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{"created":"2022-01-31T16:52:59.941307+00:00","id":"lit14828","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"D\u00f6llinger, J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 6: 186-199","fulltext":[{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"iS 6\nbemerklicher Nachtheil entftehen. Die Gef\u00e4fse des' Gehirns werden bei * dem Ueberflufs des Blutes fich gleich den Seiten\u00e4ften der Brachial - Arterien, wenn ihr Stamm unterbunden worden, ausdehnen, die Sinus des Gehirns, in denen der Kreislauf ohnehin tr\u00e4ge von Statten gehet, werden noch mehr Blut enthalten, die Bewegung dell'elben wird noch tr\u00e4ger gefchehen, es wird (ich noch mehr Hydrocarbon aus dem ftagniren-den Blute entwickeln, und eben dadurch wird ein die Schilddr\u00fcfe vicarirendes Organ gebildet, aber auch zugleich die freie Aus\u00fcbung der Hirnverrichtungen gehemmt werden.\nII.\nBemerkungen \u00fcber die Verkeilung der fein-ften Blutgefafse in den beweglichen Thei-len des thierifchen K\u00f6rpers. Von Pro-feffor Dr. J, D\u00f6llinger.\nEs ift bekannt, dal\u2019s die Vertheilung der feinften Blut-gef\u00e4fse in Hinficht der Menge der abgehenden Aeft-chen , ihres Durchmeffers, der Winkel, unter welchen fie fich trennen , der Richtung ihres Verlaufes u. f. w. in verfchiedenen Tlieilen des menlchlichen K\u00f6rpers fehr verlchieden, dabei eben fo lehr beft\u00e4ndig fey, fo dafs lieh die Organe durch diefe Gef\u00e4fsnetze nach vorgegangener gut gerathenen Ausfpriitzung leicht auch in den kieinften St\u00fcckchen von einander unterfcheiclen laffen. Einige Umficht in dem Thierreiche belehrt uns, dafs daffelbe Organ , wenigftens in den Thieren mit Wirbeln, \u00fcberall fo ziemlich daffelbe Gewebe der Blutge^ f\u00e4fse belitze; fo ift fich die Leber im Menfchen, in den S\u00e4ugthieren und V\u00f6geln , von Reptilien habe ich keine","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"187\nErfahrung, \u00fcberaus \u00e4hnlich, das gleiche gilt von den Nieren ; auch die Aderhaut im Auge ift, wie uns So77i-merring der Vater gezeigt hat, auf diefelbe Weife in den verfchiedenen Thierklaffen gebaut.\nDie Zufammenftellung des anatomifchen Begriffes \u201eMuskel \u201c und des phyfiologifchen \u201ebewegliches Organ \u201c haben fchon zu fo vielen Irrungen Ver\u00e4rdaffung gegeben, dafs man wohl den Verfuch wagen kann, die Art und Weife, wie fich die feinften Blutgef\u00e4fse in den verfchiedenen beweglichen thierifchen Gebilden vertheilen, genauer zu betrachten, um durch Vergleichung zu erfahren, in wiefern in Beziehung auf Gewebe, als wo noch eigentlich die anatomifchen Begriffe feit gehellt werden muffen, diefe Theile unter fich iibereinftimmen.\nIn den Muskeln, fagt S\u00f6mmerring (Gef\u00e4fslehre $. 70.) \u00e4hnelt die Arterienverzweigung einem Reiferb\u00fcndel. Es vertheilen fich n\u00e4mlich in dem Muskel die ihm angeh\u00f6renden Arterien zuerft baumartig, doch meift fo, dai's fich die gr\u00f6fsern St\u00e4mmchen der L\u00e4nge nach in der Richtung der Fafern fortziehen, und dabei fortw\u00e4hrend die kleinen Aeftchen mit ihren noch feineren Verzweigungen, welche wie Wurzeln in das Fleifch einfchlagen, abgeben, wie folches Prochaska (dp carne muscular\u00ef T. VI. f. 5.) abbildet. Diefe Vertheilungen gehen zwifchen den Fafernbiindeln vor fich, fo dafs die gr\u00f6fsern Gef\u00e4fse zwifchen den gr\u00f6fsern B\u00fcndeln fich ausbreiten, die feinem aber zwifchen den kleinern u. f. f. Dieies baumartige in der Vertheilung erftreckt fich nicht zwifchen die Fafern felbft, denn aus den kleinften B\u00e4umchen entheben h\u00f6chft zarte Gef\u00e4fse, welche fich zwifchen die Fafern eindr\u00e4ngen und wenig gelobl\u00e4ngelt parallel mit diefen fortlaufen. Ift daher ein Muskel hark mit Injectionsmaffe ange-fiillt, und wird er getrocknet, fo fieht man ftatt der Fleifchfafern nichts als parallel nebeneinander liegende","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nArterien, welche jene v\u00f6llig verdr\u00e4ngt haben. Dieie feinften Arterien veralten lieh im Fortgehen h\u00e4ufig in einander, was, wenn man ein injicirtes Faferbiindel m\u00f6g-lichft unverfehrt zu erhalten ftrebt, wenig bemerkbar ii't, aber defto deutlicher gefeiten wird, wenn man vor dem Trocknen die Fafern ein wenig auseinander zerrt. Die Firr. x. 2- werden diefes deutlicher machen. Die\no\nerfte Figur hellt ein St\u00fcckchen Fleifch aus dem R\u00fccken eines Karpfen vor; ich habe den Fi feil gew\u00e4hlt, theils um damit fogleich bemerkbar zu machen, wie fich bis in eine niedere Thierklaffe der Rau des Muskels gleich bleibe, theils weil eine geringere Menge von Gef\u00e4fsen eine deutliche Darfiellung erleichtert; darum habe ich auch gerade ein St\u00fcckchen aus dem R\u00fccken gew\u00e4hlt, weil das Fleifch deffeiben die wenigften Gef\u00e4fse hat, dagegen am Schw\u00e4nze fo ungemein reichlich mit Arterien verleben ift\u00bb dafs es bei gut gelungener Injection fchwer h\u00e4lt, die einzelnen Ge f\u00e4lschen von einander zu unter-fcheiden ; ja ich hielt es fogar nicht f\u00fcr unfchicklich, eine Stelle abbilden zu laffen, wo die Injectionsmaffe nicht \u00fcberall gleichf\u00f6rmig in die feinften \u00c4derchen ein* gedrungen ift. Die zweite Figur ift ein Faferbiindel aus dem Fleifchmagen des Geiers, woran das Eigen* th\u00fcmlichs der Gef\u00e4lsvertheilung in den Muskeln nicht allein fehr deutlich zu feiten ill , fondera woraus wir uns auch \u00fcberzeugen k\u00f6nnen, dafs in den willk\u00fcbrlich und unwillkiihrlich beweglichen Muskeln kein Unter-fchied in llinficht der Blutverbreitung ley.\nDie Sehne ift g\u00e4nzlich von dem Muskel verfchie* den, in ihr theilen fich nur wenige und feine Arteneu dendritenartig aus, darum ift auch, wo Muskelfleifch in die Sehne \u00fcbergeht, der Unter fchied pl\u00f6tzlich fehr grofs, lowohl was die Menge , als auch was die Art und Weife des Verlaufes der Arterien angeht; wenn aber Prochasku (\u00fclsqvijuw p. 99.) fagt: \u201ein Jibra-","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"189\nmm carnearum et tcndinearum confimo omnia ilia, vafa coeco fine tern\u00f9nantur \u201c fo ift diei'es wenigftens eine unverft\u00e4ndliche Aeufserung, denn obgleich man nicht fieht, dafs die feinften, mit den Muskelfafern laufenden Arterien lieh zwifchen den Sehnenfafern fortfetzen, fo kann man doch nicht f\u00fcglich annehmen, dafs hier auf der Grenze die Arterie fich blind endige, alfo das Blut in feinem Fortgange aufgehalten, ja wieder zum Zur\u00fcckfliefsen in demfelben Gef\u00e4fs gezwungen werde; vielmehr ift es wahrfcbeinlich, dafs nun das lilut in die Vene \u00fcbergehe; es ift zwar kaum m\u00f6glich, wenn auch die Injection in die Arterien von dielen her\u00fcber in die Venen gedrungen ift, den Funkt wahrzunehmen, wo der Uebergang gefchiehl , inzwifchen be-fitze ich doch eingefpr\u00fctzte Muskeln, bei denen ; offenbar auch die kleinern Venen ungef\u00fcllt find, woraus ich fchiiefse, dafs die mit den Fleifchfafern parallel laufenden Arterien wirklich die feinften und letzten zuf\u00fchrenden Gef\u00e4fse find, welche jetzt den unmittelbaren Uebergang in die Venen machen, weil keine feineren Arterien neben ihnen entdeckt werden k\u00f6nnen, fo dals man alfo wohl annehmen darf, eine folche kleiulte Arterie gehe an der Stelle, wo Fleifch und Sehne aneinander grenzen, unmittelbar in eine Vene \u00fcber.\nVon der Vertheilung der Arterien in der Subftanz des Herzens kann ich wenig fagen, indem mir bei die-fem Organ noch feiten eine Injection gelungen ift. An dent Herzen eines fiebemnonatlichen F\u00f6tus, den ich iiijicirte, ift alles fo \u00fcberf\u00fcllt, dafs fich nur uribeftimmt die dem Muskelfleifch \u00e4hnliche Arterienausbreitung; wahruehmen Jafst. An den Herzen von Fifchen, namentlich vom Karpfen, feite ich immer nur baumartige Vertheilungen der Arterien, ich kann aber um fo weniger mit Gewifsheit behaupten, dafs die f\u00e4rbende Waffe in die feinften Gef\u00e4fse vorgedrungen fey, da das","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nInjiciren der Fifche \u00fcberhaupt, und namentlich ihres Herzens, mit eigenen Schwierigkeiten verkn\u00fcpft ift.\nAn den Ged\u00e4rmen bemerkt man nie , weder beim Menfchen, noch bei den S\u00e4ugthieren , V\u00f6geln oder Fifchen, eine andere als dendritifche Vertheilung, und auch dann, wann die Darmflocken , oder bei den Fifchen das Faltennetz, auf das vollkommenfte injicirt find, fleht man keine mit den Fafern der Fieifchhaut parallel laufenden Arterien.\nDie menfchliche Iris befteht gr\u00f6fstenlheils aus Ge-f\u00e4fsen, welche von dem \u00e4ufsern Rande ftrahJenartig gegen den Pupillenrand hinlaufen, wo man lie gr\u00f6fsten-theils fleh l\u2019chlingenartig wenden und wieder ausw\u00e4rts gehen fleht; diele Gef\u00e4fse laufen ein wenig gefchl\u00e4ngelt, liegen parallel neben einander, und veralten im Fortgange aufs zartefte miteinander, fo dafs allerdings das Gewebe der injicirten Iris einige Aehnlichkeit mit der Textur eines Muskels hat, nur fleht man zwifchen den parallelen Arterien keine \u00e4ftigen Verbreitungen gr\u00f6lse-rer Gef\u00e4fse, welche bei den Muskeln nie fehlen. Diele Aehnlichkeit der Gef\u00e4isvertheilung k\u00f6nnte dann dahin verleiten, dafs man kernf\u00f6rmig laufende FJeifchfafern zwifchen ihnen vermuthete, fo wie vielleicht die nicht injicirten Gef\u00e4fschen fr\u00fcher wohl ielblt f\u00fcr Fleifchfalern find gehalten worden, Aufser dielen geraden Itrahlen-artigen Arterien bemerkt man noch einen zarten Ge-f\u00e4fskreis zum Theil aus einer, hie und dort aus zwei Arterien beftehend, durch welche die Iris in die innere fchmalere und \u00e4ufsere ohngef\u00e4hr dreimal breitere Zone getheilt wird ; io dafs fogar auch die Vermuthung ge-ich\u00f6pft werden k\u00f6nnte, diel'er Aderkreis geh\u00f6re zirkelf\u00f6rmigen Muskelfafern an.\nEs verh\u00e4lt fleh aber bei den V\u00f6geln der Gef\u00e4fsbau der Iris ganz anders, und zwar fo , dafs er nicht mehr erlaubt, an eine Aehnlichkeit mit der Textur der Mus-","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"191\nkel zu denken. Bei dem Haushahn (f. Fig. 3), k\u00f6mmt eine Arterie \u00fcber die \u00e4ufsere Fl\u00e4che des Strah-lenk\u00f6rpers gegen die Iris heran; noch ehe fie den \u00e4u-fsern Rand derfelben erreicht li\u00e2t, tlieilt fie fich in zwei Aefte, welche fich kranzartig um die Iris herumziehen; erft ein wenig von der Iris entfernt bleiben, dann in ihr felbft gegen einander laufen und zufammenm\u00fcnden. Aus diefer Kranzarterie der Iris gehen zu ihr mehrere kleinere Aefte, die dann fogleich fich zu verwickeln und darm\u00e4hnlich gewunden fich auszubreiten anfangen, fo, dafs das Gef\u00e4isgewebe der Iris vollkommen das n\u00e4mliche Ausfehen gew\u00e4hrt, wie im Hoden die verfchlun-genen Samenr\u00f6hrchen. Diele fich hier verwickelnden Arterien machen auch fogleich den Uebergang in die Vene, wovon ich mich \u00fcberzeugte, indem eine Injection durch die Venen diefeibe Gef\u00e4fsverwicklung wieder zeigt, nur mit dem Unterfchiede, dals keine Kranz-vene vorhanden ift, fonrlern mehrere Venen von der Iris ftrahlenartig in die Aderhaut f\u00fchren. Im Auge der grofsen Eule, Strix bubo, h\u00e4ngt die Iris gar nicht mit der Aderhaut zulammen, worauf Blmneubach fchon aufrnerkfam macht, man fieht aber viele Adern von einer diefer H\u00e4utein die andere gehen. Ich habe noch kein fchiekliches Individuum diefer Thiergattung zur Injection erhalten k\u00f6nnen, glaube aber, dafs die verkn\u00fcpfenden Gef\u00e4fse Venen find, inzwifchen fieht man auch ohne Injection dasgefchl\u00e4ngelte Gef\u00e4fsgewebe, aber keine Kranzarterien. Soweit demnach meine Un-terfuchungen reichen, fo ergiebt fich, dafs die bewegliche Iris der V\u00f6gel ein von dem Muskel g\u00e4nzlich ver-fchiedenes Gewebe von Gef\u00e4fsen befitze. Noch darf ich wohl darauf aufrnerkfam machen , dafs die fonderbare Gef\u00e4frvertheilung in der Iris der V\u00f6gel die gr\u00f6fste Aehn-lichkeithat, mit dem was Morefchi an der Eichel im-","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"plicatiffimum minimis vermiculatum vafculis rete nennt, und auf der erl'ten Tafel abbildet.\nGew\u00f6hnlich ift man geneigt, die Faferhaut der ar\u00fcfsern Arterienft\u00e4inme ihr muskul\u00f6s an zu fprechen, obgleich viele diefes auch beilreiten ; auf alle Falle vertheilen fich die Gef\u00e4fse in cliefer Haut ganz anders, als in den Muskeln, und nie wird man Arterien zwilchen den Fafern und parallel mit ihnen laufend auffinden. Das Ausfehen meiner Pr\u00e4parate ftimmt vollkommen mit den Abbildungen, welche Ruyfch giebt, \u00fcberein, man hebt nur baumartige Ver\u00e4ftungen.\nVon der menfchlichen fchwangern Geb\u00e4rmutter befitze ich eine fcb\u00f6ne Injection, welche unfer Herr Profector Dr. He\u00dfelbach bei einer im f\u00fcnften Monate Schw\u00e4ngern machte. Die Geb\u00e4rmutter ift gut mit Injectionsmaffe gef\u00fcllt, ein wenig war zwifchen ihr und der Placenta ausgetreten , in den Gef\u00e4fsen der Placenta und des Kindes keine Spur von ihr, was mit Hunten Beobachtungen \u00fcbereinfthnmt. Die Arterien vertheilen lieh hier auf eine eigene Weife, nirgends baumartig, ein gr\u00f6fseres Gef\u00e4fs geht in wenige kleine \u00fcber, diufe durchbohren die Faferfchichten, und laufen zwifchen ihnen gefchl\u00e4ngelt fort, ohne Aefte abzugehen, endlich theilen fie lieh wieder, und die Reifer laufen eben fo gefchl\u00e4ngelt weiter, an die Faferfchichten gehen wenige, fall keine Gef\u00e4fse ab. Von Geb\u00e4rmuttern aus tr\u00e4chtigen Thieren habe ich nur die einer Katze vor mir, und auch bei diefer ift die Injection nicht vollkommen gelungen, \u00fcbrigens fehe ich blofs baumartige Ver\u00e4ftung.\nSo weit nun meine Beobachtungen \u00fcber die Ge* f\u00e4fsvertheilung in den beweglichen thierifehen Theilen reichen, fo glaube ich dar\u00fcber folgende S\u00e4tze aufftei-len zu k\u00f6nnen :\nl) Die Muskeln haben eine eigenthtimliche Ge-f\u00fcfsvertheilung, welche ihnen in den vier erften Klaffen\ndes","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"des Thierreichs ohne Unterfchied der Willk\u00fchrlichkeit oder Unwiilktihrlichkeit der Bewegung zuk\u00f6mmt.\n2)\tGebilde, welclie eine fyfrige Textur haben nntl nicht beweglich find, haben eine ganz andere Ge-f\u00e4fstfertheilung als die Muskeln, z. B. dis Sehnen und die Arterienw\u00e4nde, die ich glaube hieher rechnen zu d\u00fcrfen.\n3)\tDie Geb\u00e4rmutter im Zuftande der Schwanger-Ichaft hat ein fairiges Gef\u00fcge, aber keine Gef\u00e4fsver-theilung, wie lie den Muskeln eigen ift.\n4)\tDie Ged\u00e4rme, wahrtcheiniich auch dermenfch-Jjche Magen, find bewegliche Organe mit Faferbau und lediglich baumartigen Gef\u00e4fs verteil ungen.\n5)\tDie ins ift ein bewegliches Organ ganz eigener Art.\nEs fev erlaubt, diele Thatfachen mit einigen theo-retifchen Reflexionen zu begleiten. Die Bildung des Gef\u00e4fses geht vom Blute aus, es werden durchaus \u00dflut-ftr\u00f6mchen vorausgefetzt, ehe ihnen eigent\u00fcmliche hau\u00ab tige R\u00f6hren da find, welche lie einfchJielsen ; fo lehrt es die Vernunft, fo Geht man es am bebr\u00fcteten Ei, und fo foil es auch nach J. Hunter hei Heilung von Wunden gefchehen.\nJe einfacher noch die Theile des thierifchen Leibes find, defto einfacher find die Blutftr\u00f6mchen, die Mannigfaltigkeit ihrer Verteilung entfteht mit der Entwicklung der einzelnen Theile. Urfpriinglich breiten fich die Blutftr\u00f6mchen baumartig aus, die Spitzen der feinften Zweige find die Anf\u00e4nge der ven\u00f6fen Str\u00f6mung, oder die der arteri\u00f6fen. Je unvollkommener die Bildung ift, defto weniger Aefte find vorhanden, die \u00dfaimgeftalt dt einfacher.\nDie Vermehrung der Gef\u00e4fse, welche das Wachsthum begleitet, fetzt eben fo erft eine Vermehrung der M. d. Archiv. VI. 2.\tN","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nBlutftr\u00f6mchen voraus, wie die Entftehung der Gef\u00e4fse \u00fcberhaupt vorangegangene Blutbildung fordert; die Vermehrung der Blutftr\u00f6mchen felbl't aber habe ich auf zweierlei Weife gefehen , und zwar erftens, indem fich in dem wachlenden Theile ifolirtes Blut bildete, welches fich darauf mit der gelammten Blutmaffe vereinigte, zweitens, indem von den Blutftr\u00f6mchen erft einzelne Blutk\u00f6rner abgingen, die fich Wege fuchten, denen aber bald mehrere nachfolgten, die nun ein neues Str\u00f6mchen auf gewonnenem Wege bildeten. Alle diefe Momente f\u00fchren zu dem Schlufs, dafs, da \u00fcberhaupt die Bildung der Gef\u00e4fse vom Blute abh\u00e4ngt, die Art und Weife der Vertbeilung derGef\u00e4fse eigentlich nichts anderes ley, als der ftehenbleibende Ausdruck der Art und Weife, wie das Blut ftr\u00f6mt, oder mit andern Worten , dafs das Gefetz der Blutftr\u00f6mung fich in der Ge-f\u00e4fsvertheilung ausfpreche.\nDie urfpriingliche Form aller Gef\u00e4fsvertbeilung, n\u00e4mlich die baumf\u00f6rmige, beruht allein auf der Natur des Blutes und deffen Verh\u00e4ltniffe zu dem thierifchen Organismus, daher ift fie die allgemeinfte, und der eigentliche Typus, nach welchem die gr\u00f6fsern Aefte des Gef\u00e4fsfyfteins fich vertheilen ; daher darf man auch wohl behaupten, die verfchiedenartigen Verbreitungen der zartefien Gef\u00e4lse feyen nichts als Modificationen des einen und felben Grundtypus; woraus dann ferner folgt, dafs nebft dem, dafs die befondere Art, wie die Gef\u00e4lse fich vertheilen, einer n\u00e4heren Beftimmung durch Vergleichung f\u00e4hig ift, wie uns dann auch Simmerring ein fo verfafstes \\ erzeiebnifs faft aller Gebilde des menfchlichen Leibes gegeben hat, es auch eine Sch\u00e4tzung giebt, wie viel die befondere Vertheilung von dem allgemeinen Typus abweiche. Diefe Abweichung ift nun um fo gr\u00f6fser, je mehr die Gef\u00e4fse gerade, ohne Veraltung und mit gleichf\u00f6rmigem Durchmeffer verlan-","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"195\nfen, wodurch fie ein eigenth\u00fcmliches fteites Arifehen bekommen. Am auffaliendften ift diefes an der in' nei n 1 laut tier Schwimmblafe der Fifche, wie ich es wenigftens am Hechte durch fehr wohl geratherie Injection erkenne, wonach ich auch vermuthe, dafs die Elementarfibern, welche G. R, Treviranus in der eingeweichten ILmenbfafe bemerkte, nichts anderes als diefe ft raffen Blutaef\u00e4fse find; fonft hat auch die fitter-artige Gef\u00e4fsvertheilung in der inenfchlichen Riechhaut ein gar lteifes, fremdartiges, von dem baumartigen fehr verfchiedenes Ausfehen.\nIn Folge tfiefer Bemerkungen k\u00f6nnte man alfo die phyfiologifche Frage \u00fcber die Verfchiedenheit, weiche man in der Verthejlung der feinften Blntge-f\u00e4fse bemerkt, fo [teilen : was bewegt das Blut von feinem Normalftr\u00f6mungstypus abzuweichen, und neue ihm urfpr\u00fcnglich fremdartige Richtungen anzunehmen?\nldi b\u00e2tie mich fchon bei einer anderen Gelegenheit dahin erkl\u00e4rt, dafs ich der Meinung jener Phyfio* logen beipflichte, weiche die Blutbewegung nicht f\u00fcr eine blols mitgetheilte halten, fondera diefelbe, wenigftens zmn rheii, fiir eine felbftft\u00e4ndige aus der Natur des Blutes hervorgehende anfehen. Namentlich laffen mich meine Beobachtungen \u00fcber den Kreislauf, welche ich theiis an fehr kleinen Fifchchen, tbeils an Frofchlarven zwei Sommer hindurch ge-macht habe, nicht zweifeln, dafs jedes Blutk\u00f6rnchen feine eigenthiimliche Beweglichkeit habe, auf welche Zwar \u00e4ufsere Umfahr le einwirken, die aber doch zu-n\u00e4chft von ihm lelbft ausgeht. Diefe Behauptung, und die Erfahrung, dafs die Vermehrung der Blut-ftr\u00f6mehen durch Bildung neuer, von den altern vorhandenen ausgehen-ten, anf\u00e4nglich mit einzelnen Blut-k\u00f6rnern gefchieht. wor\u00fcber man auch Haller Opera min. T. 1. p. 177. und Spallanzani Efpu. LVI. nach*\nN 3","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"19 6\nfelien kann, erlauben die obige Frage n\u00e4her zu be-ftimmen: Welche Einfl\u00fcffe wirken auf die einzelnen Blutk\u00f6rner und bewegen fie, ihrem Laufe eine Richtung zu geben, welche weder von den mechanifchen Urfachen des Kreislaufes, noch von der allgemeinen Natur des Blutes abh\u00e4ngen kann?\nEs ift leicht begreiflich, dafs fo zarte Verh\u00e4lt-niffe, denen Geh kaum das Experiment n\u00e4hern darf, mit Sicherheit nicht erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen, und alfo f\u00fcrs erfte nur rathen laffen. Ich denke, man k\u00f6nne folgende Momente angeben :\nl) Auf die Richtung der Blutftr\u00f6mchen hat das Nervenmark Ein Hufs.\nGegen den Grundfatz, dafs das thierifche Leben auf dem Zufammenwirken zweier innerer Facto ren beruhe, l\u00e4fst fich kaum etwas Erhebliches einwenden; diefe beiden Factoren find mir rum das Blut und das Nervenmark, deren cfas eine das m\u00fctterliche ern\u00e4hrende, das andere das belebende v\u00e4terliche Princip ift; was man allenfalls hiegegen Vorbringen k\u00f6nnte, ift von Mark, in der Abhandlung \u00fcber thierifche Bewegung, fo gut es fich thun l\u00e4fst, berichtiget worden. Demnach m\u00f6chte das Blut nicht ohne Nerven, und Nervenmark nicht ohne Blut leyn k\u00f6nnen; eines alfo auch von dem andern Beftimmungen annehmen muffen. Nun verl\u00e4l'st uns aber, um f\u00fcr unfere Frage von diefer Theorie einen erheblichen Gebrauch machen zu k\u00f6nnen, die Erfahrung g\u00e4nzlich. Von der Entftehung des Blutes, und von feiner Verbreitung kann man leicht Beobachtungen fammeln, die Farbe, die Bewegung, die Gr\u00fcfse der K\u00f6rner erleichtern die Erfahrung; die Entltehung des Nervenmarkes aber, die Art wie die feinften Markf\u00e4den im Gewebe der Gebilde verlaufen, und wie fie fich am Ende verlieren, ift uns g\u00e4nzlich unbekannt, fo dafs wir alfo","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"197\nnur Einen Lebensfactor in allen feinen auch zarte-ften Verh\u00e4ltniffen kennen, clen andern aber nur aus den gr\u00f6fsern Mafien; daher wir im Allgemeinen wohl eine Abh\u00e4ngigkeit des Blutes vom R\u00fcckenmarke in der feinften Vertheilung diefer Syfteme muthmafsen d\u00fcrfen, aber etwas dar\u00fcber nachzuweifen aufser Stand find.\n2) Die Richtung der Blutftr\u00fcmchen h\u00e4ngt ab von der Befchaffenheit des Stoffes, durch welchen fie fliefsen.\nDafs dem Gewebe eines jeden Gebildes aufser den Gef\u00e4fsen noch eine eigene Maffe zum Grunde liege, ift fchon von B. S. Albin, und neuerlich auch wieder vonProchaska gezeigt worden, und kann auch gar nicht anders feyn; denn indem Blut und Nervenmark als die Tr\u00e4ger der beiden Grundkr\u00e4fte des thie-rilchen Lebens in die Erfcheinung treten, fo mufs auch wohl das dritte Indifferente, entweder als der noch nicht entfchiedene Zwiefpalt, oder als das aus dem Gegenfatze eigentlich hervorgehende, das Leben felbft Tragende ein materielles Dal'eyn gewinnen. Die-fes dritte nenne ich Thierftoff, welcher bald als Keim erfcheint, fo dafs Blut und Nervenmark lieh aus ihm entwickeln k\u00f6nnen, wie der Dotter im Ei, die Maffe der Pfeudomembranen, das fogenannte wilde Fleifch in den heilenden Wunden u. cl. in., bald als das Refultat des durch Blut und Nervenmark vermittelten Ern\u00e4hrungsproceffes betrachtet feyn will.\nIm Allgemeinen mag der Thierftoff dem Eiweifs in Hinficht feiner chemilchen Eigenfchaften \u00e4hnlich feyn, er nimmt aber, oft nicht n\u00e4her durch Analyfe zu beftimmende, verfchiedene Eigentchaften nach Ver-fchiedenheit der Theile an\u00bb womit dann nothwendig auch befondere Arten von Beziehungen zwifchen dein","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nThierftoffe einer feit\" und dein Blute und Nerven\u00ab marke andererfeits lieh entwickeln.\n3^) Endlich ift es die Bejtimmung eines Organs, fein Verh\u00e4ltnifs zu dem Aeulseiri oder zu dem ganzen Organismus, von welchem das Blut Reittmmun-gen erhalt.\nUeber diefes Moment haben mich unmittelbare Wahrnehmungen belehrt. Ich habe den Kreislauf thells an lehr kleinen Fifchchen, theils an dem Schw\u00e4nze der Frofchlarven beobachtet, nun find jene im Wachfen, und ihre Zartheit erlaubt an ihrem ganzen Leibe die Beobachtung anzufiellen, dagegen jit der Schwanz der Frofchlarven ein verg\u00e4nglicher, zwar einige Zeit hindurch wachfonJer, aber doch in der Folge ein vom Leibe abfallender, lieh verzehrender Theilj und nun ift auch'ein m\u00e4chtiger Unterfei: jed im Kreisl\u00e4ufe , nicht in Anleitung der Gdchwiwt\u00fcgkeit, oder der Art, wie die Str\u00f6rnchen uinkehren, oder der Abh\u00e4ngigkeit der Bewegung bald mehr bald weniger vom Herzen u. d. m ; aber wohl in vielen andern Um-It\u00e4nden. ln den Frofchlarven machen die BJutftr\u00f6m-chen, wenn fie aus der arteriellen Richtung in die ve-n\u00f6ie kommen, einfache Bogen, Welche (ich mit dem Wachstburn des Schwanzes erweitern, indem fich mehr indifferente Maffe zwilchen fie einfetzt, nur langfam und feiten entftehen neue Bogen ; in den Fifchchen mehren fich unabl\u00e4lfig die Bogen, man kann kein folches Thier-chen f\u00fcnf Minuten lang betrachten, ohne die Entfte-hung neuer Str\u00f6rnchen, die Bil lung kleiner Zwilchen-bogen zu gewahren, fchnell f\u00fcllt fich der Fifchleib mit Blutftromchen, und es gefchieht kein Wachsthum, ohne dafs fich diele vermehren, ja eigentlich nur durch ihre Vermehrung. ln dem Leibe der Fifchchen lieht man bald den Unterfchied zwjfchen den arteriellen und veil \u00f6fen Str\u00f6men nicht allein mehr an der Rich tune des","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"199\nBlutes, fondera auch an dem grofsen Uebergewichte, welches letztere \u00fcber erftere in Zahl und St\u00e4rke gewinnen, indem lieh die ven\u00f6fen Str\u00f6me immerw\u00e4hrend in Nebenzweige, die nach einiger Zeit wieder mit dem Hauptftamme fich vereinigen, vertheilen; in dem Schw\u00e4nze der Frofchlarven lieht man diefes Ueberge-wicht der Venen nicht, die einfachen arteriellen Str\u00f6me bleiben auch io als ven\u00f6fe. Ich habe an Organen, an welchen Arterien und Venen injicirt waren, mehrmalen die Bemerkung gemacht, dafs die Venen um fo mehr an Quantit\u00e4t die Arterien \u00fcbertreffen, je mehr der Zu-ftand des injicirten Thieres kurz vor dem Tode gerade die Wirkung des beftimmten Organs nach aufsen mit fich brachte; fo ift bei den Hennen, um das Gelagte durch ein Beifpiel zu erl\u00e4utern , ein ungemeines Ueber-gewicht der Venofit\u00e4t in dem Eing\u00e4nge zur Zeit, wo fie Eier legen, wie es zur andern Zeit nicht angetroffen wird.\nEs wird immer deutlicher erkannt, dafs derLebens-procefs der h\u00f6heren Thiere das Refultat vieler einzelner Momente ift, und dafs die von grofsen Maffen ausgehenden Erfcheinungen durch das Zufammenwirken einfacher Kr\u00e4fte hervorgebracht werden; darum wird billig daf\u00fcr geachtet, dafs das Studium der Phyfiologie von den niedrigften und einfachften Thieren ausgehen muffe, und dal's wir die zufammengefetzte Organifation des menfeh-lichen Leibes in ihren Elementen erkennen , und durch Beftimmung des Elementarlebens zur Erkl\u00e4rung der complicirten Functionen auffteigen f\u00fcllen ; in diefer Hinlicht darf man hoffen , dafs Verfuche in der Erfor-fchung der primitiven Lebensverh\u00e4ltniffe, wenn lie auch noch Manches zu w\u00fcnfchen \u00fcbrig laffen, einige Nachficht verdienen,","page":199}],"identifier":"lit14828","issued":"1820","language":"de","pages":"186-199","startpages":"186","title":"Bemerkungen \u00fcber die Vertheilung der feinsten Blutgef\u00e4\u00dfe in den beweglichen Theilen des thierischen K\u00f6rpers","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:52:59.941313+00:00"}