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{"created":"2022-01-31T16:59:27.740708+00:00","id":"lit14677","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Gaupp","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 73-75","fulltext":[{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\nrj<ry.\n(O\nVersuchsperson sich ebenfalls w\u00e4hrend einiger Minuten bem\u00fcht hatte, dieses neue Intervall ununterbrochen zu reproduzieren, wurde der erste Versuch wiederholt und zugesehen, wie die reproduzierten Zeiten sich durch die Ein\u00fcbung auf das eingeschobene Intervall ge\u00e4ndert hatten. Es ergab sich aus zahlreichen und sorgf\u00e4ltig angestellten Versuchen, dafs dieselben durch Einschiebung eines gr\u00f6fseren Intervalls vergr\u00f6fsert und durch Einschiebung eines kleineren verkleinert werden.\nSchumann (G\u00f6ttingen).\nPotoni\u00e9, H. \u00dcber die Entstehung der Denkformen. Natwwiss. Wochensehr.\nBd. VI (1891), No. 15. S. 145-151.\nDie These des Verfassers lautet: \u201eDie s\u00e4mtlichen Denkformen sind ebenso entstanden im Kampfe ums Dasein, wie die Formen der organischen Wesen.\u201c Den Urorganismen, aus denen sich die Lebewelt der Gegenwart entwickelt hat, waren gewisse einfachste Denkregungen gegeben. Diese sind als das Rohmaterial zu betrachten, aus der die sinnlichen Erfahrungen, also in letzter Instanz die Einwirkungen der Umgebung, die psychische Pers\u00f6nlichkeit eines jeden Einzelwesens in scharfen Umrissen herausformte. Die so im Kampfe ums Dasein erworbenen geistigen Eigenschaften und F\u00e4higkeiten werden dann auf die sp\u00e4teren Generationen durch Vererbung \u00fcbertragen und jedesmal in ontogenetischer Entwickelung weiter ausgebaut. Dem ewigen Spiel von Anpassung und Vererbung verdanken wir also auch unsere Denkformen. Die Variationsf\u00e4higkeit des Einzelnen in seiner Denkweise ist eine weitgehende ; doch giebt es \u00fcberall eine Grenze, die nicht \u00fcberschritten werden darf, ohne dafs die Resultate des Denkens, die Handlungen, das Leben gef\u00e4hrden und zum Aussterben f\u00fchren. Daher sind die Abweichungen der Menschen in ihren Denkrichtungen nicht unbeschr\u00e4nkt. Mit anderen WTorten, es existieren bestimmte Denkbeziehungen, welche uns Allen gemeinsam sind. Hierher geh\u00f6ren die Grunds\u00e4tze, Axiome der Geometrie, der Arithmetik, des logischen Denkens. M\u00f6gen uns diese aber auch noch so selbstverst\u00e4ndlich erscheinen: alle sind Errungenschaft phylogenetischer Erfahrung, das Produkt der beiden Faktoren : Organismus und Aufsenwelt ; a priori fertig gegeben ist nichts.\nIn der That d\u00fcrften den vorstehenden \u00e4hnliche \u00dcberlegungen, mehr oder weniger konsequent durchdacht, wohl schon der Mehrzahl darwi-nistisch geschulter und denkender Psychologen als ein Grundprinzip ihrer Forschung vertraut sein. Doch mufs dem Verfasser die scharfe Formulierung dieser Gedanken sicher als Verdienst angerechnet werden. Eine umfassendere Behandlung des Gegenstandes stellt er in Aussicht.\nSchaefer.\n1.\tG. F. Stout. Apperception and. the movement of attention. Mind, XVI (1891), No. 61, S. 23\u201453.\n2.\t\u2014 Thought and Language. Mind, XVI (1891), No. 62, S. 181\u2014205.\nVerfasser untersucht die Natur der Sprache in ihrer Bedeutung als Instrument nicht der Mitteilung, sondern des Denkens. Den Weg zu dieser Untersuchung bahnt er sich in dem ersten dieser Artikel, indem er den Prozefs des Denkens, soweit dies ohne Beziehung auf die Sprache","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nLitteraturberich t.\nm\u00f6glich, analysiert. Es gilt ihm dabei besonders, Denken von blofser Ideenassoziation zu unterscheiden. Beide Vorg\u00e4nge sind Apperzeptionsvorg\u00e4nge, wobei Verfasser unter Apperzeption den Prozefs versteht, durch den ein \u201egeistiges System\u201c ein neues Element sich inkorporiert oder zu inkorporieren trachtet. Unterst\u00fczt wird die Apperzeption durch die Aufmerksamkeit (Attention), die dann in Th\u00e4tigkeit tritt, wenn jene Inkorporation bis zu einem gewissen Grade irgendwie gehemmt oder verz\u00f6gert wird. W\u00e4hrend nun bei der Ideenassoziation die Beziehung, die das assoziative Band zwischen den einzelnen Vorstellungen konstituiert, nicht apperzipiert wird und folglich auch nicht Gegenstand der Aufmerksamkeit ist, bildet es gerade den wesentlichen Charakter des Denkens, d.afs die Beziehung, die jede Vorstellung mit ihrer vorangehenden verkn\u00fcpft, ebenfalls eine Quelle des Interesses bildet, durch das sie die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die verkn\u00fcpfende Beziehung wird damit selbst Objekt des Bewufstseins, und jede V orstellung erscheint als weitere Modifikation und Entwicklung der vorangehenden, anstatt dieselbe blofs in der Ordnung einer exklusiven Succession zu verdr\u00e4ngen. Entscheidend f\u00fcr das Denken gegen\u00fcber blofser Ideenassoziation ist das, dafs ein sogenanntes proportionales System als appercipierendes den Gedankenverlauf kontrolliert, d. h, ein System, in dem die dasselbe zusamnien-setzenden Elemente nach einem gewissen allgemeinen Typus gegenseitiger \\ erkn\u00fcpfung kombiniert sind. Denken ist nichts anderes, als eine Bewegung der Aufmerksamkeit, durch welche ein ideales Ganze konstruiert wird, gem\u00e4fs dem allgemeinen Beziehungsschema, das f\u00fcr das proportionale System, durch welches die Bewegung der Aufmerksamkeit kontrolliert wird, charakteristisch ist. \u2014 Soviel \u00fcber den Inhalt des ersten Artikels. In dem zweiten Artikel \u00e4ufsert sich der Verfasser zuerst \u00fcber die Frage, ob es auch ein von der Sprache unabh\u00e4ngiges Denken giebt, in bejahendem Sinn. Er nennt dieses Denken intuitionales Denken. Dasselbe setzt voraus, dafs die konstituierenden Beziehungen jenes ideellen Ganzen im Brennpunkt des Bewufstseins als unmittelbare Objekte einer starken und andauernden Aufmerksamkeit festgehalten werden k\u00f6nnen, m. a. W., das ideelle Ganze mufs Gegenstand der Anschauung (Intuition) sein k\u00f6nnen. In dem intuitionalen Denken sind demgem\u00e4fs die Objekte der Aufmerksamkeit, und das ideelle Ganze, das aus ihrer Synthese entsteht, nichts Allgemeines, sondern etwas Bestimmtes und Konkretes. Allgemeine Bedeutung hat nur der Kombinationsplan, gem\u00e4fs dem die Objekte der Aufmerksamkeit im Brennpunkt des Bewufstseins sich folgen und sich zu einem Ganzen verbinden. Dies universelle Element im intuitionalen Denken ist aber niemals selbst Gegenstand der Aufmerksamkeit, sondern es findet sich nur in der apperzipierenden Th\u00e4tigkeit, welche den Objekten der Aufmerksamkeit Interesse undBedeutung verleiht. Das ideelle Ganze ist ein intuitionales, nicht ein begriffliches. Da nun das Allgemeine und Universelle als solches nie unmittelbares Objekt der Aufmerksamkeit werden kann, so fragt es sich, wie ist es f\u00fcr das Denken m\u00f6glich ein begriffliches r Ganze zu konstruieren ? Eben das Mittel, diese Schwierigkeit zu \u00fcberwinden, ist die Sprache. Sie ist das Mittel, um die Aufmerksamkeit indirekt auf das zu lenken","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"L\u00fcteraturbericht.\n75\nauf das sie nicht direkt gelenkt werden kann. Die Zeichen der Sprache sind die unmittelbaren Objekte der Aufmerksamkeit, welche als Vehikel f\u00fcr die \u00dcberleitung der Erregung auf die apperzipierenden Systeme dienen, die so indirekt Gegenstand der Aufmerksamkeit werden; die Worte sind aber Objekte der Aufmerksamkeit nicht verm\u00f6ge eines eigenen inneren Interesses, sondern nur als eben das Vehikel, das eine Erregungswelle auf das geistige System, mit dem sie jeweilig assoziiert sind, \u00fcberleiten. An der Hand dieser Theorie betrachtet nun der Verfasser das Wesen des Begriffs, den er definiert als ein apperzipierendes System, das vermittelst eines expressiven Zeichens objektiviert ist. Er untersucht weiter die Synthese der Begriffe, d. h. die Apperzeption eines Begriffs durch einen anderen, das Wesen der Subjekt-Pr\u00e4dikat-Relation, durch die der ganze Denkzusammenhang in einzelne S\u00e4tze zerf\u00e4llt, die Bedeutungsver\u00e4nderungen der expressiven Zeichen im Zusammenhang des Denkens, und schliefst die ganze Abhandlung mit einer interessanten Betrachtung der Geberdensprache als einem Mittel begrifflichen Denkens.\nGaupp (Cannstadt).\nde Laoaze-Dttthiers, H. Nouvelles observations sur le langage des b\u00eates.\nRevue scientif. Tome 47 (1891), No. 19. S. 577\u2014585.\nVerfasser bef\u00fcrwortet durch Beibringung vieler Beispiele die Auffassung, dafs auch die Tiere im st\u00e4nde und gewohnt sind, ihre verschiedenen Lebenslagen mit wohlcharakterisierten stimmlichen \u00c4ufserungen zu kennzeichnen, sei es dafs jeder Situation ein besonderer \u201ecri inarticul\u00e9\u201c entspricht oder wenigstens derselbe Ton in variierter Modulation, wie etwa das Miau der Katze, produziert wird. Die Tierstimme dient zweifellos zu gegenseitigen Mitteilungen , die auch ein aufmerksamer Beobachter unserer Haustiere, besonders des Hundes, bald ganz gut verstehen lernt. Weiteres ^tats\u00e4chliches Material in dieser Richtung zu sammeln, ist gewifs f\u00fcr die vergleichende Psychologie von hohem Interesse. Allerdings d\u00fcrfen Schl\u00fcsse daraus auf die urs\u00e4chlichen oder begleitenden psychischen Vorg\u00e4nge nur mit gr\u00f6fster Vorsicht gezogen werden. Die Gefahr starker Irrt\u00fcmer aus Anthropomorphismus wird ganz allgemein noch viel zu wenig gew\u00fcrdigt.\tSchaefer.\nLombroso. Inchiesta sulla trasmissione del pensiero. Archiv, di Psichiatr.\nXII (1891). S. 58-108.\nUm ein reiches Material zur Erh\u00e4rtung seiner Ansichten \u00fcber die heikele Frage der Gedanken\u00fcbertragung zu gewinnen, hatte Prof. Lombroso einen Aufruf an das grofse Publikum ergehen lassen. Der Gewinn war nicht grofs. Unter 17 einigermafsen brauchbaren Mitteilungen fanden sich zwar 11, die von kompetenten und sachkundigen Beobachtern ausgingen, jedoch nur 4 F\u00e4lle waren f\u00fcr reine Gedanken\u00fcbertragung zu halten, w\u00e4hrend andere mit hypnotischen Erscheinungen verwechselt wurden, und wieder auf sogen. Ahnungen (Telepathie) sich bezogen, die allerdings auch in das dunkele Gebiet der psychischen Fernwirkung und \u00dcbertragung geh\u00f6ren.\nWichtiger sind daher L.\u2019s eigene Untersuchungen, die mit allen m\u00f6glichen Vorsichtsmafsregeln gegen Betrug und Selbstt\u00e4uschung und","page":75}],"identifier":"lit14677","issued":"1892","language":"de","pages":"73-75","startpages":"73","title":"1. G. F. Stout: Apperception and the movement of attention. Mind, XVI, 1891, No 61, S. 23-53, 2. G. F. Stout: Thought and Language. Mind, XVI, 1891, No 62, S. 181- 205","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:59:27.740717+00:00"}