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{"created":"2022-01-31T17:03:30.169372+00:00","id":"lit14685","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schaefer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 77-78","fulltext":[{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n77\nverschiedensten Gebieten der K\u00f6rpermnskulatur. Beim Stottern selbst, z.B. des Wortes Bad, handelt es sich entweder um einen tonischen Krampf,\nals eine Dauerkontraktion, des Muscul. orbicularis oris : B --ad, oder um\neinen klonischen Krampf desselben, ein intermittierendes Zittern: B \u2014 B \u2014Bad; in anderen F\u00e4llen hat man es mit \u00e4hnlichen pathologischen Kontraktionen der Stimmmuskeln zu thun: \u2014 Abend oder A \u2014 A \u2014 Abend; oder endlich, es liegt der Fehler in der Atemmuskulatur derart, dafs das zum Sprechen erforderliche Anblasen der Stimmritze nicht zweckentsprechend ausgef\u00fchrt wird. \u201eWir sehen also bei . . . Betrachtung der \u00e4ufseren Erscheinungen des Stotterns eine unwillk\u00fcrliche, krampfartige Muskelkontraktion in irgend einem der drei Gebiete des Sprachorganismus: Artikulation, Stimme, Atmung, oder in zweien von ihnen, oder endlich in allen dreien zugleich.\u201c Die \u00fcberenergischen Kontraktionen der Sprechmuskeln beruhen auf einem centralen Defekt, und die Mitbewegungen sind der Ausdruck einer centralen Irradiation des motorischen Impulses auf normaler Weise nicht zum Sprechen mitwirkende Muskelgruppen. Am h\u00e4ufigsten sind daher die den Artikula-tionsmuskeln zun\u00e4chst liegenden befallen: es tritt Stirnrunzeln, Zittern der Nasenfl\u00fcgel, Schnappen des Unterkiefers auf. (Prim\u00e4re Mitbewegungen.) Schon seltener sind \u201esekund\u00e4re\u201c Mitbewegungen der Muskeln des Halses, der Schultern, des ganzen K\u00f6rpers. Die seltsamsten Kombinationen von Bewegungen sind gelegentlich beobachtet worden. Sehr bemerkenswert ist, dafs es Stotterer giebt, bei denen die blofse Intention des Sprechen-wollens zu Kr\u00e4mpfen f\u00fchrt, die aber dann nach \u00dcberwindung des Paroxysmus fliefsend und ohne Anstofs zu sprechen verm\u00f6gen. An Stelle von K\u00f6rperbewegungen kommt auch zwangsartiges Einschieben sinnloser Worte in eine sonst fliefsende Kede vor: Embololalie oder besser Embolo-phrasie. \u2014 Schreibkrampf, Klavierspielerkrampf, Geiger-, Cigarrendreher-, Melkerkrampf sind dem Stottern ganz analoge \u201espastische Koordinationsneurosen\u201c. Unter Schreibstottern versteht man aber \u201eeine ganz andere Erscheinung, und zwar eine Art unwillk\u00fcrlichen Schreibens, welche ganze Buchstaben und Silben wiederholt, wie der Stotterer es beim klonischen Stottern thut. Ebenso ist unter Klavierstottern eine unwillk\u00fcrliche Muskelbewegung zu verstehen, welche den Klavierspieler zwingt, einen Accord statt nur einmal zweimal anzuschlagen.\u201c\tSchaefer.\nGoldscheideb. \u00dcber Sprachst\u00f6rungen. Berl. Klin. Wochenschr. 1891, No. 20. S. 487\u2014491.\t-\t'\nG.fixierte graphisch den beim Sprechen ausMund undausNase hervorgehenden Exspirationsstrom mittelst einer MAREYSchen Schreibvorrichtung und gewann so an gesunden, normal sprechenden Personen Kurven von Vokalen, Konsonanten, Silben, welche alle gewisse bestimmte Charakteristika darbieten. So zeigt sich z. B. in der Kurve eines einfachen, rasch abgesetzten Vokales eine starke terminale Erhebung, offenbar dem Umstande gem\u00e4fs, dafs aus der sich im Momente des Aufh\u00f6rens der Intonation; \u00f6ffnenden Kima glottidis die Exspirationsluft unbehindert und pl\u00f6tzlich in starkem Strom hervorbrechen kann. Bei langsamem Ausklingenlassen fehlt diese Erhebung. Da auch die Kurven der verschie-","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nI\u00c0tteraturbericht.\ndenen Konsonantengruppen, wie gesagt, alle etwas Spezifisches aufzuweisen haben, so kann man aus der Vergleichung normaler Kurven mit solchen von Personen, die an Sprachst\u00f6rungen leiden, mancherlei Schl\u00fcsse auf die Natur der pathologischen Verh\u00e4ltnisse machen, die aus anderen Untersuchungsmethoden nicht oder nicht so gut gewonnen werden w\u00fcrden. Bez\u00fcglich der vielen Einzelheiten und der zahlreich beigegebenen Kurven mufs auf das Original verwiesen werden.\tSchaefer.\nA. Bain. Notes on Volition. Mind, XVI (1891), No. 62. S. 2B3\u2014259.\n1.\tWirken Lust und Unlust, die unbestreitbaren Motive des Willens, direkt auf diesen oder nur indirekt vermittelst einer \u201cfixed idea\u201c?\nBain spricht sich f\u00fcr die unmittelbare Wirkung aus; entscheidend scheinen ihm die Vorg\u00e4nge in den niedersten Lebensformen und den Anfangsstadien der h\u00f6heren. Hinge die Willensth\u00e4tigkeit von Vorstellungen ab, so m\u00fcfste sie, da die geistigen Vorg\u00e4nge in Beziehung auf die Vorstellungsth\u00e4tigkeit in jenen F\u00e4llen sehr unvollkommen sind, ebenfalls unvollkommen und verkr\u00fcppelt sein; was keineswegs der Fall.\n2.\tM\u00fcssen wir Schmerz, Unlust als das einzige Motiv in der Willens-\nth\u00e4tigkeit ansehen? hat die Lust folglich nur einen negativen Charakter? stimmt sie unter allen Umst\u00e4nden, direkt und mittelbar zur Buhe, eine Buhe, die nur durch irgend eine Form von Unlust gest\u00f6rt werden kann ? Eine genaue Analyse der Thatsachen l\u00e4fst Bain behaupten, dafs eine Empfindung von Lust einen positiven Antrieb bilden kann, nach noch mehr Lust zu streben, und dafs der Versuch auch dies in ein Motiv von Unlust aufzul\u00f6sen unn\u00fctz und gezwungen w\u00e4re. Zuzugeben ist, dafs die Motivkraft ihr Maximum auf der niedersten Stufe der Lust- resp. Unlustskala hat, und dafs sie je mehr wir uns dem oberen Ende der Skala n\u00e4hern, desto mehr abnimmt. Schmerz ist nothwendig der treibende Einflufs, bis der Indifferenzpunkt erreicht ist. Dar\u00fcber hinaus haben wir einen Kr\u00e4ftekonflikt, und nur eine Situation anwachsender Lust kann einen wirksamen Stimulus liefern.\tGaupp (Cannstatt).\nKoch. Die psychopathischen Minderwertigkeiten. I. Abteil. Bavensburg, Dorn, 1891. 168 S. M. 4.\u2014.\nUnter dem Ausdrucke psychopathische Minderwertigkeiten fafst K, \u201ealle, sei es angeborenen, sei es erworbenen, den Menschen in seinem Personleben beeinflussenden psychischen Begelwidrigkeiten zusammen, welche auch in schlimmen F\u00e4llen doch keine Geisteskrankheiten darstellen, welche aber die damit beschwerten Personen auch im g\u00fcnstigsten Falle nicht als im Vollbesitze geistiger Normalit\u00e4t und Leistungsf\u00e4higkeit stehend erscheinen lassen\u201c. Diese psychopathischen Minderwertigkeiten, deren Ursache immer jenseits der physiologischen Grenze liegende organische Zust\u00e4nde und Ver\u00e4nderungen sind, f\u00fchren auf der einen Seite ganz allm\u00e4hlich v\u00f6llig zu den Geisteskrankheiten hin\u00fcber, w\u00e4hrend sie auf der anderen Seite sich ganz allm\u00e4hlich in die Breite des Normalen verlieren.\nDa es sich somit um die sogenannten psychischen Grenzzust\u00e4nde","page":78}],"identifier":"lit14685","issued":"1892","language":"de","pages":"77-78","startpages":"77","title":"Goldscheider: \u00dcber Sprachst\u00f6rungen. Berl. Klin. Wochenschr. 1891, No. 20, S. 487-491","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:03:30.169378+00:00"}