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{"created":"2022-01-31T17:03:29.717515+00:00","id":"lit14713","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wertheim, Th.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 172-174","fulltext":[{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus der physikalischen Abteilung des Physiologischen Instituts zu Berlin.)\nEine Beobachtung \u00fcber das indirekte Sehen.\nVon\nTh. Wertheim in Berlin.\nDie Helligkeit, welche ein Objekt zu haben scheint, wird bekanntlich von der Helligkeit der Umgebung beeinflufst: ein graues Objekt erscheint auf schwarzem Grunde heller als aut weifsem Grunde. Pl\u00f6tzliche Beleuchtungsschwankungen der Umgebung ver\u00e4ndern auch unsere Empfindung von der Helligkeit eines in seiner Beleuchtung unver\u00e4nderten Objektes. So werden heim \u00dcberspringen des elektrischen Funkens in einem nicht vollst\u00e4ndig dunklen Zimmer alle matt sichtbaren Objekte sogleich unsichtbar und das Gesichtsfeld erscheint tief dunkel (Aubert). Ebenso scheint auch ein Objekt, dessen Beleuchtung gleichm\u00e4fsig bleibt \u2014 eine Lichtflamme, eine transparent erleuchtete Milchglasplatte \u2014 heller zu werden, wenn die Umgebung pl\u00f6tzlich verdunkelt wird. Es ist nun interessant, dafs das Verschwinden resp. Dunklerwerden von Objekten, deren Umgebung pl\u00f6tzlich heller beleuchtet wird, sowohl bei direkt als bei indirekt gesehenen Gegenst\u00e4nden stattfindet, w\u00e4hrend das scheinbare Hellerwerden bei pl\u00f6tzlicher Verdunkelung der Umgebung nur bei direkt gesehenen Objekten bemerkt wird. F\u00fcr indirekt gesehene Objekte ist es gleichgiltig, ob die Beleuchtung der Umgebung in positivem oder negativem Sinne schwankt: sie verschwinden in beiden F\u00e4llen, nicht nur beim Hellerwerden, sondern auch beim pl\u00f6tzlichen Verdunkeln der Umgebung, wie ich bei der folgenden Versuchsanordnung zu beobachten Gelegenheit hatte.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Eine Beobachtung \u00fcber das indirekte Sehen.\n173\nIn einem nur durch eine Gasflamme erleuchteten Zimmer befindet sich, seitlich von der Gesichtslinie des Beobachters und ca. 1,5 m von ihm entfernt ein schwarzer, rings geschlossener Blechkasten, in welchem eine Gasflamme brennt, und dessen vordere, dem Beobachter zugekehrte Seite einen kreisrunden, durch eine Milchglasplatte bedeckten Ausschnitt von ca. 5 cm Durchmesser hat. Eine lange, innen geschw\u00e4rzte Bohre sch\u00fctzt diese Milchglasplatte an der Vorderseite gegen auffallendes Licht. W\u00e4hrend ich nun einen beliebigen Punkt der gegen\u00fcberliegenden Wand fixiere \u2014 gleichviel, ob mit einem Auge oder mit beiden, der Versuch gelingt in beiden F\u00e4llen \u2014- und dabei meine Aufmerksamkeit auf die indirekt gesehene Milchglasplatte richte, die sich als helle Scheibe von ihrer Umgebung deutlich abhebt, schliefse ich pl\u00f6tzlich den Hahn der das Zimmer erleuchtenden Gasflamme und sofort wird mein ganzes Gesichtsfeld dunkel; die Stelle, an der sich die helle Scheibe befindet, unterscheidet sich nicht von dem \u00fcbrigen Gesichtsfeld. Ein Nachbild habe ich nie gesehen. Die leichteste Bewegung der Augen beendet die Erscheinung; aber auch wenn es dem Beobachter gelingt, die Augen ganz unbewegt zu halten, dauert sie nicht l\u00e4nger als einige Sekunden an (bei mir bis 7 Sekunden); dann wird die helle Scheibe allm\u00e4hlich wieder sichtbar. Die Lage der Scheibe im Gesichtsfeld scheint nicht ganz ohne Bedeutung zu sein; zwar gelingt der Versuch, wo sie sich auch befindet, wenn sie nur nicht gar zu dicht an die Gesichtslinie heranr\u00fcckt, am besten konnte ich jedoch die Erscheinung beobachten, wenn die Scheibe in der unteren H\u00e4lfte des Gesichtsfeldes (ca. 20\u00b0 und mehr unterhalb des Eixierpunktes) sich befand.\nWeitere Versuche haben dann gezeigt, dafs es gar nicht notwendig ist, das ganze Zimmer zu verdunkeln, dafs vielmehr die pl\u00f6tzliche Verdunkelung einer einzelnen Fl\u00e4che gen\u00fcgt. Als solche diente ebenfalls die eine transparente Wand eines im \u00fcbrigen undurchsichtigen gr\u00f6fseren Kastens, der im Inneren durch eine von aufsen regulierbare Gasflamme erleuchtet wurde. Je gr\u00f6fser die transparente Fl\u00e4che gew\u00e4hlt wird, desto leichter ist die Erscheinung zu beobachten, dies ist aber auch dann noch m\u00f6glich, wenn die Fl\u00e4che nur ebenso grofs ist, als die Milchglasplatte. Man braucht die helle Fl\u00e4che \u00fcbrigens nicht zu fixieren; auch beim pl\u00f6tzlichen Verdunkeln einer indirekt","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nTh. Wertheim.\ngesehenen Fl\u00e4che wird die zweite indirekt gesehene Fl\u00e4che unsichtbar. Beide Fl\u00e4chen k\u00f6nnen weit voneinander stehen, ja man kann sogar dem einen Auge die eine Fl\u00e4che (resp. das helle Zimmer), dem andren die zweite Fl\u00e4che darbieten, indem man die Milchglasplatte mit dem einen Auge durch eine R\u00f6hre verbindet, die rings um das Auge lichtdicht abschliefst. Indessen ist mir dieser letztere Versuch, durch Verdunkeln einer nur vom rechten Auge gesehenen Fl\u00e4che eine zweite zum Verschwinden zu bringen, die nur vom linken Auge gesehen wird, nur zuweilen gelungen.","page":174}],"identifier":"lit14713","issued":"1892","language":"de","pages":"172-174","startpages":"172","title":"Eine Beobachtung \u00fcber das indirekte Sehen","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:03:29.717520+00:00"}