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{"created":"2022-01-31T16:52:58.637715+00:00","id":"lit14868","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Meckel, J. F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 6: 397-404","fulltext":[{"file":"p0397.txt","language":"de","ocr_de":"397\nXX.\nJ. Cloquet Befchreibung einer merkw\u00fcrdigen Gefchwulft. (Journal de m\u00e9dec. T. VII. p. 251.)\nIn der rechten Leiftengrube eines Mannes fand ich eine auf den, durch fiezufammengcdriickten, unterhalb diefer Stelle bis zu dem Hoden ftark ausgedehnten Samenge-f\u00e4fsen fitzende, bimf\u00f6rmige, fehr harte, im gr\u00f6fsten Durchmeffer 2^\u201c haltende Gefchwulft, Sie hob das, drei Viertheile ihres Umfangs bekleidende Bauchfell in die H\u00f6he, und befafs einige Beweglichkeit. Dem An-fchein nach hatte fie fich in dem, daffelbe von aufsen bekleidenden Zellgewebe entwickelt. Sie befteht aus einer ziemlich d\u00fcnnen, faferknorplichen und kn\u00f6chernen Schale, enth\u00e4lt eine talgartige, gelbliche, fade riechende Subftanz, in welcher fich eine fehr grofse Menge \u00e4ufserft feiner, blonder Haare befinden, von denen die l\u00e4ngften ungef\u00e4hr zehn bis zw\u00f6lf Linien xneffen.\nDiefe Gefchwulft ift befonders infofern intereffant, als fie beweift, dafs die, nicht feiten in den Eierft\u00f6-cken mit Fett vorkommenden Haare keine Ueberbleibfel einer Extrauterinalfchwangerfchaft find, fondern ihre Entftehung einer krankhaften ungew\u00f6hnlichen Entwicklung des Haarfyftems verdanken.\nXXI.\nBeitrag zur Entwicklungsgefchichte der Wirbel. Von J. F. Meckel.\nDie Entwicklungsgefchichte der Wirbel ift fchon fo lange unterfucht worden, dafs es kaum m\u00f6glich fcheint,","page":397},{"file":"p0398.txt","language":"de","ocr_de":"398\ndem Bekannten etwas Neues zuzufetzen ; dennoch hatte ich k\u00fcrzlich Gelegenheit, mich vom Gegentheil zu \u00fcberzeugen.\nGew\u00f6hnlich nimmt man bekanntlich in jedem Wirbel drei Hauptknochen, den K\u00f6rper und die Seiten/heile an, und fetzt hiezu mehrere kleinere, die am Umfange der erltern anf\u00e4nglich als Anf\u00e4tze erfcheinen, allm\u00e4hlich aber fich in Fovtf\u00e4tze umwandeln. Namentlich findet fich ein folcher Knochenkern i) an der Spitze eines jeden Querfortfatzes; 2) an der Spitze des Dorn-fortlatzes; 3) an der obern und untern Fl\u00e4che der Wir-belk\u00f6rpcr; fo dafs alfo ein jeder Wirbel hiernach wenig fens aus acht Knochenft\u00fccken entfteht. Dies habe ich, fr\u00fchere Beobachtungen durch die meinigen beft\u00e4ti-gend, daher auch in meinem anatomifchen Handbuche *) bel'timmt ausgefagt.\nZwar nicht auffallend, aber doch als Beitrag zu fchon fr\u00fcher vorhandnen Thatfachen merkw\u00fcrdig, ift es daher, in einem k\u00fcrzlich erfchienenen Auffatze \u00fcber die-fen Gegenftand 5) meine DarftelJung der Entwicklungs-gefchichte der Wirbel, auf eine nicht ganz gew\u00f6hnliche Weife entfiel1t zu finden.\nFolgendes find die Belege zu diefer Erkl\u00e4rung.\n\u00a7. 477. Bd. 2. S. 29 und 30. meiner Anatomie lautet w\u00f6rtlich fo: \u201eAufser diefen allgemeinen Eigen-fchaften, welche die Wirbel im vollkornmnen Zuftande darbieten, kommen fie durch die Art ihrer Entwicklung mit einander im Wefentlichen \u00fcberein. Sie entftehen immer weriigftens aus drei St\u00fccken, einem mittlern, welches dem K\u00f6rner entfpricht, und zwei hintern, feitli-chen, welche die beiden H\u00e4lften des Bogens darftellen, Wahrfeheiniich entfteht jeder Wirbel eigentlich aus fechs\nI) Bd. 3. S. 30.\n3) Dav. Flamm de vertebraxum ofiificatione. Berol. 1818.","page":398},{"file":"p0399.txt","language":"de","ocr_de":"399\nbis acht Knochenft\u00fccken, indem (ich an der Spitze des Dorn - und der Ouerfortf\u00e4tzc, an der obern und untern Fl\u00e4che des K\u00f6rpers ein eigner kleiner Knochenkern bildet. So habe ich es wenigftens bei mehrern Leichen von achtzehn Jahren gefunden und Ungebauers Angaben ftimmen damit v\u00f6llig \u00fcberein *). Unterfuchungen fr\u00fcher Embryonen w\u00fcrden vielleicht darthun, dafs der K\u00f6rper aus zwei feit\u00fcchen H\u00e4lften entlieht. Wenigftens habe ich es fo bei den obern Steifsbeinen, mehrmals beim K\u00f6rper des erften und dem Zahne des zweiten Halswirbels gefunden, und der Analogie des \u00dfruftbeins uncl des Grundbeins nach l\u00e4fst es ficli gleichfalls vermulhen. Dann w\u00fcrde alfo die Zahl der Knochenkerne der Wirbel nicht, wie gew\u00f6hnlich, auf drei, fondern auf neun, beftimmter auf acht, zu fetzen feyn. Zuerft erfcheinen die Seitenh\u00e4lften im dritten Monat, fp\u00e4ter erft der K\u00f6rper. Die angegebenen Endverkn\u00f6cherungspunkte erscheinen erft lange nach der Geburt, indem beim reifen F\u00f6tus die Wirbclfortf\u00e4tze noch gar nicht kn\u00f6chern find. Noch beim reifen F\u00f6tus find die verfchiedenen Knochenkerne durchaus von einander getrennt. \u201c\nDie, ficli auf diefe Darftellung beziehenden Stellen des erw\u00e4hnten Auffatzes dagegen find w\u00f6rtlich diefe *): \u201eGl. Mechel 1 2 3) corpus vertebrae non illis tribus conftare partibus, media, fuperiore et inferiore, fed nonnifi fufpicatur duabus lateralibus componi. Quod eo'magis quidem mireris cum cel. Vir fe in complurium fubjectorum octodecim quidem annorum, vertebrarum\n1)\tUngclauer epiftola ofteologica de offium tiunci c. h. epi-phyfibus fero offeis vifis earundemque genefi. Lipf. 1759. rec. in Halleri coli, differt, T. VI. pag. 249 \u2014 265.\n2)\tA. a. O. S. 10 und 14.\n3)\tJ. F. Mechel's Handbuch der menfchlichen Anatomie T. II. p. 30. Halle und Berlin lg 16. 8.","page":399},{"file":"p0400.txt","language":"de","ocr_de":"400\nrorporibus parva offificationis puncta reperijje ipfe r\u00e9f\u00e9r\u00e2t. \u201c\n\u201eRatio haec priore verifimilior quiclem eft, quod ea probatur corpus media, fuperiore et inferiore parte compofitum effe ; quae vero ilia offificationis puncta fpe-ctant, Anatomicus laudatus aut epipliyfes iftas praeter-vi lit annulares, aut vertebras faltem obfervavit, quibus nonnifi fragmenta earum ineffent. \u2014 Aetate enim octo-decim annorum in fuperiore et inferiore corporis vertebrae fuperficie, puncti offificationis veftigium aliquod tantum confpici poffe, haudquaquam probabile eft; tali enim aetate epiphyfes annulares perfecte jam formatae apparent, \u201c\n\u201eCI. Meckel conjecturae fuae, corpora ilia duabus rionnifi partibus lateralibus conftare, per analogiam quae (ut ait) inter haec et os fphoenoideumfternumque locum habet, fidem facere ftuduit quidem; fed etfi maxi-mam hujus analogiae inveftigandae rationi operam na-vavi, variaque in hunc finem, optimorum quidem aucto-rum opera confului, opinio haec nequaquain tarnen probanda mihi videtur. \u201c \u2014\n,tOs fphoenoideum in foetu e corpore, duabusque partibus lateralibus compofitum exftat. Corpus autem ofiis hujus fphoenoidei uno tantum e puncto aut anteriore aut pol'teriore offificatur. \u2014 De fier ni vero ojfii-\u00dfcatione nihil certi d'ici omnino potefi, cum multipli\u00e9es hie identidem ohveniant validates. \u2014 In embryoni-bus fiernum tribus jam compofitum partibus (aliquando etiam, fed rari\u00dfime, una tantum) occurrit in quibus tarnen offificationis puncta et num\u00e9ro et Jitu adeo aberrant, nt accurate fads nullo modo definiri pofjint. \u201c\nEin Commentar ift v\u00f6llig tiberfl\u00fc\u00dfig. Ich halle jene Knochenplatten am K\u00f6rper ausdr\u00fccklich angegeben, und es bedarf kaum der Erw\u00e4hnung, dafs ich fie eigne kleine Knochenkemc im Vergleich mit den grofsen \u00fcbrigen","page":400},{"file":"p0401.txt","language":"de","ocr_de":"401\nKnochenft\u00fccke nannte. Es entfteht durch die von mir i ge\u00e4ufserte Vermuthung, dais der K\u00f6rper fich mit zwei \u2019 fiitlichen Kernen bilde, durchaus kein Widerfprucli, wie der Verf. zu feiner (und meiner) Verwunderung wahr-\n\u25a0\tzunehmen glaubt, da ich durch die Erkl\u00e4rung, dafs dann der Wirbel fich aus neun, hingegen, wenn nur jene drei Kerne vorhanden w\u00e4ren, aus acht bilde, hinl\u00e4nglich dargethan habe, dafs die eine Entwicklungsweife die andre nicht aufh\u00f6be, nirgends alio, wie der Verf. zweimal behauptet, fage, dafs der Wirbelk\u00f6rper blofs aus zwei Seitenft\u00fccke entftehe.\nEben fo wenig ift wohl zu entfchuldigen, dafs die fchw\u00e4chern und nur zuletzt geftellten H\u00fclfsgriinde f\u00fcr die Annahme, dafs der Hauptkern des K\u00f6rpers fich aus zwei Seitenh\u00e4lften bilde, die Analogie mit dem Keilbeink\u00f6rper und dem Bruftbein angef\u00fchrt, die drei wichtigem aber ausgefchloffen worden find.\nAufserdem ift zu bemerken, dafs die Angabe des Verfs., dafs der K\u00f6rper des Keilbeins immer nur aus einem St\u00fccke entftehe, nur feine TJnkunde mit dem wahren Entwicklungshergange beweift, denn der K\u00f6rper des menfchlichen Keilbeins entfteht wenigftens aus zwei Paaren, einem innern und einem \u00e4ufsern, wie ich\n\u25a0\tes l\u00e4ngft *) nach vielf\u00e4ltigen Unterfuchungen nachge* wiefen habe.\nNach dem Vorigen habe ich alfo die fr\u00fcher vor-handnen beflimmten Thatfachen von der Entwicklungsweife der Wirbel voUft\u00e4ndig vorgetragen. Dafs ich bei diefer Gelegenheit, eine Note aus einer medicinifchen Rei-febefchreibung, deren grofsen wiffenfchaftlichen Werth ich freudig anerkenne, nicht anf\u00fchrte, wird durch dieStel-le, wo fich diefelbe befindet, defto verzeihlicher erfcheinen,\nl) S. (tiefes Archiv Band l.","page":401},{"file":"p0402.txt","language":"de","ocr_de":"403\nda ich den Hauptgew\u00e4hrsmann Ungeheizter, der die fr\u00fcheren Beweisftellen, Vefal und Albin fchon hat, citirt habe.\nMeines Wiffens neu ift in diefer Abhandlung i) die Thatfache, dafs die Endtheile der Wirbelk\u00f6rper in den Thier en ft\u00e4rker, und Scheiben, keine Ringe find. So finde ich es in der That auch in mehrern, von dem Ver-fafter nicht erw\u00e4hnten Thieren, z. B. dem Schwein, dem Biber.\n2)\tDie Angabe dafs der Dornfortfatz der Wirbel aus zwei Kernen, dem Hauptkerne und dem Endkerne, entfteht. Dies habe ich als Abweichung von der Regel 1 2 3) aus Bichat angef\u00fchrt; allein bis jetzt noch keinen Grund zu der Annahme gefunden, dafs der Verf. es beim Menfchen richtig als Regel anfehe, wenn er annimmt, dafs auf diele Weife jeder menfchliche Wirbel aus neun einzelnen Knochenftiicken beftehe Auch w\u00e4re zur allgemeinen Ueberzeugung eine genauere Angabe w\u00fcnfclienswerth gevvefen.\nDennoch will ich die M\u00f6glichkeit, dafs diefer eigne Kern bisher nur iiberfehen worden fey, um fo weniger l\u00e4ugnen, als ich fchon l\u00e4ngft mit Beftimmtheit in den langgedornten R\u00fcckenwirbeln mehrerer Thiere, namentlich des Kalbes und des Pferdes, einen eignen Knochenkern wahrgenommen habe, der in der Mitte der L\u00e4nge entfteht. Es fragt fich nun, ob anfser die-fem fich an der Spitze ein eigner kleiner erzeugt.\n3)\tDie Anwefenheit eines Knochenkernes in den obern Gelenkfortf\u00e4tzeu der Lendenwirbel, Di\u00ebfe habe\n1)\tS. io.\n2)\tAnatomie Ed. 2. S. 5?.\n3)\tArchiv S, 9.","page":402},{"file":"p0403.txt","language":"de","ocr_de":"403\nich gleichfalls mehrmals bemerkt, und glaubte anfangs, dafs fie von dem Verf. iiberfehen fevn, weil er fie nur einmal kurz angiebt *).\nWirklich fand ich gleichfalls bei mehrern Skeleten von 14\u201416 Jahren an allen Lendenwirbeln und dein untern R\u00fcckenwirbel, aber nur an /liefern, auf beiden Seiten einen eignen Knochenkern im obern Gelenkfort-falze, aber nur in diefem, nie im untern. Er ift in dem unterften R\u00fcckenwirbel kaum eine Linie lang, in dem Maafse gr\u00f6fser, als der Wirbel tiefer nach unten liegt, l\u00e4nglich, und nach oben und unten zugefpitzt.\nEinen andern, dem Anfchein nach weniger allgemeinen Knochenkern, finde ich an dem f\u00fcnften Lendenwirbel vorn an der Wurzel des Ouerfortfatzes.\nDie letztere Anordnung ift intereffant als Andeutung der Bildung der Heiligbeinwirbel, wo fich gleichfalls in derfelben Stelle ein, nur verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig grij-fserer, Knochenkern als beft\u00e4ndige Erfcheinung findet.\nFinden fie fich, was ich aber nicht mit Beftimmt-heit vermuthen kann, bei allen Lendenwirbeln, fo w\u00fcrde dadurch die Aehnlichkeit aller Wirbel noch vergr\u00f6-fsert werden, indem fie offenbar die Rippen andeuten, und bei mehrern Halswirbeln derfelbe Knochenkern mehr, oder weniger beft\u00e4ndig vorkommt.\nDie Kerne der#obern Gelenkfortf\u00e4tze find vielleicht infofern nicht unwichtig, als fie auf \u00e4hnliche Weife die Andeutungen der obern Rippen mehrerer Fifche, z. B. Clupea, find, indem diefe an eben diefer Stelle an den Wirbeln fitzen, alle diefe vor\u00fcbergehenden und verh\u00e4lt-ni\u00dfm\u00fcfsig kleinen Anf\u00e4tze der Wirbel \u00dfch abw\u00e4rts in der Thierreihe vergr\u00f6\u00dfern, und durch Trennung von\n0 S. 11.","page":403},{"file":"p0404.txt","language":"de","ocr_de":"den Haiipiknochen zu einzelnen, oft fehr anfehnlichen Knochen entfalten. Wie auf diefe Weife die Rippen der S\u00e4ugthiere entftehen, fo bildet fich h\u00fcchft wahrfchein-lieh durch Vergr\u00f6fserung des kleinen Endkernes des Ouerfortfatzes die mittlere Reihe der Rippen mehrerer Fifche, indem die gew\u00f6hnlichere untere den gew\u00f6hnlichen Rippen der \u00fcbrigen Thiere entfpricht, und der fie an der Spitze tragende Forfatz des Wirbels fcheint nicht fowohl Querfortfatz, als feitlich vorliegender K\u00f6rper.\nDie bei mehreren Fifchen doppelte Reihe acceffori-fcher Dornen find wohl nur weiter entwickelte und getrennt gebliebene Endkerne der S\u00e4ugthierdornen, fo \u25a0wie die untern eine weitere Ausbildung der kleinen untern Schwarzdornen mehrerer S\u00e4ugthiere find, die fich durch Mangel an Verwachfung auch bei diefen als ihre Rudimente zu erkennen geben.\nAus der Entwicklungsgefchichte der Wirbel der V\u00f6gel geh\u00f6rt hieher befonders auch die Bemerkung, dafs die vordem, abfteigenden Spitzen der Halswirbel, welche den Rippen deutlich entfprechen, gleichfalls, wie ich mich namentlich durch die Unterfuchung j\u00fcngerer G\u00e4nfe, H\u00fchner und Trappen \u00fcberzeugt habe, anfangs eigne, getrennte Knochenkerne find, was mit der Anwefenheit eigner Knochenkerne an derfelben Stelle beim menfchlichen F\u00f6tus zufammenf\u00e4ilt.\nxxir.","page":404}],"identifier":"lit14868","issued":"1820","language":"de","pages":"397-404","startpages":"397","title":"Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Wirbel","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:52:58.637721+00:00"}