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{"created":"2022-01-31T16:59:48.844867+00:00","id":"lit14800","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"D\u00f6ring, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 239-240","fulltext":[{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraiurhericht.\n239\nShadworth H. Hodgson: Free-Will: an Analysis. Mind. XVI. Nr. 62 (1891) S. 161\u2014180.\nIst freier Wille eine Realit\u00e4t ? d. h. k\u00f6nnen wir in Wirklichkeit zwischen verschiedenen Trieben und Motiven eine Wahl treffen? Von der Bejahung dieser Frage scheint dem Verf. die M\u00f6glichkeit einer Ethik der Pflicht, die Bedeutung der Idee des Gewissens und der moralischen Verantwortlichkeit abzuh\u00e4ngen. Verf. wendet sich zuerst gegen 2 entgegengesetzte Theorien, die aber beide dem gemeinsamen Fehler anheimfallen, das Agens oder Subjekt bewufster Handlungen in einem abstrakten Ich zu sehen, das ohne Realit\u00e4t nichts als ein hypostasiertes Wort ist. Indem sie dieses Nichts nun entweder als eine Aktivit\u00e4t oder als pure Passivit\u00e4t fassen, sind sie Indeterministen oder Deterministen. Verf. sieht dagegen das reale Agens, die unmittelbare reale Bedingung aller Bewufstseinsakte, einsehliefsl. der Willensakte in dem neurocerebralen System, wobei er die Frage nach dem verborgenen Zusammenhang des Bewufstseins mit diesem physischen Agens als nicht hierher geh\u00f6rig zur\u00fcckweist. Die Grundfrage ist f\u00fcr ihn: Ist das Motiv, dessen gr\u00f6fste St\u00e4rke durch die Thatsache seiner Wahl bewiesen wird und das die durch die Wahl vorgeschriebene Handlung bestimmt, vom Anfang der \u00dcberlegung, an das st\u00e4rkte gewesen, und hat es die \u00dcberlegung und den Prozefs der Wahl bestimmt, wie es die gew\u00e4hlte Handlung bestimmt hat, oder verdankt es seine \u00fcberlegene St\u00e4rke im Momente der Wahl ebensosehr dem Akt der \u00dcberlegung, der in der Wahl endigt? Trifft das letztere zu, so haben wir nach d. Verf. Willensfreiheit. Wille heifst, Macht zu w\u00e4hlen. Eben diese Macht im Willen ist seine Freiheit. Die so bestimmte Willensfreiheit sucht Verf. dann als Realit\u00e4t nachzuweisen, indem er den Mechanismus der in der Wahl endigenden \u00dcberlegungsakte analisirt, und den wirklichen Willensakten Bewultseinsvorg\u00e4nge gegen\u00fcberstellt, die, ohne wirkliche Willensakte zu sein, doch leicht mit diesen zusammengeworfen werden.\tGa\u00fcfp (London).\nJulius Duboc. Grundrifs einer einheitlichen Trieblehre vom Standpunkt des Determinismus. Leipzig, Wigand. 1892. 308 S.\nDer Inhalt der Schrift deckt sich nur teilweise mit dem, was der Titel in Aussicht stellt. Das Hauptabsehen ist darauf gerichtet, von deterministischen Voraussetzungen aus die Entstehung der Sittlichkeit zu erkl\u00e4ren. Die Determination des Willens wird wesentlich nach der inneren Seite ins Auge gefafst; sie ist dem Verf. nach dieser Seite nicht eine dualistische, nach der die Triebe von Haus aus in selbstische und selbstlose, egoistische und altruistische, auseinanderfallen, sondern eine monistische: die Triebe sind ausschliefslich selbstisch. Von dieser Voraussetzung aus erscheint ihm jedoch der Utilitarismus, die Wohlfahrtsmoral mit ihrer Triebfeder, der Spekulation auf die individual-eud\u00e4mo-nistischen Folgen der allgemeinen Wohlfahrt, als eine unzul\u00e4ngliche, weil dem Wesen der Sittlichkeit nicht Gen\u00fcge thuende L\u00f6sung der Frage nach der Entstehung des Sittlichen. Mit Recht l\u00e4fst er das Sittliche erst da beginnen, wo nicht erst die \u00e4ufsere That, sondern schon die Gesinnung, die Willensrichtung, die Maxime des Handelns, gut, d.h.","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nLitteraturbericht.\naltruistisch ist. Das Problem besteht also darin, das Sittliche in diesem Sinne unter Festhaltung der egoistischen Triebfeder erkl\u00e4rlich zu machen. Diese Problemstellung ist unzweifelhaft richtig und stellt ein entschiedenes, r\u00fcckhaltlos anzuerkennendes Verdienst des Verfassers dar.\nLeider nur gelingt ihm, wie so vielen anderen, die von den gleichen Voraussetzungen aus die nat\u00fcrliche Entstehung der Sittlichkeit nachzuweisen unternommen haben, die L\u00f6sung nicht. Sein L\u00f6sungsversuch hat etwas K\u00fcnstliches und Verschwommenes und l\u00e4fst sich schwer in wenig Worten formulieren. Ihm ist das Gewissen ein universelleres Analogon der Ehre. In den verschiedenen Formen, in denen die Ehre als Triebfeder des Handelns auftritt, Mannesehre, K\u00fcnstler-, Beamten-, Hausfrauenehre u. dgl., ist nach des Verfassers Meinung das Gemeinsame der Trieb zur Behauptung der f\u00fcr die betreffende Obliegenheit eingesetzten Pers\u00f6nlichkeit. Dieser Trieb, von den in den vorstehenden F\u00e4llen vorhandenen Schranken befreit und ins allgemeine Menschliche generalisiert, ist, wenn wir den Verfasser recht verstehen, das Gewissen. Wir glauben nicht, dafs damit das Wesen der Ehre und des Gewissens zutreffend bestimmt ist. Wir glauben, dafs der Verfasser, wenn er sich in der neuesten Litteratur \u00fcber den Gegenstand eingehender umgesehen h\u00e4tte, dort m\u00f6glicherweise auf eine L\u00f6sung gestofsen sein w\u00fcrde, die vielleicht auch ihn selbst mehr befriedigt h\u00e4tte, als dieser eigene unzul\u00e4ngliche L\u00f6sungsversuch.\nAn diesen Hauptpunkt der Schrift schliefsen sich nun noch Betrachtungen \u00fcber das h\u00f6chste Gut, \u00fcber Lebenswerte \u00fcberhaupt u. dgl. an, wobei der Verf. u. a. auch zur Unsterblichkeitsfrage ziemlich positive Erw\u00e4gungen zum besten giebt, die freilich leicht nach Sphinx und Occultismus schmecken. Schliefslicli l\u00e4uft die Betrachtung in allerlei geistreiche Tr\u00e4umereien \u00fcber einen universellen evolutionistischen Weltfortschritt aus, der mehr seinem Geschmacke entspricht, als das ewig sich wiederholende Einerlei des Weltprozesses im Sinne einer rein naturwissenschaftlichen Weltanschauung. Diese Ausf\u00fchrungen h\u00e4ngen freilich mit dem Grundproblem der Schrift nur noch durch den d\u00fcnnen Faden des eud\u00e4monistischen Grundgedankens zusammen.\nA D\u00f6bing (Grofs-Lichterfelde).\nP. Sollier. Psychologie de l\u2019Idiot et de l\u2019Imb\u00e9cile. Paris, Alcan 1891. 276 S.\n\u2014 Der Idiot und der Imbecille. Eine psychologische Studie. \u00dcbersetzt von Dr. P. Brie. Hamburg, Leopold Voss, 1891.\t226 S.\nS. h\u00e4lt es f\u00fcr unzweckm\u00e4fsig, den psychologischen Zustand der Idioten mit dem gesunder Kinder zu vergleichen. Auch die Intelligenz der Tiere ist nicht verwendbar, weil der Idiot, auch der erzogene, immer ein anormales Wesen ist. Die bisherigen Definitionen des Begriffes Idiotie werden dann kritisiert; keine derselben pafst auf alle F\u00e4lle, es giebt eben keine Idiotie, sondern nur Idioten. S. selbst giebt dann folgende Erkl\u00e4rung: \u201eist die Idiotie eine auf verschiedenartigen Ver\u00e4nderungen beruhende, chronische Gehirnerkrankung, welche charak-","page":240}],"identifier":"lit14800","issued":"1892","language":"de","pages":"239-240","startpages":"239","title":"Julius Duboc: Grundri\u00df einer einheitlichen Trieblehre vom Standpunkt des Determinismus. Leipzig, Wigand, 1892","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:59:48.844873+00:00"}