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{"created":"2022-01-31T16:59:45.184031+00:00","id":"lit14895","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"T\u00f6nnies, F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 347-348","fulltext":[{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n347\ntafel, die ioii nat\u00fcrlich durch eine Beschreibung nicht zu ersetzen vermag.\nSelbstverst\u00e4ndlich darf bei einer so exakten Methode der Annehm-lichkeits- oder Unannehmlichkeitsgrad der Farben- und Formenkombinationen nicht blofs nach dem ungenauen subjektiven Ermessen bestimmt werden, sondern auch hier ist numerische Pr\u00e4zision erforderlich. Henry liefert daher gleich noch die Grundlagen zu einer Wissenschaft der Messung der Gef\u00fchlszust\u00e4nde. Leider nur vermittelst einer h\u00f6chst fragw\u00fcrdigen Theorie. Jeder Lust korrespondiert eine Vermehrung, jeder Unlust eine Verminderung der motorischen Reaktionen des Organismus. Weiter aber stehen Motilit\u00e4t und Sensibilit\u00e4t in einem bekannten Antagonismus ; Hyper\u00e4sthesie bedingt im allgemeinen eine gewisse Bewegungslosigkeit und umgekehrt. Beides vereinigt ergiebt, dafs angenehme Empfindungen verbunden sein m\u00fcssen mit einer gewissen Abstumpfung, unangenehme mit einer gewissen Sch\u00e4rfung der Sensibilit\u00e4t, und dadurch wird die numerische Dosierung des Gef\u00fchls eine einfache Sache. Man bestimmt irgendwie die gr\u00f6fsere oder geringere Leichtigkeit, mit der man die in Betracht kommenden Eindr\u00fccke oder unter ihrem Einfl\u00fcsse andere Eindr\u00fccke voneinander zu unterscheiden vermag; je gr\u00f6fser diese Empfindlichkeit, desto geringer die Annehmlichkeit und umgekehrt.\nJeder Brauch hat seinen Mifsbrauch. Dafs das Experimentieren in der Psychologie keine Ausnahme macht, k\u00f6nnte man hier lernen, wenn man\u2019s sonst nicht schon w\u00fcfste.\tEbbinghaus.\nMabie Manac\u00e9ine. Le surmenage mental dans la civilisation moderne.\nEffets-causes-rem\u00e8des. Traduit du russe par E. Jaubebt. Avec une pr\u00e9face par Charles Richet, Paris, 3. Massen-Ausg., 1890.\nDie Verfasserin hat eine aufgeh\u00e4ufte Gelehrsamkeit in ihr ebenso ernsthaftes als unterhaltendes B\u00fcchlein versenkt. Man wird daher finden, dafs sie nicht immer streng zu ihrem Thema redet, welches freilich seine Begrenzung nicht in sich selber hat. Aus der \u201egeistigen \u00dcberreizung\u201c so etwas wie eine besondere Krankheit zu konstruieren, mufs als eine irrt\u00fcmliche Unternehmung bezeichnet werden; w\u00e4hrend es von selbst einleuchtet, dafs heftige Anstrengung eines Organes sowohl f\u00fcr dieses als auch f\u00fcr andere Organe sch\u00e4dliche Wirkung haben, mithin die Ursache von Erkrankungen werden kann. Dafs nun durch das gesamte moderne Leben, zumal das grofsst\u00e4dtische, Gehirn und Sinnesorgane vieler Menschen \u00fcberm\u00e4fsig in Anspruch genommen werden; dafs die Allgemeinheit des Schulunterrichts, der h\u00f6here Unterricht insbesondere, die unreifen und oft erblich belasteten Nervensysteme der aus solchem Leben entspringenden Kinder unter ein Joch spannt, das zu schwer auf ihnen ruht . . . hier\u00fcber und \u00fcber vieles damit Verwandte herrscht ja wohl ziemlich verbreitetes Einverst\u00e4ndnis, das jedoch die hier gesammelten Beobachtungen und Citate nicht \u00fcberfl\u00fcssig macht. Die Verfasserin hat jedoch unrecht, wenn sie in diesen Thatsachen und Ursachen die haupts\u00e4chliche Gefahr f\u00fcr die Qualit\u00e4ten der Rasse erblickt. In Wahrheit treffen diese \u00dcbel doch nur eine beschr\u00e4nkte Schicht in ihrer ganzen Schwere, n\u00e4mlich besonders die am Handel, an der Politik, an der Wissen-","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nLitteralurhericht.\nSchaft Beteiligten, und da diese zugleich die h\u00f6here und verm\u00f6gende zu sein pflegt, so stehen ihr wiederum viele g\u00fcnstige Bedingungen und auch Verf\u00fcgung \u00fcber Heilmittel (Badereisen u. s. w ) helfend zur Seite. Gleichwohl wird diese Schicht niemals auf die Dauer mehrerer Generationen mit Gl\u00fcck sich aus sich selber erg\u00e4nzen k\u00f6nnen \u2014 aus anderen Ursachen und auch wegen des surmenage mental. Damit zusammenh\u00e4ngend, aber doch noch weit mannigfacher bedingt, ist die That-sache, dafs die gesamte st\u00e4dtische und industrielle Bev\u00f6lkerung, je mehr sie als solche ausgepr\u00e4gt ist, um so weniger die Erneuerung von aufsen her entbehren kann, dafs folglich ein ganzes Volk, indem es st\u00e4dtisch und industriell wird, zuletzt die Quellen seines Lehens von sich abschneidet. Gute Bemerkungen hier\u00fcber findet man in dem rasch bekannt gewordenen Buche von G. Hansen \u201eDie 3 Bev\u00f6lkerungsstufen\u201c (M\u00fcnchen 1889). Es sind zwei verschiedene Ph\u00e4nomene, ein kleineres und ein gr\u00f6fseres\n\u2014\tdie Verfasserin scheint mir beide zu vermischen, indem sie sie unter den 1. Gesichtspunkt zwingt, der f\u00fcr das kleine am meisten charakteristisch ist. Denn viel schwerer wiegen diejenigen Ursachen der Degeneration, welche auf die Masse dr\u00fccken, als ungesunde Besch\u00e4ftigungen, \u00dcberarbeit, Nachtarbeit, miasmatische Wohnung, mangelhafte Ern\u00e4hrung und das ganze K\u00e4figlehen der Strafse. Laster kommen dazu\n\u2014\taber diese wirken auch in der oberen Schicht, und zwar verh\u00e4ltnis-m\u00e4fsig bei weitem st\u00e4rker. \u2014 Im ganzen und grofsen ist aber mit Konstatierung aller solcher Thatsachen nicht viel Erspriefsliches gethan, ebensowenig mit dem Anpredigen von Heilmitteln und mit d\u00fcsteren Betrachtungen \u00fcber die Erblichkeit, worin auch dieses B\u00fcchlein sich ergeht. An exakten Untersuchungen \u00fcber Vererbung psychischer Eigenschaften, erworbene Modifikationen, gesunde wie kranke, leiden wir trotz der Arbeiten Galtons und anderer noch sehr erheblichen Mangel.\n\u2014\tHecht h\u00fcbsche psychologische Er\u00f6rterungen wird man antreffen \u00fcber das Lesen (157), besonders das Zeitunglesen und seine Wirkungen; interessante medizinische \u2014 nach Meynert, Peter, Charpentier \u2014 \u00fcber die Bedeutung des Gef\u00e4fssystems (196); und so noch viele merkw\u00fcrdige Dinge, aus der modernsten Litteratur angesammelt.\nF. T\u00f6nnies (Kiel).","page":348}],"identifier":"lit14895","issued":"1892","language":"de","pages":"347-348","startpages":"347","title":"Marie Manac\u00e9ine: Le surmenage mental dans la civilisation moderne, Effets-causes-rem\u00e8des. Traduit du russe par E. Flaubert. Avec une pr\u00e9face par Charles Richet, Paris, Librairie A. Hermann, 1891","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:59:45.184037+00:00"}