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{"created":"2022-01-31T17:01:30.377144+00:00","id":"lit14637","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Nicholl, Whitlock","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 5: 260-262","fulltext":[{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nnothvvendig ift, doch bei unvollkommnem Zuftande def-\u00a3eli)en der Antlitznerv auf diefelbe Weife den Schall zum H\u00f6rnerven leitet, und fo einen fehr wichtigen INutzen ftiftet.\n3, Whitlock Nicholl Beobachtung einer ton\u00ab der baren Unvollkommenheit des Sehens. (Medico - Chirurg. Transact. Vol. VII. p. 477.)\nIn den philof. Transact. (Vol. 63, p. 2.) ift ein Fall von erblicher Unvollkommenheit des Sehens be-fehrieben, und ein \u00e4hnlicher findet lieh bei einem Verwandten von mir, den ich jetzt der Gefehfchaft darzu. ftellen die Ehre habe.\nDer Gegeni'tand der Beobachtung ift ein kluger, lebhafter, gefunder Knabe von II Jahren. Die Augen fmd grau, die Pupille ift von einem gelben Ringe um. geben.\nKeine Farbe nennt er gr\u00fcn, dunkelgr\u00fcn, braun, und verwechfelt jenes mit gewiffen Arten von braun. Hell, gelb ift ihm gelb, aber dunkleres gell\u00bb und hellbraun ver. wechfelt er mit roth, dunkelbraun mit fchwarz, Hell, gr\u00fcn nennt er bellrotb , gemeines gr\u00fcn roth, hellroth und zimmetfarben hellblau. Roth belegt er mit dem paffenden Namen. Blau, fowohi dunkel als hellblau, nennt er blau. Durch ein Prisma konnte er nur drei Farben , roth , gelb und purpurn unterfcheiden. Papier, worauf fielt Flecken von rotlien Radieschen befanden, nannte er blau, als die Flecken durch Eintauchen in verd\u00fcnnte Salpeterf\u00e4ure fcharlachfarben geworden waren, roth. Diefe ScharJachfarbe, neben Lackmuspapier ge-bracht, fchien ihm mit diefetn diefelbe, nur die letztere heller. Darauf wurde das Scharlachpapier auf Gras, dann auf gr\u00fcnen Boy gelegt: auch hier fchien ihm alles gleich, gef\u00e4rbt, nur das Gras um etwas heller. Gr\u00fcne Brillen, durch welche er fah, nannte er roth, und fagte, dafs alle Gegenft\u00e4nde, dadurch betrachtet, einen r\u00f6thlichen Schein h\u00e4tten. Der Rand des Zimmers hatte blaue Bl\u00e4tter mit einem gr\u00fcnen Streifen. Das Blatt nannte er","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"26t\ngr\u00fcn, den Streifen roth. Von einer Frau, die mit einem Korbe vorbei ging, Tagte er, dafs fie H\u00fchner darin habe, indem er die rothen Federn heraush\u00e4ngen fehe. Dies waren gr\u00fcne Bl\u00e4tter, womit fie ihre Butter bedeckt hatte. Bei allen Verbuchen ergab fich immer daffelbe, und er Tagte mir endlich: was Sie Purpur, Zimmetfarben und Blau nennen, lieht fich fo \u00e4hnlich, dafs ich es nicht unterfcheiden kann. Die karmeiinfarbnen Vorh\u00e4nge feines Bettes nennt er bei Licht roth, am Tage dunkelblau; die grauen Augen einer feiner Schvveftern bl\u00e4ulich-roth, ihre Wangen purpurblau.\nDiefer Knabe hat vier Schweftern, die vollkommen gut fehen. -Von einem Bruder, der noch nicht fpri\u00e7ht, l\u00e4fst fich nichts Tagen. Die Eigenth\u00fcmlichkeit hat er von feiner Mutter. Zwar hat fie und ihre Schwefter die-felbe nicht, wohl aber ihr Vater. Einen Bruder hat fie nicht. Der Vater hatte zwei Br\u00fcder und drei Schweftern, wovon nur der eine Bruder diefe Unvollkommenheit befitzt. Elr hatte m\u00e4nnliche Kinder, die jung waren, und von deren Geliebt nichts bekannt ift. Eine Tochter befitzt diefen Fenier nicht, fie hat aber keine Kinder.\nDer Vater befand fich im Seedienft, und kaufte vor einigen Jahren einen blauen Rock und Wefte mit rothen Beinkleidern, weil er diefe f\u00fcr blau hielt. Ueher ein dunkelgr\u00fcnes Gatter wunderte er fich, dafs es roth fey. Von einem wohnen Zeuche, welches roth und mit einem gleich-gef\u00e4rbten Blatte verziert war, Tagte er triumphirend, der Grund fey roth, aber das Blatt gr\u00fcn. Weder er noch fein Enkel bedienen fich des Wortes gr\u00fcn als eines vonihnen felbft gew\u00e4hlten Ausdrucks, fondernnur, wenn fie aus der Befchafienheit der Gegenft\u00e4nde vermuthen, dafs es die von andern fo genannte Farbe fey. So z. B. als ich meine Beobachtungen an dem Knaben anzuftel-len anfing, fragte ich ihn nach der Farbe eines Kleeblattes. Diefe erkl\u00e4rte er gleich f\u00fcr gr\u00fcn. Als ich aber nachher das Blatt neben das fcharlaehrothe Papier legte, konnte er beide nicht unterfcheiden und Tagte, ev w\u00fcrde das Blatt roth nennen, wenn er nicht w\u00fcfste. dafs man es mit gr\u00fcn bezeichnete. Sein Grofsohetm\nS 3","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nhat eine Gurke fiir einen Krebs, und einen gr\u00fcnen Lauch-ftenflel f\u00fcr eine Stange Siegellack gehalten, h in hellrothes Kleid, das feine Tochter anhatte, nannte er himmelblau, und, auf Befragen, wie er denn ihr Geliebt nenne, Tagte er, dafs ihm ihr Geliebt und ihr Kleid, ungeachtet er beide hellroth nenne, zwar nicht gleichgef\u00e4rbt fcliienen, er aber doch den Unterfchied nicht befchreiben k\u00f6nne.\nBlau nannten alle diele Per Ton en immer hellroth, eben fo wenig rollt gr\u00fcn, wenn gleich umgekehrt hellroth blau und grivn roih.\nOb einer ihrer Vorfahren diefelbe Unvollkommen-heit hatte, konnte ich noch nicht ausmitteln.\n4. /. TV ar dr op \u00fcber Farben feheu, (Aus def-fen Elfays on the morbid anatomy of the human eye. London 1818- Vol. 2. p. 196.)\nEs giebt eine merkw\u00fcrdige Eigenth\u00fcmlichkeit des Sehens, welche man beffer als angehorne Unvollkommen-beit , wie als Krankheit anfeben kann. Man hat lie Farhenfehen genannt, indem dabei entweder gar keine, odet nur eine fehlt fchwache Vorftellung einiger Haupt-f\u00e4rben Statt findet.\nWerden mehrere verfchiedentlich gef\u00e4rbte Gegen-ft\u00e4nde vor die Augen eines, auf diefe Weife unvollkommen Sehenden gebracht, fo nimmt er Verfchieden. heiten zwilchen den meiften Farben wahr, ohne genau zu wiffen, worin diefelben eigentlich beftehen, und kann im Allgemeinen, wenn ihm die Farben einzeln gezeigt werden, lie nicht benennen, oder angeben, zu welcher Klaffe lie geh\u00f6ren.\nVon reinem Gelb oder Blau hat er eine deutliche Vorftellung, irrt lieh \u00fcber diefe Farben nie, lie m\u00f6gen ihm allein, oder unter andern vorgelegt werden, und halt alle \u00fcbrigen nur f\u00fcr Ab\u00e4nderungen von ihnen. So z. B. lieht er im Prisma nur gelb und blau, nicht, wie ein vollkommen Sehender, lieben Farben.","page":262}],"identifier":"lit14637","issued":"1819","language":"de","pages":"260-262","startpages":"260","title":"Beobachtung einer sonderbaren Unvollkommenheit des Sehens: Medico.-chirurg. Transact., Vol. VII, p. 477","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:01:30.377150+00:00"}