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{"created":"2022-01-31T13:58:32.551619+00:00","id":"lit14862","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"D\u00fctrochet","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 6: 379-385","fulltext":[{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":"tung feiner Lebensf\u00e4higkeit die ihm zu leiftende H\u00fclfe berbeigerufen \u201eh\u00e4tte.\n\u00dcb das Kind gerade 11 Zoll maafs, weifs ich nicht genau, weil fchleunige H\u00fclfe und Sorgfalt die nothwen-digften R\u00fcckfichten waren. War es bei der Geburt von diefer L\u00e4nge, fo mufste es in den erften drei Wochen Zwei Zoll gewachfen feyn.\nIch habe eine zarte Frau zu behandeln, die lange gekr\u00e4nkelt hat. Sie hat eilfmal, die letzten fi\u00e8benmai zu fr\u00fch, geboren. Das erfte diefer fieben Kinder wurde um den achten Monat geboren und lebte neun Wochen; das zweite, noch fr\u00fcher geborne, ftarb w\u00e4hrend des Abwa-fchens ; das dritte lebte acht Stunden ; das vierte acht Tage; das f\u00fcnfte zwei Wochen. Die Mutter hielt fich mit diefem Kinde, einem M\u00e4dchen von 17 Zollen, 6 Monate und zwei Wochen fchwanger. Das fechste lebte eine Woche ; das fiebente ftarb in der Geburt. Alle wurden bei kaltem Wetter geboren, und die Kinder, f\u00fcr welche man die meifte Sorgfalt anwandte, lebten am l\u00e4ngften.\nDas Kind, welches zu diefen Bemerkungen Ver-anlaffung gegeben hat, ift noch gefund. Nur vor drei Wochen konnte es einige N\u00e4chte hindurch nicht i'chla-feo, doch verlor fich dies, als man ihm frifche Baumwolle um den Kopf gab.\nXV.\nD\u00fctrochet Gefchichte des Vogeleies vor dem Legen. (Journal de Phyfique. T. 88.\np. 170 ff.)\nDas Vogelei erfcheint im Eierftocke als eine kleine rundliche Kugel, die allm\u00e4hlich ihre vollkommne Gr\u00f6\u00dfe erlangt. Dann tritt fie aus dem Eierftocke, f\u00e4llt in","page":379},{"file":"p0380.txt","language":"de","ocr_de":"380\nden Eiergang, wird hier von Eiweifs, dann von einer Kalkichale umgeben, zuletzt ausgeftofseu. Nur dies weifs man von der Gefchichte deffelben, ehe es gelegt wird. Man weifs nicht, wie es lieh von dem Eierftocke trennt, glaubt aber gew\u00f6hnlich, dafs dies durch Zer-reifsendesd\u00fcnnen Stieles gefchieht, welcher es an den Eierftock heftet, wie die reife Frucht fich vom Baume abl\u00f6ft. Diefe Meinung erfcheint aber, trotz ihrer Walir-fcheinlichkeit und der Analogie, durch die Beobachtung unrichtig.\nIm Eierftocke unterfucht, erfcheint das H\u00fchnerei In feinem ganzen Umfange mit Blutgef\u00e4fsen bedeckt. Diefe geh\u00f6ren einer Haut an, unter der fich eine andre, gleichfalls gef\u00e4fsreiche findet. Diefe beiden H\u00e4ute, welche den ganzen Dotter umgeben, erhalten diefelben Ge-f\u00e4fse und fondern die Dotterfubftanz ab. \u00fceffnet man Vorfichtjg die zweite Haut, fo findet man unter ihr eine dritte, weifse, fehr zarte, durchfichtige, nirgends mit der zweiten, fie unmittelbar bedeckenden verbundne. Sie ift gef\u00e4fslos, fcheint oberhautarlig, und umgiebt die Dotterfubftanz, die jetzt halbfl\u00fcffig ift, weshalb die Membran leichter weggenommen werden kann. Der Ur-fprung diefer Haut, die man in den erften Zeiten des Eies nicht wahrnimmt, ift mir unbekannt. Die Narbe liegt in der Gegend des Befeftigungsftieles. Von ihr geht die Oberhaut eben fo leicht als von dem \u00fcbrigen Theile des Dotters ab. Narbe und Dotterfubftanz erfcheinen dann nackt, und jene zeigt fich als weifse, dickliche Sub-ftanz, welche von der gelben durch keine Haut getrennt ift, fondern blofs auf ihr liegt. In diefer weifsen Sub-ftanz entwickeln fich durch das Bebr\u00fcten die erften Spuren des Embryo, lu ihr alfo findet fich der Keim, der mit dem Gelben durchaus nicht zufammenhangt. ln der That bleibt die Narbe unverletzt, wenn man die Oberhaut forgf\u00e4ltig wegnimmt. Unterm Mikrofkop zeigt","page":380},{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":"381\ndiefe Haut gleichfalls keine Spur einer Trennung, oder eine Verfehledenheit im Bau an der Stelle, welche der Narbe enlfpricht. An der, dem Stiele gegen\u00fcber liegenden Gegend bemerkt man bei dem reifenden Ei einen weifslichen Streif, der ungef\u00e4hr ein Drittheil eines der grofsen Kreife diefer kleinen Scheibe einnimmt. Er ift die Andeutung des baldigen Biffes, mittelft deffen das Ei aus dem es enthaltenden Beutel treten wird. Sobald es reif ift, \u00f6ffnet fich der, aus beiden Gef\u00e4fsh\u00e4uten gebildete Beutel, und das blofs von der, nirgends anh\u00e4ngenden, Oberhaut bekleidete Ei tritt aus dem Eicrftocke in den Eigang. Nach dem Austritte \u00e4hnelt der Beutel einer zweifchaligen Pllnnzenkapfcl. Von nun an unn\u00fctz, fchwindet er fchnell und verf\u00e7hwindet zuletzt.\nDas Ei erh\u00e4lt bald im Eignnge eine zweite, etwas dickere Hiille, die luigeltrugenile Haut (Membrana chalazifera) des Dotters. Diele, durch die Beizung des Eies auf die innere EJ\u00e4che des Eiganges gebildete Haut heftet lieh au das Ei,, welches fie vorn und hinten \u00fcberragt und bildet dadurch die Verl\u00e4ngerungen, welche den Namen des Hagels (Chalazae) f\u00fchren. Weiter unten legt fich die dicke Eiweifslchicht um das Ei. Noch weiter nach unten wird es von einer neuen Ffeudomem-bran umgeben, die durch die Gerinnung der vom Eigange ausgefchwitzten S\u00e4fte entfteht. Diele ift das erfte Blatt der Schalenhaut, welche das Eiweifs umgiebt und fich an die Enden beider Ghalazen heftet, wenn fie das Eiweifs \u00fcberragen. Als eine zweite Pfeudomembran bildet fich \u00e4ufserlich das zweite Blatt der Schalenhaut. Jetzt liegt das Ei unterhalb der Mitte des Eiganges. Weiter unten wird es von der Kalkfchicht bekleidet, die fich auf die Schalenhaut legt und tritt nun bald aus.\nHiernach hat das Vogelei fechs H\u00fcllen, wovoi* nur eine ihm urfpriinglich angeh\u00fcrt, die f\u00fcnf andern im Eigange hiuzutreten. Sie find von innen nach aufsen:","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"382\n1)\tDie eigne Dotterhaut;\n2)\tdie Hagelhaut des Dotters;\n3)\tdas Eiweifs;\n4)\tdas innere und\n*) das \u00e4ufsere Blatt der Schalenhaut;\n6) die Kalkfchale.\nDie beiden erften H\u00e4ute find eng an einander geheftet und k\u00f6nnen in dem gelegten Ei nicht getrennt werden; indeffen habe ich fie abgefondert gefunden, fo dafs die Narbe immer in dem Aequator der Kugel liegt, delfen Pole die Chalazen ungef\u00e4hr einnehmen. Da von den beiden ungleichen H\u00e4lften, welche durch die Cha-lazen entftehen, die der Narbe gegen\u00fcberliegende die fchwerfteift, ftrebt fie immer nach unten, fo dafs die, immer oben liegende Narbe den vollen Einflufs der Brutw\u00e4rme erh\u00e4lt. Diefer, fo einfache als bewundernsw\u00fcrdige Mechanismus ilt eine iolge der vorausbeftimmten Beziehungen zwilchen der Lage des Eies im Eierltocke, der Stellung des Eingangs des Eierganges und der Ge-ftalt des letztem. Das Ei tritt in diele mit dem, der Narbe entgegengefetzten Theile feines Umfangs. Der erweiterte Eingang, der feitlich auf dem Eiergange liegt, f\u00fchrt das Ei in derfelben Stellung, als er es aufnahm, in diefen, fo dafs die Narbe im Aequator der Dotterku-gel liegt, deren Achfe ungef\u00e4hr die Richtung des Eierganges hat. Diefer ift fo gebildet, dafs die Achfe fei-ner H\u00f6hle nicht in die des Dotters f\u00e4llt, und diefer wird daher durch die Chalazen in zwei ungleiche H\u00e4lften, in deren leichteren die Narbe liegt, getheilt.\nHieraus ergiebt fich, dafs der in der Narbe liegende Embryo mit der Mutter keine organifche Verbin-dung hat, da er nicht an der eignen Dotterhaut, und diefe nicht an der umgebenden Gef\u00e4fshaut h\u00e4ngt. Dies ftimmt mit den Erfcheinungen des Pflanzenembryo \u00fcber-ein. Diefer hat, wenn er als ein wcifslicher oder gr\u00fcn-","page":382},{"file":"p0383.txt","language":"de","ocr_de":"383\nlieber Punkt erfcheint, durchaus keinen Zufammen-hang mit feinen H\u00fcllen, mithin dem Eierftocke, eine vor mir beobachtete, oft von mir beltatigte Thatfache, die vermuthlich auch im Thierreiche gilt, wie ich es f\u00fcr die V\u00f6gel bewiefen habe. Durch die Nachvveifung, idafs das in der Eierftockshiille enthaltene Ei nur eine eigne Haut hat, unter welcher fich der Dotter nackt befindet, wird die Halier'fche Theorie von der Pr\u00e4'exi-ftenz des H\u00fchnchens vor der Befruchtung v\u00f6llig widerlegt. Er hatte aus der Umh\u00fcllung des Dotters von einem Anh\u00e4nge des Darms gefchloli'en, dafs diefe H\u00fclle urfpr\u00fcnglich, und fchon vor der Befruchtung iin Eier-'ftocke vorhanden w\u00e4re. In meinen fr\u00fchem Arbeiten habe ich dargethan , dafs der Darm des H\u00fchnchens den Dotter durch eine Entwicklung einfchlielst, welche fich .allm\u00e4hlich \u00fcber feinen ganzen Umfang ausbreitet. Die jetzigen bet\u00e4tigen dies durch den Beweis, dafs der Dotter anfangs riur eine eigne Haut hat, die ich fr\u00fcherhin zweite Oberhaut des Dotters 1 ) nannte. Nichts aifo fpricht f\u00fcr die Pr\u00e4exiftenz des H\u00fchnchens.\nMeine Unterfuchungen \u00fcber das Batrachierei haben bewiefen, dafs dies ein wahrer, wie das Vogelei eine Emulfionfubftanz enthaltender Dotter ift. Scheint nicht die Anwefenheit diefer Subftanz, welche gewifs von der Mutter abgefondert wird, zu beweifen, dafs bei dielen Amphibien das Ei nicht urfpr\u00fcnglich vom Embryo umgeben ift? Indeffen fcheinen Spallanzani's, von mir mit vieler Sorgfalt wiederholte Beobachtungen zu beweifen, dafs die Embryonen vor der, erft nach dem\ni) ln dem bebr\u00fcteten Ei habe ich fie mit dem nicht recht paffenden Namen Oberhaut \u201c belegt, d. h. die eigne Dotterbant, ci veile Oberhaue, die Chalazenhant erfee Oberhaut des Dotters genannt. Die Chalazen ftehen mit der Narbe immer in durfeiben Ortsbeziehung,","page":383},{"file":"p0384.txt","language":"de","ocr_de":"Austritte des Eies gefchehenden, Befruchtung vorhanden find. Uns, fchon im Eier hocke mit einer fchwar-zen H\u00fclle umgebene, Ei entwickelt lieh nach der Befruchtung fo, dafs feine beiden Enden fich in Kopf und Schwanz l\u2019cheiden, kurz, es wird Larve und die iclnvarza Eihiille wird Frofchhaut. Giebt es hier eine T\u00e4ulchung, fo ift fie vollkommen und unvermeidlich. Ich glaube aber wirklich, dafs fie Statt findet. Ich unterfuckte n\u00e4mlich lehr forgfaltig das Ei von Bi/fo ub\u00dfetricans, das fich d\u00fcrch feine Entwicklung ftunz von dem anderer Batrachier unterfcheidet. Bei ihnen entftand der Embryo in einer Narbe, entwickelt fich wie bei den V\u00f6geln , Schlangen und Eidechfen, indem feine Grund-Z\u00fcge in der Narbe entftehen, und er durch feine Ver-gr\u00fcfserung den Dotter umh\u00fcllt, der fich endlich in feinen Darmkanal befindet. Hier verl\u00e4ngert fich nicht das Ei zur Frofchlarve, und nicht feine H\u00fclle zur Haut des Embryo, kurz keine Spur von Pr\u00e4exiftenz. Wahr-fcheinlich l\u00fclt fich wohl diefer Widerfpruch am beften durch die Annahme, dafs bei allen Batrachiern der Embryo in einer, durch die gew\u00f6hnlich fchwarze Haut des Eies verborgenen Narbe entfteht, fich unter diefer entwickelt, und durch Verwachfung fie fich gewiffer-mafsen aneignet, fo dafs die eigne Eihaut die Haut des, wie fie, fchwarzen Embryo zu werden fcheint. In meinen Unterjiiehungen \u00fcber die Bebr\u00fctung habe ich eine Thalfache aufgeftellt, welche diele Behauptung zu mehr als einer blofsen Verinuthung zu machen fcheint. Die eigne Haut des Dotters (zweite Oberhaut des Dotters) verfchmilzt mit den verfchiedenen Anh\u00e4ngen des F\u00f6tus, womit fie in Ber\u00fchrung ift *). Auf diefe Weife kann auch die eigne Haut des Frofch-\nI) M\u00e8m. de la foe. m\u00e9d. d\u2019\u00eamul. igi\u00f4. T. VIII. Diefes Archiv, Bd.","page":384},{"file":"p0385.txt","language":"de","ocr_de":"385\nd\u00f6tters mit der Haut des Frofchembryo verfchmelzen, und dann w\u00fcrde diefer vor der Befruchtung vorhanden zu feyn fcheinen. Hierdurch wird rlie Aniicht von der Pr\u00e4exiftenz der Keime zwar nicht geft\u00fcrzt, aber doch fehr erfch\u00fcttert.\nDie v\u00f6iiige Abfonderung des Vogeleies von feiner Kapfel n\u00e4hert auch diefes Ei dem der Batrachier und Fifche. Das Ei diefer letztem wird nach dem Austritte durch die Einwirkung des Samens auf die \u00e4ufsere Fl\u00e4che befruchtet. DalTelbe gefchieht bei den V\u00f6geln, deren Ei i\u2019chon im Eierftocke befruchtet wird. Wie der Samen aus der Kloaka in den F.ierftock gelangt, weifs man nicht, wohl aber dafs es gefchieht und hier die Befruchtung erfolgt, indem das vom Hahne getrennte Huhn vierzehn Tage lang befruchtete Eier legt. Wie nun auch der Same zu den Eiern gelange, kann er He nur durch Ber\u00fchrung ihrer \u00e4ufsern Fl\u00e4che befruchten, da fie keine organifche Verbindung mit der flutter haben. Nicht ohne Bewunderung lieht man die Gleichf\u00f6rmigkeit des Ganges der Natur felbft durch fcheinbare Abweichungen, denen fie lieh zu \u00fcberlaffen fcheint.\nxvr.\nD\u00fctro chet und Beeschet \u00fcber die H\u00fcllen des menfchlichen F\u00f6tus. (Journal de m\u00e9dec. T. Vi. p. 474.)\nDie Anatomie und Phyfiologie des Menfchen bedarf in vielen Punkten der Unteri'tiitz.ung durch das Licht, welches die vergleichende Anatomie giebt. Vorz\u00fcglich ift diefe aber in der Gefchichte des F\u00f6tus unentbehrlich, und in der That w\u00e4re das Auffinden der Wahr-","page":385}],"identifier":"lit14862","issued":"1820","language":"de","pages":"379-385","startpages":"379","title":"Geschichte des Vogeleies vor dem Legen: Journal de Physique, T. 88, p. 170 ff.","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:58:32.551624+00:00"}