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{"created":"2022-01-31T16:59:41.586629+00:00","id":"lit14705","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Sommer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 84-85","fulltext":[{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\ni\u00c4tteraturbericht.\nErscheinungen wird gen\u00fcgen, um zu zeigen, dafs der gut beobachtete Fall n\u00e4here Aufmerksamkeit verdient, nicht zum mindesten wegen der eigent\u00fcmlichen Beziehungen des \"Willens zu gewohnten und zu neuen Handlungen.\tPeretti (Merzig).\nL. Stern. \u00dcber das Verh\u00e4ltnis des K\u00f6rpergewichts zu einer Anzahl von Psychosen. Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie. Bd. XXVII (1891). S. 597\u2014627.\nDas Verh\u00e4ltnis des K\u00f6rpergewichtes bei Geisteskrankheiten zu dem Verlauf dieser Erkrankungen ist von gr\u00f6fstem Interesse f\u00fcr die Erkenntnis der allgemeinen Beziehungen von \u201eK\u00f6rper und Geist.\u201c Die Untersuchung \u00fcber dieses Verh\u00e4ltnis ist eine der interessantesten, aber \u2014 wenn man es genau nimmt \u2014 schwierigsten der praktischen Psychiatrie. Wenn man sich nicht damit begn\u00fcgt, einfach die Kurve des Gewichtes mit dem Verlauf der psychischen Erkrankung zu vergleichen, sondern durch genaue W\u00e4gung und Analyse der aufgenommenen Nahrung und der K\u00f6rperausscheidungen die wahre Bedeutung der Gewichts-Kurve zu ermitteln sucht, so st\u00f6fst man auf die gr\u00f6fsten Schwierigkeiten.\nNachdem Stern die vielen Widerspr\u00fcche der verschiedenen Autoren \u00fcber diese Frage gekennzeichnet hat, bezieht er sich wesentlich auf Emmerich, welcher glaubte, \u201ediese Widerspr\u00fcche durch die (schon oben angef\u00fchrten) Ern\u00e4hrungsgesetze der M\u00fcnchener Schule begr\u00fcnden zu k\u00f6nnen.\u201c S. 603. \u201eEr glaubte, dafs in allen F\u00e4llen zun\u00e4chst das Gewicht sinke, dann aber steige.\u201c \u201eGeht (aber) die Manie der Melancholie voraus, so wird ein bis dahin gesunder K\u00f6rper unter dem Einflufs der psychischen Erkrankung in schlechtere Ern\u00e4hrungsVerh\u00e4ltnisse gebracht ; es erfolgt also eine Abnahme; andererseits kann nach dem vorher entwickelten Gedankengang in der nun folgenden Melancholie das Gewicht steigen.\u201c Anf\u00e4ngliches Sinken, sp\u00e4teres Steigen soll also ganz unabh\u00e4ngig von der Art der Krankheit die Regel sein, so dafs ein Steigen des K\u00f6rpergewichtes sogar mit einer melancholischen Periode isochron sein kann. Beginnende Geisteskrankheit wird von Stern im allgemeinen als mit einer \u201eSch\u00e4digung\u201c des K\u00f6rpers einhergehend betrachtet, und das sp\u00e4tere Ansteigen des Gewichtes wird als \u201eGew\u00f6hnung des Organismus an die ihn betreffende Sch\u00e4digung\u201c, als Anpassung aufgefafst.\nMan hatte bisher bei langdauernden Manien oder Melancholien eine Gewichtssteigerung, wenn sie anhielt, ohne dafs geistige Besserung eintrat, als prognostisch ung\u00fcnstig betrachtet. Stern meint, dafs die Gewichts-Steigerung bei langdauernden Psychosen nicht direkt etwas mit der Prognose zu thun hat, sondern nur ein Ausdruck f\u00fcr die lange Dauer der Krankheit sei. \u201eDer Organismus hat sich ins Einvernehmen mit den ver\u00e4nderten, ihn sch\u00e4digenden Verh\u00e4ltnissen gesetzt, er rechnet mit einer gr\u00f6fseren Arbeitsleistung; eine Kompensation in der Assimilationsf\u00e4higkeit, gewissermafsen eine Hypertrophie der letzteren tritt ein.\u201c\nNach dieser Anschauung geht, wenn einmal durch eine Geisteskrankheit eine \u201eSch\u00e4digung\u201c des Organismus hervorgebracht ist, die Gewichtskurve unabh\u00e4ngig von dem Verlauf der geistigen Erkrankung ihren Weg, so dafs das Verhalten des K\u00f6rpergewichtes auch prognostisch gar nicht verwertet werden kann. S. 607. \u201eEinzelne der fr\u00fcheren Autoren","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n85\nnehmen flies als Zeichen einer beginnenden psychischen Besserung an. Es ist aber ebensoleicht m\u00f6glich, dafs die Gewichtszunahme mit der Besserung nichts zu thun hat, sondern dafs sie auch hier nur der Ausdruck f\u00fcr eine schon fr\u00fch eingetretene Gew\u00f6hnung des Organismus an die ihn betreffende Sch\u00e4digung ist, mit der er sich verst\u00e4ndigt hat.\u201c Aus solchen Erw\u00e4gungen und einer Reihe von Krankengeschichten kommt Stern zu dem Schlufs, dafs (S. 625) \u201edas K\u00f6rpergewicht f\u00fcr die Prognosestellung lange nicht den fr\u00fcher f\u00fcr dasselbe bei psychischen Erkrankungen beanspruchten Wert hat.\u201c\nDie Begriffe, mit denen Stern fortw\u00e4hrend operiert, sind : \u201eSch\u00e4digung des Organismus durch beginnende Geisteskrankheit\u201c und \u201eAnpassung an die dadurch bedingten Verh\u00e4ltnisse durch gesteigerte Assimilationsf\u00e4higkeit. \u201c\nWir haben hier die scheinbar einfache L\u00f6sung eines Problems vor uns, in welchem vielleicht doch noch sp\u00e4ter ein tieferer Gehalt gefunden werden wird.\nEs ist zu w\u00fcnschen, dafs sich die Psychiatrie nicht so bald an den alleinseligmachenden Begriff der \u201eAnpassung\u201c anpassen m\u00f6ge.\nSommer. (W7\u00fcrzburg).\nFreiherr von Schrenck-Notzing. Die Bedeutung narkotischer Mittel f\u00fcr den Hypnotismus mit besonderer Ber\u00fccksichtigung des indischen Hanfs. Schriften der Gesellschaft f\u00fcr psychol. Forschung, 1891, Heft 1. S. 1-73.\nIm ersten Abschnitt seiner Arbeit macht Verfasser Mitteilungen \u00fcber die Unterst\u00fctzung narkotischer Wirkung durch die Suggestion, sowie anderseits \u00fcber die Steigerung der Suggerierbarkeit durch die Einverleibung narkotischer Mittel. Gelingt es, bei einem durch chemische Mittel Eingeschl\u00e4ferten eine suggestive Einwirkung herzustellen, so bezeichnet Verf. diesen Zustand als eine aus einer Narkose transformierte Hypnose. Er stellt hier\u00fcber folgende Beziehungen auf: 1. Narkotische Mittel, wie \u00c4ther, Alkohol, Chloroform, Morphium etc. schw\u00e4chen die kontrollierenden Funktionen des Gehirns, den bewufsten Intellekt, den Eigenwillen ab und erzeugen durch Hervorrufung von M\u00fcdigkeitsempfin-dungen, Bet\u00e4ubungszust\u00e4nden etc. eine g\u00fcnstige Pr\u00e4disposition zur Aufnahme von Suggestionen, d. h. f\u00fcr den Eintritt des hypnotischen Zustandes.\n2. Die aus Narkosen etc. transformierten Hypnosen sind in der Regel tiefer, als die bei demselben Individuum im wachen Zustande durch alleinige Anwendung psychischer Mittel erzeugten Grade der Hypnose.\nIm besonderen Mafse kommt nun eine gesteigerte Suggestibilit\u00e4t beim Haschischrausch zu st\u00e4nde, eine Erscheinung, welche Verfasser durch eigne Versuche festgestellt hat und im zweiten Abschnitt seiner Arbeit bespricht.\nDiese Versuche f\u00fchren den Verf. zu dem Resume, dafs die Geistesdisposition im Haschischrausch w\u00e4hrend der suggestiblen Phase in Bezug auf die Realisierung von Suggestionen ein dem hypnotischen Zustande nahezu identisches Resultat darstelle.\nGoldscheider (Berlin).","page":85}],"identifier":"lit14705","issued":"1892","language":"de","pages":"84-85","startpages":"84","title":"L. Stern: \u00dcber das Verh\u00e4ltnis des K\u00f6rpergewichts zu einer Anzahl von Psychosen. Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie, Bd. 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