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{"created":"2022-01-31T17:00:22.392298+00:00","id":"lit14768","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Gaupp","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 227-228","fulltext":[{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n227\nIV. Die allerli\u00e4ufigste Antwort aber war \u201enichts1', keine Person wurde gefragt, wo dies nicht wenigstens einmal, oft drei-, viermal geantwortet wurde. So bei Ursache 53 \u00b0/o aller Antworten. \u2014 Was ist dieses \u201enichts\u201c, denn etwas mufs es sein?\nWir haben hier zwei Elemente zu unterscheiden: 1. eines, das im Bewufstsein existiert (das geh\u00f6rte oder gesehene Wort); 2. eines unter der Schwelle des Eewufstseins, das aber deshalb nicht ohne Wert und Wirksamkeit ist. \u2014 Um nun die Rolle dieses zweiten immer aktiven, aber stillen Faktors zu bestimmen, ist das einfachste Verfahren zu untersuchen, wie man \u00fcberhaupt zum Verst\u00e4ndnis allgemeiner Begriffe gelangt. Legt man einem Neuling ein philosophisches Werk vor, so versteht er zuerst nichts. Der einzige Weg, es ihm zu erkl\u00e4ren, ist, der Reihe nach die abstrakten Ausdr\u00fccke in konkrete Vorg\u00e4nge, in Thatsachen der gew\u00f6hnlichen Erfahrung zu \u00fcbersetzen. Mit jedem neuen Versuch wird dies unn\u00f6tiger, und was erst Stunden zum Verst\u00e4ndnis erforderte, braucht nun nur Minuten. D. h. kurz: man lernt allgemeine Begriffe verstehen wie man Tanzen, ein Instrument spielen lernt. Es ist eine Gewohnheit, d. h. ein organisches Ged\u00e4chtnis. Die allgemeinen Ausdr\u00fccke verdecken ein organisiertes latentes Wissen. Sie sind die Gewohnheiten im Reich des Denkens, und wie jeder vollkommenen Gewohnheit die Unterdr\u00fcckung der Ausstreuung entspricht, so auch dem vollkommenen Begreifen.\nWas also allemal vorgeht, wenn wir im Bewufstsein nur das allgemeine Wort haben, ist nichts als ein Spezialfall einer sehr allgemeinen psychologischen Thatsache, die darin besteht, dafs die n\u00fctzliche Arbeit unter der Schwelle des Bewufstseins verrichtet wird, und in demselben sich nur Resultate oder Zeichen derselben finden. In einem solchen Fall ist das allein im Bewufstsein Existierende nur der oberfl\u00e4chliche und sichtbare Teil des Vorganges; das eigentlich Bedeutsame aber, das dem Wort seinen Wert verleiht, ist sein unbewufstes Substrat, das potentielle organisierte Wissen.\tGaupp (London).\nJ. Donovan. The festal origin of human speech. Mind, XVI. (1891.)\nNr. 64, S. 498\u2014507.\nVerf. versucht die Wurzeln, die philologisch betrachtet sich als nicht weiter reduzierbareWortelemente darstellen, durch eine psychologische Analyse noch weiter zur\u00fcckzuf\u00fchren, wobei f\u00fcr den Gang der Untersuchung seine \u00dcberzeugung, dafs der Ursprung der Musik eine viel einfachere psychologische Maschinerie voraussetzte als der Ursprung der Sprache, mafsgehend ist. Dm in dem beginnenden Vergn\u00fcgen an Musik den Impuls, der die Vorfahren der Menschen zur Entwickelung der Sprache trieb, nachzuweisen, legt Verf. den engen Zusammenhang dieses Vergn\u00fcgens mit den \u00e4ltesten Festen und Spielen dar. Er zeigt, wie sich \u00fcberall als konstante Elemente dieser \u00e4ltesten Feste 1. k\u00f6rperliche Spielbewegungen in Nachahmung von Th\u00e4tigkeiten, 2. rhythmisches Schlagen, 3. einige Ann\u00e4herung an Gesang und 4. ein gewisser Grad gemeinschaftlichen Interesses finden. Er betont, dafs eben die nat\u00fcrlichen Ausdrucksmittel eines Bewufstseinszustandes, der von einem Vergn\u00fcgen an k\u00f6rperlicher Spielerregung und von einem gemeinsamen Hoch-\n15*","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\ni\u00c2tteraturbericht.\ngef\u00fchl als Ergebnis eines Erfolgs in einem gemeinsamen Unternehmen erf\u00fcllt ist, \u2014 n\u00e4mlich die Spielbewegungen und das rhythmische Schlagen \u2014 ihrerseits die Tendenz haben, jenen Zustand zu erhalten, indem sie ihn durch ihre die Aufmerksamkeit absorbierende Kraft vor allen zerst\u00f6renden Elementen der Wahrnehmung sch\u00fctzen. Er bringt weiter damit den tierischen Schrei der Erregung in Beziehung. Aus ihm allein die Entstehung der Sprache abzuleiten, ist deshalb so schwer, weil der Vorrat an vokalischen T\u00f6nen hei den n\u00e4chsten Verwandten der Menschen so aufserordentlich k\u00fcmmerlich ist, und der Schrei der Leidenschaft in seiner Monotonie \u00e4ufserst wenig entwickelungsf\u00e4hige Keime zeigt. \u2014 Dieselbe Erregung nun, die zum Schreien treibt, treibt auch zum rhythmischen Schlagen und schafft dadurch durch das Geh\u00f6r ein dauerndes Vorbild f\u00fcr die Schreie. Diese verlieren so ihren nat\u00fcrlichen Charakter und athmen die durch das Schlagen erzeugten T\u00f6ne nach. Pafst sich aber der vokalische Apparat des Menschen \u00fcberhaupt einmal der rhythmischen Succession von T\u00f6nen an, so bringt er bald besser musikalische T\u00f6ne hervor als sein Vorbild. Verfasser zeigt dann, inwiefern der Umstand dieser vokalischen Produktion von T\u00f6nen die Begriffsbildung beg\u00fcnstigt. Einmal bringt eben die musikalische Veranlassung eine dauernde Widerholung der vokalischen T\u00f6ne mit sich, wodurch sie geeignet werden, als Erinnerungsmittel f\u00fcr die Handlungen zu dienen, mit denen sie f\u00fcr alle Glieder der Gemeinschaft assoziiert sind, und dann ist es eben das intensiv Lustvolle des ganzen Vorgangs, das es erm\u00f6glicht, dafs vokalische, t\u00f6nende Zeichen sich in dem Bewufstsein von Tieren, die noch nicht die spezifisch menschlichen Geisteseigenschaften besitzen, zu den vagen, mannigfaltigen, pr\u00e4sentativen Begriffselementen fixieren.\nGaupp (London).\nI. J. Mark Baldwin. The coefficient of external reality. Mind. XVI (1891) Nr. 63, S. 389\u2014393..\nn. G. P. Stout. Belief. Ebda. Nr. 64, S. 449-470.\nUnter Koeffizent der Realit\u00e4t der Aussenwelt versteht Baldwin jenes Etwas, das manchen Vorstellungen anh\u00e4ngt, infolgedessen wir ihnen Realit\u00e4t zusprechen. Wenn f\u00fcr die einen (Spencer, Stout etc.) der Koeffizient der \u00e4ufsern Realit\u00e4t eines Vorstellungsbildes seine Unabh\u00e4ngigkeit vom Willen, f\u00fcr die andern (Bain, Pikler) dagegen seine Unterwerfung unter den Willen ist, so sucht Verf. diese diametral entgegengesetzten Behauptungen durch den Nachweis zu vers\u00f6hnen, dafs sie Ergebnisse der Betrachtung ein und desselben Dings von verschiedenen Standpunkten aus sind. \u2014 Die einen gehen vom \u201eSensational Coefficient\u201c aus, d. h. dem Kriterium gegenw\u00e4rtiger sinnlicher Realit\u00e4t. Diese nun steht nicht unter der Kontrolle des Willens. Die psychologische Basis der \u00e4ufseren Realit\u00e4t ist daher hier die Empfindung von Widerstand. Die andern dagegen vom Ged\u00e4chtnis-Koeffizenten der Realit\u00e4t d. h. von dem Etwas im Ged\u00e4chtnis, das uns zu glauben veran-lafst, dafs es eine wirkliche Erfahrung repr\u00e4sentiere ; f\u00fcr sie ist das Bild ein treues Erinnerungsbild, das wir imstande sind wieder als eine Empfindung zu erhalten, in dem wir eine Reihe willk\u00fcrlicher Muskel-","page":228}],"identifier":"lit14768","issued":"1892","language":"de","pages":"227-228","startpages":"227","title":"J. Donovan: The festal origin of human speech. Mind, XVI, 1891, Nr. 64, S. 498-507","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:22.392304+00:00"}