Finalabachnitt die L\u00f6sung erscheint und durch das Gef\u00fchl der \u201eL\u00f6sung\u201c \u2014 \u201eErl\u00f6sung\u201c und Befreiung, das sie bringt, anzeigt, dafs das System C das Erhaltungsmaximum wiedergewonnen hat, dafs nunmehr auch F(B + dB) + F(S) = 0. Sehr instruktiv und reizvoll ist in dieser Beziehung die Auseinanderlegung der Vitalreihen Rob. v. Mayers , wie sie sich in seiner Abhandlung \u00fcber das mechanische \u00c4quivalent der W\u00e4rme wiederspiegeln.\nSchliefslich wendet sich Avenarius der Frage der \u201eErkennbarkeit\u201c der Welt durch die Erfahrung zu. Dem primitiven Denken ist die Welt eine Umgebung, welche (durch die Sinnesorgane) in dem System G eine unabh\u00e4ngige Vitalreihe ausl\u00f6st, d. h. sie ist ihm eine Erfahrung, die ihm auch als solche erscheint.\nAber diese Vitalreihe f\u00fchrt gewisse Beschaffenheiten des Systems C herbei, bei denen die in Raum und Zeit sich denkbar meist wiederholenden Umgebungsbestandteile die einflufsreichsten sind. Auf einer weiteren Stufe des Denkens oder der Entwickelung des Systems C werden daher diese Beschaffenheiten des Systems C selbst, welche (weil durch das ewig sich wiederholende veranlafst) den wechselnden Bestandteilen der Umgebung (der Erscheinungswelt) gegen\u00fcber den Charakter des Unver\u00e4nderlichen erlangen, als das Seiende, das Wesentliche, das Wesen der","page":457},{"file":"p0458.txt","language":"de","ocr_de":"458\nLitteraturbericht.\nDinge erscheinen. Die Welt wird daher jetzt als nichterfahren und nicht-erfahrhar ausgesagt. Aber auch dieser Zustand ist nur ein vor\u00fcbergehender. Die von den Beschaffenheiten des Systems C ausgehenden Aussagen (Weltbegriffe, L\u00f6sungen des Weltr\u00e4tsels) enthalten als Komponenten auch die individuellen Anfangsbeschaffenheiten der Systeme und divergieren daher. In dem Kampfe um die Geltung m\u00fcssen daher alle die individuellen Differenzen, d. h. alle nicht von den Umgebungsbestandteilen komplement\u00e4r bedingten Abh\u00e4ngigen, sich eliminieren, und es mufs schliefslich wieder ein nur auf Erfahrung (gel\u00e4uterte Erfahrung) beruhender Weltbegriflf \u00fcbrig bleiben.\nEs ist kein Zufall, dafs ein Physiologe hier versucht, den Lesern dieser Zeitschrift zu sagen, was dieses Buch will und bringt. Nicht als oh Avenabi\u00fcs darauf ausginge, physiologische Vorstellungen f\u00fcr seine Auseinandersetzungen zu benutzen. Wir Physiologen befinden uns offenbar noch zu sehr im Medialabschnitt unserer Vitalreihe und unsere Hypothesen sind noch zu sehr der raschen Elimination verfallen, um eine Auseinandersetzung, welche eine dauernde Reform herheif\u00fchren will, damit zu befassen. Nicht einmal das System C wird mit dem Centralnervensystem identifiziert. Aber der ganze Standpunkt ist ein naturwissenschaftlicher. Hier ist nicht ein philosophisches System, das von aprioristischen Voraussetzungen ausgeht. Hier ist eine Beobachtung und eine Beschreibung des Beobachteten nach denselben Prinzipien, nach denen die analytische Mechanik eine Beschreibung der Bewegungen als eine \u00f6konomische Zusammenfassung liefert. Es giebt lebende Wesen, welche aussagen, dafs sie etwas erfahren. Was ist derjenige Vorgang, welcher dieser unz\u00e4hligemal zu machenden Beobachtung zu Grunde liegt ? Nach welchen einfachsten Merkmalen ist er zu beschreiben ? Wie sind aus diesen Merkmalen alle Variationen abzuleiten, welche von dem Lallen des Kindes bis zu den Lehren des Weisen unser Vorgang darbietet? Das sind die Prinzipien, die dieses Buch diktiert haben.\nUnd nun, nachdem die verwirrende und be\u00e4ngstigende F\u00fclle der Aussagen der Individuen nach denselben geordnet ist, nachdem die formale Beschreibung des Lebensvorganges, der ihnen zu Grunde liegt, in, wie ich glaube, endg\u00fcltiger Klarheit gegeben ist, nun kann die Physiologie ans Werk gehen, die ihr bekannten oder bekanntwerdenden that-s\u00e4chlichen Ver\u00e4nderungen im Organismus, mit der hier beschriebenen Vitalschwankung in Zusammenhang zir bringen. Justus Gaule (Z\u00fcrich).","page":458}],"identifier":"lit14635","issued":"1891","language":"de","pages":"454-458","startpages":"454","title":"Richard Avenarius: Kritik der reinen Erfahrung, Bd. II. Leipzig, Reisland, 1890","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:52:50.550670+00:00"}